Das CDU Wahlprogramm 2017 heißt „Germany first“

Ein Hinweis von Christian Modehn am 4.7.2017

Zwei Wörter sagen alles über das begrenzte, man möchte sagen „nationale“ Denken der beiden sich christlich nennenden Parteien in Deutschland: „Sicherheit und Wohlstand“. Diese werden im Wahlprogramm 2017 als große Verheißungen angepriesen. Wer beide Worte und Werte philosophisch reflektiert, über deren relative Gültigkeit ja keine Zweifel bestehen, kommt zu der Erkenntnis: Da wird den Deutschen die Ausbesserung des Status Quo versprochen, mit der Hoffnung: Mehr Sicherheit für uns Deutsche in diesem, so wird unterstellt, so erfolgreichen und prächtigen Land durch mehr Polizei, durch mehr Verteidigungsausgaben. Das aber heißt auch: durch mehr Waffenproduktion. Und auch das ist mit-gemeint: Hoffentlich gelingt weiterhin ein erfolgreicher Verkauf von tötendem Gerät in alle Welt und vor allem: Hoffentlich gelingt auch die umfassende Abwehr der Flüchtlinge im Mittelmeer und die offenen bzw. jetzt versteckte Abschiebung.

Diese beiden C – Parteien wollen den Deutschen förmlich einreden: Wir mauern euch ein in eine total beschützte „Insel der Seligen“. Darin dem österreichischen Vorbild folgend. Dieses Einmauern wird dann als Garantie des Wohlstands gedeutet: Das ist ein denkbar schlichtes, aber populistisches Motto: Uns geht es gut und uns soll es materiell selbstverständlich immer besser gehen. Denn wir bleiben unter uns, die störenden Flüchtlinge (Muslime?) wird man schon zur Raison bringen.

Wer dieses platte und eindimensionale Bild eines CDU/CSU – Deutschland vor Augen hat, muss denken: Da wird dem Trump – Slogan „America first“ entsprochen. Und nun heißt es hier unter christlichen Politikern: „Germany first“. Da spricht also ein dummer Nationalismus, und Nationalismus ist nicht nur dumm, sondern gefährlich. Was denken diese beiden Parteien vom Volk: Es will eigentlich und zuerst den dicken guten Bauch des Wohlstands und die zahlreiche Polizei aktiv im Hintergrund: So soll dann das Leben in Deutschland richtig schön demokratisch sein.

Aber es wird problematisch: Weil den Bürgern förmlich empfohlen wird: Steckt eure dumm gemachten Köpfe in den Sand. Denn Madame Merkel wird schon für euch sorgen und aufpassen! Katastrophal ist dieses Denken, weil mit diesen beiden Leitlinien, Wohlstand und Sicherheit, jede Dimension einer Weltverantwortung ausgeblendet wird. Jede Dimension größerer und besser gestalteter Gerechtigkeit zwischen den armen und den fetten Völkern wird unterdrückt. Warum kann eine Partei nicht die Bürger zur Aufklärung und Kritik ermuntern und sagen: Wir als christliche Parteien wollen die Verantwortung Deutschlands in und für Europa neu, also gerechter, gestalten. Wir wollen endlich eine wirkliche und damit schnelle Integration der Flüchtlinge. Wir tun alles, auch als CDU Ministerpräsidenten, um gegen den zunehmenden Rassismus und Antisemitismus vorzugehen. Wir dulden als CDU keine „national – befreiten Zonen“ usw.

Es ist zudem eine Schande zu behaupten, „DEN“ Deutschen ginge es gut. Allein in Berlin lebt jeder dritte Mitbürger an der Armutsgrenze. Eine Schande auch, wenn ein CDU Wahlprogramm nicht wenigstens in Ansätzen für eine gerechtere neue Form der Erbschafts-, Reichen- und Vermögenssteuer eintritt, damit der gefährliche und stets wachsende ökonomische Zwiespalt in der deutschen Gesellschaft endlich aufgelöst wird. Aber nein, all das sehen die wohl situierten Politiker aus CDU und CSU nicht: Sie wollen sich die Option einer Koalition mit der FDP offen halten.

Wer also dieses eher banale, intellektuell und ethisch so armselige Wahlprogramm der sich christlich nennenden Parteien bedenkt, ahnt, auf welchem tiefen Niveau des puren Machterhalts sich diese Politiker bewegen. Sie halten die Bürger für geistige Zwerge, die nur an ihren Bauch und die Stärke der Polizei glauben und nicht weiter denken.

Nebenbei: Es gibt ja doch wohl in diesen Parteien spezielle theologische Referenten beider Kirchen, die der CDU doch eigentlich etwas auf die Sprünge helfen sollten: Petra Bahr arbeitete doch früher mal als evangelische Theologin in der Adenauer – Stiftung; auch die jetzige Vatikan – Botschafterin, die Katholikin Annette Schavan hat doch da auch mal wirken können. Aber was haben diese Theologen tatsächlich zugunsten des C in diesen Parteien errreicht? Denn das C heißt ja nicht Dogmatismus oder Sexualmoral von vorgestern. Sondern C heißt zuerst: soziale Gerechtigkeit für alle!

Offenbar haben die CDU TheologInnen und Jesuiten in den CDU Zentralen nicht viel bewirkt, sonst wäre nicht dieses so armselige Wahlprogramm entstanden.

Die sich christlich nennenden Parteien zeigen nun: Sie haben jede Dimension internationaler christlicher Ethik, also das Teilen und die Gerechtigkeit, ausgeblendet.

Und die SPD? Wird sie den Mut haben, dieses begrenzte, dieses egozentrisch – schlichte Denken zu kritisieren und bloß- zu stellen? Oder hat die SPD ebenfalls Angst hat, bei grundsätzlicher und dann tatsächlich auch vollzogener Neuordnung zugunsten gerechter Verhältnisse, auch auf Weltebene, Stimmen zu verlieren.

Sicherheit und Wohlstand in Deutschland sollen sein, das ist keine Frage. Aber Sicherheit und Wohlstand eben in neu gestalteten Koordinaten, in internationalen und europäischen Zusammenhängen, die die Menschenrechte, vor allem die Gerechtigkeit, respektieren. Deutschland als Insel der Seligen mit viel Wohlstand und viel Militär und Polizei kann es in dieser zerbrochenen, friedlosen Welt nicht mehr geben. Die Zeit ist vorbei, wo Bürger sich gern ihren Kopf in den Sand stecken lassen, um die ewige Taktiererin walten zu lassen. Gefordert sind Politiker, die im Weltmaßstab ein anderes, ein gerechteres Deutschland gestalten wollen und dies nach den Wahlen, unter ständiger kritischer Beobachtung der mündigen Bürger, auch tun.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon