Kardinal Meisner gestorben: Ein Kirchenfürst ist tot!

Einige wenige Hinweise von Christian Modehn am 5. Juli 2017. Siehe auch den aktuellen Beitrag vom 18.3.2021: LINK

Zum Tod eines Kirchenfürsten passt sehr gut ein lateinisches Zitat: „De mortuis nil nisi bene“ (Über Verstorbene darf nur gut gesprochen werden).

Aber bei diesem verstorbenen Kardinal Joachim Meisner kann dieser Grundsatz nicht gelten, wenn denn auch nur im Ansatz historische Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit eine Geltung haben sollen in einer demokratischen Öffentlichkeit.

Meisner war – milde gesagt – ein Kirchenfürst, der autoritär „durchregierte“, wie man heute so sagt. Meisner wähnte sich auf der Seite der absoluten göttlichen Wahrheit, weil er ja auch mit den unfehlbaren Päpsten Johannes Paul II. und Benedikt XVI. aufs engste, aller engste, verbunden war.

Ich erinnere mich an die Berliner Jahre Meisners, wo etliche West – Berliner Katholiken ihn, ebenfalls wahrhaftig gesprochen, nur “den Diktator” nannten. Er machte als Hirte Angst, er setzte sich totalitär durch, ging gegen alle ihm progressiv erscheinenden theologischen Perspektiven vor. Darin zeigte er sich als treuer anti – pluralistischer DDR – Bürger. Wer nicht den Rosenkranz betete und sich als Fatima –Freund oder als „Marienkind“ verstand, hatte keine Chance in seiner Kirche. Er tobte zum Beispiel, als ich 1980 einen Film fürs Erste (ARD) machte über den Katholikentag in Berlin. Er tobte und pöbelte, weil der journalistischen Pflicht zur umfassenden Berichterstattung auch über die „eher etwas linke Kirche von unten“ entsprochen wurde. Meisner konnte sehr unangenehm sein. Das wissen die Priester, die er aus den Gemeinden drängte, das wissen die ökumenisch Gesinnten, das wissen die Homosexuellen, die Wiederverheiratet Geschiedenen usw. Nur über sich selbst, sein privates Leben, seine reichen Kunstsammlungen etwa, sprach er eher selten. Er kritisierte die CDU, nicht etwa, weil sie zu wenig für die Gerechtigkeit tut, sondern weil sie nicht entschieden pro life war. Die pro life Bewegung war ihm alles. Kritische Frauen mussten unter seiner Herrschaft den unabhängigen Verein Donum Vitae gründen. Widerlich, wie der Fürst zu Köln dem katholischen Bischof Jacques Gaillot (Evreux/Partenia) das Verbot erteilte, auf seinem Meisner – Territorium, etwa in Bonn, einen Vortrag – in Zusammenarbeit mit Publik – Forum – zu halten! Die Liste der Herrschsucht Meisners ist sehr lang. Aber, schon wieder werden jetzt Lobeshymnen auf ihn angestimmt. Wie verlogen.

Man sollte näher die Beziehungen Meisners mit der DDR – Regierung und Stasi studieren. Er wurde 1975 zum Weihbischof von Erfurt (DDR) ernannt, 1980 zum Bischof von Berlin, er wohnte in Ost – Berlin, konnte aber an mehreren Tagen West-Berlin besuchen. Jetzt wird Meisner vollmundig und unkritisch von vielen (wie dem Berliner OB Müller) als eine Art Widerständler gegen das DDR System gelobt. Es gibt hingegen detaillierte historische Studien zu einzelnen kleinen, der DDR gegenüber eher oppositionellen katholischen Gruppen, wie dem “Aktionskreis Halle” (AKH). In einem umfangreichen Buch über den AKH zeigt Sebastian Holzbrecher: „Aufgrund gezielt verweigerter Schutzzusagen für den Arbeitskreis Halle haben Bischof Braun (Magdeburg) und Kardinal Meisner den staatlichen (DDR) Terror (gegen den AKH) nicht nur nicht verhindert. Sie haben ihn mit ihren offiziellen Aussagen erst ermöglicht und tragen insofern eine Mitverantwortung am staatlichen Terror gegen den Aktionskreis Halle und seine Mitglieder.“ (S. 412).

Tatsache ist auch: Kein Bischof und Kardinal hat wohl so viele Katholiken aus der katholischen Kirche getrieben wie Meisner. Von daher ist das Wort Kirchenfürst noch milde formuliert. Meisner ist das klassische Beispiel für die Tatsache, dass der Klerus kritische Menschen aus der römischen Kirche vertreibt! Meisner galt bei vielen zurecht als ein frommer Sprüchemacher, er war ein Feind der kritischen und selbständig reflektierenden Theologie. Kontrolle etwa über “seine” Laientheologen war ihm oberste Tugend.

Über Meisners OPUS DEI Verbundenheit (Mitgliedschaft ?) wäre zu sprechen, über seine Lobenhymnen über das Opus Dei, seine enorme Machtpolitik in der Ernennung von Bischöfen nicht nur in Deutschland (die Liste ist lang, Kardinal Rainer M. Woelki ist ja einer seiner Protegés, auch Erzbischof Koch, Berlin, gehört dazu. Woelki durfte an der Opus – Dei- Universität in Rom promovieren, obwohl um die Ecke seiner damaligen Wohnung in Bonn eine katholisch – theologische Fakultät existiert…. Über Meisners gut dokumentierte Ablehnung der Theologie von Papst Franziskus, seine öffentlichen arroganten Attacken gegen Papst Franziskus, wäre zu sprechen. Meisner hat die reaktionären katholischen Bewegungen in Köln und anderswo immer wieder gestärkt, wie die Neokatechumenalen, die Legionäre Christi, die Charismatiker usw…Je reaktionärer, um so katholischer, dachte der Fürst.

Man frage die Kölner Katholiken, die noch in dieser Meisner Kirche “durchhielten”, wie er mit kritischen Gläubigen umging. Manche Klöster waren froh, wenn bei fälligen Priesterweihen nicht Meisner erschien! Er war weithin unbeliebt, um es milde zu formulieren!

Ein Kirchen – Fürst ist also tot. Alleluja sagen manche!

Aber es gibt noch viele andere katholische Kirchenfürsten… Denn Demokratie, Mitbestimmung, Menschenrechte IN der Kirche, sind für diese Kirche etwas “Unangebrachtes”, wenn nicht “Falsches”. Das wird wohl auch kein Papst Franziskus verändern…

Coypright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.