Der Übergang ist möglich: Die Transition-Bewegung führt in eine Gesellschaft jenseits des Wachstums

„Einfach. Jetzt. Machen“

Die ökologische Basis – Bewegung „Transition“

Ein Buchhinweis von Christian Modehn für den NDR, Blickpunkt Diesseits. Juli 2014

Der hier vorliegende Text entspricht weithin dem Sendebeitrag.

„Die eigentliche Katastrophe besteht darin, dass es immer so weiter geht wie jetzt“. Mit diesen Worten hat der Philosoph Walter Benjamin schon vor mehr als 70 Jahren eine sich weithin ausbreitende Untergangsstimmung beschrieben. Eine Fortsetzung von Üblichkeiten und Gewohnheiten in der Ökologie, dem Klimaschutz, dem Sozialstaat, auf den Finanzmärkten usw. erleben heute viele Menschen als eine schleichende Katastrophe. Sie führt zu einem Punkt, wo „alles umkippt“ und „aus dem Ruder läuft“. Aber noch ist es zu früh, sich ins bloße Klagen und Jammern zu flüchten, meint eine internationale Basisbewegung: Sie nennt sich Transition, Übergang, Wechsel. Den Aufbuch in eine bessere und gerechtere Welt hält sie noch für möglich. Jetzt hat der Initiator von Transition, der Engländer Rob Hopkins, zusammen mit seinem deutschen Mitstreiter Gerd Wessling, ein neues Buch vorgelegt. Christian Modehn berichtet über eine Publikation die Mut macht, sie hat den Titel „Einfach. Jetzt. Machen!“

1. O TON, Gerd Wessling: Es gibt die Aufforderung: Tu was, engagiere dich, finde Lösungen für das, was dich vor Ort beschäftigt; finde die Leute um dich herum.

Gerd Wessling aus Bielefeld musste nicht lange warten, bis sich Menschen fanden, die ein besseres, ein nachhaltiges Leben in ihrer Stadt schaffen wollen: Einige gründen Lokale, in denen in gemütlicher Atmosphäre gratis Fahrräder repariert werden; andere kümmern sich um Verbesserungen im öffentlichen Nahverkehr, wieder andere pflegen Gemeinschaftsgärten. Oder sie lassen sich von den Gratis – Läden begeistern, in denen im Austausch der Waren gebrauchte Kleider, Bücher, Spielzeug verschenkt werden. Diese Bielefelder Gruppen wissen sich mit der Transition – Bewegung verbunden: Sie tritt in 40 Ländern weltweit gegen die Verschwendung von Ressourcen ein. In mehr als 1000 Städten vertreten, haben sich die „Transition Leute“ verpflichtet, nicht nur weniger CO2 Gifte zu erzeugen, sondern insgesamt einen nachhaltigen Lebensstil zu entwickeln. Das Buch „Einfach.Jetzt.Machen!“ beschreibt auch die Mentalität der Menschen, die in diesen Projekten aktiv sind, berichtet Gerd Wessling.

2. O TON, Gerd Wessling. Es gibt niemand in der Transitionwelt, der dir sagen wird, wie genau die Lösung auszusehen hat bei dir zu Hause. Also das hat ganz viel Selbstermächtigungsaspekt auch zu tun wieder zu sagen: Ja wir können jetzt alle weiter warten, bis irgendjemand für uns irgendwas entscheidet und uns zwingt oder vorschlägt, das umzusetzen. Oder wir fangen einfach mal an, das selber zu tun.

Die Transition Bewegung hat der britische Umweltaktivist Rob Hopkins gegründet. 1968 geboren, hatte er als Ökologe zahlreiche Lehraufträge an Universitäten inne; seine früheren Bücher fanden weltweit schon viel Beachtung. Nun hat er eine Sammlung von Reportagen vorgelegt, sie berichten, wie in England, Spanien, Argentinien, Japan und Deutschland und anderswo eine Welt im Übergang entsteht, von der Verschwendung zur Nachhaltigkeit, von der Profitgier zum Teilen. Viele tausend Menschen haben in diesen Transition – Projekten wieder Mut zum Leben gefunden, also durchaus eine hilfreiche Spiritualität entdeckt, berichtet Tom Hopkins, der selbst viele Sympathien für den Buddhismus hat.

3. O TON, Rob Hopkins: „Viele Menschen, die bei Transition mitmachen, erleben, wie sie wieder neue Hoffnung finden. Denn sie sehen: Das Wesentliche sind nicht irgendwelche Ideen, sondern man erlebt: Die Welt um uns herum beginnt sich schon zu verändern, weil die Gruppen aktiv sind. Das ist hoffnungsvoll. Man kann etwas verändern, diese Überzeugung hat so viel Kraft!“

Die Lektüre des Buches „Einfach. Jetzt. Machen!“ kann die Leserinnen und Leser tatsächlich begeistern. Denn deutlich wird: Alternativen zur bestehenden Konsumgesellschaft mit ihrer Ressourcenverschwendung und Umweltbelastung sind mehr als ein schöner Traum. Aber es sind nicht etwa nur leistungsorientierte Arbeitsgruppen, die sich für die Transition, den Wandel, einsetzen, sondern vor allem auch Gemeinschaften, in denen das Leben förmlich „Spaß macht“, berichtet Gerd Wessling:

4. O TON, Gerd Wessling: Letztendlich ist der Hauptfocus von Transition, würde ich sagen aus meiner Praxis, tatsächlich Kontakt unter Menschen, guter Kontakt unter Menschen, wertschätzender Kontakt unter Menschen, und auch Kontakt unter Menschen, die sich sonst nicht begegnen würden. Das allein, nach unseren Beobachtungen, löst oft schon mal viele Probleme auf, vermeidet so ein Lagerdenken, lässt Lagerdenken gar nicht entstehen und macht Spaß. Also: In jedem Projekt sollte man eigentlich mindestens ein Viertel bis ein Drittel der Zeit auf das Feiern und Würdigen verwenden des Projektes. Diese Energie versuchen eben auch in die Transitionwelt zu bringen.

Zum Buch: „Einfach. Jetzt. Machen! Wie wir unsere Zukunft selbst in die Hand nehmen“. Von Rob Hopkins. Oekom Verlag München 2014. 189 Seiten. 12,95 €.