Papst Franziskus schafft einen Paragraphen 175 für den Klerus

Ein aktueller Hinweis von Christian Modehn am 2.12.2018

Am 3. Dezember 2018 erscheint als Buch, weltweit, ein Interview, das der spanische Priester Fernando Prado mit Papst Franziskus führte. Das Interview bezieht sich auf die so genannten geistlichen Berufungen, also auf Priester und Ordensleute. Erwartungsgemäß spricht der Papst auch wieder von Homosexuellen, das heißt hier von homosexuellen Priestern und Ordensleuten (offenbar denkt er nur an Männer, lesbische Nonnen sind bislang noch nicht im päpstlichen Visier, kommt wohl noch).

Was bisher als Auszug aus dem neuen Buch vorliegt, ist schlicht ein Skandal. Es hinterlässt bei gebildeten Lesern die schon von Freunden in Spanien gestellte Frage: Dreht der Papst jetzt durch? Was sagt der Papst? Die Kirche muss „anspruchsvoll sein“, deswegen hätten bekennende Homosexuelle im Klerus nichts zusuchen. Anspruchsvoll soll bedeuten: Homosexuelle Priester vermindern das Niveau des Katholizismus…

Denn diese schwulen Priester können ein  „Doppelleben führen“. Wenn das so ist, so der Papst, sollten homosexuelle Priester besser, „das Priesteramt und das geweihte Ordensleben verlassen“. Also Rausschmiss und vorher die Bespitzelung durch treue Spione. In Zeiten des § 175 war es auch nicht anders: Schwule wurden von den Nazis mindestens aus ihren Ämter und angesehenen Berufen entfernt. Man kann also sagen: In der katholischen Kirche soll der § 175 fortbestehen. Papst Franziskus hat so viel Mut, sein sexualwissenschaftliches Niveau zu dokumentieren, indem er tatsächlich, so wörtlich, meint, „Homosexualität sei in Mode“. Als würden sich homosexuelle Menschen aus einer modischen Laune heraus diese ihre Sexualität wählen. So viel Unsinn hat man schon im zurückliegenden 20. Jahrhundert kaum noch unter ernstzunehmenden Leuten gelesen.

Der Papst empfiehlt zudem erneut, wie religiöse und rechtslastige Fundamentalisten aller Couleur, dass Homosexuelle wieder „psychologisch  und affektiv gesund“ werden sollten. Homosexualität also als Krankheit: Man glaubt zu träumen, wie ungebildet sind eigentlich diese geistlichen Herren im Vatikan? Der Papst empfiehlt eine tief schürfende Analyse der Priesterkandidaten hinsichtlich ihrer Homosexualität. Dabei, so wörtlich, „sollte man auf die erfahrene Stimme DER Kirche hören“. Seit wann hat DIE Kirche (also die Hierarchie ist immer gemeint, wenn von DIE Kirche die Rede ist) auch nur die geringste Ahnung von dem, was Sexualitäten heute betrifft? Was weiß DIE Kirche von Gender, von Feminismus, von sexueller (normaler) Vielfalt? Der Text des Papstes ist ja der beste Beleg fürs Nichtwissen. Der Papst gibt zu, dass Bischöfe aufgrund mangelnder Kenntnis völlig irritiert sind, wenn sich in ihrem  Klerus Priester als homosexuell zeigen. Ja, ja, so muss der Papst eingestehen, „auch im Ordensleben gibt es keinen Mangel an Fällen“. Mit „Fällen“ meint der oberste Hirte der Kirche homosexuelle Menschen. Sie sind „Fälle“! Die Verwendung dieses Wortes auf Menschen nannte man nach der Nazi –Zeit die „Sprache des Unmenschen“, aber das am Rande. Selbst wenn dem Papst ein Ordensoberer sagt, es gebe halt eine Zuneigung zwischen Männern, hält der Papst dies, so wörtlich, für einen Fehler. Der Papst denkt wohl: Priester sind bessere Maschinen, die ohne jede noch so leise Form von Erotik, von Nähe und Freundschaft auskommen müssen. Der Papst und die oberste Clique im Vatikan wollen also Priester als neutrale Wesen, als Funktionäre. Der Papst ist verlogen: Er verschweigt, dass viele heterosexuelle Priester ja doch auch Erotik erleben und Kinder zeugen, die sie meistens dann verbergen und verleugnen, die Alimente zahlt der Bischof oder die Ordensleitung. Das sind beträchtliche Summen an Kirchensteuern etwa… An die verstoßenen Frauen und an die Kinder, die ihren Vater nicht kennen, nicht nennen dürfen, denken die wenigsten hohen Klerus-Funktionäre. Sie zahlen ja, das ist alles. Das System bleibt erhalten… Ein regelrechter Hass auf Homosexuelle zeigt sich erneut in der römischen Kirche bis hinauf zu diesem Papst, den einige einst noch für akzeptabel aufgeschlossen hielten, bloß weil er ein paar linke Thesen zur Ökonomie unters Volk brachte oder Obdachlosen die Füße wusch oder Erzbischof Romero heilig gesprochen hat. Nun zeigt Papst Franziskus, dass er ins reaktionäre Lager abgerutscht ist. Vielleicht aus Angst vor den machtvollen, noch „reaktionäreren“ Prälaten in der päpstlichen Kurie… Mal sehen, was er alles verbreiten wird beim Weltjugendtreffen in Panama im Januar 2019. Kondome werden bestimmt nicht offiziell verteilt, und es wird das ungeborene Leben erneut aufs höchste verteidigt und nicht das geborene Leben im Elend und der Gewalt Zentralamerikas. Dass der unsägliche Machismus auch gewalttätig, tötend, anti—schwul ist, weiß jeder Gebildete. Wird es einen päpstlichen, kirchlichen Aufstand in Panama geben gegen den Machismus – Wahn? Wohl kaum, denn dann müsste die Kirche die Frauen endlich absolut gleichberechtigt und gleichwürdig behandeln, also etwa zum Priesteramt zulassen… Noch einmal: Der Papst schießt sich erneut auf die Homosexuellen ein, weil dies wohl auch eine Besänftigungsgeste ist bei den, sorry, völlig reaktionären Kardinälen, die so dumm sind und nicht wissen: Wer sich als Schwulen-Hasser etabliert, ist selbst schwul. Das wissen allmählich schon die Oberschüler.

Der Papst empfiehlt also dringend, wie einst schon der Ratzinger – Papst, Männer mit homosexueller Neigung nicht in den Dienst des Priestertums oder der Orden aufzunehmen. Wird diese Weisung befolgt, sind die Priesterseminare und Ordenshäuser bald völlig leer oder nur bewohnt von Lügnern, die als Schwule ihre tiefe Zuneigung zu Frauen bekennen müssen (auch diese Zuneigung dürfen sie dann ja auch nicht ausleben). Die römische Kirche ist eine Kirche, die es sich erlaubt, sich auf Jesus zu berufen, auf den Mann, den Liebhaber, den Freund (etwa zum Lieblingsjünger Johannes), die aber Liebe als erotische Liebe für ihre Priester und Ordensleute verbietet. Kann man sich etwas Unmenschlicheres in dieser Welt vorstellen: Du darfst nicht lieben als oberstes Gebot für Seelsorger! Die römische Kirche sollte sich vom Zölibat befreien. Das wurde millionenfach seit Jahrhunderten gesagt von klugen Theologen und klugen Psychologen. Sie sollte sich der Wissenschaft und den Lebenserfahrungen reflektierter Menschen anschließen und lehren: Homosexualität ist eine ganz normale Variante menschlicher Sexualität. Basta! Und die Bischöfe und der Papst sollten die Gemeinden befragen, ob sie denn so furchtbar leiden unter homosexuellen Priestern. Wahrscheinlich ist dies eher nicht der Fall. Ich kannte –als ehemaliges Mitglied eines Ordens-  tatsächlich sehr viele homosexuelle Priester und Ordensleute, sehr viele, die waren und sind wahrlich alles andere als Ungeheuer. Die Gemeinden leiden wohl mehr unter der Raffgier und den Machtgelüsten heterosexueller Priester und Bischöfe.

Der Papst betreibt Homophobie. Und diese ist eine Form des Rassismus. Der Vatikan setzt die Politik des § 175 fort. Es könnte die Zeit sehr bald kommen, wo etwa katholische Homosexuelle, die dermaßen diskriminiert werden von Papst und Co., zahllose Namen nennen von homosexuellen Priestern und Ordensleuten und Bischöfen und Päpsten, so dass deutlich wird: Eigentlich ist dieser Klerus immer schon schwul gewesen, er hat sich nur selbst gehasst,  weil er der offiziellen unmenschlichen Kirchen – Ideologie/Moral dann doch entsprochen hat. Und, dies sehen wir heute: Weite Kreise des Klerus sind wegen dieser Unterwürfigkeit seelisch krank geworden. Kranke Priester sind also die Seelsorger der Gemeinden… Quelle: https://www.aciprensa.com/noticias/papa-francisco-un-homosexual-no-puede-ser-sacerdote-ni-consagrado-89755 Papa Francisco. La fuerzade la vocación. La vida consagrada hoy. Una conversación con Fernando Prado( Publicaciones Claretianas)

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

 

Der § 175 in der römisch-katholischen Kirche.

Ein Hinweis von Christian Modehn am 28.4.2017

1. Zum Anlass dieser Überlegungen:

Am Freitag, den 28. April 2017, soll nun, man glaubt es kaum, ein Gesetz im Deutschen Bundestag verhandelt werden, das einer damals in der Bundesrepublik Deutschland verfemten und vergessenen Minderheit etwas Gerechtigkeit und bescheidene finanzielle „Wiedergutmachung“ bringen soll: Dem SPD Minister Heiko Maas sei Dank, aber auch den politisch Aktiven (Schwulen), die dieses Thema vor dem Vergessen bewahrten.

Es geht um Männer, die in der Nazi-Zeit als Untermenschen in KZs gesteckt wurden. Sie haben dann aber unter den nach wie vor weiter bestehenden Nazi-Gesetzen (von 1935) noch in der Bundesrepublik leiden müssen. Ca. 64.000 homosexuelle Männer wurden zwischen 1949 und 1994 noch verfolgt, diffamiert, ausgegrenzt, als Untermenschen angesehen… Erst 1969 begann die demokratisch-freiheitliche Regierung, sich vom unsäglichen Nazi- § 175 zu befreien. Solange war Nazi-Gesetzgebung eben normal!

Als normale Menschen mit allen Rechten werden homosexuelle Männer (und Frauen) bis heute selbst in Deutschland noch nicht angesehen: Sie haben etwa, im Unterschied zu den Niederlanden oder Spanien, kein Recht, eine Ehe zu schließen und Kinder zu adoptieren, also Familie zu sein. Und so viele Bürger regen sich auch hier nicht auf, wenn Homosexuelle auf den Straßen Gewaltattacken ausgesetzt sind. Das ist längst Alltag, so groß ist die Toleranz gegenüber Rechtsextremen längst!

Also: Nazi – Gesetze haben in der BRD fortbestanden … und die Opfer haben bis heute keine öffentliche Aufmerksamkeit gefunden oder gar Entschädigung erhalten. Warum? Weil in einem autoritären BRD Staat auch die BRD Richter fast immer ehemalige Nazis waren.

Nun also soll es eine gewisse Form der Gerechtigkeit für die Männer, die in der frühen Bundesrepublik verfolgt wurden. Ihre bewegende Geschichte sollte man etwa im Tagesspiegel vom 27. 4. 2017, Seite 3, nachlesen…

2.

Was uns im Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salon viel mehr noch interessiert ist: Dieser Anti-Homo-Wahn besteht jetzt, besteht heute; diese Ausgrenzung, dieser Zwang, die anderen, die homosexuellen Menschen, zu verfolgen und zu töten. Dies gilt für fundamentalistisch-muslimisch geprägte Staaten, die noch nicht erkannt haben, dass der Koran eine zeitgebundene und historisch relative, also poetische Aussage frommer Leute ist. Die Liste der Staaten, die Homosexuelle verfolgen und ermorden, ist auch heute lang. Die Solidarität mit diesen Menschen hält sich nach meinem Eindruck in der westlichen Welt sehr in Grenzen. Die lieben Tanten und Onkels am Straßenrand deutscher Städte winken dem bunten und schrillen CSD – Festival im Sommer zu, kommen aber nicht auf den Gedanken, bei Amnesty International für krepierende Homosexuelle in Iran, Saudi-Arabien usw.usw. einzutreten…Man nennt dieses ignorante Verhalten heute die „feucht-fröhliche Form der repressiven Toleranz“.

3.

Der religionsphilosophische Salon interessiert sich auch aufgrund verschiedener biografischer Erfahrungen des Gründers dieser Basis- Initiative besonders für die Verfolgung bzw. Verachtung und Ausgrenzung homosexueller Menschen in den Kirchen, vor allem der römischen Kirche.

Die evidente Tatsache ist: Die römische Kirche ist eine homofeindliche Welt-Organisation. Noch heute. Sie spricht von der Akzeptanz „des anderen“ in zahllosen Dokumenten und theologischen Dissertationen, aber dies ist nur Theorie, nichts Ernstgemeintes, man könnte sagen: Ideologie.

Das ist ein evidentes Faktum, um es zugespitzt zu sagen. Und mir tun alle leid, die innerhalb der römischen Kirche gegen dieses Faktum anrennen und treuherzig „Reformen“ erwarten. Das ist Masochismus, den man aufgeben sollte – etwa zugunsten dringender Forschung und vor allem: eines befreiten Lebens.

Die Verfolgung homosexueller Männer in der römischen Kirche gilt für alle Männer die als Priester und Ordensleute in dieser Welt-Organisation mitarbeiten möchten. (Ich freue mich, dass offenbar die vielen lesbischen katholischen Nonnen in Ruhe gelassen werden, der Vatikan braucht ja auch Frauen nicht so dringend, da ist es ihm egal, ob da viele Lesben in den Klöstern sind, man möchte fast zynisch sagen: Gott sei Dank lässt die Inquisition die Lesben in Ruhe.)

Zu den Männern: Sie dürfen nur Priester oder hauptberufliche Laientheologen (etwa Pastoralreferenten) werden, wenn sie sich selbst als Homosexuelle verstecken und verleugnen und als Zeichen der Treue zur Hierarchie laut gegen Homosexuelle öffentlich sprechen.

Dieses Sich Verstecken ist eine Form systematischen geistigen Selbstmordes. Können solche geschädigten Männer Seelsorger sein?

Viele begehen aus Karrieregründen diesen geistigen Selbstmord und verstecken sich, gelegentliche Sex-Abenteuer, die bitte niemand sieht, eingeschlossen.

Die eher kranken Typen, möchte man beschreibend sagen, die man im Klerus allenthalben findet und fand, sind eben seelisch irritiert und, sorry,  kaputt, weil sie auf Dauer, lebenslänglich, zur absoluten Verlogenheit verpflichtet sind. So wird das klerikale System, und das römisch- katholische System ist absolut klerikal, zum Lügensystem. Lüge wird zur Angewohnheit, auch in finanziellen Belangen, man denke an den zerrütteten Zustand der Vatikan-Finanzen, an die Paläste, in denen die Diener des Herrn (oder der Herren), Kardinäle genannt, leben. Lüge bestimmt förmlich den vatikanischen Alltag. Man denke an den Gründer des Ordens der Legionäre Christi, Pater Marcial Maciel, den man den Großmeister der Lüge nennen kann. Wir haben im Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salon über ihn berichtet, den selbst Papst Benedikt XVI. wegen der pädophilen Untaten einen Verbrecher nannte. Mit diesem Gründer vor Augen besteht der Orden der Legionäre Christi nach wie vor.

Wer dieses Lügen-System mit dem Verlust des Selbst nicht mitmachen will und noch jung genug ist, andere berufliche Perspektiven sich zu erarbeiten, der verlässt diesen verlogenen Club. Dieser Schritt ermöglicht Freiheit und Selbstsein.

4.

Ich habe in einem früheren Beitrag, klicken Sie hier, ansatzweise einige wenige Elemente genannt, wie stark sich Homosexuelle dann doch in der römischen Hierarchie festsetzten und Karriere machten. Ich habe einige Namen Verstorbenen genannt. Sie lebten unter der einen Bedingung: Immer gegen Homosexuelle predigen … und sie möglicherweise schädigen.

5.

Es wird oft gesagt, Papst Franziskus sei ein bisschen aufgeschlossener in der Akzeptanz von Homosexuellen im allgemeinen und homosexuellen Klerikern im Besonderen. Man sagt dann: Papst Franziskus könne sich nur nicht durchsetzen, weil die afrikanischen Katholiken (und ihre Bischöfe) und viele in Asien eben homo-feindlich seien. Diese Katholiken folgen dabei auch den Missionspredigten der Europäer, die ihnen im 19. Und 20. Jahrhundert der Lehre getreu einredeten: Homosexualität ist Sünde. Diese Lehre wird ja noch im offiziellen Katechismus der Katholischen Kirche (1993) verbreitet. Man sagt also dann: Papst Franziskus will doch die angebliche Einheit der einen römischen Kirche nicht aufs Spiel setzen.

Tatsache ist: Dieses Argument ist eine Ausrede. Wenn ein Papst wirklich etwas als für ihn richtig erkannt hat, setzt er dies auch durch. Und selbst wenn sich eine afrikanisch-katholische-antihomo Kirche von Rom abspaltet: Was wäre dann so schlimm? Die viel beschworene Einheit der römischen Kirche ist ja ohnehin nur eine Behauptung und, schon wieder, eine Lüge. Sollen die katholischen Afrikaner doch antihomo bleiben und sehen, wie sie damit zurecht kommen. Für Europa wäre diese Spaltung ein Signal für einen progressiven, vernünftigen Aufbruch. Die viel beschworene Einheit in der ganzen Weltkirche (1,3 Milliarden Mitglieder) besteht ohnehin nicht.

Natürlich kann man das Insistieren auf der Normalität der Homosexualität durch Europäer gleich wieder als europäische Überheblichkeit (als neuen Kolonialismus) kritisieren. Aber es ist eine Tatsache: Bestimmte Erkenntnisse zur Menschenwürde aller Menschen haben nichts mit regionalen, europäischen Herkünften zu tun. Die Gleichberechtigung homosexueller Menschen ist ein Fakt, ebenso die Tatsache: Homosexualität ist eine normale Variante des sexuellen Lebens. Da ist es egal, ob diese Erkenntnis einmal in Frankreich oder in Sri Lanka oder Burundi entstanden ist. Sie ist wahr, unabhängig von der Herkunft und sie ist trotzdem universal gültig.

Wenn also der § 175 heute noch fortbesteht in Europa, dann in der weltweiten römischen Kirche. Wer spricht noch darüber? Wer klagt die Kirche wegen der Verletzung der Menschenrechte an? Diese Kirche zwingt zum Verleugnen und verhängt Berufsverbote für Männer, die sich outen und bestraft immer noch jene, die oft als Priester oder Bischöfe sich outen, dann bestraft werden und ins oft ärmliche bürgerliche Leben zurückkehren.

6.

Ein großer Skandal ist, dass die deutsche Rechtssprechung den absurden Sondergesetzen der römischen Kirche folgt, und eben Entlassungen von homosexuellen Priestern und Laien-Theologen normal und rechtlich in Ordnung findet, wenn diese die „Sünde“ begehen, sich zu outen oder mit dem Partner eine feste Verbindung einzugehen.

7.

Nebenbei: Mich persönlich freut es, dass es eine undogmatische und freisinnige protestantische Kirche gibt, die sozusagen völlig normal homosexuelle Menschen als solche, aber eben als normale Menschen wie alle anderen, als Mitglieder oder als Pastoren willkommen heißt, und die, wenn gewünscht, nun schon seit 1987 auch eine Ehe-Segnung vollzieht. Es sind die Remonstranten in Holland.

Zur Lektüre wird empfohlen: Krzysztof Charamsa, Der erste Stein. Als homosexueller Priester gegen die Heuchelei der katholischen Kirche. Bertelsmann Verlag, 2017.

Copyright: Christian Modehn, Berlin.