Der Gründer der Legionäre galt als Heiliger

Der religionsphilosophishce Salon diskutiert auch Fragen der Religionskritik, zeigt Phänomene auf, wie auch die christliche Religion “entgleisen” kann. Die Diskussion wird dadurch nur vertieft, wie kann eine vernünftige und freie Form christlichen Lebens heute aussehen?

Päderast und Frauenheld

Der Gründer der „Legionäre Christi“ erschüttert die katholische Kirche

Von Christian Modehn

Moderationshinweis:

Noch ist nicht abzusehen, wie die römische Kirche ihr Problem mit den erzkonservativen Pius – Brüdern zu lösen gedenkt, da erschüttert schon eine weitere Krise nicht nur den Vatikan: Der Gründer einer der einflussreichsten katholischen Ordensgemeinschaften, der Legionäre Christi, war nicht nur „Pater“, sondern auch Vater mehrerer Kinder. Dies wird jetzt bekannt. Darüber hinaus wurde er schon seit vielen Jahren wegen pädophiler Umtriebe beschuldigt. Seit einigen Wochen wird zudem berichtet,  dass sich der oberste Legionär Christi, Pater Marcial Maciel, viele Millionen Dollar durch Betrug erschlichen hat. Ein Ende dieser Skandalgeschichte ist noch nicht abzusehen, sie  scheint die Affäre um die traditionalistischen und zum Teil antisemitischen Pius Brüder noch in den Schatten zu stellen. Denn Pater Marcial Maciel, war einer der engsten Freunde Papst Johannes Paul II. Ein Kommentar von Christian Modehn.

Die Geschichte könnte einem Krimi als Drehbuch dienen: Der oberste Leiter eines päpstlich anerkannten Ordens vergeht sich Jahre lang sexuell an Schülern, Studenten und jungen Ordensmitgliedern. Unter Drohungen zwingt er sie zu schweigen. Als sich die eingeschüchterten Missbrauchsopfer nach Jahren melden und dem Vatikan Bericht erstatten, werden sie abgewiesen und ignoriert. Einige Opfer, wie José Barba, haben ihre seelische Qual in Büchern dargestellt; aber der Einfluss des Ordens über die Medien war so groß, dass diese Zeugnisse weithin ignoriert wurden. Der Pater jedoch, sexuell offenbar nicht ausgelastet, wendet sich auch Frauen zu, mit einigen hat er Kinder: Seine wahre Identität als Priester verheimlicht er ihnen. Seiner Lieblingsfrau und der gemeinsamen Tochter Norma Hilda Rivas kauft er zwei Luxusappartements in Madrid, damit sie schweigen. Das Geld stammt aus anderen Liebschaften des Ordensoberen: Er bevorzugt Frauen aus der Oberschicht Chiles und Mexikos, wie Flora Barragún oder Dolores Barroso. Sie überlassen ihm, offenbar von der Sexualität des Paters umnebelt,  ein großes Vermögen. Hat er das Geld in der Tasche, zieht der Pater weiter, zur nächsten Frau und zum nächsten jungen Mann. Diese Details aus dem Alltagsleben Pater Marcial Maciels werden dieser Tage bekannt. In Mexiko haben sich 6 weitere Kinder des Ordensgründers gemeldet, sie lassen sich von Rechtsanwalt Jose Bonilla (sprich Bonija) vertreten. Die Priesterkinder waren  entsetzt, als sie hörten, dass ihr Vater ein notorischer Pädophiler war. Ihren Anteil an der Erbschaft aus dem Millionenvermögen ihres Vaters fordern sie trotzdem. Erst jetzt, ein Jahr nach dem Tod von Pater Maciel, hat weltweit eine öffentliche Debatte über diesen betrügerischen und verbrecherischen Ordensgründer begonnen. Papst Benedikt XVI. bekundet jedenfalls Interesse an der Freilegung der Wahrheit, denn in seinem Auftrag sind seit dem 15. Juli fünf Bischöfe unterwegs, um alle Mitglieder und alle Häuser der Legionäre Christi weltweit zu untersuchen. Hinter dieser offiziellen „Visitation“ steht das Eingeständnis: Auch der 2.500 Mitglieder zählende Orden und die mit ihm verbundenen 70.000 Laien in der Bewegung „Regnum Christi“ haben von den finanziellen Machenschaften Pater Maciels profitiert, und einige Patres haben ihrerseits pädophile Neigungen ausgelebt. In den Schulen der Legionäre Christi gab es immer wieder Fälle von sexuellen Übergriffen  durch Priester, so dass ein ganzes einschlägiges Netzwerk im Orden vorhanden ist, auch darüber wird jetzt berichtet. Ob die päpstlichen Visitatoren die volle Wahrheit nicht nur erfahren, sondern auch veröffentlichen, ist fraglich: Denn die Legionäre Christi gehören zu den päpstlich besonders geförderten Gemeinschaften. Papst Johannes Paul II. hatte sich den Legionärs Gründer, den notorischen Pädophilen, Pater Maciel,  gar als seinen besonderen Freund und Ratgeber auserwählt. Er war der Koordinator der päpstlichen Reisen nach Mexiko, er war gefragt, als die Befreiungstheologie und die Basisgemeinden ausgegrenzt und diffamiert wurden.  Die Affäre Maciel wird jetzt zum Skandal für die päpstliche Kurie, denn auch Joseph Ratzinger hat noch als Kardinal dem Treiben Pater Maciels kein Ende setzen wollen. Er schrieb dem Missbrauchsopfer José Barba: „Da kann ich nichts machen, der Orden gibt dem Johannes Paul II. Papst viel Geld“. Als Papst kann nun Joseph Ratzinger den Skandal Orden nicht länger decken. Einige Beobachter fordern jetzt, der Orden sollte aufgelöst werden. Aber dazu wird es nicht kommen: Die Legionäre Christi sind fest mit ihren über 700 Bildungseinrichtungen weltweit fest in der Kirche etabliert. In jedem Fall aber hat die Glaubwürdigkeit der römischen Kirche einmal mehr schwer gelitten.