Im Religionsphilosophischen Salon am 25. 2. 2011 war Prof. Dr. Michael Bongardt (Philosoph und Theologe) bei uns. Aus dem weiten Umfeld des Themas HUMOR hatte Michael Bongardt ein Motto des bedeutenden Aphoristikers Elazar Benyoetz gewählt: Humor – Leichtsinn der Schwermut. Für den in Israel lebenden Denker ist Humor sozusagen die menschliche Grundhaltung überhaupt, die auch in den religiösen Bindungen, auch gegenüber Gott, Gültigkeit hat. Klar ist, dass Humor hier nicht in einem banalen Sinne eines irgendwie witzigen Verhaltens zu verstehen ist, sondern als Grundhaltung, sozusagen lächelnd dem begrenzten Dasein und damit der oft gegebenen Schwermut zu begegnen. Prof. Bongardt konfrontierte diese “Lebensform Humor” mit dem klassischen Philosophen des Humors, mit Sören Kierkegaard.
Wir bieten hier einige Aussagen Kierkegaards und Benyoetz, wie sie Michel Bongardt den 25 TeilnehemerInnen zur Verfügung gestellt hatte. In dem Beitrag über Kierkegaard wird deutlich, wie Ironie und Humor eine Art dynamische Kraft sind, zu einer umfassenden Gestalt des Menschlich zu kommen.
Wir empfehlen zu dem das von Michael Bongardt herausgegebene Buch “Humor – Leichtsinn der Schwermut”, erschienen im Universitätsverlag Dr. N. Brockmeyer, Bochum 2010, 174 Seiten. Die Kiekegaard Texte haben Verweise auf die entsprechenden Publikationen.
Humor –
Leichtsinn
der Schwermut
(E. Benyoëtz, Finden macht das Suchen leichter, S.77)
Von Ernst und Heiterkeit der Glaubenden
Religionsphilosophisches Gespräch am 25. Februar 2011
I. Glaubensernst
II. Sören Kierkegaard: Der Humor als Weg zum Glauben
Ästhetische Existenz
„Wer aber sagt, er wolle das Leben genießen, der setzt stets eine Bedin-gung, welche entweder außerhalb des Individuums liegt oder auf eine Art im Individuum ist, daß sie nicht in dessen eigener Macht steht.“
(Entweder/Oder II, S. 191)
Grenzbereich Ironie
„Ebenso wie die Philosophie mit dem Zweifel, ebenso beginnt ein Leben, das menschenwürdig genannt werden kann, mit der Ironie.“
(Der Begriff Ironie, S. 4)
Ethische Existenz
„Indes, was denn dies, mein Selbst? Wollte ich von einem ersten Augen-blick, einem ersten Ausdruck dafür sprechen, so ist meine Antwort: es ist das Abstrakteste von allem, welches doch in sich zugleich das Konkre-teste von allem ist – es ist die Freiheit.“
(Entweder/Oder II, S. 229)
Grenzbereich Humor
Der Humor ist „die Einheit des Komischen und des Tragischen.“
(Unwissenschaftliche Nachschrift I, S. 287).
„Der Humor schließt die Immanenz innerhalb der Immanenz ab und liegt noch wesentlich im Sich-Zurücknehmen durch die Erinnerung aus der Existenz in das Ewige hinein.“
(ebd.)
Religiöse Existenz
„Humor ist nicht der Glaube, sondern liegt vor dem Glauben; er kommt weder nach dem Glauben noch ist er eine Entfaltung des Glaubens.“
(ebd.)
„Der Humorist […] begreift die Bedeutung des Leidens in Beziehung auf das Existieren, aber er begreift nicht die Bedeutung des Leidens.“
(Unwissenschaftliche Nachschrift II, S. 155))
III. Elazar Benyoëtz: Der Humor der Glaubenden
In Zweifel gezogen, dehnt sich der Glaube aus
(Variationen über ein verlorenes Thema, S. 46)
Eine Theodizee kann nur der Witz erfinden
oder ergründen,
weil nur der Witz sich Humorlosigkeit leisten kann
(Die Eselin Bileams und Kohelets Hund, S. 82)
Ohne Humor läßt sich weder glauben noch zweifeln
(Variationen über ein verlorenes Thema, S. 47)
Quellenangaben: Sören Kierkegaard, Gesammelte Werke, hgg. v. H. Gerdes und E. Hirsch, Köln 1950-1969, Nachdruck Gütersloh 1979ff. Hier zitierte Bände: Entweder/Oder, GW 1+2; Unwissenschaftliche Nachschrift zu den philosophischen Bro-cken, GW 16; Über den Begriff der Ironie in ständiger Rücksicht auf Sokrates, GW 31.
Elazar Benyoëtz, zahlreiche Werke in verschiedenen Werken. Hier zitiert: Variationen über ein verlorenes Thema, Wien 1997; Finden macht das Suchen leichter, München/Wien 2004; Die Eselin Bileams und Kohelets Hund, München 2007.
Prof. Dr. Michael Bongardt, Freie Universität Berlin, mbongard@zedat.fu-berlin.de