Pater Wolfgang Ockenfels, Dominikaner, gehört nicht mehr zur AFD nahen Stiftung „Desiderius Erasmus“.

Ein Hinweis von Christian Modehn am 13.3.2024

Dieser Beitrag gehört in den großen Zusammenhang „Katholiken und AFD“.

1.
Der Obere der Dominikanerprovinz Pater Peter L. Kreutzwald (jetzt in Mainz) teilt dem „Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salon Berlin“ am 11.3.2024 per email zur Tätigkeit von Prof. em. Wolfgang Ockenfels, Dominikaner in Bonn, mit:
„Im Nachgang zu unserem Mailkontakt von Juli 2018 wird daher vermutlich eine neue Information für Sie sein, dass Pater Wolfgang nach eigener Aussage nicht mehr dem Kuratorium der Desiderius-Erasmus-Stiftung angehört.“ Weitere Informationen dazu schreibt P. Kreutzwald nicht.

2.
Wir hatten auch bei der Bischofskonferenz (beim Pressesprecher Herrn M. Kopp) nachgefragt, ob er angesichts der Veröffentlichung der Bischöfe zu „Katholiken und AFD“ mitteilen kann: Gehört P. Ockenfels auch jetzt noch zum Kuratorium der AFD Stiftung? Dazu wollte am 8.3.2024 Herr Kopp nichts mitteilen. P. Ockenfels antwortete nicht auf unsere entsprechende Frage vom 8.3.2024.

3.
Der Religionsphilosophische Salon hat im Rahmen seiner Studien zu „Katholiken und sehr rechtslastige bzw. rechtsextreme Parteien“ seit 2018 einige Hinweise publiziert, auch über die offensichtliche Verbundenheit von Pater Ockenfels mit der AFD (Stiftung). Denn ohne eine geistige/politische Verbundenheit mit der AFD wird ja wohl niemand zum Kuratorium der AFD nahen Erasmus Stiftung gehören (wollen). Ein Link zu unseren damaligen Hinweisen: LINK.

4.
Bei wikipedia z.B. ist die Nachricht noch nicht angekommen, dass Pater Wolfgang Ockenfels nicht mehr zum Kuratorium der AFD nahen Erasmus – Stiftung gehört (wikipedia gelesen am 13. 3. 2024, um 10 Uhr).

5.
Details nennt der Dominikaner – Provinzial P. Kreutzwald in seiner e-mail vom 11.3.2024 wie gesagt nicht: Fragen wie: Ob P. Ockenfels vielleicht sogar unter einem gewissen Druck des Ordens oder der Bischöfe (eher sehr unwahrscheinlich) oder aus Altersgründen oder aus tatsächlicher Ablehnung der Ideologie der AFD aus dem Kuratorium ausgeschieden ist. Pater Ockenfels sagte früher, die AFD sei eine demokratische Partei und er „praktiziere nur Dialogbereitschaft“.

6.
Interessant wäre es, die von P. Ockenfels als Chefredakteur (von 1985- 2022) geleitete sozialwissenschaftliche Zeitschrift „Die Neue Ordnung“ auf AFD Nähe und auch auf Verbundenheit mit sehr konservativen katholischen Positionen (Opus Dei, Neokatechumenale usw.) zu untersuchen.

7.
P. Ockenfels hatte als Chefredakteur von “Die Neue Ordnung” etwa Felix Dirsch publizieren lassen, auch im Dezember 2020. Felix Dirsch schreibt auch auch für die “Junge Freiheit” und die AFD nahe Zeitschrift „Sezession”, außerdem ist er Tempelritter OMCT und Mitglied bei der Palladia…“ so berichtet wikipedia, gelesen am 11.3.2024. Dirsch zitiert in seinen Beiträgen auch oft den rechtsradikalen „Identitären“ „Martin Lichtmesz…“

8.
„Die Neue Ordnung“ wird vom „Institut für Gesellschaftswissenschaften Walberberg e.V. “ herausgegeben, in Walberberg (bei Bonn) befand sich eine inzwischen aufgelöste philosophisch- theologische Hochschule des Dominikanerordens. Pater Peter Kreutzwald, der Provinzial der Dominikaner in Mainz, schreibt dem Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salon Berlin am 14.3.24: “Die Publikation „Die Neue Ordnung“ wird nicht von unserer Provinz herausgegeben. Herausgeberin ist das Institut für Gesellschaftswissenschaften Walberberg e.V. mit Sitz in Bonn, das keine Institution der Provinz ist. Daher bin ich für Fragen zu Interna der Zeitschrift nicht der passende Ansprechpartner.”

9.

Der Journalist und Spezialist für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Opus Dei, Peter Hertel, nennt Pater Wolfgang Ockenfels mehfach in seiner Studie “Glaubenswächter” (Echter Verlag)  aus dem Jahr 2000!  Damals war P. Ockenfels aktiv bei den “Christdemokraten für das Leben” (S. 91) , weitere Hinweise zur Tätigkeit beim “Rheinischen Merkur,” bei “Komma”, “Radio Horeb” usw…. (S. 138). Weiteres dann auch bei wikipedia…Das Buch von Peter Hertel ist noch antiquarisch zu haben, aber es bezieht sich, wie gesagt, auf die vergangenen Engagements von Ockenfels.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin. www.religionsphilosophischer-salon.de

Kafkas paradoxe Weisheiten.

Hinweise auf einige Aphorismen Franz Kafkas.
Von Christian Modehn am 4.3.2024

Ein Vorwort:
Franz Kafka hat auch seine Tagebuchnotizen und Briefe als wichtige. literarische Arbeiten verstanden, keineswegs nur als „Beiläufiges“, „Sekundäres“. Seine Aphorismen erscheinen wie Lehrsätze, die sich auch auf vorgegebene Weisungen, Normen, Gebote, Konventionen beziehen. Kafkas Aphorismen, die 1917 in Zürau in Oktavheften geschriebenen, wirken eher wie Kommentare, betont der Germanist Peter – André Alt. Es sind Hinweise zur Lebensgestaltung. Sie führen aber nicht in allseitige Klarheit und Durchsichtigkeit. Die Aphorismen überschreiten logische Argumente, sie leben vom Widerspruch zu alltäglichen Selbstverständlichkeiten. „Kafka hatte einen Widerwillen gegen analytische Abstraktion“, schreibt Alt (S. 82), er lehnte abstrakt argumentierende Philosophien mit ihren „klaren Antworten“ ab. Es geht ihm bei den Lebensfragen (als Hintergrund der Aphorismen) nur darum, den geistigen, auch den religiösen Horizont zu öffnen, in dem eventuell Ansätze von Antworten auf diese Lebensfragen wenigstens ahnbar werden.
Kafka hat keine Vorliebe zur Philosophie entwickelt, hingegen ist sein Interesse am Werk des Philosophen Kierkegaard durchaus bemerkenswert… weil Kierkegaard auch das literarische Erzählen hochschätzt.

Die folgenden Aphorismen wurden dem Buch „Franz Kafka. Betrachtungen über Leben, Kunst und Glauben“ entnommen. Das Buch erschien 2007 im DTV Verlag, es enthält ein Nachwort von Peter – André Alt. Die Seitenangaben zu den jeweiligen Aphorismen beziehen sich auf dieses Buch.

Die hier ausgewählten Aphorismen wurden wegen ihrer Prägnanz und Kürze ausgewählt, vor allem aber, weil sie unmittelbar ins Philosophieren führen. Eigentlich stehen die Aphorismen für sich selbst. Hier wird der Versuch gemacht, kurze, subjektive Hinweise der Interpretation vorzuschlagen.Diese Hinweise können anregen, sich weiter in diese und andere Aphorismen Kafkas zu vertiefen … und andere Interpretationen zu formulieren.

Die Literaturwissenschaftlerin Margarete Kohlenbach hat in ihrem Buch “Franz Kafka in Zürau. 1917-1918” (Transit Verlag, Berlin, 2023) die meisten der dort geschriebenen Aphorismen Kafkas ausfürlich auf  252 Seiten untersucht und sie auf das Leben (und Leiden) Kafkas (dort) bezogen.

Unser Vorschlag zur Lektüre einiger weniger, kurzer offenbar auch “philosophischer” Aphorismen Kafkas ist wesentlich bescheidener, unser Vorschlag will die LeserInnen zu eigener Lektüre und eigener Interpretation ermuntern. Dazu muss man kein Kafka – Spezialist sein. “Die Texte Kafkas verändern unaufhörlich ihren Klang und ihre Farbe”, schreibt der Literaturkritiker Gregor Dotzauer im “Tagesspiegel”( 11.1. 2024, Seite 24).

1.
„Wer sucht, findet nicht. Wer nicht sucht, wird gefunden.“
(Oktavhefte 13. Dezember 1917). S 55.

Wer dem Sinn dieses Satzes folgt, erkennt: Also muss es doch einen Suchenden geben, der dann denjenigen findet, der eben nicht sucht. Ein Widerspruch, mindestens dann, wenn man die Aussage Kafkas auf den menschlichen Bereich bezieht. Das Suchen hier kann man aber als Suchen nach Sinn, nach „Gott“ verstehen. Dann aber sollte man – nach Kafka – aber gerade nicht Gott aktiv suchen. Man sollte stille sein, nichts tun, nichts suchen: Dann wird man gefunden, von Gott, von dem tragenden Lebens-Sinn.

2.
“Man darf niemanden betrügen. Auch nicht die Welt um ihren Sieg.“
(Oktavhefte 8. Dezember 1917). S. 54.

Ein Satz, der an Immanuel Kant erinnert, an dessen absolute Zurückweisung von Lüge und Betrug. Wenn man sich im Sinne Kafkas an diese Maxime (Kants) hält, dann muss man hinnehmen und ertragen, dass „die Welt“ siegen wird. Was ist hier die Welt? Offenbar alles Irdische, alles Ideologische, das als gegenüber zu Gott diesen „Gott“ eben ausschließt oder auch einen transzendenten Lebens – Sinn. Wer also niemals jemanden betrügen will, muss die Herrschaft der Welt als dem Nicht – Göttlichen in Kauf nehmen. Sollten wir vielleicht doch etwas betrügen, lügen, damit die Welt nicht siegt? Kant würde nicht zustimmen!

3.
„Wahrheit bringt keine Erfolge. Wahrheit zerstört nur das Zerstörte.“
(An Robert Klopstock, Juni 1922.) S. 57.

Wer sich bemüht, in einer Welt voller Lügen und Verlogenheiten die Wahrheit zu sagen und Wahrheit zu leben und zu tun, wird keinen Erfolg haben mit seiner Haltung, meint Kafka. Die Wahrheit wird sich nicht durchsetzen. Das Engagement zugunsten der Wahrheit kann nur das zerstören und beseitigen, was ohnehin schon zerstört ist und als kaputt und wertlos gilt. „Wahrheit zerstört das Zerstörbare“ ist heute angesichts der Kriege, der Rechtsradikalen Macht und Verbrechen, der Allgegenwart von Lügen etc… eine ziemlich optimistische Überzeugung Kafkas.

4.
Erkenntnis haben wir. Wer sich besonders um sie bemüht, ist verdächtig, sich gegen sie zu bemühen.“
(Oktavhefte 25. Januar 1918). S. 56.

Wissenschaftler, Philosophen, Theologen fallen bei Herrschenden in Ungnade, werden verfolgt, getötet, von jenen, die Macht haben. Wer neue Erkenntnisse mitteilt, stört diese etablierte, alte und selbstverständlich gewordene Erkenntnis und Wahrheit. Solche Störenfriede gilt es auszuschalten, indem man sie „verdächtigt“ eigentlich gar keine weiterführende Erkenntnis zu lehren.

5.
„Wer glaubt, kann keine Wunder erleben. Bei Tag sieht man keine Sterne.“
(Oktavhefte 22.November 1917.) S. 64.

Wer religiös glaubt, lebt förmlich wie selbstverständlich in einer transzendenten Geborgenheit, lebt gleichsam auf sicherem Boden und in einem hoffnungsvollen Horizont. Ein solcher Glaubender braucht keine einzelnen Wunder. Denn das größte Wunder ist für ihn bereits dieser sein Glaube. Darum Kafkas Ergänzung: Wer im hellen Licht lebt, braucht nicht die wunderbaren Sterne, die nur nachts zu sehen sind.Wer glaubt ist im Licht, er braucht keine wunderbaren Sterne.

6.
Und ähnlich ist auch dieser Aphorismus: 
„Wer Wunder tut, sagt: Ich kann die Erde nicht lassen“
(Oktavhefte 21. November 1917.) S. 54.

Wer Außergewöhnliches, Wunderbares leistet, will die Erde, das Leben auf Erden, pflegen und fördern, er „kann die Erde nicht lassen“, er kann sie nicht loslassen, zugunsten einer transzendierenden, über die Welt hinausgehenden und die Welt „überwindenden“ Lebenseinstellung.

7.
„Theoretisch gibt es eine vollkommene Glücksmöglichkeit: An das Unzerstörbare in sich glauben und nicht zu ihm streben.“
(Oktavhefte 19. Dez. 1917,) S. 24.

Haben wir das Unzerstörbare in uns entdeckt, auf das Kafka aufmerksam macht? Unzerstörbar als dauernd bleibend kann nur Ewiges in uns sein. Wer oder was ist der Ewige? Religiöse Menschen nennen ihn Gott. Gott lebt als das Unzerstörbare in uns. Aber, und das ist Kafkas Rat: Streben wir nicht nach ihm. Werden wir nicht zu Aktivisten der Gott – Suche. Gott ist doch schon unzerstörbar in uns. Das ist „vollkommene Glückseligkeit“.

8.
„Du kannst dich zurückhalten von den Leiden der Welt, das ist dir freigestellt und entspricht deiner Natur. Aber vielleicht ist gerade dieses Zurückhalten das einzige Leid, das du vermeiden könntest.“
(Oktavhefte 22. Februar 1918). S. 24.

Wer sich aus den politischen Konflikten, Krisen und Kriegen und damit aus allem Leiden der anderen Menschen fein narzisstisch raushält, der „entspricht“ durchaus seiner nun einmal egoistischen „Natur“. Aber dieser egoistische Rückzug, dieses Ignorieren des Leidens und der Leidenden der Welt, bereitet dem Egoisten dann doch seelisches Leiden. Falls er noch ein Gewissen hat, möchte man ergänzen.

9.
Es gibt ein Ziel, aber keinen Weg. Was wir Weg nennen, ist Zögern“ .
(Zit. S. 81.)

Eine Erkenntnis Kafkas, die wie ein Motto für viele Politiker damals und heute vor allem gilt: Sie gehen nicht den Weg zum Ziel, etwa zum Frieden, zur universellen Gerechtigkeit, sie stehen bloß irritiert herum, reden viel und „zögern“ nur. Und sie nennen dieses Zögern dann noch ihren politischen „Weg.“

10.
„Geständnis und Lüge ist das Gleiche“.
Verfasst Ende 1920. (zit. S. 91.)

Es gibt in totalitären Regimen ständig die Praxis, die zu Unrecht Verurteilten, also die politischen oder religiösen Feinde, zu einem Geständnis zu zwingen, meist durch grausamste Folter. Die Prozesse in Moskau zu Stalins Zeiten in Berlin im Nazi-Regime oder die Slansky – Prozesse in Prag (1952) oder die „Gerichte“ der katholischen Inquisition sind treffende Beispiele für diese „Geständnisse“ eigener Fehler, diese Geständnisse sind de facto, der Wahrheit folgend, nichts als Lügen. Diese „Lügner“ haben auch nach ihrem Geständnis keine Überlebenschance im totalitären System. Die Romane Kafkas, etwa „Der Prozess“, zeigen in dem Protagonisten Josef K. den „unschuldigen Schuldigen“, auch Josef K. wird trotz Unschuld aufgefordert, „doch bei nächster Gelegenheit das Geständnis zu machen“.

11.
Wenn das, was im Paradies zerstört worden sein soll, zerstörbar war, dann war es nicht entscheidend. War es aber unzerstörbar, dann leben wir in einem falschen Glauben“
(Oktavhefte, 30. Dezember 1917, S. 87.)

Ein Satz der die göttliche Schöpfung von Welt und Menschen (Adam und Eva) meint. Was wurde im Paradies von wem zerstört? Die Menschen zerstörten ihre gehorsame Bindung an Gott und wurden von ihm aus dem Paradies vertrieben. Diese Haltung des Ungehorsams kann durchaus als etwas Zerstörbares, also zu Überwindendes angesehen werden. Dann ist der Ungehorsam nicht wesentlich. Wenn aber diese gehorsame Bindung an Gott als etwas Unzerstörbares, also als Absolutes und selbst schon Göttliches angesehen wird? Dann können wir diese gehorsame Überzeugung nicht akzeptieren: Wer Gehorsam absolut setzt, führt in einen „falschen Glauben“…Da hat Kafka – auch aktuell – recht.

Siehe auch Kafka und Kant LINK

Copyright: Christian Modehn, www.religionsphilosophischer-salon.de

Der Papst verbietet demokratische Strukturen in der Kirche von Deutschland

Ein Hinweis von Christian Modehn am 20.2.2024.

Ein Vorwort:
Niemand mache sich heute Hoffnung auf eine grundlegende Reform der katholischen Kirche (in Deutschland). Das Thema „katholische Kirchenreform“ ist ja nicht nur für die stets kleiner werdenden katholischen Kreise interessant. Der vatikanische und bischöfliche Umgang mit dem Thema „Synodale Strukturen als Ausdruck der Gleichberechtigung der Laien in der katholischen Kirche“ muss kulturell gedeutet werden als ein Zeichen zentralistischer Allmacht! Aber die passt so gar nicht in die große und wahre, aber heute allseits bedrohte Tradition von Demokratie und Aufklärung und Menschenrechte. Die katholische Kirche in ihrer Organisation und Lehre fällt förmlich aus der Zeit, aus der Gegenwart. Sie lebt förmlich nur noch weiter als eine Organisation, die sich de facto selbst überlebt hat, wie der Philosoph G.W.F. Hegel treffend schon um 1820 erkannte. LINK.

1.
Der Vatikan hat erneut den wichtigen katholischen Reformprozess in Deutschland, „Synodaler Weg“ genannt, mit einem Machtwort ins Stolpern, wenn nicht zum Stoppen gebracht, also in den Sterbeprozess geführt: Roms Machtwort: Die Bischöfe in Deutschland dürfen nicht den Rat der Gläubigen in einem gemeinem „Ausschuss“ einholen. Mit anderen Worten: Die Herrschaft bleibt einzig beim Klerus. Der Synodale Weg könnte, genau besehen, eigentlich gestoppt werden. Denn: Rom hat – wie immer das letzte Wort. Das wollen viele nur nicht wahrhaben. Zum Brief aus ROM: LINK.

Und das sagen Mitglieder des “Synodalen Ausschusses” über diesen Brief des Papstes! LINK.

2.
Die deutschen Bischöfe haben nach dem Brief aus Rom das zentrale Thema „Synodaler Ausschuss“ gleich von der Themenliste ihrer aktuellen Beratungen in Augsburg (19.2. bis 22.2. 2024) gestrichen. Der Klerus in Deutschland, die Bischöfe, sind also selbst nur gehorsame Schäfchen, ausführende Beamte der Spitze der Hierarchie im Vatikan. Dort und anderswo geistert das Gespenst der Spaltung der römisch-katholischen Kirche durch die Köpfe: Dabei wissen viele: Diese Spaltung gibt es de facto längst: Welcher Priester hält sich wirklich noch an das Zölibatsgesetz? Wie geht ein Bischof etwa in Uganda oder Kenia mit katholischen Homosexuellen um und ein Bischof, nun ja, in Deutschland? Gibt es da Gemeinsamkeiten? Und so weiter.

3.
Über diese, nennen wir sie offen, feudalistischen Zustände in der römischen Kirche heute weiter zu debattieren, ist eigentlich vertane Zeit.

4.
Trotzdem:
Es sollen die Katholiken nur noch einmal an tausendmal schon Genanntes und eigentlich Bekanntes erinnert werden: Denn klipp und klar ist dies offizielle Ideologie: Nur die Bischöfe, also der Klerus, sind laut offizieller und unumstößlicher katholischer Dogmatik befugt, „mit heiliger Gewalt in der Person Christi zu handeln“, so bitte nachzulesen im offiziellen universell geltenden „Katechismus der katholischen Kirche“, § 875 ff. (München 1993). Das heißt: Gott selbst will, dass der Klerus allein in allen Glaubensfragen herrscht und bestimmt. Und wenn Laien kooperativ jetzt im „Synodalen Weg“ auf die eigentlich richtige Idee kommen, mitzuwirken in der inhaltlichen Gestaltung des Glaubens: Dann ist es im Sinne der offiziellen Ideologie eine unerträgliche Anmaßung: Denn: „Niemand kann sich selbst den Auftrag und die Sendung geben, das Evangelium zu verkünden“ (§ 875, Seite 259). Nur weil der liebe Gott höchstpersönlich allein dem Klerus den Auftrag und die Sendung erteilt hat, dürfen nur die Herren des Klerus das Evangelium verkünden und deuten.

5.
Auch das weiß allmählich fast jede und jeder: Die katholische Kirche kennt für die Gestaltung ihrer Lehre und ihrer Struktur absolut und definitiv keine demokratischen Grundsätze an – schon gar nicht in der inhaltlichen Gestaltung des Glaubens und seiner Lehren. Da können sich die Laien meinetwegen Kopf stellen: Forderungen nach Gleichberechtigung und demokratischer Mitbestimmung der Laien in entscheidenden Lebens/Glaubensfragen sind ausgeschlossen, denn die Herren der Kirche, der Klerus, der männliche, haben sich diese Theologie zurecht gelegt: „Christus selbst hat ihnen dieses Amt übertragen…zu leiten“ (Katechismus, § 873).
Die Kleriker, allen voran der Papst, können also eigentlich machen, was sie wollen. Und Deutschlands katholische Kirche ist dem Herrn des Vatikan-Staates, dem Wahlmonarchen Papst Franziskus, ziemlich schnuppe. Sonst hätte er ja mal was machen können in der „Causa“ Woelki“ zum Beispiel. Ihm ist die Mongolei ein viertägige Reise wert, aber nichts gegen die Mongolen! Manche meinen nur, Köln oder München wäre neben Ulan Bator oder Bangui auch mal ein Reisziel, „Pilgerfahrt“ genannt…. Den Papst wird einzig noch das Geld interessieren, das etwa als deutscher Peterspfennig in die heilige Stadt fließt… Für Papst Franziskus ist der Katholizismus in Deutschland jedenfalls faktisch von ihm selbst bewiesen eine „quantité négligeable“… Das sagen übereinstimmend kritische Beobachter und kritischen Theologen. Mir persönlich ist es schnuppe, ob Franziskus nach Deutschland sich aufmacht…

6.
Es gibt also heute für Reformkatholiken in dieser zerrissenen, kriegerischen Welt sehr sehr viel Dringenderes, als gegen die in jeder Hinsicht undurchdringlichen Mauern des Vatikans, des Papsttums etc. anzurennen.

7.
Martin Luther hatte Mut, den eigenen Weg zu gehen und mit ihm damals sehr viele empörte Katholiken. Ein Martin Luther ist heute leider nicht in Sicht. Zu viele Reformkatholiken sind offenbar, psychologisch gedeutet, viel zu masochistisch eingestellt. Sie lassen sich offenbar liebend gern von Rom in ihrer eigenen und sehr wertvollen Glaubenshaltung unterdrücken. Sie sind auch in Deutschland, als politische Demokraten, gern die letztlich doch immer Gehorsamen, Autoritätshörigen. Was für ein Skandal in unserer demokratischen Welt.

8.
Man möchte also Dante Alighieri variieren: „Lasst also die Hoffnung auf grundlegende Kirchenreformen fahren“ … liebe KatholikInnen, und wendet euch den wirklich dringenden Themen zu, dem Frieden, der Solidarität, der Überwindung der Armut, der Verhinderung einer noch größeren Klima – Katastrophe, oder auch: der freundlichen Mitmenschlichkeit im Alltag, all das ist bekanntlich in der Sicht des Propheten Jesus von Nazareth bereits der wahre Gottesdienst! Und LEBT – im emphatischen Sinne – und vergesst die Wahlmonarchie in Rom.

9.
Jeder und jede kann den eigenen spirituellen Weg gehen. Vernünftige Gesprächskreise über das Evangelium des Propheten Jesus von Nazareth sind jederzeit und überall zu realisieren, wenn man nur will und nicht länger bereit ist, die Bindung an Rom und die Hierarchen mit dem Glauben an eine transzendente Wirklichkeit, Gott genannt, zu verwechseln.
Für die vielen tausend Festangestellten in der Kirche Deutschlands wäre dieser Weg in die spirituelle und menschliche Freiheit wohl mit einem Verlust an finanziellem Wohlstand verbunden. So bleibt man wohl noch gern bei den „Fleischtöpfen Ägyptens“ müde sitzen … und leidet und … hofft weiter…

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

Karl Rahner – ein Modernist und liberaler Theologe ?

Gott als Geheimnis. Der christliche Glaube ist einfach. Die Liebe ist alles.

Ein Hinweis von Christian Modehn … anläßlich der Rahner Gedenktage 2024: Am 5. März 1904 geboren, Karl Rahner starb am 30. März 1984.

Wegen einiger Nachfragen ein kurzes Vorwort, förmlich eine Zusammenfassung des ganzen Hinweises, verfasst am 27.2.2024:

Man beachte bitte das ungewöhnliche Profil des theologischen Denkens Karl Rahners: Es fällt förmlich aus dem Rahmen des Üblichen-Katholischen in der Mitte des 20. Jahrhunderts; selbst wenn Rahner sich in einigen seiner Aufsätze doch als klassischer, dogmatisch üblich-korrekter Theologe zeigte. Aber der entscheidende Grundansatz von Karl Rainers Theologie ist ungewöhnlich und neu und bleibend wegweisend. Darum in diesem kurzen Vorwort eine Art theologische Leitlinie zur Theologie Karl Rahners:

—„Das Christentum ist in seinem Wesen die Subjektivität des begnadeten Menschen von Gott her und auf Gott hin.“ (So Rahner, etwa im Lexikon Sacramentum Mundi, Stichwort: Christentum).
Rahner will sagen: Wer den christlichen Glauben verstehen will, muss die Strukturen und Dimensionen des menschlichen, subjektiven Geistes verstehen. In ihm ist alles „Inhaltliche“ schon enthalten, was der christliche Glaube bedeutet.
Diese Position erinnert an die theologische Schule des „Modernismus“ obwohl Rahner natürlich aus Furcht vor Verfolgungen durch Rom alles tat, um den Eindruck zu vermeiden, er sei ein – in römischer Sicht immer noch häretischer – Modernist. Aber, so meine These, er war es de facto in gewisser, seiner Weise. Und war gerade deswegen kreativ!

—Man beachte hier die Bindung Rahners an die Transenzendentalphilosophie, auch Immanuel Kants. „Rahner und Kant“ wäre ein wichtiges und vielleicht mal neu zu gestaltendes Thema im Jahr 2024, dem großen „Kant – Gedenken“.

—Diese Einordnung und Bindung der katholischen Theologie in die neuzeitliche Subjekt-(Transzendental)-Philosophie ist die entscheidende originelle Leistung Rahners.

— Der christliche Glaube ist also für Karl Rahner nicht eine große dogmatische Lehre, sondern eine innere, subjektive Erfahrung des einzelnen.

— Von daher ist die Verbundenheit des Glaubenden mit äußeren historischen Tatsachen (wie der Geschichte Jesu von Nazareth, in einigen Aspekten dargestellt im Neuen Testament) nicht mehr als ein Ausgangspunkt, aber nicht der erlebbare und erfahrbare Mittelpunkt des Glaubens. Wie kann der Mensch sich denn auch an eine Gestalt (Jesus von Nazareth) binden, die vor 2000 Jahren verstarb und historisch so fern ist?

Um einen Ausweg zu zeigen: Karl Rahner wollte die universale Dimension des christlichen Glaubens darstellen, die gegründet ist in der Verbundenheit mit dem Göttlichen in jedem Menschen.

Deswegen wird auch verständlich, dass Karl Rahner – nach dem Eindruck der Lesenden – sehr wenig Bibelzitate nennt in seinen Aufsätzen und Beiträgen und Büchern: Das ist meines Erachtens überhaupt kein Mangel, denn Rahner denkt aus dem Ereignis, dass die frühe Kirche Jesus von Nazareth als Menschen der ganz besonderen Verbundenheit mit Gott verstand. Und dieser Mensch Jesus mit der besonderen Verbundenheit mit Gott zeigt: Alle Menschen immer und überall sind auch mit Gott ewig verbunden. Und die Auferstehung Jesu zeigt nur: Das Ewige im Menschen – die geistige Verbundenheit mit Gott – ist stärker als die Macht des Todes. LINK

…………

1.
An einen katholischen Theologen, der tatsächlich auch heute das Prädikat bedeutend verdient, muss erinnert werden, an Karl Rahner.
Warum gerade an ihn? Weil Karl Rahner als einer der wenigen europäischen Theologen des 20. Jahrhunderts einen eigenen theologischen Ansatz hatte, weil er also kreativ war in Zeiten katholisch – theologischer Versteinerungen und Verdächtigungen, er eröffnete neue Dimensionen des theologischen Denkens, also er ermöglichte geistvolles Leben und er gab Impulse für (religions-)philosophisches Denken. Denn Rahner war philosophisch nicht nur gebildet, sondern hoch begabt. Und wer seine Beiträge liest, weiß: Da spricht ein philosophisch Denkender, man möchte sagen ein spekulativ denkender Theologe. Auch deswegen interessiert uns nach wie vor Karl Rahner.

2.
Dabei wissen wir: Karl Rahner hat nicht nur ein äußerst umfangreiches Werk hinterlassen, in dem auch seine eigener „typischer“ und nach wie vor theologisch wegweisender Ansatz enthalten ist, davon wird gleich nach einmal die Rede sein. Dass viele seiner Texte manchen viel Mühe machen bei der Lektüre, ist bekannt.
Vor allem auch dieser kritische Hinweis: Karl Rahner war als Jesuit eben auch immer dem Aufbau dieser faktischen römisch-katholischen Kirche eng verbunden und damit auch dem Lehramt, so sehr er auch die Macht Roms öffentlich heftig kritisierte. War es Hass – Liebe? Das würde ein Jesuit niemals zugeben… Aber Rahner wollte als ein Seelsorger dann doch die Katholiken sozusagen auferbauen in allerhand spirituellen Meditationen oder vielen Reflexionen etwa zu Maria oder zum Ablass oder zu Detailfragen der katholischen Messe und so weiter.
Karl Rahner gönnte sich kaum Erholung, man erinnere sich an sein Wort, dass er eben sein Leben arbeitend verbracht habe …1984 erschien das Buch “Bekenntnisse. Rückblick auf 80 Jahre”, darin wird Rahner am Ende eines längeren Interviews gefragt: “Was bedeutet Ignatius von Loyola (der Gründer des Jesuoitenordens) für Ihr persönliches Leben?”. Rahner antwortet: “Ich weiß nicht, was mit meinem Leben ist. Ich habe kein Leben geführt, ich habe gearbeitet, geschrieben, doziert, meine Pflicht zu tun und mein Brot zu verdienen versucht, ich habe in dieser üblichen Banalität versucht, Gott zu dienen, fertig” (S. 58, Herold-Verlag, Wien).

3.
Uns geht es hier nicht um den spirituellen Schriftsteller, sondern um den kreativen Theologen Karl Rahner. Wir haben schon früher zu zeigen versucht, dass Rahner durchaus im Grundansatz seines Denkens, der transzendentalen Theologie, ein Modernist genannt werden kann. Modernist ist ein katholischer Theologe, der die Moderne und ihre Ideen anerkennt und theologisch realisiert, sehr kurz gesagt.
Diese Denker pflegten die Päpste des 20. Jahrhunderts zu exkommunizieren, so geistlos waren diese vatikanischen Herrscher…
Rahner muss den Vorwurf, selber „Modernist zu sein, empfunden haben: Denn immer wieder wehrt er sich (aus Angst vor Prozessen im Vatikan), als Modernist bezeichnet zu werden: So unter anderem auch in „Herders Theologisches Taschen Lexikon“, 1973, Band 5, S. 240: Dort wehrt er sich, seine Ausführungen zur transzendentalen Offenbarung seien ein „Irrtum des Modernismus“. Dass einige seiner kompetenten und mutigen Interpreten, wie der Jesuit Prof. Philip Endean (Oxford), Rahner als durchaus als „liberalen Theologen“ interpretierten, also fast als Modernisten, ist bekannt und wird in meinem Beitrag erwähnt. LINK

4.
Was „transzendentale Offenbarung“ im Sinne Rahners bedeutet, wurde von ihm selbst oft lang und breit, schwer verständlich manchmal, erläutert. Nur so viel für „theologische Laien“: Rahner ist überzeugt, dass in jedem Menschen, also nicht nur unter Christen, der eine Geist Gottes lebendig ist. Dieser göttliche Geist drückt sich in religiösen Vollzügen und Texten aus, also auch in so genannten „nicht- christlichen“ Religionen. Dieser göttliche Geist in allen Menschen bestimmt deren geistiges Leben insgesamt, das Göttliche gehört sozusagen zum unabwendbaren Horizont jeder menschlichen Erkenntnis. Dass da Anklänge an Hegel sichtbar werden, ist klar.
Mit dieser universellen Präsenz Gottes (Rahner meint immer die Präsenz des Gottes, den die Bibel vielfältig beschreibt), wird sozusagen einerseits die Pluralität der Gottesverehrungen und andererseits die Einheit aller Religionen (Einheit durch die Stiftung in dem einen Geist) herausgearbeitet. Ob dieses Denken in heutiger Sicht zu stark euro-zentrisch ist, müsste diskutiert werden.
Wichtiger aber ist: Für diese transzendentale Theologie sind auch die christlichen Lehren, die biblischen Bücher, also das „Objektive“ der Lehren, Ausdruck der geistigen Verfassung der Menschen, sie sind sozusagen Produkt des in den Menschen anwesenden göttlichen Geistes. Die Bibel – ein Produkt frommer Menschen: großartig dieser Gedanke.

5.
Leider wird nach meinem Eindruck diese kreative Dimension im Denken Rahners eher selten heute von Theologen herausgearbeitet. Meine These: Rahner ist eigentlich ein sich ängstigender Modernist. Und er sollte sich darüber freuen und nicht schämen, das wird leider nicht diskutiert.
Nur Prof. Endean erkennt die Bedeutung, was die Modernisten im Denken Rahners angeht: „Rahners Vorhaben war im Grunde genommen dasselbe wie das ihre (der Modernisten)“, (zit. in „Stimmen der Zeit“, Spezial I 2004, S 67.)

In „Herder Theologisches Taschen-Lexikon“, Band 5, Seite 240 schreibt Rahner unter dem Stichwort Offenbarung: „Jeder (!) Mensch ist durch die Gnade Gottes in seiner transzendentalen Geistigkeit unreflex erhoben“, d.h. Jeder Mensch ist durch die Gnade Gottes „vergöttlicht“, Rahner verwendet das Wort „Vergöttlichung“ !: Jeder Mensch – also immer und überall, auch außerhalb der Kirche – hat also Anteil am göttlichen Leben, ohne dabei in irgendeiner Weise in seinem freien Menschsein beeinträchtigt zu sein oder dabei reflektiert diese seine „Vergöttlichung“ ALS „Vergöttlichung“ zu erleben und zu deuten. (a.a.O. S. 240).
Rahner meint – etwas ins Umgangssprachliche übersetzt: Das geistvolle Leben der Menschen vollzieht sich immer im Horizont des Unendlichen, das Rahner Gott zu nennen meint. Wenn nun Menschen diese ihre Lebenserfahrungen in diesem Horizont des Unendlichen aussagen und von Gott sprechen, dann ereignet sich eine kategoriale, d.h. sprachlich, begrifflich, satzhafte Aussage von gott, die man Offenbarung nennen kann. Die weite Religionsgeschichte mit ihren religiösen Schriften ist also Offenbarungsgeschichte. Dabei betont Rahner als katholischer Theologe: Diese Erkenntnisse gewinnen wir erst in der Kenntnis der jüdisch-christlichen Offenbarung. Diese Offenbarung meint Rahner auch deswegen als den Höhepunkt der Offenbarungsgeschichte deuten zu können und verstehen zu wollen.

6.
Prof.Philip Endean (+ 2023) schreibt treffend: „Rahners zentrale Botschaft wurde zwar gehört. Aber die damit verbundenen Herausforderungen für das konventionelle Denken waren so groß, dass die Botschaft nur in einer verkümmerten Form verstanden wurde.“ (zit. ebd.)

7.
Zur theologischen Meditation:
Wenigstens einige zentrale, kurz gefasste Erkenntnisse Rahners, die in gewöhnlichen römisch- katholischen Kreisen natürlich als Provokation wahrgenommen wurden und werden, zur theologischen Meditation:

– „Mein Christentum ist der Akt eines Sichloslassens in das unbegreifliche Geheimnis hinein. Mein Christentum ist darum alles andere als eine Erklärung der Welt und meiner Existenz. Der Christ hat weniger als jeder andere letzte Antworten. Seinen Gott kann der Christ nicht als einen durchschauten Posten in die Rechnung seines Lebens einsetzen, sondern nur als das unbegreifliche Geheimnis annehmen …“ (Karl Rahner, Warum ich heute Christ bin, zit. in Beitrag Philip Endean, a.a.O., s. 70 f.).

– „Die Kirche sagt eigentlich ganz wenig: nämlich, dass es ein unüberholbares Geheimnis realster Art in unserem Dasein gibt: Gott. Und dass dieser Gott uns nahe ist und sich in Jesus gezeigt hat. In diesem eigentlich ganz Einfachen haben Sie im Grunde schon das ganze Christentum“ . (Karl Rahner, Schriften zur Theologie, Band X, Benziner Verlag 1972, S. 283).

– „Es ist nicht auszuschließen, dass die normale Verkündigung Gottes das Gottesbild primitivisiert und unglaubwürdig macht, zumal eine Verkündigung, die nur lehramtliche Dogmen über Gott wiederholt… Es gibt einen Kampf gegen die Unzulänglichkeit unseres eigenen Theismus“ („Kirche und Atheismus“, in Schriften zur Theologie, Band XV. Benziner Verlag 1983. S. 149)

– „Nach der Lehre des Christentums ist die Nächstenliebe nicht bloß ein Gebot, das erfüllt werden muss, sie ist nicht bloß eine der vielen Verpflichtungen des Menschen und des Christen, sondern der Vollzug des Christentums schlechthin“ (zit, Karl Rahner, „Ich glaube an Jesus Christus, Benziger Verlag. 1968.)

Sechs Wochen vor seinem Tod hielt Karl Rahner einen bemerkenswerten Vortrag zum Thema Tod, darin zeigt sich der Theologe, der Philosoph, der Mystiker vor allem: LINK 

Weiterführend siehe auch: LINK.

Copyright: Christian Modehn, religionsphilosophischer-salon.de

Menschen schaffen das Göttliche, die Götter, Gott.

Ludwig Feuerbach: Die große philosophische Wende.
Ein Hinweis von Christian Modehn am 31.1.2024.

Ein Vorwort:

Die meisten Christen und ihre Theologinnen behaupten in irgendeiner Weise immer noch: Das Christentum und die Kirchen, auch in ihrer klerikalen Verfassung, sind das Werk Gottes selbst: ER als Gott hat dieses Christentum geschaffen. Der Anteil der Menschen bei diesem „Schaffen“ wird dann meist heruntergespielt etwa im Sinne „der Mensch als Werkzeug in Gottes Hand“.
Hier wird eine zentrale Erkenntnis des Philosophen Ludwig Feuerbach aufgegriffen und weiter entwickelt. Das heißt: Es sind wirklich die Menschen, die Gott schaffen. Aber welche Qualität haben die Menschen in diesem schöpferischen Prozess?
Dieser Beitrag ist ein am 31.1.2024 überarbeiteter Text von Christian Modehn, der Text wurde schon am 30.8. 2020 im www.religionsphilosophischer-salon.de publiziert. Bis zum 31.1.2024 hatte dieser Beitrag von 2020:  1035 Seitenaufrufe und 359 Postviews.

1.
Gleich nach Hegels Tod (1831) ereignet sich eine Art Bruch in der Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phie, also auch hinsichtlich der Vorstellung von Gott eine Umkehrung dessen, was für Hegel zentral und wichtig war: Nicht mehr Gott wird als die schöpferische Kraft von allem, auch vom Geist des Menschen, erkannt und anerkannt, sondern Gott wird zum Geschöpf des Menschen erklärt. Der bekannteste Philosoph, der diese „Umstülpung“ dieses philosophischen Grundsatzes leicht zugänglich ausbreitete und verbreitete, ist Ludwig Feuerbach: Am 28. Juli 1804 in Landshut geboren, studierte er zunächst Theologie, wechselte dann aber zur Philosophie, hörte 1824/25 in Berlin bei Hegel auch dessen Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phie; Feuerbach wurde Privatdozent in Erlangen. Diese Stellung wurde ihm nach seiner provozierenden Schrift von 1830 „Gedanken über Tod und Unsterblichkeit“ wieder genommen, so dass er bis zu seinem Tod am 13.9.1872 (in Rechenberg bei Nürnberg) als freischaffender philosophischer Publizist und Religionskritiker – zum Teil sehr bescheiden – lebte, von 1868 an als Mitglied der SPD von seiner Partei unterstützt wurde.

2.
Ludwig Feuerbach, theologisch sehr gut gebildet, beruft sich für seine philosophischen Thesen auf die christliche Lehre von der Menschwerdung Gottes: Diese „Inkarnation“ Gottes in dem Menschen Jesus von Nazareth wird in der klassischen Theologie bis heute als „Beweis der Liebe Gottes zum Menschen“ gedeutet. Für Feuerbach ist dieser Mensch werdende Gott der Liebe aber keine selbständige Wirklichkeit mehr. Vielmehr liebt der Mensch, wenn er auf dieses Bild der Menschwerdung des liebenden Gottes schaut, nur die Liebe, „und zwar die Liebe zum Menschen“. Der Inhalt der christlichen Religion ist also die Liebe unter den Menschen. Daraus macht Feuerbach ein politisch-religiöses Programm: “ Sein Prinzip ist: Der Glaube an den Menschen als die letzte und höchste Bestimmung des Menschen und ein diesem Glauben gemäßes Leben…“ „Wer also den Menschen um des Menschen willen liebt, der ist Christ, der ist Christus selbst“. Ein Wort Feuerbachs, das heute jeder reflektierte Theologe unterschreiben kann.
Feuerbach, der religiöse Religionskritiker, will dem Leben selbst eine religiöse Bedeutung geben…und nur dem Leben. Problematisch erscheint sein ethisches Prinzip „Der Mensch ist dem Menschen ein Gott“, „homo homini Deus“. „Dies ist der Wendepunkt der Weltgeschichte“ (“Das Wesen des Christentums“, Reclam Verlag, Stuttgart, 1971, S.401)

3.
Mit seinem ersten großen Buch „Das Wesen des Christentums“ von 1841 erreichte er weiteste Kreise. Seine Thesen wurden förmlich intellektuelles Allgemeingut und sie wurden wie Slogans verbreitet: „Das Geheimnis der Theologie ist die Anthropologie“, anstelle von „Gott ist die Liebe“ muss es heißen „Die Liebe ist göttlich“. Vor allem geradezu populär die These: „Religiöse Vorstellungen sind nichts anderes als Projektionen des Menschen“. „Nicht Gott schafft den Menschen, sondern der Mensch schafft sich seinen Gott“. Karl Marx hat diese zentrale Thesen Feuerbachs gekannt und auf seine Art ins Soziale und Ökonomische erweitert. Ebenso Max Stirner, Friedrich Engels und viele andere wurden durch Feuerbach zur Ablehnung einer eigenständigen göttlichen Wirklichkeit geführt. Sigmund Freud schreibt in „Zur Psychologie des Alltagslebens“ im Sinne Feuerbachs: „Ich glaube in der Tat, dass ein großes Stück der mythologischen Weltauffassung, die weit bis in die modernsten Religionen hineinreicht, nichts anderes ist, als in die Außenwelt projizierte Psychologie“.
Der Mensch muss auf dem langen geschichtlichen Weg zur Selbsterkenntnis sein eigenes Wesen außer sich selbst setzen, indem er Göttliches produziert. „Der Mensch – dies ist das Geheimnis der Religion – vergegenständlicht sein Wesen und macht dann wieder sich selbst zum Objekt dieses vergegenständlichten Wesens“.

4.
Für ein philosophisches Gespräch mit Ludwig Feuerbach scheint mir die grundsätzliche Frage wichtig zu sein: Woher hat der Mensch die Kraft und die Begabung, aus seinem menschlichen Geist sich Gott/Göttliches/Absolutes zu schaffen und zu projizieren? Mit anderen Worten: Der Mensch als endlicher und begrenzter Geist ist aufgrund seiner geistigen Struktur in der Lage, über sich selbst hinaus zu gehen, über sich hinaus zu denken, seine Grenzen zu überschreiten, um einen Gott etc. zu setzen, d.h. zu „projizieren“. Man könnte dann mit Hegel die Frage stellen: Ist diese Kraft, ist diese Begabung des Schöpferischen IM Menschen nicht eine Gabe eines unendlichen Schöpfers oder eines schöpferischen Prinzips. Aber Hegel formuliert da nur eine Grundüberzeugung einiger christlicher Theologen, die nicht fundamentalistisch denken.

5.
Zurück zu Feuerbach: Insofern führt die Anthropologie dann wieder zu einer philosophischen Theologie als der Voraussetzung dieser Leistungen der Anthropologie. So dass man sagen kann: Der schöpferische Gott schafft den schöpferischen Menschen, der mit seinem von Gott als dem Schöpfer gegebenen Geist eben auch Gott schafft: Aber dieses „Gottschaffen” ist letztlich als Tat (und „Wunsch“) des schöpferischen Gottes gemeint. Gott will sozusagen, dass die Menschen für sich ihren Gott schaffen…Die Offenbarung Gottes, sein Sprechen zu den Menschen, ist dann nicht unmittelbar Tat Gottes sozusagen vom Himmel herab, ist nicht Sprechen Gottes als Gott, sondern Tat des Menschen. Die Bibel also ist Menschenwort, „Werk des Menschen“, aber: Ein Werk der von Gott geschaffenen Menschen…So ist Religion, so ist der Begriff Gott, also Tat des Menschen UND Gottes zugleich! Um es mit Hegel zu sagen: Der Geist des Menschen ist auch ein und derselbe Geist Gottes.

6.
Man hat den Eindruck: Die Theologen (und Religionsphilosophen) sollten viel intensiver Feuerbach studieren und debattieren. Der Mensch als ein Wesen, das Religionen und sogar Gott, Göttliches, schafft, wäre ein zentrales Thema. Diese Leistung kann der Mensch nur vollbringen, weil der Mensch als Geschöpf einer unendlichen „göttlichen Kreativität“ selbst Anteil an dieser „göttlichen Kreativität“ hat, das ist die Konsequenz der These einer „göttlichen Kreativität“, einst „Schöpfer der Evolution“ genannt. Sind dann z.B. alle Religionen der Religionsgeschichte Ausdruck des göttlichen Geistes? Auch alle „Götzen“, die sich Menschen schaffen, gehören dann zum Thema. Gibt es im Laufe dieser Entwicklung der Religionsgeschichte aber Kriterien zur Bewertung der „Qualität“ dieser Religionen? Diese Kriterien können natürlich nicht aus der Welt der Religionen selbst stammen. Diese Kriterien können nur aus der allgemeinen Vernunft der Menschen selbst kommen, etwa formuliert in den universell geltenden Menschenrechten. Dann heißt die Frage: Fördert eine bestimmte Religion die Menschenrechte – oder nicht. Ein Maßstab, ein Kriterium, das heute bei der Zunahme und Macht fundamentalistischer Religionen und Konfessionen von besonderer Bedeutung ist.

7.
Es sollte weiter gefragt werden, welche Bedeutung in diesem Zusammenhang dann die Erkenntnis Karl Rahners hat, wenn er, zentral in seinem Denken, von der „transzendentalen Offenbarung“ spricht. Denn Rahner geht auch davon aus, dass im Geist der Menschen Gottes Geist selbst wirksam ist, und zwar auch hinsichtlich der schöpferischen religiösen Kraft des Menschen.
Karl Rahner schreibt: “Die transzendentale Frage in der Theologie bedeutet: Welche Bedingungen müssen im Geist des Menschen gegeben sein, damit das Wort der Bibel überhaupt verstanden wird?” Rahner geht noch weiter: „Der Mensch kann die Bibel nur deswegen verstehen, weil Gott, als göttliche Gnade, bereits im Menschen anwesend ist, als innere, als subjektiv erlebte, als „transzendentale Offenbarung“ . Rahner will zeigen, dass „der Glaube an Jesus Christus nicht als eine bloß von außen kommende, auch noch so erhabene Zutat zur unabwälzbaren Existenz des Menschen erscheint. Sondern wir wollen den Glauben an Jesus Christus in der innersten Mitte der Existenz auffinden, wo er schon wohnt, bevor wir, hörend auf die Botschaft der Kirche, diesen Glauben satzhaft reflektieren“ (1).
Und an anderer Stelle schreibt Rahner: „Ich bin der Überzeugung, dass das Christentum eben nicht nur eine von außen her kommende Lehre ist, die dem Menschen eingetrichtert wird. Sondern, dass es wirklich ein Christentum von Innen heraus, von der innersten persönlichen, menschlichen Erfahrung her, gibt und geben muss. Das Christentum ist nicht eine Lehre, die von aussen einem erzählt, dass es so etwas gibt wie Gnade, Erlösung, Freiheit, Gott, so wie einem Europäer mitgeteilt wird, dass es Australien gibt. Sondern das Christentum ist wirklich die Auslegung dessen, was in der innersten Mitte des Menschen (an einer vielleicht verdrängten, vielleicht nicht reflektierten Erfahrung doch) schon gegeben ist“. (1), Karl Rahner, „Ich glaube an Jesus Christus“, Benziger Verlag, 1968, S. 29.
LINK

8.

Es bleiben zu Feuerbachs „Wesen des Christentums“ viele Fragen, z.B.: Wenn Feuerbach sagt: „Der Mensch ist dem Mensch Gott“ und man diese These nicht nur als Bonmot auffasst: Wie soll denn der Mensch den anderen, die anderen Menschen, als Gott „verehren“? Doch wohl nicht in einem nun wieder kultisch-religiös zelebrierten „Gottesdienst“.
Die von Feuerbach vorgebrachte These „Der Mensch ist dem Menschen Gott“ hat nur Sinn, wenn man die Realität der Menschenrechte einbeziehst und sagt: Die universell geltenden Menschenrechte verdienen höchsten Respekt unter allen Menschen. Und das ist keine theoretische Leistung, sondern eine immer praktische politische Tat zugunsten der vielen Menschen heute, die noch keinen realen Anteil an den Menschenrechten haben.

Siehe auch: Einen etwas ausführlicheren Hinweis von Christian Modehn zur Philosophie Ludwig Feuerbachs: LINK.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.

Spaltung der Katholischen Kirche … wegen der Homosexuellen und ihrer Segnung?

Vor allem afrikanische Bischöfe sind gegen den Papst und dessen offizielle Bereitschaft, homosexuelle Paare zu segnen…

Ein Hinweis von Christian Modehn.

– Wir befinden uns mit unserem kritischen Hinweis auf das angeblich so progressive päpstliche Dokument “Fiducia supplicans” in guter, wissenschaftlicher und kritischer Gesellschaft. Der Kirchenrechtlicher Prof. Norbert Lüdecke (BONN) nennt dieses päpstliche Schreiben “verlogen”, “entwürdigend” für die betroffenen Homosexuellen und “toxisch”, also das Wohlbefinden der Betroffenen vergiftend. LINK.

– Während Prof. Lüdecke die päpstliche Erlaubnis zu einer Segnung von Homosexuellen mit Argumenten einer richtigen modernen Theologie ablehnt: Schlägt der bekannte reaktionäre Kardinal Robert Sarah (aus Guinea) erneut in seinem Hass auf Homosexuelle zu und nennt das päpstliche Dokument “Ficducia suupplicans”, so wörtlich, “häretisch”. Das ist schon ganz gewagt, für einen Kurienkardinal… LINK.

Damit unterstützt der greise Kurien – Kardinal Robert Sarah aus Guinea wieder Diktatoren und sonstige Politikern Afrikas, homosexuell lebende und liebende Menschen in Afrika zu verfolgen, zu bestrafen, auszugrenzen, zu töten.

Kardinal Sarahs Äußerungen sind eine Gefahr für die Menschheit! Ihm sollte der Papst jegliche öffentliche Stellungnahme verbieten. Das kann er doch als Papst mit seinen eigentlich doch auch doktatorischen Gewalten…

Als hätten wir keine anderen Sorgen: Aber der Wahn der Homophobie unter Afrikas Bischöfen geht weiter:

Keine Unterstützung für die völlige Gleichberechtigung von Homosexuellen in Afrika: Dieses Urteil maßt sich die katholische gesamt-afrikanische Bischofskonferenz an, am 11.1.2024 wurde ein entsprechendes Dokument im Vatikcan veröffentlicht. LINK

Diese Herren der Kirchen verstecken ihre Verurteilung von Homosexuellen unter der schon oft besprochenen Abweisung eines Segens für Homosexuelle.

Der Kardinal von Kinshasa sagt, Segnungen für Homosexuelle  in Afrika seien “nicht für umsetzbar, ohne Skandal zu erregen“.

Der größte Skandal aber ist die Ignoranz dieser Herren der Kirche, sie ignorieren und nehmen in Kauf, dass sie mit ihrer Äußerung der Verfolgung und Diskriminietrung von Homosexuellen in vielen Staaten Afrikas weiter ideologische Unterstützung bieten. Bravo, Diktatoren unter sich, könnte man sagen…

Und diese Herren der Kirche befinden sich in bester ökumenischer Gemeinschaft mit fundamentalistischen Muslims und fundamentalistischen Juden und fundamentalistischen Evangelikalen. Wunderbar, diese Ökumene… und eine Schande für alle, die noch einige der humanen Lehren Jesu von Nazareth wichtig finden.

Wie weit dürfen sich eigentlich die Herren der Kirche auch von Jesus von Nazareth und seinem Evangelium entfernen???

Und wie lange sind Katholiken in Europa bereit, Missionsspenden für diese ignoranten Herren der Kirche in Afrika zu überweisen (etwa über das katholische Hilfswerk Missio). Oder hat Missio, Aachen, schon gegen diesen Wahn der afrikanischen Bischöfe öffentlich protestiert?

 

1.
Immer mehr römisch-katholische Bischöfe, vor allem in Afrika, lehnen es ab, homosexuelle Paare zu segnen. Sie widersprechen damit einer Entscheidung des Papstes und seiner obersten Glaubensbehörde. Diese hatten am 18. Dezember 2023 öffentlich gemacht, dass nun doch, entgegen bisheriger offizieller Weisungen, homosexuelle Paare (und auch unverheiratete heterosexuelle Paare)  offiziell gesegnet werden dürfen. Eine kleine Korrektur in der katholischen Dogmatik: “Fiducia Supplicans“ ist der Titel des päpstlichen Schreibens, LINK.

Und dieser vatikanische Text vom Dezember 2023 ist wirklich ein kleiner “Bruch” mit einer gewissen Tradition: Offenbar ein Herzensanliegen des Papstes oder eine ganz kleine Geste der Sympathie für die ein bißchen reformbereite katholische Kirche in Deutschland??    LINK

2.
Dabei hat das Dokument der Glaubensbehörde bzw. des Papstes ausschließlich eine bescheidene Segnung, eine Art Ultra-Kurz-Liturgie erlaubt. Diese wird homosexuelle Katholiken gewährt, selbst wenn sie weiterhin nach offizieller katholischer Doktrin im objektiv falschen, sündigen Zustand der Homosexualität leben. Die Lehren des offiziellen Katechismus (1993) werden also beibehalten: „Homosexuelle Handlungen sind auf keinen Fall zu billigen“ heißt es § 2357. Sowie: „Homosexuelle sind zur Keuschheit gerufen“ (ebd.). Es sollen also homosexuelle Paare gesegnet werden, die in einer Art platonischen Freundschaft ohne Sexualität leben und … z.B. gemeinsam, brav Händchen haltend, Kaffee trinken…

3.
Die Segnung dieser sündigen Menschen hat überhaupt nichts mit einer Eheschließung zu tun, betonen die Herren der Kirche im Vatikan weiterhin. Der sehr bescheidene Ritus, von einem Priester geleitet, möglichst eher in Nebenkapellen und schon gar nicht in großen Kirchengebäuden, soll nicht im entferntesten an das Sakrament der Eheschließung erinnern. Nebenbei: Da werden manche Tiere in den katholischen Tiersegnungen in Kirchen (!) oder Autosegnungen oder Handy-Segnungen oder Walross – Segnungen durch den Erzbischof von Hamburg großzügig gestaltet:  LINK .

4.
Angesichts dieser von der Qualität und Bedeutung her eher lächerlich erscheinenden „Homo-Segnung“ ist die Aufregung vieler katholischer Bischöfe vor allem in Afrika irritierend. Man tut fast so, als hätte die Kirche nun endlich diese „Unmöglichkeit” begangen und auch die universell geltenden Menschenrechte (der Gleichheit z.B:) für ihre eigenen Mitglieder angewendet… was ja nicht der Fall ist.
Homosexuelle bleiben in katholischer Sicht „Glaubende zweiter Klasse“, man solle diesen armen Geschöpfen mit „Achtung, Takt und Mitleid“ begegnen (§ 2358, Katechismus). Papst Franziskus und seine Glaubensbehörde wollen mit ihrem Schreiben nur etwas netter und etwas freundlicher erscheinen…Aber es bleibt dabei: „Homosexuelle Menschen sind zur Keuschheit gerufen“ (§2359).

5.
Die katholische Tageszeitung LA CROIX (Paris) fürchtet jetzt, so wörtlich, dass angesichts des Widerstandes vieler afrikanischer Bischöfe „die Einheit der Kirche langfristig bedroht sein könnte“ (26.12.2023). Die Liste der widerspenstigen afrikanischen Bischöfe ist lang) Soll man diese sich Hirten nennenden Kleriker jetzt wie auch früher schon „Homo-Feinde“ nennen oder etwas sanfter Gegner der universell geltenden Menschenrechte?
Diese Herren der Kirche halten die moralischen Gebote und Weisungen der Bibel für wichtiger und entscheidender als die vernünftigen, allgemein und universell geltenden Menschenrechte. Kirchengebote also contra Vernunfteinsicht: Ein altes Drama der katholischen Religion. Und diese Klerus – Kirche zeigt wieder, wie sie auch jetzt aus der vernünftigen Entwicklung der Zeit gefallen ist; sie zeigt, dass sie allen Ernstes meint, mit ein paar netten Reförmchen („bescheidene Segnungen nun auch für Homosexuelle Sünder“) Interesse bei Homosexuellen für den katholischen Glauben und seine Segnungen zu wecken. Wenn katholische Homosexuelle in Europa in dem Zusammenhang noch etwas vom Papst erwarten: Dann die „Homo-Ehe“ als Form der Gleichberechtigung, diese Art von Segnungen sind jedenfalls eher lächerlich. Und trotzdem muss man sich mit diesem Thema befassen: Auch aus politischen Gründen.

6.
Wenn vor allem afrikanische katholische Bischöfe diese bescheidene Segnung für Homosexuellen in ihren Ländern ablehnen, dann unterstützen sie nur die menschenverachtende Politik und die verdorbenen Politiker in ihren Ländern, die Homosexualität verbieten und geoutet Homosexuelle verfolgen, quälen und zur Tötung durch die feindlichen Massen förmlich freigeben. DESWEGEN ist die Ablehnung dieser Segnungs – Erlaubnis von Homosexuellen durch afrikanische Bischöfe ein politischer Skandal, eine Schande für alle, für die universell geltende Menschenrechte selbstverständlich wichtiger sind als ethischen Weisungen aus mythologischen Texten der Bibel seit dem 5. Jahrhundert vor Christus (AT) bis ins 1. Jahrhundert (NT). Homosexuellen freundliche offizielle kirchliche Texte hat es seit Paulus nicht gegeben. Das Evangelium der Liebe galt nicht für diese „anders“ liebenden und anders lebenden Menschen. Die Homosexuellen wurden und werden als die Anderen verfolgt ….wie die vielen anderen „Anderen“, etwa die Juden. Nur ließ sich die Verfolgungsgeschichte der Juden besser dokumentieren als die Verfolgungsgeschichte der Homosexuellen durch die katholische Kirche. Bei den kirchlichen, in enger Verbundenheit mit den autokratischen Regimen im alten Europa geschehenen Verfolgungen Homosexueller „lohnte“ sich die Dokumentation nicht, Homosexuelle waren ja „Perverse“. Nur die perversen Priester und perversen Päpste wussten sich zu schützen und ihre Perversion heimlich zu leben, nur nicht öffentlich… LINK

7.
Es droht also ein Bruch der Einheit der katholischen Kirche, wie die angesehene katholische Tageszeitung La Croix schreibt.
Die Frage ist: Warum ist ein Bruch innerhalb der Kirche eigentlich schlimm?
Bestand eine Einheit denn auch vorher schon? Wurden die einstigen Kolonialkirchen gleichberechtigt von der europäischen, kolonisierenden Mutterkirche behandelt?
Wurden diesen Kirchen eigenständige Liturgien erlaubt?
Wurden ihre afrikanischen von dem sinnlosen Zölibatsgesetz befreit?
Nein, Einheit als Form der Gleichberechtigung, gab es bisher im Katholizismus sowie so nicht.
Wenn es nun zum Bruch mit Rom kommt, dann ist dies vor allem aus politischen Gründen eine Katastrophe. (Siehe Nr 6.)

8.
Auch die Anglikanische Kirchengemeinschaft droht seit vielen Jahren wegen der Gleichberechtigung von Homosexuellen in dieser Kirche auseinanderzubrechen. Anglikanische afrikanische Bischöfe sind strikt homo-feindlich…

9.
Ein vorläufige Liste des Widerstandes der Bischöfe gegen das päpstliche „Homo-Dokument“:

Zunächst: Der reaktionäre Kardinal Gerhard Müller lieferte gleich drei Tage nach der Publikation des Textes förmlich das Stichwort für seine homophonen „Mitbrüder“ weltweit: Müller sagte: „ Eine Realität zu segnen, die konträr zur Schöpfung ist, ist nicht nur unmöglich, sondern eine Gotteslästerung (Blasphemie). Ein Priester, der eine Homo-Paar segnet, begeht ein Sakrileg“ (La Croix, a.a. O).
Die Verurteilungen und Distanzieren vom Papst folgten sofort: „La Croix“ nennt die Länder, in denen Segnungen von katholischen Homosexuellen von den Bischöfen verboten sind: „Sambia, Malawi, Nigeria, Rwanda, Kamerun, Demokratische Republik Kongo, Ghana“ (ebd.) Weitere werden folgen, wie Kenia.
Kardinal Pengo von Tanzania war in seinem Homo-Hass soweit gegangen für seine hungernden Hetero-Familien zu fordern:Lieber verhungern, als Hilfe von Homosexuellen annehmen. Welch eine Schande… LINK.

In Europa haben such Ungarns Bischöfe gegen die Entscheidung des Papstes ausgesprochen, homosexuelle Paare zu segnen.

Man hat den Eindruck: Bischöfe in den Staaten, die Homosexuellen wenig Rechte gewähren oder Homosexuelle verfolgen und unterdrücken, folgen den Weisungen ihrer Staatschefs.

10.
Der Historiker und Journalist Christophe Dickes wird in La Croix zitiert: „In der gegenwärtigen Geschichte der Kirche ist es zum ersten Mal, dass ein ganzer Kontinent es explizit ablehnt, die Weisungen des Papstes anzuwenden“ (a.a.O). Und auch aus Asien gibt es Zurückweisung des Papstes: Die Bischöfe von Astana in Kasachstan (der Weihbischof dort, Athanasius Schneider, ist Mitglied im reaktionären „Kreuzorden“, inspiriert vom mysteriösen, versponnenen „Engelwerk“, Opus Angelorum) schreiben: „Wir untersagen den Priestern und den Gläubigen jede Form der Segnung homosexueller Paare“ (La Croix, 20.12.2023).

11.
Warum sind Afrikaner, auch und vor allem christliche Afrikaner, gegen die Homosexualität und verfolgen die Homosexuellen? Denn diese Ablehnung gilt eigentlich für fast alle, auch sich protestantisch nennende oder orthodoxen Kirchen in Afrika. Homophobie ist das eine ökumenische gemeinsame Dogma der vielen Kirchen Afrikas. Von Muslimen wollen wir hier an dieser Stelle schweigen, da geht es homo-freundlicher zu…
Ein weites Thema also. Nur einige Hinweise:
Die afrikanischen Christen wurden den europäischen Missionaren im 19.Jahrhundert mit europäischer Theologie und europäischer Moral konfrontiert und sie haben diese religiösen Ideologien übernommen: Und die sagten damals klar: Homosexuelle Handlungen sind Sünde. Sie müssen verboten werden.
Afrikanische Christen und Bischöfe halten daran bis heute fest, sie haben also die Entwicklungen der christlichen Moral und Lehre im 20.und 21. Jahrhundert nicht mitgemacht, vielleicht aus Ablehnung, dieser nun von „Neokolonialisten“ verbreiteten Reform – Lehre.
Aber auch andere kulturelle Einflüsse spielen eine Rolle für die Ablehnung homosexuellen Lebens in Afrika:
Der ausführliche Beitrag über Afrika in dem umfangreichen wissenschaftlichen „Dictionnaire de l` Homophobie“ (Edition Presse Universitaires de France, Paris, 451 Seiten, 2003) betont: Die in Afrika bis heute übliche Verfolgung von Homosexuellen und das Verbot von Homosexualität sowie die öffentliche Verachtung homosexueller Menschen dauert seit den „animistischen“, den ur-alten Traditionen. „Die Homosexualität wird gemäß den animistischen Traditionen von der Gesellschaft absolut verurteilt. Sie wird mit der Hexerei verbunden, sie wird als Perversion gegen die Natur verstanden… Der Homosexuelle verliert die Fähigkeit, Kinder zu zeugen, seine Identität ist total verwirrt… Auch heute sind Homosexualität sehr stark stigmatisiert in allen Ländern Afrikas.
Im Jahr 2002 wurde dem Erzbischof von Freetown in Liberia Homosexualität vorgeworfen. Und diese Homosexualität sei sogar verantwortlich für die Ermordung von fünf Nonnen innerhalb der Unruhen im Land“ So viel zu einem Beispiel geistiger Verwirrung dort… (S. 10 und S 13 in dem genannten „Dictionnaire…“). Es gibt in Afrika aber auch etliche Staaten, die keine Gesetze kennen, die Homosexuelle diskriminieren: Siehe Fußnote 1.

12.
Die Debatte um den vatikanischen Text, der nun die Segnung von homosexuellen Menschen und homosexuellen Paaren erlaubt, zeigt deutlich: Eine Einheit der römisch – katholischen Kirche besteht nicht mehr absolut und unbedingt. Sie zerbricht langsam. Diese Einheit wird noch von Päpsten und Bischöfen behauptet, aber sie ist eher ein Wunsch, die zentralistische Gewalt von Rom aus beizubehalten und durchzusetzen. Wo, bitte schön, wird das Zölibatsgesetz der Priester de facto denn noch gelebt? Der Vatikan weiß das, die Bischöfe weltweit wissen das, es ist weitestgehend nicht der Fall. Aber dieses verrückte Gesetz wird vom zentralistischen Vatikan und dem Papst beibehalten.

13.
Der Vielfalt der Kulturen und der Vielfalt von Werten wird die Einheitsdoktrin Rom nicht gerecht. Das haben schon Theologen seit 50 Jahren gesagt, man denke nur an die Studien des Theologen Walbert Bühlmann.
Dass alle Katholiken zuallererst und immer die universellen Menschenrechte wie ihre heilige Bibel hochschätzen und leben sollen, bleibt die zentrale Forderung. Zuerst die Menschenrechte, danach erste einige Lehren und Weisheiten der Bibel, kritisch interpretiert…

14.
Homophobie hat wie Antisemitismus oder Sklaverei oder Degradierung von Frauen oder Gewöhnung an das Hungersterben von Millionen Armer weltweit nirgendwo noch einen Platz. Dennoch muss unter diesen Bedingungen überlegt werden, WIE denn etwa die Gleichberechtigung von homosexuellen Menschen in der Kirche auch den Afrikanern vermittelt werden kann. Aufklärung und Bildung könnten da schon viel helfen. Haben homophobe Bischöfe jemals mit homosexuellen Christen gesprochen? Bitte mir Beispiele nennen…. Aber umfassende Bildung wiederum setzt voraus, dass Katholiken Aufklärung als umfassende kritische Bildung tatsächlich faktisch erleben: Darum, baut mehr Schulen anstelle von Kirchen in Afrika. Die Menschen braucht nicht Mega-Churches wie in Nigeria, sondern Mega-Schools. Die Mega – Churches nützen vor allem den geldgierigen homophoben so genannten Pastoren.

Fußnote 1: Mehr als die Hälfte der afrikanischen Staaten südlich der Sahara hat noch eine strenge Gesetzgebung, die Homosexualität unter Strafe stellt
Aber es gibt auch menschenfreundliche, humane Staaten in dieser Hinsicht:
Dazu gehören: Botswana (seit 2021), Gabun, (seit 2020) Angola (seit 2019): „Jede Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung ist verboten“. Auch Mozambique kennt keine diskriminierenden Gesetze (seit 2015), in Guinea-Bissau hingegen gibt’s diese humanen Gesetze schon seit 1993.Selbst wenn z.B. die Zentralafrikanische Republik oder die Demokratische Republik Kongo keine expliziten anti-gay-Gesetze haben, so herrscht doch doch ein repressives Klima gegen gays in diesen Staaten vor. Am weitesten entwickelt sind die Menschenrechte für gays in Südafrika, dort wird seit 2006 homosexuellen Paaren die Adoption erlaubt. (Quelle: Tageszeitung “La Croix”, Paris, Beitrag von Emmanuelle Ndoudi, am 27.12.2023.)

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.

 

Es ist ein Kreuz mit dieser bayerischen Regierung

Zum Kreuz – Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes.
Ein Hinweis von Christian Modehn am 20.12.2023

Einen Kommentar des Prof. für Kirchenrecht, Hans Michael Heinig von der UNI Göttingen, lesen Sie bitte am Ende unseres Hinweises!

1.
Nun dürfen also Kreuze, Darstellungen des Leidens und Todes Jesu Christi, in allen offiziellen Staats – Gebäuden des Bayerischen Freistaates hängen.
Diese Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 19.12. 2023 verkündet. Und die sich christlich nennende Partei CSU sowie die Freien Wähler mit ihrem rechtslastigen Chef Hubert Aiwanger freuen sich: Endlich können sie allen „anderen“ demonstrieren, dass Bayern so richtig eine christliche Demokratie ist.

2.
Das Kreuz als Symbol für die Lebens – und Leidensgeschichte Jesu von Nazareth wird nun zu einer Art Accessoire degradiert, zu einer Zierde in staatlichen Gebäuden. Neben dem Kreuz würden auch gut Gemälde „röhrende Hirsche in den bayerischen Alpen“ passen oder ein Seppelhut oder ein Porträt von FJS…

3.
Der Freistaat Bayern gibt sich „neutral“, sieht in den Kreuzes – Dekorationen in staatlichen Gebäuden natürlich keinerlei religiöse Werbung oder ideologische Wertung.
Man möchte also konsequenterweise wünschen, dass gemäß diesem Gerichtsurteil alsbald auch Symbole des Islam und des Judentums versöhnt nebeneinander die Wände der Staatsgebäude zieren, vielleicht auch einige Götterbilder der Hinduisten, natürlich auch diverse Buddha – Statuen oder Symbole afrikanischer „Natur-Religionen“. Warum nicht auch ein paar Figuren des Candomblé aus Brasilien… Alle diese Religionen sind auch in Bayern vertreten und haben – wie das Kreuz – rechtlich Anspruch auf öffentliche Sichtbarkeit in Gebäuden des Bayerischen Freistaates. Auch dieser Bundesstaat nennt sich ja verfassungsgemäß religiös – neutral. Sollte also gleichberechtigten Raum für alle Symbole aller Religionen bieten und natürlich auch der Gruppen der Atheisten, Skeptiker, Konfessionslosen. Bloß, was haben die für Symbole?

4.
Man möchte fast ein bißchen wünschen, dass alle Besucher bayerischer Staatsgebäude von allen diesen vielen religiösen Symbolen zumindest geistig erschlagen werden, dass sie also aus dem Staunen gar nicht mehr herauskommen, wie viele Religionen denn im heiligen Bayern vertreten sind. Und wie alle diese verschiedenen Religionen hoch geschätzt werden und ihre frommen Anhänger, selbst wenn sie ungeliebte Flüchtlinge und „Ausländer“ aus Afrika, Asien oder Lateinamerika sind. Trotzdem: Welch ein toleranter Staat ist doch dieser CSU-Staat/Aiwanger Staat!

5.
Als ein Problem, manche sagen als eine Unverschämtheit, darf man ein Statement des bayerischen Innenministers Joachim Hermann (CSU) im ZDF „Heute Journal“ am 19.12.2023 bewerten. Darin drückt der Herr Minister seine große Freude und auch die des ganzen Kabinetts aus, dass nun “eine gute Grundlage gegeben ist für die weitere Werte – Orientierung der Politik der bayerischen Staatsregierung“.
Man fragt sich: Welche Werte- Orientierung praktiziert denn eigentlich diese CSU /Aiwanger Regierung? Ist diese Bayerische Regierung also etwa nicht zuallererst und ausschließlich den Werten der Demokratie und der Menschenrechte verpflichtet, sondern den nun einmal begrenzten Werten einer Religion?
Glaubt sie im Ernst, dem Kreuz Jesu von Nazareth und seinem Leben auch nur entfernt verpflichtet zu sein und nicht dem viel geliebten „Gott – Kapitalismus“? Dient diese, dem Kreuz Jesu so gewogene Regierung den Leidenden, den Armen, den Obdachlosen? Sorgt sie für Gerechtigkeit, für bezahlbare Wohnungen für die viel besprochenen Familien, hilft sie umfassend, dass Flüchtlinge schnell integriert werden, kämpft sie gegen Antisemitismus und Rassismus und Homophobie?

6.
Diese ganze Kreuzes – Aktion ist letztlich nur eine Art ideologische Vernebelung, ein Ausdruck für die wiedererwachte „abendländische Gesinnung“. Sie war ja immer schon sehr kämpferisch … gegen alle “Andersdenkenden“, gegen Muslims und auch – Juden! Die Kreuzzüge einst waren nichts als eine lange Gewaltgeschichte…
7.
Die vielen Kreuze nun in Bayerns Amtsgebäuden sind ein Ausdruck für die rechtslastige Wende nicht nur in Bayern, die AFD hätte auch auf diese Idee kommen können.

8.
Die Oberammergauer Schnitzer können sich freuen, sie haben jetzt genug zu tun, wo doch die nächsten Passions – Spiele erst in ein paar Jahren wieder stattfinden. Aber vielleicht sind die Schnitzereien aus Oberammergau letztlich doch zu teuer für alle diese bayerischen Amtsstuben. Und die CSU/Aiwanger Regierung greift auf billige Massenware zurück, am besten in China produziert.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.

……

Kommentar: Veröffentlicht in “Dom Radio” am 20.12.2023:

Kirchenrechtler kritisiert Gerichtsurteil zum Kreuz-Erlass

Neutralitätswidriges Erscheinungsbild des Staates

Der Göttinger Kirchenrechtler Hans Michael Heinig hat sich kritisch über das Urteil zum bayerischen Kreuz-Erlass geäußert. Er halte die Entscheidung in der Begründung und im Ergebnis für falsch.

Das Bundesverwaltungsgericht Leipzig entschied am Dienstag, der sogenannte Kreuz-Erlass der bayerischen Landesregierung verletze weder die Weltanschauungsfreiheit noch die staatliche Neutralitätspflicht.

Heinig sagt, die Religionsfreiheit vermittele in Zusammenhang mit dem Verbot religiös-weltanschaulicher Diskriminierung einen Anspruch auf eine neutralitätsgerechte Selbstdarstellung des Staates. Dieser Anspruch werde aber im Falle der bayerischen Behördenkreuze verletzt, weil der Staat sich hier des Zentralsymbols des Christentums bemächtige und es profanisieren wolle. Denn im Erlass sei das Kreuz bloßer Ausdruck der kulturellen Prägekraft des Christentums und werde in den Behörden zur Schau stellt.

Anspruch auf Gleichberechtigung

Heinig betont, entscheidend sei nicht die Intensität der Konfrontation für Besuchende, “sondern das – von einem verständigen Empfängerhorizont aus betrachtet – neutralitätswidrige Erscheinungsbild des Staates”, das eine Religionskultur demonstrativ heraushebe und damit den Anspruch auf gleichberechtigte Achtung aller Bürger verletze. 

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte 2018 den Kreuz-Erlass auf den Weg gebracht. Demnach soll im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung des Bundeslandes gut sichtbar ein Kreuz angebracht werden. Dagegen hatte der religionskritische Bund für Geistesfreiheit in München und in Bayern geklagt.