Die Papstansprache Ostern 2025: Ausdruck des Elends.

Ein Hinweis von Christian Modehn am 20.4.2025

Eine Notiz am 21. 4.2025: Wir haben diesen Hinweis nach der Urbi – et – Orbi Veranstaltung am Ostersonntag geschrieben und veröffentlicht: Da wusste niemand, dass dieser Auftritt von Papst Franziskus der letzte und seine – von einem Priester verlesene – Osterbotschaft wohl die letzte öffentliche Äußerung ist. Uns hat die Osterbotschaft des elenden Papstes bewegt und zu kritischem Nachdenken geführt, das wir dann am Ostersonntag, 20.4.2025, veröffentlichten. Unsere Kritik an solchen allgemein gehaltenen, meist nur floskelreichen Papst – Ansprachen zu Ostern oder Weihnachten bleibt bestehen, trotz einer gewissen Trauer über den Tod dieses zweifellos ungewöhnlichen und in mancher Hinsicht mutigen Papstes Franziskus: Er war kein Freund des Klerus und seiner Macht, er sagte das öffentlich von Anbeginn seines Pontifikates! LINK Aber er hatte nicht die Kraft, den Klerus einzuschränken und das verheerende Zölibats-Gesetz  abzuschaffen. Die Macht dazu hätte er als Papst gehabt. Aber diese Macht hat er – aus Angst?, vor wem ?, nicht genutzt. Und den Frauen wollte er stur und fundamentalistisch nicht umfassend gleiche Rechte in der Kirche geben. Insofern bleiben die Erinnerungen an Papst Franziskus dann doch düster. Es ist halt nach wie vor ein Elend mit dem Papsttum… Ob der nächste Papst dieses Elend beseitigt, ist ungewiss… CM.

Am Ostersonntag 20.4.2025 geschrieben und veröffentlicht: 

1.
Papst Franziskus, Ostern 2025:
Er kann fast nicht mehr sprechen,
sich nicht mehr bewegen,
lässt seine Botschaft verlesen,
schaut stumm auf die Menschen des Peters-Platzes:
Ein Bild des Erbarmens. Des Elends.
„Urbi et Orbi“: Nur ein mühsamer Hauch. Der hilflose Pontifex maximus.
Muss das sein? Eine unerhörte Frage: Unsere Antwort: Nein. Das muss nicht sein.
Manche frommen Leute und auch Fundamentalisten werden hingegen jubeln: „So ein standhafter Schwerkranker, der sich auch noch öffentlich zeigt. Er ist wie der Apostel Paulus, der da sagte: Im Leiden bin ich groß“. Ähnliche Worte des Neuen Testaments werden gern zitiert, wenn sich katholische Kleriker, Päpste zumal, unersetzlich finden.

2.
Traurige Ostern 2025:
Nicht nur, weil ein Schwerkranker seine Botschaft verlesen ließ. Diese selbst ist hilflos und voller allgemeiner Sprüche. Es sind eher Gemeinplätze für eine schwerkranke, hilflose Welt voller Gewalttäter. Da hätte eine gewagte, humane Botschaft mit konkreten Forderungen gut getan. Warum nicht eine klare Zielvorstellung formulieren: Etwa: Die katholischen Gemeinden sollen Orte des Friedens und des Dialogs werden!
Aber nein: Wie immer beim „Urbi et Orbi“: Moralische Gemeinplätze, das tausendmal, schon von früheren Päpsten, ausgesprochene Bedauern: dass da und dort und nun überall und immer mehr Krieg und Hunger und Elend herrschen. Die Namen der verantwortlichen Übeltäter werden vom Päpsten aus diplomatischen Gründen niemals genannt: Päpste sind ja auch Staatschefs, da muss man vorsichtig sein und das Wohl der eigenen Kirche bedenken… Deswegen, aus diplomatischen Gründen, kein präzises Wort gegen den Kriegsherrn Putin, offenbar will der Papst es sich auch nicht mit dem Patriarchen und widerlichen Kriegsideologen Kyrill von Moskau verderben. Der Papst liebt ja so die Orthodoxie… Bloß keine Namen nennen, bloß nicht konkret werden!

3.
Wie erbärmlich die päpstlichen Worte zur Ukraine: „Möge der auferstandene Christus der gepeinigten Ukraine das österliche Geschenk des Friedens zuteilwerden lassen und alle Beteiligten ermutigen, ihre Bemühungen um einen gerechten und dauerhaften Frieden fortzusetzen.“ Erschreckend, diese päpstliche Friedenspolitik der leeren frommen Sprüche. „Bla Bla“, muss man sagen.
Auch kein Wort über den sich zum Faschisten entwickelnden Mister Trump, kein Wort über die miserablen sozialen Zustände im Heimatland Argentinien unter dem Libertären Milei und so weiter…

4.
Natürlich: Papst Franziskus ist nicht nur sehr alt, er ist auch schwer krank, wenn auch nun ständig „auf dem Weg der Besserung“, wie es offiziell jetzt immer heißt.
Natürlich: Kein vernünftiger Mensch will einen reaktionären Papst als Nachfolger. Aber es ist wahrscheinlich kein Zeichen der Heiligkeit für einen „heiligen Vater“, in einer Welt voller Gewalt, voller Diktatoren und Gewaltherrscher in den USA wie in Russland und Iran und China und Israel und so weiter und so weiter, an seinem Amt als Schwerkranker festzukleben und allgemeine fromme Sprüche zu Ostern in die Welt zu senden. Ein heiliger Vater sollte auch ein politischer Prophet sein.  Aber tatkräftige Propheten waren die Päpste eher sehr selten. Ob der Nachfolger von Papst Franziskus vieles besser und vernünftiger macht, ist auch unwahrscheinlich in dieser abgeschotteten Welt der Kleriker. Ein Elend ist es mit dem Papsttum, mit der ewigen Klerusherrschaft…

5.
Diese gut gemeinte, aber inhaltlich leere und schlicht –  fromme Papstrede 2025 werden einige mit einem weinenden Auge hören und lesen, Worte von „diesen armen Greis, der sich so viel Mühe gibt.“
Die frommen Massen auf dem Petersplatz haben ihrem Idol zugejubelt, in die Höhe, förmlich und fröhlich – verzückt in den Himmel geschaut, um ihn, den „heiligen Vater“ auf der Loggia hoch oben zu sehen… Oft hatten die Frommen und die Schaulustigen eine Flagge ihres Landes in der Hand: Ausdruck des katholischen Universalismus oder des katholischen Nationalismus?

6.
Aber es wird noch einige wenige Menschen geben, voller Irritation darüber, dass die katholische Kirchenführung die Botschaft des Evangeliums einfach nicht besser, konkreter, politischer und in prophetischer moderner Sprache sagen kann und sagen will.

7.
Von der theologischen Deutung der Auferstehung Jesu von Nazareth durch die Kirchenführung wollen wir hier eher schweigen. Nur dieses: Warum verbreiten Päpste und Prälaten theologischen Unsinn noch heute : „Das Grab Jesu war leer“? Der Geist eines jeden Menschen erlebt die Auferstehung, nicht der Leib.

Und die Protestanten sind die großen Schweigenden zu allem, was Rom und den Papst und urbi et orbi betrifft. Ökumenische Zusammenarbeit nennt man das.

Die Ansprache des Papstes Ostern 2025: LINK

Die Wahl eines Papstes als sehr winziges Element von Demokratie in der katholischen Kirche:  LINK

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

Russisch – orthodoxe Kirche noch immer Mitglied des “Weltrates der Kirchen” (ÖRK).

Eine Notiz zur offenbar ewigen Geduld des ÖRK mit dem Kriegstheologen Patriarch Kyrill I.

Von Christian Modehn am 12.4.2024.

Ergänzung am 28.5.2025: Die Russisch-orthodoxe Kirche mit ihrem Kriegstreiber, Putin Vertrauten und ehem. KGB Mitarbeiter Patriarch Kyrill I. an der Spitze ist nach wie vor, auch 2025, Mitglied des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK). Diese “Kirche” zahlt offenbar die Mitgliedsgebühr, und das ist wohl entscheidend. Die verbal viel gerühmten Dialogbemühungen der ÖRK Chefs scheitern zwar an Moskaus Starrheit. Aber die Herren Theologen im ÖRK in Genf denken nicht daran, sich offiziell von Patriarch Kyrill zu distanzieren, also diese Kirche aus dem ÖRK rauszuschmeißen, solange der Krieg Putins dauert und Kyrill an der Macht ist. Die wenigen russisch – orthodoxen Oppositionellen in Russland würden sich durch diesen Rausschmiss dieses Patriarchen eher bestätigt fühlen. Der ÖRK möge bitte eine Liste seiner Dialog – Erfolge mit Russlands Putin und Kyrill mal öffentlich nennen. Macht er aber nicht. 

Ergänzung von Christian Modehn am 25.4.2024: Der Herrscher, Patriarch Kyrill, bestraft den Priester Dmitiri Safronow, der in der Gedenkliturgie für Nawalny den Mut hatte, für Nawalny zu beten.  LINK

Ergänzung am 30.4.2024: Wie Theologen, darunter der weltbekannte Prof. Tomas Halik, Prag, auf die kriegerische Haltung des russisch – orthodoxen Patriarchen Kyrill reagieren und den Rauswurf dieser Kirche aus dem “Weltrat der Kirchen” fordern: LINK:

Schon am 23. Juli 2022 haben viele Theologen aller Kirchen den Ausschluss der Russisch-orthodoxen Kirche aus dem “Weltrat der Kirchen” (Genf) gefordert. LINK.

1.
Der eigentlich angesehene Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) in Genf hat jetzt den russisch – orthodoxen Patriarchen Kyrill I. von Moskau ein bißchen kritisiert: Er solle doch bitte nicht den Krieg Putins als „heiligen Krieg“ bezeichnen. LINK.

2.
Wie nett, wie vorsichtig, diese Äußerungen; wie immer, wenn der ÖRK etwas gegen diesen Ideologen Putins, den Patriarchen Kyrill I., äußert. Kyrill war einst wie Putin Mitarbeiter des kommunistischen KGB. Alte Freunde also.

3.
Wir wiederholen uns seit Monaten in unseren Publikationen des Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salon Berlin: : Der Ökumenische Weltrat der Kirchen (ÖRK) hat nicht die Kraft, nicht den Mut, nicht die Einsicht… endlich diese sehr überwiegend Putin-bestimmte Kirche, also die Russisch – orthodoxe Kirche, als Mitglied aus ihrem Weltrat der Kirchen rauszuschmeißen, und zwar solange Putin diesen Krieg führt und sein Ideologe Kyrill I. Kriegerisches und Unsinniges und theologisch völlig Verfehltes, Perverses, sagt.

4.
Es wird zurecht immer wieder – auch in Deutschland – betont: Mit bestimmten Rechtsradikalen kann die kleine, demokratisch verbliebene Welt nicht mehr reden, diese Leute seien eben total dialogunfähig, lernunfähig. Das ist ein trauriges, aber realistisches Eingeständnis der Demokraten.

5.
Aber der ÖRK spricht immer noch von Dialogen mit dem Ideologen Kyrill I. Dabei sollte der ÖKR doch mal testen, was denn passiert, wenn Patriarch Kyrill und seine absolut mehrheitlich auf seiner Seite stehenden Kirche aus dem ÖRK ausgeschlossen wird. Zumindest hätte man dann in Genf das Bewusstsein, das ethisch und theologisch absolut Erforderliche getan zu haben.
Warum verhängen denn die demokratischen Sanktionen gegen die Kriegstreiber und Verbrecher in Russland? Weil Strafe sein muss gegen Kriegstreiber.

6.
Warum bleibt der ÖKR immer noch russlandfreundlich und tatenlos? Der Eindruck könnte entstehen, als sei diese ethisch wie theologisch verrückte Position Kyrills doch auch eine mögliche christliche, ökumenische Position.
Nur ein Rausschmiss des Patriarchen und seiner Kirche schafft Klarheit. Offenbar sind doch alle (ja welche und wie viele und wie oft eigentlich?) Dialogbemühungen vonseiten des ÖRK in Genf ergebnislos gewesen.

7.
Die Frage sollte diskutiert werden: Hat denn dieser Kyrill, der schon seit Jahrzehnten, auch in anderen klerikalen Funktionen, in diesem ÖRK agiert, nichts, aber auch gar nicht gelernt bei seinen theologisch doch wohl inspirierenden Aufenthalten in Genf und den ÖRK-Weltkonferenzen? Offenbar hat er gar nichts gelernt, vielleicht waren alle diese Konferenzen in bestimmter Hinsicht zu moderat.

8.
Nebenbei: Der heutige Generalsekretär des ÖRK, Pastor Jerry Pillay, stammt aus Südafrika, und die Politik seines Landes ist insgesamt eher russlandfreundlich und damit auch putin-freundlich. Ein delikates Thema? LINK

Und bisher kaum beachteter Hintergrund zum Thema: LINK

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.

Die Spiritualität von Alexei Nawalny

Ein Hinweis auf ein bisher wenig beachtetes Thema

Von Christian Modehn am 22.2.2024 veröffentlicht.

1.
Eine explizite, öffentliche kritische Haltung inmitten einer Diktatur zu bewahren, ist zuerst Ausdruck einer politischen, Menschenrechten verpflichteten Überzeugung. Der Kampf gegen die Korruption im Putin – Reich war der Mittelpunkt seines Handelns: Alexei Nawalny wurde als der bekannteste und beliebteste Oppositionelle in Russland im Straflager „Polarwolf“ in Charp, im Polarkreis, von der Putin – Diktatur umgebracht, am 15. bzw. am 16. Februar 2024.

Diese politische Haltung Nawalnys, sein radikaler Widerstand gegen die totale Korruption, seine Verteidigung der universellen Menschenrechte: Diese Lebenshaltung ist natürlich schon eine Form von Spiritualität, also, wie der Name sagt, einer “geistigen und geistvollen Orientierung”. Aber Nawalny dachte noch darüber hinaus:

2.
Alexei Nawalny war auch bestimmt von einer spirituellen,  durchaus religiösen, christlichen Überzeugung: Er hat am Widerstand gegen die Diktatur Putin unter widrigsten Umständen festgehalten, er ist freiwillig, nach seinem Klinikaufenthalt in Berlin, im Januar 2021 nach Russland zurückgekehrt: Ein Leben in Freiheit stellte er sich dort wohl nicht vor. Der Russland – Kenner Thomas Roth (WDR) gab in der Sendung „Maischberger“ am 20.2.2024 einen entscheidenden Hinweis: „Nawalny wusste, dass er ein Martyrium auf sich nimmt.“ Diese Überzeugung, dass auch der eigene, freiwillig angenommene Tod für die Menschenrechte sinnvoll und wirksam ist und so die Opposition gegen das Putin – System am Überleben halten kann, daran glaubte Nawalny bis zuletzt. „Meine Nachricht, wenn ich ermordet werde, ist sehr einfach: Gebt nicht auf. Wenn sie entschieden haben, mich umzubringen, bedeutet das, dass wir unglaublich stark sind,” so Nawalny in einem Dokumentarfilm.Quelle: LINK.

3.
Der Titel „Märtyrer“ gehört in die Geschichte der christlichen Spiritualität: Viele Christen der frühen Kirche wurden Märtyrer aus Opposition zum römischen Kaiser – Kult, sie wussten und sagten öffentlich: Unser freiwillig angenommener Tod wird „Frucht bringen“…
Es ist wichtig, wenn die Oppositionelle Irina Scherbakowa in der genannten Sendung „Maischberger“ sagte: „Die Menschen waren überzeugt, Nawalny kann nicht sterben“. Nun wurde er ermordet, aber er ist im Denken vieler Oppositioneller eben nicht tot, tot ist ein Mensch nur, wenn er vergessen wird.
Nebenbei: Theologen sind an der Stelle vielleicht dazu geneigt, an Jesus von Nazareth zu denken: Seine Freunde wussten nach seiner Hinrichtung und dem Tod am Kreuz: Dieser Jesus kann nicht sterben. Er war so umfassend menschlich, für ihn gibt es kein definitives Ende.

4.
Man soll sich hüten, Alexei Nawalny zu einem christlichen Märtyrer zu machen, förmlich die Grenzen der „Heiligsprechung“ zu überschreiten. Aber man sollte auch wahrnehmen, welche spirituellen, welche elementaren christlichen Überzeugungen sein Leben, sein Einsatz, seine Hingabe, bestimmte. Dieser spirituelle Hintergrund wird bisher eher am Rande erwähnt, was die deutschsprachige Presse betrifft. Man denke etwa daran, dass Nawalny vor dem Moskauer Berufungsgericht im Februar 2021, wie der SPIEGEL berichtet, sagte: „Ich bin ein gläubiger Mensch, auch wenn das nicht immer so gewesen sei und manche meiner Mitstreiter darüber spotten. Aber der Glaube hilft mir in meiner Tätigkeit, weil alles viel, viel einfacher wird«. Und Nawalny sagte auch, theologisch ziemlich gewagt: “Jesus Christus ist der größte Politiker…Er hat alles verändert”.   LINK

Und Nawalny zitierte dort auch das Neue Testament, die Bergpredigt Jesu von Nazareth: «Selig sind, die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden.» Und Nawalny kommentierte: „Dieses Gebot habe ich immer als Handlungsanweisung verstanden. Es macht mir keinen Spaß hier zu sein, aber ich bedaure auch keinesfalls meine Rückkehr und das was ich gerade tue. Ich fühle sogar so etwas wie Genugtuung, weil ich in einer schwierigen Zeit getan habe, was in der Anweisung (Jesu) steht. Ich habe das Gebot nicht verraten“.

5.
Falls das mörderische Putin – System die Leiche Nawalny noch einmal freigibt, und damit auch zur Bestattung, wird man sehen: Patriarch Kyrill von Moskau oder einer seiner getreuen Putin – Popen wird eine christliche oder spirituelle Bestattung Nawalnys bestimmt nicht leiten. Alexei Nawalny war sicher kein offizielles Mitglied dieser Putin -hörigen Kirche. Aber selbstverständlich ist die praktische Akzeptanz einiger Weisheitslehren Jesu von Nazareth überhaupt nicht an eine Mitgliedschaft in einer Kirche gebunden.

Eine Ergänzung: Tatsächlich konnte eine Art russisch – orthodoxer Trauer – Gottesdienst in einer russisch – orthodoxen Kirche am Rande von Moskau am Freitag, 1.3., für Alexej Nawalny stattfinden. Diese besondere Liturgie dauerte nur einige Minuten. Aber immerhin hatten sich russisch – orthodoxe Priester bereit gefunden, diesen sehr viel beachteten Gottesdienst zu gestalten. Ein kleiner Beweis für eine schwache Opposition des Klerus gegen den Chefideologen Putins, den Patriarchen Kyrill I.? Sicher nicht: “Die Kleriker hätten keine wertschätzenden Worte gesprochen oder einen würdigen Abschied bereitet, der Nawalnys Bedeutung angemessen wäre. Am beeindruckendsten seien die Gläubigen gewesen, die auf der Straße in der Warteschlange die liturgischen Gesänge angestimmt hätten, nachdem der Kirchenchor im Gottesdienst nicht habe singen dürfen.” (Quelle: Die Theologin und Expertin für die Orthodoxie, Prof.Regina Elsner, KNA).

Der Trauergottesdienst fand in der Kirche mit dem bezeichnenden Namen statt: “Kirche zu Ehren der Gottesmutterikone Lindere meine Trauer”.

Jetzt aber berichtet die “Tagesschau” am 22.2. 2024: Etwa 800 orthodoxe Priester und Laien in Russland haben gefordert, den Leichnam Nawalnys freizugeben und sie sprechen sogar davon, ihn nach orthodoxem Brauch/Ritus zu bestatten. Dazu wird es wohl, als einem “politischen Ereignis” nicht kommen … aber dass nun eine schwache Opposition im Klerus gegen Putrin aufbricht, ist doch ein sehr ermunterndes Zeichen. LINK.

6.
Julija Nawalnają, Alexeis Frau, führt den Kampf ihres Mannes weiter. „Sie will stellvertretend jenen Funke Hoffnung repräsentieren, den Nawalny bis zuletzt verkörpert hat, wenn er sagte, alles sei besser, als untätig zu sein“ (Quelle: Elisabeth von Thadden, „Die ZEIT“, 22.2.2024, Seite 50).

Buchhinweis: Alexei Nawalny – Schweigt nicht! Reden vor Gericht. Gebundene Ausgabe. 2021, Droemer Knaur Verlag.

Copyright: Christian Modehn, www.religionspühilosophischer-salon.de

Russischer Widerstand gegen Putins Chefideologen, den Patriarchen Kyrill I.

Immer mehr Gläubige trennen sich von der Russisch-Orthodoxen Kirche und ihrem Patriarchen Kyrill I.
Ein Hinweis von Christian Modehn am 30.1.2024.

Ergänzung am 28.5.2025: Russisch-orthodoxe Geistliche und Laien veröffentlichten acht Thesen gegen den Angriffs-Krieg Russlands in der Ukraine. Die rund dreißig Verfasser wollen anonym bleiben, weil sie noch in Russland leben und Sanktionen oder Verfolgung befürchten. Der wichtige Text einer kleinen Gruppe russisch -orthodoxer Priester vor allem, die in Russland leben, wurde am 7. Januar 2025 veröffentlicht. Die Zeitschrift “Stimmen der Zeit” veröffentlicht diesen Text in ihrer Ausgabe vom Juni 2025 für alle Leser gratis! Siehe den ganzen Text unten FUßNOTE 1. 

1. Der Widerstand gegen den Putin – Patriarchen KyrillI. im Jahr 2024! 
Patriarch Kyrill I. von Moskau ist einer der heftigsten Unterstützer des Krieges Putins gegen die Ukraine. Das wurde auch auf dieser website seit Monaten dokumentiert. LINK. Und gegen Kyrill I. gibt es nun Widerstand auch im Klerus und eine zunehmende Distanz der Gläubigen von dieser Russisch-Orthodoxen Kirche. Dies ist ein Zeichen der Hoffnung. Dass dadurch auch Putins Allmacht etwas schwächer wird.

Zur Erinnerung:

“Der Bund Russlands mit der Ukraine ist gottgewollt”, so Putin in der DUMA 2012.  2013 sagt Putin in Kiew: “Gott will eine Vereinigung der Ukraine mit Russland. Kein Politiker kann sich dem Willen Gottes widersetzen”.   “Somit sah sich Putin als Schwert Gottes, Putin, dieser Mystiker, mit einem Finger auf dem Atomknopf , die anderen Finger fromm gefaltet”, so Peter Lachmann, in “Lettre International”, Herbst 2022, S. 126.

Putin wird unterstützt vom Moskauer Patriarchat, “für das auch die Grausamkeiten des Zaren niemals ein Ärgernis darstellten, weil die Zaren-Herrschaft von Gott komme, so wie die des neuen Para- Zaren Putin. Für Patriarch Kyrill hat der Krieg um das Heilige Russland metaphysische Bedeutung, die Rückeroberung der Ukraine sei eine Sache der ewigen Erlösung. Das ist das theologische Erbe von Byzanz, als dessen Erbe und Fortsetzung  die russisch-orthodoxe Kirche sich sieht”, so Peter Lachmann, ebd. (Peter Lachmann ist ein deutsch-polnischer Dichter, Essayist, Theaterregisseur und Übersetzer.)

Peter Lachmann weist in dem Beitrag auch darauf hin, dass Psychologen Putin als “notorischen Lügner” erleben. und deuten. Notorische Lügner seien “den eigenen Lügen gewissermaßen ausgesetzte Subjekte, deren Hirn anders funktioniere…Das emotionale Vakuum sei bei Putin vollkommen, das Dauerlügen werde zum Zwang” (a.a.O., S. 127).

2.
Patriarch Kyrill I. hat bekanntlich den christlichen Glauben zu einer Putin-Ideologie verfälscht. „In einem Interview mit der Exilzeitung Verstka sagte ein Priester, der seinen Namen nicht preisgeben wollte, dass seit Beginn des Krieges Kirche und Staat in ihren Ansichten fast identisch geworden sind und die Diözesanversammlungen sich in parteipolitische Veranstaltungen verwandelt haben. Laut dem Erzpriester des Erzbistums der orthodoxen russischen Gemeinden in Westeuropa, Dimitry Sobolevskiy, ist die Kirche für die meisten Russen inzwischen nur ein weiterer Teil des Staatsapparats“ (Quelle: „Demokratie und Gesellschaft“, (FES), 22.1.2024, Beitrag von Daria Boll – Palievskaya, Journalistin und Russland-Spezialistin, Redakteurin der unabhängigen Online Zeitung: Russland.news.)

3.
Etliche Priester dieser Kirche kritisieren ihren Chef, den Ideologen Patriarch Kyrill I. Seit dem Krieg Putins gegen die Ukraine haben etwa 300 russische Priester und Diakone einen offenen Brief gegen den Krieg und gegen den Patriarchen veröffentlicht. Und der Erfolg? Das Projekt „Christen gegen den Krieg“ (in russischer Sprache) hat viele Fälle der Verfolgung dieser mutigen Priester veröffentlicht. Einer der bekanntesten liberal gesinnten Geistlichen in Russland, Pater, bzw. wie man in der Orthodoxie sagt , „Vater“ Alexej Uminski von der Dreifaltigkeitskirche in Moskau, wurde am 13. Januar 2024 seines Amtes enthoben. Pater Uminski weigerte sich öffentlich das ideologisch gefärbte Gebet zu sprechen: „Gott, gib uns den Sieg durch deine Macht“: Gemeint ist natürlich der Sieg Russlands über die Ukraine. Mehr als 12.000 Russen haben in einem Schreiben an Patriarch Kyrill ihre Unterstützung für den Priester Uminski ausgedrückt. Ihm droht nun der Ausschluss aus der Russisch-Orthodoxen Kirche.

4.
Die totale Ergebenheit des Patriarchen und seines klerikalen Clans wird von Putin belohnt: Die weltberühmte „Dreifaltigkeits-Ikone“ von Andrei Rubljow wurde aus dem Museum entfernt und dem Patriarchat übergeben. Eine Aktion mitten im Winter, die die Qualität dieses alten Kunstwerkes stören und zerstören kann.

5.
Was sind die Lichtblicke im System Putin?
Innerhalb der Russisch – Orthodoxen Kirche wird der Widerspruch gegen den Ideologen Kyrill I. immer größer. Und auch das ist erfreulich: „Scheinbar so mächtig wie nie zuvor und beinahe mit dem Kreml verschmolzen, verliert die Kirche in der russischen Gesellschaft immer mehr an Ansehen“, schreibt Daria Boll-Palievskaya. „Laut den offiziellen Statistiken des russischen Innenministeriums besuchten in diesem Jahr 1,4 Millionen Menschen die orthodoxen Weihnachtsgottesdienste, verglichen mit 2,3 Millionen im Jahr 2020 und über 2,6 Millionen im Jahr 2019. Die Berufung zum Priester wird ebenfalls immer weniger beliebt. Allein im letzten Jahr mussten drei Priesterseminare schließen.“ LINK zu Daria Boll – Palievskaya.
Nebenbei: Die russischen Gläubigen, die sich von der Putin – Kirche distanzieren und trennen, können selbstverständlich ihre private Spiritualität bewahren und persönlich pflegen, dafür braucht es bekanntlich – theologisch gesehen – keine „heilige Liturgie“ in altslawischer Sprache mit Popen, die Kriegspropaganda betreiben oder in ihren Predigten harmlose spirituelle Allgemeinheiten verbreiten, fromme Floskeln halt.

6.
Man muss sich als Religionsphilosoph also freuen, dass eine politische Organisation, die sich Kirche nennt, die Russisch – Orthodoxe Kirche, immer mehr an Ansehen in der Bevölkerung verliert. Das hilft vielleicht auch, die All – Macht Putins einzuschränken.

7.
Traurig ist nach wie vor nur die Tatsache, dass der „Ökumenische Weltrat der Kirchen“ (ÖRK) in Genf noch immer nicht die Russisch – Orthodoxe Kirche aus ihrem Weltrat rausgeschmissen hat, das fordern bekanntlich seit Monaten viele kompetente Theologen. Glauben die Herren und Damen im Weltrat der Kirchen in Genf (ÖRK) im Ernst, mit Herrn Kyrill I. einen Friedens – Dialog führen zu können?

8.
Am 30. Dezember 2023 verurteilte der Generalsekretär des ÖRK, Pastor Jerry Pillay, die, so wörtlich, „Terrorkampagne“ Russlands gegen zivile Ziele in der Ukraine. Von dem Krieg Russlands gegen die Ukraine sprach Pillay nicht. Für die Welt – Ökumene in Genf handelt es sich also um Terror, nicht um Krieg. Auch nannte Pastor Pillay vom ÖRK keine Namen, nicht den Namen Putins und auch nicht den Namen Kyrill I.. Pillay sagte nebulös, man bemühe sich, „auch weiterhin nach Mitteln und Wegen zu suchen, wie der ÖRK mit und über seine Mitgliedskirchen den Dialog und den Frieden fördern und für eine Beendigung der Gewalt und Angst sorgen kann, unter der die Menschen in der Ukraine aufgrund der russischen Invasion leiden.“ (Quelle: https://www.oikoumene.org/de/news/wcc-denounces-russian-campaign-to-terrorize-people-of-ukraine)

9.
An einen Rauswurf des einstigen KGB Manns, des Herrn Patriarchen Kyrill I., aus dem eigentlich doch angesehenen ÖRK ist also gar nicht zu denken. Man bemühe sich ja im ÖRK um Dialoge, nebulös formuliert, allerdings ohne sichtbare Erfolge, wie jeder weiß.
Nach dem Ende der Putin Diktatur kann man die Russisch – Orthodoxe Kirche wieder in dieses Ökumenische Weltgremium aufnehmen. Selbst der Freund aller Orthodoxen, Papst Franziskus, spricht nach meinem Eindruck nicht mehr so vieles so Wohlwollendes (und Naives) über die Russisch – orthodoxe Kirche und seinen Patriarchen. Den der Papst sooo gern besuchen würde…

10.
Über die immer wieder viel besprochenen Dialoge mit den Russisch – Orthodoxen in den ökumenischen Gremien „vor Ort“, in den Städten, Bistümern, Landeskirchen Deutschlands hört man gar nichts. Offenbar ist man friedlich ökumenisch mit den Russen vereint? Und feiert hübsche Liturgien in alt-slawischer Sprache, wie immer schon…Auf der Website des Ökumenischen Rates Berlin-Brandenburg (OERBB.de) wird die Russisch Orthodoxe Kirche immer noch als Mitglied dieses „Rates“ erwähnt. Über den Krieg Russlands gegen die Ukraine erfährt man da überhaupt nichts…

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.


Der Text oppositioneller russisch – orthodoxer Priester in Russland vom 7. Januar 2025, veröffentlicht in den “Stimmen der Zeit”, im Juni 2025, einer  Zeitschrift der Jesuiten:

Christus und dem Evangelium treu bleiben: Ein russischer Aufruf gegen den Krieg in der Ukraine.
Ein theologisches Protestdokument russisch-orthodoxer Christen aus Russland, veröffentlicht am 7.Jan. 2025.
Russisch-orthodoxe Geistliche und Laien veröffentlichten acht Thesen gegen den Krieg Russlands in der Ukraine. Die rund dreißig Verfasser wollen anonym bleiben, weil sie noch in Russland leben und Sanktionen oder Verfolgung befürchten. Johannes Oeldemann, Direktor am Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik in Paderborn und Leiter des Stipendienprogramms der Deutschen Bischofskonferenz für orthodoxe Theologen, hat den russischen Aufruf ins Deutsche übersetzt und ordnet ihn einleitend historisch und theologisch ein.
Von Johannes Oeldemann, Stimmen der Zeit 150 (2025) 415-426, Lesedauer: ca. 18 Minuten

Seit mehr als zehn Jahren – beginnend mit der Krim-Annexion und der Besetzung einiger Territorien im Osten der Ukraine im Frühjahr 2014 – befindet sich die Ukraine im Verteidigungskampf gegen russische Truppen, die die territoriale Integrität dieses jungen Staates (seit 1991) mit einer alten Tradition untergraben. Mehr als drei Jahre sind inzwischen seit der umfassenden Invasion russischer Truppen in die Ukraine vergangen, mit der Präsident Putin das Ziel verfolgt, die staatlichen Strukturen in der Ukraine vollständig zu zerschlagen und das Land in die Russische Föderation einzugliedern. Auf beiden Seiten sind inzwischen Zehntausende Soldaten getötet und Hunderttausende verletzt worden. Während in der Ukraine durch rücksichtslose Angriffe auf Wohngebiete – wie zuletzt auf die Teilnehmer der Palmsonntagsgottesdienste in der Stadt Sumy – inzwischen auch Tausende Zivilisten getötet wurden, hält sich die Zahl der zivilen Opfer in Russland in Grenzen. Dafür liegt Schätzungen zufolge die Zahl der gefallenen Soldaten auf russischer Seite etwa doppelt so hoch wie auf ukrainischer Seite. Viele russische Familien sind damit inzwischen ebenfalls „Opfer“ dieses Krieges geworden. Daher kann man sich fragen, warum es in Russland keine Proteste gegen diesen Krieg gibt.
Die Antwort auf diese Frage lautet, dass offener Protest gegen den Kurs der Regierung in Russland schlicht lebensgefährlich ist. Wer in Russland seine Stimme gegen den Krieg erhebt, wird vom Staat verfolgt, angeklagt und kommt ins Gefängnis oder – schlimmer noch – in eines der berüchtigten Lager. Kritische Medien gibt es in Russland selbst kaum noch. Die wenigen unabhängigen Zeitungen, Sender und Internetportale sind inzwischen alle ins Ausland verdrängt worden. Auch die Russische Orthodoxe Kirche unterstützt den „patriotischen“ Kampf vorbehaltlos. Patriarch Kirill hat wiederholt seine Unterstützung für Präsident Putin demonstriert und den Kampf der russischen Soldaten gar als „heiligen Krieg“ bezeichnet. In orthodoxen Gottesdiensten in Russland wird regelmäßig für den Sieg gebetet und Priester, die das Wort „Sieg“ in dem entsprechenden Gebet durch „Frieden“ ersetzt haben, wurden suspendiert. Angesichts der Unterdrückung aller oppositionellen Stimmen in Russland überrascht es umso mehr, das am 7. Januar 2025, dem Tag des orthodoxen Weihnachtsfestes in Russland, ein Aufruf russischer Priester und Laien veröffentlicht wurde, in dem diese sich mit starken Worten gegen den Krieg positionieren.
Dieser Aufruf, der von den Autoren als „Glaubensbekenntnis“ bezeichnet wird, wurde in Russland über einen Telegram-Kanal verbreitet und außerhalb Russlands von der oppositionellen „Novaya Gazeta“ publiziert. Der Text ist in acht Artikel gegliedert, die – jeweils unter Rückgriff auf biblische Zitate – auf das Gottesbild, das Verständnis des Reiches Gottes, die Würde des Menschen, die Gleichheit aller Völker vor Gott, das Leben nach den Geboten Christi, die christliche Nächstenliebe, das Verständnis von Kirche und den Dienst der Kirche an der Versöhnung eingehen. Neben biblischen Texten greift der Text, wie in der orthodoxen Theologie üblich, auch auf Zitate der Kirchenväter zurück. Bemerkenswert ist, dass auch die im Jahr 2000 publizierten „Grundlagen der Soziallehre der Russischen Orthodoxen Kirche“ zitiert werden, die maßgeblich vom heutigen Patriarchen mitformuliert wurden. Dadurch konfrontiert der Text die Kirchenführung mit ihrer eigenen Positionsbestimmung. Der Text schließt mit dem Jesaja-Zitat „Doch das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit“ (Jes 40,8). Es dürfte kein Zufall sein, dass dies dieselben Worte sind, mit denen auch die „Barmer Theologische Erklärung“ schließt, mit der sich die Bekennende Kirche in Deutschland 1934 gegen die nationalsozialistische Ideologie positionierte.
Ist dieser russische Aufruf eine orthodoxe „Barmer“ Erklärung? Hinsichtlich seiner Intention und der Autorenschaft ist dieses russische Glaubensbekenntnis mit Barmen vergleichbar. In seiner Struktur und Sprache unterscheidet es sich zwar von der Barmer Theologischen Erklärung, entspricht damit aber viel mehr einem genuin orthodoxen Zugang zum Thema. Anders als in Barmen ist nicht bekannt, wer die Autoren dieses Textes sind. Es heißt, dass eine Gruppe von etwa dreißig Personen – überwiegend Priester, aber auch einige Laien – hinter dem Text steht. Ihre Namen sind nicht bekannt, weil das für sie und ihre Familien lebensbedrohlich wäre. Vielleicht stehen, anders als in Barmen, keine großen Namen dahinter. Dieser Text lebt nicht von der Autorität seiner Autorinnen und Autoren, sondern einzig aus der Kraft seiner Worte. Wie die Verfasser in der kurzen Einleitung schreiben, macht jede und jeder, der diese Thesen mit anderen teilt, sich ihren Inhalt zu eigen. Die Verbreitung der Thesen wird als Bekenntnisakt bezeichnet. Insofern trägt der Text – wie Barmen – Bekenntnischarakter. Ob er für die russische Orthodoxie eine vergleichbare Bedeutung wie die Barmer Theologische Erklärung für die evangelischen Christen in Deutschland erlangt, wird letztlich erst die Wirkungsgeschichte dieses Bekenntnistextes zeigen.
„Christus und dem Evangelium treu bleiben“
Ein Aufruf von Geistlichen und Laien der Russischen Orthodoxen Kirche, 
die zwar in Russland bleiben, aber den Krieg ablehnen
– veröffentlicht am 7. Januar 2025, dem Tag des Weihnachtsfestes in Russland

Dieses Glaubensbekenntnis wurde von Kirchenleuten, Klerikern und Laien, verfasst, die größtenteils in Russland leben und sich genötigt sahen, auf jegliche Hinweise auf die Autorenschaft zu verzichten. Jeder, der die hierin enthaltenen Thesen teilt und bereit ist, sie an andere weiterzuleiten, sei es mündlich oder schriftlich, öffentlich oder auf privatem Weg, kann sich als Teilnehmer an diesem Bekenntnisakt betrachten.
Die Phänomene, auf die in diesen Thesen Bezug genommen wird, haben in unserer Kirche seit langem zugenommen. Das Schweigen der Kirchenleute kann als Zustimmung oder Akzeptanz empfunden werden, und deshalb haben wir kein Recht zu schweigen.
Wir, Kleriker und Laien, Kinder der Russischen Orthodoxen Kirche – einschließlich derer unter uns, die derzeit in verschiedenen Ländern verstreut sind und anderen Jurisdiktionen angehören – glauben und bekennen, dass wir alle, unabhängig von den irdischen Umständen und den Forderungen irdischer Machthabender, aufgerufen sind, vor der Welt Zeugnis für die Lehre Jesu Christi abzulegen und immer abzulehnen, was mit dem Evangelium unvereinbar ist. Keine irdischen Ziele oder Werte können von Christen über die oder anstelle der Wahrheit gesetzt werden, die in der Lehre, dem Leben und der Person Jesu Christi offenbart wurde.

1. ÜBER GOTT: Über das Gebot „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen“
Wir Christen glauben an Gott, „den Schöpfer des Himmels und der Erde, alles Sichtbaren und Unsichtbaren“ [Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel, Anm. des Übers.], an Gott, den „Unaussprechlichen, Unerkennbaren, Unsichtbaren, Unbegreiflichen, Ewigen, Unveränderlichen“, „vor Dem Himmel und Erde, das Meer und alles, was in ihnen ist, erbeben“ (Liturgie des hl. Johannes Chrysostomus, Ordnung des Sakraments der Heiligen Taufe).
Frappierend ist die Leichtfertigkeit, mit der nicht nur Politiker und Journalisten, sondern auch Kirchendiener den Namen Gottes in ihrer Rhetorik verwenden und dem Schöpfer des Universums unerschrocken zuschreiben und vorschreiben, auf welcher Seite Er in irdischen Konflikten zu stehen und welche der irdischen Herrscher Er zu unterstützen hat.
Dieser Gebrauch des Namens Gottes für politische Zwecke ist nichts anderes als ein Verstoß gegen das Gebot: „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen“ (Ex 20,7).

2. ÜBER DAS REICH GOTTES: Über die Unzulässigkeit der Vermischung dessen, was „Gottes“ und „des Kaisers“ ist, sowie die Unzulässigkeit der Verwandlung der Kirche in ein Instrument irdischer Machthabender
Das Wirken Christi beginnt mit der Verkündigung des Reiches Gottes (Mt 4,17). Die Botschaft von diesem Reich ist das Herzstück seiner Verkündigung: „Sucht aber zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit“ (Mt 6,33). Christus lehrt, dass dieses Reich sich von allen irdischen Staaten unterscheidet: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“ (Joh 18,36). Wir Christen sind seine Bürger: „Unsere Heimat ist im Himmel“ (Phil 3,20). Wir beten zu Gott: „Dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden“ (Mt 6,10). Weil er von diesem Reich gepredigt hatte, verurteilten die irdischen Machthaber und ihre Diener Christus zum Tode mit den Worten: „Jeder, der sich selbst zum König macht, lehnt sich gegen den Kaiser auf. […] Wir haben keinen König außer dem Kaiser“ (Joh 19,12-15).
Wir wissen, dass der Staat und die Institutionen zur Unterstützung von Recht und Ordnung in dieser Welt notwendig und unvermeidlich sind. Sie schaffen die Voraussetzungen für ein normales Leben der Gesellschaft, indem sie menschliche Aggression und Kriminalität niederhalten. Deshalb antwortet der Apostel Paulus denen, die ihn gefragt haben, dass Gott die Macht als eine Institution des Rechts und der Ordnung eingesetzt hat, die diejenigen zurückhält, die Böses tun:
„Es gibt keine staatliche Gewalt, die nicht von Gott ist; die jetzt bestehen, sind von Gott eingesetzt. […] Denn sie (die staatliche Gewalt) steht im Dienst Gottes für dich zum Guten. […] Sie steht im Dienst Gottes und vollstreckt das Urteil an dem, der Böses tut“ (Röm 13,1-4).
Der Wert dieser irdischen Macht ist praktisch und vergänglich; sie ist nicht dazu da, das Paradies auf Erden zu errichten, sondern um diejenigen, die Böses tun, daran zu hindern, die Erde in eine Hölle zu verwandeln.
Ohne die praktische Bedeutung der irdischen Macht und die Pflichten des Christen gegenüber der Gesellschaft aufzuheben, unterscheidet Christus klar zwischen der irdischen Macht und dem Reich Gottes, zwischen der Beziehung des Christen zu irdischen Machthabenden und zu Gott: „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist“ (Mt 22,21). „Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und ihm allein dienen“ (Mt 4,10). Deshalb ist jegliche Vermischung dessen, was „Gottes“ und was „des Kaisers“ ist, von Vollmachten und Aufgaben der irdischen Machthabenden mit der Macht und Herrschaft Gottes, unvereinbar mit der Lehre Christi.
Umso unvereinbarer mit der Treue zu Christus ist ein Zustand, in dem die Kirche zu einer ideologischen Abteilung des Staatsapparates wird, die als „Klammer“ [ein von der politischen Nomenklatura in Russland gern benutzter Begriff, Anm. d. Übers.] die politischen Bedürfnisse eines bestimmten Regimes bedient.

3. ÜBER DIE MENSCHENWÜRDE: Über die vorgebliche „Häresie der Menschenverehrung“ und die Unzulässigkeit, den Menschen als Verbrauchsmaterial zu missbrauchen
In der Heiligen Schrift lesen wir, dass der Mensch nach dem Bilde Gottes geschaffen wurde (Gen 1,26). Etwas Ähnliches wird in der Heiligen Schrift weder über die Nation noch über den Staat noch über eine Partei gesagt.
Wir lesen, dass Gott sich nicht schämt, die Menschen „Kinder“ und „Brüder“ zu nennen, denen er gleich wird, um sie von der Sklaverei der Sünde und des Todes zu befreien (Hebr 2,11-18). Im Glaubensbekenntnis bekennen wir, dass Gott Mensch geworden ist, „um uns Menschen und um unseres Heiles willen“. Aber weder die Heilige Schrift noch das Glaubensbekenntnis sagen uns, dass Gott Mensch geworden ist um der Größe oder des Heils einer Nation, eines Staates oder einer Partei willen.
Nach dem Wort Christi können nicht nur weltliche und soziale Regelungen, sondern sogar die wichtigsten religiösen Regelungen und Gebote nicht als Selbstzweck betrachtet werden, sondern sind um des Menschen willen da: „Der Sabbat wurde für den Menschen gemacht, nicht der Mensch für den Sabbat“ (Mk 2,27).
Deshalb steht für die Jünger Christi der Mensch über jeder Nation, jedem Staat und jeder Partei – und das ist keine „globale Häresie der Menschenverehrung“, sondern eine Folge der christlichen Lehre, dass der Mensch das Ebenbild Gottes ist.
Der Missbrauch des Menschen als Instrument, als ein „Rädchen oder Schräubchen“, als Verbrauchsmaterial für den Staat oder andere irdische Institutionen ist mit der Lehre Christi unvereinbar.

4. ÜBER DIE GLEICHHEIT DER VÖLKER VOR GOTT und die Unzulässigkeit der nationalen Selbstverherrlichung
Im Neuen Testament lesen wir, dass im neuen Menschen, im Gegensatz zum alten, „nicht mehr Griechen und Juden, Beschnittene und Unbeschnittene, Barbaren, Skythen, Sklaven, Freie, sondern Christus alles und in allen ist“ (Kol 3,11). In der Welt des Neuen Testaments kann es keine Nationen geben, die Gott gefallen oder missfallen: „Gott ist nicht parteiisch, sondern in jedem Volk ist ihm willkommen, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist“ (Apg 10,34-35).
Jede Erniedrigung einiger Völker und jede Erhöhung anderer, jede Form von nationalem Messianismus und nationaler Selbstverherrlichung ist mit der Lehre Christi unvereinbar, insbesondere jene, die unter der Losung „Gott ist mit uns!“ einem Volk das Recht zuschreibt, über das Schicksal anderer Völker zu entscheiden.
Deshalb können wir nicht akzeptieren, dass christliche Werte und Sinngehalte einer geopolitischen Agenda untergeschoben werden, einer Ideologie, die den Glauben an Christus durch den Glauben an die „russische Welt“, an die besondere Bestimmung des russischen Volkes und des russischen Staates, ersetzt.
Eine solche Verfälschung reduziert Gott auf eine nationale Gottheit, verengt die Orthodoxie auf eine nationale russische Religion und einen der Aspekte des nationalen Selbstbewusstseins. Sie zerstört die Lehre vom universalen Charakter der Kirche und führt zu einem Bruch mit anderen orthodoxen Ortskirchen. Aber die Kirche Christi ist größer als jede Ortskirche, auch als die Russische Orthodoxe Kirche.
Bei einer solchen Verfälschung wird die kirchliche Terminologie für politische Zwecke verwendet. An die Stelle der Lehre von der Einheit der Orthodoxen Kirche wird die Lehre von der „Einheit der Russischen Kirche“ gesetzt, und die Worte über die „Dreieinigkeit des russischen Volkes“, die in kirchennahen Dokumenten erklingen, passen die theologische Terminologie der heiligen Väter an die Bedürfnisse des politischen Diskurses an und geben dem politischen Konzept den falschen Anschein einer kirchlichen Doktrin.
Es ist ein Ausdruck von Hochmut und geistlicher Selbstüberschätzung, die eigene Nation als „universalen Herrscher“ [katechon – „Aufhalter“ des Antichrist, Anm. d. Übers.] zu bezeichnen, der die Welt vor dem Bösen schützt, und als „letzte Festung, die die Welt vor dem Kommen des Antichrist bewahrt“. Im Dasein jedes Volkes kämpfen Gott und der Teufel, und für jedes Volk ist der Ausgang dieses Kampfes bis zum Jüngsten Gericht unbekannt.

5. ÜBER DAS LEBEN NACH DEN GEBOTEN CHRISTI und dessen Ersatz durch den „Kampf für traditionelle Werte“
Christen sind aufgerufen, durch ihr eigenes Leben Zeugnis von den moralischen Lehren Christi abzulegen, wie sie im Neuen Testament dargelegt sind. Aber nirgendwo im Neuen Testament wird gesagt, dass Christen den „Außenstehenden“, also jenen, die keine Kirchenmitglieder sind, Werte – welche auch immer: moralische, familiäre, häusliche, politische oder religiöse – aufzwingen sollen.
Der Apostel Paulus regelt zwar die Lebensnormen der ersten christlichen Gemeinden, zwingt die Christen aber nicht, diese Normen den „Außenstehenden“ aufzuzwingen, und fordert sie darüber hinaus auf, den Umgang mit den „Außenstehenden“, die nicht nach diesen Normen leben, nicht zu brechen: „Denn sonst müsstet ihr ja aus der Welt auswandern […]. Was geht es mich denn an, die Außenstehenden zu richten? Habt ihr nicht die zu richten, die zu euch gehören? Die Außenstehenden aber wird Gott richten“ (1 Kor 5,10-13).
Selbst die wichtigsten moralischen Werte des Christentums sollen wir nicht mit Gewalt, sondern nur durch unser eigenes Beispiel verkünden.
Der erbitterte „Kampf“, um den „Außenstehenden“ die „traditionellen Werte“ durch Zwang und gerichtliche Verfolgung, repressive Gesetze und Denunziationen aufzuzwingen, ist nichts anderes als ein Versuch, den Schwund wahrhaft christlicher moralischer Werte wie Liebe, Freiheit, Mitgefühl und Barmherzigkeit im inneren Leben der Kirche selbst zu verschleiern.
Wir können eine Predigt, in der „traditionelle“ und „nationale“ Werte die Moral des Evangeliums, die Gebote Christi und Christus selbst ersetzen und verdrängen, nicht als christlich ansehen.

6. ÜBER DIE CHRISTLICHE NÄCHSTENLIEBE und deren Ersatz durch die Predigt von Gewalt und „Heiligem Krieg“
Christus sagt zu seinen Jüngern: „Alles, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das tut auch ihnen! Darin besteht das Gesetz und die Propheten“ (Mt 7,12); „Liebt eure Feinde, segnet, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen, und bittet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Denn wenn ihr nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten […]? Seid also vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist“ (Mt 5,44-48).
Von den Aposteln bis zu den Asketen unserer Zeit, wie dem heiligen Siluan vom Berg Athos, haben die Nachfolger Christi bezeugt und bezeugen, welch bedeutende Stellung die Lehre von der Feindesliebe in der christlichen Ethik hat. Christus lehrt seine Jünger: „Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin! Und wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel“ (Mt 5,39-40).
Wir wissen, dass die Anwendung von Gewalt manchmal der einzige Weg sein kann, um noch schlimmere Gewalt zu verhindern. Aber auch eine solche Gewalt, die als das geringere Übel gewählt wird, ist immer noch Gewalt, zwar ein geringeres, aber dennoch ein Übel.
Jede Predigt, die Gewalt verherrlicht, sei diese Gewalt politisch oder sozial, öffentlich oder häuslich, ist mit der Lehre Christi unvereinbar.
Der schlimmste Fall von Gewalt ist der Krieg. Wir wissen, dass Staaten manchmal gezwungen sind, Krieg zu führen, also Gewalt und Mord zu begehen, um noch schlimmere Gewalt und noch schlimmeren Mord zu verhindern. Doch auch in diesem Fall bleibt Gewalt Gewalt und Mord eine Sünde.
Wir können denjenigen dankbar sein, die – da sie sich dem Bösen widersetzt haben und dies manchmal um den Preis des eigenen Lebens – durch Gewaltanwendung noch schlimmere Gewalt verhindert haben.
Aber diese Dankbarkeit kann und darf nicht in eine Verherrlichung, Romantisierung oder Heroisierung des Gewaltaktes selbst münden. Für den Christen ist diese Dankbarkeit unweigerlich mit der Trauer darüber vermischt, dass die Gewalt in unsere Welt gekommen ist und dass sie durch Gewalt gestoppt werden musste.
Sowohl die Kirchenväter als auch das Kirchenrecht bezeugen die Sündhaftigkeit des Mordes, unabhängig von dessen Motiven. In der Regel des heiligen Basilius des Großen heißt es: „Wer seinem Nächsten einen tödlichen Schlag versetzt, ist ein Mörder, ob er nun zuerst zuschlägt oder zurückschlägt“ (Regel 43). Im Blick auf diejenigen, die bei der Abwehr eines Angriffs den Räuber töteten, schreibt Basilius vor, dass Kleriker ihres Amtes enthoben und Laien von der Kommunion ausgeschlossen werden, „denn die Schrift sagt: ‚Alle, die zum Schwert greifen, werden durch das Schwert umkommen‘ (Mt 26,52)“ (Regel 55). Der heilige Basilius rät, dass Soldaten, die im Krieg einen Mord begehen, für drei Jahre von der Kommunion ausgeschlossen werden sollen, „weil sie unreine Hände haben“ (Regel 13).
Die kirchliche Tradition verbietet es Priestern nicht nur, Waffen zu benutzen, sondern sie auch nur in die Hand zu nehmen, und sie verbietet es denen, die im Krieg gemordet haben, Priester zu werden.
Manchmal hören wir, dass in Bezug auf die Teilnehmer an Kriegshandlungen die Worte Christi zitiert werden: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt“. Aber das ist eine völlige Verzerrung der Bedeutung der Worte Christi, die aus dem Kontext des Evangeliums gerissen wurden. Im Johannesevangelium sagt Christus: „Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe. Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt. Ihr seid meine Freunde“ (Joh 15,12-14). Dies ist ein Aufruf an die Nachfolger Christi, dem Beispiel des Meisters zu folgen, der sein Leben für seine Jünger, seine Freunde, hingab. Aber er gab sein Leben nicht im Krieg, indem er andere tötete, sondern am Kreuz, indem er für unsere Sünden starb. Diese Worte beziehen sich nicht auf diejenigen, die töten, sondern auf diejenigen, die getötet werden.
Es ist kein Zufall, dass sich die Prediger der Lehre vom „heiligen Krieg“ meist nicht auf das Neue Testament, sondern auf das Alte Testament berufen, und zwar genau auf die Aspekte, die die Predigt Christi als vergangen hinter sich lässt.
Einen Krieg als „heilig“ zu erklären, ist mit der Lehre Christi unvereinbar, selbst wenn es sich um einen Verteidigungskrieg handelt. Erst recht, wenn es sich um einen Angriffskrieg handelt.

7. ÜBER DIE KIRCHE CHRISTI: Über die „Vertikale der Macht“ und das Vergessen des Synodalprinzips als Entstellungen des kirchlichen Lebens
Christus sagt über Seine Kirche: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ (Mt 18,20).
Indem er das Leben der Kirche und die Welt der irdischen Mächte einander gegenüberstellt, sagt er seinen Jüngern, wie seine Kirche beschaffen sein soll: „Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker unterdrücken und die Großen ihre Vollmacht gegen sie gebrauchen. Bei euch soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll euer Sklave sein“ (Mt 20,25-27).
Die verschiedenen Ämter in der Kirche bedeuten nicht die Herrschaft der einen über die anderen, sondern verschiedene Arten des Dienstes, die der ganzen Gemeinde vermacht und anvertraut sind. Der Apostel Petrus schreibt: „Dient einander […], ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat“ (1 Petr 4,10), und fügt, an die Hirten gerichtet, hinzu: „Weidet die euch anvertraute Herde Gottes […] nicht aus Gewinnsucht, sondern mit Hingabe; seid nicht Beherrscher der Gemeinden, sondern Vorbilder für die Herde“ (1 Petr 5,2-3).
Daher ist weder die Überhöhung der Oberen noch die Erniedrigung der Untergebenen, weder die Identifizierung der Kirche mit dem Klerus, die die Laien herabsetzt, noch die Umwandlung der geistlichen Hierarchie in eine bürokratische „Vertikale der Macht“ [ein zentraler Begriff der politischen Nomenklatura in Russland, Anm. d. Übers.] mit der Lehre Christi vereinbar.
Für die orthodoxe Tradition ist es inakzeptabel, den Vorsteher zu einem „kirchlichen Autokraten“ etwa nach Art des römischen Papstes im mittelalterlichen Abendland zu machen, dessen Meinungen, Äußerungen und Entscheidungen weder einer Diskussion noch der Kritik unterliegen. Das Wort des Vorstehers ist nicht identisch mit dem Wort der Kirche.
Es ist für die Kirche nicht normal, dass das Prinzip der Synodalität weder substanziell noch wenigstens formell beachtet wird, wenn nicht einmal die vom Kirchenstatut vorgeschriebenen Bischofssynoden einberufen werden; wenn die wichtigsten Entscheidungen für das Leben der Kirche allein vom Vorsteher getroffen werden; und wenn der Widerspruch von Klerikern gegen Handlungen, Worte und die Politik ihres Vorgesetzten mit einem Meineid gleichgesetzt wird und eine Suspendierung oder Amtsenthebung nach sich zieht (eine Strafe, die das Kirchenrecht nur für die schwersten Vergehen von Klerikern vorsieht).

8. ÜBER DEN VERSÖHNUNGSDIENST als die wahre soziale und politische Sendung der Kirche
Christen sind aufgerufen, der sie umgebenden Welt durch ihr Leben und ihre Beziehung untereinander ein Beispiel zu geben – in Vergebung, Versöhnung und brüderlicher Liebe: „Wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, dann wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, dann wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben“ (Mt 6,14-15); „Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass deine Gabe dort vor dem Altar liegen; geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, dann komm und opfere deine Gabe (Mt 5,23-24); „Soweit es euch möglich ist, haltet mit allen Menschen Frieden“ (Röm 12,18); „Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr einander liebt“ (Joh 13,35).
Indem die Kirche Menschen verschiedener Nationalitäten, sozialer Schichten und politischer Parteien in Christus vereint, ist sie dazu berufen, der Versöhnung zwischen verfeindeten Nationen, gesellschaftlichen Gruppen und Parteien zu dienen. Christus selbst sagt über diese Mission: „Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Kinder Gottes genannt werden“ (Mt 5,9). Die Lehre von der friedensstiftenden Mission der Kirche wird u.a. in den „Grundlagen der Soziallehre der Russischen Orthodoxen Kirche“ dargelegt, die im Jahr 2000 von der Bischofssynode angenommen wurden:
„Die Orthodoxe Kirche erfüllt ihre Mission der Versöhnung unter einander feindlich gesinnten Nationen und ihren Vertretern. Dementsprechend bezieht sie keine Stellung in interethnischen Konflikten, mit Ausnahme von Fällen offensichtlicher Aggression oder Ungerechtigkeit seitens einer der Parteien“ (Grundlagen der Soziallehre der Russischen Orthodoxen Kirche, II.4).
„Angesichts der politischen Meinungsverschiedenheiten, Widersprüche und Kämpfe predigt die Kirche Frieden und Zusammenarbeit unter den Menschen, die unterschiedlichen politischen Ansichten anhängen. Sie duldet auch verschiedene politische Überzeugungen in der Mitte des Episkopats, des Klerus sowie der Laien, mit Ausnahme solcher, die offensichtlich zu Taten führen, die der orthodoxen Glaubenslehre und den moralischen Normen der kirchlichen Tradition widersprechen“ (Grundlagen der Soziallehre der Russischen Orthodoxen Kirche, V.2).
Gerade mit dem Argument, dass die Kirche mit der Mission der Vermittlung und Versöhnung unter verschiedenen politischen Kräften betraut ist, wird das Prinzip „Kirche steht außerhalb der Politik“ begründet. Die Kirche kann nicht als Vermittlerin zwischen verschiedenen politischen Kräften dienen, wenn sie eine dieser Kräfte ausdrücklich unterstützt. „Untersagt ist die Teilnahme der Kirchenleitung und der Geistlichen, folglich auch der ganzen Kirche, an der Tätigkeit politischer Organisationen, an wahlvorbereitenden Prozessen wie etwa der öffentlichen Unterstützung politischer Organisationen, die an Wahlen teilnehmen, oder einzelner Kandidaten, an Wahlkampfwerbung usw.“ (Grundlagen der Soziallehre der Russischen Orthodoxen Kirche, V.2).
Wenn Vertreter der Kirche zum Hass gegen andere Völker und Länder aufstacheln, anstatt den Frieden zu predigen, politische Einmütigkeit predigen, anstatt zwischen den politischen Kräften zu vermitteln, Gewaltakte gegen Andersdenkende ideologisch rechtfertigen, anstatt Versöhnung zu predigen – dann ist das eine Perversion nicht nur des Grundsatzes „Kirche steht außerhalb der Politik“, sondern auch und vor allem der Mission, zu der Christus seine Jünger ruft.
Der Versuch, das kirchliche Gebet als Instrument zur Überprüfung der Loyalität gegenüber irdischen Machthabenden zu missbrauchen, die Suspendierung und Amtsenthebung aufgrund von Gebeten für Frieden und Versöhnung – das ist nichts anderes als die Verfolgung von Christen wegen ihrer Treue zum Wort Christi.
***
Wir erinnern uns, dass Christus zu seinen Jüngern sagte: „Ihr seid das Salz der Erde. Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, womit kann man es wieder salzig machen? Es taugt zu nichts mehr, außer weggeworfen und von den Leuten zertreten zu werden“ (Mt 5,13). Wir sehen, wie die heuchlerische Kluft zwischen Wort und Tat unsere Kirche in Verruf bringt. Erinnern wir uns an die Worte des Apostels Paulus: „Du belehrst also andere Menschen, aber dich selbst belehrst du nicht? Du predigst: Du sollst nicht stehlen! Und du stiehlst? Du sagst: Du sollst die Ehe nicht brechen! Und du brichst sie? Du verabscheust die Götzenbilder, begehst aber Tempelraub? […] Denn euretwegen wird unter den Heiden der Name Gottes gelästert, wie geschrieben steht“ (Röm 2,21-24).
Doch „das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit“ (Jes 40,8), und wir bekennen unsere Treue zu diesem Wort.
Russisches Original des Aufrufs auf: <https://telegra.ph/Hranit-vernost-Hristu-i-Evangeliyu-01-10>. Deutsche Übersetzung vom Autor dieses Beitrags.

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Putin wird auch in Afrika kirchlich unterstützt: Die Russisch-orthodoxe Kirche wird auch in Südafrika aktiv

Ein Hinweis von Christian Modehn

Die meisten Südafrikaner und ihre PolitikerInnen freuen sich jetzt über Putins Beistand. Nun können sich diese Leute in der Republik auch Putins russisch-orthodoxer Staatskirche in Südafrika anschließen. Die Macht Putins über ein Land muss eben total sein. Und dieser Griff des russischen Herrschers nach Afrika ist auch Teil seines Angriffskrieges gegen die Ukraine und die Demokratien des Westens.

1.
Im Zusammenhang der aktuellen Bindung der Regierung der Republik Südafrika an Putins Russland hat auch die Putin-treue und Putin-hörige Russisch-orthodoxe Kirche mit ihrem Patriarchen Kyrill I. offiziell in Johannesburg eine Diözese errichtet, gleichzeitig eine weitere russisch-orthodoxe Diözese in Kairo.
Dies hatte die „Heilige Synode“ des Moskauer Patriarchats schon am 29.12. 2021 beschlossen. Außerdem wurden mehr als 100 Priester aus acht afrikanischen Ländern, die bisher dem (griechischen) Patriarchen von Alexandria unterstanden, in die russisch-orthodoxe Kirche übernommen, auf deren „Wunsch“, wie es in Moskau heißt. (Quelle: https://www.cath.ch/newsf/le-patriarcat-de-moscou-accompagne-la-presence-russe-en-afrique/)

2.
Wegen der aktuellen politischen Ambitionen Russlands in der Republik Südafrika wird hier nur auf die Etablierung des russischen Bistums Johannesburg hingewiesen.

Bislang waren auch orthodoxe Kirchen in Afrika als Missionare tätig, wie die Katholiken, die Protestanten, die Evangelikalen, Pfingstler und so weiter. Aber diese orthodoxen Missionen wurden vor allem von der griechisch-orthodoxen (!) Kirche geleitet, vor allem in Kenia gibt es eine große orthodoxe Kirche.
Dass nun die russisch-orthodoxe Kirche die Tätigkeit der griechisch-orthodoxen Kirche offenbar in ganz Afrika zurückgedrängt, hängt auch mit inner-orthodoxen Streitereien zusammen. Denn die griechisch-Orthodoxen (unter der Leitung des Patriarchen von Alexandria) unterstützen offiziell die Ukraine und die dortige von Russland unabhängige ukrainisch-orthodoxe Kirche. Das kann die Putin-hörige russisch-orthodoxe Kirche nicht hinnehmen. Zwei orthodoxe Kirchen kämpfen also um den Einfluß in Afrika, siegreich ist die russisch-orthodoxe. Sie wird nie mehr ihre Präsenz in Südafrika aufgeben…Jede orthodoxe Kirche, die – wie die Griechen – die Ukraine unterstützt, wird drangsaliert von dem Putin Freund, dem russischen Patriarchen. Wie Putin, ein KGB Mitglied (einst).

3.
Aber dies ist nur ein Motiv für die Etablierung einer russisch-orthodoxen Institution in Südafrika. In diesem Staat geht es auf die Dauer um die Etablierung einer südafrikanisch-russischen Partnerschaft.

Das neue Exarchat in Afrika Ist der Bischof von Jerewan in Armenien, Leonid Gorbacev.

Leonid Gorbacev ist nun derneue russisch-orthodoxe Bischof für Afrika, er ist schon dabei, in Südafrika neue, mächtige Kirchen zu bauen oder einzuweihen: Wie etwa die Pfarrei „Saint John of The Ladder“, gegründet 2022, https://www.theladderon136.com/blank-page.

Schon im Januar 2022 hatte der ökumenische „Südafrikanische Kirchenrat“ die „Russisch-orthodoxe Kirche in Südafrika“ herzlich willkommen geheißen. Die Provinz Gauteng (mit Johannesburg und Pretoria) sei wohl der beste Platz für die Russen, meinte der Generalsekretär dieses offiziellen südafrikanischen ökumenischen Dachverbandes, Bischof Malusi Mpumlwana. Er hat sich auch offen „für eine Mitgliedschaft der Russen im südafrikanischen Kirchenrat“ ausgesprochen. (Quelle: https://www.urdupoint.com/en/world/south-african-council-of-churches-recognizes-1447731.html). Und er zeigte sich angesichts der allgemeinen Sympathie Südafrikas für Putins Russland optimistisch und hilfsbereit: „Als Mitglied in unserem Kirchenrat kann die russisch-orthodoxe Kirche uns ansprechen, welche Ratschläge sie benötigt“, sagte Bischof Malusi Mpumlwana.

4.
Der neue, für Südafrika zuständige Bischof Leonid Gorbacev hat jedenfalls seit langem Verbindungen zu privaten russischen Militärgruppen – darunter die „Firma Wagner“. „Diese Wagner-Leute kämen dem Projekt des Bischofs zugute, weil er damit einflussreiche Fürsprecher und auch eine Schutzmacht habe“, sagt Natallia Vasilevich. (Quelle: https://www.evangelisch.de/inhalte/209622/16-12-2022/orthodoxe-kirchen-im-konflikt-russische-kirche-will-afrika-expandieren, 16.12.2022). Natallia Vasilievich war Leiterin des Zentrums “Ecumena” in der belarussischen Hauptstadt Minsk.

5.
Und die Konsequenz in Südafrika: Fast niemand will es sich mit einer russisch-orthodoxen Kirche anlegen, die solche Verbündete hat, sagt die Frau Vasilevitch, Spezialistin für orthodoxe Kirchen, jetzt lebt sie in Bonn als Dozentin an der Universität.
Vielleicht gilt diese Angst vor kritischen Äußerungen gegenüber der Putin-Kirche auch für Südafrikaner, die z.B. im Ökumenischen Weltrat der Kirchen (ÖRK) in Genf arbeiten. Werden die Südafrikaner in Genf eher nationalen, südafrikanischen Gefühlen folgen oder werden sie erkennen, dass die Führung der russisch-orthodoxen Kirche sich soweit von christlichen Grundsätzen entfernt hat, dass für sie kein Platz in einem „Weltrat der CHRISTLICHEN Kirchen“ sein kann.

6.
Nicht nur Putin, auch die Putin-Kirche mit ihrer „Mission“ in Afrika wird die Welt noch lange beschäftigen. Wie sagte doch der für Südafrika zuständige Bischof, jetzt mit dem Titel geehrt „Metropolit Leonid von Klin“ (alias Gorbacech), am 12.1.2022, der offiziellen Website des Moskauer Patriarchats „Russian Orthodox Church“: „Jetzt arbeiten wir an einem voll-umfänglichen Programm nicht nur für die Entwicklung der Pfarreien, sondern auch zur Sicherstellung einer vollwertigen Präsenz des Russisch-orthodoxen Kirche auf dem afrikanischen Kontinent, das schließt liturgische, erzieherische und humanitäre Komponenten ein“.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophioscher Salon Berlin

 

Ein Jahr Krieg Russlands gegen die Ukraine. Der „Ökumenische Weltrat der Kirchen“ (Genf) bleibt nach wie vor “milde“ gegenüber den Kriegsherren in Moskau

Ein Hinweis von Christian Modehn zum Kriegstreiber, dem Patriarchen Kyrill von Moskau und seiner familiären Connection mit Genf. Veröffentlicht am 20.2.2023.

Siehe auch die 24, schon früher veröffentlichten Hinweise zum Thema “Kyrill I., die russisch-orthodoxe Kirche und Putin”: LINK

Siehe auch den Hinweis auf die heftige Präsenz der russisch-orthodoxen Kirche in Südafrika.  LINK

Die These dieses Hinweises vom 20.2.2023: Der “Ökumenische Weltrat der Kirchen” (ÖRK) in Genf kann sich bis jetzt nicht entschließen, den Chef der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill I. von Moskau und seine von ihm geführte Kirche aus diesem wichtigen und angesehenen internationalen ökumenischen Gremium als Mitglied rauszuwerfen oder wenigstens die Mitgliedschaft “ruhen zu lassen”. Dies als deutliche Strafe für die ideologisch-theologische Unterstützung Kyrills für Putin und seinen Krieg. Beide waren für den KGB tätig, beide sind vielfache Millionäre, beide sind Feinde des ukrainsichen Volkes und der Demokratie. Diese tolerante, verständnisvolle Haltung des ÖRK gegenüber Kyrill I. halten viele christliche Beobachter für einen Skandal, der aber noch korrigiert werden könnte, falls sich der ÖRK in dieser Hinsicht (Krieg Putins…) der Haltung der demokratischen Welt anschließen möchte. Ob das geschieht, ist angesichts der im folgenden dokumentierten Aussagen des neuen Generalsekretärs des ÖRK eher zweifelhaft. Es geht um die Frage: Wie naiv darf die christliche Nächstenliebe unter Christen sein? Müssen sich christlich nennende Kriegshetzer bestraft werden, auch von Christen und einem eigentlich doch geschätzten Gremium wie dem ÖRK? Mit anderen Worten: Wie stark blamiert sich eigentlich der ÖRK in dieser Frage bis heute? 

Zur Erinnerung nur diese Tatsachen aus der jüngsten Vergangenheit:  Kyrill hatte kürzlich den Tod junger russischer Soldaten – er nannte sie “unserer Jungs” – mit den Worten gerechtfertigt: “Sie erheben sich aus den Schützengräben und gehen dem Tod entgegen.” Kyrill hatte Gegner Russlands als “Kräfte des Bösen” und Russlands Präsident Wladimir Putin als wahren Christenmenschen bezeichnet.

1.
Die demokratische Welt versucht mit allen Mitteln, Putin zu isolieren, seinem kriegerischen Wahn ein Ende zu setzen und die Putin-Oligarchen wenigstens finanziell zu bestrafen.
Aber was machen die Christen, die sich im „Ökumenischen Rat der Kirchen“ (ÖKR) in Genf versammelt haben und in ihrem Club die meisten evangelischen und orthodoxen Kirchen (352 Mitgliedskirchen) zusammenführen…zu theologischen Debatten, Kongressen und vor allem zur Erzeugung von Dokumenten aus den vielen „Ausschüssen“, wie man dort sagt.
Einen der ihren, den Patriarchen Kyrill von Moskau, mit seiner Kirche seit 1961 Mitglied im ÖRK, ermahnen die Genfer ökumenischen Ratsmitglieder eher milde zur Zurückhaltung in seinem nationalistischen Hass auf den Westen. Von Kyrills schamloser Kriegs-Propaganda für seinen mordenden Freund Putin aus gemeinsamen KGB Zeiten, sprechen die ökumenischen Verantwortlichen in Genf nur zurückhaltend. „Man muss ja mit allen im Dialog bleiben“, heißt es. Dialog also auch mit Leuten, die Mord und Totschlag aufs Übelste praktizieren. Falls dieser besprochene und behauptete Dialog mit Kyrill häufig stattgefunden haben sollte, dann sollte bitte der ÖRK präzise und genau mitteilen, wie denn die Friedens-Erfolge ihrer so sanften Dialog-Strategie mit Kyrill und seiner nationalistischen Kirche aussehen. Davon ist sehr wenig zu hören, oder ist man so bescheiden und spricht nicht vom Dialog Genf-Kyrill?

2.
Es kommt noch schlimmer, schlimm für alle, die wissen, dass den Menschen in der Ukraine alle Hilfe und Nähe gebührt, und die wissen, dass die Überwindung Putins und seines christlich sich nennenden Ideologen, Patriarch Kyrill, jetzt dringend geboten und selbstverständlich ist.
Merkwürdige Äußerungen gibt es von dem neuen Generalsekretär des ÖRK, von dem aus der Republik Südafrika stammenden Theologen Professor Dr. Jerry Pillay, Mitglied einer der presbyterianischen Kirchen in Südafrika.
Prof.Dr. Pillay wurde am 17.Februar 2023 in Genf offiziell in sein hohes und international wichtiges Amt mit einem feierlichen Gottesdienst „eingesetzt“.

Um schon eine Zusammenfassung der Erkenntnisse zu bieten, die Prof. Dr. Pillay in dem jetzt folgenden Interview verbreitet: Der neue Generalsekretär des ÖRK gibt sich im ganzen gesehen eher Russland freundlich, er verliert kein Wort über das Leiden der UkrainerInnnen, mit anderen Worten: Er ist in der Einschätzung der Rolle Kyrills und seines Neffen, des Erzpriesters Mikhail Gundjajew, irgendwie naiv.

3.
Die Zeitung REFORME, die Kirchenzeitung der Kantone Genf, Bern, Jura und weiterer Kantone, hat mit dem neuen Generalsekretär Prof.Dr. Pillay aus Südafrika am 16.2.2023 ein Interview veröffentlicht. Das Interview stammt vom schweizerischen protestantischen Pressedienst „Protestinfo“, das Interview führte der Journalist Lucas Vuilleumier.  LINK.

Über den Autor Lucas Vuilleumier LINK

4.
Das Interview fand statt in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu Veröffentlichungen schweizerischer und vieler anderer Zeitungen über die Spionage – Tätigkeit Kyrills im ÖKR in den neunzehnhundertsiebziger Jahren. Diese Erkenntnisse beziehen sich auf neue Forschungen im „Schweizer Bundesarchiv“ . In den Zeitungsbeiträgen wurde die seit langem bekannte sichere Vermutung nun als Erkenntnis ausgebreitet: Der damalige sowjetische Bischof Kyrill war Mitglied des KGB, wie sein Freund Putin, und als solcher wurde Kyrill als Spion inmitten der Ökumene eingesetzt.
Siehe :LINK. Und auch: . LINK

5.
Die interessante Frage also ist, was sagt zu dieser auch international verbreiteten Erkenntnis der neue aus Südafrika stammende Generalsekretär Pastor Prof. Dr. Jerry Pillay?
„Es gibt tatsächlich Spekulationen zu dem Thema seit einer gewissen Zeit. Der ÖKR hat eines seiner „Zentralkomitees“ beauftragt, dass es diese Information (der Spionagetätigkeit durch Kyrill im ÖKR) verifiziert. Aber wir haben niemals Beweise in dem Sinne gefunden. Falls jemand diese besitzt, würden wir diese Beweise gern betrachten.“
Mein Kommentar dazu: Die Erkenntnisse liegen im Schweizer Bundesarchiv ja vor, vielleicht sollte der Generalsekretär des ÖRK mal nach Bern reisen….

6.
Zu diesen Äußerungen Pillays gleich kritische Bemerkungen
Erstens: Mit dieser Antwort wird versucht, von höchster Ebene des ÖRK die sehr deutlichen Hinweise auf Spionagetätigkeit durch Kyrill in Genf beiseite zu schieben.Kyrill soll in gutem Licht dastehen!
Zweitens: Die Verleugnung dieser Spionage – Tätigkeit durch den neuen Generalsekretär des ÖRK jetzt, mitten im Krieg Putins, hat Erstaunen hervorgerufen, und manche fragen sich, ob diese so moderate Einschätzung Kyrills durch den ÖRK auch etwas mit der offenkundigen offiziellen Freundschaft der Regierung Südafrikas mit der Russischen Föderation zu tun hat. Bekanntlich hat der russische Außenminister Lawrow vor kurzem noch Südafrikas Außenministerin Naledi Pandor in Pretoria getroffen: Sie sagte: “Ich bin stolz, dass wir exzellente diplomatische Beziehungen pflegen”, was Lawrow natürlich genauso sah (Quelle: Süddeutsche Zeitung, 23. 1.2023, Ein Beitrag von Bernd Dörries). Tatsache ist: Die Regierung Südafrikas gibt sich offiziell neutral, aber mit deutlicher Sympathie für Russland, offenbar aus alter Treue, weil Moskau einst den ANC im Kampf gegen das Apartheidsregime unterstützte… Die SZ schreibt weiter: „Auf die Frage, ob sie den russischen Besucher Lawrow erneut aufgefordert habe, aus der Ukraine abzuziehen, sagte Pandor, dass die Situation heute eine völlig andere sei, vor allem, weil es seither einen “massiven Transfer von Waffen” gegeben habe. Russland zum Rückzug aufzufordern, sei daher zu “simplistisch und kindisch“ (ebd.).

7.
Zur Erinnerung: Im ÖRK in Genf ist die Russisch-orthodoxe Kirche mit ihrem Kriegstreiber und Putin-Freund, dem Patriarchen Kyrill von Moskau an der Spitze, immer noch als ordentliches Mitglied vertreten.

Die Bindung Kyrills nach Genf, zum ÖRK, wird auch sozusagen familiär noch verstärkt: Denn der Neffe Kyrills, Mikhail Gundjajew (Gundjajew ist auch der bürgerliche Name des Patriarchen), ist der aktuelle Repräsentant des Moskauer Patriarchats im ÖRK in Genf. Man hat also vorgesorgt, dass alles Tun in Genf familiär besprochen werden kann, KGB Leute wissen, wie man agiert.

Der Journalist Lucas Vuilleumier vom protestantischen schweizerischen Pressedienst stellt die Frage an den Generalsekretär: „Verstehen Sie, dass dies (d.h. die hohe Funktion des Neffen des Patriarchen im ÖRK) ein gewisses Misstrauen erzeugen könnte?

Die Antwort des der ÖRK Generalsekretär, Prof.Dr. Jerry Pillay aus Südafrika: „Der Erzpriester Mikhail Gundjajew ist der ständige Repräsentant der russisch-orthodoxen Kirche beim ÖRK und der internationalen Organisation in Genf. Ich habe ihn am Montag, den 13. Februar (2023) getroffen, um mit ihm über diese Fragen zu diskutieren. Er hat erkennen lassen, dass er für die russisch-orthodoxe Kirche arbeitet, dass er seine Unterstützung für sein Land einbringe”.

Was immer diese „Unterstützung für sein Land“, also Putins Land, bedeutet, wird leider nicht weiter erfragt!

Dann folgen Sätze des neuen Generalsekretärs des ÖRK, die auch großes Erstaunen hervorrufen sollten:
Aber dies ist kein Grund den Verdacht aufkommen zu lassen, dass er (der Erzpriester und Neffe des Patriarchen) Beziehungen unterhält mit der russischen Regierung“.
Der Neffe redet also NICHT mit seinem lieben Onkel, dem Patriarchen, der ein gute Beziehung zu Putin hat? Wer soll diesen Blödsinn glauben?

Prof. Jerry Pullay fährt dann fort: „Sicherlich, die Anwesenheit des Erzpriester und Neffen des Patriarchen innerhalb des ÖRK kann Misstrauen hervorrufen. Aber es ist nicht opportun und nicht gerecht, Leute mit einer Etikette auszustatten oder jemanden ohne Beweis zu misstrauen. Der Erzpriester versichert und erklärt sehr deutlich, nicht für die russische Regierung zu arbeiten“.

Die richtige Frage heißt anschließend: „Wie können Sie denn wissen, dass er nicht lügt“

Die Antwort des Generalsekretärs:
„Hätte ich den geringsten Zweifel, hätte ich eine Untersuchung verlangt. Wir sind nicht die Polizei, aber wir haben die Möglichkeit, ernsthafte Maßnahmen gegen unsere Mitglieder zu ergreifen“.

Frage:
Wie können Sie sich schützen vor dieser Art von (politischer) Instrumentalisierung?

Der ÖRK Generalsekretär Jerry Pillay antwortet:
Der ÖRK begibt sich nicht in eine Hexenjagd, wenn sich jemand mit dem ÖRK anschließt. Wir arbeiten auf der Basis des Vertrauens mit den religiösen Chefs (sic!) und wir hoffen, dass jeder von denen ehrlich ist in seiner Verbindung mit Gott und in seinen Beziehungen zu anderen. Der ÖRK ist eine brüderliche Gemeinschaft der Kirchen und wir werden fortfahren, unseren Verantwortlichen der Kirchen zu vertrauen und wir werden auch bei Bedarf danach handeln“.

Frage:
Viele wundern sich, dass der ÖRK darauf verzichtet hat, die Mitgliedschaft der russisch orthodoxen Kirchen im ÖRK auszusetzen, diese Kirche unterstützt den Krieg, den Putin gegen die Ukraine führt, warum handelt der ÖRK so?

Antwort:
“Es gibt tatsächlich ein Aufruf, dass wir deutlicher sein sollen bei diesem Thema. Wenn Sie die Erklärungen unser Zentralkomitees untersuchen und auch die Resultate unserer letzten Vollversammlung (in Karlsruhe 2022):
Da haben wir dem Moskauer Patriarchat eingeschärft, eine akzeptablere Position anzunehmen. Und wir haben selbst Kyrill getroffen, um mit ihm darüber zu sprechen. Der ÖRK unterstützt weder den Krieg noch die Gewalt. Jedoch, wenn wir die Mitgliedschaft einer Kirche im ÖRK aussetzen, was gewisse Leute fordern, dann wird der Dialog abgebrochen, und dies ist nicht die Art und Weise, wie der ÖRK funktioniert. Gewiss, eine Aussetzung der Mitgliedschaft der russisch-orthodoxen Kirche im ÖRK könnte ein starkes Zeichen für gewisse Personen sein (für welche dieser gewissen Personen sagt der Herr Generalsekretär nicht, meint er die leidenden UkrainerInnen??, CM). Aber wir müssen bis zum Ende dieses Dialogs mit Kyrill gehen, um eine derartige Entscheidung zur Aussetzung der Mitgliedschaft zu treffen.”

Kommentar von Christian Modehn: Das letzte Treffen der ÖRK Verantwortlichen mit Kyrill in Moskau fand am 17. Oktober 2022 statt, falls es weitere Treffen und Dialoge gegeben hat, bitte ich um Nachricht.

Frage:
Vonseiten einer christlichen Organisation, gilt es da nicht eine Wahl zu treffen zwischen dem Evangelium und der „Aufrechterhaltung des Dialogs?

Antwort:
Wir können keiner Mitgliedskirche sagen: Das, was ihr macht oder denkt, widerspricht dem Wort Christi, ohne vorher theologische Unterhaltungen bis zu Ende geführt zu haben. Das ist das Wesen des Dialogs…”

Frage: Die besonders wichtig ist;
Der ÖRK hat sich trotzdem viel entschiedener verhalten, als eine gewisse Kirche in Südafrika die Apartheid verteidigte?

Antwort:
Ja. Die Kampagne des ÖRK gegen den Rassismus stellte eine klare Positionsbestimmung gegen die Apartheid und den Rassismus in Südafrika dar, das hat dazu geführt, dass sich die rassistische „Niederländisch-reformierte Kirche in Südafrika“ aus dem ÖRK zurückgezogen hat.

Kommentar: Vom Leiden der Schwarzen im Rassisten Regime ließ sich der ÖRK bewegen. Vom Leiden der Menschen in der Ukraine lässt sich der ÖRK nicht definitiv bewegen, sonst hätte der ÖRK Herrn Kyrill und seinen Apparat, „orthodoxe“ Kirche genannt, längst aus dem ÖRK verabschiedet. In Südafrika protestierte der ÖRK gegen einen Staat, im Krieg Russlands gegen die Ukraine müsste der ÖRK gegen ein kirchliches Mitglied des ÖRK handeln, aber das scheint aus christlicher “Dialogberitschaft” nicht möglich zu sein.
Wahrscheinlich will der ÖRK als die letzte relevante Organisation in der westlichen Welt in die Geschichte eingehen, die bis zum Schluss noch Dialoge mit dem verbrecherischen Regime Russlands führte.

Der Gesamteindruck
Das Interview offenbart einen gegenüber Putins Krieg und seinem religiösen Ideologen Kyrill hilflosen und ängstlichen ÖRK. Es ist bezeichnend für das Denken des Herrn Professor Pillay vom ÖRK, dass er kein einziges Mal das Wort Ukraine oder UkainerInnen oder gar das Leiden der Menschen in der Ukraine in den Mund nimmt. Dieser Herr im ÖRK offenbart nach meinem Eindruck eine gewisse Sympathie für Kyrill, vielleicht ist er auch zu sehr Südafrikaner, er will die neu entdeckte Liebe seines Landes zum heutigen Russland nicht gefährden. Wäre ja furchtbar, wenn Putin Südafrika nicht unterstützte…
Falls ich mich in dieser Sache täusche, freue ich mich über entsprechende gegenteilige Nachweise mir Daten und Fakten.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.    Übersetzung des Interviews aus dem Französischen: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.

…………..

Falls das Interview mit dem neuen Generalksekretär Prof.Dr.Jerry Pillay nicht mehr im www. verfügbar sein sollte odetr entnommen wird, hier der französische Text:

Kirill espion à Genève: «Nous n’avons jamais trouvé de preuves en ce sens”

16 février 2023
Le chef de l’Eglise othodoxe russe, espion pour le KGB au Conseil œcuménique des Eglises (COE) à Genève dans les années 1970? Jerry Pillay, nouvellement à la tête de cette organisation comptant 352 Eglises, réclame des preuves. Et rassure sur l’actuel rôle du neveu de Kirill dans ses murs.

Le patriarche Kirill aurait agi en tant qu’espion pour le compte du KGB lorsqu’il siégeait au COE. Est-ce un risque inévitable pour une grande organisation internationale comme la vôtre?

Il y a effectivement des spéculations à ce sujet depuis un certain temps: cela ne date pas d’hier. Le COE a notamment mandaté l’un de ses comités centraux pour qu’il vérifie cette information. Mais nous n’avons jamais trouvé de preuves en ce sens. Si quelqu’un les possède, nous aimerions les consulter.

Le neveu de Kirill, Mikhail Goundiaev, est l’actuel représentant du Patriarcat de Moscou au COE. Comprenez-vous que cela puisse engendrer une certaine méfiance?

L’archiprêtre Mikhail Goundiaev est le représentant permanent de l’Eglise orthodoxe russe auprès du COE et des organisations internationales à Genève. Je l’ai rencontré ce lundi 13 février afin de discuter avec lui de ces questions. Il a indiqué qu’il travaillait pour l’Eglise orthodoxe russe, qu’il apportait son soutien à son pays, mais ce n’est pas une raison de soupçonner qu’il entretient des rapports avec le gouvernement russe. Certes, sa présence au sein du COE peut susciter de la méfiance, mais il n’est ni opportun ni juste d’étiqueter les gens ou de s’en méfier sans preuve. Il affirme clairement ne pas travailler pour le gouvernement russe.

Comment pouvez-vous savoir qu’il ne ment pas?

Si j’avais eu le moindre doute, j’aurais demandé une enquête. Nous ne sommes pas la police, mais nous avons la possibilité de prendre des mesures sérieuses contre nos membres.

Comment se prémunir contre ce genre d’instrumentalisation du COE?

Le COE ne se lance pas dans une chasse aux sorcières à chaque fois que quelqu’un nous rejoint. Nous travaillons sur la base de la confiance avec des chefs religieux et espérons que chacun d’entre eux est honnête dans son lien avec Dieu et ses relations avec les autres. Le COE est une communauté fraternelle d’Eglises et nous continuerons à faire confiance en nos responsables d’Eglises et agirons en cas de besoin.

Beaucoup s’étonnent que le COE ait renoncé à suspendre l’Eglise orthodoxe russe, qui soutient la guerre que mène Poutine contre l’Ukraine. Pourquoi?

Il y a effectivement un appel à ce que nous soyons plus clairs sur le sujet. Pourtant, si vous examinez les déclarations de nos comités centraux et les résultats de notre dernière assemblée, nous avons enjoint le Patriarcat de Moscou à adopter une position plus acceptable, et avons même rencontré Kirill afin de lui en parler. Le COE ne soutient ni la guerre ni la violence. Pour autant, si vous suspendez une Eglise, ce que certains demandent, le dialogue se rompt — ce qui n’est précisément pas la manière de fonctionner du COE. Certes, cette suspension serait un signal fort pour certaines personnes, mais nous devons aller au bout de ce dialogue avant de prendre une telle décision.

De la part d’une organisation chrétienne, n’y a-t-il pas un choix à faire entre l’Évangile et le maintien du dialogue?

Justement, nous ne pouvons pas dire à une Eglise membre que ce qu’elle fait ou pense est contraire à la parole du Christ sans avoir mené des conversations théologiques à terme. C’est l’essence même du dialogue, tandis que nous tentons de comprendre nos points de vue conformément aux Écritures.

Le COE s’était pourtant montré plus ferme quand certaines Eglises sud-africaines défendaient l’apartheid…

Oui. La campagne du COE contre le racisme représentait une prise de position claire contre l’apartheid et le racisme en Afrique du Sud, ce qui a débouché sur le retrait de l’Eglise réformée néerlandaise du COE.

Récemment, le COE a également refusé de s’aligner sur la position de l’ONU en décidant de ne pas parler d’apartheid concernant l’attitude d’Israël envers la Palestine. Pourquoi?

Je ne dirais pas que le COE a exprimé un refus. L’Assemblée a décidé de ne pas délibérer sur l’utilisation du mot «apartheid» afin d’approfondir les discussions à l’interne à propos de ce conflit. Si en 2016 j’ai moi-même écrit un article où j’utilisais ce terme, après avoir visité les deux pays, c’est parce que l’injustice que j’y ai vue à l’égard des Palestiniens m’a saisi. Venant moi-même d’Afrique du Sud, j’ai utilisé un terme que je connais très bien, mais qui dans le cas de ce conflit, en ce moment, n’est peut-être pas approprié.

Avez-vous peur des représailles?

J’ai surtout peur d’être mal compris. Quand j’ai publié cet article, un journaliste m’a traité d’antisémite, ce qui est inacceptable. Le COE est en constant dialogue avec la communauté juive et nous recevons régulièrement des rabbins du monde entier à Genève. Ce genre d’accusation mal informée et sans fondement vient bien souvent de personnes qui ont un agenda politique et sont heureuses de s’en servir. Le COE, lui, ne fait pas de politique. Mais si, dans le conflit israélo-palestinien, la violence vient des deux bords, je crois pouvoir dire que le système oppressif de l’État d’Israël sur la population palestinienne est injuste. Et le COE refuse l’injustice.

 

 

 

 

Der orthodoxe Bischof von Wien, Arsenios Kardamakis, plädiert für die Absetzung des Kriegstreibers Patriarch Kyrill, Moskau.

Ein Hinweis von Christian Modehn

Endlich, möchte man sagen, plädiert eine prominente Stimme der Orthodoxie für die Absetzung des Putin-Ideologen Patriarch Kyrill I. Wann endlich wird das geschehen? Will das auch der Ökumenische Rat der Kirchen in Genf? Die suchen immer noch das Gespräch mit Kyrill…

Metropolit Arsenios Kardamakis, Wien, sagt u.a.:

“Die weltweite Orthodoxie muss sich zusammenfinden und entscheiden, ob etwas gegen den russischen Patriarchen unternommen werden soll. Meiner Meinung nach, ja!”, so der Metropolit, also der Erzbischof. Dazu könnte Patriarch Bartholomaios (Konstantinopel) alle Häupter der orthodoxen Kirchen einberufen, um eine Amtsenthebung vorzuschlagen. Jedoch müssten in der Orthodoxie alle Entscheidungen einstimmig getroffen werden. “Aber auch, wenn nicht alle einverstanden sind oder manche politisch nicht zustimmen können, so wissen doch alle, dass dieser Krieg nicht legitimiert werden kann und dass jener, der diesen Krieg rechtfertigt, außerhalb des Geistes der orthodoxen Kirche ist”, unterstrich Kardamakis.

Die russische Kirche brauche “Umkehr, Buße und Neuevangelisierung, so der Metropolit weiter. Sie soll nicht an die Macht oder an das Geld glauben. Eine Kirche, die im Luxus lebt und sich wie die politische Klasse präsentiert, hat ihren Ruf verloren”, so der Geistliche. Die Erneuerung der Kirche werde von den einfachen Menschen kommen, die an Christus glauben”. (Quelle: https://www.domradio.de/artikel/metropolit-kardamakis-sieht-wende-russland-kommen)

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin