Omri Boehm (Philosoph und Kritiker der Politik Israels) erhält den Leipziger Buchpreis 2024

Von Christian Modehn am 8.3.2024

1.
Man darf am 20. März 2024 gespannt sein, wenn in Leipzig der israelisch – deutsche Philosoph OMRI BOEHM den Leipziger Buchpreis erhalten wird. Die Laudatio wird die Soziologin Eva Illouz halten. Omri Boehm wurde 1970 in Haifa (Israel) geborren, er besitzt die israelische und die deutsche Staastbürgerschaft, er arbeitet vor allem in New York an der “New School for Social Research” als Philosophieprofessor.

Und wir können nur hoffen, dass den richtigen Aussagen Omri Boehms zur gegenwärtigen Politik in Israel (siehe unten) die Attacken erspart bleiben, die der jüdische Filmemacher Yuval Abraham nach seinen Aussagen, auch auf der “Bären Gala”der Berliner Filmfestspiele, erleben musste. Yval Abraham (Regie: “No Other land”) hatte die rechtsextrem beherrschte Politik Israels treffend als “Apartheids-Politik” bezeichnet. Und er hatte deswegen Morddrohungen erhalten, weil bestimmte “übereifrige Deutsche”  seinen Argumenten unterstellten,  sie seien antisemitisch… LINK zu Yval Abraham.

2.
Der Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung wird seit 1994 verliehen, LINK,  er gehört in Deutschland zu den bedeutendsten Literaturauszeichnungen. Veranstalter des Preises sind der Freistaat Sachsen, die Stadt Leipzig, der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und die Leipziger Messe.
Omri Boehm erhält den Preis zu Beginn der Leipziger Buchmesse am 20. März 2024 im Leipziger Gewandhaus.

3.
Omri Boehm zeigt u.a. in seinem wichtigen Buch „Radikaler Universalismus“ einen Ausweg aus den ständigen Kriegen Israel – Palästina: Es ist die Idee/Utopie eines gemeinsamen Staates von Juden und Arabern. Die viel besprochene Zweistaatenlösung lehnt Omri Boehm ab.

4.
Aktuell wichtig erscheint uns die Deutlichkeit, mit der Boehm in seinem Buch „Radikaler Universalismus“ (Propyläen – Verlag) den Staat Israel und seinen Zionismus, vor allem die jetzige Regierung Israels kritisiert. Schon 2020 verfasste er eine „Streitschrift“ „Israel. Eine Utopie“. Nach dem Terroranschlag der Hamas am 7.10.2023 wiederholte Boehm seine Grundüberzeugung: “Wir haben es mit einer unerträglichen Situation zu tun, wo das Unmögliche notwendig ist. (…) Wir müssen Vorschläge für eine politische Lösung in der Zukunft finden. Die einzige Alternative zum entgrenzten Krieg ist der Kompromiss einer Föderation.“
Omri Boehm spricht auf Seite 150 des Buches „Radikaler Universalismus“, von der „Apartheidsstruktur, die Israels jahrzehntelange Siedlungspolitik im Westjordanland bestimmt.“

5.
Das Wort Apartheidsstruktur öffentlich zur Qualifizierung von Israels Westjordan – Politik zu gebrauchen, ist hierzulande doch „ein bißchen“ mutig. Man denke an die Aufgeregtheit, die anläßlich der Berliner Film – Festspiele die Debatten bestimmten, als auch das Wort „Apartheidspolitik Israels“ fiel…

6.
Ebenso erstaunlich, dass Boehm den Staat Israel und die westlichen Demokratien dadurch gekennzeichnet sieht, „dass sie für immer auf der gewaltsamen Unterdrückung anderer gegründet“ sind.(S. 152). Noch deutlicher auf Seite 153: Israel könne beides sein, ein Staat der Holocaust – Überlebenden und ein kolonialistischer Apartheidsstaat. Israel kann dieses beides nicht nur sein, sondern, so fügt Boehm wörtlich hinzu: „Ist es auch“ (S. 153).

7.
Mit dieser Kritik will Omri Boehm überhaupt nicht einen Antisemitismus fördern. Und auch ein deutscher Journalist, der Böhms Aussagen und Urteile dokumentiert, ist kein Antisemit, sondern wie Boehm ein Kritiker der von rechtsextremem Denken bestimmten gegenwärtigen Politik Israels! Diese Politik ist ein heftiger und für Humanisten und Philosophen unerträglicher Widerspruch gegen die vernünftige Politik, die den „radikalen UNIVERSALISMUS“, „Jenseits von Identität“ lebt. Zum Buch „Radikaler Universalismus“ der Hinweis des “Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salon Berlin” ,veröffentlicht am 30.9.2022: LINK.

8.
Omri Boehm will nur für Klarheit sorgen über die gegenwärtigen Zustände in Israel und Palästina; er denkt und argumentiert zugunsten eines besseren, eines gerechten Israel für Juden wie auch selbstverständlich für Araber.

9.
Unser herzlicher Glückwunsch zum Leipziger Buchpreis zur europäischen Verständigung für Omri Boehm.

Copyright: Christian Modehn, www.religionsphilosophischer-salon.de

Kafkas paradoxe Weisheiten.

Hinweise auf einige Aphorismen Franz Kafkas.
Von Christian Modehn am 4.3.2024

Ein Vorwort:
Franz Kafka hat auch seine Tagebuchnotizen und Briefe als wichtige. literarische Arbeiten verstanden, keineswegs nur als „Beiläufiges“, „Sekundäres“. Seine Aphorismen erscheinen wie Lehrsätze, die sich auch auf vorgegebene Weisungen, Normen, Gebote, Konventionen beziehen. Kafkas Aphorismen, die 1917 in Zürau in Oktavheften geschriebenen, wirken eher wie Kommentare, betont der Germanist Peter – André Alt. Es sind Hinweise zur Lebensgestaltung. Sie führen aber nicht in allseitige Klarheit und Durchsichtigkeit. Die Aphorismen überschreiten logische Argumente, sie leben vom Widerspruch zu alltäglichen Selbstverständlichkeiten. „Kafka hatte einen Widerwillen gegen analytische Abstraktion“, schreibt Alt (S. 82), er lehnte abstrakt argumentierende Philosophien mit ihren „klaren Antworten“ ab. Es geht ihm bei den Lebensfragen (als Hintergrund der Aphorismen) nur darum, den geistigen, auch den religiösen Horizont zu öffnen, in dem eventuell Ansätze von Antworten auf diese Lebensfragen wenigstens ahnbar werden.
Kafka hat keine Vorliebe zur Philosophie entwickelt, hingegen ist sein Interesse am Werk des Philosophen Kierkegaard durchaus bemerkenswert… weil Kierkegaard auch das literarische Erzählen hochschätzt.

Die folgenden Aphorismen wurden dem Buch „Franz Kafka. Betrachtungen über Leben, Kunst und Glauben“ entnommen. Das Buch erschien 2007 im DTV Verlag, es enthält ein Nachwort von Peter – André Alt. Die Seitenangaben zu den jeweiligen Aphorismen beziehen sich auf dieses Buch.

Die hier ausgewählten Aphorismen wurden wegen ihrer Prägnanz und Kürze ausgewählt, vor allem aber, weil sie unmittelbar ins Philosophieren führen. Eigentlich stehen die Aphorismen für sich selbst. Hier wird der Versuch gemacht, kurze, subjektive Hinweise der Interpretation vorzuschlagen.Diese Hinweise können anregen, sich weiter in diese und andere Aphorismen Kafkas zu vertiefen … und andere Interpretationen zu formulieren.

Die Literaturwissenschaftlerin Margarete Kohlenbach hat in ihrem Buch “Franz Kafka in Zürau. 1917-1918” (Transit Verlag, Berlin, 2023) die meisten der dort geschriebenen Aphorismen Kafkas ausfürlich auf  252 Seiten untersucht und sie auf das Leben (und Leiden) Kafkas (dort) bezogen.

Unser Vorschlag zur Lektüre einiger weniger, kurzer offenbar auch “philosophischer” Aphorismen Kafkas ist wesentlich bescheidener, unser Vorschlag will die LeserInnen zu eigener Lektüre und eigener Interpretation ermuntern. Dazu muss man kein Kafka – Spezialist sein. “Die Texte Kafkas verändern unaufhörlich ihren Klang und ihre Farbe”, schreibt der Literaturkritiker Gregor Dotzauer im “Tagesspiegel”( 11.1. 2024, Seite 24).

1.
„Wer sucht, findet nicht. Wer nicht sucht, wird gefunden.“
(Oktavhefte 13. Dezember 1917). S 55.

Wer dem Sinn dieses Satzes folgt, erkennt: Also muss es doch einen Suchenden geben, der dann denjenigen findet, der eben nicht sucht. Ein Widerspruch, mindestens dann, wenn man die Aussage Kafkas auf den menschlichen Bereich bezieht. Das Suchen hier kann man aber als Suchen nach Sinn, nach „Gott“ verstehen. Dann aber sollte man – nach Kafka – aber gerade nicht Gott aktiv suchen. Man sollte stille sein, nichts tun, nichts suchen: Dann wird man gefunden, von Gott, von dem tragenden Lebens-Sinn.

2.
“Man darf niemanden betrügen. Auch nicht die Welt um ihren Sieg.“
(Oktavhefte 8. Dezember 1917). S. 54.

Ein Satz, der an Immanuel Kant erinnert, an dessen absolute Zurückweisung von Lüge und Betrug. Wenn man sich im Sinne Kafkas an diese Maxime (Kants) hält, dann muss man hinnehmen und ertragen, dass „die Welt“ siegen wird. Was ist hier die Welt? Offenbar alles Irdische, alles Ideologische, das als gegenüber zu Gott diesen „Gott“ eben ausschließt oder auch einen transzendenten Lebens – Sinn. Wer also niemals jemanden betrügen will, muss die Herrschaft der Welt als dem Nicht – Göttlichen in Kauf nehmen. Sollten wir vielleicht doch etwas betrügen, lügen, damit die Welt nicht siegt? Kant würde nicht zustimmen!

3.
„Wahrheit bringt keine Erfolge. Wahrheit zerstört nur das Zerstörte.“
(An Robert Klopstock, Juni 1922.) S. 57.

Wer sich bemüht, in einer Welt voller Lügen und Verlogenheiten die Wahrheit zu sagen und Wahrheit zu leben und zu tun, wird keinen Erfolg haben mit seiner Haltung, meint Kafka. Die Wahrheit wird sich nicht durchsetzen. Das Engagement zugunsten der Wahrheit kann nur das zerstören und beseitigen, was ohnehin schon zerstört ist und als kaputt und wertlos gilt. „Wahrheit zerstört das Zerstörbare“ ist heute angesichts der Kriege, der Rechtsradikalen Macht und Verbrechen, der Allgegenwart von Lügen etc… eine ziemlich optimistische Überzeugung Kafkas.

4.
Erkenntnis haben wir. Wer sich besonders um sie bemüht, ist verdächtig, sich gegen sie zu bemühen.“
(Oktavhefte 25. Januar 1918). S. 56.

Wissenschaftler, Philosophen, Theologen fallen bei Herrschenden in Ungnade, werden verfolgt, getötet, von jenen, die Macht haben. Wer neue Erkenntnisse mitteilt, stört diese etablierte, alte und selbstverständlich gewordene Erkenntnis und Wahrheit. Solche Störenfriede gilt es auszuschalten, indem man sie „verdächtigt“ eigentlich gar keine weiterführende Erkenntnis zu lehren.

5.
„Wer glaubt, kann keine Wunder erleben. Bei Tag sieht man keine Sterne.“
(Oktavhefte 22.November 1917.) S. 64.

Wer religiös glaubt, lebt förmlich wie selbstverständlich in einer transzendenten Geborgenheit, lebt gleichsam auf sicherem Boden und in einem hoffnungsvollen Horizont. Ein solcher Glaubender braucht keine einzelnen Wunder. Denn das größte Wunder ist für ihn bereits dieser sein Glaube. Darum Kafkas Ergänzung: Wer im hellen Licht lebt, braucht nicht die wunderbaren Sterne, die nur nachts zu sehen sind.Wer glaubt ist im Licht, er braucht keine wunderbaren Sterne.

6.
Und ähnlich ist auch dieser Aphorismus: 
„Wer Wunder tut, sagt: Ich kann die Erde nicht lassen“
(Oktavhefte 21. November 1917.) S. 54.

Wer Außergewöhnliches, Wunderbares leistet, will die Erde, das Leben auf Erden, pflegen und fördern, er „kann die Erde nicht lassen“, er kann sie nicht loslassen, zugunsten einer transzendierenden, über die Welt hinausgehenden und die Welt „überwindenden“ Lebenseinstellung.

7.
„Theoretisch gibt es eine vollkommene Glücksmöglichkeit: An das Unzerstörbare in sich glauben und nicht zu ihm streben.“
(Oktavhefte 19. Dez. 1917,) S. 24.

Haben wir das Unzerstörbare in uns entdeckt, auf das Kafka aufmerksam macht? Unzerstörbar als dauernd bleibend kann nur Ewiges in uns sein. Wer oder was ist der Ewige? Religiöse Menschen nennen ihn Gott. Gott lebt als das Unzerstörbare in uns. Aber, und das ist Kafkas Rat: Streben wir nicht nach ihm. Werden wir nicht zu Aktivisten der Gott – Suche. Gott ist doch schon unzerstörbar in uns. Das ist „vollkommene Glückseligkeit“.

8.
„Du kannst dich zurückhalten von den Leiden der Welt, das ist dir freigestellt und entspricht deiner Natur. Aber vielleicht ist gerade dieses Zurückhalten das einzige Leid, das du vermeiden könntest.“
(Oktavhefte 22. Februar 1918). S. 24.

Wer sich aus den politischen Konflikten, Krisen und Kriegen und damit aus allem Leiden der anderen Menschen fein narzisstisch raushält, der „entspricht“ durchaus seiner nun einmal egoistischen „Natur“. Aber dieser egoistische Rückzug, dieses Ignorieren des Leidens und der Leidenden der Welt, bereitet dem Egoisten dann doch seelisches Leiden. Falls er noch ein Gewissen hat, möchte man ergänzen.

9.
Es gibt ein Ziel, aber keinen Weg. Was wir Weg nennen, ist Zögern“ .
(Zit. S. 81.)

Eine Erkenntnis Kafkas, die wie ein Motto für viele Politiker damals und heute vor allem gilt: Sie gehen nicht den Weg zum Ziel, etwa zum Frieden, zur universellen Gerechtigkeit, sie stehen bloß irritiert herum, reden viel und „zögern“ nur. Und sie nennen dieses Zögern dann noch ihren politischen „Weg.“

10.
„Geständnis und Lüge ist das Gleiche“.
Verfasst Ende 1920. (zit. S. 91.)

Es gibt in totalitären Regimen ständig die Praxis, die zu Unrecht Verurteilten, also die politischen oder religiösen Feinde, zu einem Geständnis zu zwingen, meist durch grausamste Folter. Die Prozesse in Moskau zu Stalins Zeiten in Berlin im Nazi-Regime oder die Slansky – Prozesse in Prag (1952) oder die „Gerichte“ der katholischen Inquisition sind treffende Beispiele für diese „Geständnisse“ eigener Fehler, diese Geständnisse sind de facto, der Wahrheit folgend, nichts als Lügen. Diese „Lügner“ haben auch nach ihrem Geständnis keine Überlebenschance im totalitären System. Die Romane Kafkas, etwa „Der Prozess“, zeigen in dem Protagonisten Josef K. den „unschuldigen Schuldigen“, auch Josef K. wird trotz Unschuld aufgefordert, „doch bei nächster Gelegenheit das Geständnis zu machen“.

11.
Wenn das, was im Paradies zerstört worden sein soll, zerstörbar war, dann war es nicht entscheidend. War es aber unzerstörbar, dann leben wir in einem falschen Glauben“
(Oktavhefte, 30. Dezember 1917, S. 87.)

Ein Satz der die göttliche Schöpfung von Welt und Menschen (Adam und Eva) meint. Was wurde im Paradies von wem zerstört? Die Menschen zerstörten ihre gehorsame Bindung an Gott und wurden von ihm aus dem Paradies vertrieben. Diese Haltung des Ungehorsams kann durchaus als etwas Zerstörbares, also zu Überwindendes angesehen werden. Dann ist der Ungehorsam nicht wesentlich. Wenn aber diese gehorsame Bindung an Gott als etwas Unzerstörbares, also als Absolutes und selbst schon Göttliches angesehen wird? Dann können wir diese gehorsame Überzeugung nicht akzeptieren: Wer Gehorsam absolut setzt, führt in einen „falschen Glauben“…Da hat Kafka – auch aktuell – recht.

Siehe auch Kafka und Kant LINK

Copyright: Christian Modehn, www.religionsphilosophischer-salon.de

Immanuel Kant provoziert. Ein Dialog: Omri Boehm und Daniel Kehlmann,

Ein Hinweis auf ein Buch.

Von Christian Modehn am 26.2.2024.

1.
Omri Boehm, der Philosophieprofessor in New York und Daniel Kehlmann, der Bestseller – Autor (philosophisch gebildet), sprechen über Kant auf 300 Seiten. Und beide zeigen einander, natürlich auch den LeserInnen, wie sehr sie doch bestens mit Kants Denken vertraut sind und gemeinsam um viele Nuancen ringen im Verstehen seines Werkes auf hohem Niveau. Dabei dominieren (auch quantitativ) durchaus die Beiträge und Argumente Boehms.
Unter diesen anspruchsvollen Voraussetzungen entsteht ein Buch, das zwar „originell” ist, wie der Verlag schreibt, das aber nicht unbedingt „eine sehr zugängliche Annäherung an das Werk des großen Philosophen Kant“ bietet, wie der Verlag – werbend – betont.

2.
Kants Werk selbst ist – abgesehen für Fachphilosophen an den Universitäten – nun wirklich keine „leicht lesbare geistvolle Kost“. Aber das neue Buch mit dem Kant – Zitat als Titel „Der bestirnte Himmel über mir“ erleichtert doch etwas das Verstehen einiger (!) Aspekte der Philosophie Kants, vorausgesetzt: Man nimmt die Anstrengung des Mitdenkens auf sich und plant ausreichend Denk – Zeit beim Lesen ein! Dann gelangt man in weiteres eigenes kritisches Denken, Philosophieren genannt. Dies ist zweifelsfrei die Praxis der Philosophie.

3.
Warum aber Kant gerade jetzt? Nur weil wieder ein „runder Geburtstag“ ansteht? Nein, um diesen feuilletonistischen Rummel geht es wirklich nicht: Denn Kants Philosophie bietet grundlegende Einsichten in die Lebenspraxis der Menschen. Kants Philosophie zu bedenken, ist also kein beliebiges nettes kulturelles Hobby einiger Gebildeter. Sondern: Die alles humane Leben gründenden Strukturen des menschlichen Geistes werden durch Kant freigelegt und als gültig beschrieben. Diese im Geist der Menschen angelegten Strukturen können Orientierung bieten im Verstehen der eigenen ethischen Lebenspraxis, im Verstehen der Erkenntnis der Welt, des Ich, der Religion. Der große Philosoph Pierre Hadot nannte Kants Werk zurecht eine Lehre der Weisheit. Etwas besser weise werden, darum geht es doch, auch mit Kant. LINK.

4.
Das Buch trägt als Titel ein verkürztes Zitat Kants „Der bestirnte Himmel Himmel über mir“ (weiter sagt Kant: „Und das moralische Gesetz in mir erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht“). Das Buch der beiden Autoren geht auf Gespräche zurück, die am 30. und 31.Mai 2023 in Berlin stattfanden: Omri Boehm, der als Kant-Forscher natürlich wohl Deutsch versteht und spricht, redete aber erstaunlicherweise auf Englisch, so dass seine Beiträge ins Deutsche von Michael Adrian übersetzt werden mussten.
Das Buch hat 8 „Teile“, wie es heißt, also Kapitel, die aber ohne inhaltlich bezogene Titel auskommen. So herrscht dann auch der Eindruck vor, dass manche Themen aus früheren „Teilen“ später noch einmal aufgegriffen werden.
Bei dieser Argumentationsstruktur liegt es für eine Rezension nahe, nicht einen „Teil“ nach dem anderen vorzustellen. Vielmehr will ich – auch von eigenen philosophischen Interessen geleitet – einige zentrale Erkenntnisse der beiden Gesprächspartner vorstellen. Dass dabei nicht „alles“ inhaltlich „Wesentliche“ möglicherweise gesagt werden kann, ist klar. Es gibt aber einzelne Aussagen, sozusagen „Leitsätze“ der Gesprächspartner, die Erstaunen hervorrufen und Neugier wecken, wobei die LeserInnen eingeladen sind, sich in den jeweiligen Kontext dieser Sätze zu vertiefen.

5.
Daniel Kehlmann sagt zu Beginn Wesentliches über den Menschen Immanuel Kant: „Er war kein höflicher Wächter der Sittlichkeit, kein Produzent gewunden trockener Sätze, sondern ein Denker, vor dessen regelrecht anarchistischer Kompromisslosigkeit kein Stein auf dem anderen blieb.“ (Seite 12). Kehlmann bezieht sich dabei auf das Buch „Radikaler Universalismus“ von Omri Boehm, auch eine Kant -Interpretation, der Autor wird wegen des Buches während der Leipziger Buchmesse 2024 geehrt.  LINK
Interessant auch der weitere Hinweis: Kant sei ein „wacher, heiterer, lustiger Mensch“ gewesen. Das berichtet glaubhaft Kants Schüler Johann Gottfried Herder.
Omri Boehm legt von Anfang an allen Wert darauf, Kants kritisches Denken tatsächlich als eine „Revolution“ zu bewerten. Seine großen Werke verfasste Kant bekanntlich im Umfeld und während der Französischen Revolution, von der Kant förmlich hin – und hergerissen war. „Kant war mit seiner (philosophischen) Revolution in gewisser Weise fast völlig allein, in einer inneren Gedankenwelt“, betont Boehm (Seite 24). Und dies ist – kurz gefasst – jene Revolution, die Kant selbstverständlich „nur“ in seinem Denken leistete: Aber nur wenn das Denken sich wandelt, „revolutioniert“, können politische und ökonomische Wandlungen und Revolutionen geschehen…
Es gibt für Kant die Evidenzen: Der Mensch ist kein Tier. Der Mensch sollte sich vernünftigerweise einen Gott innerhalb des menschlichen Geistes suchen. Der Mensch darf auch nicht bei einem so genannten Übermenschen (Nietzsche) Zuflucht suchen. Sondern: Es geht Kant – geradezu grundlegend einfach – um den geistvoll handelnden und denkenden Menschen (vgl. S. 41).

6.
Religionsphilosophisch Interessierte werden schon auf den ersten Seiten des Buches zum „Erhabenen“ geführt. Boehm weist darauf hin, „dass die Erfahrung des kantischen Erhabenen uns für die Unendlichkeit öffne“ (S. 33). Und weiter: „Kant glaubte, dass wir jene wahre Unendlichkeit denken können“ (S. 37). Die wahre Unendlichkeit wird durch die Freiheit erfahren, die wiederum die Grundlage unserer Verpflichtung auf den Kategorischen Imperativ bildet.Das ist schon der „ganze Kant“.

7.
Vom Erhabenen bietet sich der Übergang zur schwierigen Frage nach Gott: Gegen alle tiefsitzenden Vorurteile sagt Omri Boehm: „Kant hat Gott selbstverständlich nicht hingerichtet, er hat vielmehr (nur) die Beweise für die Existenz Gottes sowie die Autorität Gottes komplett widerlegt.“ (S. 43).
Aber eine vernünftige Nähe und Verbindung zu Gott geschieht nicht durch autoritative Belehrung der Kirchen, sondern durch die Erkenntnis der inneren geistigen Verfassung jedes Menschen. Boehm sagt: „Wir glauben an Gott, weil wir in uns die absolute Forderung der Ethik vorfinden“ (S. 44). Und weiter: „Wir sind nicht an moralische Gesetze gebunden, weil Gott diese uns geboten hat, sondern wir glauben an Gott, weil uns das moralische Gesetz den Glauben gebietet“B (DS. 313). Das ist Kant: Das Erleben und Denken der inneren Wirklichkeit des Geistes führt zu Gott! Ein Gedanke, den der große katholische Theologe des 20. Jahrhunderts Karl Rahner in seiner transzendentalen Theologie realisierte. LINK.
Aber: Wenn man Gott dann als „Schöpfer“ auch dieser geistigen Strukturen im Menschen denkt, dann ist es doch letztlich (wieder) der schöpferische Gott, der da in uns wirkt…Dieser Gedanke wird leider in dem Buch von Boehm/Kehlmann nicht angesprochen…

8.
Die Ethik gebietet im Kategorischen Imperativ absolut, sie steht förmlich noch über dem, was die Menschen Gott nennen. Wenn man Gott – populär – mit der Qualität der Freiheit und des freien Handelns beschreibt, dann ist Gott als freies Wesen selbst auch noch den Gesetzen der Freiheit unterlegen. Dies sind Kants Überzeugungen, die er aufgrund seiner eigenen Definition von Erkenntnis eben nicht Erkenntnis und nicht Wissen nennen kann. Es sind für ihn Überzeugungen, immerhin.

9.
Die Gespräche Kehlmanns und Böhms über Kants Auseinandersetzungen mit Descartes, Hume und Spinoza finden wir philosophiehistorisch interessant, sie sind aber in unserer Sicht nicht notwendig, um die Aktualität Kants für heute zu entdecken. Da wäre das Thema „Kant der ewige Friede“ dringender gewesen…
Die Auseinandersetzung „Kant gegen Einstein“ ist für Physiker wahrscheinlich wichtig, in diesem Kapitel ,„Teil“, zeigen die beiden Gesprächspartner nur ihr glänzendes, förmlich ihr universales Wissen…
Im 4. „Teil“ wird noch einmal auf die Gottesfrage zurückgekommen (S.175 ff)…. Und im 5. „Teil“ wird über Kants Lehre von der Schönheit debattiert…

10.
Die Debatten im 8, dem abschließenden Teil sind aktuell wichtig. Das einleitende Wort Kehlmanns weckt im Blick auf die Kapitel zuvor ein gewisses Schmunzeln: „Lass uns etwas weniger abstrakt werden“ (S. 275).
Jetzt erklärt Boehm sozusagen die absolute Bedeutung des Kategorischen Imperativs, er verteidigt ihn entsprechend auch absolut. Auch hinsichtlich des Gehorsams der Bürger gegenüber den Gesetzen des Staates habe der „Kategorische Imperativ“ die höchste Autorität. „Wie schon gesagt, hat der Staat streng genommen überhaupt keine Autorität so wenig wie Gott…“(S. 312)…“Die Quelle der Verpflichtung den (staatlichen) Gesetzen zu folgen ist NIE die Autorität des Staates, die Quelle ist der Kategorische Imperativ, mithin meine eigene Autonomie“ (S. 312).

11.
Mit einer gewissen Bravour verteidigt Boehm Kants Überzeugung, dass absolut und in jedem Fall der Mensch verpflichtet ist, die Wahrheit zu sagen und auf gar keinen Fall zu lügen. Auch dann, wenn ich etwa einen Freund, einen zu unrecht Verfolgten, verstecke, aber die Polizei mich fragt: Haben Sie den versteckt? Boehm sagt selbst, dass er „auf dem Wert von Kants entsprechender Schrift „Über ein vermeintes Recht aus Menschenliebe zu lügen“ beharrt (S. 297). Boehm will also auch in dem Zusammenhang keine „verwässerten, wohlwollenden Kant – Interpretationen anbieten“ (S. 298). Lügen ist auch für ihn absolut und immer unmoralisch. „Kant könnte in dieser Situation (der angedrohten polizeilichen Suche nach dem Versteckten) GEWALT akzeptieren, aber keine Lüge“, behauptet Boehm. Er betont, „dass es für ihn ein Drahtseil ist, wenn ich auf dem Wert von Kants Schrift – Über ein vermeintes Recht aus Menschenliebe lügen – BEHARRE.“ (S. 297). Zuvor hatte Boehm schon gesagt (S. 289): „Ich bin nicht entsetzt darüber, dass Kant sagt, man sollte dem Mörder an die Tür die Wahrheit sagen“…

Nebenbei: Sehr viel differenzierter und einleuchtender argumentiert der Kant-Spezialist Professor Marcus Willaschek in seinem Buch „Kant – Die Revolution des Denkens“ auf Seite 106 zum absoluten Lügen – Verbot. Willaschek meint: Der befragte Mensch, der jemanden versteckt, könnte ja diese richtige Maxime haben: „Ich will nicht lügen, es sei denn, die Lüge ist das einzige Mittel, um ein großes Unrecht zu verhindern…“ . Diese Maxime hat vor dem Kategorischen Imperativ auch hinsichtlich ihrer „Verallgemeinbarkeit“ Bestand. zu Marcus Willaschek: LINK

12.
Überraschend, dass Boehm ausführlich auf die Verbindung Kants mit dem Denken Platons hinweist: Er meint: „Die Idee der Menschheit ist eine platonische Idee.“ ( S. 58). „Es gibt bei Kant einen durchgängigen Platonismus.“ (Ebd.) „Eine Offenheit für die Menschheit in jedem Menschen ist platonisch (S. 59).

13.
Boehm und Kehlmann äußern durchaus Kritik an einigen wenigen Erkenntnissen Kants, so würde Kant etwa in seiner Schrift“ Was ist Aufklärung“ Denken und Wissen vermengen. Auch die jetzt in den Vordergrund dringende Erkenntnis: Kant habe durchaus rassistische Positionen und einen Antisemitismus vertreten, wird von den Autoren besprochen: „Warum soll Kant als Privatperson nicht auch großen Unsinn reden?“, fragt Daniel Kehlmann (S. 67).
Oder: „Die kantische Lehre vom radikal Bösen hat noch niemand wirklich verstanden.“ (S.74). Denn „sie ist ziemlich undurchsichtig.“ (S.74.)

14.
Es irritiert, dass oft einzelne Sätze – etwa von Boehm – nicht zu Ende geführt werden und durch ein paar … ins Ungefähre entlassen werden. Wurde da gekürzt? Oder wurde der Gedanke abgebrochen, etwa wenn Boehm vom Gehorsam gegenüber den Gesetzen des Staates spricht: „Wenn man zu dem Schluss kommt, dass Rechtsstaatlichkeit die Freiheit nicht mehr gewährleistet, ist man nicht mehr durch den Kategorischen Imperativ daran gebunden, dem Gesetz zu folgen, ja man kann sogar die Pflicht haben …und dann folgen die drei Punkte, die wohl sagen: Dann soll man ungehorsam sein. (Seite 305).
An anderer Stelle aber die Verdeutlichung. „ Wenn man das Gesetz in die eigenen Hände nimmt, um die Freiheit zu verteidigen, muss das nicht gleich mit Terrrorismus gleichgesetzt werden.“ (S. 307). Boehm geht soweit, diese seine – wohl auch auf die gegenwärtige Politik im Staat Israel bezogene Aussage – mit Kant selbst zu verbinden: „In einem anderen Sinne ist Kant, weißt du was, fast schon ein Anarchist“ (304).

15.
Es irritiert auch, dass Boehm manchmal – jedenfalls in der deutschen Übersetzung seiner im Englischen vorgetragenen Erläuterungen – etwas oberlehrerhaft mit Kehlmann spricht, durch das häufige „schau mal“ oder „Weißt du was?“

16.
Nur zwei der Fragen, die ich gern Omri Boehm gestellt hätte:
– Warum wird in dem Buch nicht über Kants „Friedensschrift“ gesprochen? Ist sie etwa nicht aktuell?
– Und philosophisch gefragt: Die Wahrnehmung der geistigen Strukturen, die das begreifende und erkennende Welt – Verhältnis der Menschen konstituieren, bezieht sich zweifellos auf geistige Strukturen, etwa auf ein Apriori: Diese aber werden dann benannt und begrifflich erfasst: Ist dieses Wahrnehmen des “Nicht sachlich -Objekthaften“ aber eine Erkenntnis, gar ein Wissen, das der (doch sehr engen) Erkenntnis – und Wissens – Definition von Kant standhält?

17.
Gibt es ein Fazit? In wenigen Worten ist dies schwer zu sagen. Nur das so viel:Es geht Kant in seinem „revolutionären Denken“ um nichts anderes als um die Verteidigung der Freiheit des Menschen. Sie ist das Wesentliche, sie bestimmt alle Lebenspraxis, die als Lebenspraxis ethisch sein kann. Der Mensch ist ein freies und vernünftiges Wesen, der Mensch hat Anteil an der geistvollen „allgemeinen, also allen gemeinsamen Menschheit“. Er hat im Kategorischen Imperativ einen formalen Maßstab, um sein Leben ethisch und religiös – vernünftig zu gestalten. Menschen als kluge Tiere zu definieren, entfällt also völlig für Kant. Auch der heutige üblich gewordene philosophische Naturalismus wird von Kant zurückgewiesen.
Insofern ist und bleibt Kant ein Lehrer der umfassend humanen Weisheit, auch wenn einige seiner Thesen und Erkenntnisse, wie gezeigt, heute korrigiert werden und nicht mehr gültig sind. (Rassismus, Antisemitismus…)

Omri Boehm und Daniel Kehlmann, „Der bestirnte Himmel über mir. Ein Gespräch über Kant“. Propyläen Verlag, Berlin, 2024, 352 Seiten, 26 €.

Viel beachtet wird unser Beitrag über Kants Vorschlag für eine vernünftige christliche Religion, LINK

Copyright: Christian Modehn, www.Religionshilosophischer-Salon.de

 

 

Kant – In chaotischen Zeiten vernünftiger werden…

Eine Sonderausgabe des „Philosophie Magazin“ zum 300.Geburtstag von Immanuel Kant

Ein Hinweis von Christian Modehn am 13.2.2024

Eines sollte unbedingt von vorn herein klar sein: Wer sich mit Kants philosophischen Einsichten jetzt befasst, widmet sich nicht einem irgendwie beliebigen Thema der Philosophie(geschichte). Wer sich mit Kants philosophischen Einsichten befasst, entdeckt auch noch heute gültige Grundstrukturen geistigen Lebens, entdeckt die Vernunft, den Geist, die Sinnlichkeit, die vernünftige Religion, die Suche nach einer universalen Friedensordnung. Und das alles nicht als akademisches Räsonieren. Sondern als Hilfe im Leben, gerade heute, in einer zunehmend verrückter werdenden Welt.

1.
„Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“: Diese dringende Empfehlung des Philosophen Immanuel Kant, geradewegs an alle Menschen adressiert, gilt natürlich auch, wenn es um Begegnungen mit Kants eigenem Denken geht: Man möchte also sagen: „Habe den Mut, Kant zu lesen und dabei und danach mit ihm zu denken, um die Welt und dich selbst besser und tiefer zu verstehen.“

2.
Denn eigenes Philosophieren ist die Praxis der Philosophie (so wie Malen die Praxis der Kunst ist) bedeutet also gerade nicht ein nettes Hobby einiger Unentwegter. Philosophieren als kritisches Reflektieren gehört sozusagen zum „Wesen“ der Menschen. Man kann als Mensch menschlich (auch glücklich) leben, ohne die Erkenntnisse der Mineralogie oder die Feinheiten der anorganische Chemie verstanden zu haben. Man kann aber nicht richtig menschlich leben, ohne einige zentrale Erkenntnisse des Philosophen Immanuel Kant als sein Eigen zu bezeichnen. Das ist eine steile These von mir, die sich aber dann bestätigt, wenn man zentrale Erkenntnisse in aller Ruhe bedenkt und dann versteht und als Lebensorientierung in der Praxis gestaltet.

3.
Es ist nach diesen wenigen Sätzen doch so: Das Philosophieren und das Denken mit Kant bedarf heute (leider!) förmlich einer eigenen Verteidigung.

4.
Wer also bisher um Kants Denken einen weiten Bogen gemacht hat, vielleicht, weil er/sie den Vorurteilen der schweren Verständlichkeit seiner Bücher folgte, hat nun die Chance, langsam und behutsam Überraschungen des Denkens mit Kant zu erleben: Dazu bietet die Sonderausgabe des „Philosophie Magazin“ eine sehr gute Möglichkeit. Auf 114 Seiten hat die verantwortliche Redakteurin Theres Schouwink unterschiedliche Beiträge zusammengestellt: Zitate von „Prominenten“ zur Bedeutung Kants als Einstieg, biografische Hinweise, die deutlich machen, wie sehr Kant doch an intensiven Freundschaften mit Männern interessiert war, bei Bekanntschaften mit Frauen „wartete Kant zu lange, um ihnen einen Heiratsantrag zu machen“ (S. 17). „Was ist guter Sex, Herr Kant“ fragt die Philosophin Manon Garcia (S. 75 f.). Im Mittelpunkt steht Kants Überzeugung: Jeder Mensch ist Selbstzweck, kein Mensch darf von anderen als bloßes Mittel – auch in den sexuellen Begegnungen – gebraucht bzw. missbraucht werden.
Wichtiger sind im Heft die Hinweise auf die „Quellen der Inspiration“, also auf Philosophen, die Kants Denken erst so richtig in Schwung brachten. „War er Genie, ein Spinner, vielleicht sogar ein Rassist?“ heißt eine provozierende Frage, die im Interview mit der Literaturwissenschaftlerin Gayatri C. Spivac eine Antwort findet.

5.
Wichtiger sind die Interviews mit PhilosophInnen und Philosophen zu zentralen Erkenntnisse Kants: Grundlegend das Gespräch mit Omri Boehm, er erhält am 20.März 2024 auf der Leipziger Buchmesse den „Buchpreis zur europäischen Verständigung“ (wegen seines Buches „Radikaler Universalismus. Jenseits der Identität“).
Im Gespräch mit Theresa Schouwink wird klar: Kant fordert uns auf, die Gesetze der Staaten, auch der sich demokratisch nennenden, kritisch zu prüfen: Massstab dabei ist: Fördern die Gesetze und garantieren sie die Menschenwürde aller (!) Menschen – oder nur einer Elite bzw. einer ökonomisch bzw. religiös machtbesessenen Gruppe. Ist das nicht der Fall, ist Ungehorsam des Bürgers geboten… Omri Boehm, israelisch – deutscher Philosoph, sieht in der Freiheit der Menschen den absoluten Mittelpunkt, den es zu verteidigen gilt. „Freiheit definiert sich nicht in erster Linie über die Fähigkeit zu wissen, sondern über die Fähigkeit, moralischen Vorstellungen zu folgen“ (S.21). Und diese moralischen Vorstellungen sollen niemals im Dienst einer Gruppe, also einer bestimmten „Identität“, stehen, sondern die Menschenwürde aller, auch der bisher Rechtlosen, aufbauen und pflegen. In dem Zusammenhang ist die Kritik Boehms an der Regierung des Staates Israel gegenüber den Palästinensern im Westjordanland sehr inspirierend…(S. 20 f.): „Auch die israelische Selbstverteidigung muss jetzt unter Einhaltung des Völkerrechts (von Boehm kursiv gesetzt) erfolgen“, vernünftige Forderungen, ohne Wirkungen allerdings, bei dieser Regierung Netanjahus!

6.
Das Kant Heft des Philosophie-Magazins erläutert vor allem die drei großen Hauptschriften Kants, in denen es um die Grundlegung von vernünftiger Erkenntnis und Denken geht sowie um die Fragen der Moral: Diese stehen für Kant im Mittelpunkt seines Denkens: Kant will die Lebenspraxis der Menschen erklären und durch die Freiheit, die jeden Menschen als Menschen auszeichnet, in vernünftige Bahnen führen. Dazu gehört auch Kants Schrift „Zum ewigen Frieden“ von 1795. Der Philosoph und Musikwissenschaftler Friedrich Weißbach bietet auf drei Seiten einen Essay, der sehr gut und nachvollziehbar die bis heute aktuellen Vorschläge Kants für einen „ewigen Frieden“ darstellt! Dabei fehlt es nicht an kritischen Hinweisen zum Kant – Text, etwa zu den „Lobpreisungen“ Kants für die „friedensstiftenden Formen des Handels“ (S. 66). Wichtig vor allem Kants Forderungen zur „Hospitalität“, zur gastfreundlichen Aufnahmebereitschaft von Fremden: „Kants Konzept einer Hospitalität kann als Vorläufer des modernen Asylrechts gelesen werden“, schreibt Friedrich Weißbach (S. 67 über diesen Kant Text, den er als „Meilenstein in der Philosophiegeschichte“ bezeichnet (ebd.). Mit den politisch – ökonomischen Bedeutungen von Kants Erkenntnissen befasst sich das Interview mit der in London lehrenden, aus Albanien stammenden Philosophin und Autorin Lea Ypi. LINK.

7.
Über den „Begriff des Bösen“, zentral im Denken Kants, informiert ein Interview mit der Philosophin Susan Neiman (Potsdam). „Das Ringen damit, wie man eine Welt ertragen kann, in der Tugend und Glück auseinanderfallen (also das glücklose Leben des tugendhaften Menschen, C.M.), war ein zentrales Thema für Kant.“ (S. 62). „Ohne einen Versuch, das Böse zu verstehen, werden wir es nie beseitigen oder bekämpfen können“ (S. 63).

8.
Zum Schluß: Unter den 10 größeren Beiträgen über Kant noch eine Empfehlung: Das Interview mit dem Tübinger Philosophen Otfried Höffe scheint mir besonders geeignet zu sein, gerade den „Kant-Angfängern“ Wesentliches im Denken Kants gut nachvollziehbar zu erschließen.

9.
Für uns im „Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salon Berlin“ ist es natürlich von besonderem Interesse, dass Otfried Höffe wie andere Interview-Partner auch am Rande auf das Religionsverständnis Kants hinweist. Das sollte man ab sofort sich einprägen: Kant war kein Zerstörer „der“ christlichen Religion, auch wenn er es ausschloss, dass im Rahmen einer Metaphysik die Menschen zur wissenschaftlichen Erkenntnis Gottes („Gottes – Beweise“) kommen können. „Aber Religion hat die Moral der Menschen zu fördern“ (S. 101), meint Kant, und: „Gott wird als Schöpfer der Welt gedacht“ (ebd.). LINK zu einem Hinweis von Christian Modehn zu Kants”Religionsschrift”.

10.
Leider wird Kants wichtige Publikation „Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“ (von 1795) im Kant -Heft des Philosophie -Magazins nur so zwischendurch, eher am Rande, gewürdigt, etwa durch die Literaturwissenschaftlerin Gayatri C. Spivak: „Die Art und Weise wie Kant mit dem Christentum umgeht und Christus als Lehrer beschreibt, ist wunderbar zu lesen…“ (S. 87). Man fragt sich als religionsphilosophisch Interessierter: Ist das „an den Randstellen“ des religionsphilosophischen Themas vielleicht Ausdruck eines Vorurteils, vielleicht einer Laune oder einer ideologischen Fixierung?
Dabei weiß jeder und jede, dass ohne ausführliche kritische Auseinandersetzungen mit den Religionen und auch mit der Frage nach dem Göttlichen etc. die heutigen Probleme der Welt und der Menschen kaum angemessen in den Blick genommen werden können.

Kant. Eine Sonderausgabe des “Philosophie Magazin”. 114 Seiten, 11,90 €.  www.philomag.de

Copyright: Christian Modehn, www.religionsphilosophischer-salon.de

 

Kafka und Kant: Was sie verbindet, was sie trennt!

Trennendes und Gemeinsames von Dichtung und Philosophie: Nur ein Hinweis.

Von Christian Modehn am 11.2.2024

Ein Vorwort als Ergänzung am 3.3.2024:
Ein Freund hat uns gefragt: Warum wir denn auf die Idee kamen, „Kant und Kafka“ als ein Thema eines unserer philosophischen Hinweise zu wählen. Und er fragte, offenbar ein übliches Klischee bedienend, „ist diese Kombination Kant – Kafka nicht selbst ein bißchen kafkaesk“?

Mag sein, aber gerade in dieser Form einer außergewöhnlichen Zusammenstellung zweier sehr unterschiedlicher Denker wird vielleicht das besondere Profil des Philosophierens und damit der Philosophien im Unterschied zur Literatur und der Poesie deutlich. Damit befassen sich etliche Philosophen, wie etwa Michael Hampe…

Es ist eine Tatsache, dass Kafka – durchaus philosophisch – in seinen Aphorismen zum Beispiel „die Formen der Skepsis , der Ironie und des Zweifels nutzt“. Aber, und das ist der Unterschied zu Kant, Kafka nutzt sie „NICHT als Werkzeuge zur Beförderung der Wahrheit, sondern im Hinblick auf die Brüchigkeit jeglicher Erkenntnis.“ (Quelle Peter – André Alt, Franz Kafka als Aphoristiker“, in Fran Kafka Betrachtungen …“ C.H.Beck Verlag 2007, S. 81). Die Aphorismen Kafkas seien Zeugnis eines „scheinbar nicht regelgeleiteten Denkens“ (ebd. S. 83).

ABER:
Es gibt ein Leitmotiv, das Kafka und Kant verbindet.
Zu Kafkas Leitmotiv in der Sicht des Kafka – Forscher Peter – André Alt:
„Bei aller thematischen Verschiedenheit der Aphorismen bleibt ein Leitmotiv für sie bestimmend: die Vorstellung einer Welt – Ordnung, deren Bedeutungen nur noch als Requisiten und Zeichen früherer Ganzheit existieren, ohne dass sie uns zu orientierenden Handlungsanleitungen verhelfen.“(Quelle ebd. S. 85).
Zu Kants Leitmotiv: Seine kritische Philosophie leistet einen „revolutionären Neubeginn“ angesichts der Widersprüche bisheriger Metaphysik, diese bietet keine „orientierenden Handlungsanleitungen mehr“. In dieser Ablehnung der alten überlieferten Werte (Unwerte) treffen sich Kant und Kafka. Nur: Kant war überzeugt, vernünftige, auch universell geltende Antworten zu den grundlegenden menschlichen Fragen geben zu können.

Vielleicht gibt es aber einen Aphorismus Kafkas, der entfernt an Kants Lehre von der absoluten Zurückweisung der Lüge erinnert:
Kafka schreibt in seinen „Oktavheften am 8. Dezember 1917: „ Man darf niemanden betrügen. Auch nicht die Welt um ihren Sieg“. (Quelle, ebd. S 54).

…………………….

1.
Kafka und Kant: Beide werden in diesem Jahr 2024 wegen ihrer „runden Gedenktage“ vielfach bedacht, besprochen, gefeiert, kritisiert, vor allem: mit einer Bücherflut hoffentlich geehrt:
Franz Kafka ist vor 100 Jahren gestorben (am 3.Juni 1924), Immanuel Kant wurde vor 300 Jahren (am 22.4.1724) geboren.

2.
Natürlich ist das Zusammentreffen der beiden runden Gedenktage von zwei doch sehr bedeutenden Autoren eher Zufall. Dennoch verführt diese Tatsache zu einigen Überlegungen, die hier angedeutet werden. Sie führen zu weiteren Reflexionen über „wesentliche Merkmale“ von Literatur und „wesentliche Merkmale“ von Philosophie. Dabei ist von vornherein klar, dass es viele AutorInnen und damit unterschiedliche „wesentliche Merkmale“ gibt. Bei den beiden, Kafka und Kant, scheint jedoch unser Thema besonders „zugespitzt“ zu sein.

3.
Kafkas literarisches Werk ist alles andere als eindeutig. Es gibt bekanntlich nicht die eine Deutung etwa seiner großen Romane, Deutungen, die man als die „wahre“ Interpretation bezeichnen könnte. Kafkas Werk hinterlässt beim Leser nicht zuletzt wegen der Komplexität seiner Erzählweise immer Erstaunen, Fragen, Verwirrung. Bei der zweiten und dritten Lektüre eines Kafka Textes wird die Klarheit vielleicht etwas deutlicher, aber Offenheit und Vieldeutigkeit bleiben bestehen.
Damit darf man wohl sagen: Kafkas Werk ist, wiederum zugespitzt gesagt, typisch für das, was Kunst im allgemeinen bedeutet: Die Bedeutung oder gar Wertigkeit literarischer Texte, Gemälde, Symphonien, also „der Kunst“, ist nie eindeutig festzulegen. Kunst ist immer Offenheit und Vieldeutigkeit … zumal im Laufe der langen Geschichte der immer subjektiven Interpretationen. Es gibt vielleicht literarische Werke, die in ihrer Aussage sehr klar und fast eindeutig sind: Gilt das etwa für die Theaterstücke von Bert Brecht? Dies ist eine Frage. Aber zeigen nicht die unterschiedlichen Inszenierungen seiner Stücke auch wiederum die Vielfalt der Deutungsmöglichkeiten?
Und gibt es nicht auch literarische Texte, die sich explizit und deutlich dem eindeutigen Verstehen entziehen wollen, wie die Haikus oder die Koan – Sprüche aus der Zen – buddhistischen Tradition. Und die Poesie, auch im europäischen Raum, wie ist es da? Sind etwa die Gedichte von Paul Celan eindeutig auszulegen?
Dabei muss beachtet werden: Franz Kafka hat als Jurist bei der „Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt (dort war er von 1908 – 1922 angestellt) selbstverständlich „Schriftsätze, Begründungen etc. von großer juristischer Qualität geschrieben… und zwar gedanklich klar, sprachlich präzise“, wie Bernhard Schlink in der SZ vom 10.2.2024 klarstellt. Mit anderen Worten: Die Arbeit als Jurist war eine Dimension, in seiner Literatur wählte Kafka offene, widersprüchliche, ja „mysteriös“ erscheinende Formulierungen. Kunst, so darf man sagen, war für Kafka, das Offene, Vieldeutige, Verstörende. Ob Kafka Immanuel Kants Werke gelesen hat, ist unwahrscheinlich, nach den Recherchen zu „Kafkas Lektüren“. (https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-476-05276-6_2)
Und Kant, welche Romane seiner Zeit hat er gelesen? Welche Kunstwerke liebte er? Das ist eine – für mich bis jetzt noch – offene Frage.

4.
Und wie ist bei den Philosophen mit der Deutlichkeit, wenn nicht der Eindeutigkeit der Formulierungen bestellt? Wer sich durch Kants doch eher sehr anstrengende Sprache – etwa in seinen Hauptwerken – förmlich „hindurchgearbeitet“ hat und manche Sätze vielleicht mehrfach zum Verstehen lesen musste: Der hat doch eine ziemlich eindeutige Klarheit gefunden, selbst wenn Kant etwa den „Kategorischen Imperativ“ in mehreren Formulierungen ausspricht. Und wer einmal verstanden hat, dass Kant traditionsreiche Begriffe mit neuen Bedeutungen verwendet, wie etwa das Wort „transzendental“, der hat dann wirklich den Durchblick. Mit anderen Worten: Kant lag daran, größtmögliche eindeutige Klarheit in seinen Werken zu liefern, wobei man natürlich die Entwicklung des Denkens von Kant in all den Jahren berücksichtigen muss.

5.
Dieses bei Kant offenkundige Bemühen um ein eindeutiges, klares Verstehen (etwa seine Differenz von Erkennen, Wissen und Denken), ist wenige Jahre später etwa bei Hegel nicht mehr so deutlich gegeben. Hegel hat sogar eine Freude daran, einen gewissen Tiefsinn alltäglicher deutscher Begriffe zu pflegen, etwa bei dem Verb „aufheben“, und dieses im Sinne von neu – „bewahren“ („gut aufgehoben“…) zu verstehen.

Ist aber auch das Bemühen um eindeutiges Verstehen immer bei allen sichtbar? Bei Nietzsche bestimmt nicht, er wird von vielen Kennern eher auch als literarischer Philosoph angesehen mit einer Freude an glänzend erscheinenden Sätzen und Aphorismen. Und beim späten Heidegger wird man wahrlich nicht das Bemühen wahrnehmen, in der vollen Klarheit eindeutig verstehbarer Begriffe zu gebrauchen. Das macht ja bekanntlich auch das Leiden aller Heidegger Übersetzer aus. Bei Wittgenstein ist dann wieder das schon fast exzentrische Bemühen um Eindeutigkeit der eigenen philosophischen Sätze zu sehen.

6.
Die Frage ist: Dem Schriftsteller, dem Romanautor, dem Poeten, geht es meist nicht um das Sich-Einhegen in eine absolut andere „Phantasiewelt“, selbst wenn diese dann noch in einer logischen Struktur folgenden Sprache verfasst ist.
Wichtig aber ist: Schriftsteller, Romanautoren, Poeten, sie alle wollen Leben deuten, den Weltzusammenhang oder das Welten – Chaos auf ihre Art beschreiben. Also, es geht ihnen darum, Impulse zur Reflexion über das Dasein im Ganzen zu bieten. Und das Dasein selbst ist vieldeutig, schon erlebt in der Selbstwahrnehmung der Widersprüchlichkeit im einzelnen Menschen.
Und genau das trifft auch für die Philosophien zu: Philosophen sind meistens NICHT Leute, die sich in abstrakten Begriffswelten, fern jeder Lebenserfahrung, bewegen. PhilosophInnen plädieren vielmehr – wie Kant – fürs Selberdenken und zeigen in ihren Werken, wie dies bei einzelnen Themen und Fragen geschehen kann.
Dabei ist auch klar, dass diese ihre Themen und Fragen so umfassend, so in die Tiefe führend sind, dass PhilosophInnen dem gedanklichen Prozess kaum den adäquaten eindeutigen sprachlichen Ausdruck geben können. Eindeutigkeit gibt es wahrscheinlich nur in der Mathematik.
Und philosophische Begriffe wie Transzendenz, das Unbedingte, das Sein, das Sollen, der Wert usw. haben bei jedem Leser eine andere inhaltliche „Füllung“, die erst in der Lektüre des Textes etwas erweitert oder korrigiert wird.

7.
So scheint es, Schriftsteller und Dichter einerseits und Philosophen andererseits haben vieles gemeinsam im Ringen um einen adäquaten Ausdruck der Lebensdeutung und der Erkenntnis des so widersprüchlichen Lebens. Aber bei Philosophinnen ist das Bemühen um Eindeutigkeit der Sprache sehr viel stärker als „Arbeitsvoraussetzung“ vorhanden als bei Poeten. Und das hat vielleicht auch damit zu tun, dass philosophische Texte meist nicht den Anspruch haben, von den Formulierungen her oder dem Aufbau des Textes „schön“ sein zu müssen. Die offene, die mehrdeutige Sprache der Literaten und Poeten, gerade indem sie offen und mehrdeutig ist, ist gerade dabei auch dem Anspruch von „Schönheit“ verpflichtet.

8.
Entscheidend ist auch ein weiterer Unterschied: Dichter und Schriftsteller erzählen Geschichten von einzelnen oder von Gruppen, sie wollen den einzelnen Menschen aussagen in seinem Lebensentwurf. Aber sie können dies auch wieder nur in der Sprache des Allgemeinen, und zwar zurecht, weil der einzelne immer Teil der allgemeinen Menschheit ist. Philosophen erzählen meist nicht Geschichten von einzelnen Menschen, sondern sind Reflexionen über allgemein geltende Zusammenhänge und allgemeine „Prinzipien“. Dass ein Philosoph „Ich“ sagt in seinen Werken, ist eher die Ausnahme. Man prüfe, wie oft Kant in seiner „Kritik der reinen Vernunft“ „ich“ sagt, also von sich selbst als Immanuel Kant spricht.

9.
Literatur, Romane, Gedichte… geben immer zu denken, denn sie führen ins Offene, machen vieles frag-würdig. Dadurch sind Romane und Gedichte oft auch philosophische Inspirationen für die Lebensgestaltung. Die  LeserInnen glauben, etwa „das Böse“ in einzelnen Protagonisten  (etwa in Dostojewskis Romanen) sehen und verstehen zu können. Ob die philosophischen Reflexionen – etwa über das Böse – immer eindeutiger und klarer und durchsichtiger sind als die Literaturen, ist oft eine Frage.

10.

Vielleicht sind literarische, poetische Texte und philosophische Texte gar nicht so weit voneinander entfernt!

Über den Zusammenhang von Literatur und Philosophie hat der Philosoph Michael Hampe ein sehr lesenswertes Buch veröffentlicht, auf das wir schon 2015 hingewiesen haben. LINK:

Copyright: Christian Modehn, www.religionsphilosophischer-salon. Berlin.

Alfred Grosser – Jude, Agnostiker, ein Freund der Christen: Ein freier Geist.

Am 7.Februar 2024 ist der Politologe und Förderer der deutsch-französischen Beziehungen in Paris gestorben.

Ein Hinweis von Christian Modehn.

1.
Ein viel zu kurzer Hinweis auf einen Denker der Weite, der Toleranz, der Freundschaft: Alfred Grosser, Politologe und Förderer deutsch – französischer Begegnungen, ist am 7. Februar 2024 in Paris im Alter von 99 Jahren gestorben. Er ist einer der wichtigen Brückenbauer im deutsch-französischen Gespräch: Professor Alfred Grosser arbeitete als Politologe an der berühmten Fakultät für Politologie in Paris, in Frankreich nur „Science Po“ genannt. 1925 wurde Grosser in Frankfurt am Main geboren, als Jude musste er 1933 nach Frankreich flüchten.
Über Details zu seinem Leben und Arbeiten kann man sich etwa bei wikipedia weiter informieren und seine Bücher – auch auf Deutsch – wieder einmal lesen.

2.
Für uns im Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salon Berlin ist es besonders wichtig, noch einmal an das große Interesse zu erinnern, das Grosser am Dialog mit religiös Glaubenden hatte, vor allem mit Christen. Alfred Grosser war mit einer Katholikin verheiratet, eine sozusagen auch inter – religiös fruchtbare Mischehe. Dabei sagte Grosser immer klar, was ihn an den Christen stört, etwa in seinem Buch “Les Fruits de leur arbre”, “Die Früchte von ihrem Baum“. Das Buch hat den Untertitel: „Ein atheistischer Blick auf die Christen“ ( Presses de la Renaissance, 2001).

3.
Humanistische Moral am wichtigsten!
In dem genannten Buch geht es Grosser auch positiv um eine Verbindung von humanistisch – atheistischer Moral mit christlicher Moral: Die Begegnung kann fruchtbar werden, wenn beide ethischen Entwürfe absolute Sicherheiten und absolute Dogmen zurückweisen und den Respekt für den anderen, den Fremden, als absoluten Mittelpunkt sehen. In dieser Haltung wird jeglicher ethische Relativismus überwunden, meinte Grosser. Darum unterstützte er auch die soziale Arbeit des katholischen Priesters Abbé Pierre und seines Hilfswerkes EMMAUS: Grosser schreibt: „In den Augen der Nicht – Gläubigen vertrat Abbé Pierre ein wirklich gelebtes Christentum“, so in dem Buch „Wie anders ist Frankreich?“ (C.H.Beck Verlag , 2005, S. 135). In diesem Buch spricht Grosser, freimütig und kenntnisreich, vom Zustand der Katholischen Kirche in Frankreich: „Sie scheint in mancher Hinsicht dem Untergang nahe“ (S. 185), er denkt dabei vor allem an den Mangel an qualifiziertem, aufgeschlossenen Personal, also an Priestern. Und Grosser hat selbstverständlich den Mut, auch den damaligen Pariser Kardinal Lustiger zu kritisieren, hinsichtlich seines sehr konservativen autoritären, so wörtlich von Grosser „überheblichen“ Herrschens in der Pariser Kirche (S. 186).
Aber es ist auch ein Beispiel für die Weite eines Teils der katholischen Presse in Frankreich, dass Alfred Grosser regelmäßig Kommentare für die katholische Tageszeitung „LA CROIX“ in Paris schrieb.

4.Kritik am Staat Israel:
In seinem Buch „Wie anders ist Frankreich? “ spricht Alfred Grosser auch von der Beziehung zu den Palästinensern: „Wenn Christen ihre Nächstenliebe auf die hungernden und hoffnungslosen Palästinenser ausdehnen, werden sie da zu Antisemiten? Wie in Deutschland der Rat der Juden, so erliegen in Frankreich die zentralen jüdischen Organisationen ständig der Versuchung, diese Frage zu bejahen. Als sei der Zionismus die einzige Verkörperung des Judentums…“
Und der SPIEGEL schreibt am 8.2.2024: LINK„: In den letzten Jahrzehnten positionierte sich Grosser vor allem als streitbarer Israelkritiker. Immer wieder mahnte er scharf die Haltung deutscher Regierungen mit Israel an, die er als zu unkritisch in Bezug auf Israels Umgang mit den Palästinensern empfand. Eine Rede Grossers zu einer Gedenkfeier an die Pogromnacht in der Frankfurter Paulskirche drohte 2010 zum Eklat zu werden. Mitglieder des Zentralrats der Juden hatten gedroht, den Raum zu verlassen, falls Grosser »ausfallend gegenüber Israel« werden würde. Der Skandal fiel dann aus, der Zentralrat blieb im Raum. Trotzdem forderte Grosser die »Anerkennung des Leidens der anderen« und konkretisierte, was er damit meinte: Man müsse – auch von jüdischer Seite – ein Minimum von echtem Mitgefühl zeigen »für das große Leiden in Gaza“.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.

Karl Rahner – ein Modernist und liberaler Theologe ?

Gott als Geheimnis. Der christliche Glaube ist einfach. Die Liebe ist alles.

Ein Hinweis von Christian Modehn … anläßlich der Rahner Gedenktage 2024: Am 5. März 1904 geboren, Karl Rahner starb am 30. März 1984.

Wegen einiger Nachfragen ein kurzes Vorwort, förmlich eine Zusammenfassung des ganzen Hinweises, verfasst am 27.2.2024:

Man beachte bitte das ungewöhnliche Profil des theologischen Denkens Karl Rahners: Es fällt förmlich aus dem Rahmen des Üblichen-Katholischen in der Mitte des 20. Jahrhunderts; selbst wenn Rahner sich in einigen seiner Aufsätze doch als klassischer, dogmatisch üblich-korrekter Theologe zeigte. Aber der entscheidende Grundansatz von Karl Rainers Theologie ist ungewöhnlich und neu und bleibend wegweisend. Darum in diesem kurzen Vorwort eine Art theologische Leitlinie zur Theologie Karl Rahners:

—„Das Christentum ist in seinem Wesen die Subjektivität des begnadeten Menschen von Gott her und auf Gott hin.“ (So Rahner, etwa im Lexikon Sacramentum Mundi, Stichwort: Christentum).
Rahner will sagen: Wer den christlichen Glauben verstehen will, muss die Strukturen und Dimensionen des menschlichen, subjektiven Geistes verstehen. In ihm ist alles „Inhaltliche“ schon enthalten, was der christliche Glaube bedeutet.
Diese Position erinnert an die theologische Schule des „Modernismus“ obwohl Rahner natürlich aus Furcht vor Verfolgungen durch Rom alles tat, um den Eindruck zu vermeiden, er sei ein – in römischer Sicht immer noch häretischer – Modernist. Aber, so meine These, er war es de facto in gewisser, seiner Weise. Und war gerade deswegen kreativ!

—Man beachte hier die Bindung Rahners an die Transenzendentalphilosophie, auch Immanuel Kants. „Rahner und Kant“ wäre ein wichtiges und vielleicht mal neu zu gestaltendes Thema im Jahr 2024, dem großen „Kant – Gedenken“.

—Diese Einordnung und Bindung der katholischen Theologie in die neuzeitliche Subjekt-(Transzendental)-Philosophie ist die entscheidende originelle Leistung Rahners.

— Der christliche Glaube ist also für Karl Rahner nicht eine große dogmatische Lehre, sondern eine innere, subjektive Erfahrung des einzelnen.

— Von daher ist die Verbundenheit des Glaubenden mit äußeren historischen Tatsachen (wie der Geschichte Jesu von Nazareth, in einigen Aspekten dargestellt im Neuen Testament) nicht mehr als ein Ausgangspunkt, aber nicht der erlebbare und erfahrbare Mittelpunkt des Glaubens. Wie kann der Mensch sich denn auch an eine Gestalt (Jesus von Nazareth) binden, die vor 2000 Jahren verstarb und historisch so fern ist?

Um einen Ausweg zu zeigen: Karl Rahner wollte die universale Dimension des christlichen Glaubens darstellen, die gegründet ist in der Verbundenheit mit dem Göttlichen in jedem Menschen.

Deswegen wird auch verständlich, dass Karl Rahner – nach dem Eindruck der Lesenden – sehr wenig Bibelzitate nennt in seinen Aufsätzen und Beiträgen und Büchern: Das ist meines Erachtens überhaupt kein Mangel, denn Rahner denkt aus dem Ereignis, dass die frühe Kirche Jesus von Nazareth als Menschen der ganz besonderen Verbundenheit mit Gott verstand. Und dieser Mensch Jesus mit der besonderen Verbundenheit mit Gott zeigt: Alle Menschen immer und überall sind auch mit Gott ewig verbunden. Und die Auferstehung Jesu zeigt nur: Das Ewige im Menschen – die geistige Verbundenheit mit Gott – ist stärker als die Macht des Todes. LINK

…………

1.
An einen katholischen Theologen, der tatsächlich auch heute das Prädikat bedeutend verdient, muss erinnert werden, an Karl Rahner.
Warum gerade an ihn? Weil Karl Rahner als einer der wenigen europäischen Theologen des 20. Jahrhunderts einen eigenen theologischen Ansatz hatte, weil er also kreativ war in Zeiten katholisch – theologischer Versteinerungen und Verdächtigungen, er eröffnete neue Dimensionen des theologischen Denkens, also er ermöglichte geistvolles Leben und er gab Impulse für (religions-)philosophisches Denken. Denn Rahner war philosophisch nicht nur gebildet, sondern hoch begabt. Und wer seine Beiträge liest, weiß: Da spricht ein philosophisch Denkender, man möchte sagen ein spekulativ denkender Theologe. Auch deswegen interessiert uns nach wie vor Karl Rahner.

2.
Dabei wissen wir: Karl Rahner hat nicht nur ein äußerst umfangreiches Werk hinterlassen, in dem auch seine eigener „typischer“ und nach wie vor theologisch wegweisender Ansatz enthalten ist, davon wird gleich nach einmal die Rede sein. Dass viele seiner Texte manchen viel Mühe machen bei der Lektüre, ist bekannt.
Vor allem auch dieser kritische Hinweis: Karl Rahner war als Jesuit eben auch immer dem Aufbau dieser faktischen römisch-katholischen Kirche eng verbunden und damit auch dem Lehramt, so sehr er auch die Macht Roms öffentlich heftig kritisierte. War es Hass – Liebe? Das würde ein Jesuit niemals zugeben… Aber Rahner wollte als ein Seelsorger dann doch die Katholiken sozusagen auferbauen in allerhand spirituellen Meditationen oder vielen Reflexionen etwa zu Maria oder zum Ablass oder zu Detailfragen der katholischen Messe und so weiter.
Karl Rahner gönnte sich kaum Erholung, man erinnere sich an sein Wort, dass er eben sein Leben arbeitend verbracht habe …1984 erschien das Buch “Bekenntnisse. Rückblick auf 80 Jahre”, darin wird Rahner am Ende eines längeren Interviews gefragt: “Was bedeutet Ignatius von Loyola (der Gründer des Jesuoitenordens) für Ihr persönliches Leben?”. Rahner antwortet: “Ich weiß nicht, was mit meinem Leben ist. Ich habe kein Leben geführt, ich habe gearbeitet, geschrieben, doziert, meine Pflicht zu tun und mein Brot zu verdienen versucht, ich habe in dieser üblichen Banalität versucht, Gott zu dienen, fertig” (S. 58, Herold-Verlag, Wien).

3.
Uns geht es hier nicht um den spirituellen Schriftsteller, sondern um den kreativen Theologen Karl Rahner. Wir haben schon früher zu zeigen versucht, dass Rahner durchaus im Grundansatz seines Denkens, der transzendentalen Theologie, ein Modernist genannt werden kann. Modernist ist ein katholischer Theologe, der die Moderne und ihre Ideen anerkennt und theologisch realisiert, sehr kurz gesagt.
Diese Denker pflegten die Päpste des 20. Jahrhunderts zu exkommunizieren, so geistlos waren diese vatikanischen Herrscher…
Rahner muss den Vorwurf, selber „Modernist zu sein, empfunden haben: Denn immer wieder wehrt er sich (aus Angst vor Prozessen im Vatikan), als Modernist bezeichnet zu werden: So unter anderem auch in „Herders Theologisches Taschen Lexikon“, 1973, Band 5, S. 240: Dort wehrt er sich, seine Ausführungen zur transzendentalen Offenbarung seien ein „Irrtum des Modernismus“. Dass einige seiner kompetenten und mutigen Interpreten, wie der Jesuit Prof. Philip Endean (Oxford), Rahner als durchaus als „liberalen Theologen“ interpretierten, also fast als Modernisten, ist bekannt und wird in meinem Beitrag erwähnt. LINK

4.
Was „transzendentale Offenbarung“ im Sinne Rahners bedeutet, wurde von ihm selbst oft lang und breit, schwer verständlich manchmal, erläutert. Nur so viel für „theologische Laien“: Rahner ist überzeugt, dass in jedem Menschen, also nicht nur unter Christen, der eine Geist Gottes lebendig ist. Dieser göttliche Geist drückt sich in religiösen Vollzügen und Texten aus, also auch in so genannten „nicht- christlichen“ Religionen. Dieser göttliche Geist in allen Menschen bestimmt deren geistiges Leben insgesamt, das Göttliche gehört sozusagen zum unabwendbaren Horizont jeder menschlichen Erkenntnis. Dass da Anklänge an Hegel sichtbar werden, ist klar.
Mit dieser universellen Präsenz Gottes (Rahner meint immer die Präsenz des Gottes, den die Bibel vielfältig beschreibt), wird sozusagen einerseits die Pluralität der Gottesverehrungen und andererseits die Einheit aller Religionen (Einheit durch die Stiftung in dem einen Geist) herausgearbeitet. Ob dieses Denken in heutiger Sicht zu stark euro-zentrisch ist, müsste diskutiert werden.
Wichtiger aber ist: Für diese transzendentale Theologie sind auch die christlichen Lehren, die biblischen Bücher, also das „Objektive“ der Lehren, Ausdruck der geistigen Verfassung der Menschen, sie sind sozusagen Produkt des in den Menschen anwesenden göttlichen Geistes. Die Bibel – ein Produkt frommer Menschen: großartig dieser Gedanke.

5.
Leider wird nach meinem Eindruck diese kreative Dimension im Denken Rahners eher selten heute von Theologen herausgearbeitet. Meine These: Rahner ist eigentlich ein sich ängstigender Modernist. Und er sollte sich darüber freuen und nicht schämen, das wird leider nicht diskutiert.
Nur Prof. Endean erkennt die Bedeutung, was die Modernisten im Denken Rahners angeht: „Rahners Vorhaben war im Grunde genommen dasselbe wie das ihre (der Modernisten)“, (zit. in „Stimmen der Zeit“, Spezial I 2004, S 67.)

In „Herder Theologisches Taschen-Lexikon“, Band 5, Seite 240 schreibt Rahner unter dem Stichwort Offenbarung: „Jeder (!) Mensch ist durch die Gnade Gottes in seiner transzendentalen Geistigkeit unreflex erhoben“, d.h. Jeder Mensch ist durch die Gnade Gottes „vergöttlicht“, Rahner verwendet das Wort „Vergöttlichung“ !: Jeder Mensch – also immer und überall, auch außerhalb der Kirche – hat also Anteil am göttlichen Leben, ohne dabei in irgendeiner Weise in seinem freien Menschsein beeinträchtigt zu sein oder dabei reflektiert diese seine „Vergöttlichung“ ALS „Vergöttlichung“ zu erleben und zu deuten. (a.a.O. S. 240).
Rahner meint – etwas ins Umgangssprachliche übersetzt: Das geistvolle Leben der Menschen vollzieht sich immer im Horizont des Unendlichen, das Rahner Gott zu nennen meint. Wenn nun Menschen diese ihre Lebenserfahrungen in diesem Horizont des Unendlichen aussagen und von Gott sprechen, dann ereignet sich eine kategoriale, d.h. sprachlich, begrifflich, satzhafte Aussage von gott, die man Offenbarung nennen kann. Die weite Religionsgeschichte mit ihren religiösen Schriften ist also Offenbarungsgeschichte. Dabei betont Rahner als katholischer Theologe: Diese Erkenntnisse gewinnen wir erst in der Kenntnis der jüdisch-christlichen Offenbarung. Diese Offenbarung meint Rahner auch deswegen als den Höhepunkt der Offenbarungsgeschichte deuten zu können und verstehen zu wollen.

6.
Prof.Philip Endean (+ 2023) schreibt treffend: „Rahners zentrale Botschaft wurde zwar gehört. Aber die damit verbundenen Herausforderungen für das konventionelle Denken waren so groß, dass die Botschaft nur in einer verkümmerten Form verstanden wurde.“ (zit. ebd.)

7.
Zur theologischen Meditation:
Wenigstens einige zentrale, kurz gefasste Erkenntnisse Rahners, die in gewöhnlichen römisch- katholischen Kreisen natürlich als Provokation wahrgenommen wurden und werden, zur theologischen Meditation:

– „Mein Christentum ist der Akt eines Sichloslassens in das unbegreifliche Geheimnis hinein. Mein Christentum ist darum alles andere als eine Erklärung der Welt und meiner Existenz. Der Christ hat weniger als jeder andere letzte Antworten. Seinen Gott kann der Christ nicht als einen durchschauten Posten in die Rechnung seines Lebens einsetzen, sondern nur als das unbegreifliche Geheimnis annehmen …“ (Karl Rahner, Warum ich heute Christ bin, zit. in Beitrag Philip Endean, a.a.O., s. 70 f.).

– „Die Kirche sagt eigentlich ganz wenig: nämlich, dass es ein unüberholbares Geheimnis realster Art in unserem Dasein gibt: Gott. Und dass dieser Gott uns nahe ist und sich in Jesus gezeigt hat. In diesem eigentlich ganz Einfachen haben Sie im Grunde schon das ganze Christentum“ . (Karl Rahner, Schriften zur Theologie, Band X, Benziner Verlag 1972, S. 283).

– „Es ist nicht auszuschließen, dass die normale Verkündigung Gottes das Gottesbild primitivisiert und unglaubwürdig macht, zumal eine Verkündigung, die nur lehramtliche Dogmen über Gott wiederholt… Es gibt einen Kampf gegen die Unzulänglichkeit unseres eigenen Theismus“ („Kirche und Atheismus“, in Schriften zur Theologie, Band XV. Benziner Verlag 1983. S. 149)

– „Nach der Lehre des Christentums ist die Nächstenliebe nicht bloß ein Gebot, das erfüllt werden muss, sie ist nicht bloß eine der vielen Verpflichtungen des Menschen und des Christen, sondern der Vollzug des Christentums schlechthin“ (zit, Karl Rahner, „Ich glaube an Jesus Christus, Benziger Verlag. 1968.)

Sechs Wochen vor seinem Tod hielt Karl Rahner einen bemerkenswerten Vortrag zum Thema Tod, darin zeigt sich der Theologe, der Philosoph, der Mystiker vor allem: LINK 

Weiterführend siehe auch: LINK.

Copyright: Christian Modehn, religionsphilosophischer-salon.de