Proteste zum Papstbesuch
Priester in Madrid kritisieren den Weltjugendtag und den Papstbesuch
Von Christian Modehn
Im religionsphilosophischen Salon werden die Diskussionen über die konsequente Trennung von Kirche und Staat mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt. Das ist ein Erbe der philosophischen Aufklärung, das niemals vergessen werden darf, so meinen es viele Teilnehmer unserer Salons. In einer multireligiösen Gesellschaft ist die konsequente Trennung von Kirche und Staat zudem der beste Weg für ein respektvolles Miteinander. Dass auch Jesus sich den Herrschern niemals andiente oder von ihnen finanziell profitierte, dürfte unter bibelfesten Kreisen ohnehin bekannt sein.
In Spanien melden sich jetzt 120 Priester aus dem Erzbistum Madrid zu Wort. Sie kritisieren öffentlich und ohne Angst die hohen Unkosten, die der katholische Weltjugendtag in Madrid (vom 16. bis 21. August 2011) verursachen wird. Mindestens 50 Millionen Euro soll das Treffen mit dem Papst kosten, etwa 25 Millionen will der spanische Staat zur Verfügung stellen. Das berichten verschiedene spanische Tageszeitungen und etwa auch die Amsterdamer Tageszeitung Trouw vom 24. 6. 2011. Dieser Protest gegen die hohen Kosten wie gegen die einseitig spirituelle Dimension de Weltjugendtage erscheint sehr bemerkenswert: Katholische Priester in Madrid haben den Mut zu öffentlicher Papst – und Kirchenkritik, solches wäre wohl in Deutschland, dem Land der Angst, kaum vorstellbar. Rafael Rojo und Eubilio Rodriguez, beide Pfarrer in Madrid, haben in Interviews mit den großen Tageszeitungen ihr Anliegen deutlich gemacht. Wir werden sehen, wann sie ihres Amtes enthoben werden…
In einem eigenständigen Dokument zeigen die Priester, die zum „Foro curas de Madrid“ gehören: Der Kardinal von Madrid, Antonio Rouco Varela, hat Sponsoren für das internationale Jugend – Treffen in Kreisen der allmächtigen Banken und Konzerne gesucht und gefunden. Die Chefetagen geben sich gern religiös generös. Dabei wissen die meisten kritischen Spanier, dass die falsche Finanzpolitik, das Verhalten der Banken vor allem, die tiefe ökonomische un soziale Krise Spaniens mit verursacht hat. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt in Spanien bei über 40 %. Das Dokument der Priester, eine Studie politischer Theologie, konkret, voller Fakten und nicht allgemein und ausgewogen, wie in Kirchenkreisen anderer Länder üblich, ist nachzulesen in der empfehlenswerten website www.atrio.org. Der Titel dieses Dokuments: „Die Mäzene von Rouco“, „Los Mecenas de Rouco“.
Darüber hinaus gibt es ein Bündnis von 45 Vereinen, die gegen die hohen staatlichen Zuschüsse zu dem religiösen Treffen protestieren und entsprechende Demonstrationen im Umfeld des Papstbesuches planen. . Dazu gehören die Basisgemeinen, religionskritische Kreise wie die Freidenker und die Vereine der Lesben und Schwulen und linke politische Organisationen. Sie meinen, es sei mit der Trennung von Kirche und Staat unvereinbar, dass der Staat mit ca 25 Millionen das religiöse Treffen finanziert. Der Sprecher der katholischen Weltjugendtage behauptet hingegen, die Kosten würden von den „Pilgern“ erbracht und eben von den Spendern aus der Finanzwelt.
Die Madrider Priester schreiben: „Die Weltjugendtage sind kein geeignetes Mittel für die so genannte Jugendpastoral. Viele Jugendliche sehen die Kirche als veraltet, mit Privilegien von Geld und Macht, sie bietet keine gültige Antwort mehr für ihr Leben. Man kann nicht die Botschaft des Evangeliums in einem Bündnis mit der Ökonomie und der Politik stark machen. Das verstärkt nur das Image, die Kirche sei eine privilegierte Organisation, die nahe bei der Macht steht“.
Nebenbei: In vielen spanischen Städten finden seit Mitte Mai 2011 sozusagen ständig öffentliche Weltjugendtage statt: Junge Menschen diskutieren auf großen Plätzen über die Zukunft ihres Landes, über die Zukunft Europas über eine gerechte Welt… Es sind jene zumeist nicht konfessionell gebundenen jungen Leute, darunter viele Akademiker, die für sich selbst als Arbeitslose und „Vergessene“ eine bessere Zukunft erwarten. Man darf gespannt sein, wie die jungen Leute des päpstlichen Weltjugendtages im August aus den Kreisen des Opus Dei, der Legionäre Christi, der Charismatiker, der Neokatechumenalen mit diesen jungen Menschen eines ganz anderen Weltjugendtreffens zusammenkommen. Den 120 Pfarrern in Madrid ist klar: Das Weltjugendtreffen wird eine Heerschau extrem konservativer Katholiken sein. Und Nonnen, so wird berichtet, müssen in diesen Tagen in Madrid wieder ihren klassischen Habit tragen, den sie seit dem Konzil in den Schrank gehängt haben. Auch über die Kleiderordnung soll die dogmatische Einheitlichkeit Ausdruck finden. copyright:christian modehn.