Radiosendung über M.Maciel und die Legionäre Christi. NDR INFO.
Dieser Text ist die Langfassung der Radiosendung. Es wurde an der für Hörfunkproduktionen üblichen Schreibweise nichts verändert. copyright:Christian Modehn.
Lebenswelten NDR
„Skurpellos und ohne religiöse Gefühle“
Der Ordensgründer Marcial Maciel und seine Legionäre Christi
Von Christian Modehn
1. SPR.: Berichterstatter
2. SPR.: Zitator Maciel
3. SPR.: Übersetzer und Zitator
O TÖNE
1. SPR.:
Vatikanstadt, Petersplatz, am 4. Januar 2001. Papst Johannes Paul II. überblickt von seinem Thron aus viele tausend Pilger. Die meisten gehören der römisch – katholischen Laienbewegung „Regnum Christi“ an. Diese Frauen und Männer, weltweit sind es 70.000, werden vom katholischen Orden der Legionäre Christi geleitet. Der Papst lässt es sich nicht nehmen, den 60. Gründungstag dieses Ordens zu feiern. Seine Lobeshymne könnte nicht glänzender ausfallen:
3. SPR.:
Ihr Legionäre Christi wollt die Herausforderung des Evangeliums in Angriff nehmen, indem ihr die besondere Betonung auf die brüderliche Herzlichkeit eurer zwischenmenschlichen Beziehungen legt und den Geist der Nächstenliebe in euren Gedanken und Werken pflegt.
1. SPR.:
Voller Zuneigung schaut Johannes Paul II. den Gründer der Legionäre Christi an, den Mexikaner Pater Marcial Maciel. Er ist seit Jahren sein enger Freund und Berater, er hat des Papstes so genannte Pilgerreisen gestaltet; er wurde von ihm persönlich als Experte in Synoden und Kirchen – Konferenzen berufen. Johannes Paul II. sagte schon im Jahr 1994 voller Begeisterung:
3. SPR.:
Pater Maciel ist ein wirksamer Führer für die Jugend.
1. SPR.:
Die offizielle Verehrung des Ordensgründers ging im Vatikan soweit, dass die Prälaten dort Maciels Mutter „selig“ sprechen wollten. Die Bücher des obersten Legionäre wurden wie heilige Schriften hoch geschätzt und weltweit in hohen Auflagen verbreitet. Noch im Jahr 2003 verfasste Pater Maciel das Buch „Christus ist mein Leben“, darin heißt es:
2. SPR.:
Die Legionäre Christi sollen unsere Gemeinschaften in Oasen des Friedens, in ein Stück Himmel verwandeln.
1. SPR.:
Dieses Stück Himmel auf Erden verdeutlichte im Jahr 2005 Pater Klaus Einsle vom Legionärshaus in Düsseldorf.
6. O TON, 0 13″. Einsle
Für uns ist ganz wichtig zuerst einmal die menschlichen Werte. d.h. die guten menschlichen Tugenden, wie Verantwortungsbewusstsein, Hingabe, Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit, all diese Dinge.
1.SPR.:
Vatikanstadt, in den Büros des Päpstlichen Staatssekretariates, am 1. Mai 2010. Mit Zustimmung des Papstes wird eine offizielle Erklärung über den Orden der Legionäre Christi, vor allem über dessen Gründer Marcial Maciel verfasst und weltweit verbreitet:
3. SPR.:
Das sehr schwerwiegende und objektiv unmoralische Verhalten von Pater Maciel, das durch unbestreitbare Zeugenaussagen belegt ist, äußert sich bisweilen in Gestalt von wirklichen Straftaten und offenbart ein gewissenloses Leben ohne echte religiöse Gesinnung.
1. SPR.:
Aus dem hoch verehrten Freund des polnischen Papstes ist ein Straftäter geworden; aus dem „viel gerühmten Vorbild der Jugend“ ein Mann mit einem gewissenlosen Leben. Was war geschehen? Fünf Bischöfe hatten auf Befehl Benedikt XVI. von Juli 2009 bis April 2010 den Orden des Legionäre Christi weltweit untersucht. Er ist in mehr als 20 Ländern Amerikas und Europas vertreten, er verfügt über zahlreiche Schulen, Hochschulen, Universitäten und Priesterseminare, Radiostationen und Pressedienste. Für Benedikt XVI. aber war es am dringendsten, genaue Informationen über die Lebensweise des Ordensgründers Maciel zu erhalten. Das Ergebnis ist so niederschmetternd, dass die Leitung der Legionäre sich offiziell von ihrem Gründer distanzierte, er verstarb im Jahr 2008 mit 87 Jahren. In der Erklärung des Ordens heißt es:
3. SPR.:
Es gibt verwerfliche Taten unseres Gründers, Pater Maciel. Wir können ihn nicht mehr als vorbildlichen Christen und Priester betrachten.
1.SPR.:
Sogleich wurden viele tausend Maciel Bilder und Fotos aus den Legionärs Häusern entfernt, eine aus anderen Kreisen schon bekannte „Säuberung“ hatte begonnen. Die römische Kirche befindet sich durch die pädophilen Verbrechen einiger hundert Priester weltweit ohnehin schon in einer tiefen moralischen Krise. Jetzt wird die Glaubwürdigkeit der Kirche noch viel fundamentaler erschüttert. Denn die Untaten Pater Maciels übersteigen jede Vorstellungskraft. Der katholische Theologe Alfons Vietmeier lebt seit vielen Jahren in Mexiko, im Heimatland Maciels hat er den jüngsten Skandal beobachtet:
12. O TON, 0 27“, Vietmeier, Mexiko
Eine solche deutlich als Heiliger herausgestellte Figur bricht zusammen, und damit bricht auch eine kirchliche Glaubwürdigkeit zusammen. Das erschüttert die Grundfesten einer Kirche, die immer stramm auf Moral hin gearbeitet hat, die immer die Werte der Familie, der Enthaltsamkeit hoch gehalten hat, und das bricht wie ein Kartenhaus zusammen.
1. SPR.:
Die Liste der Verbrechen und Verfehlungen Pater Maciels ist sehr lang und in der gebotenen Kürze kaum darstellbar: Hinsichtlich der Verbrechen handelt es sich um sexuellen Missbrauch von Jungen sowie von männlichen Jugendlichen und jungen Ordensmitgliedern seit etwa 60 Jahren. Die angesehene Wochenzeitung „National Catholic Reporter“ aus Kansas City, USA, schreibt nach ausführlichen Recherchen im April 2010:
3. SPR.:
Maciel hatte sicher mehr als 20 und etwas weniger als 100 Jungen missbraucht, das betonen auch vatikanische Beamte.
1. SPR.:
Genaue Zahlen können noch nicht genannt werden, zu tief sitzt die Scham der Betroffenen, über das Erlebte öffentlich zu sprechen. Fest steht inzwischen: Die meisten jugendlichen Opfer lockte Pater Maciel in sein Bett, unter dem Vorwand, die Ärzte hätten ihm medizinische Massagen im Genitalbereich verschrieben. Nach dem erzwungenen sexuellen Kontakt mit ahnungslosen Jugendlichen folgte die Beichte: Die Opfer sollten rein und ohne Sünde sein Bett verlassen. Pater Maciel beging also nach geltendem Kirchenrecht die Todsünde der „Absolution eines Komplizen“. Dieses schwerste Vergehen eines Priesters zieht eigentlich automatisch das Verbot priesterlicher Tätigkeit und die Exkommunikation nach sich. Aber dazu kam es nie, weil die Opfer schwiegen. Oder weil sie später in ihren öffentlichen Anklagen von Päpsten und Bischöfen nicht gehört wurden. Denn nach außen hin weckten die Legionäre und ihr oberster Chef stets den besten Eindruck, Maciel galt als seriöser Ordenspriester und als strammer Verteidiger aller päpstlichen Lehren, Pater Klaus Einsle:
9. O TON, 0 30“, Einsle
Wir wissen, dass Christus die Kirche gegründet hat mit einer bestimmten Hierarchie und diese Hierarchie hat ihre Funktion. In dem Sinn haben wir ein ganz krampfloses Verhältnis und positives Verhältnis zum Papst, den Christus bewusst eingesetzt hat.
Die Kirche ist für uns das Lehramt und die Bischöfe, die in Einheit mit dem Lehramt sind. Da würde ich sagen, dass unsere Denkart sehr die des Lehramtes ist.
1. SPR.:
Nur bei einem Thema gab sich Pater Einsle überraschenderweise recht liberal:
18. O TON, 0 19″, später rein:
Ein Mensch, der homosexuell ist, kann seine Homosexualität leben und die Kirche wird ihn nicht daran hindern. Aber die Kirche wird nicht sagen: alle Arten des Zusammenlebens sind gleich.
1.SPR.:
War dies ein „Ausrutscher“? Wie auch immer: Für den Vatikan gab es noch wichtigere Motive, die Legionäre zu schätzen. Der kritische Theologe Alfons Vietmeier:
14. O TON, 0 35“, Vietmeier, Mexiko
Das hing damit zusammen, dass das Angebot des Ordens war: Wir haben stramm Rom treue, gehorsame Priester, und aus einer rechtskatholischen Oberschicht, die politisch dann auch wiederum antikommunistisch und antisozialistisch war und ist. Und insofern gewisse Stimmungslagen eines aus Polen stammenden Papstes traf, der genau das suchte, in einer Welt, die laut offizieller Logik in Rom und einschließlich unseres jetzigen Papstes in den Wirren der Zeit unterzugehen droht. Man hat also eine Bollwerk Logik gefunden und hat die unterstützt trotz aller Wirrnisse, und all dem, was auch in Rom gewusst wurde, nämlich, dass er im Grunde ein Verführer von Seminaristen war.
1. SPR.:
Marcial Maciel wurde 1920 in Mexiko geboren; schon als Kind fühlte er sich von Gott zum Priestertum berufen. Mit 20 Jahren gründete er bereits seinen eigenen Orden. Er umgab sich mit 12 bis 16 jährigen Knaben in einem der „Unbefleckten Empfängnis“ gewidmeten Privatkloster. Aus mehreren Priesterseminaren wurde Maciel wegen ungebührlichen Verhaltens entlassen, offenbar schon damals wegen pädophiler Taten, behaupten kritische Biographen. 1944 wurde er zum Priester geweiht, schnell konnte er die Gunst Papst Pius XII. erwerben sowie die Unterstützung römischer Kardinäle. 1941 gründete er den Orden, den er bis zum Jahr 2004 leitete. Eine außergewöhnliche Tatsache, dass ein Priester einen Orden über 50 Jahre leitet. Da lag alle Macht in seinen Händen. Als die Opfer immer deutlicher sprachen und die Verbrechen Maciels immer weitere Kreise der Öffentlichkeit erreichten, konnte Benedikt XVI. nicht länger schweigen. Zudem hatte er über einen Gesandten Hintergrundinformationen über Maciel einholen lassen. Die Ergebnisse waren schon 2005 so nieder schmetterend, dass Benedikt XVI Maciel, so wörtlich, „bat“, sich aus der Öffentlichkeit völlig zurückzuziehen und nur noch zu beten. In dem Schreiben des deutschen Papstes von 2006 werden mit keinem Wort die pädophilen Verbrechen erwähnt, nicht im entferntesten wird daran gedacht, Maciel dem Kirchenrecht entsprechend zu bestrafen. Keine Rede ist davon, dass er den staatlichen Gerichtsbehörden als pädophiler Verbrecher überstellt werden sollte. Benedikt XVI. hat damals die Bestrafung eines außerordentlichen Straftäters verhindert. Der Legionär Pater Einsle hat im Jahr 2005 die Beziehungen der Legionäre zum damaligen Kardinal Ratzinger beschrieben:
8. O TON, 0 21″. Einsle
Schon seit 10 oder 12 Jahren gewährt uns der damalige Kardinal Ratzinger jeweils eine kleine Gesprächszeit mit ihm persönlich. Das war eine sehr, sehr herzliche, verbundene Atmosphäre. Er hat auch öfters unser Haus besucht, er kennt uns sehr gut. Und bin sicher, dass er uns auch sehr schätzt, dass da eine große Verbundenheit da ist.
1. SPR.:
In dieser großen Verbundenheit wurden Jahre lang Anklagen von Opfern ignoriert: Schon 1976 meldeten sich die ersten Missbrauchs Opfer, der Vatikan reagierte nicht. Weltbekannt wurden die Beschwerden von 8 ehemaligen Legionären im Jahr 1997. Sie wandten sich direkt an den Papst; wieder gab es in Rom keine Stellungnahme, schon gar nicht eine gerichtliche Untersuchung. Im Gegenteil: Der in Mexiko äußerst machtvolle und einflussreiche Orden sorgte hingegen dafür, dass im mexikanischen Fernsehen über diese Klage nicht berichtet wurde. Journalisten, die das versuchten, wie Ciro Gomez Leyva, wurden auf kirchlichen Druck hin kaltgestellt. Heute kann die seriöse Presse in Mexiko Pater Maciel ohne Umschweife einen „sexueller Vielfraß“ nennen. Deswegen war das Erstaunen nicht allzu groß, dass der Pädophile, offenbar immer unbefriedigt, nebenbei auch Kinder zeugte. Einer seiner Söhne heißt Raul Gonzalez Lara, er ließ über seinen Anwalt mitteilen:
3. SPR.:
Mein Vater, der Pater Maciel, hat mich als Kind mehrfach sexuell missbraucht.
1. SPR.:
In seinem Buch „Christus ist mein Leben“ aus dem Jahr 2003 schrieb Pater Maciel noch fromme Worte:
2. SPR.:
Ich wollte kein mittelmäßiger Priester werden, sondern Gott viel Ehre erweisen und für die Kirche ein wirksames Werkzeug zum Aufbau des Reiches Christi sein.
1. SPR.:
Jetzt muss der Vatikan offiziell anerkennen: Der Ordensgründer liebte auch den Sex mit Frauen, er hat mindestens 7 Kinder. Sein Orden hat diese Tatsache übrigens viel früher eingestanden als die pädophilen Verbrechen. Offenbar ist es eher ein Kavaliersdelikt, wenn zölibatär lebender Priester heterosexuelle Beziehungen haben.
Seinen Freundinnen stellte sich Maciel als Manager, manchmal sogar als CIA Agent vor. Er besaß allen Charme eines Verführers, meint der Jesuitenpater Klaus Mertes aus Berlin:
1. O TON, 0 37“ P . Mertes
Es gibt einen Typ von Pädophilen, der andere Menschen verzaubern kann. Es ist ganz schwierig, sich diesem Zauber zu entziehen. Und in dem Moment, wo man in dem Beziehungszauber drin ist, wird auch das Hinüberreichen und Herüberreichen von Geld und Bestochenwerden schon gar nicht mehr als solches erlebt. Das ist sozusagen Teil des Beziehungszaubers, der von einem ausgeht. Ganz oft sind Pädophile Zauberer. Ich bin immer wieder erschüttert zu sehen, wie es solchen Leuten gelingt, zugleich andere von sich zu faszinieren, seine Umwelt zu Claqueuren zu machen. RAUSGEHEN.
1. SPR.:
Maciels Freundinnen gehörten zur obersten Oberschicht. Ihr Liebhaber interessierte sich nicht nur für Sex, vor allem hatte er es auf das Vermögen abgesehen: Nur allzu gern ließ er sich mit Millionenbeträgen oder Immobilien beschenken. Der Legionär Pater Klaus Einsle hat dieses Option des Ordens für die sehr Reichen im Jahr 2005 umschrieben:
5. 0 TON, 0 16“. Einsle
Die Tatsache, dass man mit Menschen arbeitet, die über gewisse Finanzkräfte verfügen heißt nicht, dass es schlecht ist, sondern dass es im Dienst des Evangeliums für alle Menschen steht. Und dazu braucht man auch gewisse Finanzmittel von gewissen Leuten.
1.SPR.:
Und diese Finanzmittel haben die Legionäre reichlich erhalten, dank des Charmes ihres Ordensgründers. Das Geld floss in Strömen, prächtige Klöster wurden errichtet, Priesterseminare immer weiter ausgebaut, Presseagenturen gegründet, Universitäten errichtet.
1. SPR.:
Die Wochenzeitung National Catholic Reporter schreibt im April 2010:
3. SPR.:
Wir beziehen uns auch auf das italienische Nachrichtenmagazin „l Espresso“ und melden: Die Legionäre haben ein Vermögen von 25 Milliarden Euro, ihr jährlicher Haushalt beträgt 650 Millionen Dollar. Diese zahlen werden auch vom „Wallstreet Journal“! bestätigt.
1. SPR.:
Die offizielle katholische Tageszeitung La Croix aus Paris bestätigte diese Zahlen am 9. Juli 2010:
3. SPR.:
Als Spezialisten für Foundraising haben die Legionäre Christ allein im Immobilienbereich Eigentum von 25 Milliarden Euro.
1.SPR.:
Eine unvorstellbare Summe, wenn man bedenkt, dass der Orden heute etwa 800 Priester zählt und etwa 2.000 Theologiestudenten. Die Milliardenbeträge können auch nicht von den Ordens eigenen Gymnasien und Universitäten aufgezehrt werden; da müssen immer hohe Schulgelder bezahlt werden. Wie es sich im katholischen Milieu gehört, hat sich der Ordensgründer immer für die Armut ausgesprochen. In seinem „Christus ist mein Leben“ schreibt er im Jahr 2003:
2. SPR.:
Da wir uns als Ordensleute dazu verpflichtet haben, Christus nachzufolgen, der arm geboren wurde und arm gestorben ist, verpflichten wir uns dazu, uns nicht an irdische Dinge zu binden und nur das zu besitzen, was zur Erfüllung unserer Aufgaben wirklich nötig ist.
1.SPR.:
Wirklich „nötig“ hatte Pater Maciel tatsächlich seine Mercedes Limousinen, die der spanische Journalist Jose Martinenz d Velasco in seinem Buch „Die geheimen Dokumente der Legionäre Christi“ sogar als Fotos präsentiert. Maciel hielt es auch für „nötig“, so wird von Zeugen berichtet, oft mit der Concorde nach Amerika zu fliegen, Aufenthalte in Luxushotels waren selbstverständlich. Wer die Legionäre vor 5 Jahren über den in jeder Hinsicht ungewöhnlichen Lebenswandel ihres „Vaters“ befragte, erhielt diese Antwort:
7. O TON, 014″. Einsle
Unser Ordensgründer hat nie wirklich nie Zeit damit verloren, sich zu verteidigen. Warum, weil er innerlich ein ganz reines Gewissen hat. Das war für uns eine große Lehre, dass man nicht so viel Zeit damit verbringen muss, sich zu rechtfertigen.
1. SPR.:
Wer sich rechtfertigt, klagt sich an, so heißt eine alte Volksweisheit. Und damit hatte Maciel Erfolg. Vor allem in Millionärskreisen hinterließ er stets den besten Eindruck, Mel Gibson, Produzent des Films „Die Passion Christi“, ist ein Legionärs Fan; genauso wie Jeb Bush, der Bruder von George W. Bush und früher Gouverneur von Florida, Placido Domingo oder Carlos Slim, der berühmte Milliardär aus Mexiko und jetzt drittreichste Mann der Welt. Auch um den Adel in Deutschland bemüht sich die mit den Legionären verbundene Laienbewegung Regnum Christi. Einige Adlige organisieren die Tagungen des konservativen Forums deutscher Katholiken Tagungen, berichtet dessen Initiator Hubert Gindert:
16. O TON, 0 19“, Gindert:
Fürst Löwenstein, der also immer durch die Kongresse führt, der ist also eng verbunden mit Regnum Christi. Christiana von Habsburg Löwenstein, das ist die Schwester von Fürst Löwenstein, die ist also auch Mitglied in Regnum Christi. Ja. Ich hab den Eindruck, dass bei diesen Gemeinschaften der Adel verhältnismäßig stark repräsentiert ist.
1. SPR.:
Aber auch ärmeren Schichten werden umworben: In Deutschland veranstalteten die Legionäre immer wieder Bettel – Aktionen, z.B. durch Einlagen von Zahlkarten in Kirchenzeitungen oder durch gezielte Briefaktionen. In einem Schreiben von Pater Martin Baranowski aus dem Noviziat der Legionäre in Bad Münstereifel, datiert am 18. Januar 2010, heißt es:
3. SPR.:
Wir sind auf Ihre Hilfe angewiesen. Ist es Ihnen möglich, die jungen Ordensleute auf dem Weg zum Priester finanziell zu unterstützen? Die Ausbildungskosten betragen 29 Euro am Tag.
1. SPR.:
Weil das Geld in Hülle und Fülle von allen Seiten strömte, konnte sich Maciel die Gunst im Vatikan erkaufen, berichtet Alfons Vietmaier: .
13. O TON, Vietmeier, ERST Hier rein.
Es haben unzählige Bischöfe Flugscheine bezahlt bekommen, Stipendien für Priesterstudien bezahlt bekommen, die Synoden in Rom sind erheblich mitfinanziert worden von den Legionarios. Es gibt eine Vernetzung, die ganz klar bis zu Papst Johannes Paul II gehen, der ganz eindeutig das favorisiert hat. HIER RAUS:
1. SPR.:
Die Wochenzeitung „National Catholic Reporter“ aus den USA hat kürzlich ausführlich dokumentiert, wie die Legionäre ihren bevorzugten, d.h. besonders einflussreichen Kardinälen in Rom Luxus Wohnungen einrichteten. Junge Legionäre zogen zu Weihnachten reich bepackt zu den höchsten geistlichen Würdenträgern in Rom mit üppigen Geldgeschenken. Am reichsten bedacht wurde in den neunziger Jahren Kardinal Sodano, damals Chef des päpstlichen Staatsekretariates, ein alter Bekannter Maciels, den er in Chile zu Zeiten General Pinochets schätzen lernte. Auch Kardinal Eduardo Somalo sowie der Privatsekretär des Papstes, Bischof Stansilaw Dziwisz, gehörten zu den Begünstigten.
Diese Zeiten sind nun vorbei, Papst Benedikt will den Orden zwar nicht auflösen, aber er, wie er sagt, gründlich gereinigt werden. Weil der Papst den heutigen Ordensoberen diese tiefgreifende Reform nicht zutraut, hat er einen Kommissar ernannt, er soll die weitere Entwicklung steuern. Dabei handelt es sich um den italienischen Erzbischof Velasio de Paolis. Er ist Kirchenrechtler und Finanzfachmann. Gerade diese Begabung dürfte in den nächsten Wochen gefordert sein, gilt es doch, die genaue Summe der Milliarden und Millionen der Legionäre erst einmal festzustellen. Dann müssen die Ansprüche auf erbschaft geklärt werden, die von den leiblichen Kindern Maciels vorgebracht werden. Weiter muss der kommissarische Leiter der Legion entscheiden, in welcher Weise denn die Opfer Entschädigung erhalten. Die Ordensleitung hat sich zwar in knappen Worten entschuldigt, aber keine Rede ist bis jetzt ist von finanzieller Wiedergutachung offiziell keine Rede.
Erstaunlich bleibt, dass der Papst unbedingt den Orden der Legionäre erhalten will, er rühmt jetzt noch deren Geist der, so wörtlich, „militia Christi“, also der Kampfesbereitschaft zu Ehren Christi. Die Legionäre sollen offenbar an vorderster Front missionieren. Schon im Jahr 1991betonte einer der obersten Legionäre, Pater Francisco Mateos:
3. O TON, 0 36“, Pater Francisco Mateos,
2. SPR.:
Sicherlich glauben wir, dass angesichts der sozio –politischen Situation eine neue Evangelisierung notwendig ist. Das Katholische gilt dabei als eine hilfreiche Lösung, denn wir arbeiten daran, dass es in dem zutiefst christlichen Europa das ganze soziale Leben prägt. Der katholische Glaube kann die gemeinsame Grundlage sein für das europäische Haus, das wir alle suchen.
1. SPR.:
Um die jetzigen Legionäre von allem verdacht zu befreien, mit ihrem Ordensvater gemeinsame Sache gemacht zu haben, hat der Vatikan vorsorglich offiziell verkündet:
2. SPR.:
Der Großteil der Legionäre wusste nichts von diesem Leben Maciels.
1. SPR.:
Gemeint ist das verbrecherische Leben Maciels. Es darf bezweifelt werden, ob tatsächlich kein Ordensbruder merkte, welchen aufwendigen Lebensstil, welche Privatreisen ihr geistlicher Vater ständig unternahm. Pater Einsle selbst weist darauf hin, wie intensiv das Zusammenleben in der Legion, also auch die Kenntnis von einander ist:
2. O TON, 0 14“, Einsle
Wir sind als Legionäre ganz ausgeprägte Gemeinschaftsmenschen. Die Legion ist unsere Familie, das ist unser Zuhause, wo wir leben. Und es gibt eigentlich fast keinen Legionär allein, Legionäre leben immer in Gemeinschaft
1.SPR.:
Es ist wohl keine Frage, dass der Papst an den enormen Finanzmitteln des Ordens heftiges Interesse hat, der Haushalt des Vatikans schließt in diesem Jahr mit einer Negativbilanz. So werden die Legionäre Christi im Einvernehmen mit dem Papst alle Schuld und alles Verbrecherische ausschließlich auf ihren Gründer schieben, sie werden nicht fragen, ob die Pädophilie auch unter anderen Legionärspriestern praktiziert wurde, sie präsentieren sich schon heute, so wörtlich als „Geschenk Gottes“, das Segnungen und gute Früchte hervorbricht. So bleiben die Legionäre letztlich ein geachteter und geehrter Teil der vatikanischen Hierarchie, meint der Theologe Alfons Vietmeier:
15. O TON, 0 39“, Vietmeier, Mexiko.
Wir haben eine Geschichte einer Kirche, die Teil des Machtapparates wurde, und es gibt in vielen Ländern noch unheilige Verknüpfungen von Machtfaktoren, die laufen immer auch über Geld. Das zu verändern, die Kirche wieder zurückzuführen zu dieser Kirche wie Jesus sie eigentlich wollte, auf der Seite der Armen, das ist ein nicht gelöstes Problem. Wahrscheinlich wird die Geschichte selbst das lösen.