Bischof Marc Aillet, Bayonne, Frankreich und seine katholischen Putin-Freunde
Ein Hinweis von Christian Modehn
1.
Die katholische Tageszeitung „La Croix“ (Paris) berichtet am 31.3.2022 von den zahlreichen Putin-Freunden in Frankreich heute. Die Zeitung nennt an erster Stelle den katholischen Bischof von Bayonne, Marc Aillet. Er hatte am 21.3. 2022 im katholischen Radio-Sender „Présence“ mitgeteilt, dass er „keine autorisierte Wahrnehmung hat von diesem Krieg (Putins gegen die Ukraine)“, er lese zwar die Zeitungen. „Aber ich habe nicht genug Abstand, um zu verstehen, was da passiert“.
Nach einem Monat Krieg hat der 65 jährige Bischof also kein Urteil über den Krieg? Die katholische Tageszeitung nennt diese Auskunft des Bischofs auf ihre vornehm-kirchentreue Art „klug und vorsichtig“ (prudent). Sie wird dafür aber vom Bischof nicht belohn: Aillet weigert sich, Fragen der katholischen Tageszeitung zum Thema zu beantworten!
2.
Dabei weiß diese Zeitung genau, wie stark die Verbindungen des katholischen Bischofs von Bayonne mit Russland und Putin und der Orthodoxen Kirche sind. Und sie erinnert vor allem daran, dass dieser Bischof mit seinen Freunden aus dem katholisch-reaktionären Lager Frankreichs im April 2014 Moskau sozusagen aus eigener Initiative, ohne Auftrag der Bischofskonferenz, besucht hat. Denn, so sagte der Bischof, er suche mit seiner Gruppe „Unterstützung der christlichen Moral in Russland“. Und das sagte er, nach dem Putin kurz vorher die Krim okkupiert hatte…
Begleitet wurde der Bischof von bekannten „Pro-Life-Lebensschützern“, wie Caroline Roux und von Thierry de Villejégu, der Generaldirektor der Stiftung Jerome Lejeune. (Dieser war Genetik und Pro-Life-Anhänger, dicker Freund von Papst Johannes Paul II., bald soll Lejeune selig gesprochen werden!) und von Gregor Puppinck, der in Kontakt steht mit Philippe Ryabykh, dem Repräsentanten des Moskauer Patriarchats beim Europa-Rat! Auch das gibt es. Puppinck steht mit der konservativen Hochschule Stift Heiligenkreuz in Österreich in Verbindung.
Die Gruppe der französischen Katholiken mit Bischof Aillet wurde jedenfalls im April 2014 von hohen Vertretern des Moskauer Patriarchen empfangen, vor allem von dem für Internationales verantwortlichen Metropolit Hilarion, er ist enger Mitarbeiter des Patriarchen Kyrill (ehem. KGB Mitarbeiter) und eine Art Vertrauter von Papst Franziskus: „La Croix“ schreibt: „Metropolit Hilarion hat auf die gemeinsamen (!) Positionen des Moskauer Patriarchats und des Bischofs mit seinen Freunden hingewiesen, diese gemeinsamen Positionen beziehen sich auf die Familie und die Würde des menschlichen Lebens“. Auch eine Begegnung der Franzosen mit Erzpriester Dimitry Smirnov bleibt in Erinnerung, er war Präsident der Kommission für die Familie, die der Patriarch eingerichtet hat: Smirnov erlaubte es sich zu behaupten, dass die Frauen weniger intelligent sind als die Männer, als Beweis dafür nannte er die Tatsache, dass keine Frau Weltmeisterin im Schach-Spiel wurde…(Quelle:https://blogs.mediapart.fr/pierre-haffner/blog/020420/l-eveche-de-bayonne-roule-pour-moscou)
Zu den Begegnungen mit politischen Führern in Moskau sagte Bischof Aillet 2014: Putin bemühe sich, die traditionellen Werte der Heirat und der Familie zu stärken. Und weil Putin gerade kurz vorher die Krim okkupiert hatte, meinte der Bischof wiederum „klug“: „Es war für uns keine Frage, dass wir uns nun in die internationale Politik einschalten“.
3.
Bischof Aillet liebt es nicht, für Klarheit und Transparenz hinsichtlich der Finanzierung seiner Projekte und Reisen zu sorgen. Schon für seinen internationalen Kongress PRO Life 2012 war nur diffus von privaten Spenden die Rede. Der Journalist Jean-Sébastien Mora von „Enbata.Info“ betont: „Wie für die Partei Front National von Marien Le Pen ist auch die Transparenz der Finanzen von Bischof Aillet abwesend“, man denkt daran, dass auch Gelder aus Russland flossen? Die Studie von Jean-Sebastian Mora über Bischof Aillet verdient viel Beachtung. LINK: https://www.enbata.info/articles/mgr-marc-aillet-cheval-de-troie-de-lintegrisme/
4.
Dieser Moskau Besuch von Bischof Aillet und seiner Freunde aus der katholisch-reaktionären Ecke hatte 2014 kurz für Irritationen innerhalb der Bischofskonferenz gesorgt…Aber „dieser Fall“ wurde schnell vergessen, zu viele konservative und reaktionäre Bischöfe gibt es offenbar inzwischen in Frankreich, man denke nur an den Aillet-Freund Bischof Dominique Rey von Toulon, zu viele Skandale wegen sexuellen Missbrauchs durch Priester usw., so dass solch diese bischöfliche Exkursion nach Moskau vergessen wurde.
Nun aber meldet sich Aillet wieder zu Wort und verheimlicht nicht seine Sympathien für Putin und dessen christliches Reich. Denn dass Putin die christlichen Werte fördern will, daran gibt es für den Bischof kaum Zweifel. Er wird dabei unterstützt von Alain Escada, dem Präsidenten der katholisch-integristischen (=kletrikal-reaktionären) Gesellschaft CIVITAS. Escada erklärte: „Wir bedauern, dass Leute (jetzt im Krieg) sterben, aber mit seiner Anstrengungen einer Neuaufstellung der Familienpolitik und der Christianisierung verbleibt Russland auf einem interessanten Weg“. Der Historiker und Russland-Spezialist Professor Yves Hamant (Paris) urteilt über diese Äußerungen:“Heute sehen bestimmte Katholiken in Russland eine Zitadelle der Christenheit, und im weiteren Sinne: Die politische Rechte insgesamt betreffend, diese projiziert auf Russland eher kitschige Bilder und Werte, wie „das heilige Russland“, „die russische Seele“ und „den slawischen Geist“.
5.
Über Bischof Marc Aillet wurde in Frankreich vieles Kritische publiziert… Er ist Mitglied einer konservativen „neuen Gemeinschaft“, der Priester von heiligen Martin, seine extrem-autoritäre Amtsführung hat zu heftigsten öffentlichen Protesten vieler Priester seines Bistums geführt, die den Papst um Absetzung dieses Herrn baten… Aber nichts passierte bis jetzt, Aillet gilt als Schützling von Papst Benedikt XVI, so Christian Terras in „Trombinoscope des Eveques 2016, Edition Golias, S. 65.
Siehe auch zum Protest der Priester gegen ihre Bischof: https://www.la-croix.com/Religion/France/Fronde-dans-diocese-Bayonne-reponse-Mgr-Aillet-2016-12-12-1200809935
6.
Jetzt hat sich die katholische Kirche Frankreichs – kurz vor den Präsidentschaftswahlen im April 2022 – mit einem bischöflichen Putin-Versteher und seinen ebenso gesinnten reaktionären Freunde auseinanderzusetzen. Sehr viele wissen es inzwischen, nur die katholischen Bischöfe nicht: Die meisten der Pro-Life Aktivisten und Pro-Life Ideologen sind zuerst und vor allem politisch reaktionäre Leute, oft den rechtsextremen Parteien nahestehend.
Der Beitrag über die französischen Putin Freunde in “La Croix”: LINK
Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer-Salon Berlin.