Claude Lanzmanns neuer Film: Über Rabbi Benjamin Murmelstein, u.a. vom Judenrat im Ghetto Theresienstadt.
Von Christian Modehn
Das in Paris erscheinende (linke) politische Wochen – Magazin „Marianne“ berichtet in seiner Ausgabe vom 28. Dez. 2012, dass der weltweit geschätzte Filmemacher (und Herausgeber der von Sartre gegründeten Zeitschrift „Les Temps Modernes“) Claude Lanzmann (berühmt u.a. wegen seines Films Shoa von 1985) einen neuen Film gerade fertig stellt. Er wird in Cannes in diesem Jahr (2013) wohl uraufgeführt. Der Film ist eine Auseinandersetzung mit der umstrittenen Gestalt des Rabbiners Benjamin Murmelstein (geb. 1905 in Lemberg, gest. 1989 in Rom). Bisher hat sich Claude Lanzmann nicht ausführlich zu seinem neuen Film geäußert; vielleicht wird er in Berlin, anlässlich der Verleihung des Goldenen Ehrenbären der Filmfestspiele für sein Gesamtwerk, ein paar Worte sagen. Für sein epochales Werk Shoah hatte Lanzmann den damals schon nicht mehr als Rabbiner tätigen Benjamin Murmelstein interviewt, diese Filmsequenzen jedoch nicht in „Shoah“ aufgenommen. Nun hat Lanzmann weiter recherchiert für seinen neuen Film. Rabbi Murmelstein spielte eine sehr zwiespältige Rolle als Mitarbeiter der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien zu einer Zeit, als Adolf Eichmann dort die Vertreibung der Juden organisierte. Später war Murmelstein „Judenältester“ im Getto Theresienstadt. Hannah Arendt hat in ihrem Buch „Eichmann in Jerusalem“ auch auf Benjamin Murmelstein hingewiesen: Er wird dort ein alt bekannter „Verbindungsmann“ Eichmanns in Theresienstadt genannt. (S. 212 im Piper-Taschebuch). Hannah Arendt hatte als Beobachterin des Eichmann Prozesses in Jerusalem (1961) gut dokumentiert auf die Zusammenarbeit der sogen. Judenräte mit Eichmanns Vernichtungsbürokratie hingewiesen und deswegen äußerst heftigen Widerspruch erfahren. Claude Lanzmann hat sich bis jetzt (30.12.2012) nicht inhaltlich zu seinem neuen großen Film („long – métrage“ en francais) geäußert. Nur so viel sagte er, so berichtet „Marianne“: Lanzmann werde zu den Filmfestspielen nach Cannes gehen, „um zu gewinnen, mit einem Film, den man so bisher noch nicht gesehen hat“.
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