Selbst das Opus Dei wird nicht mehr geschützt und protegiert: Zwei Opus Dei Bischöfe wurden von Papst Franziskus abgesetzt
Von Christian Modehn
Das ist eine Sensation: Das Opus Dei, vor dem alle (höheren) Kreise innerhalb der römischen Kirche weltweit Angst haben (aufgrund der üblichen Einschüchterungen etc.), dieses Opus Dei also, ein ultra-konservativer katholischer Geheimclub internationaler Ausbreitung, wurde bislang im Vatikan hofiert. Der polnische Papst war der oberste Freund dieses Geheimclubs. Der Opus-Gründer wurde von Johannes Paul II. in schnellstem Verfahren zum Heiligen erklärt. Die obskure Theologie und Spiritualität des “Gründer-Vaters” Josemaria Escrivà de Balaguer y Albas ist seit langem bekannt und weltweit dokumentiert, auf Deutsch etwa in den Studien von Peter Hertel.
Nun aber, dies ist sensationell, hat als “oberster Katholik” Papst Franziskus SJ seine eigenen Ängste vor dem allmächtigen Opus Dei überwunden und einen Bischof aus Paraguay, Mitglied des Opus, abgesetzt: Bischof Rogelio Livieres aus Ciudad del Este (Paraguay) wurde am 24. 9. 2014 von Papst Franziskus seiner Ämter enthoben: Livieres Vergehen: Er hat einen offenkundig “pädophilen” Priester (Carlos Urrutigoity) in sein Bistum ohne weiteres aufgenommen und ihm so Zuflucht geboten und ihn so unterstützt. Zudem hat Bischof Livieres eigenmächtig für sein Bistum die weltweit übliche, vom Papst vorgeschriebene (!) Ausbildungszeit für Priester von 6 Jahren auf 4 Jahre reduziert. Und er hat einem in die argentinische Militärdiktatur als Täter involvierten Priester (Aldo Vara) in seinem Bistum Zuflucht vor dem Zugriff der Gerichte geboten. Vara ist inzwischen in Paraguay verstorben. Bischof Livieres, so berichten konservative bzw. traditonalistische Medien, habe in “seinem” Bistum an sehr vielen Orten die Messe in der Form des 16. Jahrhunderts (Trientiner Konzil) gefeiert, er sei also nicht nur Opus Dei Mitglied, sondern in gewisser Weise auch ein “halber” Traditionalist (à la Lefèbvre). So wirft diese Absetzung durch den Papst auch ein Licht auf den Umgang mit den (Halb) Traditonalisten.
Schon früher hat Papst Franziskus keine Angst gehabt, einen anderen Opus Dei Bischof abzusetzen: Es traf den Weihbischof im peruanischen Ayacucho, Gabrino Miranda Melgarejo, dieser Opus Dei Bischof wurde wegen “pädophiler” Aktivitäten abgesetzt.
Angesichts des Mutes des Papstes fällt der Gedanke leicht, wie viele Gegner, wenn nicht Feinde, sich Franziskus allmählich in Rom durch sein mutiges Handeln schafft. Diese Opus Dei – Herrschaften haben sehr viel Geld und sehr viel Macht und sehr viel politischen Einfluss: Man denke, nebenbei, u.a. an eine der vielen Opus Dei Universitäten, etwa die “Santa Croce Uni” in Rom, wo Msgr. Gänswein (Vertrauter von Benedikt XVI.) vor einigen Jahren als Dozent lehrte und wo Rainer M. Woelki, Kardinal in Köln, seinen Doktortitel in Theologie (“Über die Pfarrei”) erhielt.
Dieser Beitrag versteht sich in dem Religionsphilosophischen Salon als ein kleiner weiterer Hinweis auf die Kämpfe innerhalb der römischen Kirche, es sind die Kämpfe ähnlich wie zu Zeiten Voltaires, als um eine vernünftige Gestalt der christlichen Religion (damals auch vergeblich) gerungen wurde.
Nachtrag am 28.9.2014: Wir haben vielleicht etwas übereilt eine gewisse Distanz von Papst Franziskus gegenüber dem Opus Dei herausgearbeitet. Denn am Samstag, dem 27.9. 2014, wurde die Seligsprechung des Opus Dei Führers Bischof Alvaro del Portillo in Madrid feierlich begangen. Als unter Johannes Paul II. der Geheimbund Opus Dei zur neuen und sonderbaren Rechtsform einer selbständigen Prälatur erhoben wurde (also ausserhalb der Verantwortung der Ortsbischöfe handelnd), war Herr del Portillo (enger Freund des Gründers, des heiligen Balaguer) sozusagen der erste herrschende Oberprälat. In seiner Grußbotschaft zu diesem neuen Seligen, auf dessen offizielle Verehrung und Anrufung an Gottes Thron angeblich tausende Katholiken gewartet haben, hat Papst Franziskus in vielen Worten del Portillos “Liebe zur Kirche” usw. usw. rühmend gewürdigt, so, wie es die Opus Dei Leute wohl hören wollten. Etwas nachdenklich stimmt uns neben den eher schwülstigen Worten des Papstes diese Stellungnahme von Papst Franziskus: Der neue Selige zeige, dass es wichtig sei, “keine Angst zu haben, gegen den Strom zu schwimmen und auch für das Evangelium zu leiden”. Diese wenigen Worte klingen fast so, als habe Papst Franziskus an seinen eigenen Nachruf gedacht.
Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.