CHARLIE HEBDO ist eine religionskritische Zeitung. Eine Zeitung im Dienst der Aufklärung. Und diese Zeitung findet Respekt nicht nur im “antiklerikalen Milieu” oder bei den “letzten Achtundsechszigern”, sondern, und das freut den Religionsphilosophischen Salon Berlin, auch in explizit katholischen Kreisen Frankreichs, etwa bei der Zeitschrift LA VIE.
Die angesehene und weit verbreitete Katholische Wochenzeitung LA VIE (PARIS), die den offenen, ökumenischen Geist des Katholizismus deutlich vertritt und verteidigt, hat zum grauenhaften Mord an den Mitgliedern der Redaktion von CHARLIE HEBDO am 7. Januar 2015 eine Erklärung veröffentlicht. Wichtig ist, dass nun bekannt wird, dass Charlie Hebdo durchaus auch in progressiven katholischen Kreisen geschätzt wurde! Dabei haben die Bischöfe Frankreichs in ihrer Angst und “Kleinkariertheit” mehrfach Prozesse gegen die auch Katholizismus-kritische Zeitschrift “Charlie Hebdo” angestrengt, und – Gott sei Dank- immer verloren, wie berichtet wird. Im Jahr 2006 brachte Charlie Hebdo etwa eine Zeichnung, die das OPUS DEI darstelle: Der Gekreuzigte wurde gezeigt mit einem Koffer, aus dem massenweise Geld herausfällt. Fromme Kathliken (Opus Dei Leute?) haben darauf hin Charlie Hebdo diffamiert (siehe unten, (1) )
Uns freut, dass von “La Vie” nachdrücklich die umfassende Meinungsfreiheit verteidigt wird. Der Text stammt von La Vie Chefredakteur Jean Pierre Denis. Die Übersetzung machte Christian Modehn (CM), Berlin.
Nebenbei: In philosophie-historischer Perspektive: Uns scheint, dass der Mord an den Redakteuren von “Charlie Hebdo” und der nun möglichen Unterbrechung im Erscheinen dieser Zeitschrift vergleichbar wäre: Wenn man damals, im 18. Jahrhundert, den religionskritischen Salon von Diderot und d Holbach in der Rue des Moulins in Paris in die Luft gesprengt hätte. Oder wenn man Voltaire in jungen Jahren ermordet hätte. Damals waren die Reaktionären aber offenbar noch etwas freundlicher, sie sorgten “nur” für längere Gefängnisstrafen der Religionskritiker in der Bastille…. Zur weiteren Information zum 7.1.2015 besonders über den Slogan “Je suis Charlie” klicken Sie hier.
……………..DER TEXT VON LA VIE: ………
Das gemeine und schändliche Attentat gegen „Charlie Hebdo“ stürzt die Redaktion von LA VIE in tiefe Trauer. Unser Denken gilt den Mitbrüdern und Mitschwestern (französische Journalisten sprechen sich oft in dieser Weise an, CM), die feige ermordet wurden, sie gilt auch den Polizisten, die getötet wurden, weil sie Journalisten zu schützen versucht sowie den Familien aller Opfer. „Der freie Austausch der Gedanken und Meinungen ist eines der wertvollsten Menschenrechte“. Das haben 1789 die Autoren der Erklärung der Menschen – und Bürgerrechte geschrieben. Mehr als je zuvor, erscheint uns diese Maxime wertvoll und wahr! Ohne Freiheit der Presse, gibt es keine Demokratie.
Und auch der Spott gehört zu dieser Freiheit! Selbst wenn er unser religiöses Gefühl verletzt.
In jedem Jahr werden deswegen viele Reporter, Karikaturisten und Photographen ermordet. Wenn nun dieser Horror auch uns heimsucht in unserer Redaktionskonferenz, sind wir genauso bestürzt und beunruhigt ohne dafür Worte zu finden.
Unsere Zeitschrift „La Vie“ kann es sich als Ehre anrechnen, oft die Illustrationen von Charb (er wurde ermordet, CM) und anderer Mitarbeiter von Charlie Hebdo veröffentlicht zu haben. Die Zeichnungen, die Charb für „La Vie“ gestaltet hat, waren nicht nur immer voller Humor und voller Talent. Sie waren auch immer von tiefem Respekt gegenüber unseren Lesern und deren Überzeugungen. Sicherlich, nicht alle und nicht immer waren wir einverstanden mit Charlie Hebdo. Aber viel stärker war immer das, was uns miteinander verband! Und das ist der Geschmack und die Lust an der Meinungsfreiheit, das ist die Suche nach der Wahrheit, was immer es kosten möge, sowie der Kampf für die Menschenrechte.
Mehr als je zuvor halten wir uns alle daran, wie die größte Mehrheit der Journalisten, wie die immense Mehrheit der Bewohner dieses Landes, woher auch immer sie kommen und wie auch immer ihre philosophische oder religiöse Überzeugung sein mag.
(1) Quellenangabe zu Opus Dei und Charlie Hebdo: 21 octobre 2009 : Avec un clin d’oeil à sa Une de 2006 s’en prend à l’Opus Dei
Huit mois après la fin du procès de l’affaire des caricatures de Mahomet, Charlie Hebdo fait un clin d’oeil à sa fameuse couverture de février 2006 pour parler du financement de l’Opus dei, une organisation de l’Église catholique. Le dessin de couverture y représente un homme crucifié, porteur de valises, d’où s’échappent des billets de banques. Là encore, Charlie Hebdo reçoit de nombreuses menace de croyants, persuadés de reconnaître Jésus Christ dans cette caricature.
Quelle: http://www.msn.com/fr-fr/actualite/france/charlie-hebdo-et-la-religion-de-la-provocation-aux-repr%C3%A9sailles/ar-AA7SvcN. Gelesen am 7.1.2015
copyright: Christian Modehn
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