Hinweise von Christian Modehn
Drei interessante Fragen wurden in unserem Religionsphilosophischen Salon Berlin diskutiert, die ich gern in eine etwas breitere Öffentlichkeit stelle. Die Fragen mögen – auf Weltebene – eher etwas marginal erscheinen, aber sie sind kirchenpolitisch (im Sinne einer römisch – katholischen Kirchenpolitik heute) durchaus relevant, auch religionskritisch natürlich. Denn eine selbstverständlich konfessionsunabhängige Religionskritik ist ja bekanntlich eine wichtige Dimension jeder Religionsphilosophie.
Also: Eine erste Frage: Was bedeutet es, wenn jetzt ein Jesuit, Pater Luis Ladaria Ferrer, Chef der obersten Glaubensbehörde im Vatikan wird, wo doch Jesuiten durch ihr zusätzliches viertes Gelübde sich zu besonderem Gehorsam gegenüber dem Papst verpflichten? Dieses vierte Gelübde (neben den üblichen Gelübden der Armut, des Gehorsam und der Keuschheit) wird ja bekanntlich auch Papstgelübde genannt. Im Falle von Kardinal Müller, dem kürzlich entlassenen Glaubenschef, konnte man ja eine gewisse eigenständige, papstunabhängige und papstkritische Theologie sehen. Damit soll nun Schluss sein. Oberste katholische Theologie ist Papst – Theologie.
Unser Hinweis also: Durch die intensive Bindung an den Papst wird also der Chef der Glaubensbehörde ganz eng an die Weisungen des Papstes Franziskus gebunden. Man könnte, etwas journalistisch zugespitzt, sagen: Pater Ladaria Ferrer darf aufgrund dieser jesuitischen speziellen Gelübde – Bindung eigentlich nur das Sprachrohr von Papst Franziskus sein. Damit hat Papst Franziskus wohl einen kleinen Sieg errungen hinsichtlich der Durchsetzung seiner offenbar eigenen und manchmal etwas progressiv wirkenden Theologie.
Eine zweite noch etwas schwierigere Frage: Jesuiten sind zu besonderem Gehorsam dem jeweiligen Papst gegenüber verpflichtet. Welchem Papst gehorcht aber ein Papst, wie Franziskus, der selbst Jesuit ist und bleibt? Im Falle von Papst Franziskus doch sicher nicht dem emeritierten Papst Benedikt XVI.! Ein Jesuit als Papst gehorcht natürlich auch nicht dem obersten Chef im Jesuitenorden in Rom. Gehorcht also Franziskus einem abstrakten Papst- Amt? Ist dann die Person des Papstes von der des Jesuiten – in einer und derselben Person – verschieden? Wohl kaum. Wem gehorcht also ein Jesuit, der selbst Papst ist? Diese Frage wurde meines Wissens noch nicht öffentlich erörtert. Mein theologischer Vorschlag: Er gehorcht – ganz einfach – seinem Gewissen. Päpste, die im letzten auch in dogmatischen Fragen ihrem Gewissen folgen und nicht der Wiederholung angeblich ewiger Dogmen: Das wäre doch ein Gewinn. Im Falle Johannes XXIII. war dies in der Einberufung des Konzils offensichtlich. Bei anderen, wie Pius IX. hatte die eigene Meinung verheerende Folgen, als er gegen den Widerstand vieler Bischöfe sein Lieblings – Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes (in so genannten Glaubens – und Sittenfragen) durchsetzte. Darin werden die Grenzen eines selbstherrlichen Papstamtes sichtbar. Die Abwehr der Demokratie und des Synodalen in der römischen Kirche ist zutiefst begründet im absoluten Festhalten an dem Amt der einen Person, die Papst ist. Man kann das Papstamt nur verteidigen, wenn man Demokratie für die Kirche rigoros ablehnt.
Eine dritte Frage, die noch viel schwieriger ist und keine Antwort finden wird bei der üblichen Geheimhaltung in allen Orden: Was bedeutet konkret eigentlich das Gelübde der Armut, das die Jesuiten wie alle anderen Ordensleute versprechen (fast hätte ich ironisch das doppeldeutige Wort „Das Gelübde der Armut ab – legen“ verwendet). Geloben die Jesuiten z.B. nur individuelle Armut? Oder ist der Orden als Ordensinstitution auch arm? Das mag für Haiti ein bisschen zutreffen, gilt aber kaum für die reichen Länder Europas und Amerikas. Also: Wie reich ist der Orden als Orden wirklich, was z. B. nur die hübschen Immobilien – Eigentümer betrifft, von den Fonds etc. ganz zu schweigen. Dazu geben weder die Jesuiten noch die anderen Orden auch nur im entferntesten erste Ansätze von Antworten, die überzeugen. Über den Reichtum der Orden, etwa auch der Benediktinerklöster, etwa Münsterschwarzach usw., herrscht eine totale Informations – Sperre. Und kaum jemand unter Journalisten oder Wissenschaftlern fragt nach. Hat man Angst? Da sind selbst die deutschen Bistümer etwas demokratischer und legen ihre Etats ein bisschen frei. Das Thema „Reichtum der angeblich armen Orden(sleute) ist eines der letzten religionspolitischen Tabuthemen.
Ein letzter Hinweis: Das Schwierige ist nur: Alle diese Orden betteln um Spenden bei zweifellos ärmeren gut – gläubigen Leuten. Skandalös ist etwa, wenn der mit vielen vielen Millionen ausgestattete Orden der Legionäre Christi (in Spanien und Lateinamerika treffend „Millionäre Christi“ genannt) auch noch um Spenden bei den sprichwörtlich armen katholischen Mütterchen bettelt.
Man sollte fordern: Solange die Orden nicht zeigen, wie reich sie als Mitglieder und als Institutionen wirklich sind und was sie mit dem Reichtum so alles machen, sollte die Spendenbereitschaft für die Orden sehr sehr reduziert werden.
Nebenbei: Wenn große Klöster in Hotels umgewandelt werden, wie es in Rom oder Prag die Augustiner z. B. tun, dann werden nicht etwa Wohnungen für Familien gebaut, wo man doch katholischerseits so heftig die Hetero – Familien liebt! Nein, die Klöster werden zu Luxushotels umgestaltet. Die armen Orden brauchen viel Geld für sich selbst! Und betteln weiter um Spenden. Was für eine Schande.
Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon.