Katholiken für Charlie Hebdo: Die katholische Zeitschrift LA VIE (PARIS) trauert nicht nur um Charb

CHARLIE HEBDO ist eine religionskritische Zeitung. Eine Zeitung im Dienst der Aufklärung. Und diese Zeitung findet Respekt nicht nur im “antiklerikalen Milieu” oder bei den “letzten Achtundsechszigern”, sondern, und das freut den Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salon Berlin, auch in explizit katholischen Kreisen Frankreichs, etwa bei der Zeitschrift LA VIE.

Die angesehene und weit verbreitete Katholische Wochenzeitung LA VIE (PARIS), die den offenen, ökumenischen Geist des Katholizismus deutlich vertritt und verteidigt, hat zum grauenhaften Mord an den Mitgliedern der Redaktion von CHARLIE HEBDO am 7. Januar 2015 eine Erklärung veröffentlicht. Wichtig ist, dass nun bekannt wird, dass Charlie Hebdo durchaus auch in progressiven katholischen Kreisen geschätzt wurde! Dabei haben die Bischöfe Frankreichs in ihrer Angst und “Kleinkariertheit” mehrfach Prozesse gegen die auch Katholizismus-kritische Zeitschrift “Charlie Hebdo” angestrengt, und – Gott sei Dank- immer verloren, wie berichtet wird. Im Jahr 2006 brachte Charlie Hebdo etwa eine Zeichnung, die das OPUS DEI darstelle: Der Gekreuzigte wurde gezeigt mit einem Koffer, aus dem massenweise Geld herausfällt. Fromme Kathliken (Opus Dei Leute?) haben darauf hin Charlie Hebdo diffamiert (siehe unten, (1) )

Uns freut, dass von “La Vie” nachdrücklich die umfassende Meinungsfreiheit verteidigt wird. Der Text stammt von La Vie Chefredakteur Jean Pierre Denis. Die Übersetzung machte Christian Modehn (CM), Berlin.

Nebenbei: In philosophie-historischer Perspektive: Uns scheint, dass der Mord an den Redakteuren von “Charlie Hebdo” und der nun möglichen Unterbrechung im Erscheinen dieser Zeitschrift  vergleichbar wäre: Wenn man damals, im 18. Jahrhundert, den religionskritischen Salon von Diderot und d Holbach in der Rue des Moulins in Paris in die Luft gesprengt hätte. Oder wenn man Voltaire in jungen Jahren ermordet hätte. Damals waren die Reaktionären aber offenbar noch etwas freundlicher, sie sorgten “nur” für längere Gefängnisstrafen der Religionskritiker in der Bastille…. Zur weiteren Information zum 7.1.2015 besonders über den Slogan “Je suis Charlie” klicken Sie hier.

……………..DER TEXT VON LA VIE: ………

Das gemeine und schändliche Attentat gegen „Charlie Hebdo“ stürzt die Redaktion von LA VIE in tiefe Trauer. Unser Denken gilt den Mitbrüdern und Mitschwestern (französische Journalisten sprechen sich oft in dieser Weise an, CM), die feige ermordet wurden, sie gilt auch den Polizisten, die getötet wurden, weil sie Journalisten zu schützen versucht sowie den Familien aller Opfer.  „Der freie Austausch der Gedanken und Meinungen ist eines der wertvollsten Menschenrechte“. Das haben 1789 die Autoren der Erklärung der Menschen – und Bürgerrechte geschrieben. Mehr als je zuvor, erscheint uns diese Maxime wertvoll und wahr! Ohne Freiheit der Presse, gibt es keine Demokratie.

Und auch der Spott gehört zu dieser Freiheit! Selbst wenn er unser religiöses Gefühl verletzt.

In jedem Jahr werden deswegen viele Reporter, Karikaturisten und Photographen ermordet. Wenn nun dieser Horror auch uns heimsucht in unserer Redaktionskonferenz, sind wir genauso bestürzt und beunruhigt ohne dafür Worte zu finden.

Unsere Zeitschrift „La Vie“ kann es sich als Ehre anrechnen, oft die Illustrationen von Charb (er wurde ermordet, CM) und anderer Mitarbeiter von Charlie Hebdo veröffentlicht zu haben. Die Zeichnungen, die Charb für „La Vie“ gestaltet hat, waren nicht nur immer voller Humor und voller Talent. Sie waren auch immer von tiefem Respekt gegenüber unseren Lesern und deren Überzeugungen. Sicherlich, nicht alle und nicht immer waren wir einverstanden mit Charlie Hebdo. Aber viel stärker war immer das, was uns miteinander verband! Und das ist der Geschmack und die Lust an der Meinungsfreiheit, das ist die Suche nach der Wahrheit, was immer es kosten möge, sowie der Kampf für die Menschenrechte.

Mehr als je zuvor halten wir uns alle daran, wie die größte Mehrheit der Journalisten, wie die immense Mehrheit der Bewohner dieses Landes, woher auch immer sie kommen und wie auch immer ihre philosophische oder religiöse Überzeugung sein mag.

(1)  Quellenangabe zu Opus Dei und Charlie Hebdo:  21 octobre 2009 : Avec un clin d’oeil à sa Une de 2006 s’en prend à l’Opus Dei

Huit mois après la fin du procès de l’affaire des caricatures de Mahomet, Charlie Hebdo fait un clin d’oeil à sa fameuse couverture de février 2006 pour parler du financement de l’Opus dei, une organisation de l’Église catholique. Le dessin de couverture y représente un homme crucifié, porteur de valises, d’où s’échappent des billets de banques. Là encore, Charlie Hebdo reçoit de nombreuses menace de croyants, persuadés de reconnaître Jésus Christ dans cette caricature.

Quelle: http://www.msn.com/fr-fr/actualite/france/charlie-hebdo-et-la-religion-de-la-provocation-aux-repr%C3%A9sailles/ar-AA7SvcN. Gelesen am 7.1.2015

 

copyright: Christian Modehn

 

 

Gotteslästerung: Sinn und Unsinn, ein Interview mit Prof. Wilhelm Gräb

Erneut publiziert – angesichts des Films in ARTE am 14. 12. 2016 um 22.05.

Ein Interview mit dem protestantischen Theologen Prof. Wilhelm Gräb, Berlin. Die Fragen stellte Christian Modehn.

Wenn man beim Thema „Gotteslästerung“ nur die so genannten christlich geprägten Länder beobachtet: Dann fällt auf, dass in letzter Zeit immer wieder Künstler angeklagt wurden (wie in Moskau beim Pussy Riot – „Prozess“), in ihren Aktionen und künstlerischen Arbeiten „Gott zu lästern“. Warum reagieren vor allem Politiker und Kirchenführer so heftig?

Auffällig ist in der Tat, dass immer wieder Künstler der Vorwurf der Gotteslästerung trifft. Denken wir an Madonnas Video-Clip „Like a Prayer“, die Madonna als Gekreuzigte zeigt, an die Jeans-Werbung von Otto Kern, die das „Abendmahl“ von Leonardo da Vinci persiflierte oder an den Film „Die letzte Versuchung“ von Martin Scorsese, in dem Jesus im Liebesakt mit Maria Magdalena gezeigt wird – immer waren Vertreter der Katholischen Kirche und fundamentalistische Protestanten mit dem Blasphemie-Vorwurf zur Stelle. Die Koalition mit der politischen Macht, die jetzt im „Prozess“ gegen Mitglieder der russischen Rockband „Pussy Riot“ offenkundig wurde, ist in den demokratischen westlichen Gesellschaften so allerdings nicht mehr gegeben – bislang jedenfalls nicht.

Nach der Revision des STGB in den 1960 Jahren ist die „Gotteslästerung“ in der Bundesrepublik Deutschland nur noch strafbar, wenn sie den „öffentlichen Frieden stört“.  Es wäre zutreffender gewesen, hätte man damals den Gotteslästerungsparagraphen ganz aus dem Strafgesetz herausgenommen. In dem Zusammenhang wird deutlich:  Der sog. Gotteslästerungsparagraph, also STGB § 166, aber auch § 167, soll den religiösen Pluralismus gewährleisten, nicht aber die freie und kritische Äußerung in Religionsangelegenheiten einschränken. Es sei daran erinnert, dass es gerade protestantische Kirchenführer wie der Präses der Rheinischen Kirche, Joachim Beckmann (1901 – 1987), waren, die anlässlich der Strafrechtsreform in der Bundesrepublik in den frühen 1960er Jahre angemahnt hatten, dass der Gotteslästerungs – Paragraph überhaupt nicht mehr in die Verhältnisse einer pluralistischen Gesellschaft passe, weil er politisch dazu missbraucht werden könne, die Meinung Andersdenkender zu unterdrücken. Präses Beckmann war übrigens ein Mann der „Bekennenden Kirche“ im Kampf gegen das Nazi Regime und die „Deutschen Christen“: Es steht, so sagte Beckmann in den 1960 Jahren, der Kirche gut an, „dass sie von sich aus auf einen weitergehenden strafrechtlichen Sonderschutz gegen Religionsdelikte verzichtet und jede auch nur entfernte Erinnerung an eine strafrechtliche Verketzerung Andersdenkender vermeidet“.

In letzter Zeit mehren sich allerdings auch in Deutschland wieder Stimmen, sie kommen vorwiegend  aus dem katholischen Raum, die das Verbot der Gotteslästerung wieder ernster genommen wissen möchten. Gotteslästerung wittern sie dort, wo christliche Symbole in die Regie freier, kritischer, auch vor der Persiflage nicht zurückschreckender Darstellung genommen werden – also insbesondere in der Bildenden Kunst, in der Literatur, im Film, im freien Journalismus, in der Popmusik. Der renommierte katholische Schriftsteller Martin Mosebach oder auch der katholische Philosoph Robert Spaemann haben sich diesbezüglich zuletzt besonders hervorgetan. Sie meinen daran erinnern zu müssen, dass der Gottesbezug in unserer Verfassung stehe und fordern, da der die Wertgrundlagen der Gesellschaft garantierende Gott nur der christliche Gott sein könne, den politisch und rechtlich sanktionierten Schutz des christlichen Gottes. Es sei, so meinen sie, nicht länger zu ertragen, dass die Muslime ein Anrecht auf den Schutz ihrer religiösen  Gefühle geltend machen könnten, Christen hingegen sich jede öffentliche Schmähung ihres Gottes gefallen lassen müssten. Weiterlesen ⇘

Anselm Grün wird 70: Mystiker und Finanzexperte

Pater Anselm Grün, der Benediktinermönch aus Münsterschwarzach, wird am 14. Januar 2015, 70 Jahre alt. Anselm Grün ist einer der erfolgreichsten spirituellen Schriftsteller, der klostereigene Vier Türme Verlag in Münsterschwarzach nennt eine Gesamtauflage von 18 Millionen Exemplaren in mehr als 30 Sprachen. Zu allen nur denkbaren Themen des christlichen Lebens hat sich Pater Grün geäußert, und er hat dabei eine weltweite Fan-Gemeinde gefunden. Als erfolgreicher spiritueller Autor interessiert er auch uns im Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salon Berlin, der sich selbstverständlich der Religions/Kirchenkritik verpflichtet weiß und sicher auch bald einmal das theologisch-psychologisches Konzept, den Grundtenor, der zahllosen Texte, Bücher und Vorträge etwas ausführlicher betrachten wird.

Nicht so sehr bekannt ist die Tatsache, dass der viel beschäftigte spirituelle Autor auch viele Jahre die oberste Verantwortung für alle finanziellen Belange seines Klosters hatte, zum Kloster gehören zahlreiche Betriebe mit mehr als 300 Angestellten, man kann also durchaus von einem “Unternehmen” sprechen. Und das scheint zu florieren, mit armen Mönchen als Bewohnern in einem reichen Kloster.

Der FAZ gewährte Pater Anselm Grün 2010 ein Interview über seine finanziellen Aktivitäten im Kloster und für das Kloster. Dieses Interview darf als Rarität angesehen werden, denn sonst äußern sich Ordensleute äußerst selten zu den Vermögen, Immobilien, Eigentumsverhältnissen usw. ihrer Ordensgemeinschaft bzw. ihres Klosters.

Das Interview mit dem Finanzexperten Pater Anselm Grün haben wir gekürzt, den ganzen Text sollte man bitte in der FAZ nachlesen, klicken Sie hier.

Pater Anselm Grün legt das Vermögen seiner Abtei an. Der Mönch glaubt an deutsche Einzelwerte. Und an eine Fluglinie in Hongkong.   22.12.2010 FAZ

Anselm Grün – Der Benediktiner Pater stellt sich im Kloster Münsterschwarzach den Fragen von Bettina Weiguny.

Pater Anselm Grün, wollen wir über Geld reden?

Gerne, Geld an sich ist nichts Schlechtes! Auch wenn es heikel für mich ist, darüber zu sprechen.

Als Mann Gottes sollten Sie das Geld verteufeln?

Das erwarten viele. Die reagieren sehr emotional, wenn ich erkläre, dass die Börse erst einmal ein lobenswertes Instrument ist. Dann schreiben sie mir böse Briefe, drohen, meine Bücher zu verbrennen.

Sie sind Bestseller-Autor und Finanzchef des Klosters Münsterschwarzach. Was macht mehr Spaß?

Das Schreiben natürlich. Und die Stunden, die mir für die Seelsorge bleiben. Aber um die Finanzen des Klosters muss sich jemand kümmern, seit 34 Jahren mache ich das.

Wie viele Millionen legen Sie an?

Mit Zahlen bin ich zurückhaltend. Ich habe mal erzählt, dass wir drei Millionen Euro mit argentinischen Staatsanleihen verloren haben. Da waren viele entsetzt. So viel Geld, jetzt ist er verrückt geworden! Aber bei einem Kloster mit 100 Glaubensbrüdern, zahlreichen Betrieben und 300 Angestellten geht es schnell um sehr hohe Summen.

Kürzung.

Sind Sie immer erfolgreich als Investor?

Es gab in all den Jahren nur zwei Ausreißer: 2002 und 2008. Natürlich habe auch ich in der Finanzkrise gelitten. Wegen verschiedener Bonuszertifikate hatte ich 30 Prozent Buchverlust. Das hat mich aufgewühlt. Wir brauchen das Geld für das Kloster, mussten Investitionen zurückstellen. Da habe ich schlecht geschlafen. Aber seit Anfang 2009 habe ich die Verluste fast wieder wettgemacht. Fünf Prozent fehlen mir noch, dann stehen wir wieder so gut da wie vor der Krise.

Was sind Ihre Hits im Depot?

Vor allem Nebenwerte, Firmen im MDax und TecDax. Aareal-Bank-Aktien habe ich Anfang 2009 zu 6 Euro gekauft, jetzt steht der Kurs bei 21 Euro. Auch Kuka-Aktien haben sich rentiert und Grammer, eine Maschinenbau-Firma.

Was stellen die her?

Das weiß ich nicht genau.

Das wissen Sie nicht?

Nein. So viel Zeit habe ich nicht. Ich widme jeden Tag höchstens fünfzehn Minuten der Geldanlage. Da gehe ich alle Kontoauszüge durch, lese Zeitung und einen Börsenbrief. Wenn mir dabei etwas auffällt, entscheide ich, ob ich etwas kaufe, verkaufe oder, und das ist mir am liebsten, alles so belasse. Man sollte nicht hektisch hin- und hertraden. Das können Investment-Banker machen. Privatanleger schaden sich damit meist.

Sie sind kein Daytrader?

Das halte ich für einen ganz falschen Ansatz. Natürlich gibt es Menschen, die denken: Morgens kaufe ich ein Wertpapier und abends verkaufe ich es mit 40 Prozent Gewinn. Das ist definitiv nicht mein Stil. Da hat das Geld den Menschen in Beschlag genommen. Er hat die gesunde Erdung verloren.

Das klingt jetzt spirituell.

Der Unterschied aber ist entscheidend. Die Bibel sagt, wenn der Reiche gedanklich nur noch um seinen Reichtum kreist, wird er innerlich leer. Es hilft nichts, sich tagelang den Kopf über seine Investments zu zerbrechen. Wenn man bei einem Wert ein gutes Gefühl hat, sollte man zugreifen – und sich dann sinnvollen Dingen zuwenden.

Allein dem Bauchgefühl zu folgen erscheint gewagt.

Zur Geldanlage gehört Mut, sonst sind Sie nie erfolgreich. Die Angst ist ein genauso schlechter Ratgeber wie die Gier. Die Angst macht kopflos, die Gier blind und leer.

Erliegen Sie nie dem Reiz der Börse, werden übermütig, gierig?

Nein. Man braucht eine innere Distanz zum Geld, sonst macht man Fehler. Das kann ich mir nicht erlauben. Allein von dem, was unsere Hände erwirtschaften – also Bäckerei, Schmuckatelier, Verlag und Landwirtschaft – können wir nicht leben. Wenn ich Fehler mache, prügeln hier alle auf mich ein: Wie konntest du bloß? Das schmerzt, ist aber in Ordnung.

Was sind Ihre Vorgaben für die Rendite?

Ich habe keine Vorgabe. Eine Rendite von sechs bis zehn Prozent sollte allerdings herausspringen.

—–KÜRZUNG

Wo investieren Sie derzeit?

Vor allem im deutschsprachigen Raum und einen Teil in den Bric-Staaten, Brasilien, Russland, China, Indien. Ich splitte – 60 Prozent Anleihen, 40 Prozent Unternehmensaktien, teils über Fonds. Zudem Rohstoffe jeglicher Art.

—- KÜRZUNG

Aber über Fonds investiere ich in Edelmetalle, in Agrarrohstoffe, Industriemetalle und Energie.

Erneuerbare Energien?

Da wäre ich vorsichtig. Viele Unternehmen gehen mit den Prädikaten hausieren, können aber nicht sinnvoll mit Geld umgehen, da werde ich fuchsig. Ich habe mit einem Klimawandel-Fonds viel Geld verloren. Auch bei den Ökofonds überzeugt mich vieles nicht.

—-KÜRZUNG:

Was springt Sie gerade an?

Qiagen. Der Pharmahersteller ist, glaube ich, sehr interessant.

Vermeintlich sichere Staatsanleihen meiden Sie, nach Ihrem Argentinien-Fiasko?

Generell ja, nur bei Griechenland bin ich kürzlich eingestiegen. Die Anleihe läuft bis 2013, bis dahin ist das Geld durch den Rettungsschirm garantiert.

„Sie Spekulant!“, werden jetzt einige rufen.

Vermutlich, ja. Aber ich spekuliere nicht auf den Bankrott des Landes. Das würde ich nie tun. Ich halte mich an ethische Standards, investiere nicht in Rüstungsanleihen. Aber Purist kann man angesichts der Verflechtungen, die es weltweit gibt, nicht sein. Natürlich habe ich Siemens im Portfolio, BASF und Daimler. Ebenso chinesische Firmen, obwohl ich sehe, dass dort in Sachen Menschenrechte Nachholbedarf besteht.

China ist auch für Sie spannend?

Sehr, ich setze allerdings nur auf Fonds. Einzelwerte traue ich mir in Asien nicht zu, dazu kenne ich mich nicht gut genug aus. Obwohl, es gibt eine Ausnahme: Ich habe Aktien einer Fluggesellschaft: Cathay Pacific in Hongkong.

—KÜRZUNG

P. Grün: Diese Aktie hat sich traumhaft entwickelt.

—KÜRZUNG:

Womit verdienen Sie mehr Geld: mit Geldanlage oder Büchern?

Ich sage es nur ungern: Natürlich mit der Geldanlage.

Ein Hinweis der FAZ:

Pater Anselm Grün wurde am 14. Januar 1945 geboren. Wilhelm Grün, so sein bürgerlicher Name, trat nach dem Abitur dem Benediktinerorden in der Abtei Münsterschwarzach bei. Der promovierte Theologe, der auch Philosophie und Wirtschaft studiert hat, führt seit 1977 die Betriebe des Klosters. Er hat 300 Bücher geschrieben und ist einer der meistgelesenen christlichen Autoren der Gegenwart.

Quelle:

http://www.faz.net/aktuell/finanzen/fonds-mehr/anselm-gruen-moench-und-vermoegensverwalter-zehn-prozent-rendite-sollten-schon-rausspringen-11085869-p2.html

Wir haben einen Vorschlag für ein weiteres Buch, das Pater Anselm Grün schreiben könnte und das sicher weltweit ein Bestseller wird: Wie ist es möglich, als armer Mönch, als arme Nonne, in einem offenbar reichen Kloster zu leben?

Die Lehren der Philosophie. Eine Buchempfehlung

“Die Lehren der Philosophie. Eine Kritik”

Zu einem Buch von Michael Hampe

Von Christian Modehn

Dieses Buch wird unseren „Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salon Berlin“ in diesem Jahr 2015 und darüber hinaus begleiten: Als Inspiration, als Kritik an festgefahrenen Vorstellungen, als Eröffnung neuer Möglichkeiten philosophischen Denkens und philosophischen Lebens. Das gilt, auch wenn das großartige Buch von Michael Hampe (Professor in Zürich) einige Fragen offen lässt, wie sollte es anders sein. Und auch, wenn das uns besonders interessierende Thema, die Möglichkeit Religion/Gott/Göttliches philosophisch zu denken, nicht in der von uns vielleicht ersehnten Ausführlichkeit diskutiert wird.

Es ist naturgemäß unmöglich, das 455 Seiten umfassende Buch auch nur annährend in Kürze zu würdigen. Ich möchte nur aus meiner Sicht auf einige besonders inspirierende Erkenntnisse Michael Hampes hinweisen, die hoffentlich zu weiterer Lektüre und Auseinandersetzung bei den LeserInnen führen. Die Verweise auf die Seiten beziehen sich ausschließlich auf das Buch, das im Suhrkamp Verlag 2014 erschienen ist.

Zentral ist der Vorschlag, Philosophie nicht länger nur als doktrinäre Lehre und behauptende Wissenschaft zu verstehen und zu praktizieren, also nicht länger nur ausgefeilte Systeme, Kantianismus, Hegelianismus, Thomismus usw. für Gestalten akademischer (Universitäts)-Philosophie zu halten. Es gibt daneben eine ganze Welt „anderer Philosophie“, die sich sehr stark an Sokrates orientiert, die mehr das Fragen als das Wissen liebt, mehr die Zweifel als die Gewissheit.

Philosophie ist für Hampe „eine Tätigkeit des Nachdenkens“, „die als nicht doktrinäres, aber auch nicht narratives Reflektieren ein intellektuelles Projekt sui generis darstellt“ (74). Mit anderen Worten: Philosophie ist zuerst Philosophieren als geistige Tätigkeit des einzelnen und auch in kleiner Gruppe, und dies muss nicht zuerst an einer Universität durch verbeamtete Professoren (55) geschehen. In unserer Sicht kann ein philosophischer Salon auch der treffende Ort des „nichtdoktrinären Nachdenkens“ sein. Das Stichwort „philosophischer Salon“ fällt unseres Wissens nicht in dem Buch, die Sache aber wird durchaus von Michael Hampe angezielt. Denn es kommt alles darauf an, Fragen zu stellen, die nicht nur aus dem internen Disput der Fachphilosophen erwachsen, sondern die aus dem Leben der TeilnehmerInnen sich aufdrängen. „Die philosophische Rede führt uns eigene Erfahrungen distanzierend vor Augen. Sie sucht nach den richtigen Begriffen für diese Erfahrungen und fragt, wie diese zu bewerten sind“ (74). Und diese Erfahrungen sind jeweils neu und immer anders, so dass sich Philosophie als ein andauernder Neubeginn verstehen sollte. Sie ist keine Wissenschaft, die Schritt für Schritt allgemein gültige Erkenntnisse niederlegt, Philosophie ist ganz anders, spielt eine Sonderrolle im Gesamt der Wissenschaften und Künste. „Man kann Philosophie nicht lernen wie Physik“, steht auf dem Buchumschlag. Philosophie lernt man vor allem, indem man eine hohe Sensibilität für je individuelle Lebenserfahrungen pflegt, die sich je anderen Texten mit je anderer Sprache ausdrücken. Philosophieren ist darum stets Neubeginnen.

Der sokratische Impuls des Fragens, des Erschütterns, des Offenhaltens, zieht sich für Hampe durch die ganze Geschichte der Philosophie verstanden als nicht-doktrinäre Philosophie. Diese Tradition gilt es neu zu beleben, damit Philosophie wieder „etwas Persönliches“ (54) wird und die „Deplaziertheit lehrbuchartiger Texte“ (ebd.) freigelegt wird. Wer diese auf die Individualität abhebende Philosophie fördert und fordert, will sozusagen den einzelnen retten vor der gängigen Vereinnahmung in Allgemeinbegriffe. Dabei ist sich der Autor durchaus bewusst, dass auch im Ausdruck einer individuellen Einzelerfahrung durchaus allgemeine Begriffe eine Rolle spielen. Die Frage aber ist, wird das Gesicht des einzelnen deutlich oder wird dieses Individuum eher mit der allgemeinen Maske des allgemein Menschlichen versehen. Um die Geltung des Individuums muss die nicht-doktinäre Philosophie ringen. Und sie findet Impulse für diesen Weg durchaus in der Literatur, die ja bekanntermaßen nicht von „dem“ Menschen spricht. Diese Hinweise Hampes verlangen eine weitere ausführliche Diskussion, er selbst verweist auf John M. Coetzees Roman „Elizabeth Costello“. Da wird deutlich, wie “Romanautoren” selbst philosophische “Leistungen” vollziehen.

Es sind oft auch einzelne, kleinere Passagen in Hampes Buch, die zu ausführlicherem Nachdenken und Debattieren einladen. So etwa, wenn er schreibt, das philosophische Experimentieren mit Begriffen aus der Überzeugung geschieht, „dass unser Sprechen und unser Leben so miteinander verbunden sind, dass eine gemeinsame Veränderung in unserem Sprechen auch eine Veränderung in unserem Leben darstellt“ (67). Noch deutlicher: Mit der Liebe zur Weisheit verbindet sich die Hoffnung, dass sich „unser Leben verbessern lässt, wenn wir unsere Sprache verändern“ (68). Die praktische Relevanz des individuellen Philosophierens, also der Pflege der Weisheit, wird so klar formuliert: „Durch Nachdenken zu einem besseren Leben“ zu kommen. Und das Nachdenken sich und anderen sagen, in Worten, die individuell berührend, in die Tiefe gehend sind, und deswegen verändernde Kraft haben können.

Viel Beachtung verdienen auch die Hinweise zu einer aus dem individuellen Leben heraus sprechenden Philosophie, die sich der Grenzen der begrifflichen Sprache bewusst ist: Und dann eher das Schweigen bevorzugt, aber nicht das beliebige Verstummen der Sprachlosen ist gemeint, sondern das wissende Schweigen derer, die ihr gemeinsames Schweigen verstehen und bejahen. Da werden Dimensionen der Mystik berührt oder Heideggers Hinweise zum „Erschweigen“ angesichts der Seinserfahrung. Interessant ist dabei der knappe Hinweis auf das Schweigen Jesu während seines Prozesses (381 f.).

Das Buch verlangt höchste Konzentration, und manchmal wünscht sich der Leser etwa kürzere, d.h. überschaubarere Sätze, um sozusagen nicht den „rationalen Atem“ zu verlieren. Aber der Leser wird von kritischen Hinweisen etwa zur Unkultur des Kapitalismus belohnt: „Indem Menschen sich als strategisch Handelnde in einer Konkurrenz um Ressourcen deuten, werden sie im Laufe der Zeit zu Personen, die vor allem strategisch handeln und denen alles als knappe Ressource erscheint“ (42). So werden Menschen verdinglicht…

Mit besonderem Vergnügen werden wahrscheinlich die Ausführungen über Sokrates gelesen, dem Inbild einer nicht-doktrinären Philosophie, so Hampe. Nicht das Aufstellen von Behauptungen sei für Sokrates zentral, sondern deren Infragestellung. „Er stellt Behauptungen in Frage, ohne sie durch vermeintlich bessere zu ersetzen“ (47).

Die Frage bleibt, ob dieses offene sokratische Infragestellen nicht doch von einem noch unthematischen Wissen her bestimmt ist. Auf die Angewiesenheit auch der nichtdoktrinären Philosophie eben nun doch auf gewisse Überzeugungen (Doktrinen?) wäre noch einmal später zurückzukommen.

Das Buch könnte meiner Meinung eine Art ausführliche Einleitung sein für die Entwicklung einer nicht-doktrinären Philosophie in vielen fogenden Büchern, die thematisch ausführlich behandeln was in dieser bislang eher marginalen Art des Philosophierens zu Themen wie „Mein Leben“, „mein Lieben“, „meine Welt“, „mein Gott“ usw. zu sagen Not tut.

Copyright: Christian Modehn

Michael Hampe, Die Lehren der Philosophie. Eine Kritik. Suhrkamp Verlag 2014. 455 Seiten. Leider ohne Namens – und Sachregister.