Anselm Grün wird 70: Mystiker und Finanzexperte

Pater Anselm Grün, der Benediktinermönch aus Münsterschwarzach, wird am 14. Januar 2015, 70 Jahre alt. Anselm Grün ist einer der erfolgreichsten spirituellen Schriftsteller, der klostereigene Vier Türme Verlag in Münsterschwarzach nennt eine Gesamtauflage von 18 Millionen Exemplaren in mehr als 30 Sprachen. Zu allen nur denkbaren Themen des christlichen Lebens hat sich Pater Grün geäußert, und er hat dabei eine weltweite Fan-Gemeinde gefunden. Als erfolgreicher spiritueller Autor interessiert er auch uns im Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salon Berlin, der sich selbstverständlich der Religions/Kirchenkritik verpflichtet weiß und sicher auch bald einmal das theologisch-psychologisches Konzept, den Grundtenor, der zahllosen Texte, Bücher und Vorträge etwas ausführlicher betrachten wird.

Nicht so sehr bekannt ist die Tatsache, dass der viel beschäftigte spirituelle Autor auch viele Jahre die oberste Verantwortung für alle finanziellen Belange seines Klosters hatte, zum Kloster gehören zahlreiche Betriebe mit mehr als 300 Angestellten, man kann also durchaus von einem “Unternehmen” sprechen. Und das scheint zu florieren, mit armen Mönchen als Bewohnern in einem reichen Kloster.

Der FAZ gewährte Pater Anselm Grün 2010 ein Interview über seine finanziellen Aktivitäten im Kloster und für das Kloster. Dieses Interview darf als Rarität angesehen werden, denn sonst äußern sich Ordensleute äußerst selten zu den Vermögen, Immobilien, Eigentumsverhältnissen usw. ihrer Ordensgemeinschaft bzw. ihres Klosters.

Das Interview mit dem Finanzexperten Pater Anselm Grün haben wir gekürzt, den ganzen Text sollte man bitte in der FAZ nachlesen, klicken Sie hier.

Pater Anselm Grün legt das Vermögen seiner Abtei an. Der Mönch glaubt an deutsche Einzelwerte. Und an eine Fluglinie in Hongkong.   22.12.2010 FAZ

Anselm Grün – Der Benediktiner Pater stellt sich im Kloster Münsterschwarzach den Fragen von Bettina Weiguny.

Pater Anselm Grün, wollen wir über Geld reden?

Gerne, Geld an sich ist nichts Schlechtes! Auch wenn es heikel für mich ist, darüber zu sprechen.

Als Mann Gottes sollten Sie das Geld verteufeln?

Das erwarten viele. Die reagieren sehr emotional, wenn ich erkläre, dass die Börse erst einmal ein lobenswertes Instrument ist. Dann schreiben sie mir böse Briefe, drohen, meine Bücher zu verbrennen.

Sie sind Bestseller-Autor und Finanzchef des Klosters Münsterschwarzach. Was macht mehr Spaß?

Das Schreiben natürlich. Und die Stunden, die mir für die Seelsorge bleiben. Aber um die Finanzen des Klosters muss sich jemand kümmern, seit 34 Jahren mache ich das.

Wie viele Millionen legen Sie an?

Mit Zahlen bin ich zurückhaltend. Ich habe mal erzählt, dass wir drei Millionen Euro mit argentinischen Staatsanleihen verloren haben. Da waren viele entsetzt. So viel Geld, jetzt ist er verrückt geworden! Aber bei einem Kloster mit 100 Glaubensbrüdern, zahlreichen Betrieben und 300 Angestellten geht es schnell um sehr hohe Summen.

Kürzung.

Sind Sie immer erfolgreich als Investor?

Es gab in all den Jahren nur zwei Ausreißer: 2002 und 2008. Natürlich habe auch ich in der Finanzkrise gelitten. Wegen verschiedener Bonuszertifikate hatte ich 30 Prozent Buchverlust. Das hat mich aufgewühlt. Wir brauchen das Geld für das Kloster, mussten Investitionen zurückstellen. Da habe ich schlecht geschlafen. Aber seit Anfang 2009 habe ich die Verluste fast wieder wettgemacht. Fünf Prozent fehlen mir noch, dann stehen wir wieder so gut da wie vor der Krise.

Was sind Ihre Hits im Depot?

Vor allem Nebenwerte, Firmen im MDax und TecDax. Aareal-Bank-Aktien habe ich Anfang 2009 zu 6 Euro gekauft, jetzt steht der Kurs bei 21 Euro. Auch Kuka-Aktien haben sich rentiert und Grammer, eine Maschinenbau-Firma.

Was stellen die her?

Das weiß ich nicht genau.

Das wissen Sie nicht?

Nein. So viel Zeit habe ich nicht. Ich widme jeden Tag höchstens fünfzehn Minuten der Geldanlage. Da gehe ich alle Kontoauszüge durch, lese Zeitung und einen Börsenbrief. Wenn mir dabei etwas auffällt, entscheide ich, ob ich etwas kaufe, verkaufe oder, und das ist mir am liebsten, alles so belasse. Man sollte nicht hektisch hin- und hertraden. Das können Investment-Banker machen. Privatanleger schaden sich damit meist.

Sie sind kein Daytrader?

Das halte ich für einen ganz falschen Ansatz. Natürlich gibt es Menschen, die denken: Morgens kaufe ich ein Wertpapier und abends verkaufe ich es mit 40 Prozent Gewinn. Das ist definitiv nicht mein Stil. Da hat das Geld den Menschen in Beschlag genommen. Er hat die gesunde Erdung verloren.

Das klingt jetzt spirituell.

Der Unterschied aber ist entscheidend. Die Bibel sagt, wenn der Reiche gedanklich nur noch um seinen Reichtum kreist, wird er innerlich leer. Es hilft nichts, sich tagelang den Kopf über seine Investments zu zerbrechen. Wenn man bei einem Wert ein gutes Gefühl hat, sollte man zugreifen – und sich dann sinnvollen Dingen zuwenden.

Allein dem Bauchgefühl zu folgen erscheint gewagt.

Zur Geldanlage gehört Mut, sonst sind Sie nie erfolgreich. Die Angst ist ein genauso schlechter Ratgeber wie die Gier. Die Angst macht kopflos, die Gier blind und leer.

Erliegen Sie nie dem Reiz der Börse, werden übermütig, gierig?

Nein. Man braucht eine innere Distanz zum Geld, sonst macht man Fehler. Das kann ich mir nicht erlauben. Allein von dem, was unsere Hände erwirtschaften – also Bäckerei, Schmuckatelier, Verlag und Landwirtschaft – können wir nicht leben. Wenn ich Fehler mache, prügeln hier alle auf mich ein: Wie konntest du bloß? Das schmerzt, ist aber in Ordnung.

Was sind Ihre Vorgaben für die Rendite?

Ich habe keine Vorgabe. Eine Rendite von sechs bis zehn Prozent sollte allerdings herausspringen.

—–KÜRZUNG

Wo investieren Sie derzeit?

Vor allem im deutschsprachigen Raum und einen Teil in den Bric-Staaten, Brasilien, Russland, China, Indien. Ich splitte – 60 Prozent Anleihen, 40 Prozent Unternehmensaktien, teils über Fonds. Zudem Rohstoffe jeglicher Art.

—- KÜRZUNG

Aber über Fonds investiere ich in Edelmetalle, in Agrarrohstoffe, Industriemetalle und Energie.

Erneuerbare Energien?

Da wäre ich vorsichtig. Viele Unternehmen gehen mit den Prädikaten hausieren, können aber nicht sinnvoll mit Geld umgehen, da werde ich fuchsig. Ich habe mit einem Klimawandel-Fonds viel Geld verloren. Auch bei den Ökofonds überzeugt mich vieles nicht.

—-KÜRZUNG:

Was springt Sie gerade an?

Qiagen. Der Pharmahersteller ist, glaube ich, sehr interessant.

Vermeintlich sichere Staatsanleihen meiden Sie, nach Ihrem Argentinien-Fiasko?

Generell ja, nur bei Griechenland bin ich kürzlich eingestiegen. Die Anleihe läuft bis 2013, bis dahin ist das Geld durch den Rettungsschirm garantiert.

„Sie Spekulant!“, werden jetzt einige rufen.

Vermutlich, ja. Aber ich spekuliere nicht auf den Bankrott des Landes. Das würde ich nie tun. Ich halte mich an ethische Standards, investiere nicht in Rüstungsanleihen. Aber Purist kann man angesichts der Verflechtungen, die es weltweit gibt, nicht sein. Natürlich habe ich Siemens im Portfolio, BASF und Daimler. Ebenso chinesische Firmen, obwohl ich sehe, dass dort in Sachen Menschenrechte Nachholbedarf besteht.

China ist auch für Sie spannend?

Sehr, ich setze allerdings nur auf Fonds. Einzelwerte traue ich mir in Asien nicht zu, dazu kenne ich mich nicht gut genug aus. Obwohl, es gibt eine Ausnahme: Ich habe Aktien einer Fluggesellschaft: Cathay Pacific in Hongkong.

—KÜRZUNG

P. Grün: Diese Aktie hat sich traumhaft entwickelt.

—KÜRZUNG:

Womit verdienen Sie mehr Geld: mit Geldanlage oder Büchern?

Ich sage es nur ungern: Natürlich mit der Geldanlage.

Ein Hinweis der FAZ:

Pater Anselm Grün wurde am 14. Januar 1945 geboren. Wilhelm Grün, so sein bürgerlicher Name, trat nach dem Abitur dem Benediktinerorden in der Abtei Münsterschwarzach bei. Der promovierte Theologe, der auch Philosophie und Wirtschaft studiert hat, führt seit 1977 die Betriebe des Klosters. Er hat 300 Bücher geschrieben und ist einer der meistgelesenen christlichen Autoren der Gegenwart.

Quelle:

http://www.faz.net/aktuell/finanzen/fonds-mehr/anselm-gruen-moench-und-vermoegensverwalter-zehn-prozent-rendite-sollten-schon-rausspringen-11085869-p2.html

Wir haben einen Vorschlag für ein weiteres Buch, das Pater Anselm Grün schreiben könnte und das sicher weltweit ein Bestseller wird: Wie ist es möglich, als armer Mönch, als arme Nonne, in einem offenbar reichen Kloster zu leben?