Der heilige Geist wird noch skeptischer angesichts der “Vatileaks”: Ein Brief aus Rom
Von Christian Modehn
Unser kleiner Hinweis auf dieser website kürzlich auf den heiligen Geist, der als Geist eben auch skeptisch ist, prüfend und immer fragend, hat selbst in Rom, der Papststadt, Aufmerksamkeit gefunden.
Wir freuen uns, dass ein Leser – angesichts der ersten bescheidenen Freilegungen etlicher älterer und jüngerer Skandale – uns aus Rom schreibt: „Der heilige Geist wird wohl noch skeptischer“.
In dem Text heißt es, und das ist neu in der Debatte: Es werde immer fraglicher, wie von diesem Staat aus, dem so genannten Heiligen Stuhl, die absolute Bestimmung zufallen kann, für alle Katholiken weltweit zu definieren, was zu glauben ist und wie „man“ moralisch zu leben hat. Kurz: Ein offenbar korruptes, absolutistisches System, das an die „Glanzzeiten“ der Renaissance erinnert, maßt sich an, zu definieren, was Evangelium ist, was Jesus von Nazareth tatsächlich wollte, was die große humanistisch- universale Vision Reich Gottes bedeutet.
Die Freilegung struktureller Korruptheit des römischen Systems heute ist vielleicht eine noch größere Erschütterung als die Freilegung des sexuellen Missbrauchs durch Priester weltweit über viele Jahre.
Da ist, so wird von unserem Leser betont, eine absolute Monarchie, so versteht sich der Vatikan auf seiner offiziellen Website selbst.
(„Die Regierungsform ist die absolute Monarchie. Staatsoberhaupt ist der Papst, der die absolute gesetzgebende, ausführende und richterliche Gewalt inne hat“.
Gewaltenteilung gibt es also nicht, siehe: http://www.vaticanstate.va/DE/Staat_und_Regierung/Geschichte/Die_Vatikanstadt_heute.htm
Und diese absolute Monarchie, wo alles in den Händen – eines (nun 85 jährigen) Papstes liegt – kennt keine Gewaltentrennung, also keine demokratische Kontrolle und vom Wesen her keine Transparenz. Indem Benedikt XVI. jetzt beteuert, trotz allem weiterhin auf dem Felsen Petri zu stehen, betont er auch die Unveränderlichkeit des absolutistischen Regimes, also des Fehlens jeglicher Transparenz. „Man sollte für die Freilegung einer Dokumente sehr dankbar sein“, schreibt unser römischer Leser. Das römische System, bestehend aus älteren Herren und Höflingen (Curia ist ja der “Hof”) maßt sich an, in göttlichem Auftrag, Werte und Tugenden, Glauben, Lieben, Hoffen verbindlich für alle Katholiken zu lehren. Der Widerspruch zu einem demokratischen Leben heute könnte – einmal mehr jetzt – dokumentiert, kaum größer sein.
Der Brief des Lesers aus Rom fragt weiter: Hat dann noch die These der heutigen kritischen Reformer recht, man könne von Innen her dieses Renaissance – System reformieren? Unter welchen Bedingungen sind Renaissance – Systeme verschwunden, wird diese Frage diskutiert?, fragt der Leser.
Werden da nicht von Reformern Illusionen geweckt und gutwillige Leute in die Irre geführt, wird ihnen in DIESEM Engagement für Reformen kostbare Lebenszeit geraubt?
Wir geben die Fragen aus Rom gern weiter zur Diskussion.
Weiter schreibt der Leser aus Rom: Warum schweigen zu dem Thema die einst etwas mutigeren Ordensgemeinschaften?
Warum schweigen die protestantischen Kirchen zu den aktuellen “Freilegungen” im Vatikan?
Wir erlauben uns, unabhängig von dem “Brief aus Rom”, ein Zitat aus dem neuen Buch des international geschätzten katholischen Theologen und Philosophen Prof. Dr. Tomás Halik (Prag), “Nachtgedanken eines Beichtvaters” (geschrieben 2005, auf Deutsch 2012, Herder) , wieder zu geben. Auf Seite 293 schreibt Tomás Halik:
“Unsere Zeit ist eine Zeit der Erschütterungen…So ist eines der großen Paradoxa, die wir derzeit durchleben … wohl darin begründet, dass gerade derjenige Bereich der (römischen) Kirche, der diese weiterhin für eine =feste Burg= hält, meiner Meinung nach wie ein auf Sand errichtetes Gebäude zusammenstürzen wird”.
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