Sorge um Hamed Abdel-Samad: Für einen humanistischen Islam eintreten ist lebensgefährlich
Unsere Sorge gilt in diesen Stunden (25.11. 2013, nach seinem ungeklärten Verschwinden) Hamed Abdel-Samad, dem in Europa und Ägypten bekannten und von Demokraten geschätzten Vordenker eines humanistischen Islam.
Auf vielfache Nachfrage, auch von denen, die das Denken dieses großartigen Mannes bisher nicht kennen, bieten wir ganz knappe Zitate aus Interviews, die er für den NDR Hörfunk (NDR INFO) dem Journalisten Christian Modehn gegeben hat.
Hamed Abdel-Samad sagte in einer Radiosendung von Christian Modehn auf NDR Info:
– Ich habe persönlich nichts gegen den Koran. Ich bin damit aufgewachsen. Ich hab wohl etwas dagegen, dass man mit diesem Buch oder im Namen dieses Buches Menschen unterdrückt“.
– Keine Kultur kann sich entwickeln, ohne sich anderen Kulturen gegenüber zu öffnen. So ging es allen Kulturen der Moderne, sie mussten sich dem Westen öffnen. Und nicht nur die Instrumente der Moderne, sondern auch den Geist der Moderne ausleihen. Das bedeutet Individualismus, Einhaltung der Menschenrechte, Selbstkritik“.
– Ich nahm Abschied von einem Glauben, der Andersdenkende und Andersgläubige schikaniert und die eigenen Anhänger in die Isolation treibt, so dass sie keine Antworten mehr auf das Weltgeschehen finden außer Wut und Verschwörungstheorien. Dieser Glaube macht die Menschen entweder passiv oder explosiv.
– Ich würde es mir wünschen, dass mehr muslimische Intellektuelle in Europa sich für Reformen einsetzen. Ich sehe aber, dass viele von ihnen mit sich selbst beschäftigt sind, mit der bedingungslosen Verteidigung des Islam. Das hilft niemandem, das hilft Muslimen nicht, das hilft Europäern nicht. Wir haben hier eine privilegierte Situation, dass man in Freiheit lebt, dass man schreiben und sagen kann, was man will. Und statt sich für Reformen in der islamischen Welt einzusetzen, sind viele leider Gottes damit beschäftigt, das Islam Image aufzupolieren“.
Es gibt eine kleine “Bewegung Humanistischer Islam” in der Schweiz. Sie verdient viel Sympathie unter Demokraten und Menschen, denen die Menschenrechte allerhöchstes Gut sind: Zu dieser Bewegung gehört Elham Manea.
Elham Manea hat ihre Lebensphilosophie in ihrem Buch „Ich willnicht mehr schweigen“ auf den Punkt gebracht:
„Ich bin in erster Linie Humanistin, dann Araberin und an dritter Stelle Muslimin“.
Als Dozentin an der Universität Zürich hat sie den Mut, öffentlich das dringendste Thema zu besprechen, die „Natur“ des Korans, seine Textgestalt.
„Wenn wir eine Reformation wirklich durchsetzen wollen, dann müssen wir auch mit der Natur des Koran umgehen. Es geht um eine menschliche Natur von dem heiligen Text. Die Koranverse wurden von Menschen gesammelt, von Menschen geschrieben“.
Bitte lesen Sie auch den aktuellen Kommentar unserer Kollegin BRITTA BAAS der empfehlenswerten Zeitschrift PUBLIK FORUM. Zur Lektüre klicken Sie bitte hier.
Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin