“Christus ist kein nur christliches Phänom”: Spirituelle Aspekte im Werk von Ursula Sax

Spirituelle Aspekte im Werk von Ursula Sax: Die Christusgestalt aus Packpapier.

Ursula Sax, international bekannte Künstlerin, Bildhauerin, lebt jetzt wieder in Berlin, war u.a. auch Professorin an der Dresdner Kunstakademie von 1993 bis 2000. Kürzlich hat sie ihren 80. Geburtstag gefeiert. Sie macht in ihren Arbeiten (aus Metall, Holz, Kunststoff, Ton) das Freie und die Freiheit real und die vielen Möglichkeiten der (Lebens-)Gestaltung. Sie zeigt dabei durchaus das Weiche, nicht das Starre. Ursula Sax hat einen Sinn, wie Räume, mit Objekten gestaltet, erst als Räume gelten können. Sie plante etwa eine begehbare Großplastik für die Grünanlage der Bundes-Minsterien, damals noch in Bonn. Wenig bekannt ist, dass die vielseitige Künstlerin auch Kreuze gestaltet hat – aus Packpapier. Wenn man z.B. spirituell den Menschen Jesus Christus als Gegenwart des Göttlichen in dieser Welt versteht, dann ist eben auch Packpapier ein treffendes, geradezu typisches Material dieses alltäglichen Jesus. Schafft die barocken Heiligenscheine beiseite, gestaltet ihn mit irdischem Stoff, mit Gebrauchspapier z.B., dann kommt man Jesus Christus nahe, sage ich als Theologe.  Bis zum 21. November 2015 sind zahlreiche Arbeiten von Ursula Sax in der Galerie SEMJON CONTEMPORARY zu sehen, in der Schröder Str. 1 in Berlin-Mitte; geöffnet Dienstag bis Samstag von 13 bis 19 Uhr. www.semjoncontemporary.com. Ein neuer Katalog wird dort am 1. November vorgestellt. Danach sind die Arbeiten in Dresden zu sehen (Deutsche Werkstätten Hellerau).

Christian Modehn. Die interessante website von Ursula Sax erreichen Sie beim Klicken hier.

Ursula Sax hat uns ihren eigenen Text zur spirituellen Dimension ihrer Arbeiten zur Verfügung gestellt:

Ich begreife Christus nicht christlich – Christus ist kein nur christliches Phänomen

Von Ursula Sax, Berlin

Mich interessieren alle großen Religionen gleichermaßen.

Im christlichen Kulturkreis bin ich geboren und aufgewachsen – lebe ich.

Die Bibel und die Geschichte Jesu sind mir durch mein Elternhaus sehr vertraut.

Davon nahm ich dann erst einmal Abstand. Ich habe mich in den anderen Kulturräumen umgesehen. Buddha ist mir ebenso eindrucksvoll. Es gibt so herzbewegende Buddhageschichten, Zengeschichten, Sufigeschichten, Christusgeschichten. Die immergleiche Wahrheit, dieselben Appelle an uns. Es gibt viele wunderbare Buddhafiguren, mich ergreifende bildliche Darstellungen der Kreuzigung, innige, von Gläubigkeit und Liebe des jeweiligen Künstlers zeugend, die mich tief berühren.

Ich hätte gerne eine Buddhafigur. Ich wünschte mir ein Kruzifix und manchmal dachte ich, ich sollte das selbst machen, aber ich wusste nicht wie.

Ich habe es ruhen lassen.

Jetzt hat es sich ergeben, dass mir das „unangemessen” schäbige, vergängliche Material Packpapier als Realisierungsmittel für dieses große Thema – das bei uns ja sehr verbraucht und belastet ist und als Gegenstand der Kunst, heute eher als fragwürdig betrachtet wird – gerade recht erschien und eine Formulierung möglich machte.

Christus meint für mich die Überwindung des Egos, die Kreuzigung des Egos, zugunsten einer viel größeren Dimension des Seins, einer Befreiung von den engen Konzepten unserer Welt-und-ich-Vorstellung.

Copyright: Ursula Sax

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My understanding of Christ is not Christian – Christ is not solely a Christian phenomenon

By Ursula Sax, Berlin

I am equally interested in all the major religions.

I was born and grew up in a Christian culture – and live in it.

I am very familiar with the bible and Jesus from my parental home.

I initially distanced myself from it. I explored the other cultural spaces. I am just as attracted to Buddha. There are such heart-rending Buddha stories, Zen stories, Sufi stories, Christ stories. The same unchanging truth, the same appeal to us. There are many wonderful Buddha figures, poignant, heartfelt pictorial representations of the crucifixion that testify to the belief and love of the respective artist which move me deeply.

I would have liked to have had a Buddha figure. I wanted a crucifix, and sometimes I thought I should make one myself, but I didn’t know how.

I left the idea to one side.

Then it occurred to me that the “inappropriate”, shabby, transitory material of packing paper was precisely the right medium for realising this great theme, making a formulation possible – a theme that has become exhausted and as a subject of art now tends to be viewed with suspicion.

For me Christ means transcending the ego, the crucifixion of the ego in favour of a far greater dimension of being, a liberation from our strict concepts of “world and me“.

Copyright: Ursula Sax