Ein Kommentar von Christian Modehn. Veröffentlicht am 15. 9 2016.
Wer am so genannten „Marsch für das Leben“ am 17.9.2016 in Berlin teilnimmt, befindet sich auf einer Veranstaltung der AFD bzw. jener rechten (katholischen und evangelikalen) Gruppen und Kreise, für die die CDU/CSU nicht rechts genug ist.
Der Organisator des Marsches, der Journalist Martin Lohmann, EX-CDU, ist Mitarbeiter der rechtslastigen Wochenzeitung „Junge Freiheit“, sie steht bekanntermaßen der AFD sehr nahe.
Auch Frau von Storch AFD ist wieder bei dem „Marsch“ dabei. Sie wird nicht die einzige von der AFD sein.
Wenn katholische Bischöfe (Koch, Voderholzer; 2015 schon Weihbischof Laun, Salzburg, ein öffentlicher FPÖ Freund) bei dem Marsch als Mit-Läufer dabei sind, entsteht wie von selbst der Eindruck: Diese Bischöfe unterstützen diese (letztlich AFD nahe) Veranstaltung. Es entsteht weiter der Eindruck: Bischöfe machen also indirekt Wahlpropaganda. Und das einen Tag vor der Wahl in Berlin. Ist dies noch das Amt eines Bischofs, darf man wohl als Theologe fragen. Haben diese Bischöfe bei deutschen Rüstungsfirmen protestiert in einem Protestmarsch für das Leben derer, die mit deutschen Waffen abgeknallt werden in Syrien, Saudi-Arabien, Mexiko usw. usw.? Oder wollen diese Herren nur das ungeborene Leben schützen? Ist ja auch viel einfacher, als die Macht der Waffenproduzenten öffentlich zu kritisieren?
Da helfen selbst allgemein gehaltene, sanft-kritische „Grußworte“ von Erzbischof Koch, Berlin, bei dem “Marsch” nicht viel, wenn er einen humanen Umgang mit Flüchtlingen anmahnt. Allein schon dieses militärische Wort “Marsch”, da klingt das Aggressive automatisch schon an…
Aber der so genannte Schutz „des“ „ungeborenen“ Lebens ist seit Jahrzehnten Mittelpunkt eines konservativen christlichen Glaubensbekenntnisses geworden. Mutter Teresa ist förmlich die hoch verehrte Kirchenlehrerin für alle um das ungeborene Leben kämpfenden Marschierer. Sie können eben, aus Faulheit, Dummheit?, nicht unterscheiden: Was ist Leben im allgemeinen? Was ist menschliches, geistvolles Leben. Und wann beginnt dieses. Da gibt es, wenn man denn nuancieren kann und will, eben Unterschiede. Und vor allem: Diese Marschierer für das ungeborene Leben sind rabiat gegenüber Frauen, die in einer Demokratie ihre freien und eigenen Entscheidungen treffen. “Pro Life” in den USA ist bekanntermaßen gewalttätig gegen Ärzte und Kliniken. Diese Marschierer sind letztlich Gegner demokratischer Entscheidungen. Für Religionskritiker ist es interessant zu wissen: Es gibt in den USA eine breite, auch katholische Bewegung “Pro Choice”, sie respektiert die Würde und Wahlfreiheit der Frauen. Bei Pro Choice sind auch katholische Nonnen dabei; sie sind “selbstverständlich” ständig von der Exkommunikation durch Bischöfe und Päpste bedroht.
Bezeichnenderweise haben katholische Bischöfe in fast allen Ländern Lateinamerikas dafür gesorgt, dass dort die unmenschlichsten Gesetze erlassen wurden, die den Schwangerschaftsabbruch rigoros verbieten. Die reichen katholischen Damen lassen in den USA oder Puerto Rico „abbrechen“, die armen Frauen sind auf Pfuscher in aller Heimlichkeit angewiesen. Diese armen Frauen, Opfer einer Macho-Unkultur, sterben oft bei diesen Eingriffen. das ist die Konsequenz dieser frommen Lebensschützer, abgesehen davon, dass fast alle Kinder in menschenunwürdigen Slums in Lateinamerika überleben müssen….
Mit anderen Worten: Diese Marschierer für das ungeborene Leben gehören zu einem weltweiten Netz von Menschen, die den Schutz des ungeborenen Lebens nur als Vorwand benutzen, um antidemokratische, ungerechte Strukturen zu verfestigen. Und etliche Christen und Bischöfe fühlen sich in einem solchen “Milieu” offenbar sehr wohl. Wer da seine kritische Stimme erhebt, wird sofort als “Feind des Lebens” hingestellt.
Wird dieser Marsch am 17.9. 2016 ein wichtiges Datum sein, ein Tag, an dem zum ersten Mal katholische Bischöfe mit der AFD gemeinsam marschierten? Wer wird sich darüber freuen?
PS: Wir freuen uns, dass die Leitung der Berliner protestantischen Kirche offiziell nicht bei diesem Marsch dabei ist.
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