Wir haben vor kurzem eine neue Rubrik eröffnet:
Warum Salongespräche wichtig sind?
Eine Frage, die wir nicht nur aus theoretischer, historischer und philosophischer Sicht bedenken wollen.
Vielmehr haben unsere eigenen Erfahrungen nach 9 Jahren „Salon-Praxis“ mit monatlichen Gesprächs-Runden gezeigt: Es gibt ein großes Interesse der Menschen in einer oft anonym erlebten Metropole, in kleinen Gruppen mit einander ins Gespräch zu kommen und dabei bewusst die Verschiedenheit, gerade auch im Blick auf unterschiedliche persönliche Lebensphilosophien, Spiritualitäten, Religionen usw. als Chance wahrzunehmen: Als Chance wofür? Selber geistig nicht stehen zu bleiben. Weiter zu sehen, weiter zu denken, bisherige (unbewusste) Dogmen in Frage zu stellen usw. Also wieder lebendig zu werden.Und vielleicht bzw. hoffentlich neue Menschen kennenzulernen, denen man sonst nie begegnen würde. Warum nicht auch Freundschaften zu
An diesem Projekt „Warum sind Salons wichtig“ könnten eigentlich auch ein bisschen die Veranstalter von Akademien interessiert sein und sich etwa fragen: Wen interessieren denn noch wirklich Vorträge von einer Stunde? Kann man das nicht alles selbst lesen, hören, sehen usw… Um dann ins Gespräch zu treten? Sind Akademien, selbstverständlich auch Kirchliche Akademien, nicht heute immer noch Orte der Gesprächsunterdrückung? Wer will schon in einem Saal mit 100 Teilnehmern von seinem Platz aus auf ein Podium hin seine Frage rufen? Wie schnell werden unbequeme Fragesteller abgeblockt von einer besserwisserischen Moderation? Ist der Frontalvortrag, immer noch ständig praktiziert auch in der Erwachsenenbildung, nicht Ausdruck eines aggressiven Frontal-Wissens-Vermittelns autoritätrer Art?
Salons als überschaubare und vor allem freundschaftliche Zusammenkünfte des Respekts wünschen sich die Menschen heute; Orte, wo sie ernst genommen werden und sich aussprechen können. Dabei sind Salons eigentlich so einfach zu organisieren, da braucht man keine Millionenetats der kirchlichen Akademien usw…
Unser Religionsphilosophische Salon (gegründet 2007) steht immer noch am Anfang: Uns bewegt die Frage: Wie können wir in einer multikulturellen Stadt so einladend sein, dass etwa auch Flüchtlinge sich zu Wort melden, Menschen anderer kultureller Herunft, Lateinamerikaner, Afrikaner usw.
Wie kann sich Philosophie bemerkbar machen in Kunst-Interpretationen, stadtkritischen Spaziergängen, Erkundungen des Religiösen usw.
Heinz Ohff, der bekannte und hoch geschätzte Feuilletonchef des Tagesspiegel, vor 10 Jahren gestorben, hat auf seine kluge Art genau gesagt, was in Berlin und in der ausufernden Kultur-Szene wichtig ist: „Das Wichtigste der Kultur, Grundvoraussetzung und vielleicht Sinn von Kultur überhaupt, hat gelitten, nämlich die Humanität. Berlin täte gut daran, statt Kultur auf goldenen und silbernen Platten vor sich her zu tragen, die ureigene Kultur der Mitmenschlichkeit, Gutmütigkeit und, last not least, Lebensfreude wiederzuentdecken“. (zit. aus Tagesspiegel 24.2. 2016, in einem Beitrag von Bernhard Schulz).
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