“Uns allen blüht der Tod” – Der mexikanische “dia de los muertos”

“Uns allen blüht der Tod…” – Das mexikanische Totenfest. Siehe auch den Buchhinweis am Ende dieses Beitrags.

Von Alfons Vietmeier, Mexiko – Stadt.

Das mexikanische Totenfest (“Días de los Muertos”) ist das (fast)  wichtigste Volksfest des Jahres. Zuerst und vor allem ist es ein Familienfest. Fast so wie an Weihnachten wird das Wohnzimmer geschmückt mit Girlanden und es wird ein Altar gebaut: statt Geschenke für uns Lebende, werden die Verstorbenen empfangen und beschenkt mit all den Lieblingspeisen und –Getränken, die ihnen im Leben wichtig waren; so darf auch ein Tequila nicht fehlen. Und für jeden Lebenden und Toten der Familie steht auf dem Altar ein kleiner Totenschädel aus Schokolade oder Amaranto mit einem Zettel der den jeweiligen Namen angibt. Auf dem Altar sind zudem die Fotos der Verstorbenen, einige persönliche Erinnerungsstücke und symbolisch die vier Elemente: Blumen als Zeichen von Erde, Kerzen (zumindest vier für die Himmelsrichtungen) als Zeichen des Feuers, Weihrauch als Zeichen des Windes und dann ein Wasserglas. In einigen Regionen kommen schon am 31. Oktober abends die verstorbenen Kinder; in der Mehrzahl der Regionen kommen sie am 1. November abends und am 2. November dann die verstorbenen Erwachsenen. Damit sie den Weg zum Altar auch finden, streuen viele Familien einen Weg mit den gelben Blütenblättern der “Cempasúchil – Totenblume”: gelb ist die Farbe des Lebens und der Sonne: Himmel und Erde sind vereint. Es wird gebetet, gesungen, Erinnerungen erzählt und es wird miteinander gegessen: das süsse “Totenbrot” und heisser Kakao. Natürlich werden die Gräber auf den Friedhöfen mit diesen gelben Bumen üppig geschmückt. in vielen Orten ist des Brauch , abends im Dunkeln sich auf dem Friedhof zu treffen mit vielen Kerzenlichtern: Lebende und Tote besuchen sich und nachdenklich – dankbar werden Erinnerungen, Essen und Trinken miteinander geteilt.

Die Wurzeln dieser Festtage reichen weit zurück in die vorspanische Kultur und Religion. Über Jahrtausende erwuchs diese Kosmosvision einer integralen Welt, in der Natur und Menschen eine Einheit bilden. So wie die Pflanzen blühen, Frucht bringen und sterben und dann als Dünger neues Leben zu ermöglichen, so ist es auch mit dem menschlichen Lebenszyklus. Wir sind Teil eines sich immer erneuernden Ökosystems. Tod und Leben gehören zusammen.

In solchem Begreifen eines ewigen Austausches von Leben und Tod ist auch die indigene Religion einzuorden: Das Göttliche beseelt Alles: auch die Natur hat Seele. Jedes Ökosystem, einschlieslich menschliches Leben, macht das göttliche Leben und sein Geheimnis sichtbar. Die uralten Schöpfungsmythen der verschiedenen mesoamerikanischen Völker haben gemeinsam, dass die vier Elemente “Erde – Wasser – Feuer – Wind” alleine nicht den Bestand des Kosmos und des Lebens in ihm schaffen konnten. Deshalb war ein weiterer göttlicher Schöpfungsakt notwendig: um die Dunkelheit  zu erhellen, opfert sich die Gottheit der Kranken und Leidenden, wirft sich ins heilige Feuer und beim sich Verbrennen verwandelt er sich in die Sonne (= die fünfte Dimension), die Alles erhellt und belebt. Krankheit, Leiden und Tod verwandeln sich in Licht und Leben für den ganzen Kosmos und das immer neu!

Wir müssen deshalb keine Angst vor dem Tod haben: Wir sind weiter wichtig für die nach uns Lebenden und diese pflegen zugleich uns weiter! Und zugleich auch: Mensch und Natur sind verwoben: deshalb müssen wir die Umwelt pflegen und auch immer neu die Menschenwürde verteidigen! Genau das empfinden weiterhin ganz Viele, denn es lebt im Unbewussten als kulturelles Erbgut.

Als vor 500 Jahren, nach der politischen Eroberung durch Hernán Cortés, auch der iberische Katholizismus begann die indigene Religion zu erobern, hatten die ersten Missionare kein Problem mit solchen Totenbräuchen. Sie spürten Übereinstimmung mit der christliche Sicht: “Von der Erde sind wir genommen und zur Erde kehren wir zurück!”, so wird bei Beerdigungen gebetet  und am Aschermittwoch als Aschekreuz auf die Stirn gezeichnet. Von sich selbst sagte Jesus: “Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht” (Joh. 12, 24). Das “Gottesopfer” geschah am Kreuz und Ostern besiegte den Tod. Also Aschermittwoch und Allerseelen, Karfreitag  und Ostern zusammen! Auch bis heute wird das so im katholisch – kirchlichen Milieu ausgedrückt: jeder Kirchenraum hat seinen “Totenaltar”, reich geschmückt mit der Vielfalt indigener religiöser Symbole und keine kommt auf die Idee zu sagen: das ist aber heidnisch! Es ist ein kreativer Synkretismus! Ihn hat es immer schon in der Geschichte des Christentums gegeben, zum Beispiel bei den Weihnachtsbräuchen.

Weil es sich beim Totenfest um eine integrale Kosmosvision handelt, ist notwendigerweise die ganze Gesellschaft mit einbezogen. Jeder Kindergarten, jeder Schule, jedes Büro oder Geschäft hat seinen “Totenaltar” und überall dabei Girlanden und die “Totenblumen”. Jede Stadt und jeder Ortsteil hat auf seinem Hauptplatz einen Wettbewerb von “Totenaltäre” und dazu gibt’s Volksmusik und Essens- und Getränkestände: so etwas wie Weihnachtsmarkt – Stimmung, aber mit weniger Rummel und mehr Volkskultur, mit weniger Kommerz und mehr politisch satitrisch, insbesondere in den letzten Jahren.

Ich war mit meiner Familie auf dem Campus der UNAM der grössten Universtät in Lateinamerika mit rd. 250 tausend Studenten. Einige tausend Studenten und auch Professoren, Ehemalige usw. schlendern gelockert und nachdenklich über die riesige Grünfläche vor dem Rektorat  zwischen Hunderten von grossflächigen Totenaltären: Studenten und Mitarbeiten fast aller Fakultäten und Forschungsstätten haben Kreativen in wochenlanger Vorarbeit erarbeitet. Tema war in diesem Jahr die Erinnerung an das 25. Todesjahr von Jorge Luis Borges, einer der grössten lateinamerikanischen Dichter und tiefsinniger Denker des Lebensdramas. Medizinstudenten visualsieren dies scharf – kritisch mit der Darstellung von Opfern ärztlicher Fehldiagnosen, unterlegt mit Gedichten von Borges. Die Biologie hat natürlich den Tod der Umwelt zum Thema und die Fakultät der Rechtswisenschaften arbeitet das ab mit Beispielen der realen Ungerechtigkeit: die Gefängnisse von voll Kleindelinquenten, verurteilt zum sozialen Tod oder als Kanonenfutter des Drogenkrieges. Und die Täter mit weissen Kragen? Auch sie müssen sterben: der Tod ist gerecht. Uns allen blüht der Tod!

Ich sehe im Fernsehen die Übertragung der Totenfeier der neuen “Bewegung für Frieden mit Gerechtigkeit und Menschenwürde”: Tausende mit Lichtern in der Händen sind in der Dämmerung um die “Siegessäule” versammelt. Ihr Sprecher, der Poet Javier Sicilia, liest einen bewegenden Appell: Es gilt, sich heute zu erinnern insbesondere der Tausenden Opfern einer wilden Unmoral, die sich unseres Landes bemächtigt hat. Jedes Opfer hat einen Namen, ein Gesicht und seine ureigene Lebensgeschichte. Die Gesellschaft und der Staat sind tief verschuldet durch fehlende Gerechtigkeit den Opfern gegenüber und den Lebenden! Zugleich listet es einen hochpolitischen Forderungskatalog auf! Verschuldung beinhaltet auch Entschuldung und Aufbau eines gerechteren Gesellschaftsstuktur. Das mexikanische Totenfest in seiner familiären, sozialen, kulturellen und politischen Ausfächerung hat Zentrum, ein  Herz das klopft und so Herzen bewegt.

Ich höre dann in den Nachrichten vom “G 20 – Gipfel” die markante Aussage: “Der Euro ist das Herz von Europa!”. Ich werde betroffen und wütend: Geld ist zum Herzstück tausendjähriger abendländischer Kultur geworden?! Das darf doch nicht wahr sein: der brutal – orgiastische “Tanz um’s goldene Kalb” ist jetzt Herzenssache?! Genau deshalb erleiden wir eine herzlosen Zeit! So lese ich mit Genugtuung, dass sogar die FAZ (Mitherausgeber Schirrmacher, 4.11.2011) unterstreicht “…wie massiv gerade moralische Übereinkünfte der Nachkriegszeit im Namen einer höheren, einer finanzökonomischen Vernunft zerstört werden. Solche Prozesse laufen schleichend ab, sie tun ihr Werk im Halbbewussten, manchmal über Jahrzehnte, bis aus ihnen eine neue Ideologie entstanden ist. So war es immer in den Inkubationsphasen der großen autoritären Krisen des zwanzigsten Jahrhunderts. (…) Es ist gut, einen Schritt zurückzutreten, um klar zu sehen, was sich hier vor unser aller Augen abspielt. Es ist das Schauspiel einer Degeneration jener Werte und Überzeugungen, die einst in der Idee Europas verkörpert schienen”.

Gerade unsere kritisch – chaotische Zeit im Umbruch benötigt vor allem auch Zeiten – Erfahrungen, die uns ermöglichen, den tieferen Sinn der Existenz von Welt und Mensch zu entdecken und wieder ins Zentrum zu rücken. Immer dringlicher gilt es, tiefer und weiter zu denken, umzudenken und: anders leben und handeln!

Das neue Buch:
Alfons Vietmeier, 1942 in Emsdetten geboren, studierte inMünchen und Münster Theologie. Als katholischer Priester arbeitete er an der Basis in Cardonal, bei Tula, Mexiko. 1991 zog er nach Mexiko Stadt, um außerhalb des Amtspriestertums ökumenische Bildungsarbeit zu leisten, vor allem im Blick auf die zunehmende Urbanisierung. Er ist mit einer Anthropoligin und Historikerin verheiratet.
Seit seiner Pensionierung im Jahr 2005 engagiert er sich ehrenamtlich in der Gestaltung eines zivilgesellschaftlich relevanten Netzes von der Basis aus zugunsten einer gerechten, demokratischen Gesellschaft und zugunsten von christlichen Gemeinden, die ihre politisch – soziale Aufgabe neu entdecken, und dabei gerade die religiöse Dimension auch neu wahrnehmen.
Sein neues Buch hat den Titel „Mexiko tiefer verstehen“, es bietet einen kritischen Einblick die vielfältige Realität Mexikos.
Viele Menschen in diesem Land sind dem brutalen internationalen Drogenhandel ausgesetzt, Frauen werden abgeschlachtet (Ciudad Juarez), die Zivilgesellschaft wird tyrannisiert, aber sie wehrt sich und braucht Unterstützung weltweit: Denn der Bedarf an harten Drogen in den USA und der so genannten „reichen Welt“ wird geweckt durch eine tiefe Sinnkrise, um nicht zu sagen Sinnleere, in der Millionen reicher und weniger begüterter Menschen leben. Angesichts dieses massenhaften Bedarfs an berauschenden Mitteln bis hin zu total benebelnden Giften darf man sich fragen, was es bedeutet, wenn sich die USA eine christliche Nation nennen. In god we trust, diese und ähnliche Sprüche verdecken nur die Tatsache, dass das Christentum, die Kirchen, in den USA eben nicht wirksam und prägend geworden sind. Die große Sinnleere hat der Glaube eben nicht ausfüllen können. Das Christentum in der Drogen -Konsumenten – Nation USA ist, dürfen wir es sagen, weithin nichts als schöner Schein, als eine Blase, mit der Politik (auch Außenpolitik) gemacht werden kann und mit dem sich viel Geld in Gemeinden machen lässt… das dann aber unter den Hand wieder für harte Drogen ausgegeben wird. Dies sind Randbemerkungen von Christian Modehn.

Das Buch von Alfons Vietmeier „Mexiko tiefer verstehen“ ist im Herbst 2013 im Dialog Verlag Münster erschienen.
copyright: Religionsphilosophischer Salon.

Wenn Gott fehlt. Martin Walsers Klage über den abwesenden Gott.

Wenn Gott fehlt
Martin Walsers Klage über den abwesenden Gott
Von Christian Modehn

Über neue Arbeiten von Martin Walser wird jetzt auch theologisch debattiert. In „Muttersohn“ und „Über Rechtfertigung, eine Versuchung“ gesteht Walser seine eigene Ohnmacht, „nicht glauben zu können“.
Zum Hintergrund: Schon seit seinen frühen literarischen Äußerungen lässt ihn die Frage nach Gott und Religion nicht los (schon in „Halbzeit“, 1960).Jetzt wird der Ton deutlicher, fordernder. Walser möchte so dringend an Gott glauben, aber er kann es nicht. Ihm fehle die Gnade, sagte er. Ein erfolgreiches menschliches Bemühen, die Nähe des göttlichen Geheimnisses zu erreichen, schließt er aus. Denn Walser liebt Augustin, die Reformatoren Luther und Calvin, Kierkegaard und den frühen Karl Barth („er ist für mich eine Erweckung“) über alles. Diese Herren – immer noch sehr einflussreich in den Kirchen – erklärt er zu seinen ausschließlichen Meistern, nicht etwa Theologen, die die Freiheit des Menschen noch hochschätzen. Und die durchaus zeigen könnten, dass der Mensch von sich aus in seinem Geist, in seinem Leben und Lieben, Gott nahe ist: Man denke etwa an die Beiträge Karl Rahners oder Paul Tillichs. Die ganze furchtbare Last der Erbsünde, des völlig zerstörten und „gefallenen“ Menschen, schlägt bei Walser durch. Liberale Theologie könnte hilfreich sein, aber Paul Tillich nennt er „ein abschreckendes Beispiel“. So ist Walser also förmlich eingezwängt in die klassische Gnadentheologie (des frühen Barth zumal), da wird es eine Last, wenn nicht eine Qual, überhaupt die Nähe Gottes zu spüren.
In dem neu erschienen Buch „Was fehlt, wenn Gott fehlt“ setzen sich neun Theologen, darunter eine einzige Frau, die katholische Theologin Elke Pahud de Mortagnes (Freiburg i. Br.), mit Walsers neuestem religiösen Leiden auseinander. Zu Recht schreiben sie, dass die Fixierung auf den frühen Barth des Römerbriefes in gewisser Weise eine Begrenzung ist, hat doch der spätere Barth seine radikale Dialektik selbst aufgeben müssen. Da sind die Ausführungen des Wiener Theologen Ulrich H.J. Körtner aufschlussreich. Er weist zudem darauf hin, dass Walser offenbar die theologischen Werke nicht als Theologie, sondern „als Romane liest“ (S. 131).
Natürlich muss man Walsers Weg respektieren. Aber in meiner Sicht sollte der Leser gewarnt sein: Die dialektische Theologie ist keineswegs das non plus ultra, im Gegenteil. Walser selbst springt in meiner Sicht einmal aus seiner Bindung an den absolut gnadenvoll erwählenden Gott heraus, wenn er die Erfahrung der Schönheit über alles lobt: „Darin ist die Abwesenheit von Rechtfertigung weniger spürbar“. Walser schreibt aber weiter: „Etwas schön zu finden, ist mehr als ein Ersatz für das, was fehlt. Es ist eine mich übersteigende (!) Fähigkeit, dass ich etwas schön finden kann“. Also hat der Mensch diese ihn übersteigende Fähigkeit gar nicht von sich aus? Ist etwa jede ästhetische Erfahrung schon wieder ein Gnadengeschenk, das dem einen versagt, dem anderen erschlossen ist. Ist die ganze Kunst – und Kulturwelt dann etwa ein Gnadengeschehen? Wer würde im Ernst solches behaupten! Man spürt nur, dass Walser selbst unschlüssig ist und seine absolute Bindung an Gnade irgendwie nicht „durchhalten“ kann. Diese Bindung ist ohnehin – in meiner Sicht – ein kaum auszuhaltendes schweres und trauriges Schicksal. Walser sollte fragen: Will Gott, dass wir traurig und völlig unfähig sind „ihm“ gegenüber? Will er den Menschen wertlos machen, damit ER um so mehr glänzen kann? Wenn sich dagegen Atheisten auflehnen, haben sie wohl recht. Aber es gibt (liberale) christliche Positionen, die den Menschen als Menschen hochschätzen und ehren und von permanenter Trauer befreien.
Davon ist in dem Buch „Was fehlt, wenn Gott fehlt“ nicht so deutlich die Rede. Die Autoren folgen eng den Walserschen Gedanken, bis dahin, dass etwa der Wiener Theologe Jan – Heiner Tück (S. 8) fragt, ob nicht die Theologie neu bestimmen sei, nicht nur Rede von Gott, sondern auch Rede zu Gott und Rede mit Gott zu sein. Ich frage: Theologen können ja – privat – große Beter sein, wie gefordert wird. Aber falls Theologie in Deutschland und Österreich an den Universitäten bleiben möchte, ist sie doch wohl Wissenschaft, als distanzierende, um Objektivität bemühte Wissenschaft. Sie wird in der nötigen kritischen Distanz auch zur Kirche betrieben. Wie kann an diesem Ort der Universität Theologie noch kniend und betend betrieben werden? In privaten Klosterschulen wurde und wird vor den theologischen Vorlesungen gebetet, geht das an Universitäten?
Walser versteht sich – gerade als ein nicht Begnadeter – doch immer weiter als Suchender. Er kritisiert von da aus einen in sich verschlossenen Atheismus, der a priori meint, absolut recht zu haben und sozusagen auf der Spitze der Weltevolution sich zu bewegen. Walser hält dagegen: „Wer sagt, es gebe Gott nicht, und nicht dazu sagen kann, dass Gott fehlt, und wie er fehlt, der hat keine Ahnung. Einer Ahnung allerdings bedarf es“, schreibt er in „Über Rechtfertigung“.
Interessant auch wieder dieses Eingeständnis. Wenn er meint, diese „Ahnung“ gehöre offenbar zum Menschen als Menschen, dann sollte man doch meinen, dass diese Ahnung „wesentlich“ den (immer transzendierenden) Geist ausmacht. Walser möchte wohl fragen: Kann denn ein Atheist ernsthaft Gott ablehnen, wenn er nicht wenigstens ahnungsweise wüsste, wer oder was Gott ist. Aber genau da beginnen die Probleme: Welchen Gott haben dann die Atheisten“ ahnungsweise“ vor Augen? Den abweisenden Gott der dialektischen Theologie, den moralischen Gott der katholischen Ethik, den manchmal so lächerlichen, manipulierbaren Gott der (katholischen) Volksreligionen? Darüber wäre ein Disput sinnvoll. Es gibt bekanntlich in der christlichen Glaubenswelt (auch in den Theologien) viele verschiedene christliche „Götter“.
Im übrigen empfehle ich dringend den auch sprachlich schönen Text der Theologin Elke Pahud de Mortagnes „Einfach nur lieben. Briefe an Martin Walser“ (S. 39 – 45). Der Beitrag führt aus den rationalen Verklammerungen heraus. Darin heißt es u.a. in poetischen Formulierungen:
“Es gibt Menschen, die auf meinen Weg gestellt sind. Die sind keine Romanfiguren.
Die sind…
Die sind einfach. Was sie sind.
Diese Menschen auf meinem Weg sind mein Gericht. Und Gottes Rechtfertigung“ (S. 44).
Das sind Menschen, die „einfach nur lieben“.
Man würde sich gern weitere ähnliche Texte von dieser Theologin wünschen. Da kommen ein neuer Ton und eine neue Aussage in das ansonsten manchmal so ängstliche, deswegen oft auch langweilige theologische „Geschäft“.

Jan-Heiner Tück (Hg.): Was fehlt, wenn Gott fehlt? Martin Walser über Rechtfertigung –theologische Erwiderungen. Herder.144 Seiten. 16, 99 €

Copyright: Christian Modehn und Religionsphilosophischer Salon Berlin

Kierkegaard im Berliner “Haus am Waldsee”: Entweder – Oder

ENTWEDER – ODER
Kierkegaard und Künstler im Gespräch
Eine Ausstellung im Haus am Waldsee (bis 22. September 2013)
Hinweise von Christian Modehn

Ein Philosoph und zeitgenössische Künstler im Gespräch: Ein ungewöhnlicher Dialog, der jeden und jede inspiriert, egal man nun von der Kunst her das Werk Kierkegaards ( neu) liest oder nach weiterführenden Spuren aus Kierkegaards Buch „Entweder – Oder“ in den Gemälden, Installationen, Fotoarbeiten sucht. Im bekannten und geschätzten „Haus am Waldsee“ in Berlin – Zehlendorf ist zur Zeit eine Ausstellung zu sehen, die zuvor in Kopenhagen, anlässlich des 200. Geburtstages von Sören Kierkegaard (am 5. 5. 1813 geb.) gezeigt wurde: In der „Nikolaj Kunsthal“ wie im „Haus am Waldsee“ ist Solvej Helweg Ovensen als Kuratorin verantwortlich. Wir empfehlen dringend den Besuch der Ausstellung und die Lektüre des Katalogs, der u.a. auch wichtige Interviews mit dem dänischen Kierkegaard Spezialisten Peter Tudvad (Berlin) und dem Philosophen Boris Groys enthält.
Die Aktualität Kiekegaard ist offensichtlich, weil die “ästhetische Lebenshaltung” (darsgestellt in “Entweder – Oder”) heute in der westlichen Welt und wohl darüber hinaus die alles bestimmende Orientierung ist: Ichbezogenheit, Egoismus, Freude an der Sinnlichkeit als Freude (nur) an sich selbst, aber nicht an den anderen; Beliebigkeit der (ethischen) Positionen innerhalb (m)eines Lebens, Fraglichkeit der Identität, Leben nach dem Zufallsprinzip usw… Diese Themen werden in “Entweder – Oder” (und späteren Werken) angesprochen

Wir können hier nur einige Hinweise geben, die niemals den Besuch der Ausstellung ersetzen können: Es handelt sich um Arbeiten von 18 KünstlerInnen; diese Arbeiten wurden ausgewählt, weil sie eine Verbundenheit ausdrücken mit dem Denken Sören Kirkegaards, vor allem mit seinem ersten umfangreichen Buch „Entweder – Oder“. Dessen erster Teil wurde bei einem Berlin Aufenthalt geschrieben, nach der Auflösung der Verlobung mit Regine Olsen. Veröffentlicht wurde das Buch 1843 in Kopenhagen.
Der eine Teil der Ausstellung bezieht sich auf Arbeiten zum Thema ästhetischer Lebensentwurf. Der zweite Teil macht deutlich, was ethische Existenz bedeuten könnte.
Zu einigen Arbeiten zum Thema ästhetischer Lebensentwurf (bei Kierkegaard verstanden als Form des Genießens, Sich – Genießens, ja auch des „Epikuräischen“): „Da stehen überwiegend sinnliche, fiktive, spielerische, materielle, rhetorische und theatralische Gesten“, so die Kuratorin im Katalog S. 21.
Alfred Boman etwa zeigt in seinen Gemälden und Plastiken die Beliebigkeit des ästhetischen Lebensentwurfes: „Nichts ist heilig, nichts ist wahr, alles ist virtuell“. Birgit Brenner hat auf ihre umfangreiche Arbeit aus Panzerpappe geschrieben: „Irgendwann, als alles vorbei war“. Diese kulissenartige Installation lässt Gefühle wach werden nach einer verlorenen Liebe. Tom Hillewaere lässt in seiner meditativen Installation einen Gasballon mit angehängtem Filzstift schweben …und dabei Beliebiges schreiben. Alles bleibt unberechenbar, so sah Kierkegaard den Charakter des Ästhetikers; unterlegt ist diese Installation mit dem „Valse Sentimentale“ von Tschaikowsky. Um die Deutung der Identität des einzelnen bemüht sich die Arbeit Broken Mirrors von Lee Yongbaek. „Der Betrachter, der zwischen die beiden Spiegel tritt, begegnet sich selbst. Während er sich der Selbstreflexion hingibt, zerspringt das illusionistische Bild vor seinen Augen in Splitter“. Etwas provozierend sind die Arbeiten des israelischen Künstlers Tal R, er zeigt die erotischen Launen des Ästhetikers durch die unterschiedlichen Formen vieler, sich selbst ironisierender Phalloi. Kierkegaard stellte einmal die Frage: „Ist denn die Vernunft allein getauft, sind die Leidenschaften Heiden?“:
Zu einigen Arbeiten zum ethischen Lebensentwurf: Da steht das bürgerlich – korrekte Leben nach den allgemeinen Grundsätzen des Guten im Mittelpunkt des Buches von Kierkegaard. Die Künstler wenden sich moralischen, „transformationsorientierten Motiven und humanistisch betonten Ansichten“ (ebd) zu. In dem 2. Teil der Ausstellung gibt es etwa Dokumentar – Filme zur Hilfsbereitschaft der reichen Welt, wie mit den Armen in Afrika und deren Armut noch Geschäfte gemacht werden; es gibt Plakate, Interviews. Für religionsphilosophisch Interessierte ist die Installation von Kristine Roepstorff wichtig: „Vita Umbra“ (Schattenleben) nennt sie ihr mechanisches Schattenspiel: Ständig ist unser Bewusstsein in Bewegung, in Gedanken, in Assoziationen…Ein Lichtquelle erzeugt Schatten auf einer Panoramaleinwand, Bilder von Kirchen werden sichtbar; es sind die vielen Kirchen, die sich in einander verschränken und die Frage wecken: Gibt es eine richtige, wahre?

Im ganzen erinnert die Ausstellung an die zentrale Frage Kierkegaards: „Wer bin ich als einzelner? Diese Frage wird heute in ihrer wahren Tiefe gar nicht wahrgenommen, meint der dänische Philosoph und Kierkegaard Spezialist Peter Tudvad, Berlin: „Wenn man heute vom Individuum und dem Einzelnen spricht, tut man das mit verbundenen Augen, womit ich meine, dass wir uns nur rein rhetorisch zu unserer eigenen Individualität bekennen… In der Praxis orientieren wir uns daran, was der Nachbar tut, was wir in den Medien sehen, im Fernsehen, in der Werbung usw.“ (im genannten Ausstellungskatalog S. 33). Das Interview mit Peter Tudvad sollte jeder lesen, der sich neu oder wieder mit Kierkegaard befasst. Tudvad unterstreicht, dabei übernimmt Tudvad die fiktive Rolle eines heutigen Kierkegaard:“ Ich (Kierkegaard) habe mich selbst als religiösen, als einen christlichen Autor verstanden“ (S. 29). „Wir lassen heute die Leidenschaft und den Sinn für das Unendliche vermissen. Wir leben im Jetzt, nicht in dem, was ich, Kierkegaard, Augenblick genannt habe, einem Schnittpunkt zwischen dem Zeitlichen und dem Ewigen“ (32). „Wie ich (Kierkegaard) einmal schrieb, kann man den Geist eines Menschen nach seinem Willen beurteilen, einsam zu sein…immer muss heute =etwas los= sein. Und damit meine ich, dass es sich viele Menschen unmöglich machen, ihren Geist zu entwickeln“ (33).

Haus am Waldsee:
Argentinische Allee 30, 14163 Berlin
Telefon: 030 8018935.

copyright: christian modehn

Theologe im Widerspruch: Der Berliner Theologe Gregory Baum wird 90 Jahre

Der ökumenische Theologe Gregory Baum wird 90 Jahre

Von Christian Modehn

Er ist einer der letzten noch lebenden Theologen, die das 2. Vatikanische Konzil mit geprägt haben und dort die Debatten und Entscheidungen beeinflussen konnten: Gregory Baum feiert am 20. Juni 2013 seinen 90. Geburtstag in Montréal, Kanada.
Für den Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salon gibt es viele Gründe an den vielseitig gebildeten Theologen und Soziologen zu erinnern. Seine Leistungen hinsichtlich der Verständigung zwischen katholischer Kirche und Judentum wurden früher schon auf dieser website dokumentiert, in der Form eines Interviews, das er dem Autor dieses Berichtes in Montréal gab, zur Lektüre klicken Sie hier.
Dabei wird schon deutlich: Gregory Baum ist stets ein Theologe und Soziologe, der für die Öffentlichkeit spricht, der die Sache der Religionen in verständlicher Weise darstellen kann. Man möchte ihn auch einen „journalistisch begabten Theologen“ nennen.
Gregory Baum hat sich seit dem 2. Vatikanischen Konzil als kritische Stimme, wenn nicht gar als „Dissident“ verstanden. Das wird deutlich in seiner umfassenden Vortragstätigkeit (mit entsprechenden Publikationen) etwa zu den Rechten der Frauen in der katholischen Kirche oder zum Thema Respekt und Anerkennung für homosexuelle Katholiken.
Nicht weniger interessant empfinden wir es – als Berliner -, dass Gregory Baum in Berlin am 20. Juni 1923 geboren wurde, am Schiffbauer Damm, wie er berichtete, als Kind einer jüdischen Mutter und eines protestantischen Vaters. Es gehört zur Kultur, auch der religiösen, in Berlin, auch an die großen Theologen zu erinnern, die hier ihre erste Heimat hatten….Von den Nazis vertrieben, fand er zuerst Zuflucht in England, dann landete er 1940 in Kanada; dort konvertierte er zum Katholizismus und trat später in den Augustiner Orden ein. Später heiratete er ….Viele weitere biographische Details und eine Liste seiner zahlreichen Bücher kann man anderweitig lesen. Viele Jahre arbeitete er an der Mc Gill University in Montréal, als Religionssoziologe und Theologe. Er spielt in der Stadt und darüber hinaus in ganz Kanada immer noch eine inspirierende Rolle, etwa durch seine Mitarbeit an der Zeitschrift der Jesuiten dort mit dem Titel „Relations“.
Er ist, wie er mir berichtete, auch mit der Gemeinde Saint Pierre Apotre in Montréal verbunden; dies ist eine der wenigen „offiziellen“ Pfarrgemeinden im Katholizismus, in der homosexuelle Menschen die absolute Mehrheit unter den Gottesdienstteilnehmern stellen; die Gemeinde befindet sich im so genannten „Schwulen Dorf“ von Montréal (Metro „Berry – UCAM“).
Gregory Baum hat den Glauben immer als politische Dimension verstanden, immer bezogen auf die sozialen und politischen Umstände. Die befreiungstheologische Option für die Armen hat er sich zueigen gemacht. Um der Befreiung der Menschen, auch der Katholiken, aus autoritären Strukturen geht es ihm, deswegen kritisiert er den Vatikan, weil, so wörtlich, der keinen Respekt hat vor den evidenten Lebens – Erfahrungen der Menschen von heute, eine Ignoranz, die sich in der fixierten und finsteren Moral – Rigidität vor allem zeigt. „Rom lässt die Katholiken leiden“, hat er einmal geschrieben. Gregory Baum hat vielen Menschen – gerade in seiner Beharrlichkeit als Dissident – doch Inspiration und Lebensmut gegeben, das ist ja in unserer Sicht auch eine Tugend religiöser Menschen. Deswegen darf Gregory Baum auch in Berlin und darüberhinaus in Europa nicht vergessen werden.

copyright: Christian Modehn Berlin

Einsamkeit – Chance und Last

Einige Hinweise aus dem Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salon:
Sitzung am 31. Mai 2013 in der Galerie Fantom in Berlin – Wilmersdorf

Von Christian Modehn

1.

Wir hatten im April – Salon 2013 mit Peter Bieri über das Thema seines Buches „Wie wollen wir leben?“ gesprochen. Darin plädiert er für eine Kultur der Stille; dazu gehört aber auch der Rückzug in die Einsamkeit. Ich kann nicht in der Stille sein, wenn um mich herum nur hektisches Getöse ist. Da kann ich zwar alleine sein, aber nicht einsam.
Dies ist schon ein Hinweis auf die inhaltliche Verschiedenheit von Alleinsein und Einsamkeit. Wobei es in der Alltagssprache durchaus vorkommt, dass einsam und allein austauschbar verwendet werden. Wer als Single sagt „Ich bin einsam“ weckt eher Gefühle des Bedauerns. Wer sagt „Ich bin allein“ beschreibt eher einen neutral erlebten Zustand.

2.

Andererseits sagen wir und hören wir oft: „Wir sind allein“. „Wir haben niemanden“. „Wir sind auf uns allein gestellt“. „Ich bin allein und fühle mich verlassen“.
Ich kann mitten unter vielen anderen allein sein, im Sinne von: Sich verloren fühlen, ausgegrenzt sein, abgeschoben sein, ignoriert sein inmitten vieler anderer, die mich übersehen, die sich nicht um mich kümmern, selbst wenn ich in Not bin. In solchen Situationen des reinen auf sich selbst Gestelltseins sprechen wir von „Alleinsein“, auch im Sinne von Hilflos sein oder gar Hoffnungslossein.
Wir sind allein, wenn sich soziale Bindungen auflösen, weil es die tragende und manchmal auch bergende Großfamilie nicht gibt. Sozialbeziehungen lösen sich auf, Kirchengemeinden spielen für die allermeisten keine relevante Rolle mehr, ebenso wenig Gemeinschaften, die in Parteien erlebet werden; Stammkneipen verschwinden. Sportvereine helfen noch, das Alleinsein zu überwinden und die lange Freizeit wenigstens körperlich zu gestalten.

3.

Unserer Meinung nach ist Alleinsein nicht identisch mit Einsamsein. Der sprachliche Unterschied kommt auch in anderen europäischen Sprachen vor. Zur Einsamkeit gehört der bewusste Wille sich zurückzuziehen. „Ich gehe in die Einsamkeit“. Zur Einsamkeit gehört als äußere Voraussetzung oft Stille und eine gewisse Ferne von Hektik.
Ich gehe in die Einsamkeit, um in mich zu schauen. Einsamkeit hat den Anspruch, das eigene Leben gerade im Rückzug zu vertiefen, heller, transparenter, das Leben zu sehen, Achtsamkeit zu üben: Welche Kraft steckt in mir, welche Aufgaben kann ich in dieser Welt haben?

Dazu muss ich mich entschließen, zur Einsamkeit gehört im Unterschied zum Alleinsein ein bewusster Wille. Der Schriftsteller und Aphoristiker Alfred Polgar (1873 – 1955) notierte: “Wenn dich alles verlassen hat, kommt das Alleinsein. Wenn du alles verlassen hast, kommt die Einsamkeit.”

4.

In der Einsamkeit entdecke ich, dass ich nicht ad hoc fähig bin, die Einsamkeit als „innere Erfahrung meiner Tiefe“ zu gestalten. Ich erlebe dabei, dass ich zur Einsamkeit fähig werden muss. Ich muss Einsamkeit als ein Schauen auf mich ertragen können und ertragen wollen. Wir brauchen in den Städten leere Orte, wo wir Einsamkeit üben können. Vielleicht sollte man bald eine der vielen leer stehenden Kirche als „heilige Räume der Einsamkeit“ gestalten und für alle offen halten…

5.

In der Einsamkeit geht es nicht nur um einen Ortswechsel, sondern auch um einen „Zeitwechsel“: Nicht mehr sorgenvoll auf die Zukunft schauen, sich nicht mehr von der Last der (eigenen) Vergangenheit erdrücken lassen. Sondern einmal ganz präsent sein: „Jetzt bin ich der, die hier ist. Ich will gegenwärtig sein, die lange Weile der Gegenwart erleben, diese lange Weile ist keine Lamngeweile.”

Zur Vertiefung weisen wir nur auf einige Philosophen hin:

Meister Eckart (1260 – 1328): Einsamkeit ist auch eine Voraussetzung für die unio mystica, für die Einheit mit Gott. Darin ist der Begriff der Abgeschiedenheit entscheidend: Das heißt das Sich lösen von Vorstellungen, von Vorurteilen über Gott und das eigene Selbst.
Der Geist ist für Eckart immer der göttliche Geist. Einsamkeit ist die Verbundenheit mit dem göttlichen Geist in der Abgeschiedenheit: Sie schafft Raum für das Leben des Geistes, schafft Raum für das Leben Gottes in mir. Abgeschiedenheit ist Leerwerden, Vernichtung des „Eigenen“. Wir lösen uns vom „Haben“.
Gelassenheit ist die Konsequenz der Abgeschiedenheit. Einsiedler, also allein lebende Mönche, sind für Meister Eckart zu nichts nütze, man solle, so Eckart, immer beim Tun und Handeln bleiben, etwa beim Herdfeuer oder der Fürsorge für andere. Auch da geschieht die unio mystica, siehe etwa Meister Eckarts radikale Bevorzugung der Gestalt der tätigen Martha gegenüber der bloß passiv zuhörend – meditierenden Maria.

Montaignes Werk, vor allem die Essais, sind ohne die persönliche Erfahrung der Einsamkeit in seinem Turm gar nicht denkbar. Im 1. Buch der Essais befindet sich das 39. Kapitel, das “Über die Einsamkeit” zum Titel hat.Darin finden sich die fast wie “philosophische Lebenshilfe” klingenden Worte:”Wir müssen uns ein Hinterstübchen zurückbehalten, ganz für uns, ganz ungestört, um aus dieser Abgeschiedenheit (!) unseren wichtigsten Zufluchtsort zu machen, unsere wahre Freistatt. Hier gilt es, den alltäglichen Umgang mit uns selbst zu pflegen….indem wir mit uns Zwiesprache halten….”

Martin Heidegger kann als „Lehrer“ der Einsamkeit gelten; das beginnt schon in Sein und Zeit, § 40, zum Thema ANGST. Da zeigt Heidegger, wie dem Menschen sein eigenes Dasein und die Bezogenheit auf die Welt insgesamt entgleitet, das nennt Heidegger Angst. Darin wird der Mensch, das „Dasein“, vereinzelt, er wird auf sich zurückgeworfen, Bindungen zerbrechen. Der Mensch entdeckt: Jetzt bin nur ich allein gemeint, es kommt auf mich alleine an, ich bin jetzt frei, mich selbst zu wählen. Auf dem Hintergrund der Unheimlichkeit der Welt , dem Zusammenbruch der alltäglichen Vertrautheit mit der Welt, gibt es also die Chance, inmitten der Angst das eigene Leben, mein nur mir zugewiesenes Dasein, zu ergreifen und zu gestalten. D. h. ohne die Einsamkeit (der Angst) keine seelische Reifung und Entwicklung. Zentral ist dann die Erkenntnis: Mir kann mein eigenes Dasein niemand abnehmen. Ich muss es selbst leben.

Jean Jacques Rousseau muss hier genannt werden, vor allem sein Buch „Träumereien eines einsamen Spaziergängers“, das erst posthum erschien. Entstanden ist es zwischen 1776 und 1778. Rousseau spricht darin nur noch zu sich selbst, er beschreibt von Innen her das ungestörte Sich – Erleben, das Distanziertsein von den Geschäften der Welt, die Freiheit als Unabhängigkeit von anderen.
Es war der mehrfache Aufenthalt auf der Sankt Petersinsel im Bielersee in der Schweiz, der ihn zu den hier niedergeschriebenen Impressionen, Weisheiten, Bekenntnissen, führt.
Im Rückzug, nur von wenigen lieben Menschen umgeben auf der Insel, erlebt Rousseau die philosophische Gelassenheit; er setzt sich ab von den rational – einseitigen „Philosophes“, den Aufklärern im Umfeld von Diderot, er setzt sich aber auch ab von den dogmatisch geprägten kirchlichen Glaubensformen.

Auch Friedrich Nietzsche ist ein großer Philosoph der radikal erlebten Einsamkeit: In der Einsamkeit entwickelt er eine unglaubliche Produktivität.
In Sils Maria, Engadin, hat Nietzsche 7 mal den Sommer erlebt, von 1881 bis 1889; hier schrieb er auch den 2. Teil seines wohl anspruchsvollsten und alles umstürzenden Buches „Also sprach Zarathustra“. Hier formuliert er seine Lehre von der ewigen Wiederkunft des Gleichen.

Wie kann Einsamkeit für uns zu einem kreativen „Ort“ werden? Sind wir überhaupt noch einsamkeitsfähig? Oder haben wir uns längst an das – eher flache und traurige – Alleinsein gewöhnt?

Copyright: CHRISTIAN MODEHN. Religionsphilosophischer Salon Berlin.

Esoterische Unvernunft. Anläßlich eines neuen Buches von Bernd Kramer

Wenn die Vernunft nichts mehr gilt
Ein Hinweis auf ein Buch von Bernd Kramer
Von Christian Modehn

Die spirituellen Angebote unter dem weiten Dach der Esoterik sind kaum noch zu überblicken: Wer von „Fremdenergien, etwa von astralen Wesen besetzt“ ist,findet genauso Hilfe wie jemand, der das Hula – Training sucht „nach alten Prinzipien aus Hawaii“. Das „Kartenlegen mit Zukunftsdeutung“ wirkt da schon wie ein leicht angestaubter Klassiker. Die Esoterik – Szene boomt weltweit: 25 Milliarden Euro, so der Trendforscher Eike Wenzel, bezahlen viele tausend Menschen jährlich allein in Deutschland, um geheimes Wissen zu erlangen. Sie wollen in ihre eigene Zukunft schauen oder ihr vorgeburtliches Leben vor etlichen Jahrhunderten erkunden. Diese befremdlich wirkenden, von vielen irrational genannte Welt der Esoterik ist heute selbstverständlicher Teil des Alltags, meint der Journalist Bernd Kramer. Die Welt ist offenbar so so öde, so hoffnungslos, dass man sich in abstruse Sonderwelten flüchtet. Um so dringender sei es, genauer hinzuschauen und sich in diese Welt zu begeben, um sozusagen den Blick von Innen zu gewinnen. Deswegen hat sich Bernd Kramer “under cover”, wie ein Spion, in die Welt der Aura -Vitalisierung und Hellseherei begeben. Seine Erfahrungen hat er jetzt unter dem Titel „Erleuchtung gefällig?“ publiziert.

Mit künstlichen Tannenzapfen, diesem preiswerten Weihnachtsschmuck, wolle er die Energie bündeln und weitervermitteln, so redete er seinen erstaunten Klienten ein, während er sie auch mit einem schlichten Kamm von negativen Kräften befreite. Bernd Kramer hat sich als Heiler in die bunte Welt der Esoterik –Helfer und Berater begeben: Bei einer so genannten Fachmesse bot er an seinem Stand die von ihm erfundene “Aura – Revitalisierung” an. Die Veranstalter hatten bei der Anmeldung gar nicht genau wissen wollen, was damit eigentlich gemeint sei, Gott sei Dank: Er selbst wußte es auch nicht. Die Klienten waren froh, neben all den Schamanen und Reinkarnationstherapeuten auch noch dieses Angebot im Programm zu haben. Und die Leute kamen tatsächlich, suchten Hilfe von Stress und seelischer Qual und erzählten einem fremden Mann ihr Leid. Als Teilnehmer einer Aura – Revitalisierung glaubten sie, sich selbst aufzuwerten und dadurch zur himmlischen Welt des Wunderbaren zu gehören. Es war so toll für sie, dass jemand sie ansprach und ernst nahm. Wie auf sich allein gestellt sind diese Menschen, die da einfach bei deiner „Esoterik – Messe” ernstgenommen werden und der Wirkkraft von umgewidmeten Tannenzapfen glauben.
Bernd Kramer ist es gelungen, mit allerhand Tricks für ein paar Monate angesehenes Mitglied der Esoterik – Szene zu werden. Er hat sich sogar als hell sehender Telefonberater angeboten, über das Internet fanden die Hilfesuchenden ihren Meister. Sie hielten die sanften Worte Bernd Kramers, der nun als „Osiris“ auftrat, geradewegs “vortrefflich”, obwohl er nur standardisierte Floskeln von sich gab und letztlich immer nur mahnte, bei aller Sehnsucht nach himmlischen Antworten doch bitte Geduld zu bewahren. Mit diesen Worten schützen sich alle Esoterikberater vor ausbleibenden Erfolgen: Die Klienten sind schuld, wenn „es nicht klappt“. 19 Frauen, nur Frauen, keine Männer, suchten bei Kramer während eines Monats Hilfe und Beratung. Sie wollten genau wissen, welche Prognosen die Himmlischen bereithalten hinsichtlich neuer Liebesbeziehungen oder der dringend gesuchten Arbeitsstelle.
In seinem „Erleuchtung gefällig?“ beschreibt Bernd Kramer sein Erstaunen, wie schnell er ohne jegliche Kenntnis in der esoterischer Sonderwelt mit ihren eigenen Begriffen und Symbolen Fuß fassen konnte. Vor allem, wie tief verunsichert und hilflos seine Kundschaft war, die offenbar noch die mysteriösesten Sprüche wie Heilslehren und Alltags – Tipps aufnahm. So werden Abhängigkeiten zwischen Guru und Hilfesuchenden gestiftet, und diese bezahlen zum Schluss etliche tausend Euro bloß dafür, dass ihnen jemand zuhört und außerirdische, also in der Sicht der Klienten „richtige, geltende“ Tipps für den Alltag gibt. Diese Menschen, so Kramer, kommen offenbar nicht auf den Gedanken, kompetente Hilfe etwa bei Sozialberatungen oder Psychotherapeuten zu suchen. Sie erwarten letztlich Wunder von einem diffusen Himmel aus Göttern, Elfen und Feen.
Bernd Kramers Buch „Erleuchtung gefällig?“ könnte eine breite Diskussion auslösen, vor allem bei denen, die in den Geheimlehren der Esoterik tatsächlich Orientierung und Hilfe empfangen. Bei Menschen etwa, die sich nach ihrem Kirchenaustritt individuell ihre eigene Spiritualität zusammenbastelten.
Der Autor will bewusst provozieren, wenn er, so wörtlich, die esoterischen Lehren ausdrücklich unecht und lügnerisch nennt oder wenn er behauptet, Esoteriker würden seelischen Wunden wie „mit Watte aus Eisenspänen“ heilen. Bernd Kramer schreibt: „Vor dieser esoterischen Welt graut mir“. Er hält sich hingegen an die viel besprochene Säkularisierung, also die grundlegende Verweltlichung des Bewusstseins. Wie der Philosoph Kant will er gültige wissenschaftliche Erkenntnisse nur für die irdische Wirklichkeit gelten lassen. Überirdisches, esoterisches Wissen kann es deswegen gar nicht geben. Ausdrücklich betont er im Blick auf den „Esoterik – Wahn“: „Lieber glaube ich dann an gar nichts“.
Die Kirchen können sich angesichts dieser journalistisch sozusagen „flott“ und philosophisch und religionswissenschaftlich durchaus noch “ausbaufähigen” Esoterik Kritik nicht voller Gewissheiten und Freude zurücklehnen. Sie müssen vielmehr erkennen: Auch ihre kirchlichen Lehren und viele christliche Riten und Gottesdienste sind esoterisch: Die Hostie als Leib Christi, der Wein als Blut Christi, die Hostie in der Monstranz, die Wunder, die in Lourdes und Fatima geschehen, die Heilkraft eines Pater Pio, der Papst als Nachfolger Christi usw… Das sind, bei Lichte und von außen (= eben exoterisch) besehen, tatsächlich nun einmal esoterische Lehren. Auch sie verstehen heute viele Menschen nicht mehr, siehe die Statistiken der Kirchenaustritte. Der Unterschied zu vielen heute expliziten esoterischen Praktiken, wie Wünschelruten, Rückführungen, Astrologie usw. ist vielleicht nur der, und dies zu sagen ist für viele sicher eine (heilsame) Provokation: Diese esoterischen Riten und esoterischen Glaubensformen haben sich nicht wie das Christentum als herrschende Mehrheitsreligion durchgesetzt.
Es tut dem Christentum und den Kirchen gut, angesichts des Buches von Bernd Kramer die eigene, tief verwurzelte Esoterik anzuerkennen und, wenn möglich, zu erklären: Welche Rolle die Vernunft im Christentum spielt. Andererseits: Ist unser Alltagsleben nicht immer schon esoterisch geprägt, etwa in den Liebensbeziehungen und der Bewältigung des Alltags.Kommt es vielleicht nur auf das vernünftige, also Vernunft gesteuerte Maß der Esoterik an?

Literaturhinweis:
Bernd Kramer, Erleuchtung gefällig? Ein esoterischer Selbstversuch. Christian Links Verlag Berlin, Mai 2013, 208 Seiten; 16,90 Euro.

Von der Heiligkeit der Person: Ein philosophischer Hinweis zum “16. April, dem Tag der Demokratie und Toleranz”

Ist die Person von sakraler Würde?

Ein Hinweis auf Überlegungen von Hans Joas und Emile Durkheim

Von Christian Modehn

“Wir für Demokratie – Tag und Nacht für Toleranz”: Ein ultrakurzes Motto für ein eigentlich normales Thema: Der 16. April 2013 soll rund um die Uhr im Zeichen der Menschenrechte stehen. So will es die Bundesregierung.

Das Thema Demokratie sollte in einer Staatsform, die sich demokratisch nennt, doch wohl ein all – tägliches Thema sein. Es muss schon ziemlich schlimm stehen, wenn nun einige Ministerien ausdrücklich die Bürger auffordern, sich doch bitte auf die Demokratie und ihre elementare Tugend, die Toleranz, (wieder) zu besinnen und alles zu tun, damit Demokratie als Sache aller (wieder) lebendig wird. Offenbar erinnern sich nur in Zeiten zunehmender Intoleranz viele Demokraten an das, was Toleranz bedeuten könnte.

Welchen Beitrag kann Philosophie und speziell Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phie leisten, wenn es um den Einsatz für Demokratie und Menschenrechte – und damit zentral um Toleranz geht? Für Philosophie ist kritisches Denken die störende Begleitung und oft auch der Beginn politischen Handelns. Für den 16. April und natürlich weit darüber hinaus hat der Religionsphilosophische Salon einen Vorschlag der Lektüre und des gemeinsamen Nachdenkens: Und dieser Vorschlag ist alles andere als oberflächlich oder populär. Er erinnert an die wesentliche Dimension jeglichen Menschseins: Wir weisen empfehlend hin auf das Buch „Die Sakralität der Person. Eine neue Genealogie der Menschenrechte“ hin (Suhrkamp Verlag, 2011). Autor ist der  inzwischen weltweit beachtete Soziologe und Sozialphilosoph Hans Joas, u.a. Professor für Soziologie an der University of Chicago. Wir möchten hier nur auf das Kapitel 2 empfehlend verweisen.

Inhaltlich ist dabei interessant: Die hier entwickelte Qualifizierung des Menschen als einer „sakralen Person“ darf keineswegs als Plädoyer für eine neue Konfessionalisierung des menschlichen Wesens oder als eine religiöse Verschleierung oder Überhöhung des Daseins verstanden werden. Sakralität, so betont Joas, hat etwas mit Heiligem zu tun, und die Erfahrung und Geltung des Heiligen liegt allem Religiösen (schon gar dem konfessionell Religiösen) voraus!

Wenn Kant in seiner Philosophie, etwa in der „Grundlegung der Metaphysik der Sitten“, von der „Würde“ des Menschen spricht, erwähnt er auch die „Heiligkeit“ des menschlichen Wesens. „Würde“ hat keinen Preis, sie kann nicht erworben, schon gar nicht gekauft, kann auch nicht durch Willkür anderer beseitigt werden. Menschliche Würde ist mit dem Dasein selbst da, sie steht für sich selbst, sie ist nicht menschlich verfügbar: Wer in dieser Weise von der unantastbaren Menschenwürde spricht, denkt, so Kant, wie von selbst auch an die Heiligkeit, im Sinne des Erhabenen, also des über den Menschen und ihrem Zugriff Stehenden. Im Erleben der eigenen Person wie der Personenwürde anderer tritt deutlich zutage, was man das Heilige nennen könnte: Nur ein Beispiel: Im ungerechten Leiden anderer Personen, etwa der gefolterten Widerstandskämpfer gegen diktatorische Gewaltherrschaft, können Menschen erleben, wie sich vor allem in der Empathie mit den Opfern eine starke Überzeugung auch emotionaler Art bildet, sie ist wie eine umfassend intellektuelle Kraft. Sie sagt absolut Nein zu dem Unrecht, zur Folter, zur Qual. Warum? Weil da die Heiligkeit und Unverletzbarkeit der Person, ihre Unantastbarkeit, verteidigt werden soll.

Diese philosophische Erfahrung der „Sakralität“ der Person hat nichts zu tun mit einer Vergötterung des Menschen, schon gar nichts mit dem Konzept des Übermenschen, der an die Stelle des toten Gottes gesetzt werden soll (Nietzsche). Sakralität der Person bezeichnet nur den absolut zu verteidigenden, unverfügbaren Wert eines jeden Menschen. Dieser Einsatz für die Sakralität ist nichts anderes als das konkrete Engagement für die Menschenrechte; diese sind selbstverständlich stetig weiter zu entwickeln, wie auch die Demokratie niemals etwas Fertiges ist.

Hans Joas lässt sich von dem französischen Soziologen und Ethnologen Emile Durkheim (1858 – 1917) inspirieren, der in seinen zahlreichen Studien, vor allem im Erleben des antisemitischen Dreyfus – Skandals, von der universalen Menschenwürde als der „Religion der Moderne“ sprach (etwa in seinem Aufsatz „Der Indvidualismus und die Intellektuellen“, von 1898). Durkheim schreibt: „Die menschliche Person wird als heilig betrachtet, sozusagen in der rituellen Bedeutung des Wortes. Sie (die Person) hat etwas von der transzendenten Majestät, welche die Kirchen zu allen Zeiten ihren Göttern verleihen…Wer auch immer einen Menschen oder seine Ehre angreift, erfüllt uns mit einem Gefühl der Abscheu, in jedem Punkt analog zu demjenigen Gefühl, das der Gläubige zeigt, der sein Idol profaniert sieht“. (Joas, S. 82f).

Die Sakralität ist für Durkheim die allgemeine, die menschliche Spiritualität, sie gilt für Gläubige und konfessionell nicht – gläubige Menschen. Aber Joas weist darauf hin, dass aus dieser elementaren Heiligkeitserfahrung durchaus Religion werden kann (S. 94) Aber es bleibt dabei: Die Sakralitätserfahrung der Person ist das Erste und Grundlegende.

Die Frage ist natürlich, wie es gelingen kann, in der zunehmend anonym werdenden Massengesellschaft Menschen darauf aufmerksam zu machen: Ihr seid eigentlich von sakraler, also heiliger Würde? Diese Einsicht – auch pädagogisch für alle Altersklassen – zu vermitteln ist genauso wichtig wie das Engagement für die universale Geltung der Menschenrechte und damit der Demokratie.

Menschenrechte sind also nicht nur eine “Verhandlungsmasse” auf politischer Ebene, oft vom Kalkül bestimmt und aufgrund ökonomischer Zwänge allzu häufig verraten und vernachlässigt. Menschenrechte haben eine eigene “Aura”; sie bleiben selbstverständlich der vernünftigen Argumentation verpflichtet. Aber es ist die Vernunft selbst und nicht irgendeine religiöse Phantasie, die die Erkenntnis erschließt: Die Menschenrechte sind etwas Besonderes und absolut zu Verteidigendes. Die Person zu schützen, hat also kaum mit politischer Taktik zu tun; es ist vielmehr elementar auch eine spirituelle Aufgabe, die Person (und mit ihr die Menschenrechte) ganz hoch zu halten und – ja, auch dies – zu ehren. Wie weit die (immer weiter zu entwickelnden) Menschenrechte zum Kernbestand relgiösen Glaubens werden können, ist eine dringende Frage: Sie führt zu dem Problem: Wie können Menschenrechte Teil der Verkündigung – etwa der Kirchen- werden.

Wir weisen auf ein inspirierendes Interview mit Prof. Wilhelm Gräb über die spirituelle Bedeutung der Menschenrechte auf unserer website hin: Klicken Sie hier zur Lektüre.

copyright: christian modehn