Die Legionäre Christi – eine Skandalgeschichte ohne Ende?

Der Religionsphilosophische Salon schwebt nicht in der reinen Luft der philosophischen Spekulation. Er hat sich immer wieder religionskritisch mit verfremdeten Formen des Religiösen auseinanderzusetzen. Dabei geht es um Macht, Einfluß, Lüge, Geld, Sex.

Vorweg: EIN AKTUELLER HINWEIS: Am 26.11.2010 habe ich einen aktuellen Beitrags ins Netz gestellt: “Das Neueste zu den Legionären Christi”.

Der Skandal um den Ordensgründer der Legionäre Christi

Von Christian Modehn

 

Eine Sendung in WDR 5, am Sonntag 23. August 2009

 

Sie gelten als die Hoffnung der Kirche, die jungen Männer aus dem katholischen Orden der Legionäre Christi. Sie leiten in über 20 Ländern Schulen und Universitäten, immer vom Feinsten und nur für die so genannten Eliten, die Finanzstarken und Erfolgreichen. Diese Priester weichen niemals auch nur ein Iota ab von der päpstlichen Glaubenslehre. Aber jetzt ist ihr hoch verehrter Ordensgründer, der Mexikaner Pater Maciel Macial (sprich Masiel Masial), ein Jahr nach seinem Tod, andauernder sexueller Übergriffe auf Jugendliche überführt wurden. Christian Modehn berichtet.

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Eine solche als Heiliger herausgestellte Figur bricht zusammen, und damit bricht auch eine kirchliche Glaubwürdigkeit zusammen.

Alfons Vietmeier, katholischer Theologe in Mexiko – Stadt, berichtet über eine der absonderlichsten Gestalten im heutigen Katholizismus, Pater Marcial Maciel. Nach außen hin hat er immer den Zölibat als göttliches Geschenk verteidigt. Im Alltag aber pflegte er ein weltweites Netz von Freundinnen, mit einigen hatte er Kinder. Bis jetzt haben sich 7 junge Leute als seine Nachkommen gemeldet. Sie wollen Anteil haben an der Erbschaft. Denn ihr Vater, der Pater und Ordensobere, war reich, äußerst reich: Etliche Gebliebte überschrieben ihm ihr ganzes Vermögen, das er einsteckte, um  sich dann gleich anderen Damen  zuzuwenden, wenn er nicht gerade mit Kindern und jungen Männern im Bett lag, vorwiegend Schülern und Studenten seines Ordens.

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Eindruck macht, dass Maciel so etwas wie ein sexueller Vielfraß war, das ist ein wörtliches Zitat einer Presseinformation. Aber es gab die Besorgnis, dass sein Grundproblem, nämlich die Knabenverführung, insbesondere mit den jüngeren Seminaristen, wo es eine ganzes Serie von Beispielen gibt und auch Enthüllungen darüber, das zu leicht unter den Teppich gekehrt werden kann

Denn Liebe zu Frauen gilt selbst in Klerikerkreisen als Kavaliersdelikt, Päderastie aber ist ein Verbrechen, das dem Orden überaus peinlich ist, zumal auch etliche Mitbüder Pater Maciels in Mexiko und Spanien der Kinderschändung angeklagt wurden.  Eine Kirchenkrise bahnt sich an, die die Auseinandersetzungen mit den reaktionäre und z. T. antisemitischen Pius Brüdern noch in den Schatten stellt: Alfons Vietmeier:

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Das erschüttert die Grundfesten einer Kirche, die immer stramm auf Moral hin gearbeitet hat, die immer die Werte der Familie, der  Enthaltsamkeit, hoch gehalten hat, und das bricht wie ein Kartenhaus zusammen.

Von schändlichem Betrug und großer Lüge ist im Fall der Legionäre Christi und ihres verbrecherischen Ordensgründers die Rede. Der Skandal ist, dass seit Mitte der neunziger Jahre über das Treiben Pater Maciels in Büchern und Zeitschriften berichtet wurde. Der Vatikan war auf dem Laufenden, aber auch Papst Johannes Paul II. ignorierte  die erschütternden Fakten, meint Alfons Vietmeier:

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Das hing damit zusammen, dass das Angebot des Ordens war: Wir haben stramm Rom treue, gehorsame Priester, und aus einer rechtskatholischen Oberschicht, die politisch dann auch wiederum antikommunistisch und antisozialistisch war und ist. Und insofern gewisse Stimmungslagen eines aus Polen stammenden Papstes traf, der genau das suchte, in einer Welt, die laut offizieller Logik in Rom und einschließlich unseres jetzigen Papstes in den Wirren der Zeit unterzugehen droht.

Außerdem konnte Pater Maciel mit seinem Millionen Vermögen prachtvoll ausgestattete Priesterseminare, Hochschulen und Pressezentren gründen, die Legionarios, wie man in der Spanisch sprechenden Welt sagt, sind fest in der katholischen Weltkirche etabliert: Alfons Vietmeier:

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Der springende Punkt scheint mir darin zu bestehen, dass der Orden nicht alleine agiert. Sondern er hat Unterstützung gehabt in Mexiko selbst, in Rom, es haben unzählige Bischöfe Flugscheine bezahlt bekommen, Stipendien für Priesterstudien bezahlt bekommen, die Synoden in Rom sind erheblich mitfinanziert worden von den Legionarios. Es gibt eine Vernetzung, die ganz klar bis zu Papst Johannes Paul II gehen, der ganz eindeutig das favorisiert hat.

Jetzt hat auf Geheiß Papst Benedikt XVI. eine offizielle Untersuchung des 2.500 Mitglieder zählenden Ordens begonnen, zu dem auch 70.000 Laien in der Bewegung Regnum Christi gehören. Fünf Bischöfe sollen alle Einrichtungen dieser Gemeinschaften prüfen, vor allem die Mitglieder auf Herz und Nieren prüfen. Ob die Ergebnisse öffentlich gemacht werden, wird von Beobachtern bezweifelt. Immerhin, ein erster Widerstand ist zu spüren, ein gewisser Boykott der Schulen der Legionäre Christi beginnt, berichtet Alfons Vietmeier:

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Es sind über 120.000 Schüler in verschiedenen Kollegen. Die Eltern sind enttäuscht, dass ihre Eliteschule einen Gründer hat, der so viele Skandale hervorgerufen hat, dass jetzt bei Beginn des neuen Schuljahres evident ist, dass viele nicht mehr in diese Eliteschulen hineingehen. Und das bringt eine Krisis der finanziellen Basis dieser Ordensgemeinschaft.

Fraglich aber ist, ob diese unsägliche Skandalgeschichte auch eine heilsame Krise innerhalb der Kirche bewirkt:

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Wir haben eine Geschichte einer Kirche, die Teil des Machtapparates wurde, und es gibt in vielen Ländern noch unheilige Verknüpfungen von Machtfaktoren, die laufen immer auch über Geld. Das zu verändern, die Kirche wieder zurückzuführen zu dieser Kirche wie Jesus sie eigentlich wollte, auf der Seite der Armen, das ist ein nicht gelöstes Problem.