Menschen sind wie Objekte. Man kann sie vernichten: Philosophisches zum Internationalen Tag der Indigenen Völker“
Von Christian Modehn
Philosophisches Denken, wenn es lebendig ist, bezieht sich auf die Gegenwart. Und heute werden Menschen wie Objekte behandelt, die man irgendwo hinbestellen kann, verwalten kann, entlassen kann, fertigmachen kann usw. Diese Verdinglichung der Menschen durch das System der Herrschaft ist philosophisch oft, leider noch zu selten, analysiert und diskutiert worden.
Am „Welttag der Indigenen Völker“ am 9. August gibt es einmal mehr eine Chance, kritisch philosophisch nachzudenken. Denn indigene Völker sind in der Sicht der Herrschenden, also der Mehrheit, die quantité négligeable, sind die Restbestände wilder Wesen, wilder Menschen aus angeblichen Vorzeiten, die „man“ ignorieren kann.
Das wird besonders deutlich im Umgang der Herrschenden, und das sind nicht immer nur Politiker, sondern vor allem die gierigen Internationalen Konzerne, in Brasilien. Und sicher in vielen anderen lateinamerikanischen Staaten. Wer heute nach Rio blickt, zur Olympiade inmitten des Elends der Slums bei selbstverständlich gewordener Korruption, der sollte immer die Indigenas in den Wäldern rund um den Amazonas mit-bedenken und für sie eintreten. „Diese Völker sind nur noch ein Hindernis für die Modernisierung des Landes“, sagt der katholische Bischof Roque Paloschi. Er kümmert sich intensiv um die Menschenrechte der Indianer, in einer sicher verdienstvollen katholischen Organisation, die aber immer noch den Titel „Indianermissionsrat“ (CIMI) hat. Denkt man in diesen katholischen Kreisen nicht mit Grauen an die Mission, die im Zusammenhang der Kolonisierung und Auslöschung so vieler Millionen „Indianer“ seit 1492 betrieben wurde? Warum noch diese Sprache? Soll die Kirche doch sagen: Wir wollen keine Mission für diese indigenen Völker. Wir wollen mit ihnen solidarisch sein und sie unterstützen in eigenen Projekten…. aber das nur am religionskritischen „Rande“…
Die Rechte der Indigenas, ihr Lebensraum, ihre Kultur, das zählt nichts für den so genannten Fortschritt, den die Regierungen als ausführende Organe der internationalen Industrien betreiben. Dieser Fortschritt vernichtet die Natur, vernichtet die Menschheit, das ist tausendfach geschrieben worden, aber von den maßgeblichen Bürokratien nicht wahrgenommen worden.. Man lese die Hinweise auf den wichtigen Film von Martin Kessler über das Staudammprojekt Belo Monte! Die Ureinwohner am Amazonas, die eigentlichen Landeigentümer seit Jahrhunderten, werden einfach so mit einem bürokratischen Akt enteignet, vertrieben, angeblich „entschädigt“. Denn sie stehen der Ausbeutung der Rohstoffvorkommen im Wege. Von dem Profit bekommen die Indigenas selbstverständlich nichts ab, denn meist überleben sie nicht den rabiaten Zugriff auf ihr Land, ihre Wälder, ihre Tiere, ihr Wasser. Das Morden geht weiter, das Morden der Weißen, das Morden der Internationalen Firmen. Diese Institutionen, und die von ihnen bestens bezahlten Manager, haben keinen Sinn für den Menschen, den anderen, den Schwachen, den Kleinen, den Fremden, den Indianer oder den Schwarzen. Der Kleine als der andere gilt ihnen nichts. Die Geschichten zur Gentrifizierung in europäischen Großstädten erzählen auch vom Umgang mit „den anderen“. Eine weltweite Geschichte…”Menschen sind wie Objekte, man kann sie vernichten”, sagt so direkt niemand von den Herrschenden. Aber viele denken so und handeln so.
Copyright: Christian Modehn