Notre Dame de Paris: Fast eine Ruine. Für Steine viele Millionen Euro zu spenden ist jetzt attraktiv und lukrativ!

Fragen und Vorschläge nach der Brand-Katastrophe
Von Christian Modehn

1.
Die Kathedrale Notre Dame de Paris gibt es nicht mehr, vor allem die innere Gestalt der Kirche ist weithin eine Ruine. Einige besonders wertvolle „Schätze“ und Reliquien konnten gerettet werden, wohl auch die Orgel. Geblieben ist die äußere Hülle, die Fassade, wenn man so will, die beiden großen Türme und die Mauern stehen da ohne Glanz, des Nachts wie eine dunkle Bedrohung.
Natürlich ist es sinnvoll, über einen Wiederaufbau der Kathedrale nachzudenken. Dafür ist die Kathedrale von höchster kultureller Bedeutung, förmlich als Symbol des „nationalen Bewusstseins“.
Auffällig ist jedoch, mit welchem Eifer sich der Staat und der Staatspräsident für den sehr eiligen Wiederaufbau aussprechen. Natürlich, aufgrund der Kirche-Staat-Gesetze ist Notre Dame de Paris Staatseigentum. Der Staat wird bei diesem exkluxiven Bauwerk dafür sorgen, dass diese Kirche in neuem Glanz ersteht, eine Kirche, die immer auch als nationaler „Tempel“ angesehen wird; selbst von vielen kirchlich „Nicht-Gebundenen“; auch die Touristen durchschrittten das Bauwerk in zügigem Tempo, 30.000 Besucher waren es 2018 durchschnittlich pro Tag! Ein großes Getrampel also in “heiliger Halle”. Auffällig also ist, dass Präsident Macron offenbar allen Ernstes behauptete, Notre Dame nach 5 Jahren wieder zu eröffnen. Das ist mehr ein frommer Wunsch und ein Ausdruck, politisch stark zu erscheinen. Ein Stück Propaganda vielleicht.
2.
Auffällig ist vor allem, wie die „Magnaten“, die Millionäre und Milliardäre, wie „Libération“ schreibt, für den Wiederaufbau spenden: Kaum ist das Feuer erloschen, fließen schon die vielen Millionen für die Herstellung dieser Kirche. Warum? Vielleicht aus „nationalem Bewusstsein“ der großen Firmenchefs? Vor allem auch, weil die Steuervergünstigungen in dem Fall enorm sind. Bald wird wohl die Kathedrale den Titel „Trésor national“ erhalten und dann könnten 60 % der Spenden von der Steuer abgezogen werden. Damit werden dem Staat viele Millionen Steuern entgehen, die er etwa für seine Sozialpolitik gut gebrauchen könnte.
Auffällig ist diese enorme Spendebereitschaft der Magnaten bzw. der Großkapitalisten, wie die Tageszeitung Libération treffend schreibt, also doch nicht. Man kann sich also wegen einer „nationalen Katastrophe“ (Brand in Notre Dame) noch zum großen Steuer-Sparer entwickeln und durch diese private Steuerersparnis dem Staat letztlich dringend benötigte Steuern entziehen. Die „Pinault“, Eigentümer der Luxus-Gütergruppe Kering (Gucci et.c) spenden 100 Millionen; Der reichste Mann Frankreichs, Bernard Arnault, Chef von LVMH (Luxusprodukte wie Hennessy und 70 weitere Luxusprodukte) hat schon 200 Millionen Euro zugesagt, TOTAL will 100 Millionen spenden, sogar Apple wird unter den Spendern sein. „In kürzester Zeit, innerhalb weniger Stunden, wurden 700 Millionen Euro für den Wiederaufbau des Kulturtempels bzw. der Kathedrale Notre Dame de Paris gespendet. Wenn das so weitergeht, braucht der eigentlich verantwortliche Staat nichts mehr zu zahlen…
3.
Auffällig ist, dass diese Magnaten eher sehr selten (mit so großen Summen) für Menschen in Not spenden, etwa für die Obdachlosen in Paris oder die Sterbenden in Jemen. Tatsache ist, dass die sozial engagierten Vereine in Frankreich (Associations) im letzten Jahr weniger Spenden einnehmen konntenn als sonst. Das Geld für Obdachlose, Flüchtlinge, Alleinerziehende etc. fehlt. Mindestens 150.000 Menschen haben keinen festen Wohnraum (sans domicile fixe, SDF). Das Sozialhilfswerk Emmaus hat die Anzahl der Menschen, die in Frankreich miserabel wohnen müssen, etwa zur Not untergekommen bei Freunden, in Abbruchhäusern wohnen etc., auf fast 4 Millionen Menschen berechnet (Personnes mal logées) Quelle: https://www.fondation-abbe-pierre.fr/documents/pdf/synthese_rapport_2018_les_chiffres_du_mal-logement.pdf
Auffällig also ist, dass die Millionäre und Magnaten lieber für Steine spenden als für lebendige Menschen. Sonst würde ja kein Obdachloser mehr auf der Straße leben, die 700 Millionen, die innerhalb weniger Stunden für die Kathedrale als Stein locker gespendet wurden, hätten für etliche würdige Unterkünfte der Ärmsten verwendet werden können. Warum spenden die Reichen nur so gern für tote Steine? Weil sie meinen, da auf ewig erinnert zu werden. Sie unterschätzen das Erinnerungsvermögen der Armen, die daran denken könnten: Diese Wohnung hat die Firma He. für uns gebaut.
4.
Auffällig ist, dass bei der zweifellos furchtbaren Brandkatastrophe offenbar noch kein Raum ist für neue, kreative Überlegungen:
Aber das Nachdenken könnte doch beginnen: Welche theologische Bedeutung hat die Tatsache, dass so plötzlich eine der berühmtesten Kathedralen in einer der „berühmtesten Metropolen“ Europas faktisch eine nicht benutzbare Ruine ist?
5.
Ist es übertrieben, wenn man dieses Ereignis auch ttheologisch deutet?. Ich meine, man sollte in diese Richtung denken: Mit dem Brand von Notre Dame de Paris ist sichtbar für alle die alte Kirchenwelt zusammengebrochen, die seit dem Mittelalter bestimmend war und noch ist: Bestimmend seit der strengen Dogmatik der Pariser Theologen, der gesalbten Könige, der Glaubenskämpfe, der absoluten Herrscher, der Staatsreligion mit ihren hoch dotierten Bischöfen, der neuen Religion eines Robespierre, der Kollaboration eines Marschall Pétain, dem Tag der libération mit General de Gaulle, der Gedenkfeiern für Staatspräsidenten (etwa Mitterrand), der flammend-polemischen Predigten eines Kardinal Lustiger – all das, diese ganze Kirchenwelt, gibt es an diesem Ort nicht mehr: Sie ist tot. Das große Symbol der mächtigen Kirche ist hier in Flammen aufgegangen. Das kann doch, das sollte doch etwas „Innerliches“, Spirituelles und Theologisches bedeuten? Oder?
Denn dieser verheerende Brand findet in einer Zeit statt, in der die katholische Kirche Frankreichs (und ganz Europas) in einer tiefen Krise steckt, in einer Glaubwürdigkeitskrise. Immer mehr Gläubige distanzieren sich von dieser Kirche, das wird hundertfach statistisch belegt; die Priester sterben aus, die wenigen jungen Pfarrer und Laientheologen nennen sich „ausgebrannt“, was für ein Wort jetzt.
Ist es gewagt zu behaupten: Mit dem verheerenden Brand von Notre Dame de Paris ist auch die alte, immer noch bestimmende mittelalterliche Kirchenwelt in Flammen aufgegangen? Und welchen Sinn macht es, dieses Symbol der mittelalterlichen Kirchenwelt so ohne weiteres wieder aufzubauen? Restauration nennt man diesen Vorgang.
6.
Könnte nicht eine neue Zeit beginnen? Man könnte doch die Fassade als Ausdruck gotischer Bauweise beibehalten; innen aber ganz Neues wagen: Die geretteten Objekte von einst sind in einem Museum separat aufgehoben: Könnte nicht im Innern ein neuer vielgestaltiger Raum entstehen, als ökumenischer Tempel der Menschheit und der Menschenrechte? Respektvoll offen für alle, Christen, Muslime und Juden und Buddhisten und Atheisten? Natürlich, viele Menschen bezeugen jetzt ihre, auch nostalgische “Liebe” zur Kathedrale Notre Dame. Sie sind zwar meistens nicht katholisch-gebunden, lieben aber alte Gemäuer! Aber würde die Begeisterung für dieses alte Gebäude nicht noch größer werden, wenn dann ganz Neues in Notre Dame passiert? Will man sich wirklich den Vorwurf der bloßen Restauration gefallen lassen, so wie man alte verfallene Schlösser wieder in den alten Zustand “authentisch” wieder zurück-baut? Werden nicht die Traditionalisten als restaurative Katholiken (also die Leute in der Nachfolge von Erzbischof Marcel Lefèbvre) genauso denken? Will man sich in dieser Gemeinschaft mit den Traditionalisten wohl fühlen? Die notwendige Erinnerungskultur wird bereits an vielen anderen Orten gepflegt, sie muss sich nicht an einem Ort, in Notre Dame, “bündeln”.
7.
Die Umgestaltung von Notre Dame zu einem “Tempel der Menschheit” ist ein Vorschlag, eine Forderung, die dem Niveau heutiger Theologie entspricht. Sie wird die Herren der Planung, also der Restauration, vielleicht nur ein Schmunzeln wert sein. Vielleicht aber haben sie dann doch an einer bloßen Restauration des Gewesenen kein Interesse mehr? Werden sich die eher konservativ gesinnten Millionen-Spender für den Wiederaufbauch auch noch gegen “all zu viel Neues” wehren? Freilich: Mut zum radikalen Neubeginn, genannt Reformation, war zwar noch nie Sache der katholischen Kirche. Sonst könnte sie ja, für die Inneneinrichtung der Kathedrale per Gesetz zuständig, sagen: Wir wollen jetzt über unseren eigenen dogmatischen Schatten springen und einen Tempel der Menschheit und der Menschenrechte errichten. Wir wollen als Katholiken die Überwindung der konfessionellen Absonderungen sichtbar an vornehmer Stelle jetzt mitten in Paris ausdrücken. Denn schon oft wurde die Kathedrale Notre Dame für interreligiöse Feiern benutzt, etwa, als man am 3.6.2009 in Zusammenarbeit mit AIR FRANCE (!) der 228 Opfer des Flugzeugabsturzes über dem Atlantik gedachte. Oder als 1996 die viel beachtete Trauerfeier für den gar nicht so konfessionell-katholisch gebundenen Staatspräsidenten Francois Mitterrand stattfand. Die Ansätze zur interreligösen Öffnung sind bereits da! Die katholische Wochenzeitung “La Vie” (Paris) nennt jetzt bereits Notre Dame eine “église nationale”, eine Art “nationale Kirche: Auch dies ist ein Ansatz, der ins Weite des Interrreligiösen Tempels weist.
8.
Mit einer Neuorientierung der Kathedrale könnte eine Erfolgsgeschichte eingeleitet werden, die dem vielfachen Zuspruch des benachbarten Centre Pompidou ähnlich wäre. Ein interreligiöses Tempel mit vielen entsprechenden Räumen und Angeboten. Das würde die Menschen neugierig machen und begeistern und zum Nachahmen inspirieren… Nebenbei: Explizit katholische Kirchen in der unmittelbaren Nachbarschaft von Notre Dame gibt es ja in ausreichender Zahl: St. Severin, St. Merri, St. Gervais, St. Paul, St. Eustache. St. Germain de l Auxerrois und so weiter und so weiter. Unter Kardinal Lustiger gab es vor kurzem noch in Paris eine wahren Exzess, neue Kirchengebäude zu errichten.
9.
Es gibt genug konfessionelle Orte, konfessionell geprägte Kirchengebäude. Die Zukunft gehört der großen Ökumene der Menschheit. Sie kann eher den Frieden voranbringen als die konfessionelle Vereinzelung. Vielleicht werden die Herren der Kirche und der Politik diese Sätze erst in 50 Jahren verstehen, wenn die exklusiv konfessionellen Kirchen, Gebäude, längst leer stehen, verkauft wurden, abgerissen wurden. Dieser Prozess ist in ganz Europa bereits im Gange. Aber niemand denkt dabei an die weite Ökumene der Menschheit und der Menschenrechte und gestaltet entsprechend die leer stehenden Gebäude um. So wenig Phantasie und theologische Kreativität war selten.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon

Präsident Macron: Seine Spiritualität und Religion sowie seine Philosophie.

Präsident Emmanuel Macron – über seine Spiritualität und Religion und seine Verbundenheit mit der Philosophie

Siehe auch den aktuellen Hinweis vom Juli 2021: Macron – der Revolutionär? LINK

Hinweise von Christian Modehn am 8.5.2017

1. Glaube und Spiritualität

Präsident Emmanuel Macron, geboren am 21. Dezember 1977 in Amiens, hat dort die katholische Privatschule „La Providence“ („Die Vorsehung“) unter Leitung des Jesuitenordens besucht. Macron kann sich also wie etliche andere bekannte Politiker durchaus Jesuitenschüler nennen. Im Alter von 12 Jahren ließ er sich, beim Eintritt in die Jesuitenschule, (katholisch) taufen. „Das war eine persönliche Wahl, meine Familie (die Eltern sind Ärzte) war eher mit der „laizistischen Tradition“ verbunden. Die Jesuitenschule hat mich die Disziplin des Geistes und einen Willen zur Öffnung gegenüber der Welt gelehrt. Aber danach, (offenbar beim Verlassen der Schule, CM) habe ich weniger (den Glauben) praktiziert (was in Frankreich bedeutet: die Messe besucht, CM). Heute habe ich eine dauernde Reflexion über die Natur meines eigenen Glaubens. Meine Beziehung zur Spiritualität nährt weiterhin mein Denken, aber ich mache daraus kein Element, irgendetwas (politisch? CM) zu beanspruchen (élément de révendication)“, so Macron im Interview mit der katholischen Wochenzeitung La Vie, Paris, am 15. 12. 2016. Macron betont also, dass für ihn (schon damals) die intellektuelle Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben wichtiger war als der spirituelle Aspekt. Das gilt bis heute. Macron lobt ausdrücklich die Werte, die die Caritas (Secours catholique) in ihrem Engagement verteidigt, etwa in der Unterstützung der Wohnungslosen.

Der Kirchenhistoriker Jean-Domique Durand (Lyon) sieht in den politischen Äußerungen Macrons Elemente einer christlichen Kultur, etwa wenn er vom „Wohlwollen gegenüber dem Nächsten“ spricht. Er hat die (frühe) von Offenheit geprägte Flüchtlingspolitik von Angela Merkel gelobt. Zu dem lange diskutierten Thema der „christlichen Wurzeln Europas“ meint Durand bezogen auf Macron: Er würde die „christlichen Wurzeln Europas“ nicht offiziell anerkannt sehen wollen.

Zu Papst Franziskus hat sich Macron in „La Vie“ geäußert: „Im Unterschied zu den Präsidentschaftskandidaten Fillon oder Hamon werde ich nicht eine Nähe oder eine enge Verbindung mit dem Papst fordern und suchen. Aber als politisch entscheidender Akteur hat der Papst mutige Entscheidungen getroffen, die auch mit meinen Werten verbunden sind. Besonders in der Frage der Migranten hat der Papst an die Pflicht Europas erinnert und – aus einem geopolitischen, moralischen und philosophischen Gesichtspunkt – an den Unterschied zwischen einem Migranten und einem Flüchtling“. Quelle:

http://www.lavie.fr/dossiers/invites-politique-de-la-redaction/foi-laicite-europe-emmanuel-macron-en-7-extraits-15-12-2016-78648_807.php

Sehr konservative Katholiken lehnen Macron ab, weil er für die Homoehe ist und auch über aktive Sterbehilfe diskutieren will, siehe dazu die einschlägige Zeitschrift “France Catholique”: https://www.france-catholique.fr/Macron-Evangile.html: „Emmanuel Macron a des propositions économiques qui peuvent inquiéter les Français : augmentation de la CSG qui ponctionne déjà les revenus des retraités et des autres, suppression de la Taxe d’habitation pour 80 % des foyers : il faudra bien payer autrement et ce sont les classes moyennes qui devront le faire une fois de plus. En matière de valeurs morales censées être chères aux chrétiens : la faveur pour le mariage homosexuel et la volonté de généraliser la PMA (procréation médicalement assistée) à toutes les femmes qui la demandent sont deux prises de position totalement contraires à la morale de l’Eglise catholique. Les « Chrétiens démocrates » déclarent que Jésus n’était pas attaché à la famille et en concluent sans doute que les positions relativistes ne posent aucun problème ! Or elles sont parfaitement inadmissibles au nom même d’une philosophe politique dans la ligne de Léo Strauss et au nom de la théologie morale catholique“.

2.Zur Philosophie

Interessant ist, dass Macron vor seiner Ausbildung zum Ökonom in den Jahren zwischen 1995 und 2001 Philosophie studierte und das Diplom DEA , also das „diplôme d’études approfondies“, ein Hochschuldiplom, in der Universität „Paris –X. Nanterre“, erlangte, das oft als das erste Jahr eines Promotionsstudiums angesehen wurde. Einige Philosophen, wie der zur Polemik neigende Michel Onfray, aber auch Mitglieder des Fonds Ricoeur haben sich kritisch zu der Annahme geäußert, Macron könne als Philosoph gelten und als solcher auftreten: Sie halten den Titel Macrons als eines Assistenten von Paul Ricoer für überbewertet. Es geht dabei vor allem um die Frage, in welcher konkreten philosophischen Weise Macron als Assistent des protestantischen Philosophen Paul Ricoeur arbeitete. Auch die Philosophie Professorin Myriam Revault de Allonnes hat ihre Bedenken, Macron zu deutlich als Philosophen zu bezeichnen.  Sie sagte, dass Macron wohl nur die Korrekturbögen des Buch „La Memoire, l histoire, l oubli“ von Ricoeur (als Buch 2000 erschienen) korrigiert habe. Macron behauptet auch, von dem marxistischen bzw. kommunistischen Philosophen Etienne Balibar inspiriert zu sein, auch über die intellektuelle Beziehung Macron – Balibar wird unter Philosophen gestritten. Immerhin hat sich Balibar kurz vor der Wahl am 7.5. für Macron eingesetzt. Tatsache ist, dass Macron auch für die eher linke (einst explizit christliche, personalistische Zeitschrift) ESPRIT arbeitete und zum Redaktionskomitee gehörte: Dort wird die „zweifelsfreie philosophische Zuverlässigkeit“ Macrons gelobt, so etwa vom ehemaligen Chefredakteur von ESPRIT, Olivier Mongin. Fünf Beiträge hat Macron (darunter auch Buchbesprechungen) in ESPRIT publiziert, der letzte Artikel erschien 2011. Siehe: http://www.esprit.presse.fr/article/macron-emmanuel/francois-dosse-l-histoire-9396

Als philosophisch gebildeter Politiker hat Macron auch den Philosophen Jürgen Habermas in Berlin am 16. März 2017 getroffen, die Initiative dafür ging von der „Hertie School of Governance“ aus. Habermas lobte in höchsten Töne Macron, weil er entschlossen sei, Europa neu zu gestalten. Auch Sigmar Gabriel (SPD), er kennt Macron aus seiner Zeit als Wirtschaftsminister, war bei dem Treffen dabei. Die ZEIT berichtete ONLINE am 17.3.2017 über diese Tagung: „Die Europäische Union habe seit der Unterzeichnung des Vertrags von Lissabon vor knapp zehn Jahren keine gemeinsame Erzählung mehr, so Macron. Ihr fehle ein gemeinsamer Wille, der sich auf ein klares Ziel richte. Europa vertrage aber keinen Stillstand. “Wenn Sie ein zaghafter Europäer sind, sind Sie bereits ein besiegter Europäer”… Auch den Deutschen ruft Macron damit sein “En Marche” entgegen: Vorwärts! “Man kann Wahlen gewinnen, wenn man eine Idee von Europa hat und diese verteidigt”, sagt er. Es sei das deutsch-französische Verhältnis, von dem “das europäische Momentum” ausgehen müsse. Da Misstrauen und uneingelöste Versprechen das Verhältnis der Nachbarn zerrüttet hätten, wirbt Macron dafür, zuallererst diese Beziehung zu erneuern. Dafür will er bei sich selbst anfangen und in Frankreich überfällige Reformen anstoßen”. Quelle: http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-03/emmanuel-macron-berlin-sigmar-gabriel-juergen-habermas-frankreich-wahlkampf

3. Die Trennung von Religion und Staat verteidigen

 Macron ist leidenschaftlicher Verteidiger der Laicité, also der seit 1905 gesetzlich verankerten Trennung von Religionen und Staat in Frankreich. Er sagt: „Ich will nicht, dass die Gesellschaft den hegemonialen (Macht orientierten) Versuchungen einer Religion unterworfen ist…Die Laicité erlaubt es, im öffentlichen Raum respektvoll miteinander zu leben, im Respekt der Werte der Republik. … Im öffentlichen Dienst des Staates (service public) ist es sehr wichtig, die Neutralität dieses öffentlichen Dienstes des Staates zu respektieren. Aber die Laicité hat nicht die Berufung, eine republikanische Religion zu fördern“… „Die Republik ist der magische und einzigartige Ort ,der es erlaubt, dass Menschen in der Intensität ihrer Religion leben können. Man verlangt in der Republik, dass die Leute mit ihrer Religion für sich selbst (privat) umgehen, wie sie es wollen und dass sie dabei aber in einem absoluten Respekt vor den Regeln der Republik leben. Im öffentlichen Raum verlange ich von religiösen Menschen nur eine Sache: Dass sie die Regeln (les règles), also auch die Gesetze, absolut respektieren. In seinem eigenen, tiefen Gewissen, denke ich, kann ein praktizierender Katholik meinen, dass die Gesetze seiner Religion die Gesetze der Republik übersteigen. Aber ganz einfach: In jedem Augenblick, wo sich der Katholik im öffentlichen Raum bewegt, sind die Gesetze der Republik größer und wichtiger als die religiösen Gesetze… Die Menschen können das Bedürfnis nach einer Transzendenz haben. Die Republik hat nicht gegen die Transzendenz zu kämpfen. Die Republik hat zu kämpfen, wenn ihre Werte nicht respektiert werden“. (Interview mit dem politischen Magazin Marianne, 2016)

Siehe auch: https://www.franceculture.fr/politique/aux-sources-des-idees-demmanuel-macron

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