Die reaktionären Piusbrüder sind bald wieder offiziell römisch-katholisch.

Die Reaktionären setzen sich durch: Die Piusbrüder sind bald wieder offizieller Teil der katholischen Kirche.

Ein Hinweis von Christian Modehn.

Ein aktueller Hinweis am 17.10.2016: Oberster Traditionalist beim Chef der Glaubenskongregation: So berichtet die Tageszeitung La Croix am 14.10.2016:  Le supérieur de la Fraternité S. Pie X. a rencontré le préfet de la Congrégation pour la doctrine de la foi. Mgr Bernard Fellay, supérieur de la Fraternité sacerdotale Saint-Pie-X (FSSPX), a été reçu jeudi 13 octobre pour la deuxième fois par le cardinal Gerhard Ludwig Müller, préfet de la Congrégation pour la doctrine de la foi. Peu avant cette rencontre, le chef de file des lefebvristes a brièvement rencontré le pape François, a indiqué la fraternité.

Die Versöhnung macht also Fortschritte!

Am 12.5. 2017 veröffentlichte ich einen Beitrag, der sich auf den Besuch von Papst Franziskus in Fatima bezog:

Piusbrüder und Traditionalisten mit Rom versöhnt?

Ein Hinweis von Christian Modehn am 12. Mai 2017

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Wir beziehen uns auf den aktuellen Beitrag in La Croix vom 12.5. 2017: http://www.la-croix.com/Religion/Catholicisme/France/En-France-FSSPX-releve-fonctions-pretres-resistants-rapprochement-Rome-2017-05-12-1200846684

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Wird sich Papst Franziskus bei seinem Aufenthalt am 13.Mai 2017 im portugiesischen Wallfahrtsort Fatima mit den Traditionalisten offiziell versöhnen? Das ist die viel diskutierte Frage. Wird diese Versöhnung dann förmlich Maria gut geschrieben, die dort genau vor 100 Jahren, angeblich persönlich, ausschließlich drei Hirtenkindern vom Himmel herab erschien und allerlei Geheimnisse hinterließ, die peu à peu von den Päpsten veröffentlicht werden.

Die katholische Tageszeitung „La Croix“ aus Paris, oft sehr gut informiert über römische Interna, hält diese Versöhnung Roms mit den Erzreaktionären (den Piusbrüdern und ihren Gemeinden) am 13. Mai 2017 für möglich, so in einem Beitrag vom 12. 5. 2017. Der Papst denkt daran, diese Herrschaften in die Kirche wieder als volle Mitglieder aufzunehmen und ihnen den kirchenrechtlichen Status eines „Prälatur“ zu verleihen, die direkt dem Papst unterstellt ist und in die Bischöfe vor Ort nicht hineinreden dürfen. Diese exklusive rechtliche Struktur gilt auch seit Jahren schon für den internationalen mächtigen Geheimclub OPUS DEI.

Die Annäherungen der offiziellen römischen Kirche und der eigenständigen, schismatischen Traditionalistenkirche dauern schon einige Zeit, wir haben auf dieser website darüber berichtet. Papst Benedikt XVI. hat die vier Traditionalistenbischöfe von der Exkommunikation befreit. Papst Franziskus, der angeblich progressive oder auch der Taktierer mit den reaktionären Kräften im Vatikan, wer weiß, hat erst kürzlich noch erlaubt, dass die Eheschließungen durch Pius-Brüder-Priester auch vom Vatikan als gültig anerkannt werden. Das sind Kleinigkeiten für Außenstehende, haben aber einige Bedeutung als Gesten der Annäherung. Bezeichnenderweise haben sich einige Hardliner unter den Piusbrüdern gegen diese Vereinnahmung durch Rom ausgesprochen, auch darüber berichtet La Croix.

Diese Versöhnung von Vatikan und reaktionären Piusbrüdern ist keine politische und theologische Kleinigkeit. Denn deutlich wird: Im Vatikan gibt es viele einflussreiche Kardinäle usw., die mit diesen Piusbrüdern sympathisieren und deren Theologie, die im Jahre 1950 abbricht, richtig finden. Das wirft ein bezeichnendes Bild auf die Verfassung der römischen Kirche. Sie ist viel konservativer als alle Ökumene Dokumente der wenigen aufgeschlossenen Vatikan-Herrscher ahnen lassen. Rom bleibt Rom, da hat sich seit Luther fast nichts verändert. Man glaubt an Marien-Erscheinungen wie in Fatima und findet die alte Messe aus dem 16. Jahrhundert, wie sie die Piusbrüder still vor sich hin lesen, manche sagen brabbeln, ebenfalls toll. Man darf auch nicht vergessen, dass Rom seit 30 Jahren versucht, die Traditionalisten zu spalten: Rom hat eine eigene, mit dem Papst versöhnte Priestergemeinschaft gegründet, sie heißt bezeichnender weise Petrusbruderschaft: Ihre Mitglieder denken wie die Traditionalisten, bekennen sich aber formal zum Papsttum und zu einigen Aspekten des 2. Vatikanischen Konzils. So haben reaktionäre Traditionalisten längst Einfluss in Rom und der ganzen Kirche.

Aber wird es nun wirklich zur Versöhnung mit den Leuten kommen, die ihren Führer in Erzbischof Marcel Lefèbvre sehen? Denjenigen, der die Konzilsbeschlüsse nicht akzeptierte (etwa die Anerkennung der Religionsfreiheit und die Ablehnung der Kirche, Juden zu missionieren) und mit der unerlaubten Weihe von Bischöfen eine eigene Kirche schuf? Genaues wird wie üblich auch jetzt nur angedeutet. Journalisten fühlen sich in dieser Pressepolitik des Vatikans etwas an den Hof Ludwig XIV. erinnert.

Der Vatikan und die schismatischen Piusbrüder als Anführer der traditionalistischen Theologie und damit verbunden der Vorliebe für reaktionäre Politik (Marine Le Pen ist mit der Traditionalisten-Gemeinde St. Nicolas du Chardonnet in Paris als Mitglied verbunden) lieben das dunkle Reden, das Vermuten, das Andeuten, wenn es um die Frage geht: Wann integriert denn der Papst den zahlenmäßig eher überschaubaren Kreis der Traditionalisten mit der römischen Weltkirche? Seit 1988 bilden die unabhängigen Gemeinden der Piusbrüder förmlich eine eigene katholische Kirche, trotz aller Behauptungen der Piusbrüder, nur 100prozentig katholisch zu sein.

Wenn es zur Integration der reaktionären Piusbrüder in die katholische Kirche kommt, rückt diese römische Kirche noch mehr nach rechts und entfernt sich von der Ökumene und dem Dialog mit der modernen Welt. Man denke daran, dass Bischof Lefèbvre in seiner pauschalen Verurteilung immer “die Protestanten, die Liberalen, die Demokraten, die Freimaurer, die Sozialisten” explizit und ständig giftend verurteilte. Rom, mit den Traditionalisten vereint, entzieht sich dem Respekt einer kritischen demokratischen Öffentlichkeit noch mehr. Ob das Papst Franziskus weiß? Warum will er diese Brüder um sich haben? Die Antwort ist in dem klerikalen System der römischen Kirche klar: Diese Piusbrüder haben in Europa noch viele junge Priester, im Unterschied zu offiziellen römischen Kirche. Von Polen abgesehen, will fast kein junger Mann in Europa noch Priester werden. Die Piusbrüder garantieren die Vorherrschaft des Klerus, wie dies schon die konservativen Neokatechumenalen Priester, die Legionäre Christi und andere alles andere als moderne Kreise und Orden tun.

Katholizismus und Moderne passen überhaupt nicht zusammen. Das begreifen leider nicht sehr viele. Aber das bestätigen diese Vorgänge, selbst wenn es in Fatima jetzt noch nicht zur Versöhnung kommen sollte.

Copyright: Christian Modehn

Der Beitrag von  September 2016:

Religionen verändern heute – wie immer schon – auch inhaltlich ihre Schwerpunkte. Religiöser Wandel ist niemals nur Wandel im äußeren Erscheinungsbild. Diese „inneren“ religiösen Entwicklungen betreffen dann aber auch das Zusammenleben in der Gesellschaft. Jetzt ist es absehbar, dass die theologisch reaktionäre, auch politisch, ethisch, philosophisch reaktionäre, „Priesterbruderschaft Sankt Pius X.“ wieder offiziell in die römisch-katholische Kirche integriert wird. Das ist auch politisch und sowieso auch religionsphilosophisch eine wichtige Neuigkeit, die das „Gesicht“ der römischen Kirche langfristig verändern wird. Deswegen lohnt es sich auch für philosophisch Interessierte, sich mit dieser bevorstehenden Integration der Reaktionären auseinanderzusetzen. Wir gehen in unserem Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salon davon aus, dass die Grundbegriffe und die wichtigen Daten zu den Piusbrüdern bekannt sind bzw. leicht nachgelesen werden; beschränken uns also weitgehend auf die aktuelle Entwicklung (Stand 3.8.2016). Die populäre, aber naive Meinung, der Katholizismus sei doch „modern“ bzw. werde immer „zeitgemäßer“, wird nun einmal mehr als Irrtum erscheinen. Das wahrzunehmen, gehört zu den Aufgaben religionsphilosophisch Interessierter. Denn Philosophien und Religionswissenschaften in ihrer Distanz zu den katholischen Institutionen sind viel mehr als die institutionell nun einmal von Amts wegen immer kirchen/obrigkeits-abhängigen Theologen in der Lage, eine freie und objektive Analyse zu bieten.

Der Zeitpunkt ist interessant: Im Vorfeld der Reformationsfeierlichkeiten und hoffentlich umfassenden theologisch-philosophischen Besinnungen auf Luther und die anderen Reformatoren stellt die katholische Kirche jetzt deutlich wieder ihr konservativ- römisches Profil in den Mittelpunkt. Dass es wieder Ablässe gibt und dafür ganz ausdrücklich geworben wird, dass der Marienkult blüht und die Heiligenverehrung auch unter Papst Franziskus, ist allgemein bekannt. Nun aber geht es um die Integration (das ist mehr als „Versöhnung“) der Piusbrüder in die offizielle Kirche: Es ist jene inzwischen international verbreitete traditionalistische Gemeinschaft, die sich auf Erzbischof Marcel Lefèbvre (1905 – 1991) als „Gründergestalt“ beruft.

Zur Erinnerung: Erzbischof Lefèbvre hatte drei Feinde der Religion und des Staates (an Demokratie dachte er nicht!) immer wieder benannt: „Die Protestanten, die Sozialisten, die Freimauer bzw. die Liberalen“. Religionsfreiheit war für ihn, den Päpsten bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts treu folgend – ein Wahnsinn, der zur Zerstörung der menschlichen Kultur führe genauso wie auch die Ökumene und der Dialog der Religionen schädlich seien. Daran halten die Piusbrüder und ihre weltweiten Gemeinden bis heute selbstverständlich fest.

Lefèbvre wurde aber 1988 exkommuniziert, nicht etwa wegen seiner Lehren, sondern weil er ohne päpstliche Erlaubnis vier seiner Priester zu Bischöfen weihte. Ungehorsam gegen den Papst wiegt also schwerer als Verdammung der Religionsfreiheit und Demokratie…

Die Kreise, die sich um ihn international scharten, es sind wahrscheinlich 150.000 weltweit, wurden –bis vor einigen Jahren – von Rom eher wie eine Sekte außerhalb der römischen Kirche behandelt und eben eher rechts liegen gelassen. Rom gründete die konservative Konkurrenz „Petrusbruderschaft“ (Wigratzbad) wohl in der Meinung, dass die Leute um Lefèbvre für Rom sowieso wohl für Rom „verloren“ sind… Über die Nähe etwa der französischen Traditionalisten bzw. Piusbrüder zu den Parteien des Rechtsextremismus (Le Pen und co.) ist viel, auch im Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salon geschrieben worden. Interessant ist auch immer noch der Beitrag von 2009, der auf Verbindungen Lefèbvres zu Pinochet, Franco, Salazar hinweist: „A l extreme droite de Dieu“,http://www.resistances.be/fsspx01.html

Aber Papst Benedikt XVI. selbst sehr konservativ, meinte es gut mit den Reaktionären und hob die Exkommunikation der Lefèbvre Bischöfe auf. Und jetzt? Seitdem Papst Franziskus Erzbischof Guido Pozzo als Sekretär für den Dialog mit dieser traditionalistisch-reaktionären Gemeinschaft bestätigt hat, wird die Intergration betrieben. Zwischendurch hatte Papst Franziskus schon für einen gewissen „Dialog“ gesorgt, als er seinen Katholiken die Beichte bei einem eigentlich schismatischen Lefèbvre- Priester als gültiges Sakrament gestattete. Zudem hat er den Chef der Bruderschaft, Bischof Bernhard Fellay, in Privataudienz empfangen. Papst Franziskus will ausdrücklich einen freundschaftlichen Dialog mit den Traditionalisten, wie Bischof Pozzo in einem ausführlichen Interview mit der Zeitung „Christ und Welt“ vom 28. Juli 2016, Seite 5, darlegt.

Nur so viel aus dem ausführlichen Interview, das Julius Müller-Meiningen führte: Es werden jetzt gezielt in Rom Schritte unternommen, die „zur vollen Aussöhnung mit den Traditionalisten“ führen, so Pozzo. Rom scheint beruhigt zu sein, dass der bekannte antisemitische traditionalistische Bischof Richard Williamson aus der der Pius-Bruderschaft 2012 (von dieser) ausgeschlossen wurde. Ob antisemitische, xenophobe und homophobe Kreise – etwa in Frankreichs traditionalistischen Gemeinden – noch bestehen, scheint den Vatikan nicht zu interessieren. Zentraler Punkt in der Integration der Reaktionären ist die Deutung des Zweiten Vatikanischen Konzils. Es wurde bisher von ernstzunehmenden Theologen immer als Reformkonzil, als Neubeginn, wenn nicht als „Einschnitt“ in der theologischen Entwicklung gedeutet. Diese Theologen, wie Küng, Schillebeeckx, Rahner usw. sahen darin vernünftigerweise einen Ausdruck von Leben und geistvoller Lebendigkeit. Früher verdammten Päpste die Religionsfreiheit, im Konzil wird sie gelobt. Früher verdammten Päpste die Reformation, nun wird Ökumene offiziell gepflegt. Wenn das kein Einschnitt, kein Bruch, kein Neubeginn ist? Aber Rom liebt heute wieder das Starre und Ewige, das Depositum, den uralten Text usw. mehr als die Lebendigkeit und die zum Leben immer gehörende Veränderung. Über die psychischen Strukturen solcher erstarrter Bürokraten hat Erich Fromm Wichtiges geschrieben und sie treffend als Nekrophilie, Liebe zum Toten und Erstarrten, gedeutet…

Aber Pozzo und mit ihm wohl auch der Vatikan behaupten stur: Das Zweite Vatikanische Konzil liegt ganz auf der Linie der früheren Konzilien und der Tradition, die ja bekanntlich das römische Lehramt festlegt. Also: Ökumene, Religionsfreiheit, Toleranz gehören gar nicht ins Zentrum katholischen Glaubens. Deswegen können die Piusbrüder auch guten Gewissens dieser römischen Kirche wieder beitreten. Denn sie halten – wie gesagt – gar nichts von Ökumene, Religionsfreiheit, Toleranz…Vielleicht gelingt dann eine hübsche Ökumene der Piusbrüder mit den fundamentalistischen Muslims und den Wahabiten… Dies als kleiner, nicht ganz falscher Scherz zur Auflockerung dieser trübsinnigen Entwicklung.

Wenn die Integration der Piusbrüder also zustande kommt, und wenig spricht in römischer Sicht dagegen, dann wird also Profil der römischen Kirche selbst unter Papst Franziskus wieder reaktionärer. Denn er will ja diese Piusbrüder wie eine Art katholischer Sondergemeinschaft, als „Prälatur“, wie das ähnlich organisierte Opus Dei, IN die römische Kirche integrieren. Noch einmal: Für Erzbischof Pozzo vom Vatikan sind die Lehren vom Dialog und der Religionsfreiheit, die das Zweite Vatikanische Konzil einschärfte, „nicht Glaubenslehren oder definitive Aussagen, sondern bloß Anweisungen oder Orientierungshilfen für die pastorale Praxis. Über diese pastoralen Aspekte kann auch nach der kanonischen Anerkennung (der Piusbrüder, also ihrer definitiven Integration in die römische Kirche) weiter diskutiert zu werden, um sie einer Klärung zuzuführen“. Soweit Pozzo. Nebenbei: “Pastoral” heißt in vatikanischer Bedeutung immer: “weniger wichtig”, “relativ”…Diese Worte Pozzos muss man sich förmlich auf der Zunge zergehen lassen: Sind denn nicht Religionsfreiheit und Ökumene ein für allemal beschlossene Sache auch unter Katholiken? Was soll denn da noch weiterdiskutiert werden mit den reaktionären Piusbrüdern? Ja, es kann weiter diskutiert, damit auch relativiert werden zur Ökumene und Religionsfreiheit, so Pozzo… Hingegen, so meint er, darf überhaupt nicht im entferntesten “die Sakramentalität der Bischöfe” (also die Klerus-Vorrangstellung) und “die Lehre über den Primat des Papstes und des Bischofskollegiums” diskutiert werden, so in der 3. Spalte des genannten Artikels in „Christ und Welt“. Noch einmal: Katholisch ist für diesen Herrn, wer an den Primat des Papstes glaubt und an den gottgewollten Vorrang des Klerus. Alles andere, Menschlichkeit, Toleranz, Religionsfreiheit, Liberalität, Ökumene ist verhandelbar, also auch einzuschränken. Kann man im Ernst theologisch so tief sinken, fragen Mitglieder des Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salons? Welche Schande auch, wenn Pozzo ausdrücklich eine „Anpassung an irgendeine Kultur der Gegenwart“ zurückweist  (5. Spalte im genannten Artikel). Die Anpassung an sein Luxusleben im Vatikan und anderswo wird er wohl gern genießen…Dass Papst Johannes XXIII. bei der Eröffnung des Konzils immer wieder zustimmend vom aggiornamento der Kirche sprach, wird unterdrückt von diesen Klerikern. Aggiornamento heißt ja wohl Anpassung. Papst Johannes XXIII. ist wohl nun ein Ketzer, wenn er ausdrücklich Anpassung der Kirche wünschte.

Das Zweite Vatikanische Konzil ist nun in römischer Sicht eines von vielen Konzilien, Teil einer großen Tradition, die sich Erzbischof Pozzo allerdings hütet, genauer zu beschreiben: Denn dann würde er das ganze Grauen dieser Tradition sehen: Päpstliche Macht in einem korrupten Staat, Hexenverfolgung, Ketzerverbrennung, aggressive Mission, Frauenunterdrückung usw.

Was sind die tieferen Gründe für das Versöhnungsbedürfnis des Papstes mit diesen Kreisen? Eine praktische Antwort: Bei einer immer noch auf den Klerus fixierten römischen Kirche gelten alle Kreise sehr viel, die noch viele junge Priester „stellen“ können, das sah man etwa, als der hoch umstrittene Orden „Legionäre Christi“ mit seinem verbrecherischen Gründer Marcial Maciel eben NICHT aufgelöst wurde. Warum? Weil die Legionäre Christi immer noch viele junge Priester haben. Zur Piusbruderschaft gehören heute 600 (meist jüngere) Priester und 200 Seminaristen. Diese könnten doch den allgemeinen Mangel an Priestern gut „beheben“ und man bräuchte nicht über eine Aufhebung des Zölibates nachzudenken.

Eine theologische Antwort: Es ist für den Vatikan unerträglich, dass es noch eine weitere (kleine) Kirche gibt, die sich auch katholisch nennt und das Papsttum als solches so liebt und die Traditionen, die Rosenkränze, die Sühneandachten, das Sich Aufopfern für Maria usw… Diese Konkurrenz ist für eine große Kirche, die alles auf Uniformität und Einheit setzt, unerträglich.

Journalisten und Theologen sollten sich wirklich mal die Mühe machen und das offizielle Mitteilungsblatt der Piusbrüder etwa in Deutschland lesen, das „Mitteilungsblatt Omnia instaurare in Christo“ („Alles in Christus wieder aufrichten“). In der Ausgabe vom Juli 2016 ist ein Vortrag des Piusbruderchefs Bischof Bernard Fellay vom 1. Mai 2016 publiziert. Darin bestätigt Fellay die Aussagen des vatikanischen Erzbischofs Pozzo. Fellay betont: „Kürzlich durften wir in Rom zum ersten Mal hören, dass wir das (Zweite Vatikanische) Konzil nicht mehr akzeptieren müssen. Stellen Sie sich das vor: das ist enorm. Man sagte uns: Sie dürfen bei Ihrer Meinung bleiben…Man sagt uns: Das Konzil ist nicht verpflichtend, man muss niemanden zur Annahme des Konzils zwingen, um katholisch zu sein...Man sagt uns: Das Konzil ist nicht doktrinal (von der Lehre her maßgebend), es ist pastoral. Das ist ungefähr das, was wir selbst immer gesagt haben…“ (Seite 24 f. in dem genannten Heft der Piusbrüder). Aber: Für die Piusbrüder ist diese Entwicklung noch kein „Triumph, „es handelt sich um eine neue Phase im Krieg (mit Rom)“, so der Traditionalisten Chef Fellay wörtlich (Seite 25)

Die Traditionalisten fühlen sich nach wie vor so stark und selbstbewusst, dass sie in ihren Heftchen und Publikationen heftig Papst Franziskus kritisieren, etwa sein Schreiben „Amoris laetitia“. Dieses stelle „einen Dammbruch dar, der die gesamte katholische Morallehre in Frage stellt“, so der Piusbruder Pater Matthias Gaudron, im Mitteilungsheftchen vom Juni 2016, Seite 33.

Aber im Vatikan selbst gibt es bedeutende Stimmen machtoller Kleriker, die ähnlich denken. Von daher sind solche Attacken der Piusbrüder gegen den Papst nicht hinderlich für die bevorstehende Integration.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.

 

 

Michel de Montaigne: Skeptisch bleiben gegenüber einem vernünftigen christlichen Glauben

Am 13. September 1592 ist Michel de Montaigne gestorben, ein philosophierender Autor, der so gewinnend persönlich schreibt und ohne Floskeln sein eigenes Leben, als Fragen, vor dem Leser ausbreitet: In seinem so vielfach geschätzten Buch “Essais”. Es lohnt sich, vielleicht anläßlich des Gedenktages, im 2. Buch der Essais das lange 12. Kapitel “Apologie für Raymond Sebond” zu lesen. Es zeigt, wie entgegen dem Titel einer “Apologie” für einen die Vernunft lobenden Philosophen und Theologen (1385-1436) doch die skeptische Haltung Montaignes siegt gegenüber der “Macht” der Vernunft. Religiös hat Montaigne den Rationalismus abgelehnt, und die Dunkelheit des Glaubens betont. Diese Haltung eines theologischen “Fideismus”, ein “Etikett” natürlich,  wird von vielen Montaigne-Freunden und Montaigne Fans, so scheint es,  zu wenig beachtet.

Gerade heute, inmitten religiöser Debatten und Feindseligkeiten, erscheint ein Satz Montaignes wie eine kurzgefasste Religionskritik: “Unsere Religion ist gestiftet, die Laster auszurotten. Jedoch: Sie bahnt ihnen den Weg, unterhält und reizt sie noch”.

Zu diskutieren wäre weiter auch Montaignes Interesse an den Kulturen und Lebensformen „der anderen“. Es kommt für ihn auf das Geltenlassen der Pluralität und damit auch der befremdlichen Lebensformen der anderen an. Wenn die Fremden, von uns aus gesehen: die so genannten Barbaren, wild erscheinen, muss doch die Frage sein: Wie und wann sind wir Europäer selbst barbarisch, wie sind wir selbst „Menschenfresser“, etwa wenn die gebildeten und christlichen Europäer einander umbringen? Auch die Europäer sind für Montaigne wie die „Wilden“ Amerikas also selbst Kannibalen. Sind nicht die Christen aus getrennten und feindselig mit einander umgehenden Konfessionen selbst auch Barbaren und Menschenfresser, wenn man nur an die Religionskriege denkt, fragt Montaigne. Bei ihm ist das Bewusstsein der kulturellen Relativität sehr deutlich, wenn er sagt: Er selbst, als Europäer, als Franzose, sei eigentlich nicht besser und wertvoller als etwa ein Indio aus den neu „entdeckten“ Welten Amerikas. In seinem umfangreichen Buch „Essais“ sollte anlässlich des Montaigne-Gedenktages auch das Kapitel über „Über die Menschenfresser“ gelesen werden, im Ersten Buch Kapitel 31. Es ist sicher eines der schwersten und gar nicht leicht zu lesenden bzw. für manche Montaigne-Fans gar nicht „schön“ zu “genießenden” Essais.

Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.

Olympiade in Rio: Im Land der Rechtlosigkeit. Der Film “Count-Down am XINGU”

Olympiade in Rio: Im Land der Korruption und Rechtlosigkeit.

Der neue Film „Count-Down am Xingu“ von Martin Keßler.

Ein Hinweis von Christian Modehn. Zur aktuellen Rezeption dieses wichtigen Films finden Sie Infos am Ende dieses Beitrags. Interessant auch, dass dieser Film in Kurzfassung im Netz zu sehen ist, auch auf Portugiesisch!

Am 5. August 2016 beginnen in Rio de Janeiro die Olympischen Spiele. Ihr Motto: „Lebe deine Leidenschaft“. Wer wissen will, wer in Brasilien und in der globalen Welt des internationalen Kapitalismus seine gierige Leidenschaft lebt und austobt und wer von diesen korrupten Leuten dabei an den Rand gedrängt wird, sollte den neuen Dokumentarfilm von Martin Kessler sehen und verbreiten: „Count-Down am Xingu“. Der 95 Minuten dauernde großartige Film wurde erst vor kurzem fertig gestellt. Dass dieser Film anstelle der ewigen Wiederholungen von „Tatort“ und „Wallander“ im deutschen Fernsehen im Abendprogramm gezeigt wird, ist angesichts der politischen Aussage dringend gewünscht, von der Bevölkerung, die mehr will als Unterhaltung. Denn der Film Count-Down am Xingu“ zeigt die totale Rechtlosigkeit nicht in einer der allseits bekannten „Tatort“ Versionen, sondern in der brutalen Realität der globalen Ökonomie im Land der angeblich „glorreichen Olympischen Spiele“.

„Count–Down am Xingu“ dokumentiert die Ereignisse und Konsequenzen beim Bau der des Megastaudamms „BELO MONTE“ am Fluss XINGU im weiten Umfeld der Amazonas-Region. Die zwei Stauseen haben etwa die Größe des Bodensees. Am 5. Mai 2016 wurde die erste Turbine des weltweit drittgrößten gigantischen Staudamms eröffnet. Der Staudamm wird Strom erzeugen für die rasant wachsende Wachstums-Gesellschaft, vor allem für die Montanindustrie dort, nicht für die Bewohner. Er soll die Profit-Gier etwa der multinationalen Aluminium-Konzerne befriedigen.

Der Staudamm dient also in der Propaganda der Herrschenden dem Fortschritt. Und Fortschritt, dass wissen wir allmählich, heißt oft genug Zerstörung der Natur und Degradierung der Menschenrechte, vor allem der Armen und der indigenen Völker. Denn diese stören den Fortschritt der Herrschenden, stören deren Ideologie, die da heißt: „Es gibt keine Alternative“. Also: Wir müssen die Natur zerstören und Menschen drangsalieren.

Die verheerenden Konsequenzen dieses Ultra-Mega-Projektes sind schon heute vor aller Augen, sie sind sichtbar, auch wenn sie von den Regierenden und den internationalen Konzernen, darunter auch Siemens, selbstverständlich, wie üblich, bestritten werden.

Die Liste der Verletzungen der Menschenrechte, also die Liste der Rechtsbrüche und Korruptionsskandale im Umfeld der Errichtung von „Belo Monte“, ist lang. Nur einige Beispiele, die der Film von Martin Keßler ausführlich dokumentiert:

Der Bau des Staudamms hat riesige Flächen Natur, von Wald, unwiederbringlich zerstört. Das hat Auswirkungen auf das Klima weltweit, zumal am Amazonas die Konzerne seit Jahren permanent weiter massenhaft Urwald vernichten, etwa für den Maisanbau, verwendbar für die Tiernahrung, von der wiederum nur die Reichen profitieren…

Der Bau des Staudamms erforderte die Zwangsumsiedlung von etwa 40.000 Einwohnern. Die Arbeitslosigkeit der Bewohner dieser Region hat zugenommen. Fischer ziehen nun tote Fische aus dem verseuchten Fluss. Indigene Völker verlieren ihren typischen Lebensraum. Das Bauwerk ist nur entstanden, weil ein Netzwerk von korrupten Politikern in ihrer maßlosen Gier sich auf diese Weise bereichern wollten. Das „Movimiento Xingu“, eine Bürgerinitiative, mehr noch eine entschlossene, gewaltfrei kämpfende Gemeinschaft, die für die Menschenrechte aller eintritt, sagt: “Dieses Bauwerk ist von Grund auf korrupt. Dieses Bauwerk hat die Regierungsmitglieder auch von Dilma Rousseff bereichert“. Vor allem: 36 der 38 Mitglieder, die zur Kommission der Amtsenthebung von Dilma Rousseff gehörten, sind der Korruption überführt worden. Der Film zeigt die Hintergründe des Korruptionsskandals um „Petrobras“, korrupte Konzerne die den Staudamm bauten, haben auch die Stadien in Rio für die Olympiade gebaut. Deutlich wird die Hilflosigkeit der Justiz in einem von Korruption zerfressen Land. Die Justiz ist ohnmächtig: “Die Entscheidungen unterer Instanzen gegen massive Rechtsverstöße bei Belo Monte werden immer wieder zurückgewiesen, weil ein oberster bundesrichter kann die Entscheidungen aufheben, wenn nationale Interessen in gefahr sind. Dies ist ein Verfahren aus Zeiten der Militärdiktatur”, so Martin Keßler in FREITAG, 4.8.2016, Seite 7.

Selbstverständlich kommt in dem Film der inzwischen weltbekannte katholische Bischof Erwin Kräuter, Bischof von Altamira, Xingu, zu Wort. Ohne seine, auch international bekannte, Jahre dauernde Solidarität mit den indianischen Völkern und den Armen dort, wäre vielleicht von dem Mega-Wahn des Mega Staudamms wenig bekannt geworden. Bischof Kräutler sagt wie andere kritische Beobachter: „Ohne Korruption wäre der Staudamm Belo Monte nicht gebaut worden“. Er kritisiert, dass europäische Firmen, wie Siemens, Turbinen für dieses Projekt geliefert haben, ohne dabei auf die verheerenden ökologischen Konsequenzen zu achten.

Es sollen weitere Staudämme in Brasilien gebaut werden, etwa am Fluss Tapajos, wo Menschen aus dem Volk der Munduruku leben. Der Wahn, der sich Fortschritt nennt, aber tatsächlich verbrecherische Strukturen hat, ist also überhaupt nicht beendet.  Die Entwicklung von Solar-Strom kommt offenbar in einem „Sonnenland“ wie Brasilien nicht voran. Noch viel weniger die Diskussion übeer das Ende der Wachstumsgesellschaft. Wachsen sollten nur noch die Armen, in der Bildung, der Gesundheitsfürsorge usw.,  Abspecken die Herren der internationalen Konzerne und Regierungs-Bürokratien.

Nur am Rande notiert: Man darf nicht vergessen, dass in einem anderen lateinamerikanischen Staat, in HONDURAS, der Protest gegen den Bau des Staudamms Agua Zarca bereits zum Mord an der Aktivistin Berta Cáceres geführt hat. Die empfehlenswerte Zeitschrift WELTSICHTEN, Frankfurt M. berichtet in ihrer Ausgabe Juli 2016 S. 25 ff. über die hierzulande kaum wahrgenommenen Verbrechen in HONDURAS unter dem Titel: “Die Eliten lassen töten”. In dem Beitrag heißt es: “Das kleine HONDURAS ist nicht nur das Land mit der höchsten Mordrate weltweit, hier werden auch die meisten Umweltaktivisten getötet” (S. 26). Weiter heißt es in dem Beitrag von Kathrin Zeiske: “Siemens und Voith sind mitschuldig an Menschen­rechts­ver­letz­ungen in Ländern wie Honduras, Brasilien, Kolumbien und China, weil sie u.a. Turbinen für Wasserkraftprojekte liefern, die mit Zwangsumsiedlungen, Gewalt und Morden durchgesetzt werden, heißt es in dee OXFAM-Veröffentlichung” (S. 27).

Also: Die Diskussionen über die Wachstumsgesellschaft und die Solar-Energie müssen weitergehen. Der Film „Count-Down am Xingu“ bietet dafür beste Anregungen. Auch in Gesprächsrunden, in Parteien, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden, selbstverständlich auch bei Siemens und dem deutschen Wirtschaftsministerium. „Zu den beteiligten europäischen Firmen gehören als Zulieferer Alstom, Andritz, Voith und Siemens. Die Münchener Rückversicherungsgesellschaft Munich Re versichert das Projekt“ (Quelle: wikipedia).

Selbstverständlich werden –so die utopische Hoffnung- Kirchengemeinden den Film in Form eines public-viewing anschauen. Zur Fußball EM hat man ja da in Kirchenkreisen und Gemeindehäusern beste Erfahrungen machen, warum nicht auch bei einem politischen Film? Die Kurzfassung von 25 Minuten ersetzt auch wunderbar eine Sonntagspredigt mitten im Gottesdienst und bringt mehr Licht in die Lebensdeutung des heutigen globalisierten Menschen als eine immer wieder alte moralische Standpauke mit frommen Sprüchen.

Es gibt inzwischen auch die 25 Minutenversion im Internet, auf Deutsch als auch in Portugiesisch. Auf Deutsch: https://www.youtube.com/watch?v=Ugi0kP-Mj6o

Versão curta (25 min) em português:     https://www.youtube.com/edit?o=U&video_id=xHdslKr7EOA

Die Langfassung als DVD, Länge 95 Minuten, kann bestellt werden für 19,90 EURO bei bestellung@neuewut.de     Weitere Infos: www.neuewut.de

Der Religionsphilosophische Salon Berlin setzt sich nicht nur für die philosophische Idee der universalen Menschenrechte für alle ein, er verteidigt auch den politischen Einsatz für die Menschenrechte.

Von unserem religionskritischen Interesse her können wir uns eine Bemerkung nicht „verkneifen“: Der Film zeigt den großartigen Bischof Erwin Kräutler inmitten der protestierenden, empörten Armen und indianischen Völker. Und dann plötzlich muss er wohl auftreten in dem barocken Dom zu Würzburg, umgeben von prächtig gewandeten Bischöfen in einer üppigen Kirche. Und man fragt sich beim Anblick der so gut versorgten deutschen “Hirten”: Werden diese deutschen Bischöfe dem Vorbild Erwin Kräutlers folgen und etwa bei Siemens, Alstrom, Voith, der Münchner Rückversicherung nachfragen, warum sie dieses Projekt Belo Monte mit betreiben? Wir haben von entsprechenden Gesprächen deutscher Bischöfe mit den internationalen Konzernen mit Sitz in Deutschland bisher nichts gehört. Den immer selben Ritus einer Messe zu feiern ist ja auch viel einfacher und viel harmloser und unverbindlicher. Den realen, lebensgefährlichen Kampf um die Menschenrechte und die Menschenwürde überlässt man lieber unentwegten Gestalten wie Erwin Kräutler. Inzwischen wurde er aus Altersgründen pensioniert.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

Aktuelle Infos:

Kurzbericht aktueller Stand (2.8.2016) von Martin Keßler:

Die Premieren in Frankfurt (5.7.16), Berlin (12.7.16) und Stuttgart 817.7.16) sind super gelaufen – allein in Frankfurt 160 Premierengäste. Der Film ist sehr gut angekommen – auch bei der Kritik. U.a. in der „FR“, „taz“ und es gab längere Interviews in Hr2 und Radio Eins / RBB. (siehe Anhang und www.neuewut.de). Die Wochenzeitung „Freitag“ wird diese Woche noch ein langes Interview bringen, die „FR“ hat den Film als „Sommerlektüre“ empfohlen. Auch in blogs im Internet gab es mehrere Besprechungen. Nach der Sommerpause wird es weitere Vorstellungen geben, u.a. in Hamburg, Saarbrücken, der Schweiz und Österreich.

Außerdem wird der Film am 24.Sept. aus Anlass der Verleihung des Menschenrechtspreises der Stadt Memmingen an Bischof Erwin Kräutler (am 25.Sept.) von dem Kulturamt der Stadt Memmingen und dem Preiskomitee im Kino im Memmingen gezeigt.

Die portugiesische Fassung ist jetzt auch fertig und wir haben schon viele DVDs an Bischof Kräutler, Xingu vivo, die Mundurukus etc versandt, damit der Film jetzt auch in Brasilien gezeigt werden kann.

Inzwischen gibt es auch die Kurzfassung im Netz:

Kurzfassung (25 min) auf Deutsch:

https://www.youtube.com/watch?v=Ugi0kP-Mj6o

Versão curta (25 min) em português:

https://www.youtube.com/edit?o=U&video_id=xHdslKr7EOA

“Wir hoffen, dass zahlreiche am Thema interessierte Organisationen die Kurzfassung mit Ihren Internetseiten verlinken und helfen, den Film zu verbreiten. Das selbe gilt für die DVD mit der Lang – und Kurzfassung, Auch hier hoffen wir auf Unterstützung bei der Verbreitung / dem Verkauf der DVD und der Organisation von Veranstaltungen sowie der Nutzung des Filmes in der Bildungsarbeit. Hier besteht ein enormes Potential, das leider nur mithilfe von Partnern – auch den Organisationen / Stiftungen, die das Filmprojekt gefördert haben – genutzt werden kann. Wir sind aus personellen und finanziellen Gründen dazu alleine leider nicht in der Lage” (Martin Kessler).

 

Brasilien-Xingú: Korruption und Verbrechen am Staudamm-Projekt

Der Religionsphilosophische Salon Berlin ist nicht nur der Idee, sondern der politischen Durchsetzung der universalen und für alle Menschen dieser Erde gültigen Menschenrechte verpflichtet.

Deswegen unser Hinweis auf einen wichtigen Film über das wahnsinnige Staudamm Projekt am Xingu in Brasilien.

Count Down am Xingu:
Über den Kampf gegen Megastaudämme und Korruption in Brasilien

Im Mai 2016 hat die brasilianische Präsidentin Dilma Roussef „Belo Monte“ offiziell eingeweiht. Den drittgrößten Staudamm der Welt am Amazonasfluss  Xingu. Dafür wurden der Urwald gerodet, Fischer und Indigene vertrieben, 40.000 Menschen zwangsumgesiedelt. Strom für multinationale Aluminiumkonzerne und das Schwellenland Brasilien. „Alles gegen das Gesetz“, so die zuständige Staatsanwältin.

Der Film erzählt die vorerst letzte Etappe beim Bau des Megastaudamms – die Flutung. Und deren Vorgeschichte und Hintergründe: den gigantischen Korruptionsskandal „Petrobras“ um die großen brasilianischen Baukonzerne. Jene Konzerne, die Belo Monte gebaut haben. Und die Stadien zur Olympiade in Rio.

„Ohne Korruption wäre Belo Monte nicht gebaut worden“, sagt der katholische Bischof Erwin Kräutler. Und kritisiert europäische Firmen wie Siemens, die die Turbinen für den „Staudammwahn“ liefern. Inzwischen ist die brasilianische Präsidentin selbst einem bizarren Machtkampf als Folge des Korruptionsskandals zum „Opfer“ gefallen. Doch der Konflikt geht weiter. Am Fluss Tapajos, wo der Stamm der Munduruku gegen weitere Großstaudämme kämpft. Und gegen ein weltweites Wirtschaftssystem, das „Mutter Erde“ immer mehr zerstört.

Weitere Informationen zum Film „Count Down am Xingu V“, sowie zu anderen Filmen aus der Reihe, Kurzversionen, Bestell- und Vorführmöglichkeiten finden Sie auf: www.neuewut.de.

Das Filmprojekt wird gefördert von: Heinrich-Böll-Stiftung (Brasilien), Business Crime Control (BCC), Diözese Würzburg der katholischen Kirche, Haleakala Stiftung in der GLS – Treuhand, POEMA e. V., Misereor e.V., Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt

Die Tournee unterstützen: ASW – Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt, Attac Frankfurt, Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm (AG DOK), Business Crime Control (BCC), Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL), Gegenströmung, GLS-Bank, Gesellschaft für bedrohte Völker (gfbv),  Heinrich-Böll-Stiftung, Klima-Bündnis, Leserinitiative Publik-Forum, Misereor, Otto-Brenner-Stiftung, POEMA Stuttgart.

Welttag der Humanisten – Humanismus ist universal. Zum 21. Juni.

Welttag der Humanisten – Humanismus ist universal

Ein Hinweis von Christian Modehn zum Welt-Humanisten-Tag am 21. JUNI

Verschiedene humanistische Verbände und Vereinigungen haben den Begriff „Humanismus“ für die Öffentlichkeit, auch als politisches Stichwort, sozusagen gerettet. Es sind Gruppen, die von einem explizit säkularen (atheistischen) Konzept des Menschen und der Welt ausgehen. Wer würde bezweifeln, dass solch eine Glaubenshaltung ein gutes Recht hat? Humanismus ist ja niemals (Natur)-Wissenschaft, sondern Glaubens-Überzeugung.

Dennoch ist es bei allem Respekt vor dem humanistischen, auch praktischen, man möchte sagen „diakonischen Engagement“ (in Kindergärten, Hospizen etc), etwa des HVD, doch die Frage:
Sind diese säkularen, also agnostisch-atheistischen Verbände nicht deswegen auf den Titel Humanismus gekommen, weil er zwischendurch verloren ging, seit der Renaissance spätestens, weil die Christen diesen Titel nicht wollten, sondern sich in ihre Sonderwelt /“nur religiös“/ einschlossen? Aber: Wer denkt noch in humanistischen Kreisen an ERASMUS von Rotterdam, wer an Pico de la Mirandola, wer an Kant, einen Humanisten avant (ou après) la lettre?

Es ist jetzt an der Zeit, den Humanismus Begriff wieder in die tatsächliche Weite zu führen.

Warum sollten sich religiöse Menschen nicht zuerst wie alle anderen Menschen eben als Humanisten verstehen? Religiöse Bekenntnisse wären dann das zweite, sozusagen Ergänzende. Denn Religion kann und darf niemals oberste Priorität im Bewusstsein eines Menschen (!) sein, immer ist Religion die speziellere Auslegung des Menschseins. Das gilt für religiöse wie für nicht-religiöse Auslegungen, die beide auf einer Stufe der Sinndeutung stehen und eben beide keine Wissenschaften sind. Humanismus wäre dann die Basis, verstanden als explizite Lebensform im Geist der Menschenrechte.

Brauchen wir in dieser verrückten Welt nicht zuerst Humanisten überall? Sind nicht auch so viele NGOs Humanisten, Amnesty international Ärzte ohne Grenzen und viele viele andere, etwa: die jetzt im Mittelmeer Flüchtlinge retten oder dort aufgrund antihumanistischer Politik Leichen bergen. Sind sie eben doch zu allererst Humanisten, auch wenn sie sich so nicht nennen. Wie klein erscheinen demgegenüber humanistische Organisationen, wurde ich kürzlich gefragt…

Kurz und gut: Ich plädiere dringend für eine Weitung des Humanismus-Begriffes über die (kleinen) humanistischen Verbände hinaus. Die verlieren ja nichts, wenn nicht nur sie sich humanistisch nennen. Humanismus wäre in unterschiedlicher Auslegung, aber immer verpflichtet dem Respekt für die Menschenrechte, sozusagen die allgemeine, menschliche Haltung. So wie die sich christlich nennenden Kirchen nichts verlieren, wenn es überall Menschen gibt, die im Geist dieses Jesus von Nazareth, eben jesuanisch, wie man theologisch treffend sagt, leben und handeln, natürlich auch außerhalb der Kirchen.

Copyright: Christian Modehn

Sommerausflug des Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salons nach Karlshorst am 26. August

Herzliche Einladung zum Ausflug des Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salons am Freitag, den 26. August 2016, nach Karlshorst.

Bitte beachten Sie, dass der S Bahn Verkehr nach Karlshorst an dem Tag leider unterbrochen ist. Man muss mit der S Bahn bis NÖLDNERPLATZ fahren und dort in den Schienersetzverkehr (SEV), Busse, umsteigen bis S Bahnhof Karlshorst. Fahrzeit von dort ca. 15 Minuten. Von Bahnhof Karlshorst die Treskowallee Richtung Norden bis Bopparder Str., dann rechts wird die Kirche und das Pfarrhaus Lahnsteiner Str. 4 schon sichtbar.

Karlshorst ist ein hübscher Stadtteil im Bezirk Lichtenberg, im „Westen“ eher wenig bekannt.

Wir treffen uns um 10 Uhr im Haus von Edgar Dusdal, ev. Pfarrer in Karlshorst und gelegentlich auch Teilnehmer (und Referent) unserer Salonabende. Adresse: Lahnsteiner Str. 4 dicht an der Kirche.

Wir sprechen mit Herrn Dusdal über „Formen der Erinnerung“: Wie wird (auch politische) Erinnerung immer neu konstruiert, auch in meiner eigenen Lebensgeschichte. Ein philosophisches Thema zum Sich-Selbst-Verstehen.

Dies ist ein guter gedanklicher Einstieg auch für die spätere Besichtigung des vielen sicher noch unbekannten Deutsch-Russisches Museums in Karlshorst.

Zuvor, gegen 12. 30 hat Herr Dusdal für uns eine Orgel-Führung in der Kirche organisiert, eine wunderbare, Chance die bedeutendste Barock-Orgel Berlins dort kennenzulernen: http://www.amalien-orgel.de/

Danach gehen wir ins Deutsch-Russische Museum, Zwieseler Str. 4. Dort haben wir, durch Vermittlung von Herrn Dusdal, eine Führung.

Dann gehen wir mit Herrn Dusdal ein Stück durch Karlshorst zu einem italienischen Restaurant, dort gemeinsames Essen und weitere Diskussionen.

Teilnahme-Kosten: Nur 5 Euro (geht an die Gemeinde). Im Museum ist der Eintritt frei.

Man muss tatsächlich mit der S Bahn nach Karlshorst fahren wegen Bauarbeiten der Regionalbahnen.

Anmeldung bis 22. August erforderlich an: christian.modehn@berlin.de

 

Das “goldene Zeitalter”: Realität und Utopie. Ein philosophischer Salon.

Einen ausführlichen Beitrag vom 16.7.2016 über das “siglo de oro”, das “Goldene Zeitalter in Spanien” mit dem Titel “Das goldene Jahrhundert:Es war gar nicht so golden” können Sie nachlesen, klicken Sie hier.

Dies ist die Einaldung zum salon am 15.7.2016:

Der Religionsphilosophische Salon im JULI findet am Freitag, den 15. Juli 2016 in der Galerie Fantom, Hektorstr. 9 in Berlin-Wilmersdorf statt. Anläßlich der großen Ausstellung “El siglo de Oro” (Spanien im 17. Jahrhundert und die spanischen Künstler) in der Gemäldegalerie (ab 1.7. 2016) wollen wir die Hintergründe (künstlerisch, philosophisch, religiös) näher verstehen, vor allem, was denn wirklich das “Goldene Jahrhundert” bedeutet. Denn “golden” waren vor allem die Arbeiten der großen Maler, die sich allerdings sehr zurückhielten, wenn es um die Darstellung der elenden Lebensverhältnisse der Bevölkerung ging. Der Hof, vor allem der von Philipp IV., lebte am Rande des Bankrotts. Die Gesellschaft war gespalten in stolze “Altchristen” und in Konvertiten aus dem Judentum, denen die “Altchristen” nicht trauten, weil sie in antisemitischem Wahn eben Juden unter diesen Katholiken vermuteten. Das “goldene Jahrhundert Spaniens” ist also ein ideologisches Konstrukt, wenn man auch die verheerenden Zustände (Verletzung der Menschenwürde der “Indianer” usw.) in den südamerikanischen Kolonien betrachtet und an den aussichtslosen Kampf einiger Dominikanermönche, wie Bartholomé de la Casas, berücksichtigt.

Warum haben Menschen immer Sehnsucht nach dem goldenen Jahrhundert, em Goldenen Zeitalter, was war golden in den goldenen Zwanziger Jahren in Berlin? Für wen waren sie goldig, für wen waren sie bleierne Zeiten?

Darüber hinaus sprechen wir über die Sehnsucht (unsere Sehnsucht ?) nach dem Goldenen Zeitalter als Mythos und Utopie.

Ein Abend, voller Perspektiven, die dann um so intensiver wahrgenommen werden, wenn die TeilnehmerInnen  zuvor die Ausstellung besuchen oder sich mit den Künstlern (Velázquez u.a.) und Theologen (z. B. den umstrittenen Jesuiten Balthasar Gracian) in dieser Zeit in Spanien intensiver beschäftigen. Der ungarische Philosoph Béla Hamvas nannte etwa die Zwerge des Velázquez Philosophen…

Herzliche Einladung! Für die Raummiete: 5 Euro. StudentInnen haben freien Eintritt.

Eine weitere inhaltliche Ergänzung am 7.7.2016:

Die große Ausstellung „El siglo de oro“, „Das goldene Jahrhundert“, zur Zeit in der Gemäldegalerie, ist der Anlass unseres Themas: Was ist das goldene Zeitalter? Unter welchen Bedingungen wird von wem eine bestimmte Epoche “golden” genannt bzw. als golden verklärt?

Haben wir in unserem Leben auch die Tendenz, bestimmte eigene Lebenszeiten oder die erlebte politische Geschichte als golden oder gar goldig zu (v)erklären?

Über diese Fragen werden wir uns unterhalten. In jedem Fall geht es also um Ideologiekritik:

Die Werke des „Siglo de Oro“, Velazquez, Zurbaran und die vielen hierzulande noch unbekannten Meister im 17. Jahrh henswert, sehr individuell, berührend, zum Teil mit ganz sanfter Herrschaftskritik.

Aber in unserem Salon wird deutlich: Alle diese Gemälde waren bestellte Arbeiten, bestellt von den Königen und inhaltlich dirigiert von der allmächtigen katholischen Kirche. Gerade sie sorgte für die unendliche Wiederkehr immer desselben Themas: der gekreuzigte Christus… Als gäbe es nichts anderes in dieser (schönen, furchtbaren) Welt. Wird da die Gewöhnung ans Leiden versteckt sprituell propagiert?

Wir werden uns mit einem außergewöhnlichen Philosophen dieser Zeit befassen, mit Baltasar Gracián aus dem Jesuitenorden, besonders mit seinem viel gelesenen Werk „Handorakel und die Kunst der Weltklugheit“ (bei Fischer auf deutsch erschienen, übersetzt von Artur Schopenhauer (sic!). Gracián vertritt eine Weisheitslehre, die ganz auf das erfolgreiche Überleben des einzelnen in einer feindlichen Umgebung setzt. Aus Angst vor der allmächtigen Inquisition in diesem angeblich goldenen Zeitalter empfiehlt er u.a. die Kunst, sich richtig zu verstellen…Gracian wurde dann von seinem Orden bestraft…

Hilfreich ist auch für Spanien-Freunde die Lektüre des kritischen Buches des spanischen Philosophen Juan Goytisolo „Spanien und die Spanier“ bei Suhrkamp erschienen, auf den ersten Seiten wird die ganze machtvolle Tristesse Spaniens erläutert nach der Vertreibung der Muslime aus dem Land der erzwungenen Konversion der spanischen Juden. Nicht golden, sondern eisern war dieses 17. Jahrhundert. Und man fragt sich, warum ausgerechnet jetzt, mitten in der tiefen europäischen Krise, auch der politischen Krise Spaniens, der Flüchtlingsabwehr in ganz Europa usw., eine Ausstellung „Goldenes Zeitalter“ gemacht wird. Soll Kunst noch etwas Glanz in trübe Zeiten bringen?

Bitte vormerken: Am Freitag, den 26. August 2016, machen wir wieder -am Ende der Berliner Schulferien- unseren kleinen “Ausflug im Sommer”. Diesmal fahren wir in den vielen sicher noch unbekannten schönen Stadtteil Karlshorst und treffen dort um 10 Uhr den Pfarrer der Gemeinde, Edgar Dusdal. Er spricht mit uns über die vielfältigen Formen des persönlichen und politischen Erinnerns. Zudem werden wir die ungewöhnlich wertvolle Orgel der Karlshorster Kirche kennen lernen, die Amalien-Orgel, die bedeutendste Barockorgel Berlins, geschaffen 1755 und original erhalten. Auch dies ein besonderes Ereignis.

Danach besuchen wir das “Deutsch-Russische Museum” in Karlshorst, das sicher viele noch nicht kennengelernt haben. Das passt gut zum Thema: Was heißt politische Erinnerungheute? Selbstverständlich gibt es danach genug Zeit für ein gemeinsames Essen und weiteres Debattieren.

In den vergangenen Jahren haben wir als Sommer Ausflug Jüterbog und Kloster Chorin besucht.