Neues zu den Legionären Christi. Juli 2011

Ein Wort zu der neuen Kategorie Legionäre Christi:

Unsere kritischen Studien über den Orden der Legionäre Christi und seinen Gründer Pater Marcial Maciel haben wir vor 8 Jahren begonnen.  Als religionsphilosophischer Salon, auch inspiriert von der französischen Tradition (Voltaire, Diderot, Rousseau usw.), ist es für uns normal, auch religiöse Bewegungen zu beobachten. Der Orden  “Legionäre Christi” und mit ihm die Laienbewegung “Regnum Christi” haben in der deutschsprachigen Öffentlichkeit, etwa in Gestalt von kritischen Studien in Buchform, bisher kein Interesse gefunden, im Unterschied zu englisch sprachigen und spanischen/mexikanischen Publikationen. So sind unsere Beiträge viele hundert mal angeklicht, verbreitet und gelesen worden, weil sie die einzige Möglichkeit bieten, sich gründlicher zu informieren. Deswegen haben wir jetzt zur Erleichterung der Recherche eine eigene Kategorie “Legionäre Christi” eingeführt, dieses Thema ist, das sei allen Philosophen sozusagen als Entschuldigung für diese Plazierung gesagt, ein eminent religions-philosophisch-kritisches.

Wir bitten zu beachten, dass die folgenden Beiträge zu unterschiedlichen Zeiten verfasst wurden.

Christian Modehn am 9.2.2012. Für alle Beiträge: Copyright: Christian Modehn, Berlin.

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Neues zu den Legionären Christi
Verfasst im Juli 2011

Wir werden oft gefragt, welche neuen Erkenntnisse es gibt über den katholischen Orden der „Legionäre Christi“ und ihres auch selbst aus päpstlichem Mund verbrecherisch genannten Ordensgründers Marcial Maciel.
Wir freuen uns im Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salon über dieses Interesse an philosophisch motivierter Religionskritik und wissen, dass sehr viele Leser und Journalisten seit einigen Jahren gründliche Informationen über dieses Thema bei uns finden und davon „zehren“, um es einmal gelinde auszudrücken. Dabei ist es schon merkwürdig, dass im deutschsprachigen Raum kein Verlag dieses Thema aufgegriffen hat, auch keine Fernsehanstalt, ein Freund sagte, selbst ein Spielfilm zu dem Thema könnte doch recht spannend und erhellend sein. Wir geben diese Information gern weiter. Aber vielleicht ist die Angst vor der Allmacht großer Organisationen bei vielen doch sehr groß…

Wir verweisen zunächst auf ein erhellendes Buch, das Nelly Ramirez Mota Velasco aus Mexiko, dem Stammland der Legionäre Christi, geschrieben hat. Sie war selbst von 1997 bis 2009 „geweihtes Mitglied“, also fast eine Ordenfrau, innerhalb der Bewegung REGNUM Christi, die ebenfalls von den Legionären Christi gesteuert wird (angeblich 70.000 Mitglieder). Sie hat also die „heiße Zeit“ erlebt, als Maciel öffentlich noch eindringlicher als früher der pädophilen Verbrechen beschuldigt wurde, als er als Generaldirektor( sic) seines Ordens abgesetzt wurde, verstarb und Benedikt XVI. eine offizielle Untersuchung beider Maciel – Gemeinschaften vornehmen ließ. Die „Kontrolleure“ waren Prälaten, nicht etwa unabhängige Gutachter…
Das Buch hat den Titel: „El Reino de Marcial Maciel. La vida oculta de la Legion y el regnum Christi“. (Das Reich des Marcial Maciel. Das geheime/verborgene Leben der Legion und des Regnum Christi). Editorial Planeta Mexicana, temas de hoy, Febrero de 2011. 327 Seiten. ISBN: 978-607-07-0624-0 – . Das Buch enthält auf über 100 Seiten auch bisher nicht veröffentlichte Dokumente, darunter auf 7 Seiten eine Liste zum Immobilienbesitz des Ordens.

Das Buch schreibt eine Frau, die gründlich das Thema studiert hat, sie kann als Insiderin von einem bisher eher geheim gehaltenen Wissen profitieren.
Allein schon das Vorwort von Prof. Roberto Blancarte ist erhellend, Blancarte ist Professor an der „Universidad National Autonoma de Mexiko“ für Soziologie, Geschichte und Sozialwissenschaft, eine Kapazität mit einer langen Liste wissenschaftlicher Publikationen. Wir können hier unmöglich den ganzen Text übersetzen, nur einige Sätze aus den ersten Seiten des Vorwortes: „Gibt es ein Heilmittel für die Legion Christi? Kann sie überleben mit dem Stigma, 60 Jahre lang geleitet worden zu sein von einem Päderasten, Drogenabhängigen, sexuellen Missbrauchstäter, einem falschen Typen und einen Kriminellen? …Dieses Buch zeigt, dass es eine falsche Debatte gibt, als wäre Marcial Maciel zwar ein perverser Mann, aber seine Werke könnten eine göttliche Inspiration haben“.
Mit dem Thema befasst sich die Autorin Nelly Ramirez Mota Velasco ausführlich; sie ist der Meinung, dass die Strukturen und Mentalitäten der Legionäre Christi und des Regnum Christi vom Ungeist Maciels „befallen“ sind. Prof. Blancarte gibt seine Antwort: „Die internen Regeln und die „Legionärs- Kultur“ erzeugen Repression und den Verlust der persönlichen Freiheit, Korruption, Pharisäertum, Doppelmoral, Geheimnistuerei, oberflächliche Spiritualität, Entpersönlichung usw.“ Wir zitieren die Forschungsergebnisse Prof. Blancartes!. Er schreibt: “Es handelt sich um das Phänomen des Sektierertums in der katholischen Kirche“ (S. 10). Immer wieder wird gefragt, was denn das „besondere Charisma“ des Ordens der Legionäre Christi sei: Blancarte gibt die Antwort: “Das ist das wahre Charisma der Legion: Internes Wachstum (des Ordens) und Geld“. (S. 11). Noch kurz vor seiner Absetzung schärfte der 60 Jahre lang diese Gemeinschaft führende P. Maciel den Seinen ein: „Sie wissen, dass die Eroberung (conquista) neuer Priesterberufungen die Priorität Nummer eins im apostolischen Leben eines jeden Legionärs und geweihten Mitglieds im Regnum Christi sein muß“ (S. 319).
Blancarte schreibt: „Die Mittel (also Priesternachwuchs, Geld usw.) werden im Orden zum Ziel“ (S. 11).
Wir verweisen nur auf einige interessante Aspekte der Studien von Nelly Ramirez Mota Velasco:
– Pater Maciel wurde von den Seinen als „von Gott erleuchtet“ betrachtet. ( s 32). Auch Papst Johannes Paul II. konnte seine Begeisterung für P. Maciel kaum bremsen (S. 185). Selbst als das verbrecherische Profil Maciels im Vatikan bekannt war, verteidigte ihn Johannes Paul II. mit den Worten: „Es ist eine Gabe des heiligen Geistes, keinen Groll zu haben bei solchen Attacken“. Maciel hatte sich nämlich beim Papst cool gezeigt und alle Anschuldigungen wie immer üblich abgestritten. Papst Jophannes PÜaul II. hielt Maciel für einen „erleuchteten Heiligen“ (Zit. S 38)
– Maciel sah sich Zeit seines Lebens verfolgt, ständig bedrängt von den Feinden „der“ Kirche (S. 33), er sah sich gar als Märtyrer.
– Die Mitglieder waren durch das Privatgelübde verpflichtet, nichts, aber auch gar nichts, nach außen dringen zu lassen. „Dadurch entstand eine Kultur der Lüge“ (S. 37). Wir zitieren immer aus dem Buch!
– Die Autorin schreibt, dass selbst die so stolz mitgeteilten Mitglieder Zahlen des Ordens „frisiert“ seien (S: 49). „Wenn heute von 800 Legionärspriestern die Rede ist, so ist das übertrieben“. Sie weist darauf hin, dass viele Legionärspriester zum Diözesanklerus wechselten oder das Priestertum aufgaben…
– Die Oberen, so sagt die Autorin, leben abgehoben von den übrigen in einer luxuriösen Sonderwelt (S. 89), sie meint, in der Legion sei absoluter Gehorsam bei den „normalen Mitgliedern“ gegeben; sie sollen glauben: Nur im Ordensoberen spricht Gott (S. 135).
– „Es ist die Strategie Maciels, bei den Mitgliedern nicht den rationalen Diskurs oder die Verstandesmotivation zu pflegen, sondern mit der Angst, der Verdächtigung, der Schuld zu arbeiten; sie sollen den Legionären und den geweihten Mitgliedern des Regnum Christi als tiefe Motivation gelten, damit sie treu zum =System =bleiben, das sie schützt“. (S. 120f).
– Unbequeme Mitglieder, solche die gegen den Chef protestieren, werdenn von ihm selbst zum Psychiater geschickt, wie im Falle P. Ignacio Oriol Munoz, „von da begann sein Leidensweg zwischen Psychiatrie und Isalotion innerhalb der Legion“, Zitat Seite 74.
– Bedenkenswert erscheint der Hinweis der Autorin, in der frühen Jahren der Legion, also zwischen 1940 und 1945, hätten P. Maciel und die damaligen Mitstreiter wie P. Jorge Bernal „den Nationalsozialismus Adolf Hitlers als Modell für Disziplin und Ordnung bewundert. Sie hätten das Motte Heil Hitler in Heil Christus umgewandelt. Im übrigen hätte P. Maciel heftig den Marxismus und in dem Zusammenhang auch den Protestantismus attackiert (S. 142 f).

Wie gesagt, die oben genannten Sätze sind Zitate aus dem Buch von Nelly Ramirez Mota Velasco. Das Buch hat eine Ex – Legionärin bzw. Ex Regnum Christi Frau geschrieben; eine Frau, die noch heute zur katholischen Kirche steht, sie spricht etwa vom Papst nach wie vor als dem „Heiligen Vater“. Sie will mit ihren Untersuchungen auf viele Themen aufmerksam machen: Nur einige Punkte:
Es gibt innerhalb der römischen Kirche eine tiefe Komplizenschaft;
ein grundloses Vertrauen in Leute, die sich ultra orthodox und papsttreu nach außen geben;
es gibt Korruption und Bestechlichkeit im Vatikan, das wird lang ausgeführt;
es gibt den Willen, finanzstarke Organisationen und solche, die junge Priester stellen, unter allen Umständen zu schützen und zu pflegen;
es gibt die Bereitschaft bei vielen Frommen auf alle persönliche Freiheit zu verzichten, wenn denn da einer hergelaufen kommt, der da sagt: Wenn ihr mir folgt, dann werdet ihr erlöst.
Wir ziehen daraus nur den Schluss: Religionskritik, die sich abarbeitet an aktuellen Vorgängen in den Religionen, bleibt zentrale Aufgabe einer Philosophie, die sich den Menschenrechten und der Aufklärung verpflichtet weiß.

Wir verweisen noch auf eine weitere Studie aus Mexiko, dem Land, in dem die Legion am mächtigsten ist (wie auch in Spanien, man beobachte sie etwa beim Weltjugendtag in Madrid im August 2011):
Carmen Aristegui, „Marcial Maciel. Historia de un criminal“ (Marcial Maciel, Geschichte eines Verbrechers“).
Verlag: Grijalbo. Mexiko. 2010, 290 Seiten. Das Buch versammelt 17 Beiträge von kompetenten Forschern über die Legion und ihre Netzwerke, z.B. Jason Berry, USA, ein prominenter Journalist, schreibt über „La Legion es una maquina de dinero“ (Die Legion ist eine Geldmaschine).Die Herausgeberin Carmen Aristegui ist eine vielfach geehrte prominente Journalistin.