Ein Hinweis von Christian Modehn am 17.1.2025
Bitte unbedingt beachten: Dieses Thema wird jetzt völlig ausgeblendet: Die Rolle Bergoglios im Umfeld der Militärdiktatur in Argentinien LINK.
Genauso wichtig ist, dass Bergoglio als junger Mann Mitglied der Jugendorganisation der Peronisten war. Diese Verbindung verschweigt Papst Franziskus in seiner Autobiografie HOFFE: Details zu Bergoglio als Peronist: Siehe FUßNOTE 1. Es handelt sich um einen Beitrag von Christian Modehn von 2022 LINK.
Am 2.2.2025 ergänzt: Die große Nachsicht und Geduld des Papstes mit theologisch wie politisch reaktionören Bischöfen und neuen sich “geistliche Gemeinschaft” nennenden Gruppen. Siehe dazu die Hinweise hier in Nr.10.
1.
Papst Franziskus läßt jetzt weltweit sein neues Buch (384 Seiten in der deutschen Ausgabe) verbreiten, der Titel: „Hoffe. Die Autobiografie“, gemeint ist also „die“ (maßgebliche) Autobiografie. Bekanntlich hat Papst Franziskus erst 2024 sein ebenfalls autobiografisches Buch „Leben“ veröffentlicht mit dem Untertitel „Meine Geschichte in der Geschichte“. Historiker werden diese und viele andere autobiografische Äußerungen (in den zahlreichen Papst – Interviews in Büchern und Zeitschriften) kritisch zusammentragen und vergleichen… „Hoffe“ jedenfalls erscheint zeitgleich in 80 Ländern! Zum Buch LEBEN (2024) des Papstes: LINK .
Manche Ausführungen im Buch “Leben” (2024) wurden in das Buch “Hoffe” (fast) wörtlich übernommen, siehe “Leben” S. 216 f. und “Hoffe” S. 245 f., wobei “Leben” präziser etwa Namen einzelner Kardinäle nennt. Man hat den Eindruck, weite Teile des Buches “Hoffe” seien unter einem starken Zeitdruck (mit dem Co – Autor Carlo Musso) und sehr in Eile geschrieben worden. Sonst wäre die Argumentationen eines doch so gewichtig als “Die Autobiografie” herkommenden Buches sorgfältiger und zusammenhängender.
2. HOFFE!
Erstaunlich an der neuesten und wohl auch letzten Autobiografie des Papstes ist der Titel „Hoffe“ (im italienischen Original „SPERA“.) „Hoffe“ meint eine Aufforderung, wenn nicht einen Befehl, es fehlt bloß noch ein Ausrufungszeichen im Titel: Vielleicht sagt es Papst Franziskus zu sich selbst: Hoffe, und er würde wohl ergänzen: Hoffe trotz der vielen Franziskusfeinde im (höheren) Klerus. “Hoffe“ gilt aber auch den LeserInnen, und sie können prüfen, ob die spirituellen und theologischen Vorschläge zugunsten der Hoffnung in dem Buch weiterführen. „Hoffe“ als Buch-Titel passt auch kommerziell bestens ins “Heilige Jahr 2025“, es steht unter dem Motto „Pilger der Hoffnung“. Bei so viel verbaler Hoffnung werden dann doch auch einige tausend der 35 Millionen Rom – Pilger 2025 das Buch kaufen. LINK zu einigen Feinden von Papst Franziskus.
3. Wenig Auto-Biografisches
Erstaunlich ist aber vor allem, dass der Papst sein Buch „Die Autobiografie“ nennt. Denn objektiv und literarisch betrachtet, erzählt er nur auf den ersten ca. 170 Seiten wirklich Autobiografisches. Auf den übrigen 200 Seiten, die in die sehr interessante Zeit seines Papstamtes führen, geht es um eine Art Melange von autobiografischen Erinnerungs – Elementen und eher erbaulichen spirituellen Fragmenten.
4.
Auf den ersten 120 Seiten erfahren die LeserInnen viele Details aus der großen Familie Bergoglio mit allen Omas und Opas und Tanten und Verwandten auch in der alten Heimat im Piemont (Italien.) Es sind ja Migranten aus dem Piemont, die sich da in Argentinien niederließen. Diese eigene familiäre Migrationsgeschichte hat der Papst nie vergessen: Sein erster Besuch als Franziskus galt bekanntlich der Flüchtlings -Insel Lampedusa. Man liest also im ersten Drittel der Autobiografie viel über vorbildliche und sehr hilfsbereite Priestern (vor allem aus dem Salesianerorden Don Boscos, den der Papst wohl auch jetzt besonders schätzt). Lang und breit wird von Vater und Mutter und den Geschwistern in Buenos Aires erzählt. Diese ausführlich ausgebreitete familiäre und nachbarschaftliche Nähe der Menschen damals in Buenos Aires läßt ahnen, wie sehr auch Papst Franziskus ein Mensch der Gemeinschaft, der Freundschaft, ist. Alleinsein ist ein Horror für ihn, darum weigerte er sich auch, als Papst abgeschirmt von den Menschen, im Apostolischen Palast zu leben. Allein (wo möglich noch mit einem Assistenten Georg Gänswein) im apostolischen Palast zu wohnen … das hätte ihn in die Psychiatrie geführt, sagte er….(Zitat in “Leben” (2024), S. 221.
5. Theologische Elemente
Es ist nicht falsch, in einer Autobiografie des Papstes, etwas ausführliche Beschreibungen und Bewertungen von Ereignissen und Begegnungen während seines so genannten „Pontifikats“ (seit 2013, immerhin seit 12 Jahren) zu erwarten. Aber diese Erwartungen werden nicht erfüllt . Die LeserInnen werden in den letzten etwa 12 Kapiteln mit hübschen poetischen Titeln („Mit den tiefinnersten Schwingungen gehen“, „Die Wanderung durch dunkel Täler“, „Nach dem Ebenbild eines lächelnden Gottes“ usw…) immer wieder einzelne theologische Erkenntnisse und Beurteilungen finden oder auch pastorale Prinzipien. Manches ist radikal: „Eine der größten Sünden, die wir Kleriker begangen haben , ist es, diese Kirche zu maskulinisieren“ (S. 232). Oder „Die Kirche muss hinausgehen und sich schmutzig machen“ (S. 235). Radikal erscheint auch: „Die Kirche ist eine Frau. Wir Kleriker sind Männer, aber wir sind nicht die Kirche“. Und anschließend ins Mystische abrutschend: „Die Kirche ist eine Frau, weil sie eine Braut ist“ (S. 232). Man denke also weiter: Kleriker als Männer mit dem Zölibatsgesetz haben dann doch eine Braut: Die Kirche. Und die Kinder dieser Verbindung dürfen selbstverständlich nur geistliche Kinder sein, bei leiblicher Liebe zahlt dann der Bischof Alimente. „Christen sind nicht rückwärtsgewandt“ heißt es richtig auf Seite 264. Und noch einmal eine Seite weiter: „Tradition bedeutet vorwärts zu gehen… Die Kirche ist nicht die Gemeinschaft der `guten alten Zeit`.“ Tatsächlich zeigt Papst Franziskus überhaupt äußerst wenig Toleranz gegenüber den Traditionalisten oder den vielen jungen Priestern, die so gern nur die alte lateinische Messe feiern wollen. Und in reaktionären, eigentlich obskuren Gemeinschaften („Verbum incarnatum“, „Soldalicio“) räumt er nach vielen Jahren großer Geduld auf. Aber es sind immer nur die knappen Hinweise, die verstören, wo die LeserInnen inhaltlich mehr erwarten, etwa zur Frage eines neuen, III. Vatikanischen Konzils. Da sagt der Papst: “Wir müssen erst noch vollständig das Zweite Vatikanische Konzil umsetzen und dass wir noch entschiedener die höfische Kultur in der Kurie (im Vatikan usw.) hinwegfegen müssen… Die Kirche ist keineswegs der letzte europäische Hofstaat einer absoluten Monarchie“ (S. 266).
In dem schon genannten Buch „Papst Franziskus: Leben“ (aus dem Jahr 2024) heißt es hingegen auf Seite 255: „Es stimmt, dass der Vatikan die letzte absolute Monarchie in Europa ist…“ Dies nur als ein Beispiel für die gedankliche Entwicklung von Papst Franziskus… LINK
Natürlich kann Papst Franziskus seine Zeit als Jesuit und Kardinal von Buenos Aires unter der Militärdiktatur nicht übergehen. Aber Neues erfährt man auf den wenigen Seiten (S. 163) auch nicht, erneut bestätigt der Papst, als Erzbischof eine Messe in der Residenz des Junta-Oberhauptes gelesen zu haben, um zwei Jesuiten auf diese Weise zu retten… Erzbischof Bergoglio litt in dieser Zeit enorm, er schreibt: „Deswegen bekam ich fast ein Jahr lang Unterstützung durch eine Psychiaterin, eine sehr kluge und fähige Jüdin…“ (S. 165).
6. Zwei Schritte vor, ein Schritt zurück
In der Autobiografie „Hoffe“ sucht man vergeblich Beurteilungen zum Stand der Ökumene mit Protestanten, man sucht vergeblich weiterführende theologische Gedanken, etwa: ob nicht das Papsttum heute ganz neu gestaltet werden müsste, etwa mit fünf oder sechs „Regional – Päpsten“ auf allen Kontinenten; man findet nichts zur Abschaffung des Zölibatsgesetzes, nichts zur Reduzierung der umfassenden Dogmen – Berge. Im Gegenteil: “Wir müssen aus der Starre heraustreten. Und das bedeutet nicht, dass wir einen Weg gehen, der Glaubenswahrheiten relativiert“ (S. 373). Aber gleich danach die Einschränkung: „Dabei müssen wir der Versuchung entsagen, den Glauben zu kontrollieren, denn der Herr Jesus lässt sich nicht kontrollieren“ (ebd.). Das ist typisch Franziskus: Die ganze alte Lehre mitschleppen, ein bißchen an ihr kratze… Aber dann doch nicht die Reformer (denn das sind ja Dogmen – Kritiker) „kontrollieren“, wobei Papst Franziskus behauptet: Die Glaubenswahrheiten der Kirche wären mit dem „Herrn Jesus“ identisch…Lang und breit wiederholt Papst Franziskus seine totale Ablehnung des Krieges, jedes Kriegs. Aber dass anstelle des Katechismus – Unterrichts bei Katholiken nun umfassende Friedenserziehung zur Gewaltlosigkeit erfolgen sollte, liest man nicht…In den letzten Monaten fällt auf: Das einzige, was dem Papst noch zum Frieden in der Welt einfällt, ist das Bittgebet: Man lese die vatikan-news, sie dokumentieren die vielen täglich wechselnden Bitt – Gebete des Papstes, für Haiti oder Gaza, für die Ukraine oder Myanmar, für Opfer von Gewalt oder von Waldbränden und so weiter: Bittgebete als letzte Rettung päpstlicher Macht?
7. Eine Bilanz
Wer wird Bilanz ziehen und dabei realistisch fragen: Was hat die Regierungszeit von Papst Franziskus nachweislich, sichtbar, spürbar, „gebracht“? Ich meine: Die Bilanz fällt mager aus: Innerkirchlich ist der Papst manchmal ein paar Schritte vorwärtsgegangen, hat etwa Frauen als oberste Büroleiterinnen in vatikanischen Behörden zugelassen, aber eben nicht Frauen als Diakoninnen und Priesterinnen. Er hat aufs heftigste den Klerus kritisiert, aber das Grundübel des Klerus, den verpflichtenden Zölibat, nicht abgeschafft, obwohl er das von heute auf morgen als Papst hätte tun können. Er hat sehr häufig verständnisvoll von Homosexuellen gesprochen, so wie man über Schwerkranke spricht. Aber die gleichberechtigte Ehe von Homosexuellen und dann auch die entsprechende kirchliche Hochzeitsfeier total abgelehnt. Afrikas reaktionäre Bischöfe und mit ihnen die Politiker bestimmten als explizite Feinde von Homosexuellen sozusagen die offizielle katholische Moral.
Papst Franziskus hat sich stark gemacht für die katholische Volksreligion, die er in Argentinien schon sehr hoch schätzte, also den Kult rund um die Heiligen, den Reliquienkult, das Ablasswesen, die Wallfahrten und vor allem die völlig Hingabe an Maria, die er Mutter Gottes nennt oder in seiner kindlichen Frömmigkeit als „Knotenlöserin“ verehrt. Mit dieser mittelalterlichen Volksfrömmigkeit, die oft an Aberglauben grenzt, wird der Klerus die jungen gebildeten Menschen in Europa nicht mehr für die katholische Kirche gewinnen. Es liegen unterschiedliche geistige Welten zwischen dem Vatikan und Europa, möchte man sagen. Der Katholizismus als dominante Konfession ist in Europa vorbei, verantwortlich dafür sind auch die vielen Priester, die sich sexuellem Missbrauch hingaben. Papst Franzikus betont in seinem Buch “HOFFE” mehrfach, an der Seite der Opfe zu stehen!
Man wird in einer Bilanz sagen müssen: Ein moderner Theologe ist Papst Franziskus nicht, selbst wenn er nach außen sympathisch – „so menschlich“ wirkt. Hat der Theologe Bergoglio Werke seines Jesuiten und Theologen Karl Rahner gelesen, kennt er wenigstens den Namen Hans Küng, hat er Bücher der Befreiungstheologen Gustavo Gutierrez oder Leonardo Boff gelesen und nicht nur die argentinischen Vertreter der Volksreligiosität?
So sind die Leserinnen nicht erstaunt, dass in der Liste der in „Hoffe“ erwähnten Bücher nur zwei explizit theologische Titel auftauchen, ein Titel stammt von Romano Guardini (1965) und eines vom französischen Jesuiten de Lubac („Betrachtungen über die Kirche von 1954). Natürlich freut man sich, dass ein Papst überhaupt mal einen den Soziologen, nämlich Zygmunt Bauman, erwähnt oder sogar Bert Brecht oder Songs aus Opern oder unter den für ihn wichtigen Filmen nicht nur Don Camillo und Peppone nennt, sondern auch Arbeiten Federico Fellinis. Aber hat säkulare Kunst auch den Papst etwas säkularer gemacht? Hat er von er Säkularität (bzw. der Laizität) etwas gelernt? Eine offene Frage… Einige deutsche LeserInnen werden sich freuen, dass Papst Franziskus in „Hoffe“ die ökumenische (protestantische) Theologin Dorothee Sölle erwähnt (S. 106f.).
Die Bilanz des Pontificates fällt noch bescheidener aus, wenn man an die außenpolitische Wirkung des Staatschefs Papst Franziskus (er ist ja Chef des Staates „Heiliger Stuhl“) denkt. Frieden kann ein Papst weder als spirituelles Oberhaupt noch als Staatschef schaffen. Wer danach fragt, wird auf hilfreiche Friedens – Gespräche der päpstlichen Diplomaten verwiesen, aber nachweisbare Ergebnisse können nicht genannt werden, bestenfalls die übliche caritative Hilfe, und das ist schon etwas. Den Hunger in der Welt konnte auch er nicht relevant reduzieren. Katholiken sollen ja für Arme Geld spenden, nicht aber umfassend informiert auch ungerechte Strukturen verändern… Die praktische Gültigkeit der Menschenrechte weltweit konnte der Papst auch nicht durchsetzen, kein Wunder, möchte man sagen, denn der Vatikan hat zur UNO Erklärung der Menschenrechte von 1949 eher nicht ein distanziertes Verhältnis.
8.
Was also bleibt abgesehen von dem diffusen Befehl „Hoffe“? Es gibt viel „Wind“ auch unter diesem Papst, viel innerkirchlicher Reformeifer ohne durchgreifende Reformen, es ging immer um innerkirchliche Querelen, die nicht vorankommen. Wir erleben also letztlich eine Fortsetzung katholischer Stagnation mit einem durchaus ja netten und zugewandten Papst Franziskus. Ob so viel nach außen gezeigte Freundlichkeit in Person noch einmal auf dem Papstthron wiederkehrt, ist sehr die Frage, wenn man bedenkt, dass 1,5 Milliarden Katholiken nach den uralten Regeln zu führen, eher hartes Durchgreifen erfordert. Und: Die klerikale Männerwelt wird ad aeternum fortbestehen. Ihr Frauen, lasst alle Hoffnung auf Priestertum der Frauen fahren. Papst und Klerus glauben nach wie vor eisern: Gott selbst in der Gestalt Jesu Christi habe die katholische Kirche als Klerus – Kirche begründet und so, wie sie ist, auch gewollt. Gegen solche steilen Thesen kommt selbst der heilige Geist nicht an.
9.
Papst Franziskus hat es mit persönlichem Einsatz bis ins höchste Alter gewagt, diesen korrupten Klüngel des Klerus im Vatikan etwas aufzulösen und „in die Wüste zu schicken“; er hat versucht, die Kirche – in seiner Sicht – wieder stärker an die Vision des Jesus von Nazareth zu binden. Ob er zu einer wirklich grundlegenden Reformation der katholischen Kirche auch theologisch in der Lage gewesen wäre, ist sehr die Frage. Meine Antwort : Eher NEIN: Denn Papst Franziskus wollte auf die Vorherrschaft seiner eigenen volkstümlichen (naiven) Frömmigkeit mir den ständigen Bitt -Gebeten für alle(s) und jedes nicht verzichten. Er sah nicht, dass es die vielen unsäglichen und unverständlichen Dogmen sind, die den Zugang zum Glauben heute versperren. Aber im Unterschied zum unterkühlten theologischen Verwalter und Ketzer – Verfolger Ratzinger/Benedikt XVI. und im Unterschied zum Dogmen besessenen, alle Menschen “neu” missionierenden Polen Johannes Paul II. ist Papst Franziskus doch ein gewisser Lichtblick der Nächstenliebe, für die Armen zumal… und dies gilt zumal in der ohnehin sehr trüben und eigentlich abzulehnenden Reihe derer, die sich einst “Stellvertreter Christi auf Erden” nannten, ohne dabei vor Scham im Boden zu versinken. Sie haben etwa im 19. Jahrhundert den Katholizismus geistig und theologisch auf Dauer zerstört, indem sie ihn als absolut anti-modern (und antisemitisch) definierten! Das ist evident: Zerstörerisch waren nicht etwa die wenigen klugen aufklärerischen Philosophen. Papst Franziskus wollte da auf seine popläre Art, etwas “heilend” zu wirken. Mit sehr mäßigem Erfolg. Die gebildeten Katholiken in Europa und Amerika können mit diesem autoritären Katholizismus nichts mehr anfangen. Papst Franziskus setzt deswegen auf die, wie er lobend sagt, kinderreichen katholischen Familien, in Afrika und auf den Philippinen, in Indien, Indonesien, Neu -Guinea usw… So bleibt der Katholizismus trotz der in Europa verschwindenden Kirche immerhin eine “Kirche mit mehr als einer Milliarde Mitglieder”.
10. Am 2.2.2025 ergänzt: Die große Geduld des Papstes mit theologisch und politisch reaktionären Bischöfen und neuen “geistlichen Gemeinschaften”:
Zu dem offensichtlichen großen Versagen des „Reformpapstes“ Franziskus gehört seine langandauernde Duldsamkeit gegenüber theologisch reaktionären Bischöfen und Kardinälen sowie auch die langandauernde Duldsamkeit bzw. Nachlässigkeit gegenüber den entsprechenden relativ neu gegründeten, sich „geistliche Gemeinschaften“ nennenden, auch politisch reaktionären Bewegungen und Gruppen. Sie sind stark von sexuellem Missbrauch ihrer Mitglieder betroffen.
Es wird hoffentlich kritische und kirchenunabhängige HistorikerInnen geben, die alle Fakten in dem Zusammenhang ausführlich darstellen und die Liste der hier nur fragmentarisch genannten Personen und Gruppierungen weiter ergänzen und studieren. Dadurch wird die reaktionäre Wende der katholischen Kirche insgesamt sichtbar.
Diese hoffentlich alsbald realisierten kritischen und kirchlich unabhängigen Studien werden auch das Gesamtbild des sich volkstümlich gebenden Papstes Franziskus deutlicher machen.
Hier werden nur einige hohe „Würdenträger“, Exzellenzen und Eminenzen, genannt, die viele Jahre als theologisch reaktionäre Herrscher das Leben der katholischen Kirche nicht nur vor Ort beherrschten, wenn nicht zerstörten. Proteste gegen die klerikalen Herrscher gab es schon Jahre lang, sie waren natürlich vergeblich. Papst Franziskus setzte diese von vielen Theologen und Gläubigen immer schon heftigst kritisierten Herrscher nicht rechtzeitig ab, sondern erst in letzter Minute, möchte man sagen, bis zum Erreichen der für eine „Pensionierung“ nötigen Altersgrenze von 75 bzw. 80 Jahren…
Der Hintergrund: Der Klerus hält zusammen und deckt und schätzt sich untereinander, solange bis die „Situation“ der Kritisierten öffentlich weithin bekannt und sozusagen unerträglich wird.
Eminenzen und Exzellenzen:
Kardinal Juan Luis Cipriani von Lima Peru, ganz offen Mitglied des „Opus Dei“, vor dieser Organisation hatten und haben eigentlich alle immer Angst, wohl auch Papst Franziskus: Cipriani war als Kardinal von Lima u.a. der heftigste Feind der authentischen lateinamerikanischen Theologie. Quelle: https://www.religiondigital.org/america/. Und: https://www.eldiario.es/sociedad/caida-cipriani-cardenal-opus-dei-acusado-abusos-convirtio-peru-laboratorio-iglesia-ultra_1_12010508.html
Bischof Dominique Rey von Toulon -Fréjus, Frankreich. Mitglied der internationalen, konservariten charismatischen Bewegung Emmanuel. Theologisch heftigst reaktionär, Sympathisant der Le – Pen – Partei, erst im Januar 2025 wurde sein vorzeitiger „Rücktritt“ als Bischof bekannt. Quelle: Le Monde: https://www.lemonde.fr/societe/article/2025/01/07/l-eveque-conservateur-de-frejus-toulon-demissionne-apres-deux-ans-de-crise_6486624_3224.html
Die Tageszeitung La Croix: https://www.la-croix.com/religion/sous-la-pression-du-vatican-mgr-dominique-rey-demissionne-de-sa-charge-d-eveque-de-frejus-toulon-20250107
Bischof Marc Aillet von Bayonne,Frankreich, extrem theologisch reaktionär, vergasst von vielen Katholiken im Bistum, bisjetzt noch an der Macht. quelle: https://www.20minutes.fr/societe/4098789-20240629-bayonne-pourquoi-vatican-ordonne-mission-inspection-diocese-gouverne-marc-aillet
Siehe auch die Studie von Christian Modehn LINK https://religionsphilosophischer-salon.de/14786_katholischer-bischof-als-putin-freund_religionskritik
Bischof Athanasius Schneider in Kasachtan, Mitglied des Kreuzordens, mit dem obskuren Engelwerk verbunden. Ein expliziter Feind von Papst Franziskus.
Bischof Andreas Laun, Salzburg. Ein FPÖ Freund. Quelle: https://www.diepresse.com/19216787/weihbischof-laun-hardliner-in-der-katholischen-kirche-ist-tot
„Politisch engagierte sich Laun für die rechtsextreme FPÖ. So sprach er 2016 eine Wahlempfehlung für den FPÖ-Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer aus …Sogar Nazi-Vergleiche führte Laun an: Die Segnung homosexueller Paare in der Kirche lehnte er etwa nach seinem Rückzug aus dem Kirchenamt 2018 mit dem Argument ab, man könne ja auch kein KZ segnen. Quelle: https://www.queer.de/detail.php?article_id=52147
Neue Ordensgemeinschaften:
„Sodalicio“ eine extrem theologisch/politisch reaktionäre Bewegung von (sehr wohlhabenden) Priestern und Laien in ganz Lateinamerika, mit Missbrauchstätern, seit Jahren objektiv kritisiert, wird erst jetzt, 2025, aufgelöst. Warum das lange Zögern des Papstes??? : https://www.katholisch.de/artikel/59264-laienbewegung-sodalicio-bestaetigt-aufloesung-durch-den-papst
Institut del verbo encarnado. offizielle Website: https://ive.org/
Erst seit Januar 2025 unter päpstlicher Aufsicht.
Es gibt nur sehr wenige kritische Studien zu diesem Verein in deutscher Sprache LINK. https://religionsphilosophischer-salon.de/keys/institut-vom-inkarnierten-wort
Zur Förderung reaktionärer neuer Orden durch Papst Johannes Paul II. und Ratzinger/Benedikt XIV.: LINK: https://religionsphilosophischer-salon.de/1382_benedikt-xvi-ist-politisch-rechtslastig-religionskritische-perspektiven-zu-joseph-ratzinger_benediktxvi
Fußnote 1: Quelle: LINK
In diesem Beitrag von 2022 das Kapitel: “Bergoglio – der Peronist.”
Es wurde in der theologischen und religionskritischen Forschung bis jetzt leider der wichtige Aufsatz von Colm Tóibín übersehen, den der irische Journalist und Literaturwissenschafter, Lehrbeauftragter an der Stanford University usw., in der Zeitschrift „Lettre International“, Ausgabe Frühjahr 2021, S. 68 -75, veröffentlichte.
Der Titel von Tóibíns Studie: „Das Lächeln Bergoglios. Vom peronistischen Jesuiten zum Heiligen Vater im Vatikan – Eine Karriere“.
Tatsache ist, dass Bergoglio von 1972 bis 1974 der peronistischen Bewegung „Guardia de Hierro“ („Eiserne Garde“) nahestand, das wird von Historikern überhaupt nicht bestritten. Wie sich daraus eine Nähe UND Distanz des Provinzials der argentinischen Jesuiten Bergoglio zu den mordenden Militärs in Argentinien (von 1976-1983) entwickelte, wird noch weiterhin hoffentlich umfassend studiert und diskutiert. Der Sozialist und Ökonom Roberto Pizarro H. entschuldigt förmlich die bekannte damalige „Schwäche“ („debilidad“) des führenden Jesuiten Bergoglio in dieser Zeit damit, dass Bergoglio nun als Papst so viel Gutes tut zugunsten der Armen. So kann man auch politische Fehler eines Jesuitenprovinzials reinwaschen. Quelle: https://www.eldesconcierto.cl/opinion/2018/01/13/el-papa-francisco-la-guardia-de-hierro-y-el-genocida-massera.html.
Über die undeutliche Haltung des Jesuitenprovinzials Bergoglio während der Militärdiktatur spricht auch Tóibín in seinem Artikel. Auch seine spirituelle Praxis, volkstümlicher Art („Verehrung von Heiligenbildern und der Kultus der Madonna“, S. 70) wird ausführlich behandelt. Wichtig ist die innere Verbundenheit mit „dem“ Peronismus: „Bergoglio ist ein Peronist, und die Pointe des Peronismus ist es, dass er sich niemals definieren lässt. Die Montoneros, die in den siebziger Jahren Argentinien mit einer Terrorismuskampagne überzogen, waren Peronisten. Und die Eiserne Garde, die rechte Gruppe, mit der Bergoglio in Verbindung stand, bestand ebenfalls aus Peronisten. Präsident Carlos Menem war Peronist und die Präsidenten Kirchner waren es auch. Ein Peronist zu sein, heißt alles und nichts. Es heißt, dass man zeitweise mit genau den Dingen einverstanden sein kann, die man ansonsten ablehnt. Man kann sowohl Reformer sein wie gleichzeitig ein Konservativer“ (S. 74). …“Bergoglio konnte in einem Augenblick den Anarchisten spielen und im nächsten in seine autoritäre Rolle zurückfallen“ (S. 73).
Das heißt: Es ist dieses taktische Lavieren, dieses Schwanken je nach der machtpolitischen Situation zwischen Ja und Nein, es ist diese Dialektik von Zustimmung und Widerspruch ohne zu einer neuen höheren Ebene zu führen, die den – in Deutschland weithin unbekannten – Peronismus auszeichnet…und die, wie Colm Tóibín schreibt, auch den peronistischen Jesuiten Bergoglio und Papst Franziskus prägt. So wird eine Antwort gegeben auf das widersprüchliche Verhalten dieses Papstes etwa zum Zölibat – angesichts der „Amazonas-Synode“ – oder zur konsequenten Bestrafung von sexuellen Missbrauchstätern im Klerus. Oder zum äußerst verständnisvollen und geduldigen Umgang mit den in dem Zusammenhang hoch belasteten Kardinälen (wie Woelki in Köln). Andererseits: Der rasante Rausschmiss des Pariser Erzbischofs Aupetit, der den „furchtbaren“ Makel hat, sich in eine Frau ein bisschen verliebt zu haben und das auch noch dummerweise veröffentlichte. Aber solche heterosexuellen Makel werden wohl immer seltener, mangels heterosexueller Priester…
Papst Franziskus, „Hoffe. Die Autobiografie“, 384 Seiten inkl.Bildteil, Kösel Verlag, München. 24€.
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