Religionen in Amsterdam: Kreativ und modern

RELIGIONEN IN AMSTERDAM

In unserem Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salon diskutieren wir auch Fragen, wie denn heute Religion und Spiritualität praktisch gelebt werden. Philosophisches Nachdenken braucht ja an den Bezug zum gelebten Religiösen. Immer wieder sind wir auf der Suche nach dem experimentellen Charakter von Religion nach Amsterdam gereist. Dort haben viele Kirchen und Religionsgemeinschaften keine Scheu, Kreativität als einen Inbegriff des Religiösen zu verstehen. Natürlich gibt es dort auch konservative, “zementierte” Formen des Kirchlichen dort. Aber erstaunlich bleibt: Trotz der geringen Mitgliederzahlen verstecken sich dort die Religionen nicht! In früheren Beiträgen wurde empfehlend auf die Freisinnigen Kirchen, vor allem die Remonstranten, hingewiesen, die ein Modell modernen Glaubens darstellen. Oder auf die Freien Ökumenischen Gemeinden, wie die Dominikus Gemeinde an der Spuistraat. Auf den Beitrag des Amsterdamer Theologen und Poeten Huub Oosterhuis habe ich mehrfach früher hingewiesen. Im folgenden zuerst das Manuskript einer Radio Sendung für den den NDR, wobei das Manuskript ausführlicher ist als die Sendung selbst, und zwar einzig aus Sende – Zeit – Gründen.

Die hier publizierten Beiträge beziehen sich Recherchen und Interviews im Jahr 2008. Inzwischen hat sich heute (2016) sicher vieles verändert; auf die freisinnige Kirche der Remonstranten in Amsterdam, “de Vrijburg”, wurde in anderem Zusammenhang hingewiesen ebenso auf die aktuellen Entwicklungen der “studentenecclesia” unter der Leitung des Poeten und Theologen Huub Oosterhuis, etwa auf das neue Zentrum “de nieuwe liefde”.

Ein spiritueller Spaziergang in Amsterdam

Kreativ sind die meisten

Von Christian Modehn  -eine Sendung des NDR in der Reihe: Lebenswelten am 16. August 2009-

O TON, Strassenmusik

Straßenmusik am Rande des Königlichen Palais von Amsterdam. Auf dem weitläufigen Dam – Platz beginnt der Flaneur seinen Spaziergang.

O TON, Strassenmusik,

Rechts neben dem klassizistischen Palast steht die Nieuwe Kerk,  die Neue Kirche. Sie ist ein Symbol mittelalterlicher Frömmigkeit in einer Stadt, die sich heute mit den Prädikaten modern, progressiv und tolerant schmückt. Seit 1980 wird das Gotteshaus fast ausschließlich als Kulturzentrum genutzt.  In diesem prachtvollen  Ambiente feiert die Königsfamilie noch immer ihre Krönungszeremonien. Die Nieuwe Kerk, so erfährt der Flaneur, sei aber bei weitem nicht die einzige Kirche in Amsterdam, die für weltliche, für kulturelle Zwecke genutzt wird. Er solle sich doch mal an der Prinsengracht die Kirche „de duif“, „Die Taube“,  ansehen.

O TON, Strassenbahn

Der Flaneur sollte in Amsterdam „eigentlich“ „een fiets“, ein Fahrrad, benutzen, sagen die Leute.  Aber da ihm kein „fiets“ zur Verfügung steht, steigt er als Alternative in die Tram. Während der Fahrt blättert er in einer Broschüre, darin heißt es:

„In den letzten 40 Jahren wurden vor allem im Zentrum von Amsterdam mehr als 30 Kirchengebäude geschlossen. Sie wurden abgerissen oder für neue, weltliche Zwecke umgebaut. Nur noch 20 Prozent der Amsterdamer sind Kirchenmitglieder. Die Gemeinden hatten einfach kein Geld mehr für den Unterhalt ihrer Kirchen“.

Beim Anblick der Häuser an der Prinsengracht erlebt der Flaneur den Glanz des „Goldenen Zeitalters“ im 17. Jahrhundert. Damals hatten die erfolgreichen Händler den Ehrgeiz, ihre bürgerlichen Paläste mit den unterschiedlichsten Giebeln und Dachsimsen zu schmücken. Bei so viel Eleganz fällt eine Kirche gar nicht besonders ins Auge: An „de duif“  wäre der Flaneur fast vorbei gelaufen, wenn nicht Chormusik zur Besichtigung des Gotteshauses eingeladen hätte.

 

O TON, Chormusik,

 

Rund um den Altar versammelt, probt der Kirchenchor für den Gottesdienst am Sonntag. Die Kirche im neoklassizistischen Stil ist perfekt renoviert, ein heller, freundlicher Raum lädt zum Verweilen ein. Am Infostand am Eingang kommt der Flaneur mit einem älteren Herrn ins Gespräch:

De Duif in Amsterdam, das ist eine sehr interessante Kirche. Der Bischof von Haarlem hatte beschossen, diese Kirche zu schließen, Anfang der siebziger Jahre.  Und das haben die Leute nicht akzeptiert. Sie sagen: Ja, der Bischof kann das sagen und der kann das beschließen. Aber wir setzen unsere Kirche fort ohne Hilfe des Bischofs, ohne Pastoren, wir machen das selber. Ja, ich finde das wunderbar. Und sie haben es geschafft.

Mein Gesprächspartner stellt sich vor: Severien Bauwman ist Pastor der protestantischen Remonstranenkirche. Er hat damals erlebt, wie die katholische Gemeinde „de duif“ ihre Kirche besetzte. Erst nach langen Verhandlungen konnte sie das Gebäude vom Bistum erwerben. Gleichzeitig gaben die Gläubigen jegliche Verbindung mit dem Bischof auf und gründeten eine ökumenische, eine selbständige Gemeinde. Inzwischen wird die Kirche während der Woche vermietet, für Tagungen, Hochzeitsfeiern, Konzerte. Aber seit mehr als 30 Jahren wird die Gemeinde ausschließlich von Laien partnerschaftlich geleitet. Die Gottesdienste gestalten sie nach eigenen Vorstellungen, auf die Pflege neuer Kirchenmusik legen sie besonderen Wert

O TON, Chormusik,.

Die Gemeinde „de duif“ ist Mitglied im Ökumenischen Rat von Amsterdam, also alles andere als „eine Sekte“ am Rande…

In der Pause ist Diana Vernooij vom Altarraum zu uns gekommen. Sie ist seit 10 Jahren eine der Leiterinnen der Sonntagsgottesdienste. Aber, so meint sie,  für weitere Informationen könnten wir uns doch gegenüber ins Café setzen.

„Als ich hierher kam, dachte ich, dass es noch mehr Leute gibt, die ursprünglich aus der alten Pfarrei stammen. Aber nun gibt es doch viel mehr Leute von außen. Z. B. der Fernsehmoderator Jos Brink hat viele Homosexuelle in die Kirche gebracht, also Menschen, die dachten, dass dies ein Ort ist, wo sie sich wohl fühlen können und willkommen sind. Dann gibt es Leute, die eher meinetwegen gekommen sind und mehr am Buddhismus und der Meditation interessiert sind und daher in die „Duif“ kommen. Es gibt eine ständige Fluktuation. Und wenn wir in einem Gottesdienst ungefähr 70 Teilnehmer haben, dann ist es ein guter Gottesdienst“.

Diana Vernooijs ungewöhnliche Gemeinde ist bester Ausdruck holländischer Mentalität: Die Menschen hier gehen auch religiös ihren eigenen Weg, sind stolz, etwas Neues zu probieren…

Der Flaneur darf wieder seiner Laune folgen. Ihn zieht es in das Museums Viertel. In der Oude Spiegelgracht lässt er sich erst gar nicht auf die Besichtigung der zahlreichen Antiquitätenläden ein. Denn um Religion und Spiritualität will er sich kümmern, nicht um noch so schöne alte Möbel.

 

O TON, Stimmen auf Straße;

Am Rande des berühmten Rijksmuseums  fragt er nach dem Gebäude der Vrije Gemeente. Erst nach mühevollem Hin und Her weiß eine ältere Dame bescheid: Die „Freie Gemeinde“ habe ihr Kirchengebäude längst aufgegeben, darin befände sich jetzt das „Paradiso“, ein auf Rockmusik spezialisiertes Haus.  Aber die Vrije Gemeente habe ihr Zentrum in einer Etagenwohnung gleich um die Ecke, in einem prächtigen Gebäude in der Johannes Vermeer Straat.

O TON, Indische Musik

Indische Meditationsmusik empfängt den Besucher, sie verbreitet ein exotisches Flair. Ungewöhnlich ist die Gemeinde tatsächlich: Sie bietet Raum für alle großen spirituellen Traditionen, für das  Christentum und den Buddhismus, den Hinduismus und den Humanismus und natürlich auch die muslimische Sufi Tradition. So entspricht die  Gemeinde einem neuen spirituellen Interesse: Menschen unterschiedlichen Glaubens wollen Gemeinschaft bilden, berichtet  einer der Verantwortlichen, Johan Hartman:

„Am ersten und dritten Sonntag halten wir hier eine Lesung und an jedem zweiten und vierten eine Meditation. Wenn es die Lesungen gibt, sind sie ganz einfach aufgebaut: Wir beginnen mit einer kurzen Musik, dann gibt es eine Ansprache, und in diesem Wechsel geht es weiter mit Piano Musik. Danach gibt es immer Gelegenheit zur Aussprache. Aber das ist natürlich keine Verpflichtung. Manchmal hat eine Sonntags -Lesung so viel Tiefgang, dass man schweigt, um das Erlebte zu bewahren. Aber sonst sind immer Fragen willkommen, die können buddhistischen oder christlichen Hintergrund haben oder auch einfach aus der aktuellen Zeitung stammen“.

O TON, Indische Musik

Diese Gemeinde hat sich von den Kirchen gelöst, sie ist ein unabhängiger Ort spiritueller Experimente. Johan Hartman hat dem Flaneur eine Broschüre gereicht, darin heißt es:

„In Amsterdam sind die Religionen zwar in der Minderheit, sie sind bescheidener als früher, aber um Kreativität bemüht. Experiment ist hier kein Schimpfwort“.

O TON, Stimmen auf Straße,.

Der Spaziergang führt am van Gogh Museum vorbei… Der Flaneur muss daran denken, dass gerade „Vincent“,  wie seine Freunde sagen, eine spirituelle Botschaft hat. Etliche Gemälde, wie die „Sternennacht“, wirken wie eine Predigt. Aber für eine Besichtigung fehlt die Zeit.

Das nächste Ziel heißt „de Balie“, ein Kulturzentrum mit einem großen Café, dicht am Leidseplein gelegen, einem der so genannten „Vergnügungszentren“…

Im Cafe „de Balie“ trifft er sich mit der Theologin Michaela Kalsky verabredet. Sie leitet als lutherische Pastorin aus Deutschland das Studienzentrums des holländischen Dominikanerordens, eine Verbindung, die es so in Deutschland nicht gäbe… In ihren Büchern plädiert Michaela Kalsky für das tolerante Zusammenleben verschiedener religiöser Traditionen. Kein Wunder, dass sie gleich auf das heftig umstrittene Thema des Zusammenlebens von „Migranten“ und  „Holländern“ zu sprechen kommt:

Hier  in den Niederlanden, ist alles festgefahren, weil sich einfach so die Stellungen verhärtet haben:  Wir stehen hier, und ihr steht da, das sind unsere Niederlande, wir lassen uns das alles nicht wegnehmen von euch. Also so eine Verhärtung. Wenn wir friedvoll miteinander leben wollen in einem Land jetzt, was durch Migration beeinflusst wird, dann müssen wir auch von unseren alt überlieferten Werten Öffnung kreieren, um  auch andere Werte zulassen“.

Und die Werte heißen Respekt, Dialogbereitschaft, Solidarität. Aber genau davon wollen die Anhänger des Rechtspopulisten Geert Wilders nichts wissen: Er polemisiert gegen „die“ Muslims und kämpft für ein uniformes, „weißes“ und nur noch christliches Holland. Aber die demokratisch Gesinnten erinnern daran, dass Holland längst zu einer multikulturellen und multireligiösen Gesellschaft geworden ist. Und etliche Muslims beweisen in neuen Projekten, dass sie sich als „echte Niederländer“ fühlen.

O TON, Straße zu Moschee

 

Im Süden Amsterdams, an der Schnellstraße nach Amstelveen, wurde vor kurzem eine neue Moschee eröffnet. Die Leute auf der Straße weisen den Fremden auf ein lang gestrecktes zweistöckiges Gebäude hin. Bis vor kurzem waren dort Büros untergebracht. Jetzt dringt aus einem Saal spirituelle Musik aus Marokko.

O TON, Islam.  Musik.

Eine zierliche Frau, vielleicht 25 Jahre alt, mit bunten Kopftuch, begrüßt mit großer Herzlichkeit den Besucher. Yassmine Elksaihis stellt sich als die Leiterin dieser neuen Moschee vor, ihr Niederländisch ist perfekt:

„Das Wichtigste ist, dass wir dem Islam in den Niederlanden ein Gesicht geben und zwar nicht nur ein orthodoxes Gesicht oder eines des Mittelweges, sondern wir wollen auch die fröhliche und die gute Seite des Islam zeigen und damit nach außen treten. Daher versuchen wir mit dieser Moschee auch Jugendliche zu erreichen, sie können dann unsere Botschaft weitergeben. Man merkt auch, dass die Moschee viel mehr umfasst als das Haus des Gebetes. Die Menschen kommen nicht nur hierher, um zu beten und dann wieder weg zu gehen“.

So ist für junge Muslims marokkanischer Herkunft hier ein Freizeitzentrum entstanden. Christen, Juden, selbst Atheisten seien in der Moschee willkommen, betont Yassmine Elksaihi. Der symbolische Titel „Polder – Moschee“ soll nachdrücklich auf die Verwurzelung in der holländischen Kultur hinweisen:

 

„Die Predigten in dieser Moschee sind anders als in den übrigen Moscheen. Bei uns werden alle Predigten auf Niederländisch gehalten. Die Freitagspredigt zum Beispiel, die wichtigste Predigt, gibt’s auf Niederländisch. Manchmal werden kurze Stücke aus dem Koran auf Arabisch übersetzt, aber die wichtigste Sprache ist Niederländisch. Uns unterscheidet auch, dass wir einen gemeinsamen Gebetsraum haben für Männer und Frauen. Die Männer sind vorn und die Frauen hinten“.

O TON Straßenbahn

Die Leiterin der „holländischen Moschee“  gibt uns einen Tipp: Wir sollten uns in die Straßenbahn setzen und den „Stadtrat der Weltreligionen von Amsterdam“  besuchen.

Alle Konfessionen und Religionen, sogar die atheistischen Humanisten treffen sich seit 20 Jahren in einer Art „Stadtparlament der Religionen“  zu Diskussionen und  Exkursionen, zu gemeinsamen Mahlzeiten und pädagogischen Beratungen. Besonders aktiv ist die Frauengruppe, zu der Christinnen, Jüdinnen und Muslimas, gleichberechtigt gehören. Treffpunkte sind immer neutrale Gebäude, wie Schulen und Bibliotheken. Ank Veenstra ist eine der Sprecherinnen der interreligiösen Frauen Gemeinschaft:

„Wir haben eine Adressenliste von 700, und das sind ziemlich viel. Wenn wir tagen, kommen 70, 80 Frauen. Und wir lieben einander. Und wir können alles sagen. Wir können alles besprechen. Und begreifen einander. Und wir nehmen die Angst weg bei Frauen. was geschieht ist, dass Frauen selbst etwas unternehmen in der Umgebung, wo sie leben“.

Diese interreligiösen Frauenkreise gibt es inzwischen in 12 holländischen Städten, überall wehren sie sich gegen die rechtslastige Volksverhetzung.  Spiritualität führt diese Frauen zu Solidarität und politischem Engagement… Der Flaneur überquert den zentral gelegenen Vondel Park mit seinen Teichen und Alleen, und gelangt zu einem ungewöhnlichen Hotel: Es heißt „de filosoof“ . Der Name ist Programm: Jedes Zimmer ist einem Philosophen gewidmet und entsprechend dekoriert. Wer will, kann also im „Aristoteles“  oder im „Descartes“  übernachten. Ob der Gast dann zur Ruhe kommt, ist allerdings die Frage: Denn eine reiche Sammlung philosophischer Bücher verführt zum Lesen …und Nachdenken. Wer Interesse hat, kann im Hotel „de filosoof“  mit anderen die Liebe zur Weisheit pflegen:  Im Konferenzsaal finden alle 14 Tage philosophische Debatten statt, mit 40 – 50 Teilnehmern aus der ganzen Stadt. Der  Philosoph Dries Boele leitet seit 15 Jahren diese Diskussionen:

„Philosophie ist mehr und mehr populär in Holland. Wir haben jedes Jahr einen Monat der Philosophie im April. Und das macht, dass die Philosophie aus der Universität in die Straße geht, um die Philosophie wieder anschließend zu machen mit das konkrete Leben. Die religiöse Antworten sind nicht mehr glaubwürdig für viele Leute. Aber die Fragen bleiben. Das ist denke ich die Kraft von Philosophie, ohne dass man sich festlegen muss auf eine Antwort“.

Zum „philosophischen Freundeskreis“ um  Dries Boele gehören  1.500 Leute, die manchmal auch die philosophische Einzelberatung wünschen, Gespräche im Stile des sokratischen Fragens, man könnte auch von „Seelsorge“ sprechen. Viele Menschen, die einst mit einer christlichen  Gemeinde verbunden waren, suchen persönliche Begleitung bei Dries Boele:

„Problemlos leben ist kein Leben. Es ist unmöglich, um Probleme zu vermeiden. Ich suche nicht die Probleme, aber wenn es Probleme gibt, versuche ich, davon zu lernen und das macht mein Leben reicher. Leute, die immer glücklich sein wollen oder ohne Probleme leben wolle: Ich denke, dass muss oberflächlich sein oder ohne Lernmöglichkeit“.

Der Flaneur verlässt am nächsten Tag schon morgens das Hotel de filsooof, er trifft sich mit Buddhisten, die der Theravada Tradition, der „ältesten Schule“ des Erleuchteten folgen. Ihren Tempel haben sie in einer geräumigen Wohnung untergebracht.

O TON, Buddhistischer Gesang

Wie viele tausend  Holländer „Buddhisten“ sind, lässt sich nicht genau sagen, in Amsterdam sind es mehrere tausend. Die aus Japan stammende Zen- Meditation, das stille Sitzen, findet besonders viel Anklang. In einer Buchhandlung findet der Flaneur eine Anleitung zur Meditation des Buddhisten André van der Braag: Ein Anruf genügt, und der Autor hat einen Moment Zeit:

„Das Wichtigste im Zen ist die Meditation, und das ist nicht Japanisch, das ist universell, diese Meditation. Und der Zen – Buddhismus  ist interessant für Leute im Westen, weil es nicht viele Dogmen hat. Es ist ein Prozess der Selbstüberwindung im Zen. Es kann auch sehr viel Unruhe bringen. Alles, was man denkt zu wissen, muss man hinter sich lassen. Aber die Skepsis macht Raum für etwas anderes, und es macht Raum für etwas, was man das Religiöse nennen kann“.

 

Die Erfahrung der Transzendenz hat André van der Braak als Kind im Katholizismus erlebt. Heute besucht er regelmäßig die Gottesdienste der „Santo Daime Religion“, sie stammt aus Brasilien und ist inzwischen weltweit verbreitet. Unser Zen Buddhist muss nur kurz im Internet suchen, und schon können wir seiner zweiten Religion, dem Santo Daime Ritual in Amsterdam, virtuell beiwohnen:

 

Gesang aus Santo Daime.

 

„Santo Daime“  will als eine esoterische Religion die Menschen mit der Gottheit vereinen, manche Riten erinnern durchaus an die Katholische Messe. In dieser Welt fühlt sich André van der Braag wohl:

„Zen ist alles Leerheit, ist alles leer. Und im Santo Daime ist alles voll, spirituelle Erfahrungen, Gesang und Ritual. Und das ist ganz anderes. Es gibt eine Frau, das ist die Leiter der Gemeinde, und es heisst igreja Santa Maria, die Kirche der heiligen Maria, so ein bisschen katholisch auch. Aber es gibt keinen religiösen Leiter im Sinne des Meisters, es ist ganz individuell“.

André van der Braag bekennt sich zu seiner doppelten religiösen Bindung. Für ihn ist es kein Widerspruch, Zen und Santo Daime zu praktizieren. Immer mehr Amsterdamer suchen sich ihre persönliche Mischung  aus verschiedenen Spiritualitäten.

O TON Straßenatmo

Unterwegs in Amsterdam darf der soziale Bereich natürlich nicht ausgespart bleiben. Die Evangelische Diakonie hat sich aber etwas Neues einfallen lassen: Sie hat in der Jenners Straat eine ungewöhnliche Boutique eröffnet: Dress for Succes, Kleidung für den Erfolg, ist ihr Name:. In dem Laden finden Arbeitslose kostenlos elegante Kleidung, ist doch ein ordentlicher Anzug fast immer Voraussetzung für ein erfolgreiches Vorstellungsgespräch. Pastorin Evelyn Schwarz hat diese Boutique gegründet:

Der Laden wird durch Ehrenamtliche geleitet. die Ehrenamtlichen kleiden auch ein, und die Ehrenamtlichen gehen in den schicken Kleidergeschäften in Amsterdam Süd, wo die teureren Kleidergeschäfte sind, vorbei und holen sich da die abgelaufenen Kollektionen ab. Es ist also oft keine second – hand – Kleidung, sondern neue, aber nicht mehr zum Verkauf bestimmte Kleidung. Die wird uns geschenkt und die schenken wir dann wieder weiter. Kleinere Designer finden es eine schöne Initiative, um was Gutes tun zu können“.

Kleider machen Leute… Wer eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch vorweisen kann, erlebt in der Boutique eine Überraschung. Ihm wird der Anzug geschenkt! Mit Betrügern rechnet man hier einfach nicht.

„Wir geben keine Kleider, wir geben Würde zurück, an Menschen, die an ganz schwierigen Punkten in ihrem Leben stehen, um ihnen erst mal zu sagen: Du bist es wert, du bist schön genug, um dich in einem Bewerbungsgespräch zu bewähren“.

Über die Keizersgracht geht der Flaneur gemächlich zur Centraalstation, dem Hauptbahnhof. In Amsterdam erlebt er, wie die Religionen ohne große Gebäude auskommen. Und dass Kreativität nicht von hohen Mitgliederzahlen abhängig ist…Seinen Kaffee nimmt er in einem Kulturzentrum ein, das den Namen de „rode hoet“, (der „Rote Hut trägt, ein Hinweis auf einen Giebelstein, der einst das Haus schmückte. Im großen Saal,  einst eine Kirche, findet eine Konferenz statt über Solidarität in Zeiten der Ausgrenzung und der Intoleranz. Der Theologe Huub Oosterhuis  hat gerade das Wort ergriffen:

„Hab lieb den Menschen, der neben dir ist. Liebe ist  nicht ein warmes Gefühl, sondern praktische Solidarität: Dass man den anderen Menschen nicht im Stich lässt, nicht zerbrechen lässt, dass man alles tut gegen das Verhungern, Martern, Verschwinden. Hab lieb den Fremden,: Dass ist die Zuspitzung des Wortes über die Nächstenliebe. Hab lieb den Fremden, der dir gleichwertig ist; er ist ein Mensch wie du“.

O TON U Bahn nach Bijlmer

 

„Die Amsterdamer  Metro wird Dich in eine andere Welt bringen“, hatten Freunde gesagt. In dem Wagen ist der Besucher tatsächlich fast der einzige Europäer, die meisten Fahrgäste stammen aus den armen Kontinenten, vor allem aus Afrika. Sie haben in Zuid Oost Unterkunft gefunden, im  dem Neubauviertel „Bijlmermeer“ wohnen 80.000 Menschen aus 70 verschiedenen Ländern. Die Diakonie hat hier ein Haus eröffnet, um den zahlreichen Migranten und Flüchtlingen beizustehen. Und die sind oft sehr arm, aber meistens sehr fromm. Vor kurzem wurde für sie eine neue Kirche gebaut, berichtet Pastorin Erika Feenstra:

 

„Man muss das sich so vorstellen, da gibt s 5 Kirch- Räume in einem Gebäude, wo dann 15 Gottesdienste am Sonntag stattfinden. Manche haben auf Englisch Gottesdienst, manche auch auf Twi, manche Kirche sind auch wieder so jung, dass sie jetzt Holländisch sprechen und manche sind auch sehr auf Mission, dass sie gern auch Holländer einladen. Ich sehe z. B.  ghanaische Pfingstkirchen, wo Jugendliche auch predigen, wo Jugendliche eigene Gottesdienste gestalten mit und für die Erwachsenen“.

O TON, Kirchenlied der Ghanaer

Die evangelischen Gottesdienste sind immer überfüllt. Dies gilt auch für die 50 selbständigen Pfingstgemeinden, die sich hier mit viel Enthusiasmus in unbenutzten Garagen treffen. Der Besucher ist erstaunt: Da kommt der christliche Glaube in seiner strengen, bibeltreuen Form wieder zurück in die Stadt:

 

„Ich denke,  man muss nicht so viel Angst haben. Was wir merken, dass Gott irgendwie in dieser Vielfalt auch anwesend ist. Gott kann  man nicht festbinden, sondern  Gott bricht durch die Geschichte hindurch immer wieder neue Bewegungen auf, und ich denke: Man muss gut aufpassen, dass man neue Bewegungen gleich als Sekte bezeichnet“.

Inzwischen ist der katholische Theologe Anton van Harskamp zu uns ins Kirchenzentrum von Bijlmermeer gekommen. Er berichtet, dass die katholische Gemeinde  sonntags die Gastfreundschaft im ökumenischen Gotteshaus gern annimmt, die Messen werden vor allem von Afrikanern und Lateinamerikanern besucht. Allerdings seien die katholischen Gemeinden besonders  stark von Kirchenaustritten betroffen:

„Die Institution wird geleitet von ziemlich traditionalistischen Bischöfen. Es gibt eine Riesenkluft zwischen die Leute, die an den Institutionen hangen und die Mehrheit der normalen Katholiken. Obwohl: es gibt sehr lebendige und sehr gute katholische lokale Kirchen. Aber die haben die Einstellung, wenn die Bischöfe etwas sagen, was gut für uns ist, dann tun wir mit, dann hören wir zu. Aber wenn die Bischöfe etwas sagen, was uns nicht angeht, was uns nicht gut tut, dann halten wir uns da nicht dran“.

Die Meinung eines katholischen Theologen, die man in Deutschland eher wohl selten hören kann…

O TON, Glocke, Oude Kerk

Von den Glocken der Oude Kerk wird der Flaneur wieder im Zentrum Amsterdams begrüßt. Im Neubauviertel hat er religiöse Begeisterung und überfüllte Gottesdienste von Christen afrikanischer Herkunft erlebt. Aber hier, in der Nähe des Hauptbahnhofs und schon am Rande des Rotlicht Viertels, ist von Spiritualität oder Kirche wenig zu spüren.

O TON, Atmo Rotlichtviertel

An den Fensterbordellen vorbei und den Sexshops an allen Seiten läuft er die Gracht Oudezijds Achter Vorburgwal   entlang. Unvermittelt, neben einem der größten Sex – Theater,  hört er aus einem Keller ein Kirchenlied:

O TON: Laudate omnes gentes.

In der Krypta feiert eine ökumenische Gemeinschaft ihren Abendgottesdienst,  es sind vor allem Familien mit Kindern, die ausgerechnet hier eine neue Form klösterlichen Lebens versuchen. Bescheidenheit und praktische Nächstenliebe sind die obersten Grundsätze.

In der großen Wohnküche berichtet Bruder Luc der Prior von diesem protestantischen Familien – Kloster im Rotlichtviertel:

„Wir haben ein Angebot, Leute können bei uns reinkommen. Denn wir sind wie gute Nachbarn für die anderen Leute. Wenn einer wählt, um aus der Prostitution zu gehen, dann sind wir da, um zu helfen. Wir haben sehr viele Möglichkeiten: Wir haben eine Krankenstation für Leute ohne Krankenversicherung, das sind meist Illegale in Amsterdam. Wir haben eine ganz große Gruppe von Ärzten, die hier freiwillig mitarbeiten. Da kommen viele Leute, 6 und 7.Tausend pro Jahr“.

Auch wenn jetzt etliche Bordelle  geschlossen werden: Die Prostituierten und Drogenabhängigen, die Obdachlosen und Alkoholiker, sie alle brauchen diesen Ort der Hilfsbereitschaft und des Gesprächs:

„Das Evangelium präsent zu stellen, das ist nicht hoffnungslos. Die Welt wird anders sein, die ganze Welt. In so einem Viertel, was ganz anstrengend ist, muss man auch so eine Vision leben. Dass man spürt, so hat es Gott gemeint“.

Der Flaneur hat ein außergewöhnliches Kloster erlebt, in der Nachbarschaft schaut er mal an der Oude Kerk vorbei.

O TON, Glockenspiel

Das älteste Gotteshaus von Amsterdam wird seit einigen Jahren als Ausstellungshalle und Konzerthaus genutzt. Nur sonntags finden noch evangelische Gottesdienste statt. Wieder hat der Flaneur Glück, er kann am Abend einer Chorprobe bewohnen.

O TON Lied Oosterhuis …

„Von Gott ist die Erde und ihre Bewohner, von Gott stammen die Tiefe des Lebens und die Zukunft“…Der Chor singt eines der schönsten Lieder von Huub Oosterhuis dem Amsterdamer Poeten und Theologen.  Er berührt mit seinen Liedern die Seele moderner Menschen. Eigentlich ein schöner Abschied aus der Grachtenstadt…

O TON, Lied Oosterhuis

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Einige HörerInnen haben nachgefragt, ob denn auch die WDR Sendung aus der Reihe Lebenszeichen, gesendet im Oktober 2008, noch einmal zugänglich gemacht werden kann. Wir bieten zur Lektüre das Mskr. an, in der Form, wie sie für Hörfunkproduktionen üblich sind.

Lebenszeichen WDR Oktober 2008

Freiheit ist die Musik der Stadt“: Ein spiritueller Spaziergang in Amsterdam

Von Christian Modehn

 

1.Sprecher. Erzähler

2.Sprecher: Übersetzer

Sprecherin: Übersetzerin

1.SPR.:

Der Flaneur darf seiner Laune folgen. Vom Amsterdamer Hauptbahnhof sind Spaziergänge in alle Richtungen gleichermaßen interessant. Aber warum soll er sich nicht auch vom Ruf der Glocken verführen lassen, ein paar Gassen weiter, das älteste Viertel Amsterdams zu besuchen?

 

-hier als Hintergrund: 1. O TON, Glocken Oude Kerk, insges. 1 05“.

 

  1. SPR.:

Das Geläut wirkt beinahe wie ein himmlischer Reigen in diesem lauten, schmutzigen Milieu, das von Imbissstuben, Coffee-Shops und Sexläden bestimmt ist.

 

  1. O TON, freistehend noch mal 0 08“ Glocken Oude Kerk, insges. 1 05“. Evtl. kann diese Glock mit Atmo aus Amsterdam gemischt werden, also mit dem 2. O TON.

1. SPR.:
In Amsterdam liegen die Gegensätze eng beieinander: In der Nachbarschaft prachtvoller Grachten: das Rot-Licht-Viertel. Touristen sind oft irritiert, wenn sie am Abend an den zahlreichen Fenstern vorbeikommen, in denen sich Prostituierte feilbieten. Nur wenige bleiben stehen und genießen das Carillonkonzert, das aus der „Oude Kerk“, der „Alten Kirche“ auf die Straße schallt:

 

  1. O TON, ca. 0 12“ freistehend. Carillon, Oude Kerk, inges. 0 55“. (evtl. auch wieder mit 2. O TON, Straßenatmo mischen)

1.SPR.:
Die “Alte Kirche” wurde im 14. Jahrhundert errichtet. Die weitläufige Basilika war ein beliebter Treffpunkt der Bürger. Nur zu den Gottesdiensten kamen immer weniger Menschen. Schließlich wurde den Calvinisten der Unterhalt zu teuer. Seit 50 Jahren kümmert sich eine Stiftung um den Erhalt der Kirche. In einem Nebenraum ist der Bankier Herbert van Hasselt fürs Management der Kirche verantwortlich:

 4. O TON

Wichtig bei uns, dass wir selber imstande sind, ein Einkommen zu besorgen. Jedermann, der die Kirche gebrauchen möchte, mietet einfach die Kirche. Und wir hören dann, was man hier organisiert. Es gab einige Jahre her, ein Whisky -Festival. Aber, Sie können das verstehen, dass, wenn wir das am Samstag haben und am Sonntagmorgen soll die Kirche frei sein. Und man soll das auch nicht riechen können. Das war eigentlich ein Fehler. Es gibt Konzerte, Orgelkonzerte. Wir sind auch ein Monument, wo junge Leute bürgerlich heiraten.

 

1.SPR.:

In der Oude Kerk werden nach wie vor sonntags Gottesdienste gefeiert. Aber die Mitglieder der protestantischen Gemeinde sind nicht mehr die Hausherren:

 

  1. O TON, 0 22“

Die mieten die Kirche für die Zeit, dass man das braucht, auch für ihren Chor. Die zahlen nicht so viel, aber wir haben eine lange Verbindung miteinander. Sie akzeptieren auch, die Kirche, dass wir das Gebäude unterhalten sollen und dass wir andere Tätigkeiten hier organisieren.

 

  1. SPR.:

Die Gemeinde ist von ihren finanziellen Sorgen befreit, sie kann sich auf ihre wesentlichen Aufgaben konzentrieren. Auch neue Kirchenmusik wird hier gepflegt. Der Flaneur hat etwas Glück: In einer Seitenkapelle übt gerade der Chor:

 

  1. O TON, 0 12“ freistehend, Lied aus Oude Kerk.

Inges. 0 58“.

 

1.SPR.:

„Neu geboren durch das Licht! Die Nacht ist vorbei“, singt der Chor. Befremdliche Worte, wenn man aus der Kirche heraustritt und wieder vom Rotlichtmilieu umfangen ist.

 

Hier ist der 7. O TON, Atmo, runtergelegt: Rotlichtviertel, insges. 1 55“. Ab 0 55“ heftig.

 

  1. SPR::

In der berühmt – berüchtigten Gracht „Oudezijds Achtervorburgwal“ dreht sich rund um die Uhr fast alles nur um „das Eine“.

  1. O TON, 0 08“ freistehend. Rotlichtviertel, insges. 1 55“. Ab 0 55“ heftig.

 

  1. SPR.:

Wer sich vor dem größten Sextheater der Stadt von der Flut der Bilder nicht ablenken lässt, kann den Gesang aus einer benachbarten Krypta nicht überhören:

 

  1. O TON, Lied, bleibt ca. 008“ freistehend. Krypta, LAUDATE

 

  1. SPR.:

Wand an Wand mit dem Sextheater lebt eine moderne ökumenische Klostergemeinschaft. Sie feiert in ihrer Kapelle regelmäßig Gottesdienste, Gäste sind immer willkommen. Protestanten und Katholiken, Verheiratete und Unverheiratete, wohnen und arbeiten zusammen. Bescheidenheit und Nächstenliebe sind oberste Grundsätze. Bruder Luc, 40 Jahre, ist der Prior:

 

  1. O TON, Bruder Luc, 0 31“

Wir haben ein Angebot, Leute können bei uns reinkommen. Denn wir sind wie gute Nachbarn für die anderen Leute. Wenn einer wählt, um aus der Prostitution zu gehen, dann sind wir da, um zu helfen. Wir haben sehr viele Möglichkeiten: Wir haben eine Krankenstation für Leute ohne Krankenversicherung, das sind meist Illegale in Amsterdam. Wir haben eine ganz große Gruppe von Ärzten, die hier freiwillig mitarbeiten. Da kommen viele Leute, 6000 pro Jahr.

 

1.SPR.:

In der Wohnstube des Klosters erzählt der Prior vom Alltag: Manchmal will z.B. das Amsterdamer Fernsehen wissen, was denn der Chef des Sextheaters von seinen frommen Nachbarn so denke.

 

  1. O TON, Luc, 0 45“

Der hat dann gesagt: Ja wir machen alle beide das Gleiche, wir machen etwas mit der Liebe, und die machen etwas mit der Liebe. Und er hat das gut gemeint, er hat wirklich versucht, freundlich zu sein. Und wie kann man darauf reagieren, man kann doch nicht den Nachbarn um die Ohren schlagen und sagen: na ja, das ist Blödsinn, was sie mit Liebe machen ist etwas ganz anderes. Und man kann auch nicht stehen lassen, dass ein Sextheater und eine christliche Gemeinschaft beides Variationen zum Thema Liebe sind.

Hier evtl. rausgehen

Das ist ein Problem. Wir sind gute Nachbarn, aber man muss ganz deutlich zeigen, dass wir etwas anderes sind.

 

  1. SPR.:

Die Klostergemeinschaft macht keine Straßenmission. Schlicht „da“ zu sein ist für sie am wichtigsten.

 

  1. Br Luc., 0 13“.

Das Evangelium präsent zu stellen, das ist nicht hoffnungslos. Die Welt wird anders sein, die ganze Welt. In so einem Viertel, was ganz anstrengend ist, muss man auch so eine Vision leben. Dass man spürt, so hat es Gott gemeint. RAUS.

 

  1. SPR.:

Seit einigen Monaten sei die Stadtverwaltung dabei, viele Bordelle in Wohnungen und Ateliers umzuwandeln, berichtet Bruder Luc:

 

  1. Br. Luc, 0 29“

Was passiert mit die Frauen, die arbeiten, in die Bordelle, die jetzt geschlossen sind? Das weiß keiner. Hören die auf? Das ist nicht wahrscheinlich. Die gehen irgendwo anders arbeiten unter Bedingungen, die schlechter sind, als was sie hier hatten. Natürlich sind wir froh, wenn ein Bordell geschlossen ist. Aber zuerst kommen, die in den einst verletzlichen Situationen sind. Und wir bieten Männer und Frauen die dort arbeiten Hilfe.

 

  1. O TON, Straßenatmo Rotlicht Viertel, 0 04“ freistehen lassen. Dann runterziehen für Text:

 

  1. SPR.:

Über eine winzige Brücke verlässt der Flaneur „das Milieu“ und gelangt zum weitläufigen Nieuw Markt, dem Neuen Markt. Im Mittelpunkt: Ein mittelalterliches Kastell, es wird jetzt als Café genutzt.

 

  1. O TON, ca. 0 05“ freistehend, dann herunterziehen: insges. 0 50“.
  2. SPR.:

Hier wird er von der Theologin Michaela Kalsky erwartet. Sie lenkt das Gespräch gleich auf ein aktuelles Thema, das Zusammenleben von „Migranten“ und „Holländern“:

 

  1. O TON Kalsky, 0 37. leise (!) die Cafe´ – Atmo runterlegen–

Hier in den Niederlanden, ist alles festgefahren, weil sich die Stellungen verhärtet haben: Wir stehen hier, und ihr steht da, das sind unsere Niederlande, wir lassen uns das alles nicht wegnehmen von euch. Also so eine Verhärtung. Wenn wir friedvoll miteinander leben wollen in einem Land, was durch Migration beeinflusst wird, dann müssen wir auch von unseren alt überlieferten Werten Öffnung kreieren, um auch andere Werte zulassen.

 

  1. SPR.:

Manuela Kalsky leitet das Studienzentrums des holländischen Dominikanerordens. In ihren wissenschaftlichen Arbeiten plädiert sie für das tolerante Zusammenleben verschiedener religiöser Traditionen. Und diese „Versöhnung der Unterschiede“ ist für sie alles andere als bloße Theorie:

 

  1. O TON KALSKY, 0 50“.

Irgendwo bin ich deutsch, und ich bin auch Niederländerin. Im religiösen Bereich, ich bin von Haus aus lutherisch, gleichzeitig arbeite auch in Katholischem Studienzentrum, und ich bin auch mit katholisch z.T. , würde ich sagen. Das macht mich wesentlich flexibler in meiner Identität. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass ich z.B. aus den Weisheitstraditionen der unterschiedlichen Religionen viel mitnehmen kann, was mir Richtung und Sinn in meinem Leben vermittelt.

Das ist für mich mehr ein Kriterium, als dass ich denke, es müsste unbedingt ein dogmatische Kriterium sein. Hier schon rausgehen.

 

  1. SPR.:

80 Prozent der Bevölkerung Amsterdams gehören keiner Kirchengemeinde mehr an. Das bedeutet aber nicht, dass diese Menschen Atheisten geworden sind. Im Gegenteil: Sie entwickeln selbst ihre individuelle Spiritualität. Darauf weisen Religionssoziologen immer wieder hin. Daran muss der Flaneur denken, unterwegs zur „Vrijen Gemeente“, der „Freien Gemeinde“: Sie hat ihr Zuhause in bester Lage, am Rijksmuseum..

 

  1. O TON, 0 12“ freistehend. insges. 1 05“.

indische Meditationsmusik,

 

1.SPR.:

Indische Meditationsmusik empfängt den Besucher. Hier werden alle großen spirituellen Traditionen gepflegt, Christentum, Buddhismus, Humanismus, die muslimische Sufi Tradition. Unterschiedliche Menschen unterschiedlichen Glaubens leben harmonisch in einer Gemeinde zusammen. Johan Hartman berichtet von einigen Aktivitäten:

 

  1. O TON, 0 41“

„Elke eerste en derde zondag van de maand … maar ook uit de krant zijn.

  1. SPR.:

Am ersten und dritten Sonntag gibt es eine Lesung und an jedem zweiten und vierten eine Meditation. Wenn es die Lesung gibt, sind sie ganz einfach aufgebaut: Wir beginnen mit einer kurzen Musik, dann gibt es eine Ansprache, und in diesem Wechsel geht es weiter. Danach gibt es immer Gelegenheit zur Aussprache. Aber das ist natürlich keine Verpflichtung. Manchmal hat eine Sonntagslesung so viel Tiefgang, dass man schweigt, um den Eindruck nicht kaputtzumachen. Aber sonst sind alle Fragen willkommen, die können buddhistischen oder christlichen Hintergrund haben oder auch einfach aus der Zeitung stammen.

 

1.SPR.:

In der „Freien Gemeinde“ glaubt niemand, im Besitz „der“ absoluten Wahrheit zu sein. Ein allgemeines Glaubensbekenntnis wird deshalb nicht formuliert:

 

  1. O TON 0 23“.

„Het is heel individueel.. uit het verleden“

  1. SPR.:

Das ist sehr individuell. Jedes Mitglied bildet in dem Sinne seine eigene Freie Gemeinde. Wir finden unsere gemeinsame Basis in der Freiheit, die wir einander gewähren. Wenn einer z.B. römisch – katholisch aufgewachsen ist, dann kann er sich bei uns auch mit dieser Vergangenheit auseinandersetzen.

 

  1. O TON, 0 06“ noch mal freistehend.

 

  1. SPR.:

Nur wenige Meter entfernt, am Leidseplein, kann der Flaneur das alte große Kirchengebäude der „Freien Gemeinde“ besichtigen, es wurde 1880 im neuromanischen Stil errichtet. Die Gründer dieser ungewöhnlich toleranten Gemeinde waren protestantische Pastoren! Als der Besucher das Gebäude betritt, wird gerade Musik von Pink Floyd eingespielt.

 

  1. O TON, 0 08“ freistehend. insges. 0 55“

 

1.SPR.:

Die Kirche wurde 1968 verkauft, ein Musik-Club übernahm die Leitung. Seit der Zeit haben hier alle großen Pop – und Rockgruppen ihre Konzerte veranstaltet, im Schatten von Altar und Kanzel. Denn das Interieur wurde nicht verändert. Diesen freien Umgang mit alten Traditionen findet Arnold, ein Paradiso – Fan, bezeichnend:

 

  1. O TON, 0 15“.

„Als ik aan Amsterdam…. de muziek van de stad“.

  1. SPR.:

Wenn ich an Amsterdam denke, an die vielfältige kulturelle Szene der Stadt, dann habe ich den Eindruck: Freiheit ist da schon am wichtigsten! In jedem Fall ist Freiheit die Musik der Stadt.

 

  1. SPR.:
    Kürzlich sei in diese ehemalige Kirche sogar Jesus zurückgekehrt. So schrieben es zumindest einige Zeitungsleute:

 

  1. O TON, 0 15“ freistehend.. 1 45“.

Gospel von Elvis Where I could go.

-Als Hintergrund für diesen O Ton leise runterlegen:

 

  1. SPR.:

Der protestantische Pastor Fremd Omvlee hat die Konzerthalle für einen Abend wieder in eine Kirche verwandelt: Er hat ein Elvis – Event gefeiert: einen Gottesdienst ausschließlich mit Songs von Elvis Presley:

 

  1. O Ton, 0 46“. Auf Deutsch.

Speziell in die Elvis Gottesdienst in dem Poptempel Paradiso in Amsterdam gab es ein vielfältiges Publikum. Es gibt natürlich die gewöhnliche Kirchgänger, aber daneben gibt es Rocker, Elvis – Fans, Leute, die noch nie in einem Gottesdienst gewesen sind oder seit Jahren her nicht mehr, es gibt Kinder und alte Leute. Ich benütze das Leben von Elvis für der Predigt: Man kann so talentiert und reich sein wie Elvis, aber doch auch so deprimiert wie der King. Er war einsam, unsicher, medizin- süchtig, getrennt von seiner Frau. Viele Leute erkennen sich selber in den Fakten des Lebens. Meine Botschaft ist: wir sind vielleicht nicht so talentiert wie Elvis, aber eben wenn wir enden wie Elvis, wir fallen nicht aus Gottes Hand.

 

  1. SPR.:

Der Gedanke drängt sich auf, Pfarrer müssten offenbar nur die richtige Musik spielen, damit die Leute in einer ehemaligen Kirche wieder zu Gebet und Gesang kämen.

 

  1. O TON, 0 39“.

Was das große Publikum noch immer nicht weiß von Elvis, ist, dass, er ein sehr spiritueller Mensch war. Er sang Gospels während sein ganzes Leben, von der Kirche, wo er aufwuchs, mit arme weiße und schwarze Leute im Nähe von der Stadt Memphis, Tennessee, bis zum seinen Tod mit 42 Jahren.

Gospel Musik blieb seine große Liebe.

 

-hier schon 24. O Ton, Elvis Gospel im Hintergrund, 24. O TON, „How great…

 

(Forts. 23. O TON)

Er hat ungefähr hundert Gospel-Songs aufgenommen, und seine einzige Grammy Award bekam er für die Aufnahme von How Great Thou Art, sein meist geliebte Gospel Song, die er vielfältig sang in Konzerte.

 

  1. O TON, 0 12“ freistehend, „How great…“Dann runterziehen

(und Text drauf:

 

——Kürzungsmöglichkeit 1 Anfang ——-

1.SPR.:

Pastor Omvlee weiß genau, warum er jetzt im ganzen Land so viel Erfolg hat mit seinen Elvis Gottesdiensten:

  1. O TON OMVLEE, 0 22“.

Ein normativer Unterschied zwischen Kirchenmusik und Popmusik darf es nicht mehr geben. Ich glaube, dass wir in die Kirche die Kultur der Strasse brauchen und kennen und respektieren sollen, wollen wir auf die Strasse erkennbar sein. Gott lebt draußen! Die Elvis Gospel von Gestern, sind, glaube ich, die Psalmen von morgen!

 

  1. O TON, noch mal 0 08“ freistehend, „How great…“Dann runterziehen:

 

——Kürzungsmöglichkeit 1 Ende——-

 

  1. SPR.:

Natürlich gibt es in Amsterdam noch etliche „normale Pfarrgemeinden“, mit festen Bürozeiten und den üblichen Gemeindekreisen wie überall in Europa. Aber der Flaneur will eher ungewöhnliche spirituelle Orte aufzusuchen.

 

  1. O TON, 0 06“ freistehend, dann runterlegen. Straße außen, 0 36“

 

  1. SPR.:

Im Viertel Slotervaart, am Rande der Stadt, gibt es eine neue Moschee. Die Leute auf der Straße weisen den Fremden auf ein großes zweistöckiges Gebäude, bis vor kurzem noch ein Büro. Aus einem Saal dringt Musik aus Nordafrika.

 

  1. O TON, 0 12“, freistehend. muslim. Musik, 1 15“

 

  1. SPR.:
    Eine zierliche Frau, vielleicht 25 Jahre alt, mit kleinem bunten Kopftuch, stellt sich als die Leiterin der erst 3 Monate alten Moschee vor. Sie heißt Yassmine Elksaihi, ihr Niederländisch ist perfekt:

 

  1. O TON, 0 36“

„Het meest belangrijke is dat ….. niet alleen om te bidden en weg te gaan.

SPRECHERIN:

Das wichtigste ist, dass wir dem Islam in den Niederlanden ein Gesicht geben und zwar nicht nur ein liberales oder ein orthodoxes Gesicht oder eines des Mittelweges, sondern wir wollen auch die fröhliche und die gute Seite des Islam zeigen und damit nach außen treten. Daher versuchen wir mit dieser Moschee auch Jugendliche zu erreichen, sie können dann unsere Botschaft weitergeben. an merkt auch, dass die Moschee viel mehr umfasst als das Haus des Gebetes. Die Menschen kommen nicht nur hierher, um zu beten oder wegzugehen.

 

  1. SPR.:

Vor allem junge Muslime gestalten hier ihre Freizeit . Aber auch anderesgläubige Menschen, selbst Atheisten sind willkommen. Mit dem symbolischen Titel „Polder“ – Moschee soll bewusst auf die Verwurzelung in der holländischen Kultur verwiesen werden.

 

  1. O TON, 0 35“.

„De preken in deze moskee is anders… de mannen voor en de vrouwen

SPRECHERIN

Die Predigten in dieser Moschee sind anders als in den übrigen Moscheen. Bei uns werden alle Predigten auf Niederländisch gehalten. Die Freitagspredigt zum Beispiel, die wichtigste Predigt, gibt’s auf Niederländisch. Manchmal werden kurze Stücke aus dem Koran auf Arabisch übersetzt, aber die Basissprache ist Niederländisch. Uns unterscheidet auch, dass wir einen gemeinsamen Gebetsraum haben für Männer und Frauen. Die Männer sind vorn und die Frauen hinten.

 

1.SPR.:

Hinten im großen Gebetsraum der neuen Moschee trifft der Flaneur die protestantische Pastorin Evelyn Schwarz.

 

  1. O TON, 020“ , auf Deutsch. (evl. Außenatmo Nr 26 leise runterlegen) DER 30. O TON „Das ist auch ein Symbol 0 26“ entfällt)

 

Wir arbeiten schon lange eng zusammen mit Moscheen. Wir haben einen Monat lang Fastmahlzeiten organisiert mit Moscheen, wo es um Themen ging wie der Umgang mit Homosexualität in der eigenen Familie, Frauenemanzipation in der Familie.

 

  1. O TON, 0 08“, freistehend. 0 40“, dann langsam wegblenden. (Straßenbahn)

 

1.SPR.:

Evelyn Schwarz lädt ein zu einer Fahrt mit der Straßenbahn. Sie will in der Innenstadt ein originelles Projekt der Diakonie zeigen, eine Boutique mit dem verheißungsvollen Namen „Dress for success“. Hier finden veramte Arbeitslose kostenlos elegante Kleidung, denn die ist nun einmal für ein erfolgreiches Vorstellungsgespräch notwendig.

 

  1. O TON, 0 32“. Auf Deutsch Modeladen, Kass.

Der Laden wird durch Ehrenamtliche geleitet. die Ehrenamtlichen kleiden auch ein, und die Ehrenamtlichen gehen in den schicken Kleidergeschäften in Amsterdam Süd, wo die teureren Kleidergeschäfte sind, vorbei, und holen sich da die abgelaufenen Kollektionen ab. Es ist also oft keine second – hand – Kleidung, sondern neue, aber nicht mehr zum Verkauf bestimmte Kleidung. Die wird uns geschenkt und kleinere Designer finden es eine schöne Initiative, um was Gutes tun zu können.

 

  1. SPR.:

Kleider machen Leute… Wer eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch vorweisen kann, bekommt den Anzug oder die Designerbluse geschenkt!

 

  1. O TON, 0 13“. Auf Deutsch

Wir geben keine Kleider, wir geben Würde zurück, an Menschen, die an ganz schwierigen Punkten in ihrem Leben stehen, um ihnen erst mal zu sagen, du bist es wert, du bist schön genug, um dich in einem Bewerbungsgespräch zu bewähren.

 

 

  1. O TON, 0 07“ freistehend. 1 20“. U Bahn nach Bijlmer,

 

1.SPR.:

„Die Amsterdamer Metro wird Sie in eine andere Welt bringen“, hatte Evelyn Schwartz im Modeladen gesagt. In der U Bahn befinden sich Menschen aus vielen Kulturen, sie wollen nach Zuid – Oost, in das riesige Neubauviertel von Amsterdam. 80.000 Menschen aus 70 verschiedenen Ländern leben hier. Die protestantische Diakonie hat ein Haus eröffnet, um den zahlreichen Migranten und Flüchtlingen beizustehen. Und die sind immer sehr fromm und oft sehr arm. Eine der Mitarbeiterinnen ist Erika Feenstra:

 

  1. O TON, 0 35“. auf Deutsch,

ERST HIER MIT O TON reingehen:

Die Einwanderer haben dann ihre Gemeinden erst mal zu Hause gehabt, und als die Gruppe zu groß wurde, 30, 40 Leute musste man größeren Raum suchen. Dann haben sie in Cafés, in Schulen einen Platz gefunden. Aber jeder Hochbau hat auch eine Garage, diese Garagen waren oft leer. Und so hat man in den Parkinggaragen dann Mauern gebaut und dort Kirchen gehabt.

 

1.SPR.:

Inzwischen haben einige Gemeinden von Ghanaern, Kongolesen oder Angolanern die umgebauten Garagen verlassen, gemeinsam errichteten sie ein schönes neues Kirchengebäude:

 

  1. O TON, 0 54“. auf Deutsch

Man muss das sich so vorstellen, da sind 5 Kircheräume in einem Gebäude , wo dann 15 Gottesdienste am Sonntag stattfinden. Hier feiern fast 15 ghanaische Kirchen. Manche halten ihre Gottesdienste auf Englisch, manche auch auf Twi. Manche Kirche sind so jung, dass sie jetzt Holländisch sprechen und manche sind auch sehr missionarisch eingestellt, so dass sie gern auch Holländer einladen.

Ich sehe z. B. ghanaische Pfingstkirchen, wo Jugendliche predigen, wo Jugendliche eigene Gottesdienste gestalten mit und für die Erwachsenen.

 

  1. O TON, 0 10“ freistehend. 1 25“. Lied.

 

  1. SPR.:

Die Gottesdienste sind immer überfüllt, mehr als 50 selbständige Pfingstgemeinden gibt es jetzt hier, der religiöse Enthusiasmus ist kaum zu bremsen.

 

—–Kürzungsmöglichkeit 2 Anfang ——-

Gibt es Gefahren des Fundamentalismus?

 

  1. O TON, 0 27“. auf Deutsch.

Ich denke, man muss nicht so viel Angst haben. Was wir merken, dass Gott in dieser Vielfalt auch anwesend ist. Gott kann man nicht festbinden, sondern Gott bricht durch die Geschichte hindurch immer wieder neue Bewegungen auf, man muss gut aufpassen, dass man neue Bewegungen gleich als Sekte bezeichnet.

 

—-Kürzungsmöglichkeit 2 Ende–

 

 

  1. O TON, 0 07“ freistehend. 0 35“. Glocke der Nikolauskirche

 

  1. SPR.:

Der Flaneur ist in die Altstadt zurückgekehrt. An einer der schönsten Grachten, der Prinsengracht, entdeckt er ein ehemaliges Gemeindehaus. Das jetzt entstandene Kulturzentrum heißt „der rote Hut“, ein Hinweis auf eine besonders kunstvoll gearbeitete Kachel am Eingang. In dem Haus finden heute politische Diskussionen statt und literarische Matinees … und im großen hellen Saal wird sonntags immer noch Gottesdienst gefeiert:

 

  1. O TON, 0 15“ freistehend. 1 50“. Reingehen: nach 0 20“ Gesang.

 

1.SPR.:

Ein Lied von Huub Oosterhuis, einem international anerkannten Theologen und Poeten. „Nicht als Sturm und Flut kommen die Worte von Gott, sondern wie ein grüner Zweig im Winter“, singt der Chor. Huub Oosterhuis ist der Initiator dieser Gemeinde. 1970 gegründet, kommen die Leute aus dem ganzen Umland, Katholiken wie Protestanten, denn die Lieder bewegen das Herz und schärfen den Verstand:

 

  1. O TON, 0 10“ noch mal freistehend.

 

  1. SPR.:

Fast 40 Jahre geht diese Gemeinde ihren eigenen Weg, unabhängig von jeder Institution, doch eingebunden in die weite Ökumene. Zum Kreis der Prediger gehört immer noch Huub Oosterhuis, 75 Jahre alt. Ihm geht es um die prophetische Auslegung biblischer Verse:

 

  1. O TON, 1 02“. Kürzungsvorschlag: bei soldairiteit. (Regie: bitte Osterhuis-O-Ton etwas länger stehen lassen – die Art des Mannes ist wichtig!)
  2. SPR.:

„Am Anfang war das Wort“: Das ist keine philosophische Aussage, sondern eine prophetische Stimme, die uns sagt, dass wir einander respektieren und uns menschenwürdig begegnen. Hab lieb den Menschen, der neben dir ist. Liebe, gemeint nicht als warmes Gefühl, sondern als praktische Solidarität. (Regie: Kürzungsbedarf: Hier evtl. rausgehen. )

Dass man einen anderen Menschen nicht im Stich lässt, nicht zerbrechen, dass man alles tut gegen das Verhungern, Martern, Verschwinden. Hab lieb den Fremden, ist die Zuspitzung des Wortes über den Nächsten. Hab lieb den Fremden, der dir gleichwertig ist; er ist ein Mensch wie du.

 

1.SPR.:

Die Gemeinde nimmt sich die Freiheit, nach eigenen Vorstellungen, immer im Blick auf die biblischen Weisungen, ihre Gottesdienste zu gestalten. Huub Oosterhuis:

 

  1. O TON; 0 45“ OOSTERHUIS ZU GEM. gedachte raus.

De gemeente is altijd een ……rond gemeentevorming“,

  1. SPR.:

Die Gemeinde ist immer eine Ortsgemeinde. An diesem bestimmten Platz kommen Menschen zusammen. Da gibt es immer eine bestimmte gesellschaftliche, politische und kulturelle Besonderheit, unsere Gemeinde ist eben anders als die in Rom oder in Nordafrika oder wo auch immer. Und die Rechte jeder Ortsgemeinde, ihrem Glauben eigene Gestalt zu geben, das ist einer der ältesten theologischen Gedanken, wenn man an Gemeindebildung denkt.

 

 

  1. SPR.:

In jedem Gottesdienst feiert die ökumenische Gemeinde das Abendmahl. Sie ist der Überzeugung, dass nicht ein einzelner Pfarrer oder Priester, sondern dass alle Mitglieder den Segen über Brot und Wein sprechen sollen. Und es ist der Chor, der das Tischgebet, also die „Wandlungsworte“, singt.

 

  1. O TON, 0 15“ freistehend. 1 30“.

 

1.SPR.:

Diese Gemeinde hat viele Katholiken ermuntert, über die Rolle des Gottesdienstleiters neu nachzudenken: Die so genannten Laien, so heißt es hier, haben die geistliche Kompetenz, der Eucharistie vorzustehen. Diese neue Praxis kommt wohl einer neuen Reformation gleich! Der Journalist und Laie Pieter van Hoof wurde von seiner Gemeinde bereits zum Gottesdienstleiter gewählt:

 

  1. O TON, 0 25“.

Das Amt der Gemeinde ist nicht von oben her gegeben, aber ist getragen durch die Gemeinde. Es ist jetzt Zeit für eine Revolution. Nicht weiter theologisieren. Wir wissen alles, über: wie das Amt war, wie die junge Kirche. Jetzt geht es darum, wirklich etwas zu suchen, neue Formen usw. Eucharistie ist doch uns allen geben.

 

  1. SPR.:

Der Flaneur ist überrascht, mit welcher Leidenschaft Christen in Amsterdam eigene, ungewöhnliche Wege gehen. „Aber Freiheit hat man ja nur, wenn man sie sich nimmt“, heißt ein altes niederländisches Sprichwort.

 

  1. O TON, 0 10 freistehend.1 48“. Lied aus Rode Hoet.

 

STOP