Thomas Merton: Sein Kind, seine Liebhaberin, sein politischer Kampf und andere Hinweise

In einer Kurzfassung biete ich hier einige Fakten zu Thomas Merton, keineswegs in der Absicht, ihn irgendwie “schlecht zu machen”. Im Gegenteil: Er wird durch die Fakten noch mehr als einer von uns, sozusagen, Verzeihung, als “normaler Mann/Mensch” sichtbar, gerade weil er Mystiker war und bleibt. Christian Modehn.

Der unbekannte Mystiker Thomas Merton

Von Christian Modehn

Als Thomas Merton 1941 Mönch wird, ist er Vater eines unehelichen Kindes, gezeugt in Cambridge, England. Mertons Tochter stirbt in London bei Luftangriffen der Nazis (1). Der Name der Mutter ist unbekannt, „sie stamme aus einfachen Verhältnissen“ heißt es (2). Als Mönch will Merton 1948 in seinem Buch „The Seven Storey Mountain“ darüber sprechen. Aber der Orden übt Zensur aus (3): Die „Seriosität“ ihres –schon damals – berühmten Mitglieds soll geschützt werden. Als das Buch vorliegt, bekennt Merton: „Das Buch ist gar nicht mehr meins“, (4) es sei zu schlicht und „fromm“.

Merton nennt später sein Kloster „willkürlich, unverständig, entmutigend, gefühllos, verrufen und absurd“ (5). Der vielseitig interessierte Mönch attackiert den Vietnamkrieg; er lädt die Brüder Berrigan, Friedensaktivisten, ein. Bald wird er Kommunist genannt, eine Art Ruf-Mord in den USA.

Eine wunderbare Erfahrung ist 1966 Erotik und Sexualität: Die so innig Geliebte wird in der offiziellen Literatur bloß „Frau M.“ genannt. Dabei ist längst bekannt, dass die Geliebte Margie Smith heißt, (6) eine junge Krankenschwester. Sie lebt heute in Ohio, ist verheiratet und Mutter zweier Kinder. Frau Smith will sich nicht zu Merton äußern, heißt es. Hat jemand Frau Smith bedrängt, zu schweigen? Zu viel sexuelle Liebe eines berühmten Mönchs schadet der Reputation des Klosters.

Im Merton-Buch „Zeiten der Stille“ (Herder) dürfen in der 3. Auflage (2008) keine Liebesbriefe an Margie Smith mehr veröffentlicht werden (7).

1968 hält Merton bei einem Mönchs-Treffen in Bangkok einen Vortrag über „Die mystischen Implikationen bei Herbert Marcuse“ (8). Der Titel wird heute verschwiegen. Merton hält den Marxisten Marcuse für einen „monastischen Denker“. Denn Mönch sei „jeder, der einen kritischen Blick auf die Strukturen der Welt hat“.

Wenige Stunden nach dem Vortrag wird Merton tot in seinem Zimmer gefunden. Der Flügel eines Ventilators liegt auf seinem Körper. Der Benediktinermönch Jean Leclerc fragt: „Wurde er ermordet, wie man auch Martin Luther King ermordete?“ (9) Das hält auch der Theologe Matthew Fox für möglich (10). Merton ist eine entscheidende Stimme gegen den Vietnamkrieg. Sein Tod wird von einer katholischen Nonne, die früher Ärztin war, festgestellt (11). Offiziell heißt es: „Es war ein Unfall“. Eine Autopsie gibt es nicht. Der Leichnam wird von einem US-Militärflugzeug schnell ins Kloster überführt. Der Orden will keine weiteren Nachforschungen anstellen. Die Vermutung, Merton habe aus Verzweiflung über die beendete Liebe Suizid begangen, wird nicht vertieft. Dabei hat er in seiner letzten Rede kurz vor seinem Tod – mysteriös?- gesagt: „Ich verschwinde, ich bin am Ende“ (12)

 

Die Quellenhinweise:

1: http://www.therealmerton.com/tommie.html

auch:

http://www.explorefaith.org/saints/merton.html

2: Robert Royal: http://www.firstthings.com/article/1997/02/003-the-several-storied-thomas-merton

3: http://www.huffingtonpost.com/mark-shaw/famous-merton-book-must-b_b_424440.htm

4: ebd.

5: Orientierung, Zürich, 1984, S 52. 52 mit Verweis auf J. Forest, Thomas Merton. A pictorial Biography, New York 1980, S. 75.

6: http://lifeasahuman.com/2010/mind-spirit/spirituality-and-religion/thomas-merton-sexuality-and-spiritual-denial/

auch: http://content.bangtech.com/thinking/thomasmerton.htm

7: Bernardin Schellenberger, in: „Kontemplativ leben“. Vier Türme Verlag, 2014, dort Seite 225.

8: http://sheila-t-harty-speaker-editor.com/Thomas%20Mertons%20Last%20Talk%20in%20Bangkok%201968.pdf

9.https://web.archive.org/web/20081212155450/http://monasticdialog.com/a.php?id=873

10: in dem Buch „Christian Mystics“, s 383: https://web.archive.org/web/20081212155450/http://monasticdialog.com/a.php?id=873

11: http://boatagainstthecurrent.blogspot.de/2008/12/this-day-in-religious-history-contested.html

12: Wunibald Müller, in: Herder Korrespondenz 1, 2015: S. 31.

Dieser Artikel erschien in leicht gekürzter Fassung in der empfehlenswerten Zeitschrift PUBLIK FORUM, klicken Sie hier.

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Die websites wurden von mir gelesen am 29.1., 30.1., 31. 1. und 1.2.2015.