Keine Warnung vor Marine Le Pen: Papst Franziskus gibt sich unwissend oder diplomatisch
Ein Hinweis von Christian Modehn am 30.4. 2017. (Zum ideologisch-philosophischen Hintergrund vom Front National klicken Sie hier. Zur unentschiedenen Position der französischen Bischöfe zu Le Pen und dem FN, klicken Sie hier. )
Dass sich die Führerin des FN, Marine Le Pen, und andere Anhänger der rechtsextremen Partei über die milden Worte des Papstes zu Le Pen freuen, lesen Sie bitte am Ende dieses Beitrags.
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Papst Franziskus kann nicht alles wissen. Das sagt er selbst in anderen Zusammenhängen. Das ist ja auch vernünftig. Unvernünftig und gefährlich ist hingegen sein scheinbares Unwissen über Marine Le Pen, sein Ausweichen bei diesem Thema.
Während seines Rückfluges aus Ägypten sagte er zur Wahl in Frankreich am 7. Mai 2017: „Ich verstehe (begreife) nicht gut die Innenpolitik Frankreichs, wörtlich: „Je ne saisis pas bien la politique intérieure française“.
Das glaubt dem Papst keiner. Der Papst ist durch die ständigen Kontakte mit den französischen Bischöfen bestens auf dem Laufenden. Zumal Franziskus gleich danach sagt:„Er habe versucht, mit Präsident Hollande gute Beziehungen zu haben“. Also weiß der Papst durch die Begegnungen mit Hollande “etwas” von Frankreich, um es gelinde auszudrücken. Aber er gibt dann gleich zu: Es habe mit Hollande Konflikte gegeben…
Bekanntermaßen hat Rom extreme Probleme mit Hollande wegen der Homo-Ehe und des schwulen Botschafters aus Frankreich im Staat Vatikan…
Trotzdem behauptet der Papst also: Er kenne nicht die Geschichte der beiden jetzigen Präsidentschaftskandidaten.
Auf Madame Le Pen bezogen spricht er, ohne ihren Namen zu nennen !, von“ la droite forte“, so ganz allgemein, also von einer „starken Rechten“. Das ist maßlos untertrieben. Madame Le Pen ist alles andere als eine „starke Rechte“, sie ist eine Extrem-Rechte, wie alle ernstzunehmenden Kenner und Beobachter sagen. Sie muss unter allen Umständen als Präsidentin verhindert werden.
Dann sagt der Papst: „Mais l’autre, je ne sais pas qui il est, alors je ne peux pas donner une opinion”. Also: Von Macron habe er keine Ahnung. Er nennt wieder nicht den Namen. Was soll diese Anonymisierung? Jedenfalls könne der Papst über ihn keine Meinung äußern.
Wenn der Papst Emmanuel Macron wirklich Ende April 2017 immer noch nicht kennt: Ist dies natürlich eine Blamage. “Kennen” bedeutet ja nicht, stundenlang mit ihm argentinischen Mate-Tee getrunken zu haben…
Kennt der Papst Macron hingegen (aus der Zeitungslektüre und den Gesprächen mit den vatikanischen Dilopmaten), was der Fall sein wird, dann ist dieser Satz eine taktische Lüge.
Macron ist bei aller vernünftigen Kritik an demokratischen Politikern ein Demokrat im Unterschied zu Madame Le Pen. Auch der Linke Politiker Melenchon warnt nun ausdrücklich vor jeglicher Sympathie mit Le Pen.
Der Hintergrund für diese ausweichende Antwort des Papstes ist klar: Emmanuel Macron erfüllt nicht die rigiden Moral-Vorstellungen der offiziellen Kirche. Le Pen ist dann schon die bessere Kämpferin gegen die Homoehe, für das ungeborene Leben usw…Diese katholischen Moralvorstellungen (gegen Homo-ehe, für das ungeborene Leben) stehen wie oberste Dogmen so sehr im Mittelpunkt offiziellen katholischen Denkens, dass sie als Moral Prinzipien fast zum einzigen Maßstab für eine politische Beurteilung und Entscheidung werden. Das ist eine intellektuelle Einseitigkeit und schlimme Begrenztheit. Heute geht es um den Frieden, den Abbau von Gewalt, von Rassismus, von Neo-Kolonialismus, es geht um die gerechte Welt, nicht um “La France d abord” oder “America first”. Mit solchen nationalistischen Parolen wird das Krepieren von Millionen Menschen in den Hungerregionen Afrikas kein Ende haben. Das Eintreten des Papstes für die Flüchtlinge verdient allen Respekt. Aber wieder nennt er nicht Marine Le Pen und ihre rechtsextreme Partei beim Namen, die ja bekanntlich die rigideste aller denkbaren Verhaltensweisen gegenüber Flüchtlingen propagieren.
Noch einmal, rein spekulativ: Was wäre, wenn der 2. Kandidat, also Le Pen, nicht rechtsextrem, sondern links-extrem oder gar kommunistisch wäre? Da würde im Vatikan ein lautes Brausen und Toben beginnen. Es würden Nächte des Gebets und der Fürbitte (Fatima lässt grüßen) veranstaltet. Nicht so bei der rechtsextremen Präsidentschaftskandidatin! Und das ist ein Skandal, weil die Gefährlichkeit der Partei Front National (und der FPÖ und der PVV in Holland und der AFD in Deutschland) nicht gesehen wird.
Dieses Rechtsextreme ist im klassischen katholischen Verständnis eben halb so schlimm, siehe die Politik von Papst Pius XII. mit den Nazis und Papst Pius XI mit Mussolini.
Wir zitieren einen Freund aus Paris: “Die offenkundige Ahnungslosigkeit des Papstes Franziskus gegenüber Madame Le Pen ist ein Skandal”.
Nach dem 7. Mai 2017 wird man wissen, was diese nun auch päpstliche Rücksichtnahme gegenüber dem Feind der Demokratie bedeutet. Selbst wenn Madame Le Pen nicht Präsidentin wird: Wer sie wählte, und das werden ca. 10 Millionen Franzosen sein, kann sich sagen: Na ja, der Papst und die französischen Bischöfen waren ja auch nicht direkt und explizit gegen Le Pen und den FN.
Tatsache ist: Es gibt im Vatikan ohnehin nicht viel Verständnis für Demokratie, weil der Papst-Staat selbst kein demokratischer, sondern ein autokratischer Staat ist. Und dies bleiben will. Das wagt kaum jemand zu sagen, die katholischen Theologen sagen es schon gar nicht… aus Angst … Auch das zeigt schon: Der Vatikan ist eben keine Demokratie, in der grundlegende Debatten selbstverständlich sind.
Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin
(Siehe auch: http://www.lemonde.fr/europe/article/2017/04/29/sur-la-presidentielle-francaise-le-pape-francois-botte-en-touche_5120144_3214.html)
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Die Reaktion des FN und Le Pens auf die Worte des Papstes:
«Le pape ne nous a pas diabolisés» (Le Temps, Schweiz) https://www.letemps.ch/monde/2017/05/01/entre-pen-macron-vote-crucial-catholiques
Le souverain pontife a qualifié Marine Le Pen de représentante de la «droite forte». Une déclaration qui réjouit les militants frontistes à quelques jours du second tour de la présidentielle
C’est une voix qui compte dans la présidentielle, celle du pape François. Pour sa première déclaration sur le sujet, le souverain pontife est resté particulièrement évasif. Mais une petite phrase a retenu l’attention du Front national. «Je sais qu’un des candidats est un représentant de la droite forte mais l’autre, vraiment, je ne sais pas d’où il vient et c’est pour cela que je ne peux pas donner une opinion tranchée sur la France», a-t-il déclaré samedi 29 avril à son retour d’Egypte.
La candidate d’extrême droite Marine Le Pen s’est réjoui dès lundi de cette prise de parole lors de son meeting à Villepinte, dans la banlieue nord de Paris. «Emmanuel Macron est un candidat tellement embrumé que même le pape n’arrive pas à percevoir son message», a-t-elle ironisé devant ses supporters. Le pape François a toutefois précisé ne pas connaître «l’histoire» des deux candidats à la présidentielle. Qu’importe, les militants frontistes veulent y voir un signe. «Si le pape nous donne sa bénédiction, ça ne fait pas de mal. Il ne nous a pas diabolisés. Ça peut encourager certains électeurs à faire un pas vers Marine Le Pen, qui défend aussi des idées de gauche», sourit Jean-Luc Faisant, 49 ans. Ce technicien dans l’audiovisuel participe au rassemblement du 1er mai en compagnie de Jean-Marie Le Pen. «Mon sentiment patriote s’est réveillé», assure-t-il.
«Les catholiques sont derrière nous»
Le souverain pontife a qualifié Marine Le Pen de représentante de la «droite forte». Un label qui semble conforter l’entreprise de dédiabolisation qu’elle a enclenchée depuis son arrivée à la tête du parti en 2011. «Nous sommes la droite forte comparé à 2002, le front républicain a explosé. Les catholiques sont derrière nous», assure Franck Picard, 53 ans. Même discours du côté de la jeunesse frontiste. «Je ne me considère pas comme un extrémiste, je soutiens une droite forte comme le dit le pape», confirme Killian Rebillon, un pompier volontaire de 19 ans.
A quelques jours du second tour, les catholiques seraient de plus en plus perméables aux sirènes frontistes. Contrairement à 2002, la Conférence des évêques de France n’a pas donné de consigne de vote. Et l’ancienne présidente du Parti Chrétien-Démocrate, Christine Boutin, a appelé à voter pour Marine Le Pen. Cet appel d’air pourrait ne pas avoir un réel impact, regrettent plusieurs militants frontistes. «Les chrétiens n’ont aucun poids dans cette élection. Le pape peut dire ce qu’il veut, il a seulement une autorité spirituelle et non pas politique», estime Loup Mautin, devant le parc des expositions de Villepinte. «La France n’est plus du tout un pays religieux. La première religion, c’est l’islam. La déclaration du pape ne devrait donc pas avoir une portée énorme», souffle Alain Breuil, conseiller municipal à Grenoble. (Florian Delafoi)
Quelle: https://www.letemps.ch/monde/2017/05/01/entre-pen-macron-vote-crucial-catholiques