Peter Sloterdijk: Vordenker der Rechtsradikalen.

Hinweis auf ein Interview mit Sloterdijk vom 27.2.2016 mit der Zeitschrift CICERO

Von Christian Modehn am 24.9.2024.

Vorwort: Es ist erstaunlich, dass jetzt, nach den Wahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg, also nach dem deutlichen Sich – Durchsetzen der rechtsradikalen, von vielen faschistisch genannten Partei AFD nicht ausführlich auf die ideologischen Stichwortgeber dieser Partei hingewiesen wird. Zu diesen ideologischen Wegbereitern gehört sicher auch auch der philosophische Schriftsteller Peter Sloterdijk, dies ist eine begründete Meinungsäußerung.

1.
Angesichts der Wahlerfolge der rechtsextremen Partei AFD müssen sich Demokraten auch die Frage stellen: Wer sind die maßgeblichen und wirkungsvollen Vordenker für Positionen dieser Rechtsextremen? Vordenker sind einflußreiche Intellektuelle, die als Meister des vagen Ausdrucks gelegentlich dann doch in Interviews kurz und knapp ihre tiefe Überzeugung, ihre Ideologie, verbreiten: Auf deren Formeln können sich dann die rechtsextremen Parteien und ihre gehorsamen Massen einstellen, können ihnen folgen, auch in der rabiaten politischen Praxis. Das erleben wir leider seit einigen Jahren…

2.
Der viel schreibende „philosophische Schriftsteller“ Peter Sloterdijk, so nennt er sich selbst, hat in Heft 2/2016 der sehr rechts orientierten Zeitschrift CICERO ein Interview gegeben. Der Titel „Das kann nicht gut gehen. Peter Sloterdijk über Angela Merkel, die Flüchtlinge sind das Regiment der Furcht“. Sloterdijk verbreitet dort Thesen, die tatsächlich eine humane Flüchtlingsflüchtlingspolitik verhindern.

3.
Wir haben im März 2016 auf dieses Interview reagiert: LINK

Leider ist dieses Interview Sloterdijks offenbar weithin in Vergessenheit geraten.

Einige zentrale pauschale Thesen Sloterdijks, die  als Slogans von Rechtsextremen verwendet werden könnten:

– „Mit dem (sic!) Islam lässt sich keine authentische Zivilgesellschaft füllen.“ (Seite 20, Cicero).

– „Die deutsche Regierung hat sich (mit der Aufnahme der Flüchtlinge 2015) in einem Akt des Souveränitätsverzichtes der Überrollung preisgegeben.“ (Seite 21) Man beachte das in rechtsextremen Kreisen übliche Wort der “Überrollung” durch Flüchtlinge, CM)

– „Die postmodernisierte Gesellschaft existiert in einem surrealen Modus der Grenzenvergessenheit.“ (Seite 21)

– „Man glaubt hierzulande immer noch, eine Grenze sei dazu da, um sie zu überschreiten“. (S. 21).

– „Heute treten die Verwahrlosung des Journalismus, die zügellose Parteinahme (für die Flüchtlinge) allzu deutlich hervor“. (Seite 22)

– „Integration (der Flüchtlinge) ist ein Ausdruck, der einem unerreichbaren Ziel vorauseilt.“ (Seite 22).

– „Wir wären schon mehr als zufrieden, wenn man es zur beruhigten Koexistenz mit den Flüchlingen brächte, zu einer freundlichen Gleichgültigkeit gegenüber der Tatsache, dass es zu viele Leute gibt, mit denen man nichts gemeinsam hat. Wer kennt nicht die Momente, in denen man mit Stefan George sagen möchte: Schon eure Zahl ist Frevel“? (Seite 22). (So sprechen europäische Herrenmenschen, C.M.)

Von der EU hält Sloterdijk sehr wenig: „ Dem Nationalstaat darf man ein langes Leben prophezeien, weil er das einzige politische Großgebilde ist, das bis zur Stunde halbwegs funktioniert.“ (Seite 23).

– “Die Europäer werden früher oder später eine effiziente gemeinsame Grenzpolitik entwickeln. Auf Dauer setzt der territoriale Imperativ sich durch. Es gibt schließlich keine moralische Pflicht zur Selbstzerstörung.” (S. 23, das ist Schlußwort Sloterdijks im Interview)

Die LeserInnen sollten prüfen, welche dieser Sloterdijk – Thesen (2016 !) von der AFD direkt  bzw. leicht abgewandelt übernommen wurden und heute von dieser und anderen rechtsextremen Parteien verbreitet werden.

Wird  Sloterdijk ungewollt auch mal selbstkritisch: „ An jeder Ecke steht ein semantischer Drogenhändler“ (Seite 22). An wen denkt er wohl?

Unseren Kommentar, begründete Meinungsäußerung, kann man noch ausführlich nachlesen: LINK.

Zum ehem. Assistenten Sloterdijks an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe, Marc Jongen:

1.

Kaum hatte Sloterdijk 2016 das genannte Interview für CICERO gegeben, trat einige Monate später sein Assistent (an der Hochschule für Gestaltung, Karlsruhe) dann im Zentrum rechtsradikaler Ideologie, im Rittergut in Schnellroda, als viel gepriesener Referent auf: Am 17. Februar 2027 hielt Marc Jongen an diesem „Institut für Staatspolitik“ einen Vortrag mit dem Titel „Migration und Thymostraining“. Das Thema der Tagung war Gewalt, unter den Referenten waren auch zwei bekannte Vertreter der rechtsradikalen Szene, der US-Amerikaner Jack Donovan und der Österreicher Martin Sellner. Der Sloterdijk – Assistent Marc Jongen nannte dort die “Migranteninvasion” einen Akt der Gewalt gegen die Integrität des deutschen Volkes. Und er schwadronierte über Sloterdijks zentrales Stichwort ” Thymos” und “Thymos-Schwäche der Deutschen. “Den Islam” dagegen hielt er dagegen für eine gefährliche “thymotisch hoch aktive Kultur”…

2.

Für den Thymos als Zorn hatte sich Jongens Meister Sloterdijk bekanntlich in seinem Buch „Zorn und Zeit“ (2006, wie üblich bei Suhrkamp) stark gemacht. Thymos verstand der sprach-kreative Sloterdijk als „Regungsherd des stolzen Selbst“ (S. 24), ein Wortspiel, den manch einen an die neunzehnhundertdreißiger Jahre in Deutschland erinnerte. Aber dieser Regungsherd sei dann doch, so Sloterdijk als Übersetzer seiner eigenen Sprüche, als, so wörtlich, „Mannesmut“ bzw.“Beherztheit” (S. 26) zu verstehen. Mannesmut ist immer noch zornig genug und kriegerisch…Das Sloterdijk – Wort “Beherztheit” für Thymos verwendete Marc Jongen auch. Auch die schwammige Sloterdijk – Formel des “wohltemperierten Thymos” verwendete Jongen. Allein schon die Identität der von Jongen verwendeten Formeln mit Sloterdijk ist erstaunlich, siw wurden, wie gesagt, gesprochen in einem wichtigen Zentrum des rechtsradikalen Denkens, dem  “Institut für Staatspolitik”. Eine Studie über dieses Institut ist 2020 im VSA:Verlag Hamburg erschienen, “Das IfS. Faschist*innen des 21. Jahrhunderts”. Zu Jongen dort S. 130f.

3.

Marc Jongen gab in seinem Vortrag am 17.2.2017  Sprüche und Hetze und Beleidigungen von sich, die in in AFD Kreisen damals schon üblich waren. Jongen sprach vom „Merkel – REGIME“; sprach vom „hunderttausendfachen Eindringen kulturfremder Menschen…“, sprach vom „desaströsen Zustand der deutschen Medien wie auch eines Großteils der sogenannten Intellektuellen“, Jongen sprach vom „öffentlich-rechtlichen Sedierungsfunk und seiner dauerpalavernden Günstlinge“ usw., alles Stichworte, die in etwas versteckterer, milderer, CDU – FDP affiner Verträglichkeit auch von Sloterdijk im Interview mit CICERO vorgebracht wurden.

4.

Wie sein Meister Sloterdijk lobt auch Jungen in seinem Vortrag den Philosophen Heiner Mühlmann: Er lehrte auch an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe mit seinem Chef Sloterdijk. Sloterdijk weist in „Zorn und Zeit“, Seite 16, Fußnote 5, auf Heiner Mühlmann hin.“Das Sloterdijk-Alphabet“ hat übrigens ein eigenes Stichwort „Mühlmann“ und der Autor des Sloterdijk Alphabetes, Holger Freiherr von Dobeneck, ein Kenner also, schreibt klipp und klar: „Heiner Mühlmanns Buch „Natur und Kultur“ ist Sloterdijks favorisiertes Kulturmodell.“ (Seite 182). Jongen sagt in seinem Vortrag 2017 im rechtsextremen „Institut für Staatspolitik“ im Sinne von Mühlmann: „Am Anfang jeder Kultur, so Mühlmann, steht ein Akt der Gewalt, nämlich der Krieg oder, wie er es nennt, die Maximal-Stress-Cooperation (MSC). Indem die Individuen einer Population im Maximalstreß des Kampfes um Leben und Tod gegen einen realen oder zuweilen auch imaginierten Aggressor miteinander kooperieren und auf diese Weise zusammengeschweißt werden, schaffen sie die psychosozialen und affektiven, die »natürlichen« Grundlagen einer Kultur.“

5.

Man sollte diese Aussagen zum Krieg auch auf das Miteinander in der Demokratie beziehen: Da gibt es rechtsextreme Gruppen, die gegen einen Aggressor vorgehen, und diese Aggressoren  sind in erster Linie Ausländer, Flüchtlinge, demokratische Politiker, demokratische Journalisten, antifaschistische Kreise usw.

6.

Man beachte, dass der Autor des Buches “Das Sloterdijk Alphabet“ schon 2006 auf geistige, praktische Verbindungen Sloterdijks /Jongens mit dem „Institut für Staatspolitik“ im Rittergut Schnellroda hinweist (S. 260).

Copyright: Christian Modehn Religionsphilosophishcer Salon Berlin.

 

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.

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