Neue Erkenntnisse zu Maciel und den Legionären Christi. Warum hat Kardinal Ratzinger zu Maciel geschwiegen?

Legionäre Christi und Maciel: Immer neue Entdeckungen.
In welcher Weise hat der heutige Papst die Verbrechen Maciels gewusst und verschwiegen?
Mrz 12th, 2010 | By CM | Category: Religionskritik

Ein aktueller Hinweis: Am 26.11. 2010 habe ich einen aktuellen Beitrag veröffentlicht: “Das Neueste zu den Legionären Christi”.

Am 27. März 2010 berichtet die spanische Tageszeitung EL MUNDO auf Seite 28 über das offizielle Eingeständnis der Leitung der Legionäre Christi: “Unser Ordensgründer Marcial Maciel hat Minderjährige mißbraucht”. Die Zeitung wählt den Titel “Die Legionäre Christi =töten= ihren Vater”. Einen Bericht zum selben Thema veröffentlicht die spanische Tageszeitung EL PAIS am gleichen Tag auf Seite 30. In Spanien spielt der Orden der Legionäre Christi eine wichtige Rolle, er wurde und wird von der Hierarchie geliebt, weil er “orthodox” zuverlässig ist und viele junge Priester der Kirche zur Verfügung stellt. Der Orden verfügt z.B. über zahlreiche Bildungsstätten für Kinder aus der “ökonomischen Elite”. Deswegen werden in Spanien zahlreiche weitgehende Fragen diskutiert, die auch im “Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salon” besprochen wurden: Warum hat die Ordensleitung so lange gewartet, die seit Jahren öffentlich bekannte Pädophilie Maciels einzugestehen? Am 19. Mai 2006, also erst ein Jahr nach seiner Wahl zum Papst, hatte Benedikt XVI. den völligen Rückzug Maciels aus der Öffentlichkeit befohlen, der Papst hatte dabei allerdings nach üblicher vatikanischer Art der sogenannten klerikalen Diskretion die Pädophilie Maciels verschwiegen. Seit Ende März 2010 sollen die Berichte der 5 Visitatoren vorliegen, die alle Einrichtungen der Legionäre Christi weltweit untersucht haben. In Spanien wird heute diskutiert: Hat das nun “so endlich” geschehene Eingeständnis der Ordensleitung, ihr “Vater” sei tatsächlich pädophil gewesen, etwas mit diesen Untersuchungen zu tun? Werden in diesen Untersuchungen vielleicht Tatsachen genannt, die noch viel “peinlicher” sind? Will die Ordensleitung nach dem bekannten theologischen Schema verfahren: Die Wurzel (also der Gründer) ist zwar schlecht, aber der Baum mit seinen Früchten (also der Orden) ist gut? Will die Ordensleitung so einer Auflösung bzw. Neugründung des Ordens zuvorkommen? EL PAIS berichtet weiter über eine (der) Frau(en) Maciels, Blanca Estela Lara, sie war 19 Jahre alt, als sie der Oberste dieses katholischen Ordens kennenlernte (Maciel war damals 56 Jahre alt). Von ihr hat Maciel drei Söhne, die Gonzalez Lara heißen, denn Maciel hatte sich für diese heterosexuelle Beziehung den Decknamen Gonzalez gewählt. Einer der Söhne, Raul Gonzalez Lara berichtet: ” Zum ersten Mal mißbrauchte mich mein Vater, als ich sieben Jahre alt war… ” Unklar ist, wie der Vatikan mit der Tatsache umgehen will, dass Papst Johannes Paul II. den Legionärsgründer Marcial Maciel offiziell und öffentlich “ein Vorbild für die Jugend” genannt” hat, obwohl seit 1997 im Vatikan Berichte von den mexikanischen Opfern der Pädophilie Maciels vorlagen…

-Zum Schweigen des damaligen Kardinals Ratzinger (Rom) seit 1997 zu den pädophilen „Aktivitäten“ Maciels am Ende dieses Beitrags.

Die Korrespondenten unseres Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salons in Mexiko schreiben uns dieser Tage, dass sie beobachten: Die deutsche Presse schweigt zu den pädophilen Verbrechen des Ordensgründers Pater Marcial Maciel, des Gründers des in Rom, Mexiko, Spanien, Chile usw. einflussreichen Ordens der Legionäre Christi. „Sind die deutschen Medien dermaßen mit den in Deutschland geschehen pädophilen Verbrechen u.a. im Klerus befasst, dass sie einen noch viel wichtigeren Fall übersehen?“ Die mexikanischen Korrespondenten haben den Eindruck, dass auf den Seiten des „Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salons“ im deutschsprachigen Raum seit langem gediegene und ausführliche und letztlich in dieser Qualität zuverlässige Informationen zu dem Thema vorliegen. Dass diese im Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salon versammelten Artikel urheberrechtlich geschützt sind, soll noch einmal betont werden.

Weil der Religionsphilosophische Salon seine Religionskritik natürlich nicht auf Epikur oder Heidegger begrenzen darf, studieren wir auch aktuelle Entwicklungen in den etablierten Religionen und Konfessionen. Aus religionskritischem Interesse kommen also seit langem diese für deutschsprachige Leser neuen Informationen: (PS: Ohne Religionskritik gibt es keine lebendige Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phie).

Die zuverlässige und objektive Quelle zu dem Mexikaner Marcial Maciel ist in Mexiko die Tageszeitung La JORNADA.
Sie hat seit 1997 die Anklagen des pädophilen Missbrauchs durch Maciel dokumentiert, sie hat 1997 die Klagen der ehemaligen Legionäre Christi publiziert. Jetzt veröffentlicht La Jornada wieder die Namen der Opfer, die sich 1997 nach langem seelischen Leiden zu Wort meldeten: Félix Alarcón Hoyos, José Barba Martín, Saúl Barrales Arellano, Alejandro Espinosa Alcalá, Arturo Jurado Guzmán, Fernando Pérez Olvera, José Antonio Pérez Olvera und Juan José Vaca Rodríguez.. Die Genannten sind die nur die bekanntesten Missbrauchsopfer Pater Maciels.

Sie schrieben im November 1997 einen diesbezüglichen Brief an Johannes Paul II. Dieser Papst ignorierte die Anklagen. Im Gegenteil, „er lobte zur selben Zeit und später mehrfach Maciel und seinen Orden, er nannte beide vorbildlich gegenüber anderen katholischen Organisationen, vor allem, weil es bei den Legionären viele Priesterberufungen gebe. Klerikale Interessen, nämlich zahlreicher Priesternachwuchs, ließen bei ihm offenbar ethische Probleme belanglos erscheinen. Dieser Papst lobte auch die Geldspenden Maciels und des Ordens für die Geldschränke des Vatikans“, so berichtet Carlos Martinez Garcia in La Jornada vom 10. März 2010. In den USA wird längst darüber diskutiert, ob vor allem angesichts dieses Schweigens über Maciel Papst Johannes Paul II. tatsächlich selig gesprochen werden sollte.

Noch einmal wird in La Jornada die auch aus Deutschand bekannte klerikale Mauer des Schweigens erwähnt, die in Täterkreisen üblich ist: La Jornada schreibt weiter:
Die Autoren des Anklage Briefes von 1997 wurden umgehend denunziert von den maßgeblichen mexikanischen (Erz) Bischöfen, vor allem Norberto Rivera, Juan Sandoval und Onesimo Cepada. Sie verbreiteten (die übliche) These: Die Autoren der Anklage seien Feinde der Kirche. „Diese Bischöfe schufen einen Mantel des Schweigens über den Fall, damit Maciel unbehelligt davon käme“. Maciel hatte neben dem Papst und dem zu diesem Fall äußerst schweigsamen Kardinal Ratzinger weitere Protektoren in Rom. Die Zeitschrift GOLIAS, Lyon, nennt im März 2010 diese Namen vatikanischer Kardinäle: „Vor allem Angelo Sodano (den Nuntius in Chile z.Z. von Pinochet) und Darion Castrillon Hoyos (den bekanntermaßen engen Freund der Piusbrüder) haben Maciel gedeckt“. Die Tagezeitung La Jornada berichtet weiter: “Die Freunde Maciels konnten mit ihrem Reichtum und ihrer Macht einen Boykott organisieren gegen die Medien, die die Geschichte des pädophilen Missbrauchs dokumentierten“.

In Mexiko sind viele Katholiken empört über die immer tiefer reichenden Enthüllungen, sie haben den Mut, die Gottesdienste zu stören und zu schreien: „Die Armee und die katholische Kirche sind die größten Feinde Mexikos“ (KNA 11.3.2010).
Maciel hat auch etliche Frauen, seine Kiebhaberinnen, betrogen: Er nannte sich bei ihnen “Mitarbeiter eines Ölkonzerns oder Privatdetektiv oder CIA Mitarbeiter”. Von vielen dieser Freundinnen ließ sich der Pater mit vielen tausenden von Dollar beschenken. Der legendäre Reichtum des Ordens rührt auch von daher. Die Ordensmitglieder legen freilich offiziell das Gelübde ab, arm zu leben. „Einen größeren Witz gibt es nicht“, heißt es in Mexiko, „Pater Maciel also und die Seinen als arme Männer“…In ganz Lateinamerika hat der Orden übrigens den Namen: „Milonarios Christi“, die Millionäre Christi.
Zwei Söhne Maciels behaupten jetzt, von dem eigenen Vater/Pater missbraucht worden zu sein.
Pater Maciel, der sich als Autor frommer, aber theologisch völlig belangloser Meditationen einen Namen machen wollte und auch wegen dieser Texte in seinen Kreisen wie ein Heiliger verehrt wurde (einer seiner auch auf Deutsch erhältlichen Titel: „Mein Leben ist Christus“, sic!) soll sich kurz vor seinem Tod in den USA geweigert haben, die Sakramente zu empfangen. „Er ist wie ein Atheist gestorben“, so die Zeitschrift Golias, Lyon, März 2010.

Die pädophilen Verbrechen Maciels und dessen enorme Lust am Bereichern müssen im Orden der Legionäre bekannt gewesen sein. Warum haben sie alle geschwiegen?
In dem Zusammenhang schreibt KNA: „Mit Spannung erwartet die mexikanische Öffentlichkeit die Stellungnahme des Heiligen Stuhls (nach der Überprüfung des Ordens durch 5 Bischöfe, eine Untersuchung, die im März 2010 abgeschlossen sein wird). KNA fährt fort: „Diese Stellungnahme wird entscheidend sein für den Fortbestand der umstrittenen Ordensgemeinschaft“. Die Auflösung eines Ordens hat es im 20. Jahrhundert nicht gegeben. Weit zurück liegt das Verbot des Templer Ordens, die Templer waren keine Legionäre, sie waren Ritter. Und ganz arm waren sie auch nicht. Vorher aber wird eine viel brisantere Frage diskutiert werden müssen: In welcher Weise war Kardinal Ratzinger als Chef der obersten Glaubensbehörde in Rom seit 1997 über die „pädophilen Aktivitäten“ Maciels infomiert? Ist ernsthaft anzunehmen, dass er als Chef der Glaubensbehörde davon nichts wusste? Warum hat er also nicht auf die Anklageschrift der Ex Legionäre von 1997 reagiert? Warum hat er erst ein Jahr nach seiner Wahl zum Papst den Pater Maciel offiziell in den Ruhestand geschickt, ohne bei dieser Aktion auf die Verbrechen Maciels auch nur mit einem Wort einzugehen? Warum haben damals die Legionäre, vor allem ihr neuer „Generaldirektor“ (so heißt tatsächlich der Oberste der Legionäre Christi), nach der „Zwangs – Pensionierung“ ihres „Vaters“ wohl auf die heterosexuell geprägten „Liebschaften“ Maciels hingewiesen, jedoch die pädophilen Verbrechen als solche verschwiegen? Wird sich Benedikt XVI. bei der (nur internen ? ) Veröffentlichung der 5 die Legion „untersuchenden“ Bischöfe zu seinem Schweigen zu den Verbrechen Maciels bis 2006 äußern? Wird er eine Mitschuld eingestehen? Wird er andeuten, wie heftig er als Kardinal dem Maciel Freund Johannes Paul II. auch in dieser Affäre gehorsam folgte? War also Johannes Paul II. „schuld“?
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