An die Auferstehung „vernünftigerweise glauben“!

Kants Beitrag zur “Unsterblichkeit” … zum Osterfest.

Ein Hinweis von Christian Modehn am 9.4.2025

1.
Die Auferstehung Jesu von Nazareth ist keineswegs ein Thema, das für religiöse oder kirchlich-fromme Leute reserviert ist. Die Auferstehung Jesu, verbunden mit der Frage: Was bedeutet sie für alle anderen Menschen, ist auch ein Thema der Philosophie. Also des umfassend kritischen Nachdenkens. Auch Immanuel Kant hat sich auf das Thema eingelassen, für ihn waren Themen der Religion keineswegs tabu, sie waren eingebunden in seine praktische Philosophie. Kants Erkenntnisse zur Auferstehung sind, hinischtlich des theologischen Inhalts, eher bescheiden, sie wehren allen Überschwang und fromme Phantasie ab. Aber es bleibt doch beachtlich, dass – sozusagen mit einem elementaren Inhlt – die Auferstehung Jesu und der Menschen „vernünftigerweise“, wie Kant sagt, geglaubt werden kann.

2.
In seinem schon damals viel beachteten Buch „Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“ (1793, Fußnote 1) setzt sich Kant kritisch mit dem Glauben an Gott auseinander, auch mit dem kirchlichen Glauben, der sich auf die Offenbarung, also auf die Bibel stützt: In diesem Glauben an geschichtliche Ereignisse nimmt der Mensch unmittelbar die Worte der Bibel, so sie wie da stehen, zum Maßstab der persönlichen Spiritualität.

3.
Das Leben Jesu endet für Kant in der „öffentlichen Geschichte“ (also in historischer Sicht) mit Jesu Tod. Sehr richtig betont er: Nur die “Augen seiner Vertrauten“ (so Kant, B 191) hätten ihn als Auferstanden und in den Himmel Auffahrenden erlebt und gedeutet. Daran klammern sich bis heute viele fromme Leute und mißverstehen die Auferstehung als ein historisches Ereignis.
Das wortwörtliche Verstehen der Bibeltexte lehnt Kant mit guten Gründen ab, schließlich sind Elemente der historisch – kritischen Bibelwissenschaft schon damals bekannt. Kant lehnt die Jesus – Gestalt aber nicht prinzipiell ab, sie versteht er als ein „Urbild der allein Gott wohlgefälligen Menschheit“ (B 192). Im vierten Kapitel der “Religionsschrift” nennt Kant ausführlich “zur Beglaubigung dieser seiner (Jesu) Würde, als göttlicher Sendung”, ausführlich einige zentrale Lehren Jesu. Kant lobt sie, weil sie “die alles entscheidende reine moralische Herzensgesinnung” fördern und nicht eine erstarrte, auf Statuten gründende religiöse Haltung. (Siehe dazu Seiten B 239 – B 243).

4.
Innerhalb seines Buch, im „Dritten Stück“ mit dem Titel „Sieg des guten Prinzips über das böse“, stellt Kant seine vernünftige Deutung der Auferstehung Jesu vor. Sie kann für alle Menschen nachvollziehbar sein. Auf Seite B 191 nimmt Kant dazu in einer längeren Fußnote ausführlich Stellung! Man muss beachten, dass diese kritische, vernünftige „Religionsschrift“ Kants in Zeiten königlicher Zensur Friedrich Wilhelm des Zweiten veröffentlicht wurde, in einer Zeit mit allen Attacken von orthodox-glaubender, konservativ – theologischer Seite. Darum argumentiert Kant hier eher bedächtig und vorsichtig.

5.
Zunächst steht für Kant fest: Wenn der kirchlich – fromme Glaube an Auferstehung und Himmelfahrt „buchstäblich genommen“ wird, ist er „der sinnlichen Vorstellungsart der Menschen zwar sehr angemessen.“ ABER „sinnliche Vorstellungen“ allein sind bloß zufällige Impressionen einzelner, sie können im Bereich der allgemeinen Vernunft nicht gültig sein. Darum sagt Kant: Diese sinnliche Vorstellung von der Auferstehung ist der „Vernunft sehr lästig“ (B 192), das heißt: Sie stört, sie hat in einem vernünftigen Denken keine Geltung.

6.
Wegen der Zensur schreibt Kant offenbar bewusst in eher schwierig nachvollziehbaren Formulierungen, aber seine Position ist deutlich: Ein „Klumpen Materie“, also der menschliche Körper, kann gar nicht in eine Ewigkeit auferstehen. Für die Vernunft ist es unvorstellbar, den Körper„in Ewigkeit mit uns zu schleppen“ (B 193). Diese im ganzen mühsam formulierte Zurückweisung der kirchlich üblichen „Auferstehung des Leibes“ ist also eine Art Vorsichtsmaßnahme angesichts der Zensurbestimmungen in Preußen bei dem sehr konservativ-frommen König Friedrich Wilhelm II. Kant vermag deswegen nicht klipp und klar seine Erkenntnis sagen: Eine leibliche Auferstehung ist für die Vernunft nicht denkbar. So bleibt es dabei: Diese fromme Vorstellung ist der Vernunft nur „sehr lästig“.

7.
Etwas deutlicher geht es dann weiter: „Die Hypothese des Spiritualismus vernünftiger Weltwesen ist der Vernunft günstiger.“ (B 192). „Spiritualismus“ ist der Gegenbegriff zu Materialismus und meint die Eigenständigkeit des Geistigen gegenüber dem Materiellen.
Konkret bedeutet diese Hypothese: „Der Körper bleibt tot in der Erde und doch kann dieselbe Person lebend dasein.“ Das heißt: „Der Mensch kann dem Geiste nach (in seiner nicht – sinnlichen, materiellen Qualität zum Sitz der Seligen, also in den `Himmel, gelangen.“ Bei dieser Idee der Auferstehung des Geistes wird der „Auferstandene“ nicht „in irgendeinen Ort im unendlichen Raume (und den wir auch Himmel nennen) versetzt.“
Damit sagt Kant: Es gibt nur eine – letztlich nicht klar beschreibbare Auferstehung des Geistes, der Seele, eine leiblichen Auferstehung würde ja bedeuten, dass die Körper irgendwie im unendlichen Raume, im Himmel, herumschwirren. Es ist der Geist der vernünftigen Weltwesen, der Menschen, der „zum Sitz der Seligen“ (also zu Gott) gelangt.

8.
Schon zu Beginn dieser längeren Fußnote schreibt Kant: Auferstehung und Himmelfahrt bedeuten als Vernunftideen „den Anfang eines anderen Lebens und den Eingang in den Sitz der Seligkeit, das ist in die Gemeinschaft mit allen Guten“. Kant meint damit den Eintritt des Geistes in die göttliche Wirklichkeit, den Himmel, in dem sich die Geister „der guten Menschen“ treffen, der Menschen, die für gut befunden wurden nach einem Urteil Gottes.

9.
Kant spricht über die Auferstehung auch in seinen großen zentralen Werken im Zusammenhang von “Unsterblichkeit“ und Gott..
Die Einbindung des Themas in Kants praktische Philosophie ist dabei zentral! Und dabei führt er in anspruchsvolle Überlegungen.

10.
Zumal in den Reflexionen Kants zum „höchsten Gut“ wird die Hoffnung auf die Glückseligkeit thematisiert: Diese kann der Mensch erhoffen, wenn er sein Leben gemäss der vernünftigen Sittlichkeit gestaltet hat.
Wer gemäß dem „Kategorischen Imperativ“ lebt, gestaltet sein Leben über den materiellen Eigennutz hinaus, er verzichtet auf viele Vorteile, nimmt aber durch den praktischen Respekt für das „moralische Gesetz in ihm“ (Kategorischer Imperativ) schon teil an der „besseren Welt der vollkommenen Gerechtigkeit“, also „dem höchsten Gut,“ betont Kant.

11.
Alle Menschen sollten so glücklich werden, wie sie es aufgrund ihres sittlichen Lebens verdienen. Diese zentrale Forderung verbindet Kant mit zwei „Postulaten“, wie er sagt, mit dem Postulat der Unsterblichkeit der Seele und der Existenz Gottes.
Diese anspruchsvollen Überlegungen haben zur grundlegenden Voraussetzung: Wenn der Mensch in seiner Vernunft einem moralischen Sollen begegnet, dann hat diese Erkenntnis des Sollens nur Sinn, wenn der Mensch diesem Anruf des Sollens auch praktisch entsprechen kann. Und daraus ergeben sich weitreichende Konsequenzen.

12.
In aller Kürze: „Zwar können wir, wie Kant in seiner `Kritik der reinen Vernunft` gezeigt hat, nicht wissen, ob es einen Gott gibt und ob unsere Seele unsterblich ist. Aber wir müssen dies vernünftigerweise glauben, weil wir nur so verstehen können, wie wir unserer Pflicht nachkommen können, das höchste Gut (die vollkommene gerechte Welt) zu verwirklichen“, schreibt der Kant – Spezialist Marcus Willaschek in seiner Studie „Kant“ S. 140 (Fußnote 2). „Nun bin ich verpflichtet, das höchste Gut zu verwirklichen. Doch das ist nur möglich, wenn meine Seele unsterblich ist und Gott existiert. Denn: Nur eine unsterbliche Selle kann sich in einem unendlichen Prozess tatsächlich der vollkommenen Tugend annähern. Und nur Gott als „Allmacht und Allgüte“ kann dafür sorgen, dass der moralische Handelnde endgültig glücklich wird.“ Aus der Reflexion auf die menschlichen moralischen Pflichten ergibt sich also, dass wir „vernünftigerweise glauben“ können, dass es Unsterblichkeit der Seele und die Existenz Gottes gibt. „Zumindest dann, wenn es um die Voraussetzungen moralischer Pflichterfüllung geht und keine eindeutigen Indizien dagegen sprechen, ist es durchaus rational, etwa an Gott und die Unsterblichkeit auch ohne ausreichende Belege zu glauben.“ (Willaschek, S.141)

13.
Kant zeigt auf seine Art und unter seinen Voraussetzungen, dass es vernünftig ist, an die Auferstehung zu glauben. Und diese Erkenntnis kann nicht nur die philosophischen Debatten über ein ewiges Leben der Seele bereichern. Diese Erkenntnis kann auch eine persönliche Spiritualität inspirieren und wegen der vernünftigen Bescheidenheit von Kants Aussagen vor allzu großem frommen Enthusiasmus bewahren wie auch vor verzweifeltem Nihilismus angesichts des Todes.

14.

Für Sokrates ist der eigene Tod, das eigene vorzeitige Sterben, nicht das größte Übel. Darin kommt bei ihm zum Ausdruck “die Überzeugung von der Unsterblichkeit der Seele, die bei Kant als Idee und Postulat der praktischen Vernunft wiederkehrt.” (Fußnote 3).  Zur Überzeugung von der Unsterblichkeit seiner Seele ist Sokrates durch die Reflexion auf den in ihm lebendigen LOGOS geführt worden.

Fußnote 1:
Wie üblich wird nach der 2. Auflage zitiert, vor den Seitenzahlen steht deswegen immer immer ein B.

Fußnote 2:
Marcus Willaschek, „Kant. Die Revolution des Denkens“. C.H.Beck Verlag, München, 2023.

Fußnote 3:

Heinrich Niehues – Pröbsting, “Die antike Philosophie”, Fischer Taschenbuch Verlag, 2004, Zitat auf Seite 183. Auch S. 203.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

Pfingsten, Christi Himmelfahrt, Ostern: Ein “Ereignis”. Und ein Fest!

Zum Text siehe:  LINK

Ostern – Karfreitag – Karsamstag: “Der ohnmächtige Gott der Liebe”. Von Prof. Wilhelm Gräb

„Der ohnmächtige Gott der Liebe“

Ostern – Karfreitag – Karsamstag: Ein Interview mit Prof. Wilhelm Gräb, Humboldt Universität zu Berlin.

Die Fragen stellte Christian Modehn. Das Interview wurde 2013 veröffentlicht. Wir meinen, es ist nach wie vor wichtig für alle, die nach dem Sinn von Karfreitag, Karsamstag und Ostern fragen. CM am 2. April 2015

Das Osterfest wird in der christlichen Tradition als Ereignis der Auferstehung Jesu begangen. Wie kann die Erfahrung der ersten Christen “Jesus ist lebendig über den Tod hinaus” heute im Blick auf Jesus selbst verstanden werden. Und welche Bedeutung hat dieser Auferstehungsglaube für die religiösen Menschen heute?

Sie formulieren ja selbst schon so, dass das Missverständnis vermieden wird, die Auferstehung Jesus sei ein beobachtbares Faktum gewesen, in dem Sinne, dass der zuvor gekreuzigte Jesus am Ostermorgen seinen Jüngern und Jüngerinnen erschienen und das Grab, in das man den Leichnam gelegt hatte, leer gewesen sei. Es mag sogar alles tatsächlich so gewesen sein wie die neutestamentlichen Texte berichten. Die Behauptung der Tatsächlichkeit des Geschehens sagt aber über dessen religiöse Bedeutung gar nichts aus. Darauf machen die neutestamentlichen Texte selbst aufmerksam, insbesondere Paulus. Das Neue Testament ist im Wesentlichen eine Sammlung von Deutungen des Todes und der Auferstehung Jesu. Nie geben sich die Texte mit der Behauptung des Faktischen zufrieden, immer geht es ihnen um die existentiell-religiöse Bedeutung der Worte und Taten, des Lebens und Sterbens Jesu.

Entscheidend für das Verständnis des Auferstehungsglaubens scheint mir eben diese Unterscheidung zwischen dem Ereignis und seiner Deutung zu sein. Indem Sie, lieber Herr Modehn, davon sprechen, dass es die „Erfahrung der ersten Christen“ war, dass Jesus „über den Tod hinaus lebendig“ sei, nehmen sie diese Unterscheidung ebenfalls vor. Die Überzeugung, die sich den Jüngern und Jüngerinnen Jesu in der Begegnung mit dem irdischen Jesus gebildet hat, war die: Dieser Mensch ist unzertrennbar mit Gott verbunden. Er kann und wird aus dieser Verbundenheit nicht herausfallen. In der Lebensgemeinschaft mit ihm, als die an ihn Glaubenden, kann auch uns nichts von der Liebe Gottes trennen. So die Interpretation des Kreuzes Jesu, explizit durch Paulus: „Ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben… kann uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn“ (Röm 8, 38f.)

Der Glaube an die Auferstehung Jesu ist kein Fürwahrhalten eines Wunders, eines Mirakels, also der Wiederbelebung eines Leichnams. Sondern es ist eine persönliche Überzeugung, die ihren biblischen Anhalt an dieser Deutung des Kreuzestodes Jesus hat. Wer zu der Überzeugung kommt, zu der die ersten Jünger und Jüngerinnen und seither viele Christen gefunden haben, dass Jesus lebt, ja, dass er mit seiner Hoffnungsbotschaft in uns selbst lebendig ist, in dem keimt dann möglicherweise auch die Hoffnung auf die eigene Auferstehung. Dann setze ich darauf (was kein Wissen ist und niemals sein kann), dass es nicht unsere menschliche Bestimmung ist, letztlich nur eine „Krankheit zum Tode“ zu sein, sondern Gott uns ewig in seinen „Händen“ hält.

Vor der Auferstehung gedenken Christen am Karfreitag der Kreuzigung und des Todes Jesu. Welchen Sinn hat es heute noch zu sagen: Durch Jesu Blut wurden wir erlöst? Gibt es zugänglichere Aussagen, die andeuten: Dieser Tod hat eine große Bedeutung, weil er auf einen bedeutenden, vielleicht einmaligen Menschen bezogen bleibt?

Die Vorstellung vom erlösenden Opferblut Jesu sollten wir in der Tat ablegen. Sie entspricht auch nicht dem Grundsinn der Deutung des Todes Jesu, die das Neue Testament gibt. Dieser geht selbst dort, wo die Opfervorstellung angesprochen wird, dahin, in Jesu Gang ans Kreuz das Ende aller Opfer zu sehen. Jesus wurde ja nicht zum Opfer gemacht, sondern er hat sein Leben gegeben, sein Leben zum Einsatz gebracht – damit alle, die darauf schauen, das ewige Leben haben.

Diese Bedeutung des Todes Jesu geht aus seinem Leben hervor. Mit seinem Leben hat Jesus gezeigt, was unbedingt wichtig ist und dieser Welt eine gute Zukunft eröffnet: Dass dies die Gottes- und Nächstenliebe ist, dass nur die Liebe zählt, die vorbehaltlose Verbundenheit mit Gott und der Menschen untereinander – unbedingt und radikal, über alles uns Trennende hinweg, unabhängig von unseren religiösen, nationalen, kulturellen Zugehörigkeiten, unserer Hautfarbe und unserem Geschlecht. Diese universale Gottes- und Menschenliebe hat Jesus gelebt. Sie aber vertrug sich nicht mit den Gesetzen und Herrschaftsinteressen in dieser Welt. Sie tut es bis heute nicht. Deshalb musste Jesus sterben. Die Bedeutung seines Todes liegt insofern darin, dass wir die Unbedingtheit seiner liebenden Selbsthingabe erkennen. Sie war für ihn selbst nicht ohne Schmerzen, nicht ohne den tiefsten Schmerz der Gottverlassenheit.

Zwischen Karfreitag und Ostersonntag liegt der “Karsamstag”, ein traditioneller kirchlicher Feiertag, dessen Bedeutung so schwer zu fassen ist. Hegel hat ja in seiner Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phie so eine Art Karsamstagsphilosophie angedeutet, indem er auf den alten Liedvers (von 1628) verwies: “O große Not, Gott selbst ist tot”. Ist also der Karsamstag das Fest des – zumindest vorübergehend – toten Gottes?

Blicken wir auf den Menschen Jesus, dann erkennen wir die Bedeutung seines Lebens und seines Sterbens darin, dass er die völlige Verbundenheit mit Gott und der Menschen untereinander gelebt hat, ja, dass er an dieser Verbundenheit festgehalten hat, auch noch als ihn in der Stunde seines Todes das Gefühl überkam, jetzt doch von Gott und aller Welt verlassen zu sein. Gerade im Lichte des Schreis der Gottverlassenheit am Kreuz kann – von Gott aus betrachtet – der Tod des die Einheit mit Gott lebenden Jesus auch als der Tod Gottes gedeutet werden. Das meinte Hegel mit dem „spekulativen Karfreitag“, dass Gott, der das Leben, lebendiger Geist ist, in sein Gegenteil eingeht. Doch nicht um in der bloßen Negativität zu verharren, sondern um sie ihrerseits zu negieren, den Tod in den ihn überwindenden absoluten Geist, in das ewige, alles einigende Leben der Liebe aufzuheben.

So ist Jesus derjenige, der Gott uns als den bekannt gemacht hat, der mit hineingeht in unsere menschliche Situation, auch noch in unser Sterben und unseren Tod, der sogar die Verzweiflung der Gottverlassenheit mit erleidet. Doch nicht, um uns darin allein zu lassen, sondern mit der Hoffnung auf den Sieg der Liebe über den Tod zu erfüllen. Der Gott, der am Kreuz stirbt, ist Gott der Allmächtige. Der Gott, der seit Ostern der Grund unserer Hoffnung ist, ist der ohnmächtige Gott der Liebe, der Gott, der in den Schwachen mächtig ist und den wir in der Kraft eines unwahrscheinlichen Lebensmutes jetzt schon in uns wirksam fühlen. Dieser Gott lässt uns nicht allein, auch wenn wir sterben müssen.

Copyright: Prof. Wihelm Gräb und Religionsphilosophischer Salon Berlin