Weihnachten – ein Fest der Menschenrechte

Das Weihnachtsfest hat einen einzigen Vorschlag den Menschen zu machen: Es ist das Fest der Menschenrechte. Nicht der ständig beschworenen, mißbrauchten Rede, dem Geschwätz, von Menschenrechten; mißbraucht gerade auch durch Demokratien.

Weihnachten ist das Fest der Menschenrechte, weil Gott bzw. das Göttliche, bzw. das absolut Wertvolle und das Unzerstörbare, an das selbst “Atheisten” glauben, also anders gesagt: das bleibend Heilige in jedem Menschen lebt. Nur in dieser Hinsicht kann man sagen: Der Mensch ist – auch – göttlich, d.h. er hat einen göttlichen Funken, wie Meister Eckart sagte. Diese Erkenntnis könnte heilsam, inspirierend sein für die Menschen, nicht nur für religiöse; aber diese Erkenntnis wird erstickt und banalisiert in dem kommerziellen Weihnachts-Trubel der totalen Besinnungslosigkeit.

Weitere Überlegungen finden Sie in dem Interview mit dem prot. Theologen Wilhelm Gräb von der Humboldt-Universität Berlin. zur Lektüre klicken Sie bitte hier.

Ist Sicherheit wichtiger als Freiheit? Gespräche über eine heute wieder propagierte Alternative.

Bitte die Terminveränderung beachten: Nicht am 29., sondern schon am 22. 1. 2016 findet der nächste Salon statt.

Am Freitag, den 22. Januar 2016 findet der nächste Religionsphilosophische Salon statt, um 19 Uhr in der Galerie Fantom, Hektorstr. 9, in Wilmersdorf. Dazu herzliche Einladung.

Das Thema: Ist Sicherheit wichtiger als Freiheit? Gespräche über eine heute wieder propagierte Alternative.

Es geht nicht nur um die Frage der Vorrangstellung von Freiheit oder Sicherheit im aktuellen politischen Zusammenleben. Es geht auch um die philosophische Frage: Welchen Stellenwert sollten Sicherheit und Freiheit im eigenen Leben haben? Sind wir „Sicherheitsttypen“? Kann Sicherheit die eigene Angst überwinden? Wo zeigt sich Sicherheit als Grundwert in religiösen Institutionen. Gibt es Religionen, die vor allem Sicherheit predigen und solche, die individuelle Freiheit über alles stellen? Könnte eine umfassende Ordnung von Freiheit für alle das Sicherheitsbedürfnis hinfällig machen?

Dazu philosophische und theologische Texte.

Anmeldungen wegen der begrenzten Anzahl vom Plätzen bitte an: christian.modehn@berlin.de

Unkosten für die Raummiete: 5 Euro.

 

 

 

Edith Piaf zum 100. Geburtstag – Ein Hinweis auf ihre Spiritualität

Edith Piaf – ein Hinweis auf ihre Spiritualität.  Jetzt ist sie kirchlich “rehabilitiert”.
Anlässlich ihres 100. Geburtstages am 19. Dezember 2015 veröffentlichen wir noch einmal unseren Beitrag anläßlich ihres 50. Todestages am 10. Oktober 2013.
Von Christian Modehn

(Siehe auch das in der Zeitschrift LA VIE (Paris) (10.10.2023) publizierte Interview über die Spiritualität Edith Piafs (siehe unten).

1.

Das Leben der Edith Piaf erscheint zerrissen und widersprüchlich, verloren in der Sucht, voller Begehren und Suchen nach Anerkennung und Liebe. In dieser Spannung entstanden ihre Lieder. Singen war sozusagen ihr Lebenselixier. Und – sicher – ihr Gottesdienst! Der hatte eine Botschaft: Die LIEBE.

2.

Als sie verstorben war, weigerte sich die Kirche, Edith Piaf kirchlich zu bestatten; sie galt als öffentliche Sünderin, wie damals die Papst-Zeitung “Osservatore Romano” schrieb. Denn sie führte eine “vie tumulteuse”, wie man sagte, also ein tobendes, lärmendes, also ein wenig kirchlich-“seriöses” Leben. Zudem kam eine kirchliche Bestattung nicht in Frage, weil sie doch als Geschiedene noch einmal geheiratet hatte. Mit dem immer noch ungelösten römischen Problem der “Wiederverheiratet Geschiedenen” hatte also “la Mome”, wie man sie liebevoll nannte, also die Göre, Edith Piaf, schon zu tun.

3.

Edith Piaf wurde in der katholischen Gemeinde Saint Jean Baptiste im populären Pariser Bezirk Belleville (19. Arrondissement) getauft. Heute besinnt sich die Gemeinde auf ihr prominentes Gemeindemitglied und veranstaltet zu Ehren von Edith Piaf – zusammen mit anderen kulturellen Associations (auch Pfarreien sind in Frankreich rechtlich gesehen “Vereine”!) ein großes Spektakel vor der Kirche, sogar ein Bischof kam 2013, um für Edith Piaf eine Totenmesse, ein Requiem, zu feiern. Und man organisierte eine Art Prozession zum Friedhof “Père Lachaise”. Zu einem Bericht in der Tageszeitung La Croix 2013 klicken Sie hier.

4.

Man stelle sich einmal vor, die Kirche hätte sich schon zu Lebzeiten etwas freundlicher zu Edith Piaf verhalten, ihre Lieder geschätzt. Die Kirche hätte entdeckt, wie viel Spiritualität eine so genannte “weltliche Sängerin” bezeugen und “verbreiten” kann. So aber zeigte sie sich dogmatisch verbissen, stur und zu borniert…, um Piafs Chansons, diese Poesie der Liebe, zu schätzen. Die Kirche ignorierte, dass Edith Piaf eine Spiritualität in ihren Chansons verbreitete, die wirklich die Menschen, Tausende,  begeisterte. Sehr viel mehr als die traditionellen Songs in einer Kirche, die ihre Messen in lateinischer Sprache las.

5.
Unbekannt – zumindest in Deutschland – ist Edith Piafs tiefe Verbundenheit mit einer volkstümlichen Form des katholischen Glaubens, vor allem ihre Verehrung der Jungfrau Maria sowie der hl. Bernadette Soubirous (dem sogen. Seherkind in Lourdes) und der heiligen Theresia von Lisieux. Nach Lourdes und Lisieux unternahm Edith Piaf  (diskret) regelmäßig Wallfahrten. Wer sie verstehen will, sollte auch diese – für aufgeklärte Geister – merkwürdige Form der Spiritualität kennen…Aber sie lebte eine selbstverständlich zu respektierende, individuelle Spiritualität!
Viele weitere Details bietet das Buch von Hugues Vassal, „Dans les pas de Edith Piaf“, im Verlag “Les Trois Orangers”. Vassal hat 7 Jahre als Fotograph in ständiger Verbundenheit mit Edith Piaf gelebt. Er kennt ihre Spiritualität aus unmittelbarem Erleben und berichtet, wie die Sängerin tägliche Gebetszeiten hatte, wie sie oft auf Knien das Abendgebet sprach. Vasal nennt Piaf „sehr gläubig“, aber auch naiv, vielleicht von kindlicher Schlichtheit. Nach dem Tod von Marcel Cerdan, einem ihrer Geliebten, wandte sie sich auch – kurzfristig – esoterischen Geheimlehren zu, in der Hoffnung, auf diese Weise mit dem Verstorbenen wieder in Kontakt zu kommen. So zeigt sich, wie eine traditionell Fromme sich doch aus “auswählend” anderen Lehren zuwendet. Die heute viel besprochene “Mischreligion” in EINER Person gab es schon vor etlichen Jahren…
Ihr religiöses Interesse ist sicher fundiert in der eigenen “Heilungserfahrung”, die sie als Kind in Lisieux erlebte: Sie wurde dort von der Blindheit befreit. Ihre Großmutter, eine “Puffmutter” in der Normandie, hatte sie an nach Lisieux begleitet! Vasal berichtet weiter, dass Edith Piaf auch großes Interesse an den Arbeiten des Jesuiten und Naturforschers Teilhard de Chardin hatte. Als Anthropologe hatte er versucht, die klassischen Kirchenlehren mit den Konzepten der Evolution zu versöhnen (und war dabei auf den erbitterten Widerstand des Papstes gestoßen).

6.

Edith Piaf, so Vasal, fühlte sich vom christlichen Glauben getragen; er war ihre inspirierende Quelle, auch für ihren Umgang mit dem eigenen Tod: Den sie nicht fürchtete, sondern als „Befreiung zum wahren Leben“ im Himmel deutete. Piafs Spiritualität, so Vasal, war eine des Herzens, des Gemüts, nicht der (analysierenden, kritischen) Vernunft.
In ihrem eher freizügigen Lebensstil war Edith Piaf sicher nicht das Urbild einer Heiligen. Dennoch bezieht sich die katholische Kirche Frankreichs heute deutlicher als früher auf sie. Das kirchliche Fernsehprogramm „Jour du Seigneur“ (Antenne 2) hat jetzt einen Film zum Thema „Edith Piaf und die Spiritualität“ realisiert. Die Autorin des Films, Marie – Christine Gambart, erwähnt, wie ihr bei der Recherche Piaf Fans erklärten: Piafs Musik sei für sie wie eine Messe; ein Pfarrer lobte die spirituelle Aura dieser beliebten Sängerin.
Vielleicht wäre es einmal ein Thema: Man sollte einmal ihre Lieder spirituell untersuchen, etwa „Mon Dieu“.
Und das „Heiligtum“ der heiligen Thérèse von Lisieux weist jetzt auf seiner Website auf die Pilgerin Edith Piaf hin.

Copyright: Christian Modehn

Noch ein Literaturhinweis:
Auch Jacqueline CARTIER hat ein Buch zum Thema veröffentlicht, „ Édith et Thérèse“. Editions Anne Carrière, 1999, 652 Seiten.

……….

À l’occasion du 60e anniversaire de la disparition de la chanteuse, le 10 octobre 1963, Pierre Fesquet publie « Piaf, Un cri vers Dieu », vibrant récit retraçant l’itinéraire spirituel de celle qui avait une grande dévotion pour sainte Thérèse de Lisieux.
Publié le 10/10/2023 à 05h54, mis à jour le 10/10/2023 à 05h54 • Lecture 5 min.

Tout commence le 19 août 1919, lorsqu’Édith Piaf se rend sur la tombe de Thérèse, à Lisieux…

La petite Édith a alors 4 ans et a perdu presque entièrement la vue, suite à une kératite aiguë mal soignée. Sa grand-mère, une femme de foi, chez qui elle vit ( elle tient une maison close) l’emmène sur la tombe de Thérèse de Lisieux pour demander sa guérison. Sur place, Édith dira à Thérèse : « Rends-moi les yeux, j’ai hâte de te voir. » Le 25 août, la petite fille retrouve la vue miraculeusement…. La rencontre d’Édith Piaf avec le Christ, avec la foi, date donc de là. Elle dira d’ailleurs que si avant elle vivait dans les ténèbres, sa maladie lui avait permis de développer son sens artistique, une espèce de troisième sens, une « double vue ». En cela, elle a aussi rendu grâce au Ciel d’avoir eu ce handicap oculaire.

Dès lors, sa relation avec sainte Thérèse ne fera que croître…

Piaf se met de façon absolue sous son patronage et ce lien durera toute sa vie. Elle a sur sa table de nuit et dans ses bagages Histoire d’une âme. Les compagnons et amants qu’elle aura attesteront que, tous les soirs, elle faisait sa prière à genoux au pied de son lit, et qu’elle s’adressait à la sainte.

Piaf a d’ailleurs emmené son grand amour, Marcel Cerdan, à Lisieux où il retrouva la foi et une vie de prière grâce à elle ! Aussi, un jour, alors qu’ils se trouvaient tous les deux aux États-Unis, Piaf a confié Marcel à sainte Thérèse, pour qu’il gagne un match de boxe décisif. Alors qu’elle priait, un des Compagnons de la chanson qui se trouvait à ses côtés lui dit : « Tu as cassé ta bouteille de parfum, ce n’est pas possible ! » Ce à quoi elle répondit : « Mécréant je suis en train de prier, c’est la petite Thérèse qui me répond par cette odeur de rose ! » Ce jour-là, Marcel Cerdan fut sacré champion du monde.

Aussi, Piaf (qui disait de sa robe noire qu’elle était comme le voile noir de Thérèse) avait toujours en coulisse une petite statue de la sainte qui l’accompagnait partout. Et avant d’avoir une croix autour de son cou, elle portait une médaille de Thérèse qu’elle embrassait avant d’entrer en scène. Autre anecdote : à l’âge de 10 ans, année de la canonisation de Thérèse, elle a fait une fugue pour rejoindre Lisieux, à l’autre bout de la France. En voyant Thérèse dans sa châsse, elle a dit : « Ce jour-là, j’ai compris ce qu’était la vraie gloire, ce qui m’a évité par la suite de croire en la mienne. »

Comment définiriez-vous sa spiritualité ?

Elle avait la foi du charbonnier, une foi très populaire et pleine d’abandon. Un jour alors qu’elle était très malade, elle est allée sur scène malgré les remontrances de son père. Ce dernier l’a vue prier dans sa loge et repartir ragaillardie en disant : « Je vais les pêcher comme Thérèse pêche les âmes. » Charles Dumont qui a composé Non, je ne regrette rien, m’a confié qu’à la fin de sa vie, alors qu’elle était percluse de rhumatismes, elle embrassait le sol à chaque concert et faisait un signe de croix avant d’entrer sur scène. L’avant-veille de sa mort, son infirmière l’a vue se mettre à genoux au pied de son lit, avec ces paroles aux lèvres : « Cher petit Jésus… »

Au quotidien, si elle priait beaucoup et aimait se rendre dans les églises, elle ne pratiquait pas toujours. Du début jusqu’à la fin de sa vie, l’Église institution l’a rejetée. D’abord à l’école de Bernay (Eure), où on l’appelait « la fille de la maison du diable » puisqu’elle vivait au sein d’une maison close. À la demande des familles, le curé prit la décision de renvoyer Édith, pourtant si heureuse d’avoir retrouvé la vue et de pouvoir enfin apprendre comme les autres… À sa mort ensuite, Piaf n’aura pas d’obsèques religieuses, du fait d’une « situation irrégulière », comprenez « une vie dissolue ».

Il faut ajouter à ce triste constat une jolie histoire : des années auparavant, un prêtre marseillais ayant perdu toute joie de vivre et le sens de sa vocation partit se suicider. Mais au moment fatidique, il entendit une chanson de Piaf. Sa voix lui redonna raison, espérance et foi. Ils se rencontrèrent plus tard. Quand le 11 octobre 1963 (au lendemain du décès d’Édith Piaf, ndlr), ce prêtre comprit qu’aucune messe ne serait célébrée pour elle, il se rendit dans l’appartement parisien de l’artiste, dormit trois jours sur le canapé de l’entrée et pria près du corps.

Piaf a eu beaucoup d’épreuves dans sa vie. A-t-elle toujours gardé foi en Dieu ?

À la mort de Marcel Cerdan elle était désespérée : on fermait les fenêtres pour éviter qu’elle ne saute. C’est un prêtre italien de l’église Saint-Vincent-de-Paul de New York qui la sauvera du désespoir. Elle a donc eu des moments de doutes et simultanément pouvait dire : « Plus on a de souffrance, plus on a de joie », ou : « Mes peines, je remercie Dieu tous les jours de me les avoir données, ça me permet de goûter beaucoup de choses. »

Aurait-elle eu le même feu sur scène et la même existence pétrie d’espérance si elle n’avait pas eu la foi ?

Je ne crois pas. Sa foi était dans sa voix. Elle-même déclarait : « Si un jour je perdais la foi, je ne pourrais plus chanter. » Charles Dumont disait qu’elle construisait son art sur la générosité à partir de ses propres souffrances. Et elle transcendait toutes ses croix sur scène. Le miracle de Piaf est là.

Quand elle chantait devant 2 000 personnes, les 2 000 âmes étaient touchées. Certains voyaient même dans sa gestuelle une portée liturgique. Piaf n’a jamais caché sa foi et a chanté une quarantaine de chansons où elle parle de Dieu.

Elle a aussi montré une foi en actes, par son attention aux autres…

Dans les maisons de retraite, elle demandait qu’on lui montre les personnes les plus âgées et défavorisées et elle leur donnait de l’argent. Lors d’une tournée, elle est tombée en admiration devant une petite église, à Martel (Lot). Le curé, qui ne l’a pas reconnue, lui a lancé : « Ah vous aimez prier ! Regardez l’état de mes vitraux… » Piaf lui a répondu que la recette de sa tournée reviendrait à leur restauration. Elle a agi de même à Brive-la-Gaillarde.

À chaque fois, elle a demandé aux curés de ne pas dire de son vivant que les dons provenaient d’elle. Le 11 octobre 1963, donc, ces prêtres rassemblèrent leurs fidèles pour leur dévoiler l’identité de la généreuse donatrice.

À lire : Piaf, Un cri vers Dieu, de Pierre Fesquet, Salvator, 15,90 €.

Ethik oder Religion? Was den Frieden fördert. Eine Ra­dio­sen­dung im Saarländ. Rundfunk SR2

Ethik oder Religion?

Was den Frieden fördert  

Eine Ra­dio­sen­dung auf  SR2 KulturRadio am Sonntag, 3.1.2016 um  9.04 – 9.30 Uhr. Eine Übernahme der Sendung vom RBB.          

Von Christian Modehn

In Zeiten von Krieg und Terror muss die gemeinsame geistige Basis der Menschheit gesucht werden, die Ethik, die alle verbindet und das friedliche Miteinander fördert. Auch die Religionen haben dabei ihren Beitrag zu leisten. Sie müssen nur die eigenen, die Frieden stiftenden Lehren mehr betonen als Ausgrenzung oder Abwertung von Andersdenkenden. Der Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide (Münster) wagt es, von dem „humanistischen Gott im Islam“ zu sprechen“. Religionen bezeugen den „absoluten Wert“ eines jeden Menschen. „Diese Ethik ist Terrorprophylaxe“ sagt der katholische Theologe Karl-Josef Kuschel.

 

Ethik oder Religion? Eine Ra­dio­sen­dung im RBB Kulturradio am 22.November 2015 um 9.04 Uhr

GOTT UND DIE WELT am 22. November 2015, RBB Kulturradio, von 9.04 bis 9.3o Uhr,

Ethik oder Religion?     Das Manuskript können Sie bei Interesse bestellen: religion@rbb-online.de

Was den Frieden fördert. Mit Beiträgen von Prof. Karl-Josef Kuschel, Tübingen, Prof. Wilhelm Gräb Berlin; Prof. Anne Eusterschulte, Berlin; Prof. Mouhanad Khorchide, Münster und anderen.

Von Christian Modehn

Nehmt die Religion nicht so wichtig, betont der Dalai Lama in seinem neuesten Buch: „Für ein friedliches Zusammenleben kommt es vor allem auf die Ethik an, sie gilt für alle, auch für Atheisten“. Aber eine universale Ethik der Menschenrechte ist heute nicht selbstverständlich. Damit sie sich durchsetzt, sollten auch die Religionen ihren Beitrag leisten und sich auf hilfreiche Traditionen religiöser Moral besinnen. Denn die enthält jede Religion – keine basiert im Kern auf Hass und Gewalt. Zugleich geht Religion über ethische Weisungen hinaus und lässt sich nicht durch eine rein humanistische Ethik ersetzen. Ihre Spiritualität weckt das Gespür fürs Transzendente und Göttliche. Dadurch wird der „absolute Wert“ eines jeden Menschen betont, auch das ist ein Beitrag für eine gerechtere Welt.

 

Welttag der Philosophie: “Meine Biographie und mein Glaube, meine Spiritualität”.

Zum Welttag der Philosophie 2015 am 19. November 2015:

Der „Religionsphilosophische Salon Berlin“ hat regelmäßig am “Welttag der Philosophie” eine eigene Veranstaltung angeboten.

In diesem Jahr können wir an dem von der UNESCO weltweit geförderten Tag selbst, also am Donnerstag, den 19. November 2015, keine eigene Veranstaltung anbieten.

Erfreulicherweise ist der Religionsphilosophische Salon am 27.11. 2015 AUSGEBUCHT. Alle bisherigen Anmeldungen (bis zum 24.11.) werden selbstverständlich berücksichtigt. Bitte um Verständnis, aber 1. sind die Raum – und Sitzzplatzkapazitäten begrenzt. Und 2. soll im Salon die Gesprächsmöglichkeit unbedingt -bei kleinerer Anzahl der TeilnehmerInnen – erhalten bleiben.

Dafür laden wir ein, etwas später, zu einem speziell religionsphilosophisch relevanten Thema am Freitag, den 27. November, um 19 Uhr in die Galerie Fantom, Hektorstr. 9 in Berlin-Wilmersdorf. Professor Johan Goud von der Universität Utrecht, Niederlande, Theologe und Kulturwissenschaftler, wird mit uns die Frage erörtern: Welche Bedeutung hat die eigene, die individuelle Biographie und dann auch meine schriftliche Autobiographie für das eigene religiöse Bewusstsein und damit auch für die Theologie. Anmeldungen bitte an: christian.modehn@berlin.de

Es geht um ein Ernstnehmen des je eigenen individuellen Glaubens gegenüber der vorgegebenen dogmatischen Glaubenswelt. Angesichts der viel besprochenen Krise des kirchlich gebundenen Glaubens ist dies ein dringendes Thema.

Für die Raummiete bitten wir um 5 Euro. StudentInnen haben freien Eintritt.

Zu den Veranstaltungen anläßlich des Welttages der Philosophie klicken Sie bitte hier.

 

 

Was sind unsere Mythen des Alltags? Zur Aktualität von Roland Barthes, anlässlich seines 100. Geburtstages

Was sind unsere Mythen des Alltags? Zur Aktualität von Roland Barthes, anlässlich seines 100. Geburtstages (am 12. November 2015)

Ein Hinweis von Christian Modehn

Roland Barthes ist ein Philosoph der besonderen Art, er wählt fürs Philosophieren auch eher seltene Themen, man denke an die „Mythen des Alltags“. Sein 100. Geburtstag am 12. November 2015 ist ein Anlass, sich auf seine Arbeiten (wieder) einzulassen. Barthes ist, man verzeihe den Ausdruck, ein „typisch“ französischer Denker: Er fühlte sich eher den Essayisten zugehörig als den „Systemdenkern“, die – vor allem in Deutschland – häufig an den Universitäten als verbeamtete Philosophie-Professoren anzutreffen sind. Schon Michel Foucault hat in einem Radio Interview 1975 von dieser philosophischen Begabung Barthes „am Rande“ des/der Etablierten gesprochen. Foucault meint, Barthes hätte das Etablierte „erschüttert“.

Barthes, am 12. 11. 1915 in Cherbourg geboren, hat etliche Jahre als Gymnasiallehrer, Lektor und Redakteur gearbeitet, ehe er an der „Ecole Pratique des Hautes Etudes“ in Paris arbeitete und später noch, bis zu seinem plötzlichen Tod am 26.3.1980, am Collège de France Vorlesungen hielt. Die Berufung ins „Collège“ ist sicher eine der höchsten Auszeichnungen für diesen Denker „am Rande“ der Etabliertheiten.

Seine Arbeiten sind sehr vielschichtig, manche sagen, wie Professor Eric Marty, ein Freund und Interpret, sie seien manchmal zweideutig und im Grunde oft nicht sehr leicht lesbar. In den letzten Jahren erschienen posthum einige Werke von Barthes, erstaunlich etwa sein „Journal de deuil“, erschienen bei Seuil 1999. Durchaus ein Buch der Melancholie, sehr persönlich, manchmal intim. Im Herbst erscheinen ebenfalls bei Seuil Vorlesungen, die Barthes am Collège de France gehalten hat (1978-1980).

Eric Marty hat im Barthes Gedenkjahr 2015 einen Band herausgegeben über Barthes als Briefschreiber, so wird die biographische Entwicklung noch deutlicher, auch der Umgang mit der Krankheit, die sein Leben bestimmte. Eine sehr differenzierte, leicht nachvollziehbare Biographie hat Thiphaine Samoyault vorgelegt, (Editions du Seuil, 720 Seiten nur 28 €, jetzt auch auf Deutsch bei Suhrkamp für 39,95 €), sie erinnert natürlich auch an seine Kindheit in Südwestfrankreich, spricht von seiner Liebe zum Licht, sein Verschmähen des Konformismus, seiner Leidenschaft für das Reale, Wirkliche…

Eher traurig macht das Urteil von Eric Marty (Le Monde, 23. Januar 2015), dass die (französischen) Philosophen überhaupt nicht (mehr) Barthes lesen. Er werde stärker „auf dem literarischen Feld“ beachtet. Tatsächlich hatte Barthes kein Interesse am Einsortiertwerden in Schubfächer und an Aufteilungen des intellektuellen Lebens in fixe Kategorien. Darum lebt der philosophische Gedanke in vielen seiner Werke. Diese implizite und explizite Anwesenheit des Philosophischen in den Werken der Kunst, der Literatur, der Soziologie ist unseres Erachtens das eigentlich Spannende am philosophischen Denken.

Nur auf einige Ansätze im Denken Barthes kann hier hingewiesen werden. Bekannt und weit verbreitet auch in Deutschland sind „Die Mythologien des Alltags“ und „Fragmente einer Sprache der Liebe“.

Besonders aktuell, so scheint uns,  sind die „Mythen des Alltags“, das Buch geht auf Texte aus den Jahren 1954 bis 1956 zurück, 1957 erschien die erste Buchausgabe der Mythologies bei Seuil. Seit 5 Jahren liegt übrigens eine neue, eine vollständige Ausgabe dieses Textes zu den Zeichen des Alltags auch auf Deutsch vor, sie ist bei Suhrkamp erschienen, hat 325 Seiten und kostet 28€. Gegenüber der knappen Textauswahl als Taschenbuch (seit 1964 auf Deutsch) ein enormer Gewinn!

Wir empfehlen dringend diese vollständige Ausgabe der „Mythen des Alltags“. Darin wird der falsche Schein der Wirklichkeit enthüllt, nämlich die Behauptung, Phänomene des Alltags seien bloß natürliche, sozusagen “normale”;  dabei wird das geschichtliche Gewordensein dieser Phänomene unterschlagen. Man lese etwa das Kapitel  “Stumme und blinde Kritik” in den “Mythen des Alltags”: Dort wird die Arroganz der Kritiker gegenüber Themen/Autoren freigelegt, von denen sie, die Kritiker, dann stolz ihren Lesern bekennen: “Dies verstehen wir nicht”. Damit rücken sie sich in die Position der Herrschenden, die den Autor, den angeblich unverstehbaren, schlecht machen. Hinter dieser Arroganz der Kritiker, die nichts als Dummheit ist, sieht Barthes die Macht des “gesunden Menschenverstandes”, dessen vorausgesetzte Gesundheit die Kritiker selbstverständlich nicht prüfen. Die Kritiker glauben sich absolut auf der Seite des vorausgesetzten gesunden Menschenverstandes zu befinden. Deswegen können sie den Autor, sein Werk, niedermachen. Aber Barthes tröstet sich und die Leser damit, dass die Philosophie den angeblich “gesund-vernünftigen” Kritikern überlegen ist. Denn der Philosoph erkennt und begreift beide, den Kritiker und das Werk. Während der Kritiker in seiner kleinen Welt befangen bleibt.

Ich meine, das Inspirierende des Buches “Mythen des Alltags” liegt ja gerade darin, diesen Text immer weiter fortzuschreiben, aktuell, über die konkreten Beispiele von Barthes hinaus. Denn die „Barthes-Mythen“ werfen beim Lesen dringend die Frage auf: Wo sind heute unsere „Alltagsmythen“? Wer kann von ihnen so nüchtern – distanziert schreiben, wie Barthes? Wer hat den Mut der Entdeckerfreude, wer wagt es,  heutige Alltags-Themen tatsächlich als einflussreiche Mythen, die das Bewusstsein prägen, zu beschreiben? Ist Fußball etwa der größte und allmächtigste Mythos der Gegenwart, ist die fast religiös anmutende Lust am Fußball so stark, dass selbst heftigste Verfehlungen korrupter Fußball-Manager von den Fussball-Gläubigen verziehen und “überspielt” werden? Das klingt dann fast wie in der Kirche: Der Klerus ist korrupt, aber das stört die Frommen nicht so sehr, denn der vom Klerus gepredigte Gott bleibt offenbar unanstastbar! Ist auch die Lust an der Tätowierung des eigenen Körpers ein Mythos? Oder ist der so häufige Ortswechsel der nicht ganz Armen in Form des häufigen Reisens, der Seefahrten usw. ein Mythos? Gibt es Alltags-Mythen, die nach einer längeren Zeit, den Charakter des Mythos wieder verlieren, etwa der Mythos einer vegetarischen Lebensweise oder jetzt die Form veganen Lebens? Ist unsere ständige Fixierung auf Gedenktage im kulturellen Leben ein Mythos, weil man sich vor der Utopie und dem Blick nach vorn, der Zukunftsgestaltung,  scheut? Ist die gelegentliche Abgabe von Stimmzetteln bei Wahlen ein Mythos, weil uns eingeredet wird, das „Kreuzchenmachen“ auf Wahlzetteln sei schon das Wichtigste am „demokratischen Bekenntnis“? Aber sind wir nur von Mythen umgeben? Ist im Alltag alles Mythos und möglicherweise so vieles Mystifizierung? Wohl kaum, es gibt noch den Blick der klaren Vernunft auf die Realität der Welt. Wer Mythen als solche entdeckt, will ja gerade Raum schaffen für die Erfahrung der unverstellten Wirklichkeit.

Der Begriff vom Mythos ist bei Barthes verbunden mit dem Begriff der Mystifizierung, der bewusst eingesetzten Positionierung ins Außergewöhnliche, man möchte fast sagen der Heiligsprechung.  Die Aufgabe heißt: Entschleierung, Aufklärung, Licht (lumière), umfassende Kritik.

copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.