Über die Menschenwürde: Ein philosophischer Salon

In unserem religionsphilosophischen Salon wollen wir uns am Freitag, den 30. August 2019, um 19 Uhr mit einem der zentralen Themen des menschlichen Zusammenlebens befassen: der absoluten und unantastbaren Würde aller Menschen.
Bekanntlich ist im Grundgesetze der Bundesrepublik Deutschland von der Menschenwürde an erster Stelle, im Artikel 1, die Rede. Die Menschenwürde aller Menschen ist heute faktisch leider eher noch ein Ideal, wenn nicht eine Utopie, ein Traum. Aber die Menschenwürde sie ist absolut unverzichtbar, wenn diese Welt den Anspruch haben will, eine menschliche Welt zu sein.
Jeder und jede kann in unserem Salon berichten, wie er/sie Menschenwürde erlebt, auch als persönliche Verletzung der Menschenwürde, und wie gerade in den Kontrast-Erfahrungen der Wunsch stark wird, Menschenwürde als Realität auch politisch zu gestalten. Dass dabei auch philosophische und religionsphilosophische Aspekte zur Sprache kommen, ist selbstverständlich.

Die Veranstaltung findet in der Kunstgalerie Fantom statt, Hektorstr. 9, Berlin Wilmersdorf. Beginn um 19 Uhr. Wer teilnehmen will, sollte sich bitte anmelden: christian.modehn@berlin.de , denn die Anzahl der Plätze ist begrenzt. Herzliche Einladung!

Polen: Katholische Kirche mitschuldig an Gewalttaten gegenüber Homosexuellen

Ein Hinweis: Zur Gewalt in Polen und zum CSD (in Berlin am 27.7.2019)
Von Christian Modehn

In der polnischen Stadt Bialystok (in der Woiwodschaft Podlachien) wurden Demonstranten der dortigen Gay-Pride am 20.7.2019 heftig angegriffen, z.T. schwer verletzt und insgesamt von Rechtsradikalen beschimpft. KatholikInnen beteten inmitten diese Mobs der Gewalt ganz öffentlich den Rosenkranz, um die Sünde, nicht die der rechtsradikalen Gewalttäter, sondern die der Demonstranten einzudämmen…

Wichtig ist die zwiespältige Rolle (Psychiater würden wohl eher sagen Schizophrenie) der katholischen Kirche angesichts dieser Gewalttaten:

Der Sprecher der polnischen Bischofskonferenz, Pawel Rytel-Andrianik,.verurteilt zwar die Gewalt gegen die TeilnehmerInnen der gay-Pride-Demonstration, die ja eine genehmigte Demonstration war.

Aber dem offiziellen Spruch der Distanzierung von der Gewalt sagt der Kirchenvertreter: „Zugleich muss man das volle Evangelium verkünden und nicht aufhören, Todsünde als solche zu benennen“.

Homosexuelle sind öffentliche Todsünder

Das heißt: In der Sicht der Bischöfe sind Homosexuelle und Transgender, so wörtlich, Todsünder. Sie sind also Menschen, in Polen in den allermeisten Fällen noch getaufte Katholiken, die sich aber nun, so das Urteil, außerhalb der Kirche befinden. Sie sind also Ausgestoßene. Man darf sie öffentlich in Polen als „Todsünder“ „benennen“. Kinder sollte man ohnehin von diesen „Todsündern“ fernhalten. Und ihnen bloß keine Wohnung vermieten!
Früher hat die Kirche – nebenbei gesagt – Todsünder, etwa Ketzer und Häretiker, aber auch „Sodomiten“, zum Tode verurteilt und z.B. verbrennen lassen. Heute werden Todsünder höflicherweise nur noch öffentlich kirchlicherseits benannt und somit den privaten Attacken freigegeben… Und an diesen Attacken, dieser Respektlosigkeit gegenüber den Menschenrechten, beteiligen sich die katholischen Medien in Polen mit großer Leidenschaft. Man denke an den antisemitischen und homophoben Medienimperium mit dem Hetzsender „Radio Maryja“ des Redemptoristenpaters Tadeusz Rydzyk. Der darf seit Jahren unbeirrt hetzen. Eine Absetzung durch den angeblich allmächtigen Papst ist oft verlangt, aber nie erreicht worden. Antisemiten und Homophobe sollen halt einen großen Platz haben in der römischen Kirche, darf man daraus schließen.

Die Qualifizierung der Homosexuellen als Todsünder ist skandalös. Nicht nur, weil der dringend gebotene Begriff und die Idee der Menschenrechte im Statement des Bischofssprechers nicht vorkommt. Sondern diese Gay-Pride-Demonstranten werden in kirchlichen Kategorien beschrieben: „Die Schwulen, Lesben, Bi- und Transsexuellen sind unsere Brüder und Schwestern, für die Christus sein Leben gab und die er zur Erlösung führen will”. Wenn sie aber, wie es der Offizielle katholische Katechismus von 1993 vorschreibt, auf ihre Sexualität verzichten, können sie „wieder unsere Brüder und Schwestern“ werden…Diese Kirche erlaubt es sich, allen Ernstes im 21. Jahrhundert bestimmten Menschen die nun einmal auch sexuell geprägte Liebe zu verbieten. Das nennt man eine Wahnvorstellung.

Der Mob aber, der die Gay-Pride-Demo in Bialystik attackierte, ist also von den katholischen Medien, der PIS Partei und den Moralgesetzen der Kirche aufgestachelt worden. Der Mob ist ein „Resultat“ kirchlicher und rechtsextremer Indoktrinierung.

Katholische Ideologie in Polen erzeugt homophobe Gewalt

Das heißt: Die Kirche im ganzen ist mitschuldig an den Attacken in Bialystok. Und die Verteufelung der Homosexuellen wird durch die enge Liaison von PIS Partei und Katholizismus noch weitergehen, wenn denn im Herbst der Sexualkunde Unterricht aus den Schulen Polens verbannt werden soll. Denn: Homo Lobbys hätten sich in den Sexualunterricht eingeschlichen, wird allen Ernstes offiziell staatlich verbreitet. „Die Gender-Debatte gefährde die polnische Identität, heisst es dazu von polnischen Kanzeln. Das alles werde zur Dechristianisierung Polens führen“, berichtet die NZZ am 7.4.2019.

Warum ist die Haltung der Bischöfe Polens gegenüber den Homosexuellen im allgemeinen schizophren? Weil diese Herren mit aller Gewalt die Erkenntnis unterdrückt haben, dass viele hundert Priester in Polen homosexuell sind; dass sogar der polnische Nuntius Wesolowski in der Dominikanischen Republik wegen Homosexualität und Pädophilie aus dem Verkehr gezogen werden musste; dass etwa Erzbischof Juliusz Paetz, ehem. Erzbischof von Posen, ein bekannter Homosexueller ist. Zu weiteren Informationen über den Zustand der Verlogenheit in der polnischen Kirche, klicken Sie hier.
Die Republik Polen, Mitglied der EU, von der Kirche als der „Hauptlieferantin“ der Ideologie angestachelt, entfernt sich immer mehr von der europäischen Menschenrechts-Ordnung.

Die CSD in Berlin am 27.7.2019
Katholische Kirche in Berlin offiziell homo-ignorant

Da fällt auf: Unter allen öffentlich bekannten größeren gesellschaftlichen Gruppierungen nehmen drei nicht an der CSD Parade teil: Die AFD, die großen Moschee-Verbände und, wie zu erwarten, die katholische Kirche bzw. das katholische Erzbistum Berlin. Wenn die CSD Parade am Nollendorfplatz ganz nahe an der katholischen Kirche St. Matthias vorbeigeht, wird diese große Kirche inmitten des Berliner „gay village“ selbstverständlich wie immer geschlossen sein. Selbst wenn die Kirche offen wäre, würde wohl kein Homosexueller nach all der Hetze weltweit dort noch Hilfe und Unterstützung erwarten, geschweige denn spirituelle Begleitung, die Homosexuelle und Transgender verstehen könnten.

Autos werden gesegnet, homosexuell Liebende nicht

Stattdessen wird in katholischen Kirchen nach wie die Segnung von Autos und Motorrädern, von Handys und von Haustieren mit Begeisterung praktiziert. Dieser Fetischismus, dieser Wunderglaube, ist katholischerseits selbstverständlich. Homosexuelle Ehepaare sind vom offiziellen Segen in einer katholischen Kirche ausgeschlossen. Die Haltung von Papst Franziskus zur Homosexualität ist bekanntlich widersprüchlich und alles andere als liberal… So koppelt sich die katholische Kirche (auch in Deutschland) von der gegenwärtigen Kultur ab. Die katholische Homophobie in Afrika zählt mehr als das Menschenrecht in Europa. Dies ist keine „kolonialistische“ Aussage! Sondern eine Zustandsbeschreibung.
In Deutschland jedenfalls wird die katholische Kirche immer mehr, theologisch gesehen, zur „Sekte“, d.h. klein, selbstbezogen, ängstlich, bieder und kleinbürgerlich, aber noch stark an finanziellen Mitteln, d.h. 6,43 Milliarden Euro (sic) Kirchensteuereinnahmen etwa im Jahr 2017.

Zwei Beiträge auf dieser website zeigen, dass der § 175 in der katholischen Kirche noch immer besteht.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

Die Kirchen verlieren ständig mehr Mitglieder … und was man dagegen tun könnte…

Warum sich die Kirchen reformieren sollten, falls sie nicht im kulturellen Abseits landen wollen
Ein Hinweis von Christian Modehn

426.000 Kirchenmitglieder in Deutschland sind im Jahr 2018 aus beiden großen Konfessionen, der evangelischen bzw. katholischen Kirche, ausgetreten. Das heißt: 44,1 Prozent der Bevölkerung in Deutschland nennen sich jetzt noch Christen als Kirchensteuerzahler. 1998 waren es 54,3%. Zur Prognose: Im Jahr 2035 werden es nach zuverlässiger Schätzung noch 34,8% sein.

Bedford-Strohm, evangelisch:

Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford – Strohm, so berichtet der „Tagesspiegel“ am 20.7.2019, kommentiert die aktuelle Statistik: “Jeder Austritt schmerzt. Er setze auf eine bessere Vermittlung der christlichen Botschaft“. Bedford-Strohm setzt also wie üblich auf ein besseres Wie, also auf ein besseres Sagen und Verkünden der alten Botschaft; von einem besseren Was, also von einem reformierten und entstaubten Inhalt der Botschaft, ist nicht die Rede. Diese überlieferte Kirchenlehre und Kirchenmoral soll also weiterhin erhalten bleiben.

Stefan Hesse,katholisch:

Eher unpräzise sagt im „Tagesspiegel“ vom 20.7.2019 der katholische Erzbischof Stefan Hesse (Hamburg): „Wir werden über die Zukunft von Priesteramt, Lebensweisen, den Umgang mit Macht und nicht zuletzt über Sexualität reden. Hinzu kommt die Rolle der Frauen“. Also Strukturfragen und Kirchengebote (etwa Zölibat) sollen besprochen werden, offenbar auch darüber, wie Frauen ein bisschen mehr Gleichberechtigung in der katholischen Kirche erleben können. Aber auch für den Erzbischof gilt: Inhaltliche Veränderungen, also eben durchaus Reduzierungen der nicht anders als bombastisch zu nennenden Kirchenlehre und Kirchenmoral (der offizielle Katholische Katechismus von 1993 umfasst mehr als 800 Buchseiten) kommen offenbar nicht in Frage.

Auswege

Zwei, bisher fast gar nicht diskutierte, Möglichkeiten könnten sich bieten, wenn man tatsächlich an einem lebendigen und kreativen Bestehen der Kirchen interessiert ist. Denn das langsame Verschwinden der Kirchengemeinden ist ja rein soziologisch oder religionswissenschaftlich gesehen ein spiritueller Verlust; weil die Geschichten rund um Jesus von Nazareth nicht mehr so oft erzählt und gefeiert werden; weil die Kenntnis der nun einmal auch christlich geprägten Kultur zurückgeht; weil prinzipiell der humane Zusammenhalt einer Gemeinde mit ihren ja manchmal auch ansprechenden Räumen und in ihrer prinzipiellen Offenheit für alle Menschen dann langsam verschwindet.

Ein liberal-theologischer Vorschlag

Um die stetige Verabschiedung so vieler Christen aus den Kirchen zu begrenzen oder gar zu beenden, könnte sich darum erstens eine Art liberal-theologisches Konzept anbieten: Die Kirche zeigt unmissverständlich, dass diejenigen, die einfach nur die Kirchensteuern nicht zahlen wollen, dennoch gern in der Kirche und Gemeinde bleiben können und als Mitglieder nach wie vor willkommen sind. Wer die Kirchensteuern gern zahlt, wird deswegen auf die „anderen“ nicht herablassend blicken. Weiter ist klar, dass alle, die meinen viele Zweifel an den Inhalten des christlichen Glaubens haben, eben gerade als Zweifler, als Skeptiker, ja selbst als Atheisten in den christlichen Gemeinden willkommen sind. Man könnte ausdrücklich zudem immer wieder betonen, dass es doch theologisch ganz selbstverständlich ist, dass jeder Mensch sich seinen eigenen, seinen persönlichen und privaten Glauben im Laufe seines Lebens eben auch unterschiedlich und je neu zusammenstellt. Dass dabei „Elemente“ des christlichen Glaubens mit „Elementen“ etwa buddhistischer Meditationspraxis verbunden werden oder andere „Mischformen“ religiöser oder philosophischer Traditionen verbunden werden, sollte in den Kirchen ausdrücklich willkommen geheißen werden. So wie alle in den Kirchen willkommen sind, die sich ganz auf die praktische Solidarität, etwa mit Flüchtlingen oder Obdachlosen spezialisieren und auch nur an diesen Aktivitäten der Gemeinde teilnehmen. Alle diese religiösen und individuellen „Mischformen“ existieren ja bereits in den Gemeinden, mindestens in einigen evangelischen Gemeinden. Diese „Mischformen“ sollten nicht nur ausdrücklich als wertvoll, als bereichernd für die Kirche und deswegen als unverzichtbar auch von offizieller Seite dargestellt werden: Jeder und jede ist willkommen in einer christlichen Gemeinde, jeder und jede kann und soll sein „Eigenes“ einbringen, in einem Klima selbstverständlicher Pluralität und damit auch Toleranz. Kirche ist Vielfalt, große Vielfalt. Sie könnte der Gesellschaft geradezu ein Model der versöhnten Verschiedenheiten sein….
Die Möglichkeiten, grundsätzlich, einer je eigenen Spiritualität sind ja grenzenlos: Sie reicht von einem Modell feministisch-katholischer Praxis oder schwul/lesbisch katholischer Praxis bis zur intensiven Beschäftigung mit spirituellen Dimensionen der modernen Kunst oder der gemeinsamen Feier von Christen mit Muslims oder mit Juden oder mit Atheisten usw. Nur muss diese umfassende Offenheit ausdrücklich gewollt sein. Und es müssen Gemeindeverantwortliche, also auch Pfarrerinnen und Pfarrer, tatsächlich auch intellektuell und menschlich in der Lage sein, diese Offenheit zu pflegen. Aber daran kann die „liberal-theologische“ Erneuerung scheitern. Und weil vielleicht scheitert bzw. niemand es ernsthaft noch versucht, werden wohl die Gemeinden immer kleiner, immer enger, immer klerikaler, ja immer mehr „wie Sekten“ am Rande der Gesellschaft.

Die vielen uralten Dogmen entrümpeln: Ein Befreiungsprozeß

Zweitens ist es wohl so, dass viele, die aus der Kirche austreten, nicht nur über die vielen sexuellen Misstaten der Priester entsetzt sind, sondern vor allem auch: Weil sie nicht die Kirchenlehre und Kirchenmoral verstehen. Und dann sinnvoller weise sagen: Wie soll ich mein Leben orientieren, das bedeutet ja „Glauben“, wenn ich die Inhalte meiner Lebensorientierung (Glauben) nicht verstehe. Wenn uns nicht nur die Sprache des Glaubens, sondern die Inhalte des Glaubens nichts bedeuten.

Mir scheint: Es muss die schwierige und provozierende Frage gestellt werden: Von welchen uralten Ballast der Kirchenlehre und Kirchenmoral und Kirchengesetze sollen die Kirchen sich endlich befreien? Sie schleppen die dogmatische Last mit sich herum und kommen dabei ständig in Schleudern! Wann also beginnt die große „Entrümpelung“, Befreiung, von uralter Kirchenlehren, Kirchenmoral und Kirchengesetzen? Es kann doch nicht sein, dass etwa die katholische Kirche verlangt, dass man sich an eine unübersichtliche, zudem uralte Lehren und Dogmen bindet und diese z.T. wortwörtlich (etwa im Nicäno-Konstantinopolischen-Glaubensbekenntnis) ständig in den Messen nachspricht. Dabei weiß jeder: Was die Gläubigen nachsprechen, verstehen sie nicht: „Gezeugt, nicht geschaffen“, „der heilige Geist geht vom Vater und vom Sohne aus“, „geboren aus der Jungfrau Maria“ usw. Auf Dauer Mysteriöses und Mythisches nachzusprechen, nachzuplappern, ohne intellektuelles Verständnis und seelisches Berührtsein, wird zurecht unerträglich. Eine Gemeinschaft der „Mythen-Freunde“ oder „Wundergläubigen“, Kirche genannt, verlässt man gern. Natürlich, in der Oper werden Mythen beschworen, aber da weiß jeder: Das ist Theater, darin steckt kein Anspruch zur Lebensgestaltung (Glauben). Wer kann im Ernst noch die umfangreiche immer noch geltende Erbsündenlehre des Augustinus akzptieren? „Die Erbsünde wird im Moment der Zeugung der Kinder übertragen“? Wer kann noch verstehen, dass Gott seinen Sohn Jesus auf Erden brutal leiden lässt, damit er im Leiden die Welt erlöst? Wer kann noch verstehen, dass diese Welt erlöst ist, wenn ja, in welcher genauen Hinsicht? Wer kann sich einen Reim daraus machen, dass Jesus von Nazareth wahrer Gott und wahrer Mensch war? Hatte Jesus als Mensch selbstverständlich Sexualität, hatte er sie auch als Gott-Mensch auf Erden? Wer kann noch verstehen, dass einige angeblich zölibatär lebende Priester die ausschließliche Vollmacht haben, Brot und Wein in Leib und Blut Jesu Christi zu verwandeln? Nur durch diese auszeichnende Macht des „Wandelns“ erklärt sich die Kirche die Notwendigkeit des Klerus…Oft bleibt es bei diesem Wandeln und die wirklich entscheidende Wandlung, also die Reform und Reformation, bleibt aus.

Die ersten bescheidenen katholischen Enrümpelungen von Glaubens-Lehren

Dabei hat doch die katholische Kirche einige bescheidene Entrümplungen ihrer Lehre längst vorgenommen: Es ist Katholiken seit etlichen Jahren gestattet, die Leiche einzuäschern. Die leibhaftige Auferstehung des einzelnen muss dann neu erklärt werden. Papst Benedikt XVI. sonst ultra streng in dogmatischen Fragen, verlangt nicht mehr zu glauben, dass ungetauft verstorbene Babys in eine Art Vorhölle kommen. Der uralte Glaube an den Limbus puerum ist also nicht mehr verpflichtend.Wer allerdings den Limbus noch mag, kann weiterhin an ihn glauben. Und Papst Franziskus hat zwar noch nicht das bloße Kirchengesetz (kein Dogma!) des Pflichtzölibates aufgehoben. Er hat aber freundlicherweise die noch im gültigen Katechismus erlaubte Todesstrafe aus dem Bereich der Glaubensinhalte gestrichen. Das heißt: Die Entrümpelung hat ganz, ganz zaghaft und ängstlich begonnen. Nun könnte diese befreiende Entrümpelung um der Menschen willen, die noch Mitglieder der großen Kirchen sein wollen, weiter gehen.
Das wird aber nicht geschehen: Weil besonders die katholische Kirche das einmal formulierte Dogma wie eine ewige Weisheit hochschätzt und nicht anrührt: Es ist die tief sitzende Angst vor dem Wandel, der Reformation, ja letztlich der geistigen Lebendigkeit, die als Angst diese Kirche versteinern und erkalten lässt. Es ist doch bezeichnend, dass so oft in den Kirchen das Ewige (Gott, Göttliches) als das Unwandelbare beschworen und laut gesprochen wird: „Wie es war im Anfang, so auch jetzt und allezeit, und in Ewigkeit. Amen!“ Also bloß kein Werden, keine Kreativität, nichts Neues. Es ist der unwandelbare Gott des Aristoteles, der da verehrt wird. Nicht aber ein Gott, bzw. etwas Göttliches, das lebt, das wächst, das Neues will.

Göttliches will Lebendiges, keinen Stillstand

Die ewige Botschaft des Christentums wird nicht durch die ewige und streng kontrollierte Wiederholung von Formeln und Floskeln vom 3. bis zum 20.Jahrhundert „gerettet“, sondern in neuen inhaltlichen Aussagen in einfacher Gestalt. „Wer Ewigkeit zum Programm macht und Zeitlosigkeit plant, behält nur eine archivalische Gegenwart in schaler Erhabenheit“, schreibt der Kulturhistoriker und Philosoph George Steiner treffend (Grammatik der Schöpfung“, S. 255).

Erst wenn sich die Kirchen von dem starren aristotelischen Gottesbegriff und der hierarchischen (Un)Ordnung trennen, werden die Kirchen wieder zu Orten, wo sich kritische, lebendige Menschen wohl fühlen …. und dann gern dazu gehören.

Der heilige Sisyphus

Aber das ist ein Traum. Der als Traum aber noch einmal formuliert werden musste. Denn bekanntlich ist der wohl aktuellste Heilige der Theologen der heilige Sisyphus, im Sinne von Albert Camus.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

Nicaragua: 40 Jahre nach dem Sieg der Sandinisten (am 19. Juli 1979)

Das Scheitern der Revolutionäre, die Diktatur des Ex-Revolutionärs und die katholische Kirche
Ein Hinweis von Christian Modehn

Die Erinnerung an die Revolution in Nicaragua vor 40 Jahren ist für religionsphilosophisch Interessierte wichtig: Weil zum ersten Mal im 20.Jahrhundert, wenn nicht überhaupt, kirchlich gebundene Katholiken, darunter auch prominente Priester, Revolutionäre waren. Und weil zu beobachten ist, dass für das Scheitern der Revolutionsregierung nach 10 Jahren unter anderen auch konservative katholische Kräfte (Hierarchen) verantwortlich sind. Und weil der neue Machthaber, jetzt Diktator, Daniel Ortega, seine Macht als Präsident 2007 nur gewinnen konnte, weil die katholische Hierarchie ihn mit einem Deal unterstützte: Kardinal Obando Bravo (Managua) forderte als Preis seiner Unterstützung für Ortega das strengste Anti-Abtreibungsgesetz. Und das erhielt er von dem einstigen sozialistischen Revolutionär, jetzt Diktator, Daniel Ortega.

1. Die Revolution
Am 17.Juli 1979 war der Diktator von Nicaragua, Anastasio Somoza, zusammen mit seiner Familie und dem Generalstab der Nationalgarde zu seinen us-amerikanischen Freunden nach Florida geflohen. Der Kampf gegen die Diktatur Somozas hatte vielen tausend Menschen im Widerstand das Leben gekostet. Im Bistum Esteli an der Grenze zu Honduras war die Bereitschaft zum Widerstand gegen Somoza besonders groß. “Kirchliche Gruppen und Sandinisten arbeiteten arbeiteten Hand in Hand”, so Horst Goldstein in “Befreiung findet hier und jetzt statt”, Edition Nahua, 1982, S. 30. Pater Gaspar Garcia Laviana z.B. gehörte zu den Priestern, die “mit dem Gewehr in der Hand”, wie er 1977 schrieb, für die Gerechtigkeit kämpften. Er starb im Kamof gegen die Truppen Somozas.
Am 19.Juli 1979 feierten die Sandinisten ihren Sieg über das Gewaltregime der Somoza-Clique. Ihr Sieg, immer attackiert von Contras und den USA, dauerte nur 10 Jahre.
Einer der führenden Köpfe der Revolutionären FSLN ist damals Daniel Ortega. Er wurde von 1985 bis 1990 Staatspräsident. Über die taktischen Wandlungen des Revolutionärs zum heutigen Diktator wäre viel zu schreiben.
Von den materiellen Vorzügen politischer Macht besessen, strebte er weiter das Amt des Staatspräsidenten an.
Er zeigte sich deswegen unterwürfig gegenüber der mächtigen katholischen Hierarchie: Sie war in den Jahren der Sandinisten-Herrschaft der FSLN weithin feindlich gesinnt, darin in gehorsamer Übereinstimmung mit Papst Johannes Paul II.. Der polnische Papst sah wie die US Regierung in der sandinistischen Revolution nur den Ungeist des Kommunismus. Und entsprechend wurden die Sandinisten bekämpft. Dieses undifferenzierte Denken des polnischen Papstes war geradezu tödlich für die sandinistische Revolution.In Polen durften Priester aktiv politisch sein, in Nicaragua und anderen lateinamerikanischen Staaten nicht….

2. ORTEGA – plötzlich ein Freund der Hierarchie
Als geschickter Machtmensch biederte sich im Jahr 2004 Ortega der katholischen Hierarchie an: Ausgerechnet seinen einst ärgsten Feind, den Kardinal Miguel Obando Bravo, bittet er um Vergebung für angeblich kirchenfeindliche Aktionen in der Zeit der Sandinisten. Der konservative Kardinal ist gerührt, er verspricht, Ortega zu unterstützen: Unter der einen Bedingung: Dass in Nicaragua ein Gesetz realisiert wird, das radikal und rigoros jeglichen Schwangerschaftsabbruch verbietet. Bekanntlich ist ja für die katholische Hierarchie weltweit, so auch in Lateinamerika, das absolute Verbot von Abtreibung Teil des obersten Glaubensbekenntnis. Das ungeborene Leben zu schützen ist genauso wichtig wie das Bekenntnis zu Gott. Und dies im vollen Wissen all der leidvollen Konsequenzen für das Leben der betroffenen Frauen. Aber das ist der Macho-Gesellschaft und der klerikalen Macho – Kultur egal.
Also wird Ortega am 5. November 2006 Staatspräsident Nicaraguas. Der Klerus hat dafür Wesentliches getan: Schließlich hat er das absolute Verbot der Abtreibung als Gesetz erhalten… und der Ex-Revolutionär Ortega kann nun seine umfassenden Machtansprüche entfalten.

Der extrem konservative Kardinal Obando Bravo unterstützte sogar noch einmal 2012 den Präsidentschaftswahlkampf von Ortega. Voller Dankbarkeit sorgte der Herrscher Ortega dafür, dass der Kardinal den höchsten staatlichen Orden Nicarguas erhält, er wird zum „Helden des Friedens“ ernannt. Obando Bravo sorgte noch im Jahr 2003 dafür, dass alle Helfer eines Schwangerschaftsabbruches bei einem 9 Jahre alten Mädchen exkommuniziert wurden. Quelle: http://news.bbc.co.uk/hi/spanish/latin_america/newsid_2796000/2796003.stm
Das Mädchen war vergewaltigt worden.
Für das Anti-Abtreibungsgesetz hatten sich gleichermaßen die evangelikalen und pfingstlerischen Kirchen dort eingesetzt.
Der Lateinamerika – Kenner und Autor Hans Christoph Buch schreibt: „Ausschlaggebend für den Wahlsieg der Sandinisten (Ortegas) war das Bündnis Ortegas mit seinem früheren Erzfeind, Erzbischof Obando y Bravo“. (in: „Das rollende R und die Revolution“).
Bischof Leopoldo José Brenes Solorzano von Matagalpa hatte damals den Vorsitz eines Regierungsbeirates für Familienpolitik inne. Er setzte als eine der ersten Maßnahmen sogar ein Verbot therapeutischer Abtreibung bei Todesgefahr für die Mutter oder bei Schwangerschaft nach Vergewaltigung durch“. (Ludger Weckel, Nicaragua, in : Kirche und Katholizismus seit 1945, Band 6, Lateinamerika und Karibik, 2009, Paderborn, Seite 182.)
Kardinal Obando Bravo ist 2018 gestorben. Der „Held des Friedens“ übersah damals wohl, wie Ortega das Land ins Elend einer Diktatur stürzt. Ortega ist ein Diktator, das ist heute Überzeugung aller Demokraten. Die Menschen, die nicht zur Clique rund um Ortega gehören, leiden an allem, materiell sowieso, vor allem am Ausschluss von allen Menschenrechten. Aber weil Nicaragua weit entfernt ist, ein kleines Land, ohne Rohstoffe, kümmern sich Europäer, auch Deutsche, auch deutsche Medien, lieber um Autobahn–Maut, um Brexit oder das Zittern der Kanzlerin. Dritte Welt bleibt dritte Welt. Die Rettung der Menschenwürde in “der Ferne” der “anderen”, der Armgemachten, ist hier kein Thema.Bestenfalls über Spenden versucht man sein Gewissen zu beruhigen.

Es ist jedoch paradox und bemerkenswert, dass jetzt einige Bischöfe der katholischen Kirche Nicaraguas als Opposition gegen den Diktator Ortega aktiv geworden sind. Sie wissen genau, dass es doch vor allem die katholische Hierarchie war, allen voran Kardinal Obando Bravo, die den verbrecherischen Politiker Ortega an die Macht gebracht hat. Die Kirche hat den Diktator mit erzeugt, wie so oft in der Geschichte, man denke an Franco….
Bei Protesten gegen Ortegas Regime, eine Verschmelzung von Partei und Staat, sind einige hundert Menschen ums Leben gekommen, viele tausend haben als Flüchtlinge das land verlassen.

3. Die Hierarchie will Abtreibung gesetzlich verbieten
„Mehr als 100 Jahre war in Nicaragua eine Abtreibung möglich, wenn Leben und Gesundheit der Mutter bedroht war – die so genannte medizinische Indikation (aborto terapeútico). Selbst während der Diktatur Somozas wurde dieses Gesetz nicht angetastet. Am 26. Oktober 2006, zehn Tage vor den Präsidentschaftswahlen in Nicaragua, stimmte das Parlament für ein neues Gesetz – eingeführt unter dem Druck der katholischen Kirchenhierarchie und einiger evangelischer Kirchen, unterstützt aus wahltaktischen Gründen von der FSLN. Am 13. September 2007 wurde das neue Strafgesetzbuch unter Beibehaltung des Verbots der Abtreibung bei medizinischer Indikation im nicaraguanischen Parlament verabschiedet. Quelle: http://www.informationsbuero-nicaragua.org/neu/index.php/rundschreiben/rundschreiben-12008/234-der-kampf-geht-weiter-gegen-das-totale-abtreibungsverbot-in-nicaragua

Siehe auch: https://ilga.org/nicaragua-defender-derechos-de-las-mujeres-constituye-asumir-el-riesgo-de-perder-la-vida-o-la-libertad-individual

4.ERNESTO CARDENAL
Eine führende Gestalt der Sandinistischen Revolution ist der zweifelfrei berühmteste Dichter des Landes, international geschätzt, der Priester Ernesto Cardenal. Er war als Sozialist Kulturminister Nicaraguas zu Zeiten der Sandinisten und ein entschiedener Verteidiger der Befreiungstheologie. Deswegen hatte im Jahr 1985 Papst Johannes Paul II. ihm untersagt, seine Funktionen als Priester auszuüben. Als Ernesto Cardenal im Februar 2019 ernsthaft erkrankt, er ist 94 Jahre alt und einige mit seinem Tod rechneten, erlaubt Papst Franziskus großzügig, dass der Rebellen-Priester-Poet Ernesto Cardenal wieder die Messe lesen darf.

Ernesto Cardenal hat sich von seinem einstigen „Companero“ Daniel Ortega ausdrücklich distanziert, er sei ein mieser Diktator.

Ich biete hier einen Beitrag an, den ich 2004, jetzt leicht gekürtzt, nach einer Begegnung mit Ernesto Cardenal für die Zeitschrift PUBLIK FORUM geschrieben habe. Der Beitrag ist „aus redaktionellen Gründen“, wie es damals hieß, nicht gedruckt worden. Treffend und aktuell ist der Bericht über Ernesto Cardenal und sein reiches literarisches Werk natürlich bis heute.

“Die Revolution in Nikaragua ist verloren gegangen”. Ernesto Cardenal gibt sich Mühe, in einem nüchternen Ton die politische Entwicklung in seiner Heimat zu beschreiben. Wer ihm nach einigen Jahren wieder begegnet, glaubt nicht, einem Achtzigjährigem gegenüber zu sitzen. Die Vitalität ist geblieben. Heftig wird er nur, wenn er seinen Glauben verteidigt: “Das Reich Gottes ist etwas Revolutionäres, es soll hier auf Erden Wirklichkeit werden”. Die Farbe seines Bartes ist inzwischen von grau in weiß übergegangen. Die Baskenmütze ist nach wie vor sein “ständiges Erkennungszeichen”.
Als Mönch von Solentiname wurde er in den sechziger Jahre weltbekannt, in viele Sprachen wurden seine Gedichte übersetzt. Er ist ein Freund des Mystikers Thomas Merton. Schließlich war Cardenal im Trappistenkloster von Kentucky einmal Novize, und der Novizenmeister hieß Thomas Merton. Mit ihm hat er später über die Rechtmäßigkeit revolutionärer Gewalt gestritten.
Auf Kirchentagen der siebziger und achtziger Jahren war Cardenal förmlich ein Star. Er erhielt 1980 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels, die Laudatio hielt der „politische Theologe“ Johann Baptist Metz…
Nach dem Sieg der sandinistischen Revolutionäre gegen den Diktator Somoza wurde Ernesto Cardenal (“Ich bin Revolutionär”) bis 1987 Kulturminister Nikaraguas. Mit viel Phantasie und Elan kümmerte er sich z.B. um den Aufbau von Literaturwerkstätten und Zentren der Malerei, er lebte auf der Insel Solentiname. “Die Unterschiede zwischen der Kunst der Reichen und der Armen wurden aufgegeben”. Zusammen mit seinem Bruder Fernando konnte er in kürzester Zeit eine erfolgreiche Kampagne der Alphabetisierung starten, unterstützt von Freunden aus aller Welt. Nikaragua, das war in den achtziger Jahren sozusagen das Traumziel aller, die an den Sieg einer von Christen geprägten Sozial-Revolution glaubten. Sie erlebten die Vertreibung des Diktators Somoza als ein Geschenk des Himmels, als einen Augenblick, in dem Nicaragua zum ersten Mal zu einer kulturellen Blüte fand, “zu einer nationalen Identität”, wie Cardenal sagt.
Nun ist der Traum vorbei. “Als ich am Tag nach der Wahl 1990 vom Sieg der Contras hörte, war dies für mich die dunkle Nacht. Es war die dunkelste Nacht meines Lebens. Ich lag in meiner Hängematte und konnte den Willen Gottes nicht verstehen. Wie war es möglich, dass sich das Volk sich gegen uns gewandt hatte, dass es die Revolution ablehnte. Ich spürte auch, dass meine Poesie an ihr Ende gelangte. Der Himmel blieb mir verschlossen. Viele meiner Freunde hatten einen unbezähmbaren Weinkrampf. Auch ausländische Journalisten weinten, als die Nachricht vom Sieg der Contras hörten”.
Die Korruption hat nun unvorstellbare Ausmaße angenommen, gerichtliche Kontroll-Instanzen werden in gutem Einvernehmen von den Führern der Liberalen und der (einstmals revolutionären, jetzt oppositionell, aber genauso korrupten) “Sandinisten” ins Abseits gedrängt. Verteidiger der Menschenrechte sehen sich ständigen Übergriffen und Drohungen ausgesetzt. Die Arbeitslosigkeit nimmt stetig zu, die Quote der Analphabeten erreicht wieder eine Höhe (35 %) wie unter Somoza. Die Menschen hungern in einem Land, das noch von 1979 bis 1990 als Vorbild für eine Kultur der Armen gepriesen wurde. “Die Revolution der Sandinisten ist gescheitert. Das Handelsembargo der USA war erfolgreich, die ständigen Attacken der Contras in den achtziger Jahre haben ihr Ziel erreicht. Aber auch etliche verantwortliche Leute der Sandinistischen Revolution bei uns hatten jedes Gespür für Moral und Ehrlichkeit verloren. Sie hatten sich bereichert. Auch diese Sandinisten haben die Revolution zerstört”.
Ernesto Cardenal hat sich nie als “Berufs – Politiker” bezeichnet. Er ist immer Mönch geblieben, auf der Suche nach den Spuren Gottes in der Welt. “Die Bücher des Alten und des Neuen Testaments sind für mich die einzigen religiösen Texte, die sich gegen die politische Verzweiflung wehren. Die Propheten, auch Jesus, wollen eine Religion, die vor allem Gerechtigkeit schafft. Sie wehren sich gegen die kultische Religion, gegen das institutionelle religiöse Machtgefüge. Sie wollen nur eins: Gerechtigkeit für alle. Die christliche Religion ist und bleibt subversiv, auch wenn Revolutionen scheitern. Diese Vision hat mich geprägt, sie bestimmt mich noch heute”.
Papst Johannes Paul II. hat sich immer gegen diese Überzeugung gewehrt, er hat Ernesto Cardenal bei seinem Besuch in Nikaragua (1983) geradezu gedemütigt. “Der Papst war massiv gegen unsere Revolution, die zum ersten Mal in der Welt massiv von Christen unterstützt wurde. Zusammen mit dem US-Präsidenten Reagan hat er =das Böse=, wie Reagan auch schon sagte, in unserem Land bekämpft!” Trotzdem: Von Resignation oder Verzweiflung ist heute bei Cardenal nichts mehr zu spüren. Inzwischen hat er die poetische Sprache wieder gefunden, 1994 veröffentlichte er sein Opus Magnum “Cántico Cósmico”, “Gesänge des Universums…Ich bin ein Dichter, ein kontemplativer Mensch. Aber ich kann niemals bei den politischen Kämpfen nicht abseits stehen”.
Darum fühlt er sich immer mit der offiziell manchmal totgesagten Befreiungstheologie verbunden. Und darum glaubt er jetzt, dass die marxistische Analyse der bestehenden Klassengesellschaft bleibenden Wert hat, auch wenn das so wenige im Augenblick hören wollen “im Rausch des Kapitalismus. Aber der Kapitalismus geht langfristig gesehen vorüber, da bin ich sicher”, sagte Cardenal zu Beginn des 21. Jahrhunderts!
Was ihn heute am Leben hält, ist der mystische Glaube, auf den er immer wieder zurückkommt, ein Glaube, der sich konzentriert auf ein biblisches Symbol, das Reich Gottes: “Es ist doch mehr als ewiger Traum: Das Reich Gottes der Gerechtigkeit für alle will ewig Realität werden”.
Ein frommer Traum – angesichts des Diktators Daniel Ortega, den Ernesto Cardenal mit offenen Worten verabscheut.

Siehe auch: Ernesto Cardenal, “Im Herzen der Revolution”. Der dritte Band seiner “Erinnerungen”. Erschienen im Peter Hamm Verlag, Wuppertal. 2004. 303 Seiten.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

“Nicht religiös”: Tendenz steigend sogar in der arabischen Welt

Eine Umfrage von BBC und der Princeton University

Ein Hinweis von Christian Modehn

Wer sich in den arabischen Staaten sozusagen „innerlich“ vom islamischen Glauben und den dort gelehrten Dogmen löst, hat dann als „Nicht-Religiöser“ noch keine entsprechende weltanschauliche Gemeinschaft zur Verfügung. In den arabischen Staaten ist die ganze Kultur immer noch von islamischen Gesetzen und islamischem Brauch bestimmt und offenes Bekenntnis zum Atheismus nicht „willkommen“, milde gesagt.

Aber immer mehr Menschen in arabischen Staaten bezeichnen sich selbst als „nicht-religiös“: Und das mit steigender Tendenz. Nannten sich im Jahr 2013 nur 8 % der Befragten „nicht-religiös“, so sind es im Frühjahr 2019 bereits 13 % der Bevölkerung, bei Menschen unter 30 Jahren ist der Anteil 18 %.

Diese interessante Entwicklung des religiösen Bewusstseins in arabischen Staaten hat bisher in Deutschland meines Erachtens noch nicht die entsprechende Aufmerksamkeit gefunden. Sie berühren einen bislang unsichtbaren, aber offenbar stetigen Wandel der Mentalitäten in muslimisch bestimmten Staaten.

Die umfangreichen Studien und Interviews zu dem Thema hat „BBC News Arabic“ zusammen mit dem „Arab Barometer“ (mit Sitz an der Princeton University) realisiert: Mehr als 25.000 Menschen wurden in 10 arabischen Staaten interviewt (Algerien, Tunesien, Marokko, Ägypten, Irak, Jordanien, Libanon, Libyen, Sudan und Yemen sowie in den „Palästinensischen Gebieten“). Saudi-Arabien und die Emirate haben diese Interviews nicht zugelassen.

Es gibt große Unterschiede hinsichtlich der Entwicklung des Bekenntnisses „nicht-religiös“ in den einzelnen Ländern: Am stärksten sind die „Nicht-religiösen“ in Tunesien, mehr als 30 Prozent der Befragten bekennen sich als nicht-religiös. Liegt das an der gewissen demokratischen Entwicklung in Tunesien, möchte man denken. Hingegen ist der Anteil der Nicht-Religiösen auch sehr stark (25 %) in Libyen, das nun wahrlich alles andere als demokratische Ansätze vorzuweisen hat. Hat dort der Zusammenbruch der alten Herrschafts-Ordnung den Abschied von der alten Religion mit befördert? Sehr gering ist der Anteil der Nichtreligiösen in Yemen. Ist die dort offenbar starke Bindung an Gott sozusagen der letzte geistige Rettungsanker in einem von Brutalität, Mord und Totschlag geprägten Land?

Freilich: Wer sich in arabischen Staaten als „nicht-religiös“ bezeichnet, bleibt eingebunden (und sicher auch noch abhängig) von der traditionellen islamisch geprägten Kultur, der tief sitzenden Lebensphilosophie, den Gebräuchen und Sitten. Darum ist es kaum erstaunlich, dass noch immer die offen gelebte Homosexualität mehr Ablehnung findet als der „Ehrenmord“.

Bei allen Nuancen: Die Mentalitäten und damit langfristig auch die geltenden Normen für Gesellschaft und Staaten ändern sich, zwar ganz langsam, aber der Wandel des Denkens ist nicht zu übersehen. Die religiösen Autoritäten im Islam sind sehr oft auch alte Männer, die der Lebenswelt der Jüngeren sehr fern stehen, sie sprechen deren Sprache nicht, das religiöse System, eng verbunden mit den Mächtigen, verliert an Reputation.

Wenn man auf die europäische Geschichte etwa seit der Aufklärung schaut, ist klar und deutlich: Demokratie und Menschenrechte wurden erst dann in den Staaten bestimmend und geltend, als die Kirchen und die christliche Religion schwächer wurden. Diese Erfahrung werden wohl auch arabischen Staaten machen, hoffentlich, sage ich.
Und ich würde mir wünschen, dass auch dort vernünftige, kritische und liberale Formen der muslimischen Religion sich durchsetzen, eng verbunden mit den Menschenrechten, so, wie es ja auch in Europa einige vernünftige, liberale protestantische Kreise und Kirchen im Zuge der Aufklärung gab und gibt.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

Der § 175 ist in der katholischen Kirche heute immer noch gültig!

Die Verlogenheit der Kirche und der §175
Ein Hinweis von Christian Modehn anläßlich des “Stonewall” (Greenwich Village, New York) Gedenktages

Ohne Widerstand geht es oft nicht, wenn denn die Unvernunft und der Hass der Mehrheit zu groß sind: Allein deswegen haben sich die Schwulen den ständigen Razzien der Polizei in New York dann doch tatkräftig widersetzt und durch ihren Mut, ihre Bereitschaft zu kämpfen gegen die “Staatsorgane“, tatsächlich Geschichte gemacht. Das war vor 50 Jahren: In der Nacht vom 27. zum 28. Juni 1969. Ein Gedenktag! Und mehr als das, ein Tag zum Weiterdenken und Weiterhandeln.

Diesen Tag also gilt es zu erinnern, als den Beginn einer homosexuellen Selbstbefreiung weltweit. Die zahlreichen CSD Veranstaltungen heute auf allen Kontinenten, (Ausnahme: praktisch alle islamisch geprägten Staaten und sich irgendwie christlich nennenden Staaten in Afrika) sind nur möglich geworden dank „Stonewall,“ so hieß die Bar, in der die Revolution der Freiheit in New York begann. Seitdem sind Homosexuelle – prinzipiell – keine Kranken, keine Außenseiter, keine Perversen mehr, sondern zu respektierende Mitmenschen.
Das sage ich, im Blick auf die Religionen, zumal die christlichen, die mich besonders interessieren: Es gibt immer noch in den leider stets mächtiger werdenden evangelikalen/pfingstlerischen Kirchen den – noch nicht per Gesetz verbotenen – Wahn: Junge Homosexuelle systematisch, therapeutisch genannt, umzupolen. Und nur ein weiteres Beispiel: Es gibt immer noch keine normalen Feiern der Ehe für Homosexuelle in christlichen Kirchen(gebäuden), ausgenommen die Remonstranten Kirche in Holland. Viele andere sagen ängstlich Ja und Nein dazu, zögern und verschleiern die eigene Homophobie. Und ihre Bindung an sehr konservative Geldgeber.
Ich betone immer wieder: In der römisch –katholischen Kirche besteht der alte §175, der Paragraph der Ausgrenzung und Verfolgung, weiter! Er wurde besonders unter Hitler, und dann ganz selbstverständlich auch in den ersten Jahrzehnten der BRD, von den damals vorherrschenden Nazi-Juristen, angewendet.

Also, man sage es allen, die es hören wollen oder auch nicht: Der §175 besteht in der katholischen Kirche weiter. Denn:
Homosexuelle Männer dürfen nur Priester oder hauptberufliche Laientheologen (z.B. Pastoralreferenten) werden, wenn sie sich selbst als Homosexuelle verstecken und verleugnen und als Zeichen der Treue zur Hierarchie laut gegen Homosexuelle öffentlich sprechen. Die Kirchenführung hat es geschafft, ihren wichtigen Mitarbeitern die erotische und sexuelle Liebe zu verbieten. Man glaubt heute zu träumen, wenn man das schreibt oder liest. Was für ein offizieller Wahn! Tatsächlich sind ja sehr viele der jetzt tätigen Priester selbst homosexuell. Der polnische Jesuit und Psychotherapeut Jacek Prusak meint etwa im Blick auf Polen, “dass es in der polnischen Kirche heute tausende homosexueller Priester gibt” (zit. in Polen Analysen, Darmstadt, 18.6.2019, Seite 5).Alles Männer, die sich verstecken, die lügen, in Heimlichkeiten ausweichen, den immer noch für heilig gehaltenen Sonderstatus des Klerus ausnützen, um sich Privilegien zu leisten….Dass diese verkrampften homosexuellen Priester auch nur etwas tun für den Respekt für Homosexuelle in Staat und Gesellschaft,ist natürlich ausgeschlossen. Das gilt für Polen, für Deutschland,für die Ordenspriester hier und die Weltpriester genauso. Da macht niemand den Mund auf, von Pater Mertes SJ abgesehen. Diese verkrampft-kranken Priester haben nur Angst, selbst “entdeckt” zu werden.
Dieses Sich Verstecken ist eine Form systematischen geistigen Selbstmordes. Können solche seelisch geschädigten Männer Seelsorger sein?
Viele begehen aus Karrieregründen diesen geistigen Selbstmord und verstecken sich, gelegentliche Sex-Abenteuer, die bitte niemand sieht, eingeschlossen.
Diese Typen, möchte man beschreibend sagen, die man im Klerus allenthalben findet und fand, sind seelisch tief irritiert und, sorry, kaputt, weil sie auf Dauer, lebenslänglich, zur absoluten Verlogenheit verpflichtet sind. Und dies nur um der Karriere willen.
Für wie begrenzt und dumm hält man eigentlich die Gemeinden, dass sie einen offen homosexuell lebenden Priester nicht akzeptieren könnte? Oder lesbische Nonnen, die eine Gemeinde leiten?
Es ist die tiefe Abscheu vor der Sexualität und der sexuellen Lust und Liebe, die zum „Urgestein“, zum Urdogma, der meisten christlichen Kirche gehört, besonders im Katholizismus. Man denke daran: Die Erbsünde (ein notwendiges Konstrukt für die Notwendigkeit der (Baby-) Taufe) wird im Moment der Zeugung, also inmitten der Lust, übertragen. Das ist offizielle Lehre! D.H.: Sexuell geprägte Liebe ist sündhaft und Erbsünde erzeugend!

So wird das klerikale System, und das römisch- katholische System ist total klerikal, zum Lügensystem. Lüge wird zur Tradition! Lüge bestimmt förmlich den vatikanischen Alltag, man denke an die Verschleierungen im Zusammenhang vatikanischer Gelder oder vatikanischer Immobilien. .
Man denke nur an den Gründer des Ordens der Legionäre Christi, Pater Marcial Maciel, den man den Großmeister der Lüge nennen kann. Wir haben im Re¬li¬gi¬ons¬phi¬lo¬so¬phi¬sch¬en Salon über ihn berichtet, den selbst Papst Benedikt XVI. wegen der pädophilen Untaten einen Verbrecher nennen musste. Mit diesem Gründer vor Augen besteht der Orden der Legionäre Christi nach wie vor und genießt den immensen Reichtum, den ihr Gründer sich durch allerhand Tricks angeeignet hat.
Für eine Religion, die sich auf den Propheten Jesus von Nazareth beruft und die manchmal auch die Bergpredigt oder die wichtigen „Endzeit Reden Jesu“ liest, ist das Fortbestehen des §175 IN der Kirche nicht nur ein unerträglicher humaner Skandal, sondern, wenn man es denn theologisch will, Sünde.
Aber so lange die vielen verklemmten und seelisch verdorbenen, d.h. versteckten Schwulen das Leben dieser Kirche bestimmen, wird sich daran nichts ändern.

Der Klerikalismus als “ewiges” Gesetz der Kirche ist wohl das größte Verbrechen am Geist des Propheten Jesus von Nazareth. Das sagen ja nun schon fast alle Bischöfe im Zusammenhang des sexuellen Missbrauchs durch so genannte zölibatäre Priester. Aber sie beenden den Klerikalismus, diese einzige “Erbsünde”, nicht.

Der Glaube als freies Erleben freier Menschen im Zusammenhang des Göttlichen findet anderswo statt. Außerhalb DIESER Kirchenmauern.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

Als Mann und Frau schuf er (Gott) sie: Ein neues Dokument des Vatikans gegen “Gender – Fragen”

Ein Hinweis von Christian Modehn am 10.6.2019 zu einem vatikanischen Dokument über “Gender-Fragen” mit einer letztlich banalen Aussage…

Schon wieder schlägt die römische Kirche zu und isoliert sich damit von der Gemeinschaft aufgeklärter, vernünftiger Menschen weltweit: Der Titel des am Pfingstmontag 2019 veröffentlichten offiziellen Dokuments ist absolut voraussehbar gewesen. Denn etwas anderes fällt den Theologen im Vatikan nicht ein, wenn sie über Gender – Fragen nachdenken. Der Titel also heißt: „Als Mann und Frau schuf er sie. Für einen Weg des Dialogs zur Genderfrage in der Bildung“.
Das Dokument, „mehrseitig“, wie es heißt, wurde von der Bildungskongregation im Vatikan veröffentlicht.
Der Titel bezieht sich auf den berühmten und ständig von konservativen Klerikern und Fundamentalisten ultrakurzen Vers des 1. Buches Moses, auch Buch Genesis, genannt. Dort heißt es als zweiter Teil des Verses 27 lapidar: „Als Mann und Frau schuf er (Gott) sie (die Menschen)“.

Was damit gesagt? Nicht mehr und nicht weniger, als dass es eben gemäß göttlicher Schöpfung Männer und Frauen gibt.. Na klar, es gibt Männer und Frauen. Aber folgt daraus, dass es nur Ehen zwischen Männern und Frauen geben sollte? Natürlich NICHT! Die beschwörende Wiederholung der puren Feststellung, dass es Männer und Frauen gibt, ist geradewegs albern und liefert keine Argumente!
Jeder halbwegs Gebildete weiß: Aus der Feststellung eines Zustandes („Sein“ philosophisch genannt) folgt nicht automatisch die Formulierung eines „Sollens“. Das ist elementare Philosophie! Das hätte die „Bildungskongregation“ eigentlich wissen können. So, wie aus der Tatsache, dass Jesus nur Männer zu Aposteln erwählte nicht folgt: Dass nur Männer Priester etc. sein dürfen. Diese Verwechslung von Sein und Sollen ist äußerst gravierend. Und diese bewusst eingesetzte Unkenntnis ist eine Schande für die bömische Kirche!

Aber zurück zu dem neuen Dokument: Was folgt daraus für die praktische Lebensgestaltung der Geschlechter? Gar nichts!
Nur dies: Dass eben beide Geschlechter in gleicher Weise wertvoll, weil gottgewollt sind.
Es folgt aus diesem sehr allgemeinen Spruch nicht: Dass es nur die Ehe zwischen Frauen und Männern geben sollte.
Es kann genauso gut Ehen zwischen Männern und Frauen geben. Der Spruch der Bibel steht dem gar nicht entgegen! Über die Form der Ehe ist nichts, aber auch gar nichts gesagt.
Es folgt auch aus diesem Spruch absolut nicht, dass Menschen, die mit den Geschlechtsmerkmalen männlich bzw. weiblich geboren wurden, ihr Leben lang diese Bestimmtheit ihrer Genitalorgane als Identität für ihr gefühltes und wahres Geschlecht hinnehmen müssen. Als Frau geschaffen, als Mann geboren, mag ja sein: Aber das bedeutet doch nicht, dass Mann immer Mann, Frau immer Frau bleiben muss.
Nebenbei: Wieviele Hermaphroditen waren am päpstlichen Hof einst willkommen, wie viele Castrate sangen das schönste Halleluja zugunsten der Päpste. Die Päpste waren einst zu ihrer eigenen Lust und Erbauung höchst inkonsequent. Als Hermaphroditen und Castrate schuf Gott sie, so interpretierten sie gern den Bibelvers.
Aber lassen wir historische Exkursionen.
Gott, wenn man schon von ihm hier so allwissend reden will, hat dem Menschen als ihn absolut Auszeichnende gegeben, das ist Freiheit und Vernunft, wobei beide philosophisch identisch sind.
Man sollte also sagen: Als freie Wesen der selbst bestimmenden Vernunft schuf Gott die freien Menschen. Außerhalb kirchlicher Hierarchien, selbstverständlich. Sollen die Menschen diese Freiheit und Vernunft doch pflegen und entwickeln und zum eigenen Wohlsein (theologisch: „Heil“) nutzen.

Pikanterweise weisen die vatikanischen und sonstigen Bibel- Sprüche- Zitierer nicht auf das Sätzchen vor dem genannten Spruch: Da heißt es: „Gott schuf also den Menschen als sein Abbild. Als Abbild Gottes schuf er sie, eben als Mann und Frau.

Das kann nur bedeuten: Gott selbst (!) ist Mann und Frau in Einheit, es bedeutet, dass er Männliches und Weibliches in sich selbst hat und diese Doppelstruktur auch lebt. Großartig diese frühe Erkenntnis! Nach diesem Weiblichen im Männlichen und diesem Männlichen im Weiblichen streben doch so viele, um „ganz“ Mensch zu sein. Gott höchstpersönlich ist dafür das männlich-weibliche Vorbild.
Ist diese Erkenntnis ketzerisch? Nein! Wer definiert denn das “Ketzerische”? Also: Endlich wird der Herrscher – Gott der Bibel auch fraulich, mütterlich, weil Gott beides ist: Mann UND Frau. Dies ist natürlich gesagt mit all der gebotenen Einschränkung der Analogie und des “Anders-Sein” “Gottes”.
Copyright: Christian Modehn Religionsphilosophischer Salon Berlin