Mit Kant heute philosophieren

In der empfehlenswerten Zeitschrift PUBLIK FORUM erschien am 21. 9. 2012 ein Beitrag zur Aktualität Immanuel Kants, der Artikel ist ein Versuch, mit erzählerischen, fiktiven Formen das Interesse an seiner Philosophie zu beleben. Von der Form her ähnliche Beiträge habe ich zu Montaigne, Hegel, Schleiermacher und Heidegger verfasst.

Die Zitate der genannten Gäste im Haus Kants sind selbstverständlich authentisch. Christian Modehn

„Lass dich nicht bevormunden“

Tischgespräche im Hause Immanuel Kant

Von Christian Modehn

Fast ein Idyll, das Haus Immanuel Kants in Königsberg, am Prinzessinplatz, mitten in der Stadt, gelegen und doch von Gärten umgeben. Die Gäste erwarten den Hausherrn im „Besucherzimmer“. Immanuel Kant betritt den Raum, klein von Gestalt und wie immer fein gekleidet. Trotz seiner 70 Jahre ist er gesundheitlich auf der Höhe. Er begrüßt die Gäste seiner heutigen Tischrunde: die Philosophen Michael Bongardt, Jean Greisch und Herbert Schnädelbach. Mehrmals in der Woche nimmt sich Kant drei Stunden Zeit, mit einer kleinen Gesellschaft zu speisen und geistvoll zu plaudern. „Ist meine Philosophie aktuell?“, mit der Frage hatte Kant die Gäste eingeladen – zu einer Art Denk -Essen, „aber bitte, wie immer gemächlich, ich bin ein Anhänger der slow –food- Bewegung“.

„Es lohnt sich, ein Vergnügen zu kultivieren, das täglich genossen werden kann“. Mit diesen Worten bittet nun Kant seine Gäste in den Speiseraum im ersten Stock Es gibt sein Lieblingsgericht, Kabeljau in Senfsauce. Wie alle anderen Räume ist auch der Speisesaal von schlichter Einfachheit, ein großer Spiegel ist die einzige Zierde. Die Wände sind weiß gestrichen; nüchterne Klarheit schätzt Kant über alles. „Natürlich ist das Essen auch eine Pflicht. Aber auch unsere Lust der Sinne wird beim Essen angesprochen. Ich interessiere mich immer für neue Rezepte. Meinen geliebten Senf rühre ich ja bekanntlich selbst an. Mein Freund Theodor von Hippel hat kürzlich vorgeschlagen, ich sollte eine =Kritik der Koch -Kunst= schreiben, aber dazu fehlt mir die Zeit. Wichtiger ist: Philosophie kann niemals Rezepte verteilen. Sie bietet Orientierung, sie zeigt, wie mit der Anstrengung von Verstand und Vernunft ethisch wertvolles Leben möglich ist“.

Aber Philosophieren sollte nicht in Stress ausarten, entgegnet Jean Greisch, er ist eigens vom „Institut Catholique“ aus Paris angereist: „Für mich ist das Denken keine Arbeit. Es ist auch eine Lust zu denken, mehr noch: Philosophie kann Lebenslust sein“. Jean Greisch ist ein katholischer Philosoph, während ein anderer Gast, der Philosoph Herbert Schnädelbach, dem Atheismus zuneigt. Er führt den Gedanken gleich weiter: „Ich verstehe die Philosophie immer als eine Kultur der Nachdenklichkeit. Das bedeutet: Seinen Gedanken noch einmal nachzudenken, zu reflektieren. Und das können alle Menschen bei Kant wirklich lernen“.

Der Gastgeber hebt sein Glas, eine Aufforderung, den Sylvaner zu probieren. Der alt bewährte Diener Lampe, stets im Hintergrund, reicht das Gemüse. Seit vielen Jahren kümmert sich der ehemalige Soldat Martin Lampe um das Wohlbefinden des berühmten Königsberger Professors. Er weckt ihn morgens um 5 immer energisch, denn die Vorlesungen beginnen immer schon um 7 Uhr früh. Bei bester Laune kommt jetzt Kant ins Plaudern. Auf eine oft gestellte Frage will er lieber gleich selbst eingehen: „Warum bin ich Junggeselle geblieben? Als ich eine Frau habe brauchen können, habe ich als junger Mann keine Frau ernähren können. Und als ich sie später ernähren konnte, da habe ich keine Frau mehr gebraucht“. Mit leichtem Witz kann Kant über seine eigenen Begrenztheiten sprechen. Ihn habe halt die Liebe zur Philosophie völlig in Anspruch genommen, denken die Gäste und schmunzeln. Und gleich ist Kant wieder bei seiner Sache: „Ein Mensch ist erst dann erwachsen, wenn er einer Maxime, einer Art Regel fürs Leben, folgt“, sagt er, während die Gäste den Kabeljau probieren. „Diese Maxime heißt: Bemühe dich, jederzeit selbständig zu denken. Das ist der Sinn philosophischer Aufklärung. Luther und die Reformatoren haben das Selber – Lesen der Bibel propagiert. Ich sehe im Selber – Denken die Voraussetzung für menschliches Leben. Das Kriterium für gut und böse liegt in unserer Vernunft selbst. Was wahr und falsch ist, darf uns niemand einreden“.

Die Gäste haben es schon geahnt: Das gemeinsame Essen wird tatsächlich zu einer Art Arbeitssitzung. Oft verbietet sich ja Kant allerdings das Philosophieren bei Tisch, dann hört er sich lieber von Weltenbummlern die Berichte aus fernen Ländern an, will wissen, wie Menschen etwa in London oder Rom leben. Schließlich hat er ja seine Heimatstadt nie verlassen. Durch ausführliche Korrespondenz ist er bestens auf dem Laufenden, leidenschaftlich verteidigt er die Französische Revolution, Willkürherrschaft in Staat und Kirche ist ihm ein Graus. Er denkt demokratisch.

Aus einem Regal holt sich Kant sein Buch „Grundlegung der Metaphysik der Sitten“. „Nur eine Zeile möchte ich vorlesen: Es soll nicht sein, dass Menschen ihre Ziele nach eigener Laune auf Kosten anderer durchsetzen. Ethische Imperative sollen unbedingt für alle Menschen gelten“.

Michael Bongardt, Professor für Ethik an der Freien Universität Berlin, findet dieses Thema gerade in der multikulturellen Gesellschaft sehr wichtig: „Im Sinne Kants kann man nicht behaupten: Diese moralische Regel hat Gott gesetzt. Denn ein göttliches Gebot können wir Menschen ohnehin nicht „als göttlich“ erkennen. Wer kann uns mit Sicherheit sagen, dass ein Gebot von Gott kommt und nicht von Menschen erfunden wurde, die dann nur behaupten: Es stamme von Gott. Aber Kant lehrt sehr selbstbewusst: Auch wenn es ein göttliches Gebot wäre, so wären wir doch immer verpflichtet, nur das zu tun, was wir selber kraft eigener Vernunft für gut halten“. Kant blickt in die Runde, seine Augen strahlen: „Treffender hätte ich es auch nicht sagen können. Jeder einzelne kann in sich selbst entdecken, was gut ist und was es bedeutet, frei zu handeln. Dabei bleibt es“.

Die Gäste gönnen sich ein Schluck Weißwein. Aus dem fernen Frankreich lässt sich Kant den Wein liefern, Königsberg liegt zwar am Rande, ist aber doch eine kleine Metropole.

Nach einer Pause sagt Herbert Schnädelbach: „Aber wie gehen Menschen mit ihrer Freiheit um? Haben sie in ihrer Vernunft selbst ein Kriterium für das, was gut oder böse ist? Ich will an die wohl berühmteste Formulierung Kants erinnern, den „Kategorischen Imperativ“, der ja in mehreren Formulierungen vorliegt. „Handle so, dass die Maxime deines Willens, also dein persönlicher Lebensentwurf, jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne. Das bedeutet auch: Niemals darf ein anderer Mensch für mich bloß ein Mittel, bloß ein Gegenstand meiner Interessen sein. Jeder Mensch ist absolut wertvoll. Er ist „Selbstzweck“. Kant fällt ihm ins Wort: „Jeder Mensch hat also immer ein Kriterium zur Verfügung, um die ethische Qualität seiner Handlungen beurteilen zu können. Kein Mensch darf wie eine Sache behandelt werden, Menschen als eine Ware zu betrachten, hat keinerlei ethische Rechtfertigung. Welche Wirtschaftsordnung ist dann noch gerechtfertigt? In meiner Philosophie steckt kritisches Potential“, betont Kant.

Dann wird der Gastgeber beinahe wütend: Die ethische Ausbildung in den Schulen sollte an erster Stelle stehen, erst dann kommt alles andere, auch die Religion. Aber wer der Vernunft in seinem Denken und Handeln folgt, muss sich auch auf rigoros erscheinende Einsichten einlassen. Er muss z.B. anerkennen: Niemals darf ein Mensch getötet werden. “Denn vernünftige Wesen wünschen sich immer, dass ihre Vernunft lebendig und aktiv ist. Wer sich und andere tötet, tötet die Vernunft. Zudem darf ich nicht über andere verfügen und sie töten. Jedes Vernunftwesen hat ein Recht darauf, zu leben“. Schwieriger ist eine andere Frage: Kann es ethisch erlaubt sein, gelegentlich zu lügen? „Ich denke: Wenn das so wäre, dann zerstört man letztlich die menschliche Gesellschaft“, sagt Kant sehr bestimmt, „niemand weiß dann noch, was grundsätzlich für alle gilt. Die Lüge vergiftet das Miteinander. Darum bin ich für das absolute Verbot zu lügen“.

„Aber kann dieses Verbot immer und überall gelten?“, wirft Herbert Schnädelbach in die Runde. „Man stelle sich die Situation vor: Ich verstecke jemanden in einer Diktatur vor der Geheimpolizei und ich werde gefragt: Ist der bei dir? Dann darf ich nach Kant nicht lügen. Sage ich die Wahrheit, gefährde ich das Leben des Oppositionellen und mein eigenes. Also es bleibt gar nichts übrig, dass ich in diesem Dilemma die Urteilskraft brauche. Ich muss dann fragen: Was ist der höhere Wert, was ist die größere Schuld. Das muss man abwägen. Und dafür gibt es keine Regeln“. Gelegentlich sollte man sich doch zugunsten des kleineren Übels entscheiden, Kant muss stillschweigend hier eine Grenze seines Denkens anerkennen.

Der Diener Lampe unterbricht die Debatte, die Gäste sollten doch bitte den nächsten Wein, einen Riesling, nicht vergessen. Aber die kleine Pause dauert nicht lange: „Liebe Gäste“, sagt nun Kant, „vergessen sie nicht: Der kategorische Imperativ hat auch eine politische Bedeutung: Meine Freiheit darf die Freiheit des anderen also nicht beschädigen, ich muss denjenigen Menschen in seiner Freiheit behindern, wenn er seine eigene Freiheit nur dazu benutzt, die Freiheit anderer einzuschränken“.

Kant hat sich erhoben. Er greift zu einem Buch, auf das er besonders stolz ist, es heißt: „Zum ewigen Frieden“. „Darin schreibe ich: In unserer politischen Arbeit sollen wir den universalen Frieden, den Weltfrieden, als Projekt anstreben. Denn was nützt es, wenn nur ein friedlicher Staat von lauter Kriegstreibern umgeben ist. Es ist ein langer Weg zum Weltfrieden, aber er ist ethisch geboten. Ich kritisiere die räuberische Außenpolitik, früher sprach man von Kolonialpolitik. Es gibt Staaten, die herrschsüchtig und für den Frieden verderblich sind. Es darf kein stehendes Heer mehr geben, denn das führt nur zum Wettrüsten“. Ob man Kant einen Friedensaktivisten nennen könne, fragen die Gäste. Kant antwortet lapidar: „Na klar“! „ Diese Vorstellung, Frieden für alle zu schaffen, wird übrigens auch von der Bibel unterstützt“, meint Michael Bongardt.

Die Gäste lassen sich gleich von dem Stichwort inspirieren und wollen ausführlicher über die Bedeutung der Religionen sprechen. Kant ist als Philosoph ein entschiedener Kirchenkritiker. Wie viele Feindseligkeiten der Rechtgläubigen musste er schon deswegen ertragen. „Aber es ist einfach falsch, wenn so viele Dummköpfe behaupten, ich sei ein „Zerstörer des Glaubens“, meint er. „Ich finde es von meiner Moralphilosophie her sogar notwendig, im Denken das Dasein Gottes anzunehmen. Gottes Existenz können wir aber nicht wissenschaftlich demonstrieren, weil ja Gott nicht als ein greifbarer Gegenstand erfahren werden kann“.

Jean Greisch will diese Aussage noch vertiefen: „Gott ist für Kant kein Erfahrungsgegenstand. Aber das bedeutet keinesfalls, dass der Gottesbegriff selbst sinnlos wäre. Man kann sagen: Das Unbedingte ist unbegreiflich. Wenn du Gott begreifen könntest, dann kannst du sicher sein, das kann nicht Gott sein, das sagt doch auch der heilige Augustinus“.

Die Runde ist von einer Stimmung erfasst, die man im Hause Kants manchmal „philosophische Begeisterung“ genannt hat. Der Gastgeber ruft dazwischen: „Wer sagt, dass Gott sicher existiere, der sagt mehr, als er wirklich weiß. Und wer das Gegenteil sagt, Gott existiere sicher nicht, der sagt ebenso mehr als er weiß. Niemand weiß genau und exakt, ob Gott existiert. Wir erreichen nur das göttliche Geheimnis“.

Herbert Schnädelbach greift diese Erkenntnis noch einmal auf: „Was die gelebte Religion betrifft, da hat Kant ja in seiner Religionsschrift gezeigt: Alles, was wir tun können, um gottgefällig zu sein, ist nur eines: Moralisch zu leben. Alles andere ist Abgötterei und Aberglaube“.

„Ist meine Überzeugung nicht modern, hilfreich im Kampf gegen den Fundamentalismus?“, fragt Kant durchaus rhetorisch. „Religiöse Praxis bedeutet für den einzelnen nichts anderes als die Anerkennung vernünftiger moralischer Pflichten. Nur dies will Gott von uns. So werden dogmatische Ansprüche begrenzt. Darum habe ich kein Verständnis für Konfessionen und Kirchen, wenn sie die Menschenrechte nicht respektieren und nur halbherzig die Demokratie unterstützen…“

Jean Greisch findet Kants Verständnis von Religion doch zu eng: „Religion ist nicht nur ethisch gutes Handeln, sie hat auch noch andere Komponenten, wie das Fest, die Feier, den Kult. Ich meine: Religion ist eine eigenständige Provinz im menschlichen Gemüt“. Dennoch bleibe Kants Religionskritik auch für Katholiken wertvoll, meint der Professor aus Paris. „Aberglaube, Fanatismus, Wundergläubigkeit: Die muss man tatsächlich unter Kontrolle halten. Ich glaube, da hat er recht. Und ich glaube, in dieser Beziehung müssen wir auch als Philosophen einen kritischen Blick für die institutionellen Organisationsformen der einzelnen Religionsgemeinschaften haben“.

Kant freut sich, dass die Grundidee seiner Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phie immer noch respektiert wird. Und mit einem Seufzer fügt er hinzu: Genauso wichtig sei noch etwas ganz anderes: „Das Reich Gottes auf Erden ist die letzte Bestimmung des Menschen. Christus hat das Reich Gottes verkündet. Aber man hat ihn nicht verstanden und statt dessen das Reich der Priester und der Kirche errichtet und nicht das Reich Gottes, das in uns selbst, in Seele und Vernunft, zu finden ist“.

Von Ferne sind Stimmen zu hören, Studenten eilen zur Universität. Hier hat Kant viele Jahre bis zu 20 Vorlesungen wöchentlich gehalten, meist am Vormittag. Auch noch mit 70 Jahren, gönnt er sich täglich pünktlich um 4 Uhr seinen Spaziergang. Die Leute in Königsberg warten förmlich darauf, dass er seine „Runden zieht“.

Die Gäste müssen also aufbrechen. Herbert Schnädelbach wendet sich an Kant: „Ihre Philosophie ist ein inständiges Nachforschen mit dem Versuch, alle möglichen Argumente, die da mit im Spiel sind, zu berücksichtigen. Das ist irgendwie doch faszinierend, muss ich sagen“.

Der Gastgeber will noch ein gutes Wort mit auf den Weg geben: „Was mir am wichtigsten ist: Pflegen wir einen gesunden Verstand, bewahren wir uns ein fröhliches Herz und einen freien, selbst bestimmten Willen“. Und mit einem leichten Seufzer fügt er hinzu: „Nur mit kleinen Schritten folgt die Menschheit den Weisungen der Vernunft. Schließlich leben wir noch nicht in einer vernünftigen Welt, es gibt noch viel zu kritisieren und vernünftiger zu machen…“

…..Ganz kurz zur Person:

Immanuel Kant wurde 1724 in Königsberg geboren. Seine Hauptschriften sind „Kritik der reinen Vernunft“, Kritik der praktischen Vernunft“ und „Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen vernunft“. In seinem Haus trafen sich regelmäßig Menschen aus ganz Europa. Der Meisterdenker hat seine Heimatstadt bis zu seinem Tod 1804 nur einmal – für einen kleinen Ausflug – verlassen. Darüber gibt es keine Zweifel: Kant lebt (mit seinem Denken) weiter. Die Geschichte der Philosophie lässt sich in „vor Kant“ und „nach Kant einteilen.

copyright: Christian Modehn

 

 

 

 

 

 

“Berlin 775 Jahre”: Für eine “Berliner Theologie: Religiös sind fast alle

Anläßlich der Feiern “Berlin wird 775” eine theologisch -religionsphilosophische Provokation.

Religiös sind fast alle

Für eine „Berliner Theologie“, zum ersten Mal publiziert an 5, September 2012

Von Christian Modehn

Ab Ende August wird in Berlin – wieder einmal – ausgiebig gefeiert: Die Hauptstadt wird 775 Jahre alt. Auch die Religionen gehören zu Geschichte. An „Gedenkfeiern“ wird es nicht mangeln. Wird die Theologie nur nach rückwärts schauen? Theologie als Wissenschaft wird in Berlin seit Beginn des 19. Jahrhunderts gelehrt. Inspirierend sind bis heute die Protestanten F. Schleiermacher und E. Troeltsch, sicher auch D. Bonhoeffer und P. Tillich. Sie wurden auch außerhalb der kirchlichen Welt geachtet, weil sie den Mut hatten, jenseits dogmatischer Traditionen Neues zu sagen: Ihr Bezugspunkt war die unkirchliche Kultur der Metropole. Aber die war nicht der „Feind“, den man missionierend „besiegt“, sondern der Partner, von dem man lernt. Deswegen galt es, die „Gebildeten unter den Verächtern des Religion“ (Schleiermacher) anzusprechen und zu argumentieren, „als gäbe es Gott nicht“ (Bonhoeffer). Berliner Katholiken sind noch stolz auf ihren einzigen Star, den Religionsphilosophen R. Guardini, er interpretierte immerhin Rilke, Dostojewski und Hölderlin.

Auch heute ist Theologie (evangelische an der Humboldt – Universität, katholische, sehr bescheiden, an der F.U.) auf den immer kleiner werdenden kirchlichen Sektor bezogen. In kulturellen oder sozialpolitischen Debatten der Stadt kommt Theologie kaum vor. Für die Medien ist sie ein Randthema. Die beiden konfessionellen Akademien bedienen vor allem das älter werdende kirchliche Publikum.

23 Jahre nach dem Fall der Mauer ist Berlin immer noch „Sektoren – Stadt“. Es gibt zahlreiche unterschiedliche soziale und religiöse Milieus, die nebeneinander leben, manchmal auch gegeneinander. 130 Nationen sind allein im Bezirk Neukölln vertreten: Etliche Menschen arabischer Herkunft wollen mit ihren Nachbarn türkischer Herkunft nichts zu tun haben. Zudem wird die Gentrifizierung als Heimat Vertreibung der Alteingesessenen an den ungeliebten Stadtrand erlebt. Wohlhabende Kirchengemeinden meiden die Begegnung mit „Glaubensbrüdern“ aus armen Bezirken. Der Stadt mit 3, 5 Millionen Einwohnern und mit mehr als 12 Millionen Touristen jährlich, fehlt eine allen gemeinsame spirituell – menschliche Basis; es fehlt das Bewusstsein für das Verbindende. Darum sollte sich Theologie kümmern. Dies könnte dann auch ihr Sprechen von Dogmen und Traditionen grundlegend weiten. Schleiermachers und Bonhoeffers Ideen sollten fortleben.

Von regelmäßigen, auf Dauer angelegten theologischen Gesprächen mit Nichtkonfessionellen oder Atheisten kann keine Rede sein. Dabei bilden diese Menschen in Berlin die absolute Mehrheit. Nur jeder dritte Bewohner Berlins gehört noch einer christlichen Kirche an. 660.000 sind evangelisch, 320.000 katholisch. Junge Menschen sind in den Kirchen die Minderheit. An einem „normalen Sonntag“ nehmen ca. 50.000 Christen am Gottesdienst teil. So viele Besucher zählen auch die zahllosen (Musik) „Clubs“ an einem Wochenende. Zum Islam bekennen sich etwa 8 Prozent der Bevölkerung. Die jüdische Gemeinde hat 11.000 Mitglieder. Genaue Zahlen zu den zahlreichen Buddhisten gibt es nicht.

Wäre es nicht an der Zeit, eine neue, eine ausdrücklich ortsbezogene „Berliner Theologie“ zu entwickeln? Es ist doch selbstverständlich: In Kalkutta muss anders über Gott und die Menschen nachgedacht und gesprochen werden als in Paris oder Nairobi.

Was ist also eine „Berliner Theologie“? Sie bezieht sich zunächst auf die allgemeine Religiosität der Menschen, weil sie weiß, dass jeder auf irgendeine Weise bewusst oder unbewusst seinen eigenen Mittelpunkt im Leben hat, einen  Wert, der ihm „absolut wichtig“ ist: Die Liebe und Nächstenliebe, das Vergnügen und die Solidarität, die Musik, die Kunst und die Museen … oder der Sport. Eine Bindung an etwas (subjektiv) „Heiliges“ haben die Menschen längst, „Religion“ ist immer schon da. Theologie hat diese allgemeine Spiritualität zu respektieren und im Gespräch herrschaftsfrei zu befragen.

„Berliner Theologie“ weist also darauf hin, dass es eine „unsichtbare humane Religion“ (Th. Luckmann) gibt, die als eine Art gemeinsamer „Nenner“ die Menschen verbindet. Im Gespräch können sie sich verständigen, wie sich diese Formen unsichtbarer Religion wechselseitig kritisieren oder korrigieren: Ist Religiosität persönlich und gesellschaftlich befreiend, fördert sie die Ausbildung ganzheitlicher Menschlichkeit? Christliche Traditionen können dann als Vorschlag, als Denkanstoß und Einladung eingebracht werden. Diese Berliner Theologie würde dann eher als Religionswissenschaft des Christentums arbeiten, wie in Holland oder den USA. Sie fordert offene Gemeinden, in der möglichst viele unterschiedlichen Menschen sich ökumenisch austauschen können, mit einander (auch rituell) feiern in dem Wissen, dass die Vielfalt der Überzeugungen eine gemeinsame humane – spirituelle Basis hat. Im Gespräch mit Muslims wäre das gemeinsame Menschsein die Basis, nicht die korrekte Koran – Interpretation. Eine „Berliner“ Theologie, „anthropologisch gewendet“, könnte dem Wohl der Stadt dienen und die Grenzen und „Sektoren“ überwinden.

Der Beitrag erschien am 24. 8. 2012 in ähnlicher Form in Publik  Forum, allerdings durch die Redaktion dort bearbeitet.

copyright: christian modehn

 

 

 

Die Last der Vergangenheit: Die Dominikanische Republik und die Trujillo Diktatur

Zwei Fragen an Dr. Stefanie Hanke, Repräsentantin der “Friedrich Ebert Stiftung” in Santo Domingo, Dominikanische Republik

Findet jetzt Ihrer Meinung nach in der Dominikanischen Republik  eine tiefere “Bearbeitung” der Trujillo Diktatur statt, also die Frage: Wie stark haben Familien, Gruppen, Kirchen den Diktator Trujillo unterstützt?

Nach wie vor findet weder auf gesellschaftlicher noch auf politischer Ebene eine Aufarbeitung des Trujillo – Regimes statt. Bezeichnend ist der Umstand, dass am Jahrestag der Trujillo – Ermordung nur eine kleine Privatinitiative eine Ehrenfeier begeht, zu der zwar auch ein offizieller Staatsvertreter kommt, aber nur ein rangniedriger. Der Präsident war am selben Tag damit beschäftigt, eine neue Strasse einzuweihen. Es gibt noch heute viele „Aktive“ des Trujillo Regimes und vor allem solche seines Nachfolgers Balaguers, die kein Interesse an einer öffentlichen Debatte haben. Die jungen Menschen interessieren sich kaum für das Thema. Insgesamt gibt es unter den jungen Menschen keine kritische „Masse“, die sich mit Trujillo beschäftigt. Das ist also etwa nicht zu vergleichen mit den familieninternen Auseinandersetzungen um Schuld und Täterschaft in den deutschen Familien nach dem zweiten Weltkrieg.

Die katholische Amtskirche spielt keine Rolle bei einer historischen Aufarbeitung und macht weiter wie bisher. Lediglich die Jesuiten haben nach Trujillo einen Kurswechsel vorgenommen und erklärt, nie mehr mit den Herrschenden zu paktieren, sondern nur noch für die Armen und Bedürftigen arbeiten zu wollen.

Welche Rolle spielt dabei jetzt das Museo de la resistencia, also das neue Museum des Widerstands?

Das Museo ist ja relativ neu. Es hat aber offenbar einen guten Ruf, das kann man immerhin in Erfahrung bringen. Ob es angenommen wird, kann ich nicht beurteilen, da ich nicht über Daten wie Besucherzahlen etc. verfüge. In der Presse findet es jedenfalls kaum Beachtung.

 

 

 

 

Getrennte Welten? Naturwissenschaften und Religionen

Getrennte Welten? Naturwissenschaften und Religionen

Vorschläge für ein friedliches Nebeneinander: Eine Skizze zur Diskussion

Von Christian Modehn       (aus den Diskussionen des Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salons)

Zwei unterschiedliche „Welten“ werden noch immer gern vermischt, und wer dieser Vermischung gläubig folgt, erlebt Konsequenzen nicht nur theoretischer Art: Sie führen zu Einseitigkeiten, Dogmatismen, Fundamentalismen: Es geht darum, dass aus den Erkenntnissen der Naturwissenschaften weiterreichend ins Religiöse gehende Schlüsse gezogen werden. Andererseits: Aus uralten (religiösen) Texten werden angebliche Erkenntnisse zur Natur oder der Entstehung der Welt gezogen. Beide Phänomene sind Grenzüberschreitungen, die auch existentielle Verwirrung stiften und auch politische Auswirkungen haben bis hin zur heute noch üblichen gewalttätigen Ketzerverfolgung etwa durch islamistische Kreise. Sie respektieren nicht die unterschiedlichen Argumentationsebenen von Naturwissenschaften und Religion/Weltanschauungen. Zusammenfassend gesagt: Man kann nicht aus naturwissenschaftlichen Erkenntnissen religiöse, weltanschauliche Konsequenzen ziehen. Genauso wenig kann man als religiöser Mensch beanspruchen, Wahrheiten zu haben, die unmittelbar die Wissenschaft der Natur betreffen.

Dabei ist zunächst zu beachten, dass immer von einem zeitlich bestimmten Stand der naturwissenschaftlichen Forschung ausgegangen wird. Jeder Forscher weiß, dass sein Standpunkt immer ein relativer Standpunkt ist. Die Forschung geht weiter. Nur wenige Basis – Erkenntnisse sind definitiv. Wenn etwa Gehirnforscher wissen, dass nervliche und mentale Vorgänge miteinander verbunden sind,  wenn sie wissen, dass geistige Zustände auch in Gehirnprozessen verwurzelt sind, dann reagiert darauf Gerhard Roth, der Leiter des Bremer Zentrums für Kognitionswissenschaften: „Ich glaube nicht, dass wir derzeit entscheiden können, ob alle Gehirnprozesse deterministisch ablaufen. Es ist die Frage, ob dies wegen der ungeheuren Komplexität der Hirnprozesse je möglich sein wird“. So in einem Beitrag für den Tagesspiegel am 23.7. 2012. Neurobiologen wollen und können nach Roth gar nicht das „Wesen des Geistes“ erkunden, es geht ihnen nur um den Zusammenhang  von neuronalen Prozessen und geistigen sowie psychischen Abläufen. Gerhard Roth betont zudem ausdrücklich, die Fragen nach dem Wesen von Licht, Materie und Schwerkraft seien keine naturwissenschaftlichen Fragen. Naturwissenschaftler wollen im Experiment und in Beobachtungen Eigenschaften (!) der Dinge klären, mehr nicht.

Grenzziehungen also sind angesagt: Naturwissenschaft befasst sich mit dem „endlichen“ Bereich des Natürlichen, tiefer reichende metaphysische oder religiöse Fragen liegen außerhalb ihres Blickfeldes. Umgekehrt gilt für die Religionen: Sie versuchen sich dem Gründenden des Menschen zu stellen, das sie als Gründendes und Ewiges nicht als solches umgreifen und erkennen können. So bleiben Religionen immer im Bereich des Hinweisens und des kritischen Begrenzens. Niemals kann eine Religion als Religion eine naturwissenschaftliche Erkenntnis formulieren. Früher haben die Kirchen diese Grenzen maßlos überschritten, heute fordern Evangelikale oder fundamentalistische Muslime die Anwendung der Erkenntnis „heiliger Texte“ auf die Erkenntnis der Welt und damit auf die Welt – Gestaltung.  Diesem Ansinnen muss sich die Vernunft argumentativ widersetzen.

Religionen haben trotz dieser „Verirrungen“ eine bleibende Bedeutung: Auf sie können viele Menschen nicht verzichten, wenn sie sich die Frage nach tragenden Gründen für den Sinn des Lebens stellen. Noch einmal: Aus naturwissenschaftlicher Sicht können diese Fragen nicht beantwortet werden

Religionen werden auf ihre Art die fundamentalen, nicht mehr wissenschaftlich streng und eindeutig zu klärenden Fragen beantworten, eher poetisch und lyrisch, immer mit dem Vorbehalt, keine allgemeinen, letzten Antworten für alle zu haben.

Oder gehört Poesie, die sich dem Ganzen des Daseins stellt, nicht zum Leben? Hat nicht fast jeder Mensch seine eigene, noch so bescheidene Poesie?

Schwierig wird es in dem Zusammenhang, mit Denkern wie Teilhard de Chardin umzugehen, dem Naturwissenschaftler und Jesuiten, der als solcher zu religiösen und ausdrücklich christologischen Überzeugungen fand. Aus unserer heutigen Sicht wurden da ekstatisch poetische Übergriffe aus der Naturwissenschaft ins Religiöse begangen. Aber man wird ihm wohl zubilligen, sozusagen seine persönliche und private Spiritualität formuliert zu haben. In einer privaten Spiritualität kann ein religiöser Mensch die Schönheiten der Natur bewundern und in Verbindung mit einem göttlichen Schöpfer setzen. Diese Naturverehrung hat natürlich keinen naturwissenschaftlichen Wert. Aber sie kann, in der Kunst gestaltet, von einem großen, fürs Dasein relevanten Wert sein. Wer bezweifelt im Ernst die hohe Bedeutung der Natur – Gedichte der Romantik oder die Natur – Haikus japanischer Autoren?

Wenn also Naturwissenschaften und Religionen nebeneinander stehen, heißt das ja nicht, die Wirklichkeit der Welt und des Menschen sei insgesamt sozusagen „gespalten“: Sie wird zusammen gehalten von dem einen Geist, der einen Vernunft, die sich vielfältig aktiviert und äußert.

Hier kommt die Philosophie zum Zuge, sie kennt die Größe und Grenzen von Naturwissenschaft und Religion, weiß von den Eigentümlichkeiten von Wissenschaft ALS Wissenschaft und Religion ALS Religion. Philosophie hat einmal mehr eine immense aufklärerische Bedeutung. Sie führt zur Differenzierung, dadurch erst wird menschliches Leben gewaltfrei möglich.

 

 

Ausgegrenzt, geliebt, mißbraucht: Elemente für naturphilosophische Überlegungen

Ausgegrenzt, geliebt, missbraucht:  Elemente für naturphilosophische Überlegungen

Von Christian Modehn

Der Religionsphilosophische Salon hat am 20.Juli 2012 zu einem „naturphilosophischen Spaziergang“ eingeladen. 12 TeilnehmerInnen waren dabei,  ein Teilstück des Tegeler Fließes Richtung Lübars zu “erkunden”: Laufen, betrachten, nachdenken: Drei „Schritte“, die den kritischen Geist in Schwung bringen. Und der ist im Verhältnis Mensch – Natur mehr denn je gefordert: Die Dürre nimmt zu, ebenso gibt es in diesem Jahr immer mehr heftige Stürme und Überschwemmungen; man muss nur die Zeitungen lesen in diesen Tagen: Außergewöhnliche Überschwemmungen in Peking, tödliche Dürre in den USA, Regenmassen in England usw. Die Lebensmittelpreise steigen, Nahrung wird für die Milliarden verarmter und vom neoliberalen System arm gemachter Menschen weltweit immer unerschwinglicher….

“Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen ….“ so beginnen immer die Berichte, wenn sie klar stellen: Viele aktuelle Wetter/Klima Katastrophen sind von Menschen gemacht, sie werden seit Jahrzehnten von Fachleuten besprochen und immer wieder von offizieller politischer Seite ignoriert: Der Fortschritt und das Wirtschaftswachstum dürfen nicht gestört werden. Konsumismus – Kritik bringt, so meinen ignorante Politiker,  weltweit keine Wählerstimmen. Sie halten die Bürger für geistig minderbemittelt, für Menschen, die nur an morgen, nicht an übermorgen denken wollen. Die Aktionen der Naturschutzverbände zeigen das Gegenteil: Viele Menschen wollen den letzten Rest Natur bewahren!

Jedoch: Gegenüber den globalen, alles andere als erfreulichen ökonomischen Trends einen philosophischen Spaziergang in einem der wenigen Berliner Naturschutzgebiete zu machen, kann nur bescheiden das Interesse wecken, um die (philosophischen) Grundeinstellungen zu verstehen, die letztlich zur Ausgrenzung und zum Missbrauch der Natur geführt haben. Parallel zur Missbrauch und zur Ausrottung der Natur gibt es  und gab es ein stetiges Interesse an „der Natur“ im Sinne von idyllischem (Garten/Park) Grün als Kontrast zur vorherrschenden monoton grauen Industrie – Welt. Natur wurde und wird konzipiert als Freizeit – Park, als Ort für kurzfristiges „Aussteigen“ aus der immer mehr städtisch – industriell geprägten Gesellschaft.

Wir nennen nur einige Elemente, die für eine Vertiefung praktischer Naturphilosophie von Interesse sein können, Themen, die wir im Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salon weiter besprechen werden:

Offensichtlich erleben wir – besonders in den Städten- zunehmend das Verschwinden der Natur – ein Ausdruck für die absolute Vorherrschaft des Menschen und der Industrie. Zur Zeit gibt es in Berlin 40 Naturschutzgebiete, also 2, 2 % der Landesfläche. Und Landschaftsschutzgebiete sind ca. 13 % der Fläche Berlins. Ohne gesetzlichen Schutz wäre wohl Natur längst verschwunden, von der Verstädterung „aufgefressen“.

Philosophisch muss geklärt werden, wie es zu diesem Gegenüber von Mensch und Natur kam. Descartes ist sicher einer der “Väter” der Entgegensetzung von Subjekt – Objekt. Interessant auch die Erkenntnis von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno: Sie haben in ihrem Text „Begriff der Aufklärung“ (1947 in Amsterdam erschienen, vorher in den USA verfasst) bestimmte Traditionen des aufklärerischen Denken in ihrem starren Gegenüber von Mensch und Natur kritisiert. Sie verstehen dabei unter Aufklärung „das mathematische – technische Denken, das materialistische Denken, das alles Natürliche zu Dingen macht, über die der Mensch verfügen darf. Aufklärung – in diesem Sinne! – ist totalitär wie nur irgendein System. Problematisch ist …, dass für die Aufklärung der Prozess (der Begegnung mit der Natur) von vornherein entschieden ist: Natur ist dann nur das mathematisch zu Erfassende“. Wie viele Menschen sind von diesem defizienten Aufklärungsbegriff nich heute geprägt?

Die moderne Welt ist also bestimmt durch den „Triumph der Unterwerfung alles Seienden unter den logischen Formalismus“. Natur wird so zur fremden, beherrschbaren und zerstörbaren Gegenstandswelt. Pflanzen werden dann vor allem als künstlich gezüchtete und in Massen ästhetisch produzierte Ziermittel. Tiere werden in Massentierhaltungen um des Konsums willen gequält und ohne jeden Respekt vor ihrer Art „dinghaft“ verwertet. Von Tieren sprechen Metzger gern von „Fleisch -Waren“.

Mit der Objektivierung der Natur geht die Objektivierung des Menschen, des anderen, einher. Der andere wird zum Gegenstand, den man gebrauchen und einsetzen kann und über den man verfügt, den man verkauft usw.

Naturzerstörung ist also auch eine Selbstzerstörung des Menschen. Die „Natur des Menschen“ wird vielleicht gerettet in therapeutischen Sitzungen, wo vergleichbar „seelische Naturschutzzonen“ geschaffen werden, also letzte, heilige und unantastbare Bereiche des Menschlichen.

Ein Gegenmodell könnte die kulturelle Bewegung der Romantik sein: Sie versuchte eher das Miteinander von Natur und Mensch wahrzunehmen, zu spüren, zu denken, künstlerisch auszudrücken. Unter den Theologen und Philosophen nennen wir hier nur Friedrich Schleiermacher, (1768 bis 1834). Entscheidend ist für ihn: Die Teilhabe des Menschen am Göttlichen im Hier und Jetzt, auch im Verschmelzen mit der Natur. Die Natur ist kein Mechanismus, der uns determiniert, sondern ein lebendiges, schöpferisches Geschehen. Natur spüren wir in uns und entdecken diese Schöpferkraft auch in der äußeren Natur wieder.  „Die Unsterblichkeit ist nichts anderes als mitten in der Endlichkeit eins werden mit dem Unendlichen und ewig sein in einem Augenblick“.

Die Wiederentdeckung und Neu – Entdeckung der Romantik ist heute m. E. eine der interessantesten kulturellen Ereignisse. Das wird etwa deutlich, dass man in die dreibändige „Enzyklopädie Philosophie“  (Felix Meiner Vl., Hamburg 2010) einen Beitrag „Romantik“ aufgenommen hat. Dichter, Philosophen, Künstler, usw. charakterisierten sich selbst in dem Sinne, dass sie die Romantik „in einem revolutionierenden, progressiven, neue Standards setzenden Sinne verstanden haben“. (S. 2345) „Die Natur gilt in der Romantik nicht als das Äußerliche, das dem Menschen bestenfalls das Material für sein Tun bereitstellt, sondern als dessen Lebensraum und die Lebensgrundlage. Das romantische Ideal besteht in der Harmonie zwischen Menschen und Natur, nicht in der Herrschaft über die Natur“ (ebd. 2348)…. Die romantische Naturphilosophie ist geprägt von einem ganzheitlich – organismischen Naturverständnis als Gegenmodell zur mechanistischen und mathematisch – Naturerklärung“ (ebd.). Man denke an Novalis, Alexander von Humboldts großes Werk KOSMOS, aber auch an Schelling, selbst an Goethe (so ebd.)

Albert Schweitzer und Hans Jonas sind Philosophen, die die Natur um ihrer selbst willen leben lassen wollen undschützen.

Hans Jonas hat einen neuen kategorischen Imperativ formuliert: „Handle so, dass die Wirkungen deiner Handlungen verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden.“

Zur Religion: Die Religion sollte für die meisten Romantiker keine dogmatische Religion mehr sein! Schleiermacher sagt treffend: „Religion ist Sinn und Geschmack fürs Unendliche“. Beides haben sehr viele Menschen, auch wenn sie sich selbst „nicht – religiös“ oder konfessionell gebunden nennen.

Naturschutz hat heute weltweite Dimensionen. Die Verwüstung von Regenwäldern hat dramatische, irreversible (?), Ausmaße angenommen. Die Natur wird von den unantastbaren und stets anonym bleibenden “Hohenpriestern” des Neoliberalismus dem universalen “Gott Profit” geopfert.

Zum Schluß ein Zitat des großartigen jüdischen Philosophen Hans Jonas (1903 – 1993), er geht der “ewigen” Frage nach, wie das Böse in die Welt gekommen ist und warum es sich weiter verbreitet (siehe Naturzerstörung/Selbstzerstörung des Menschen):

„Im Anfang (…) entschied der göttliche Grund des Seins, sich dem Zufall (…) hinzugeben. Und zwar gänzlich: Da sie einging in das Abenteuer von Raum und Zeit, hielt die Gottheit nichts von sich zurück (…). Damit Welt sei, und für sich selbst sei, entsagte Gott seinem eigenen Sein; er entkleidete sich seiner Gottheit, um sie zurückzuempfangen von der Odyssee der Zeit, beladen mit der Zufallsernte unvorhersehbarer zeitlicher Erfahrung, verklärt oder vielleicht auch entstellt durch sie. (…) Jeder Artenunterschied, den die Evolution hervorbringt, fügt den Möglichkeiten von Fühlen und Tun die eigene hinzu und bereichert damit die Selbsterfahrung des göttlichen Grundes. (…) Die Schöpfung war der Akt der absoluten Souveränität, mit dem sie [Anmerkung: die Gottheit] um des Daseins selbstbestimmter Endlichkeit willen einwilligte, nicht länger absolut zu sein – ein Akt also der göttlichen Selbstentäußerung. (…) Nachdem er sich ganz in die werdende Welt hineingab, hat Gott nichts mehr zu geben: Jetzt ist es am Menschen, ihm zu geben“. (Das Zitat von Hans Jonas wurde gefunden im wikipedia Beitrag zu Hans Jonas).

Was können wir praktisch tun? Auch da kann jeder selbst nachdenken:

Wir weisen empfehlend auf eine von vielen beachtlichen Privaten – Initiativen hin: Rettet den Regenwald. http://www.regenwald.org/

copyright: Christian Modehn

 

 

 

 

 

Flüchtlinge in Deutschland: Nicht länger Menschen zweiter Klasse

Flüchtlinge in Deutschland: Nicht länger Menschen „zweiter Klasse“

Zum Urteil des Bundesverfassungsgerichtes am 18.7.2012

Von Christian Modehn

Nun werden Flüchtlinge in Deutschland endlich mit dem nötigen Respekt behandelt: Endlich gelten Menschenrechte für sie etwas mehr als bisher. Der Religionsphilosophische Salon ist über diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 18.7.2012 sehr glücklich, denn Menschenrechte sind der Kern und das unaufgebbare Zentrum humaner Gesellschaften und Staaten. Menschenrechte drücken die „Sakralität der Person, jeder Person“ aus, wie kürzlich Hans Joas, der Philosoph, geschrieben haben.  Menschenrechte sind insofern etwas –säkular – Heiliges.

Tatsache also ist, und das ist eigentlich für die Regierungen in Deutschland, die sich oft christlich nennen, äußerst blamabel: Das Bundesverfassungsgericht hat klar gestellt, dass die Flüchtlinge in Deutschland bisher unter einer offenbar bewusst einkalkulierten und gesetzlich fixierten Missachtung zu leiden hatten. Die Finanzleistungen für Menschen, die aus Verfolgung und Unterdrückung in die Freiheit flüchteten, wurden tatsächlich seit 1993 nicht mehr den Inflationsraten angepasst. Die Leistung für einen Flüchtling beträgt bis jetzt 212, 36 Euro pro Monat plus 28,50 Euro für Fahrgeld, so im Land Berlin.

Sozialverbände sprechen angesichts des Urteils von Karlsruhe zu Recht von einer „Ohrfeige für die Bundesregierung“. Es liege in der rechtlichen Missachtung der Flüchtlinge ein Verfassungsbruch vor: Kann man Schlimmeres Regierungen sagen, die sich christlich oder sozial usw. nennen? Es war offenbar populär, wenn nicht populistisch, die Rechte der Flüchtlinge zu ignorieren. Das scheint in Deutschland immer noch die Gunst der Wähler zu finden. Danach richten sich Politiker, nicht nach den Menschenrechten.

Wir fragen, wird hier einmal mehr eine gewisse Blindheit der Verantwortlichen auf mindestens einem Auge sichtbar, von der schon im Zusammenhang der Ignoranz gegenüber dem rechtsextremen Terror die Rede ist.

Wir bieten eine Presseerklärung eines verdienten Hilfswerkes an, des international tätigen Jesuiten Flüchtlingsdienstes:

Berlin, 18. Juli 2012 – Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst fordert die Bundesregierung auf, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts unverzüglich umzusetzen. Etwa 130.000 Menschen, darunter viele so genannte „Geduldete“, müssen z.T. rückwirkend mehr Geld erhalten: Die höchsten Richter hatten heute die Leistungen für Asylsuchende und „Geduldete“ als verfassungswidrig verurteilt. Aktuell liegen die Bezüge rund 40 % unter dem Satz für die Sozialhilfe, der als menschenwürdiges Existenzminimum gilt – und das bei einem gleichzeitigen strikten Arbeitsverbot für mindestens ein Jahr, oft deutlich länger. Pater Martin Stark erklärt auch eine weitere wichtige Forderung:

Die Bundesregierung hat schon lange angekündigt, dass sie beim Asylbewerberleistungsgesetz Handlungsbedarf sieht, aber die Anhebung herausgezögert und verschleppt. Diese unwürdige Hinhaltetaktik auf dem Rücken von Menschen, die vor Krieg, Not und Verfolgung nach Deutschland geflohen sind, haben die Richter heute endlich beendet“, so der Direktor des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes Deutschland, Martin Stark SJ. „Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass es auf die Menschenwürde keinen Rabatt gibt. Damit Flüchtlinge hier in Würde leben können, muss jetzt auch das Arbeitsverbot fallen. Die gesetzlich verordnete Ausgrenzung Asylsuchender und Geduldeter vom Arbeitsmarkt ist diskriminierend, verstößt gegen die Menschenwürde und wurde schon mehrfach von den Vereinten Nationen gerügt. Es verurteilt sie zu einem Leben in Abhängigkeit und zur Untätigkeit. Das ist seelisch extrem belastend und schürt zudem rassistische und fremdenfeindliche Vorurteile.“

Dr. Dorothee Haßkamp, Öffentlichkeitsarbeit & Fundraising

Jesuiten-Flüchtlingsdienst Deutschland

Jesuit Refugee Service (JRS)

Witzlebenstr. 30a

D-14057 Berlin

Tel.: +49-30-32 60 25 90

Fax: +49-30-32 60 25 92

dorothee.hasskamp@jesuiten-fluechtlingsdienst.de

www.jesuiten-fluechtlingsdienst.de

Noch eine ergänzende Information:

Länder, die Flüchtlinge aufgenommen haben:

(entnommen statista.com in Hamburg)

Man beachte, wie viele tausend Flüchtlinge in Ländern leben, deren Bevölkerung selbst in bitterster Armut lebt:

Pakistan: 1, 7 Millionen

Deutschland 571.000

Kenia 566.000

Jordanien 450.000

Tschad 366.000

Äthiopien 288.000

USA 264.000

Weitere aktuelle Informationen regelmäßig: The UN Refugee Agency: http://www.unhcr.de/unhcr.html

Zum Schluss weisen wir auf eine zentrale Aussage der Bibel hin; man liebt es ja heute, gerade im Zusammenhang der „Beschneidungsdiskussionen“, sich auf „Gottes Wort“ zu beziehen: Man lese etwa Leviticus (19, 33). Die Philosophin und Theologin Katharina Ceming schreibt in ihrem Buch „Ernstfall Menschenrechte“, München 2010: „Die sich immer wieder durch das Alte Testament ziehende Forderung, den Fremden gut zu behandeln, ja ihn zu lieben, wie man sich selbst liebt – wie es im Buch Leviticus heißt – hängt mit der eigenen Erfahrung des Fremdlingseins in Ägypten zusammen. Die Wahrung der Rechte des Fremden erstreckt sich sogar auf ein Asylrecht. Ein fremder Untertan, der nach Israel flieht, darf nicht an seinen Herrn ausgeliefert werden. er genießt Asylrecht und darf sich seinen Wohnort frei wählen“ (S. 78).

 

 

Philosophie lebt in Frankreich heute – Wandlungen und Neubeginn

Philosophie in Frankreich heute: Wandlungen und Neubeginn

Von Christian Modehn

Die Erinnerung an Jean – Jacques Rousseaus 300. Geburtstag führt weiter zu der Frage: Wie geht es „der“ Philosophie in Frankreich heute? Die Tageszeitung Le Monde (Paris) hat in ihrer Ausgabe vom 23. Juni ein recht umfangreiches Dossier zu dem Thema publiziert unter dem Titel: „Le nouveaux clients de la philo“ (Die neuen Kunden der Philosophie). In dem Beitrag von Nathalie Brafman und Nicolas Weill werden interessante Perspektiven mitgeteilt, wir wollen nur einige hervorheben. Sie zeigen, dass in Frankreich, einmalig in Europa, die Philosophie immer noch eine große öffentliche Bedeutung hat, also alles andere ist als eine marginale Disziplin an den Universitäten.

1.

„Seit etwa 40 Jahren werden Debatten mit Philosophen sehr gut besucht, das Publikum wünscht Gespräche mit Philosophen, deren Bücher so gut verkauft werden, dass  Romanautoren darüber vor Neid erbleichen“, so die Autoren.

2.

Dieser ersten globalen Einschätzung in Le Monde steht die Tatsache gegenüber, dass in den Schulen Philosophie Pflichtfach ist. 500.000 Abiturienten haben in diesem Jahr eine Abschlussprüfung in Philosophie gemacht. Seit Beginn des 19. Jahrhunderts ist das so, dahinter stand die Idee, auf diese Weise gute Bürger heranzubilden. Bis heute werden die Themen und Fragen zur Abschlussprüfung in Philosophie auch in Büchern publiziert.

3.

Der Philosophieunterricht in den Schulen ist hingegen weithin bei den Schülern unbeliebt. „Er ist zu weit entfernt vom Alltag“, heißt es.  „Die Schüler nehmen Philosophie als ein sehr schwieriges Thema wahr, sie finden dort kein Mittel, wirklich voran zu kommen“, so wird Cécile Victorri zitiert, Philosophie  – Lehrerin in Sarcelles. Es gibt zwar eine nationale Forschungsgruppe zum Philosophieunterricht (Greph), aber die hat bisher keine tief greifenden Reformen im Unterricht durchsetzen können.

4.

In den Universitäten, so Le Monde, hat Philosophie jetzt einen schweren Stand. Selbst in der berühmten Universität Nanterre („Mai 68“) wurde die Philosophie reduziert und mit anderen Wissenschaften verschmolzen zu „Humanités“, also Humanwissenschaften. Die Strategie, die bisher eigenständige Philosophie mit anderen Wissenschaften zu verschmelzen, setze sich immer mehr durch, heißt es. „Wenn Philosophie nur noch Medizinern angeboten wird, die eine bestimmte Ethik suchen, dann ist das nicht eigentlich mehr philosophische Arbeit“, so Anne Fraisse, Präsidentin der Universität Montpellier III.

5.

Außerhalb der Universitäten geht es der Philosophie hingegen sehr gut, so wird ausdrücklich betont. Le Monde erwähnt auch das wunderbare Kulturradio „France culture“, wo die philosophischen Sendungen eine sehr große Beachtung finden, besonders die Sendung „Les nouveaux chemins de la connaissance“ (Die neuen Wege der Kenntnis). 430.000 Personen laden sich zum Beispiel die Manuskripte dieser Sendung pro Monat herunter.

6.

Von einzelnen Philosophen werden Bücher in sehr hohen Auflagen verkauft: Besonders die Werke des populären, eher materialistisch – hedonistisch – atheistisch orientierten Philosophen Michel Onfray, er hat seine eigene Volksuniversität in Caen, Normandie. Viel verkauft werden auch die Bücher von Luc  Ferry und  -das freut uns besonders! – die Arbeiten von André Comte – Sponville. Im Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salon wurde schon vor einigen Jahren auf die ausgezeichneten, aber leicht zugänglichen Arbeiten des in Paris lebenden freien Philosophen verwiesen.

7.

In Paris wurden Mitte der 1990 Jahre die „philosophischen Cafés erfunden, die Verdienste der Gründung kommen dem unvergessenen Marc Sautet (1947 – 1998) zu, das von ihm begründete Café philo im Cafe Phare an der Place de la Bastille setzt seine Arbeit unermüdlich weiter, auch wenn Le Monde im allgemeinen ein nachlassendes Interesse an diesen populären Debatten feststellt.

8.

Im Jahr 2008 wurde die „Université conventionelle“ in Paris gegründet, eine Initiative, an verschiedenen Orten in der Hauptstadt Philosophie auf hohem Niveau zu lehren, gratis und meist am Abend, damit Menschen aus allen Berufen an den Kursen teilnehmen können. Uns freut, dass diese Initiative auch eigene Angebote hat  zur Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phie, im Augenblick zur Apokalypse. Dieser Initiative wird eine große Bedeutung zugeschrieben.

9.

Heute, so berichtet Le Monde, wird Philosophie vor allem durch das Internet verbreitet. Auch die altehrwürdige „Société de philosophie“, gegründet 1901, hat viel besuchte Internet – Auftritte. Die Université conventionelle  hat 300 Besucher pro Tag auf ihrer website.

10.

Wichtig bleiben trotzdem die philosophischen Zeitschriften. Auch da ist Frankreich führend, etwa mit dem „Magazine philosophie“, das monatlich (Verbreitung ca. 46.000 Exemplare, am Kiosk zu haben) erscheint, inzwischen wird es in etwas knapperer Form auch in Deutschland publiziert. Auch andere Monatszeitschriften, wie Esprit oder Etudes oder Débat bringen regelmäßig viele philosophische Beiträge.

11.

Es gibt zahlreiche bedeutende Philosophie Festivals, etwa im schönen St. Emilion (verbunden mit Wein – Proben) oder in Lille, wo das Festival „Citéphilo“ einen sehr guten Ruf hat. „Aber wir haben niemals nachgegeben, die Philosophie leicht zu machen“, betonen die Verantwortlichen, Gilbert Glasman und Leon Wisnia.

12.

Schade ist, dass Le Monde in dem Beitrag nicht ausführlich von dem bekannten und seit Jahren bewährten „Collège International de Philosophie“ in Paris 5 spricht. Wir werden darauf zurückkommen.

Im ganzen haben wir den Eindruck, dass die Wege des kritischen philosophischen Nachdenkens in Frankreich sehr vielfältig und lebendig sind. Das Interesse an Philosophie ist wohl ein Beweis dafür, dass die kritische Demokratie als Projekt weiter besteht. Darüber hinaus wird Philosophie als Lebensorientierung geschätzt, in Zeiten abnehmender Konfessionsbindungen auch dies ein interessanter Hinweis auf den religiösen „Umbruch“.