Warum sollten die USA jetzt nicht mehr Demokratie genannt werden?

Die 24. der „unerhörten Fragen“: Warum sollten die USA jetzt nicht mehr Demokratie genannt werden?
Von Christian Modehn am 14.2.2025

1,
Die Antwort ist ganz einfach: Weil diese Erkenntnis den Fakten entspricht! Weil Trump und seine Regierung jetzt die Demokratie systematisch und wohl auf längere Dauer zerstört. Und diese Erkenntnis setzt sich immer mehr durch, zumal nach der “Münchner Sicherheitskonferenz” (14., 15.2.2025) mit dem Auftritt von Vizepräsident Vance (siehe dazu Fußnote 4).

Eine weiterführende Frage wäre, notiert am 19.2.2025: Sind notorische Lügner als Verbrecher zu bezeichnen? Ethisch gesehen: Ja. Wie also umgehen mit Verbrechern in der Politik, die sich eine fast totale Macht “demokratisch”, durch Wahlen, mit allerlei Tricks verschafft haben? Was ist, wenn man viele Millionen Wähler eines notorischen Lügners doch, vornehm noch, “ein bißchen verwirrt bezeichnen würde?”  Siehe die Lügen und Unverschämtheiten Mister Trumps gegenüber dem demokratischen Präsidenten der Ukraine: Selenskyj: FUßNOTE 3:

Katholische US Bischöfe verklagen Trump: “Die US-amerikanischen Bischöfe beschlossen am Dienstag, den 18. Februar, die Trump-Regierung wegen der Einstellung der Finanzierung der Ansiedlung von Flüchtlingen zu verklagen. Sie bezeichneten diese Maßnahme als illegal und schädlich für neu angekommene Flüchtlinge.” Quelle: Tageszeitung La Croix, Paris, 20.2.2025, Seite 13.

2.
Objektive Beobachter sprechen jetzt tatsächlich von einem Staatsstreich (siehe Fußnote 1) durch Trump, also konkret: Von einem hinterhältigen, systematischen Übergang einer gewählten demokratischen Regierung in eine Diktatur. Der letzte große Staatsstreich geschah in Venezuela durch Maduro 2017 (siehe Fußnote 2).
3.
Wenn die Regierung Trumps, die Exekutive, nicht mehr die für eine Demokratie immer übergeordneten Gerichtsentscheidungen respektiert, spätestens dann sollte von Staatsstreich gesprochen werden. „Am Sonntag (9.2.2025) schrieb Trump Vizepräsident J.D.Vance in einem Post: `Richtern ist es nicht erlaubt, die legitime Macht der Exekutive zu kontrollieren.` Nebenbei: Vance ist tatsächlich Absolvent der Yale – Law – School (!), er hat in den vergangenen Jahren immer wieder argumentiert, dass ein Präsident wie Trump Gerichtsurteile ignorieren sollte, die seine exekutive Macht begrenzen“ (so Amran Coen in „DIE ZEIT“, 13.2.2025, S. 6).
4.
Wenn der Staatsstreich durch Trump also total wird, was wird dann in Staat und Gesellschaft der USA passieren? Russ Miller, Verfassungsrechtler und Jura – Professor, beantwortet diese Frage in der “ZEIT” sehr ehrlich: „Nichts passiert. Die Gerichte haben schließlich keine eigenen Mittel, ihre Urteile durchzusetzen. Die Polizei untersteht der Exekutive. Das Gesetz und die Verfassung, sagt Miller, seien letztlich nur eine Tradition, eine Konvention, an die wir uns als Gesellschaft halten. Ein Mythos, der nur dann wirkt, wenn alle an ihn glauben“ (ebd.).
5.
Auf Seite 1 der “ZEIT” vom 13.2.2025 schreibt Heinrich Wefing: „Ganz offen sprechen konservative Verfassungsrechtler im Blick auf Trump Herrschaft von einer „imperial presidency“, also einer imperialen Präsidentschaft, und diese wäre das Gegenteil der klassischen Gewaltenteilung, also eine Diktatur.
6.
Dieses imperiale Denken der USA und ihrer Politiker ist spätestens seit dem Vietnam Krieg wieder allgemein bekannt und auch in Erinnerung an die Lateinamerika -Politik der USA („Zentralamerika als Hinterhof der USA“, Zusammenarbeit mit Faschisten in Chile unter Diktator Pinochet usw.). Insofern ist die imperiale Präsidentschaft von Trump nur ein zugespitzter radikaler Ausdruck des tief sitzenden imperialen Denkens vieler in den USA und vieler Politiker.
7.
Wer wird den imperialen Präsidenten Trump und seine (Milliardärs)-Clique besiegen und demokratische Strukturen wiederherstellen?
Welche Europäer können dabei helfen, wenn ringsum in Europa sich stolz „nicht – liberale Regierungen“ an der Macht halten und rechtsextreme Parteien in Europa Zuspruch erhalten? Wer wird die Demokratie – nach demokratischen Reformen der Demokratie durch Demokraten – wieder als die einzige heute mögliche vernünftige Regierungsform durchsetzen und prägen? Wo sind diese vernünftigen Kreise? In den etablierten Parteien etwa? Was wäre die noch vorhandene Demokratie ohne die demokratischen Medien? Schützen wir wenigstens noch die freien und kritischen Medien, und: nicht alle Medien in Deutschland sind freie und kritische Medien. (Man erinnere sich an die Forschungen zur BILD Zeitung des Springer Imperiums durch Günter Wallraff…)
Philosophen sollten heute für den Schutz und die Weiterentwicklung der Demokratie eintreten, das tun sie auch, aber  ihre Bücher zum Thema erreichen oft nur Minderheiten – wegen der minimalen Auflage oder der komplexen Sprache der Philosophen.
8.
Und die Kirchen? Immerhin hat Papst Franziskus am 11.2.2025 heftig die Flüchtlingspolitik der Trump – Herrschaft kritisiert und dabei vor allem Vizepräsident Vance gemeint: Er ist seit 5 Jahren heftig überzeugter Katholik und Freund traditionalistischer Theologie. Quelle: LA CROIX, Tageszeitung in Paris, 12.2.2025.

Nebenbei: Die Bischofskonferenz der USA ist gespalten: Und immer wieder ist die Frage: Kann eine bewusst und explizit nicht – demokratisch sein wollende Organisation wie die katholische Kirche glaubwürdig für Demokratie eintreten und Demokratie möglicherweise retten? Oder rettet diese Kirche im Notfall wie üblich in der Geschichte vor allem die Rechte der Kirche?

Ergänzung am 17.2.2025: Die Trump Herrschaft hat die übliche Hilfe der superreichen USA für “Entwicklungs-Organisationen” in der armen und hungernden Welt drastisch gekürzt. Die bekannte und vielfach geschätzte Organisation “Jesuiten – Flüchtlingsdienst” kommentiert: Die USA-Herrscher und ihre Wähler denken jetzt auschließlich noch an sich selbst; das soll ein christlicher Staat sein, gewählt von Alleluja singenden Evangelikalen, die über ihren Reichtum glücklich sind und dafür ihrem (!) Gott danken?LINK:

Fußnote 1.
„Als Staatsstreich wird in der Regel die Aktion einer bereits im Amt befindlichen Regierung oder von einzelnen Regierungsmitgliedern bezeichnet, die darauf abzielt, ihre Macht auf illegitime Weise zu verlängern oder zu festigen, indem sie die Institutionen und das geltende legale Prozedere untergräbt, umgeht oder gänzlich ausschaltet.“ Wikipedia gelesen am 14.2.2025

Fußnote 2:
Zum Staatsstreich in Venezuela durch Präsident Maduro am 30.3 2017: LINK.
Interessanterweise kritisierte der 2017 schon herrschende Trump die, so wörtlich, „Maduro – Diktatur“ . Quelle: LINK.

Jetzt, Februar 2025, wollen die beiden imperialen Herrscher, Trump und Maduro, ihre Beziehungen wieder einvernehmlich verbessern. Quelle. LINK 

FUßNOTE 3 am 15.2.2025:

Das Thema dieser unerhörten Frage wird ständig weiter in der Öffentlichkeit vertieft und unsere Erkenntnis wird immer wieder bestätigt: Die USA sind auf dem Weg, nicht mehr länger als eine Demokratie gelten zu können. Und das sollte man offen sagen!

Sichtbar wurde der anti-demokratische Ungeist der Trump – Herrschaft in der Rede von Vizepräsident J.D.Vance während der Münchner Sicherheitskonferenz am 14.2.2025. Sogar die „Financial Times“ kommentiert zusammenfassend, berichtet die SZ am 15./16. Februar 2025, Seite 7: „Vance hat in München eine Wahlkampfrede für die AFD gehalten.“
Und Vance hat die nicht – liberalen Regime in Europa, wie Orban, förmlich als normale Regierungen hingestellt. Unverschämt, diese Einmischung der USA, und wie hilflos die Reaktionen der demokratischen Politiker. Vance ist aufgrund seiner heftigsten (reaktionär katholisch geprägten Ideologie) wahrscheinlich noch gefährlicher als Trump. Müssen die Europäer Angst vor ihm haben? Zur Angst vor Putin kommt nun die Angst vor Trump/Vance?

In der Süddeutschen Zeitung (SZ) vom 15./16. Februar 2025 Seite 41 nennt der Publizist Hilmar Klute den Präsidenten Trump einen „Autokraten.“ Also einen Allein – Herrscher, den man auch als Diktator bezeichnen kann.
„Donald Trump hat einen Krieg gegen sein eigenen Land entfesselt.“ Und gegen den „Rest“ der Welt, schreibt Hilmar Klute.

Das Dilemma ist: Europa darf es sich wohl aus ökonomischen und militärischen Überlegungen nicht erlauben, den Diktator Trump und sein Regime explizit zu bekämpfen. Aus Gründen der universell geltenden Vernunft und der demokratischen Selbstachtung müsste es Europa (gerade auch in Verbundenheit mit der Ukraine und gegen Putin) aber wohl tun. Es ist aber zu befürchten, dass ökonomische Erwägungen – wie immer in der Politik – den obersten Stellenwert haben.

Hilmar Klute schreibt: „Wir haben die Sprache und die Attitude der Unerbittlichen (also Trump und CO ) noch nicht ganz begriffen.“

FUßNOTE 4: Süddeutsche Zeitung, 19.2.2025, Kommentar von Stefan Kornelius: “Der US-Präsident gibt der Ukraine die Schuld am Krieg und nennt seinen Amtskollegen in Kiew einen Diktator – eine schwindelerregende Wahrnehmung bar jeder Rationalität. Trump schenkt dem Kreml mehr, als der jemals zu hoffen wagte.”

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

 

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