Der unbekannte (?) Priester Peter H.(ullermann)

Sexueller Missbrauch: Der unbekannte (?) Priester Peter H.(ullermann).

Ein Hinweis von Christian Modehn, am 23.1.2022

Die Studie über den sexuellen Missbrauch durch Priester im Erzbistum München- Freising, veröffentlicht am 20.1.2022 in München, erstaunt mich auch hinsichtlich der Geheimhaltung des Namens eines in dem “Gutachten” oft erwähnten Priesters. Er wird in der Presse (wie etwa in der SZ am 22.1.2022, Seite 2) nur geheimnisvoll Peter H. genannt. Er spielt eine sehr zentrale Rolle für die Frage: Was wusste Erzbischof Ratzinger von München, als er Peter H. in sein Bistum aufnahm? Machte sich Ratzinger schuldig, einen schon damals bekannten Missbrauchstäter in sein Bistum auzunehmen? Bisher will EX-Papst Benedikt davon nichts gewusst haben bzw. damit nichts zu tun zu haben. “Schuld” hat, wie üblich in hierarchischen Systemen, ein Untergebener, der damalige Generalvikar, übernommen.

ABER: Man muss nur das Buch des Vatikan-Spezialisten Marco Politi lesen „Benedikt. Krise eines Pontifikats“ (auf Italienisch 2011, auf Deutsch 2012), um schnell die Identität von Peter H. festzustellen.

Auf Seite 343 ff. der deutschen Ausgabe von Politis Buch wird klar von Peter Hullermann gesprochen, übrigens auch mit einem Verweis auf einen Bericht im “Spiegel” vom 22.3.2010. Politi bezieht sich auf den Übergang des Kaplans Peter Hullermann von seinem Heimatbistum Essen ins Erzbistum München, dieser Übergang wurde am 15.1. 1980 in München beschlossen. Damals war Ratzinger Erzbischof von München.

Der Klarname von Pfarrer Peter H., also Peter Hullermann, wird auch in der umfangreichen Studie des us-amerikanischen Info-Dienstes Alchetron.com verwendet. https://alchetron.com/Peter-Hullermann

Und auch die englische Wikipedia bietet einen Peter Hullermann Beitrag https://en.wikipedia.org/wiki/Peter_Hullermann

Hat die deutsche Presse Angst vor Klarnamen?

Als background für Austrittswillige: Wer aus der katholischen Kirche austritt, der ist vom ewigen Heil ausgeschlossen, das behauptet noch, kaum zu glauben, das 2. Vatikanische Konzil. LINK: https://religionsphilosophischer-salon.de/14529_wer-aus-der-katholischen-kirche-austritt-achtung-da-passiert-was-himmlisches_alternativen-fuer-eine-humane-zukunft

copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

Pressefreiheit in der katholischen Kirche? Überlegungen anlässlich von 50 Jahre „PUBLIK FORUM“.

Ein Hinweis von Christian Modehn.

1.

Von Pressefreiheit spricht auch das „Zweite Vatikanische (Reform-)Konzil“, aber nur ganz kurz. (Siehe Fußnote 1: Über die absolute Ablehnung der Pressefreiheit durch Papst Gregor XVI. 1832). In dem offiziellen Konzils-Dekret „Über die sozialen Kommunikationsmittel“, am 4. 12. 1963 feierlich verkündet, heißt es in §12: „Die öffentliche Gewalt … hat die wahre und rechte (sic!, CM)) Freiheit der Information zu verteidigen und zu schützen… das gilt besonders für die Pressefreiheit“.

Das ist alles, was von katholischer Seite zur Pressefreiheit vom angeblich bahnbrechenden 2. Vatikanischen Konzil offiziell gesagt wird. Dieses magere Bekenntnis zur staatlichen, also auch gesetzlich geschützten Pressefreiheit, kommentieren die beiden katholischen Theologen Karl Rahner und Herbert Vorgrimler: „Aber das Recht auf Information in der Kirche wird mit Schweigen übergangen“ („Kleines Konzilskompendium“, Freiburg i.Br., 1966, S. 92).

2.

Damit wird bereits das Thema „PUBLIK -FORUM“ angesprochen. Dies ist eine Zeitschrift, deren Gründung als Widerstand begriffen werden muss gegen die Unterdrückung der Pressefreiheit im Katholizismus schon kurz nach Ende des Konzils. Deswegen ist es wichtig, an Publik-Forums „50.Geburtstag“ zu erinnern. Die deutschen „Oberhirten“ hatten so viel Mut, 1968 eine freie katholische Wochenzeitung zuzulassen und auch zu finanzieren: Die vom theologischen Anspruch, von dem Niveau wie auch vom Format her große Wochenzeitung erschien dann im September 1968, wurde aber schnell wieder eingestellt, im November 1971 erschien die letzte Ausgabe. Die relativ umfassende Freiheit der Information, die PUBLIK leistete, missfiel den allermeisten Bischöfen: Sie verweigerten dann die weitere finanzielle Unterstützung für dieses für katholische Verhältnisse ungewöhnliche Projekt (95.000 verkaufte Exemplare) … und bereiten so sein Ende. Finanzielle Unterstützung hatten die Bischöfe nach einiger Zeit plötzlich wieder für die stramm mit der CDU sehr verbundene Wochenzeitung „Rheinischer Merkur“. Ein Beispiel mehr für die klerikale Verlogenheit, „kein Geld zu haben“. Die Lehre kann nur heißen: Bischöfe wollen nicht freie Diskussionen, Pluralität der Meinungen, sondern sie wollen Propaganda, Mission, in der kirchlich finanzierten Presse.

Das wurde in der expliziten „Parteien-Presse“ in der BRD so nicht praktiziert. Der SPD – „Vorwärts“ zeigte immerhin die Pluralität der Meinungen in der Partei. Lediglich die kommunistische Presse in westlichen Demokratien, wie „L Humanité“ (PCF) in Paris oder „Unsere Zeit“ (DKP) oder „Die Wahrheit“ (SED-Westberlin) waren, genauso wie die katholische Presse, Verlautbarungsbarungsorgane des ZK der Partei.

3.

Harald Pawlowski, Redakteur bei PUBLIK, leistete Widerstand und schuf aus eigener Initiative und mit viel Mühe und Einsatz die alle 14 Tage erscheinende, vom Format her viel kleinere Zeitschrift PUBLIK – Forum. Die erste Ausgabe erschien am 28. Januar 1972. Ich lebte damals im Kloster und in der Hochschule der „Gesellschaft vom göttlichen Wort“ (SVD in St. Augustin bei Bonn und spürte auch bei einigen anderen jüngeren Ordensmitgliedern die Begeisterung: „Es geht weiter“.

Und es geht weiter. Die Zeitschrift hat jetzt eine Auflage von ca. 36.000 Exemplaren. Es handelt sich um Abonnenten, am Kiosk oder in Buchhandlungen wurde Publik- Forum nie verkauft, „Publik-Forum“ war und ist insofern nur „halb-öffentlich“. Das hat mich, etliche Jahre „ständiger Mitarbeiter“, immer verwundert. Den ursprünglichen, besseren Titel „PUBLIK“ hat die VERDI Gewerkschaft für ihre Mitgliederzeitschrift übernommen.

Dass Publik-Forum nach dem Beitritt der DDR zur BRD die Redaktionszentrale nicht in Berlin finden konnte und wollte, sondern im angestammten Oberursel (in der „Krebsmühle“) verblieb, ist mir ebenfalls nicht nachvollziehbar. Selbst das ZdK (die offizielle Vertretung katholischer Laien) hat sich nun doch nach 33 Jahren deutscher Einheit, 2022, für Berlin als „Sitz“ entschieden, für Berlin, als den Ort, wo nun zweifelsfrei „die politische und kulturelle Musik gespielt wird“. Aber das sind andere Themen, über die kaum diskutiert wird.

4.

„Publik Forum“ lebt selbst die Pressefreiheit in der katholischen Kirche. PUBLIK FORUM ist keine Kirchenzeitung (diese sind von Kirchensteuer – Geldern finanziert), befindet sich nicht in der kontrollierenden Obhut der Bischöfe bzw. der Ordensoberen.

Das ist das Schockierende: Bischöfe verstehen die katholische Presse auch heute heute (2022) als „Apostolat“, also als Medium für missionarische Aktivitäten.

Nur ein Beispiel: Mit diesem klerikalen Anspruch haben die Bischöfe im Osten Deutschlands den Tod des Kirchenzeitungsjournalisten Matthias Holluba bedauert. Holluba war Redakteur der Bistumszeitung „Tag des Herrn“. „Welches Herrn?“ , fragte mich kürzlich ein nicht- religiöser Kollege in Pankow. Dazu gehört schon etwas, in der traditionell-katholischen Ecke zu verharren, indem man noch heute ein Blatt mit dem Titel „Tag des Herrn“ herausgibt. Es war ja in den sechziger Jahren angeblich schon das Lieblingsblatt der katholischen Eichsfelder und Lausitzer, DDR.) In der Erklärung der Bischöfe also heißt es u.a.: „Matthias Holluba hat seine Arbeit auch immer als Übersetzung und – wichtiger noch – als Verkündigung verstanden. In dem Päpstlichen Dekret Inter Mirifica (gemeint ist das oben genannte Konzils-Dekret, CM) heißt es über die Sozialen Kommunikationsmittel: Sie leisten einen wichtigen Beitrag zur Erholung und Bildung des Geistes; sie dienen ebenso auch der Ausbreitung und Festigung des Gottesreiches“.

Da kehrt die alte Abwehr der Pressefreiheit in der Kirche wieder: Die katholischen Medien werden als Instrumente der Kirchenführung verstanden, sie dienen „Ausbreitung des Gottesreiches“, also nicht zuerst der umfassenden und damit immer kritischen Information. Wer den Konzilstext genau anschaut, stellt fest: Diese bischöfliche Überzeugung, im Jahr 2022 formuliert, entspricht ganz dem oben erwähnten Konzilstext: Dieses Dokument hat bekanntlich der Klerus und er allein damals im Vatikan verfasst. Schon in § 3 des Konzilstextes heißt es: „Die Katholische Kirche ist von Christus, dem Herrn, gegründet, um allen Menschen das Heil zu bringen, und darum der Verkündigung des Evangeliums unbedingt verpflichtet. Deshalb hält sie es für ihre Pflicht, die Heilsbotschaft auch mit Hilfe der Sozialen Kommunikationsmittel zu verkündigen und Grundsätze über deren richtige Anwendung aufzustellen.“

Die Katholischen Medien: Nichts anderes als Varianten von Predigten, deren korrekten Inhalt selbstverständlich einzig der Klerus festgelegt.

5.

Umfassende kritische Analysen zum vielfältigen Leben der Kirche und des Klerus sind in dieser „Kirchenpresse“ ausgeschlossen. Wie viel mehr Klarheit und Betroffenheit angesichts des sexuellen Missbrauchs durch Priester hätten bewirkt werden können, wenn schon seit 1970 über den Klerus umfassend kritisch berichtet worden wäre und man nicht nur von Hochwürden und Eminenzen und Heiligen Vätern lobeshymnenmäßig gesprochen hätte. Die lange Liste der Journalisten, die von den Bischöfen aus ihren Ämtern innerhalb der „Kirchenpresse“ rausgeworfen wurden, ist kaum zu überschauen. Ich erinnere als Berliner nur an Pfarrer Günter Renner, den Redakteur der Bistumszeitung für West-Berlin, mit dem hübschen Titel „Petrusblatt“ für eine Metropole wie West-Berlin… Pfarrer Renner hatte es gewagt, kritische Fragen im Blatt zu publizieren, Leserbriefe zu veröffentlichen….Er wurde deswegen seines Amtes von dem reaktionären Berliner Kardinal Alfred Bengsch enthoben. Viele weitere Beispiele der klerikalen Repression ließen sich nennen. In Italien wurden Redakteure der weit verbreiteten Zeitschrift „Famiglia Cristiana“ entfernt, in der Jesuitenzeitschrift Etudes wurde der Chefredakteur Pater Valadier entfernt, ähnliches gilt für die spanische Zeitschrift „Vida nueva“ und so weiter. Mir sagte der damalige Chefredakteur der „Stimmen der Zeit“ (bis 2009), Pater Martin Meier SJ, wie stark er unter der Kontrolle und den Drohungen vonseiten Kardinal Ratzingers in Rom leide.

6.

Es gibt also keine Pressefreiheit in der katholischen Kirche. Und wenn es sie da und dort gibt, ist sie mit Mühe und Leiden erkämpft, siehe „Publik Forum“. Jetzt, in Zeiten des totalen Schwindens des Vertrauens in diese institutionelle klerikale Kirche, können die Bischöfe öffentliche Kritik in ihren Blättern nicht mehr unterdrücken, insofern hat – paradoxerweise – der sexuelle Missbrauch durch Priester in den letzten 3-4 Jahren den Missbrauch der freien Meinung in der Kirche etwas reduziert.

Andererseits gibt es die militante „kirchentreue“ Presse als Minderheiten-Presse nach wie vor, überall in Europa, auch n Deutschland, man denke an die „Tagespost“ und den „Fels“ und ähnliche Blätter, die aber im Vatikan bei den Glaubenshütern viel Beachtung finden. Für die katholische Presse aber interessieren sich jetzt immer weniger Menschen. Die Auflagen sinken, die Bistumsblätter werden stapelweise verschenkt, weil sie keiner mehr kauft.

7.

In einer Zeit, in der die Bindung an eine insgesamt korrupte bischöfliche Kirchenführung immer schwächer wird, die Menschen wenig Vertrauen in die katholische Kirche haben, also ein tiefgreifender religiöser Umbruch Tatsache ist, kann man die Frage stellen: Wie geht es weiter mit den Print-Medien, die sich auf die Themen Religionen, Kirchen, Atheismus, Sinnfragen usw. spezialisieren wollen.

8.

Ich empfinde es als großen Verlust, dass es nicht eine große kirchenunabhängige Monats-Zeitschrift gibt etwa mit dem Titel “Religionen heute“. Eine solche objektive, immer religionskritische, aber religionswissenschaftliche und religionsphilosophische Monats-Zeitschrift für „breite Leserschichten“, hätte, falls gut gemacht, mit einem weiten Netz von Korrespondenten, eine Chance. „Religion heute“ könnte dem heutigen globalen religiösen Bewusstseinswandel (und der „Entkirchlichung“) entsprechen… Man bedenke: Selbst kleinere philosophische Blätter, wie „Hohe Luft“ oder Philosophie Magazin“, haben sich inzwischen doch etwas etaliert. Und die Monatszeitschrift „Psychologie heute“, im 1974 gegründet, hat heute eine Auflage von 47.000 Exemplaren pro Monat…und ist in Zeitschriftenläden zu haben. Für eine Zeitschrift „Religionen heute“ fehlt es vielleicht nur an Mut. Und es wird schwierig sein, die völlige Unabhängigkeit von jeglicher Religion zu wahren…

9.

Die offizielle, bischöflich kontrollierte Kirchenpresse geht dem Ende entgegen. Die Auflagen sinken und sinken. Unvorstellbar ist heute für viele diese katholische Welt, die sich in den esoterischen Titeln spiegelt. Von 1960 bis ca. 1980 ist von diesen katholischen Zeitschriften zu berichten, es  waren meist Monatszeitschriften, die im Abonnement bestellt wurden, und damals noch mit Erfolg gekauft wurden.

Ich nenne als Kostprobe und Studienobjekt für Mentalitätsgeschichtler nur einige Titel:

„Im Dienste der Königin“, Montfortaner

„Gottesfreund“, Dominikaner

„Maria vom guten Rat“, Augustiner.

„Maria siegt“, Johannesbund

„Hoffnung“, Johannesbund

„Weinberg“, Oblaten

„Jesusknabe“, Steyler Missionare

„Stadt Gottes“, Steyler Missionare,

„Franziskusglocken“, Minoriten

„Hiltruper Monatshefte“, Herz Jesu Missionare

Und so weiter…. Den „Altöttinger Liebfrauenboten“ will ich nur noch erwähnen oder die ominöse „Neue Bildpost“ oder „Herz voran“ oder den „Volksmissionar“, „Nach der Schicht“ war für Arbeiter in den Gruben im Saarland bestimmt.

„Wort und Wahrheit“ war eine sehr lesenswerte katholische intellektuelle Monatszeitschrift, Mitarbeiter waru.a. Friedrich Heer, gegründet wurde sie von Otto Mauer (Wien). Das Ende von „Wort Und Wahrheit“ (Wien) wie das Ende der Jesuitenzeitschrift „Orientierung“ (Zürich) sind nur zwei Beispiele für das Ende des intellektuellen Katholizismus in deutschsprachigen Ländern. Die katholische Kirche hat definitiv Intellektuelle auch publizistisch nicht „binden“ können. Die katholische Kirche in deutschsprachigen Ländern ist auch intellektuell sehr arm, natürlich, es gibt noch TheologInnen an den Unis, aber sie sind als TheologInnen nur ein kleiner „Sektor“ von Intellektualität.  Ein Thema, das kaum debattiert wird.

10.

Viele dieser oben genannten Blätter konnten keine neuen Leser mehr gewinnen, sie waren zu dröge, zu traditionell-katholisch und abergläubisch und intellektuell meist zu anspruchslos. Die AbonnenTinnen sind allmählich verstorben … oder einige Orden geben sich alle Mühe und führen ihre Zeitschriften in neuem Gewand und Titel noch mal weiter, mit wesentlich kleinerer Auflage… bis zum baldigen Ende?

Fußnote 1:  Papst Gregor XVI. hat in seinem Lehrschreiben „Mirari Vos“ (1832) u.a. im 8. Kapitel geschrieben:
„Die Erfahrung bezeugt es und seit uralter Zeit weiß man es: Staatswesen, die in Reichtum, Macht und Ruhm blühten, fielen durch dieses eine Übel erbärmlich zusammen, nämlich durch zügellose Meinungsfreiheit, Redefreiheit, Neuerungssucht. Hierher gehört auch jene nie genug zu verurteilende und zu verabscheuende Freiheit der Presse, alle möglichen Schriften unter das Volk zu werfen, eine Freiheit, die viele mit äußerst verbrecherischem Eifer fordern und fördern. Mit Schaudern stellen Wir fest, ehrwürdige Brüder, mit welchen Ungeheuern von Lehren oder besser Ausgeburten von Irrtümern wir erdrückt werden, die überall verbreitet werden durch eine gewaltige Menge von Büchern, durch Broschüren und Schriften, an Gewicht zwar klein aber übergroß an Bosheit, aus denen Wir mit Schmerz den Fluch über die Erde ziehen sehen. Leider aber gibt es Leute, die in ihrer Vermessenheit so weit gehen, dass sie hartnäckig behaupten, diese aus der Pressefreiheit hervorgehende Flut von Irrtümern würde übergenug wettgemacht durch irgendein Buch, das inmitten dieses großen Sturmes von Schlechtigkeiten zur Verteidigung von Religion und Wahrheit herausgegeben wird. Es ist unrecht, es ist wider alles Recht, absichtlich eine offenkundige und größere Untat zu begehen, weil zu hoffen ist, dass daraus etwas Gutes entsteht. Welcher vernünftige Mensch wird je sagen, es dürfe Gift frei ausgestreut, öffentlich verkauft, mit sich getragen, ja, gebraucht werden, weil es wohl irgendein Heilmittel gibt, durch dessen Gebrauch man vor dem Tode bewahrt wird?“

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

Die katholische Kirche ist am Ende

Ein Hinweis von Christian Modehn am 21.1.2022

Schon 2019 habe ich darauf hingewiesen, dass die römisch katholische Kirche de facto am Ende ist. D.h. : Sie kann institutionell zwar noch fortbestehen, weil es noch sehr viele Festangestellte gibt, die sich zur Kirche nach außen hin bekennen müssen. Aber innerlich “bewegt”, geschweige denn vernünftig überzeugt, sind wohl die wenigsten.

Es ist der Ballast der KirchenLEHRE, es sind die Dogmen, die Gesetze, die das spirituelle Leben behindern. Diese Lehren und Gesetze treiben die Gläubigen aus der Kirche. Vor allem  Abergläubische und Wundergläubige (Verehrung heiliger Knochen (Reliquien), heiliger Wasser, “Heiliger Väter” etc.) bleiben noch in dieser Institution. Über die umfassende Reduzierung der Lehre, der Dogmen, wäre endlich zu sprechen! Zum Beispiel: Weg mit dem Dogma von der Erbsünde.

Aber es wird immer noch kleine fundamentalistische Gruppen geben, die sich gern dem Klerus unterwerfen. Diese Kreise meinen, Jesus von Nazareth selbst habe diese Kirche, so, wie sie ist, begründet und damit auch den Männer-Klerus als ewige Institution gewollt. Aber solche Überzeugungen und fundamentalistischen Bibelinterpretationen in katholischen Kreisen werden in Europa und Amerika minoritärer werden, aber sie bleiben einflussreich im Vatikan usw.

Die vielen Skandale zur Korruption des Klerus (sexueller Missbrauch, Bereicherung etc.) führen über die Kirchenaustritte zur globalen Veränderung des religiösen Bewusstseins, ein Thema, das genauso wichtig ist wie die Korruption des Klerus , der Korruption … bis hin zum “Ex-Papst”, der bald endlich ein Ex-Ex-Papst sein sollte.

Warum haben die Kardinäle eigentlich 2005 einen solchen “Typen”, salopp gesagt, zum Papst gewählt? Dachten sie auch so wie er? Wahrscheinlich.

Ich empfehle meinen Beitrag zur Debatte: “Die Katholische Kirche ist am Ende”. LINK

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

Papst Franziskus – ein Papst der Widersprüche. Versuch einer Erklärung.

Ein Hinweis von Christian Modehn, zuerst veröffentlicht am 14.2.2022.

Inhaltsverzeichnis zu diesem Hinweis:

1.Der von Kardinal Bergoglio gewählte Papst-Name Franziskus (von Assisi) ist von vornherein ein Hinweis auf die inneren Spannungen und Widersprüche in seinem „Pontifikat“.

2. Die offenkundigen Widersprüche im Reden und Handeln von Papst Franziskus lassen sich auch mit der zentralen Ideologie seiner argentinischen Herkunft, konkret: seiner Nähe und Sympathie für die „Guardia de Hierro“, „die Eiserne Garde „des Peronismus, besonders von 1972-1974, erklären.

Das Motto:

Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phie muss sich immer gleichzeitig mit der gedanklichen Entwicklung von Beziehungen des Menschen zu einer göttlichen Wirklichkeit befassen UND in gleichem Maße mit den gegenwärtigen Formen sich religiös nennender Praxis. Kritik der Religionen (auch Kritik des Glaubens, der sich „Atheismus“ nennt) und Kritik der Kirchen gelingt nur mit dem Maßstab der Vernunft. Sie ist die innere Mitte der Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phie. Es ist also ausgeschlossen, dass religiöse, konfessionelle Normen oder so genannte heilige Bücher das Kriterium liefern für religionsphilosophische Debatten.

Erinnerung an einige allseits bekannte Fakten:

Das wissen alle, die sich mit dem jetzigen Papst Franziskus beschäftigen: Papst Franziskus ist eine zwiespältige Gestalt. Er glaubt an den Teufel, argumentiert oft in  volkstümlicher Überzeugung mit dessen Existenz. Andererseits gibt Papst Franziskus sich theologisch ein bisschen auf der Höhe der Diskussionen: Er fordert mehr synodale Strukturen,  also eine Art bescheidene katholische Variante von Demokratie. Aber er führt als Papst synodale Entscheidungen nicht zu Ende, siehe die berühmte „Amazonas-Synode“ und die dort geforderte Aufhebung des Pflichtzölibates für Priester. Einerseits zeigt er sich als Freund der Armen und Flüchtlinge, er besucht Lampedusa, auch Lesbos usw. und diese Besuche lassen ihn in der Öffentlichkeit glaubwürdig erscheinen. Andererseits ist er als Papst schon aufgrund des Amtes autoritärer Herrscher im Vatikan (Legislative, Judikative, Exekutive alles in seiner „Hand“). Er hat nach wie vor nicht die Erklärung der Universalen Menschenrechte unterschrieben. Einerseits plädiert Papst Franziskus für „mehr Ökumene“, aber er verfügt nicht, dass die römische Kirche volles Mitglied im Ökumenischen Weltrat der Kirchen (Genf) wird. Denn so glaubt er: Die katholische Kirche ist eben doch etwas Besseres und Einmaliges, das ist die Botschaft der Päpste bis heute! Einerseits will er vieles gegen die Sexualverbrechen durch Kleriker tun, ist aber in der Realisierung dieses Vorhabens sehr zurückhaltend, gerade was den umfassenden Respekt für die Opfer angeht.

Es gibt hunderte weiterer Beispiele: Papst Franziskus sagt nicht nur mal dieses und dann mal jenes. Seine Worte und Taten sind oft widersprüchlich. Diesem Papst fehlt die innere konsequente Linie. Er jongliert. Nur gelegentlich spricht er päpstliche Allmachtsworte, wie den Rausschmiss Kardinal Müller aus dem Amt des obersten Glaubensbehörden-Verwalters, später wurde Müller wieder etwas rehabilitiert. Gegen die aktuelle Polemik Müllers schreitet er hingegen nicht ein…

1.Papst FRANZISKUS

Für die Widersprüchlichkeit im Sprechen und Handeln von Papst Franziskus (man denke nur an die elenden Debatten um Homosexuelle) gibt es eine erste Erklärung, sie wurde meines Erachtens bisher zu selten beachtet: Es ist die Spannung, wenn nicht der Widerspruch, der sich im Namen und Titel „Papst Franziskus“ zeigt. Mit anderen Worten und etwas zugespitzt gesagt: Ein Papst kann sich eigentlich nicht und darf sich nicht „Franziskus“ nennen, wenn denn mit „Franziskus“ der heilige Franziskus von Assisi gemeint ist. Bis jetzt hat sich auch kein Papst „Petrus II“ .genannt, offenbar aus Ehrfurcht (oder Aberglauben) vor diesem verheirateten Fischer, der angeblich von Jesus höchstpersönlich zum „Fels“ der Kirche ernannt wurde.

Zur Biographie des ständig idealisierten un auch verkitschten Franziskus von Assisi: Er war ein Laie, der im Mittelalter bei einer reichen Kirche in Italien für eine radikale Kirchenreform kämpfte. Er wollte eine Reform-Bewegung von Laien, die gegen die mittelalterliche Prunksucht der Päpste und Bischöfe aufbegehrten und eine andere Kirche wollten, eine Kirche im Sinne des armen Jesus von Nazareth, ohne die Allmacht des Klerus, auch die Allmacht der Päpste. Sein Zeitgenosse, Papst Innozenz III., selbst ein Allmächtiger, wusste, welche theologische „Sprengkraft“ in Franziskus von Assisi vorhanden war… und ihm gelang es, Franziskus, den Antiklerikalen, in diese bestehende Kirche einzubinden. So wurde des Franziskus` eher papstkritische Laienbewegung der Armen gestoppt … und ein klerikaler Franziskanerorden entstand.

Wenn sich ein Papst auf diesen Franziskus von Assisi bezieht, tritt er selbst automatisch in eine antiautoritäre, antiklerikale und letztlich antipäpstliche Tradition ein. Er kann sich aber als weiterhin im Vatikan-Staat mit seinen Palästen, allerdings dort bescheiden lebender Papst damit trösten, dass Franziskus von Assisi sozusagen von Innozenz III. und den Kardinälen „umgedreht“ wurde und sich auf eine „Entschärfung“ und „Ent-Radikalisierung“ seiner Botschaft einließ…in Gestalt eines strukturierten klerikalen Ordens.

Mit anderen Worten: Wenn ein Kardinal sich als Papst den Namen Franziskus (von Assisi) gibt, kündigt er eigentlich mit dieser Wahl auch das Ende des (bislang üblichen) Papsttums an.  Dieser Namenswahl könnte etwa, leicht zugespitzt, eines Tages auch der Papstname „Papst Martin Luther I.“ entsprechen. Das wäre sicher das Ende des „klassischen“ Papsttums, hoffentlich, ist aber unwahrscheinlich.

2. Bergoglio – der Peronist.

Es wurde in der theologischen und religionskritischen Forschung bis jetzt leider der wichtige Aufsatz von Colm Tóibín übersehen, den der irische Journalist und Literaturwissenschafter, Lehrbeauftragter an der Stanford University usw., in der Zeitschrift „Lettre International“, Ausgabe Frühjahr 2021, S. 68 -75, veröffentlichte.

Der Titel von Tóibíns Studie: „Das Lächeln Bergoglios. Vom peronistischen Jesuiten zum Heiligen Vater im Vatikan – Eine Karriere“.

Tatsache ist, dass Bergoglio von 1972 bis 1974 der peronistischen Bewegung „Guardia de Hierro“ („Eiserne Garde“) nahestand, das wird von Historikern überhaupt nicht bestritten. Wie sich daraus eine Nähe UND Distanz des Provinzials der argentinischen Jesuiten Bergoglio zu den mordenden Militärs in Argentinien (von 1976-1983) entwickelte, wird noch weiterhin hoffentlich umfassend studiert und diskutiert. Der Sozialist und Ökonom Roberto Pizarro H. entschuldigt förmlich die bekannte damalige „Schwäche“ („debilidad“) des führenden Jesuiten Bergoglio in dieser Zeit damit, dass Bergoglio nun als Papst so viel Gutes tut zugunsten der Armen. So kann man auch politische Fehler eines Jesuitenprovinzials reinwaschen. Quelle: https://www.eldesconcierto.cl/opinion/2018/01/13/el-papa-francisco-la-guardia-de-hierro-y-el-genocida-massera.html.

Über die undeutliche Haltung des Jesuitenprovinzials Bergoglio während der Militärdiktatur spricht auch Tóibín in seinem Artikel. Auch seine spirituelle Praxis, volkstümlicher Art („Verehrung von Heiligenbildern und der Kultus der Madonna“, S. 70) wird ausführlich behandelt. Wichtig ist die innere Verbundenheit mit „dem“ Peronismus: „Bergoglio ist ein Peronist, und die Pointe des Peronismus ist es, dass er sich niemals definieren lässt. Die Montoneros, die in den siebziger Jahren Argentinien mit einer Terrorismuskampagne überzogen, waren Peronisten. Und die Eiserne Garde, die rechte Gruppe, mit der Bergoglio in Verbindung stand, bestand ebenfalls aus Peronisten. Präsident Carlos Menem war Peronist und die Präsidenten Kirchner waren es auch. Ein Peronist zu sein, heißt alles und nichts. Es heißt, dass man zeitweise mit genau den Dingen einverstanden sein kann, die man ansonsten ablehnt. Man kann sowohl Reformer sein wie gleichzeitig ein Konservativer“ (S. 74). …“Bergoglio konnte in einem Augenblick den Anarchisten spielen und im nächsten in seine autoritäre Rolle zurückfallen“ (S. 73).

Das heißt: Es ist dieses taktische Lavieren, dieses Schwanken je nach der machtpolitischen Situation zwischen Ja und Nein, es ist diese Dialektik von Zustimmung und Widerspruch ohne zu einer neuen höheren Ebene zu führen, die den – in Deutschland weithin unbekannten – Peronismus auszeichnet…und die, wie Colm Tóibín schreibt, auch den peronistischen Jesuiten Bergoglio und Papst Franziskus prägt. So wird eine Antwort gegeben auf das widersprüchliche Verhalten dieses Papstes etwa zum Zölibat – angesichts der „Amazonas-Synode“ – oder zur konsequenten Bestrafung von sexuellen Missbrauchstätern im Klerus. Oder zum äußerst verständnisvollen und geduldigen Umgang mit den in dem Zusammenhang hoch belasteten Kardinälen (wie Woelki in Köln). Andererseits: Der rasante Rausschmiss des Pariser Erzbischofs Aupetit, der den „furchtbaren“ Makel hat, sich in eine Frau ein bisschen verliebt zu haben und das auch noch dummerweise veröffentlichte. Aber solche heterosexuellen  Makel werden wohl immer seltener, mangels heterosexueller Priester…

Das ist erstaunlich: Die katholische Wochenzeitschrift „Christ in der Gegenwart“ (Herder-Verlag) scheibt in ihrem Kommentar vom 6.1.2022, wie Papst Franziskus geradewegs ungeniert und nur aus machtstrategischen Überlegungen (dies ist auch peronistischer „Geist“ !) Kardinal Marx (München) zur Fortsetzung seines Amtes als Erzbischof verdonnert, obwohl Marx nachweislich viele Fehler begangen hat…Weil er viele pädosexuelle Verbrechen im Klerus nicht der staatlichen Justiz übergab. André Lorenz scheibt in „Christ in der Gegenwart“: „In bitterer Erinnerung bleibt der Satz von Papst Franziskus aus seinem Schreiben an Kardinal Marx, in dem er dessen Rücktrittsangebot am 10. Juni 2021 abgelehnt hatte: „Das ist meine Antwort, lieber Bruder. Mach weiter, so wie Du es vorschlägst, aber als Erzbischof von München und Freising. “Das ist das Problem…:So lange Bischöfe, in deren Zuständigkeitsbereich sexueller Missbrauch durch Geistliche systematisch vertuscht worden ist, im Amt bleiben dürfen, wird nichts mehr gut in unserer Kirche“, soweit „Christ in der Gegenwart“. .

Man wird also sagen: Trotz aller großen Worte und so sympathischer populärer Gesten (Umarmen von Kindern, Fußwaschungen von Obdachlosen etc.), ist auch Papst Franziskus ein Vertuscher, ein Machtpolitiker üblicher vatikanischer Tradition seit Jahrhunderten, und eben ein Peronist.

Und man wird dadurch erneut aufgefordert, Bergoglios Verhalten als Provinzial der Jesuiten in Argentinien zu studieren, sein zwiespältiges Verhältnis zur Militärjunta und zu so genannten linken Jesuiten, die sich seines Schutzes als Provinzial vor der Gewalt des Militärregimes nicht sicher fühlten, also etwa die Jesuiten Franz Jalics und Orlando Yorio…

Pater Jalics hat nach seiner Freilassung aus den Gefännissen der Militärs Bergoglio freigesprochen, für die erlittenen Qualen durch die Militärs mit-verantwortlich zu sein. Es war „die ständige Anrufung Jesu im Gebet“, die bei dem frommen Pater Jalics diese Läuterung des Verzeihens (gegenüber Bergoglio) bewirkte. (Fußnote 15 im wikipedia Beitrag zu Franz Jalics SJ).

Papst Franziskus wird, wenn nicht ein Wunder geschieht, als jonglierender, hin – und her zerrissener Papst in die Geschichte eingehen. Er ist eben nur zum Teil ein so genannter Progressiver. Und es sieht alles danach aus, dass die tatsächliche Allmacht der katholischen Klerus-Kirche (die manche noch verbliebenem Katholiken förmlich zur Verzweiflung bringt heute) ad aeternum fortbestehen wird. Wenn einmal ein persönlicher Hinweis erlaubt ist: Wer noch Vernunft und Mut hat, sollte darüber nachdenken, sich dem theologisch-liberalen Protestantismus anzuschließen, auch als Beitrag zur Ökumene, oder den mystischen Weg zu gehen… Man muss nur gut hinhören in all den Kommentaren aus seriösen katholischen Zeitschriften, wie „Christ in der Gegenwart“. Der Tenor ist doch klar: Dieser klerikale Katholizismus ist vorbei, inhaltlich, theologisch, spirituell, auch wenn er noch als machvolles institutionelles Skelett mit vielen alten Klerikern fortbesteht (solange das Geld fließt)…

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

“Gott ist kein Christ!” Die entscheidende Einsicht von Bischof Desmond Tutu, Südafrika (7.10.1931 – 26.12.2021).

Über Desmond Tutu, den wegweisenden Menschen, den großen Theologen, den anglikanischen Bischof, den Kämpfer für die Menschenrechte, den Friedensobelpreisträger…  wird die Welt über seinen Tod hinaus hoffentlich viel sprechen und in seinem Sinne zugunsten der Menschenrechte handeln.

Welche Worte von Bischof Desmond Tutu, Südafrika, bleiben hoffentlich im Gedächtnis aller Menschen?:

1.„Gott ist kein Christ“. Siehe auch das Buch mit dem gleichen Titel, erschienen im Patmos Verlag.

2 . Ich würde nicht einen Gott anbeten/ verehren, der homophob ist […]. Ich würde mich weigern in einen homophoben Himmel zu gehen. Nein […] ich würde lieber zu dem anderen Ort gehen.“ (https://www.feinschwarz.net/dann-gehe-ich-lieber-in-die-hoelle-desmond-tutu/)

Falls eine Interpretationshilfe nötig ist zu 1.: Gott ist kein Christ, so,wie Gott auch kein Jude ist;  so, wie Gott auch kein Muslim ist; so, wie Gott auch kein Hindu usw. ist. Mit anderen Worten: Gott ist immer größer als der Gott der jeweiligen Religion und Konfession. Das sollte jedes Mitlied jeder Religion und Konfession bescheiden machen und tolerant und lernbereit.

Ein Hinweis zu 2.:Im Mai 2016 heiratete Tutus Tochter Mpho die Niederländerin Marceline van Furth. Tutu erhielt von der anglikanischen Kirche die Erlaubnis, einen „väterlichen Segen“ bei der Trauung auszusprechen. Mpho Tutu ist seit Januar 2022 Teilzeit Pastorin in der Amsterdamer Remonstranten-Gemeinde “de Vrijburg”.(siehe: www.vrijburg.nl)

 

Zusammengestellt von Christian Modehn.religionsphilosophischer-salon.de

Impfaktivitäten in Kirchen: Alles andere als eine „Profanisierung des Sakralen“.

Über die Humanisierung des „Sakralen“.

Ein Hinweis von Christian Modehn.

1. In einigen Kirchen, auch in einigen katholischen Kirchen, in Wien sogar im Stephansdom, wird gegen das tödliche Virus geimpft. Man muss kein Theologe sein, um diesen Impf-Initiativen aus ganzem Herzen und mit ganzer Vernunft zuzustimmen.

Ich erlebe es ständig vor der eigenen Haustür: Da stehen bei Wind und Wetter Menschen, die auf die Impfung beim Hausarzt warten und oft nur im Schein der Straßenlaternen mit Mühe Dokumente auf der Straße ausfüllen. Zur großen und mächtigen katholischen Kirche St. Matthias am Winterfeldt-Platz in Berlin-Schöneberg sind es nur 50 Schritte. Aber diese große Kirche mit ihren (fürs Impfen geeigneten) kleinen Seitenkapellen am Eingang bleibt geschlossen…

Darum meine volle Zustimmung, dass durch die vernünftige Entscheidung des Wiener Dompfarrers Toni Faber das Impfen in dieser, so sagen manche, „heiligen, sakralen Halle“, möglich wurde. An einem Wochenende allein wurden in St. Stephan 734 Menschen gegen Covid geimpft. Bravo!

2. Damit könnte ich meinen Hinweis eigentlich beenden, weil er nur von einer selbstverständlichen humanen Hilfe berichtet… und von der Selbstverständlichkeit, dass ein sogenanntes “Gottes-Haus” nur sinnvoll ist, wenn es auch Haus für die Menschen ist…

Aber diese Hilfsbereitschaft eines Pfarrers und seiner Gemeinde in Wien hat eine theologische Problematik erzeugt: Denn, man glaubt es kaum: Da gibt es einen katholischen Theologieprofessor, Jan-Heiner Tück, an der Wiener Uni, einen Theologen, der sich offiziell „Dogmatiker“ nennt: Und der diese Impfinitiative im Stephansdom eine, so wörtlich, „Profanisierung des Sakralen“ nennt. Menschliches Helfen, mehr noch: Rettung von Leben in einem “Gotteshaus”, das sich auf Jesus von Nazareth bezieht, wird als Profanisierung des Sakralen abgewertet. Ich halte diese Verurteilung dieser großartigen humanen Hilfe IM Stephansdom für eine Schande. Und es ist eine Blamage für einen Dogmatiker und katholischen Theologen, solches ernsthaft öffentlich zu sagen. Dieses unsägliche Urteil: „Profanisierung des Sakralen“ wegen Impfens in der Kirche ist kürzlich in der Grazer Tageszeitung „Kleine Zeitung“ veröffentlicht worden. Diese Nachricht wurde dann über viele Medien auch in Deutschland verbreitet. Ob der Dogmatiker Tück sein Urteil inzwischen zurückgezogen hat und sich für den Unsinn entschuldigt hat, ist bisher nicht bekannt geworden.

3. Darum der kritische Hinweis: Im Christentum, sogar im Katholizismus, sind Kirchen und Dome nicht nur Stätten der Andacht und des Gebets, der Gottesdienste und Musik-Aufführungen und Kunst-Ausstellungen. Aber diese Veranstaltungen sind kein Selbstzweck, sie sollen eigentlich den Glaubenden Orientierung bieten, also Lebenshilfe leisten, und eine hoffentlich heilende, die Seele heilende Wirkung haben, was bekanntlich nicht immer der Fall ist angesichts der vielen Dogmen und kirchenrechtlichen Ausschlüsse und Verbote.

4. Wenn nun in Kirchen gegen das Corona-Virus, in höchster Not, geimpft wird, ist dies, theologisch gesehen, nur die Fortsetzung des selbstverständlichen kirchlichen Anspruchs, heilend in diesen Kirchen-Räumen tätig zu sein. Diese theologische Aussage mag den Menschen, die sich im Stephansdom impfen lassen, auch ziemlich egal sein, Hauptsache ist: Sie werden geimpft. So wie es den Veranstaltern von Haydn und Mozartmessen auch egal ist, was sich die Zuhörer dabei so alles denken. Hauptsache: Sie erfreuen sich an der Musik und lassen sich je auf ihre Art seelisch, wie auch immer, „berühren“.

5. Eine theologische Schande bleibt aber der Satz von der „Profanisierung des Sakralen“ (Jan-Heiner Tück) durch das Impfen in einer Kirche, also in einem so genannten Gotteshaus. Impfen gegen das Virus aber ist heilendes Handeln für die Menschen, es rettet Leben. Ist dieses Geschehen theologisch betrachtet etwa “bloß” „profan“? Wenn Menschen wieder eine bessere, d.h. sehr wahrscheinlich gesunde Zukunft vor Augen haben, wenn ihnen also neuer Lebensmut und Lebenssinn erschlossen wird, dann wird Dankbarkeit geweckt, Dankbarkeit, dass die Wissenschaften diese Impfstoffe zur Verfügung stellen können. Dankbarkeit, dass man selbst, medizinisch gut versorgt ist, in einem Staat, der, zwar mit Mühe, Impfstoffe für alle zur Verfügung stellt. Im Unterschied zum “armen Süden” dieser Welt, der die reichen Staaten die Gratis-Impfstoffe vorenthalten, aus ökonomischen Gründen…. An wen soll ich aber meinen Dank für ein „gutes medizinisches Versorgtsein“ adressieren? Manche tun dies, indem sie sich auf das Göttliche, Gott, die Göttin, Jesus, beziehen oder einem guten „Schicksal“. Auch diese Haltung der Dankbarkeit ist alles andere als profan, wie der Dogmatiker Tück von der Wiener Uni behauptet.

Als Nebeneffekt, aber nur als Nebeneffekt, kann sich bei einigen Geimpften IM  Stephansdom die Idee durchsetzen: Eigentlich sollte ich als privilegierter Geimpfter alles tun, auch politisch tun, dass auch die Menschen im armen Süden dieser Welt endlich geimpft werden!

6. Heilendes Handeln, also auch Impfen gegen die Pandemie, hat in den Kirchen seinen richtigen Platz. Das Wichtige bei dieser Impfaktion in Kirchen ist: Dort wird eine heilende Wirkung durch ÄrztInnen und KrankenpflegeInnen bewirkt. Es ist nicht mehr der Priester, der da – als Kleriker – sakramental “heilend” handelt. Mit den Impfaktionen in den Kirchen wird dem männlichen Klerus die Allmacht des heilenden Handelns entzogen. Noch einmal, dies ist Stand der heutigen Theologie: Auch ÄrztInnen und KrankenpflegerInnen wirken heilend- auch im christlichen Sinne. Kleriker allein sind niemals „Heilsvermittler“. Die Zeiten, als man das machtvoll behauptete, sind vorbei!

7. Noch eine theologische Entdeckung: Heilung im christlichen Sinne, auch im katholischen Sinne, kann niemals nur eine geistige, geistliche, also sakramentale Heilung sein. Das wurde oft selbst im Vatikan behauptet, ist aber falsch: Wenn die Menschen Wesen aus Geist, Seele und Leib sind, ist auch die Rettung des Leibes, also etwa die Bewahrung vor Krankheiten, etwas Heiliges, etwas Sakramentales, das eben selbstverständlich nicht vom Klerus allein initiiert wird!

8. Falls der Dogmatiker Tück schon von der Befreiungstheologie in Lateinamerika gehört hat: Die zentrale Aussage ist: Befreiung als christliche Erlösung hat immer einen leiblichen und gesellschaftlichen und politischen Aspekt. Die menschenfreundliche, deswegen „heilende“ Gemeinde der gleichberechtigten ChristInnen kann ein Vorzeichen sein des Ewigen. Bekanntlich sprechen Befreiungstheologen zurecht von den gesellschaftlich verfassten Strukturen der Sünde: Da hat sich sozusagen das leibliche und gesellschaftliche Elend in Strukturen und Gesetzen „versteinert“. Diese Strukturen als sündige aufzulösen ist der Kern christlichen Botschaft. Materielles Wohlergehen für die Ärmsten, also auch Gesundheit in einem demokratischen Staat der Menschenrechte, ist eine (!) Gestalt dessen, was Christen hochtrabend Erlösung nennen (gerade im Umfeld zu Weihnachten).

9. Und man möchte dem Dogmatiker mal vorschlagen, die Geschichte der Kathedralen und anderer großer Kirchen zu studieren: Diese wurden im Mittelalter und der frühen Neuzeit selbstverständlich als Treffpunkte der Menschen genutzt, als Orte des Gesprächs, der Beratung, auch des Handels. Und es wäre lohnend auf die Lebensbedingungen der alten (leider von deutschen und ukrainischen Nazis zerstörten) Synagogen etwa in Galizien zu achten: Sie waren Lehrhäuser und Unterkünfte, eben Orte der Menschlichkeit. Solche “Profanisierung” gilt auch für christliche Kirchen: Nicht-profan, also heilig, ist allein Gott bzw. das Göttliche. Alles und alle anderen n dieser Welt sind in je unterschiedlicher Weise profan. Auch ein Kleriker ist profan, auch ein Papst ist profan, selbst wenn er immer noch von einigen Unentwegten “Heiliger Vater” angesprochen wird.

10. Wer die Impfaktionen in den Kirchen als Profanisierung bezeichnet, sollte ehrlich sein: Er behauptet auch implizit, dass diese angeblich “sakralen” Räume dann naturgemäß schmutzig werden, dass es mit vielen unbekannten Menschen etwas lauter zugeht, und auch dies: Dass die Menschen vielleicht Toiletten suchen, die innerhalb der katholischen Kirchen so gut wie nie vorhanden sind. Toiletten könnte man – mit einigem Organisationstalent- neben dem Eingang platzieren. Das nur nebenbei.

11. Gegen die These der „Profanisierung des Sakralen“ (Tück) möchte ich unterstreichen: Wer solches sagt, degradiert die Kirchengebäude zu sterilen Museen, in denen der Klerus Messen zelebriert und predigt (Laien dürfen nicht „predigen“) … zumal so oft in Worten und Floskeln, die heute auch für religiöse Menschen kaum noch nachvollziehbar sind.

12. Es mag ja sein, dass der Wiener Dompfarrer im Eifer des Gefechts und im Angesicht der oft (rechts)extremen Impf-Gegner (FPÖ-Kreise sind bekanntlich unbelehrbar usw…) verbal ausgerutscht ist, als er, der vielfach verbreiteten Nachricht folgend, sagte, sagte: Er habe “mit Ungeimpften kein Mitleid mehr”. Aber diesen einen Satz gleich zum Anlass zu nehmen, beim Impfen IM Dom von einer „Profanisierung des Sakralen“ zu sprechen, ist übertrieben und theologisch falsch.

13. So führt also eine falsche theologische Aussage“ über die „Profanisierung des Sakralen“ durch die humane Aktion des Impfens in Kirchen erneut zu einem erweiterten Verständnis von „Erlösung“ und „christlichem Heils-Verständnis“.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.

 

José Antonio Kast: Rechtsextrem, faschistoid, katholisch in der Schönstatt-Bewegung. Präsident in CHILE ?

Ein Hinweis von Christian Modehn. Wegen der Wahlen in Chile am 19.12. 2021 noch einmal aktualisiert mit einem Hinweis auf Frau von Storch, ihre religiöse Bindung und ihre Verbindungmit bestimmten Kreisen in Chile. In dem folgenden Link-Beitrag besonders zu beachten unter Nr.4. LINK.

1. Zu den Präsidentschaftswahlen in CHILE: Sie sind auch ein Thema der Religionskritik. Denn es muss betont werden: Der Sieger im ersten Wahlgang am 21. November 2021 ist der rechtsextreme Politiker José Antonio Kast, er erhielt 28 % der Stimmen, der Kandidat der Linken Gabriel Boric 25 %.  Beim 2. Wahlgang am 19. Dezember 2021 wird zwischen beiden entschieden.

2. In der Sicht der Religionskritik ist  es wichtig: José Antonio Kast ist nicht nur überzeugter Katholik (und als Vater von 9 Kindern verdient er sicher auch die traditionelle Wertung “ein guter Katholik”), Kast ist außerdem Mitglied der katholischen Schönstatt-Bewegung, einer internationalen konservativen geistlichen Bewegung für Priester und Laien, gegründet von Pater Kentenich, dem inzwischen sexueller Missbrauch nachgewiesen wird… Die Schönstatt-Bewegung (benannt nach einem Ort bei Koblenz) zeichnet sich durch extreme Marienverehrung aus, etwa in den weltweit üblichen Wallfahrten zur “Dreimal wunderbaren Mutter”…Diese geistliche Bewegung ist in Chile ein Sammelplatz der “guten Bürger “und der Oberschicht, wie kritische Schönstatt-Leute dort selber sagen, etwa Patricio Young, gelesen am 20.11.2021! LINK

3. José Antonio Kast jedenfalls ist wohl eher eine Schande für diese frommen und wohlhabenden Marien-Freunde, denn Kast ist bewiesenermaßen auch Freund vieler Diktatoren und Rechtsextremen, er ist ein Verteidiger des Diktators Pinochet usw, kein Freund der Menschenrechte. Man fragt sich. Was Marienfrömmigkeit so alles aus Politikern macht… Die Wochenzeitung FREITAG veröffentlichte im Heft 46/2021 einen Beitrag über den aktuellen Wahl-Kampf in Chile, daraus ein Auszug, der sich mit der rechtsexremen Position Kasts befasst und auch auf seine Bindung an Schönstatt hinweist.

4. KNA brachte auch am 21.11.2021 einen Beitrag über die Wahlen in Chile und den Präsidentschaftskandidaten Kast. Er wurde in dem Bericht nur als Katholik bezeichnet, seine Mitgiedschaft in der Schönstatt-Bewegung wurde hingegen verschwiegen, geschuldet wegen der “strengen Zeilenvorgabe für Agenturtexte”, so wörtlich die KNA Auslandsredakion in Bonn in ihrem Antwort-Schreiben an Christian Modehn. Für fünf wichtige Worte “Kast ist Mitglied der Schönstatt-Bewegung” gab es also keinen Platz??? Meine Journalisten-Kollegen haben gelacht, als sie das hörten und meinten: Diese Mitgliedschaft Kasts in der Schönstatt-Bewegung mitzuteilen, ist wohl für KNA peinlich…”

5. Ein Hinweis auf Schönstatt und die Schönstatt-Bewegung: Was glauben die Katholiken als Mitglieder in der „Schönstatt-Bewegung“?

– Er schwärmte vom „Liebesbündnis des Menschen mit Maria“: Der Gründer der Schönstatt-Bewegung Pater Josef Kentenich (1885-1968), Schönstatt ist ein Dorf bei Vallendar bzw. Koblenz. Kentenich behauptet: Maria führt zu Christus, „wir finden Christus durch Maria“. Daran glauben „Schönstatt-Katholiken“ in 130 Ländern der Erde, mit 3.000 Mitgliedern und vielen tausend Freunden von Schönstatt. Mysteriöses findet Zuspruch, wer Mysteriöses glaubt, neigt zu mysteriöser Politik, siehe den rechtsextremen Politiker José Antonio Kast in Chile, ein Schönstatt-Mitglied. Diese Marienverehrung ist konzentriert um eine winzige Kapelle in Schönstatt, sie wurde mindestens 200mal weltweit in denselben Maßen, derselbe Ausstattung errichtet, auch in Chile; eine gewisse Monotonie und europäische Dominanz also schon im Architektonischen. Was haben Chilenen mit dieser Kapelle in dem Dörfchen Schönstatt zu tun?

– Es geht Pater Kentenich und Schönstatt also zentral um ein Bündnis des Menschen mit Maria, dieses Bündnis wird dem biblischen, im Alten Testament bezeugten Bund mit Gott verglichen.

– Nebenbei: Selbst dem für mysteriöse Heiligen – und Marienverehrung aufgeschlossenen Vatikan war die Spiritualität von Pater Kentenich ein Graus, der Pater wurde aus Deutschland verbannt und erst unter Papst Paul VI „rehabilitiert“. Der Orden der Pallottiner, dem Pater Kentenich zunächst angehörte, trennte sich 1964 von ihm und dessen Marien-Kult. Jedenfalls sind die Orden und Gemeinschaften, die im Zusammenhang mit Schönstatt entstanden waren, inzwischen päpstlich anerkannt.

– Es breitet sich ein Personenkult um Kentenich aus, er wurde und wird ausdrücklich als VATER verehrt, dem man Gehorsam schuldet. Diese Bindung an einen autoritären Vater kann auch eine Erklärung dafür sein, dass sich Leute wie der Politiker Kast in Chile in autoritäres Denken versteigen. Mit anderen Worten: Diese Kentenich-Maria-Spiritualität kann zur Beeinträchtigung kritischen Denkens führen.

– Die starke Konzentration der Schönstatt Bewegung auf die klassische katholische Ehe-Lehre führt dann politisch zum Kampf gegen andere Formen des Zusammenlebens, etwa der so genannten „Homo-Ehe“, auch dagegen kämpft der Schönstatt-Katholik José Antonio Kast. Die so genannte „Schönstatt-Jugend“ ist eine nach Geschlechtern getrennte Jugendorganisation.

– Auch Bischöfe in Deutschland sind Mitglieder der Schönstatt Bewegung, wie der ehem. Chef der Bischofskonferenz, Erzbischof Zollitsch (Freiburg) oder der aktuelle Bischof von Fulda, der seine theologische Doktorarbeit an einer staatlichen deutschen Universität über das Thema schrieb: Michael Gerber: Zur Liebe berufen. Pastoraltheologische Kriterien für die Formung geistlicher Berufe in Auseinandersetzung mit Luigi M. Rulla und Josef Kentenich. Echter Verlag, Würzburg 2008, (Dissertation). Nebenbei: So erhält man einen kleinen Einblick, welche Dissertations -Themen die katholische Theologie als Wissenschaft so „durchwinkt“.

– Auch der inzwischen pensionierte Erzbischof von Santiago de Chile, Kardinal Errazuriz, ist Mitglied der Schönstattbewegung. Ihm wurde als Erzbischof von Santiago Errazuriz nachgewiesen, die Strafverfolgung eines später wegen Missbrauchs verurteilten Geistlichen (Fernando Karadima) jahrelang verhindert zu haben. Papst Franziskus entließ diesen Marienfreund und Kirchenführer aus demKardinalrat. Der Fall Karadima hat die chilenische und südamerikanische Öffentlichkeit sehr bewegt. (Siehe auch wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Karadima_case)

– Auch der Schönstatt Bischof Francisco Cox (La Serena, Chile) wurde des sexuellen Missbrauchs überführt, er flüchtete sich nach Deutschland, nach Schönstatt, verstarb dann aber im August 2020 in Chile.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.

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Aus dem wichtigen und empfehlenswerten Beitrag in der Wochenzeitung FREITAG, Heft 46/2021, von Frederico Füllgraf:

José Antonio Kasts Vater Michael Kast-Schindele war Wehrmachtsoffizier aus Bayern fürchtete nach Kriegsende, von den Alliierten verfolgt zu werden, und begab sich auf die Fluchtrouten der „Rattenlinien“ nach Südamerika, wo er mit falschem Pass des Rotes Kreuzes in Chile ankam. Hier wurde er zum erfolgreichen Unternehmer in der Fleischbranche und Förderer der rechtsradikalen Szene. Nach dem Militärputsch vom 11. September 1973 verliehen die Kasts Lieferwagen an Pinochets Polizei und waren so am Massaker an 70 Landarbeitern im Regierungsbezirk Paine beteiligt, die dem Sozialisten Salvador Allende die Treue hielten. Einem davon wurde die Zunge abgeschnitten und ein Auge ausgestochen, bevor er mit den anderen 69 den Tod im Kugelhagel fand. Über Jahrzehnte hinweg gelang es der deutschen Kolonie, die Justiz so zu behindern, dass die nachweisbare Komplizenschaft ohne Strafe blieb. José Antonios Bruder Miquel Kast war von 1980 bis 1982 Pinochets Arbeitsminister und Zentralbankchef. Seither beschwört der Clan den Geist des Diktators.

Während dem linken Bewerber Boric ein „sanfter Sozialismus“ vorschwebt und er im Bündnis mit der reformistischen KP Chiles ein Regierungsprogramm der sozialökologischen Umverteilung anbietet, setzt Kandidat Kast auf Restauration. Hirnrissige, zehnprozentige Steuersenkungen sollen die Unternehmer für seine Agenda einnehmen, auch wenn die sich mit dem Vorwurf absetzen, Kast wolle dem Land eine prekäre Staatsverschuldung bescheren. Dessen 200-Seiten-Programm nennen sie das „Œuvre eines Dilettanten“. Darin ist neben ökonomischen Versprechen der restaurierte Polizeistaat eines Pinochet-Verehrers zu finden.21

Als Aktivist des Schönstatt-Ordens aus dem pfälzischen Vallendar kämpft Millionär Kast mit Ultrarechten aus den USA, mit Spaniens faschistischer Vox-Partei und seinem Freund, Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro, gegen Abtreibung, gegen die Rechte für Homosexuelle und Indigene. Er droht, das Ministerium für Frauenrechte und das staatliche Institut für Menschenrechte abzuschaffen. Kast leugnet frech die schweren Menschenrechtsverbrechen der Pinochet-Junta und verspricht, die etwa hundert verurteilten Folterknechte und Mörder aus der Haft zu entlassen. Seine Regierung – sollte sie zustande kommen – will die Bürger überwachen und zurück zu einer „internationalen Koordination zur Bekämpfung radikaler Linker“. Das erinnert an den „Plan Cóndor“ von sechs Rechtsdiktaturen in Lateinamerika, in deren Auftrag während der 1970er- und 1980er-Jahre Hunderte von Oppositionellen ermordet wurden”.

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Falls der doch etwas kritische Beitrag über die Einseitigkeiten der Schönstatt-Bewegung in Chile wieder aus der website dort verschwindet, hier der Text von Patricio Young: Man beachte, wer da “Vater” genannt wird, nicht etwa “Gott-Vater”, sondern Pater Kentenich, der als überhöhte Vater-Firgur (trotz allen Missbrauchs) verehrt wird. Und Maria, die Mutter Jesu vn Nazareth, wird als Gottes-Mutter bezeichnet.CM.

Veröffentlicht am 2019-10-28:

Proteste in Chile: Wo ist Schönstatt in all dem?  Von Patricio Young.

“Wir befinden uns in Chile in einem entscheidenden Moment unserer nationalen Geschichte. Der Boden ist uns unter den Füßen weggebrochen, wir stehen fassungslos vor dem, was auf den Straßen unseres Landes geschieht. Wir haben gesehen, wie die Forderungen von allen Seiten gestellt werden, auch mit der ausgeprägten Solidarität der jungen Menschen aus den oberen Sektoren, die vom Fernsehen interviewt, erklärten, dass ihre Privilegien ihnen weh tun und sie deshalb auf die Straße gehen. Heute scheint es einen großen Konsens darüber zu geben, dass die Ursache in der großen sozialen Ungleichheit liegt, die wir aufgebaut haben und die sich in vielerlei Hinsicht manifestiert.

Aber wo ist Schönstatt in all dem? Wir sagen, dass wir uns wegen der Mission des 31. Mai um Bindungen kümmern sollen; mit Gott, mit der Natur, mit der Gesellschaft. Das Thema der Bindungen scheint sich bei uns aber hauptsächlich auf den persönlichen und sehr wenig auf den sozialen Bereich zu konzentrieren.

Lassen Sie uns die Dinge klar sagen. Es ist notwendig, sich unserer Realität zu stellen, egal wie hart sie auch sein mag. Aber es gibt dabei keine Zeit mehr für Euphemismen, beruhigende Worte oder einfache Ausflüchte.

Wo stehen wir und was tun wir?

Wir sind eine Oberklassenbewegung. Wir bestehen hauptsächlich aus Familien aus der mittleren, oberen und höchsten Schicht. Abgesehen von Carrascal befinden sich unsere Heiligtümer in privilegierten Stadtteilen. Unser Vater hätte nur in der Pater-Kentenich-Schule in Puente Alto (sozialer Brennpunkt) zur Schule gehen können, der einzigen, die völlig kostenlos ist. Es gibt in unseren anderen Schulen einige wenige Schüler, die subventioniert werden, aber die große Mehrheit ist für Kinder der Oberschicht, obwohl das dem einen oder anderen Pater, den ich dazu öffentlich hinterfagt habe, nicht gefällt – abgestritten hat es aber auch keiner.

Trotz der finanziellen Ressourcen der Familie schwimmt Maria Ayuda nicht im Geld, sondern muss Wunder wirken, um zu überleben.

Vor einigen Jahren sagte mir ein Mitglied unserer Familie, der seit mehr als 50 Jahren bei uns ist, als wir über die Situation des Familienbundes in den Regionen Santiagos sprachen, dass es schwierig sei, Leutezu finden, die zu Führungsaufgaben bereit seien, weil dies Kosten verursche. Wir mussten schließlich hart arbeiten, um ein durchschnittliches Einkommen von 6 Millionen Pesos pro Monat zu erzielen (u$s 8245 oder € 7450 ungefähr), sagte er.

Nach diesem Gespräch kam eine tiefe Depression über mich. Wo ist unser Herz?

Solange Schönstatt sich nicht als Familie konkret sozial engagiert…

Solange Schönstatt als Familie sich nicht konkret sozial engagiert (nicht nur in der Kampagne der Pilgernden Gottesmutter oder bei den Madrugadores), sehen wir die Realität nicht in all ihren Dimensionen. Es gibt ein Chile, das wir nicht kennen und mit dem wir im Innern der Familie nicht im Dialog stehen. Einige von uns besuchen dieses andere Chile gelegentlich, zum Beispiel in den Familienmissionen. Aber dfas reicht nicht. Wir müssen für Heiligtümer in La Pintana, Chimba, Valparaiso arbeiten und nicht für noch eines in den Vierteln der Oberschicht. Wenn die Schönstätter von dort eines bauen wollen, dann sollen sie es in einem einfachen Stadtteil tun, nicht vor der Haustür.

Es ist notwendig, dieses andere Chile in die Familie zu integrieren. Andernfalls werden wir weiterhin in einer Blase leben. Wir werden weiterhin ein Ghetto sein, genau das, was unser Vater so sehr verabscheute.

Hier müssen unsere Solidarität und die Wertschätzung der Bindungen in all ihren Dimensionen gezeigt werden. Dies ist die Zeit, in der wir unseren Blick bereichern und helfen müssen, eine Gesellschaft der Solidarität aufzubauen, wie es unser Vater wollte.

Das Problem Chiles ist nicht das der anderen, es ist unseres

Lange Zeit haben wir die Probleme der Kirche vom hohen Ross aus betrachtet. Heute können wir das mit unserem Land nicht tun. Das Problem Chiles ist nicht nur das der anderen, es ist auch unseres.

Es gibt eine große Chance! Hilfe beim Aufbau einer anderen Gesellschaft, die alles, was fortgeschritten ist, schätzt, aber ihren Reichtum besser verteilt. Denn ein Land, in dem 1% der Bevölkerung ein Drittel des Reichtums besitzt, ist nicht lebensfähig.

Diese harte Realität, die wir leben, erfordert eine tiefgreifende Revision. Es reicht nicht aus zu beten, so wichtig es auch sein mag, aber wir müssen sehen, inwieweit wir Teil des Problems waren und wie wir helfen, Teil der Lösung zu sein.
Es ist der Moment der Wahrheit.

Es ist die Stunde der Wahrheit

Entschuldigen Sie die Offenheit und Härte, aber das ist die Stunde der Wahrheit. Wenn wir jetzt nicht aufwachen, wird Schönstatt kein Morgen haben, und auch kein Übermorgen.

Vater, erleuchte uns wie nie zuvor! Gottesmutter, gekommen ist die Stunde der Treue!

Patricio Young gehört zum Schönstatt-Familienbund. Er ist Sozialarbeiter an der Universität von Chile mit einem Master-Abschluss in Entwicklungswissenschaften, mit einer Nennung in Soziologie der Kommunikation. Er arbeitet als Berater im Bereich Marketing und Kommunikation.

Original: Spanisch, 25.10.2019. Übersetzung: Maria Fischer @schoenstatt.org

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Die katholische Nachrichtenagentur ACI Prensa schreibt über den sehr katholischen José Antonio Kast un Schönstatt-Mitglied:

21 de noviembre de 2021 – 10:10 PM | ÚLTIMA ACTUALIZACIÓN 21 de noviembre de 2021 11:57 pm

Católico provida y padre de 9 hijos pasa a segunda vuelta presidencial en Chile

POR DIEGO LÓPEZ MARINA | ACI Prensa

El candidato presidencial de Chile, José Antonio Kast Rist, quien es un abogado y político católico, provida y padre de nueve hijos, se disputará la segunda vuelta con Gabriel Boric, de ideología izquierdista, luego de ser los más votados en las elecciones de este domingo.

Kast, fundador y líder del Partido Republicano, lideraba la elección presidencial con un 28.02 % de los votos, seguido por Boric del Partido Convergencia Social, con un 25.60 % tras escrutarse un 90.19 % de los votos, informó el Servicio Electoral.

Ambos se disputarán la presidencia el próximo 19 de diciembre.

José Antonio Kast Rist, de ascendencia alemana, nació el 18 de enero de 1966 en Santiago de Chile. Actualmente tiene 55 años, es casado y padre de nueve hijos.

Fue diputado nacional entre 2002 y 2018 y candidato presidencial en las elecciones de 2017 y de 2021. Es fundador del movimiento social Acción Republicana y Partido Republicano.

Kast es católico practicante,​ perteneciente al movimiento Schönstatt.

En un artículo escrito por él en el 2011 para el diario La Tercera, reveló: “Antes de quedarme dormido, rezo. Soy católico practicante. Mi familia es del sur de Alemania, la zona católica de ese país”.

También escribió: “Me jugaría el pellejo porque no se aprobara la ley de aborto”.

En su plan de gobierno para las elecciones presidenciales de 2021, se indica: “Defendemos la vida desde la concepción hasta la muerte natural. Todos los seres humanos tenemos derechos inalienables que ninguna persona o mayoría pueden quitar”.

“Derogaremos la ley que posibilita el aborto, dictada durante el gobierno de la Expresidente Bachelet. En el intertanto, reivindicamos el derecho de personas naturales y jurídicas a la objeción de conciencia”, añade.

En un tuit de mayo de 2019, Kast escribió: “Derogar la Ley de Aborto: No importa que no tengamos la mayoría, pero el compromiso con la vida tiene que ser una acción, no solo palabras. No podemos permanecer indiferentes a que el aborto esté vigente en Chile. #Salvemoslas2vidas”.

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Die “Tagespost”  Würzburg, katholisch und sehr konservativ,  jubelt: Endlich ein praktizierender Katholik als Präsident.

https://www.die-tagespost.de/politik/aktuell/chile-praktizierender-katholik-in-stichwahl-um-praesidentenamt-art-223122