„Da kann ich nichts machen“: Dem alltäglichen Slogan der Unvernunft widerstehen

Hinweise von Christian Modehn

Ich wurde kürzlich gefragt, wie ich denn für Schüler und andere „Anfänger“ in der Philosophie, argumentativ, also philosophisch, auf das ständig vorgebrachte Bekenntnis „Da kann man, kann ich, nichts (mehr) machen“ antworte.

Diese Aussage „Da kann man nicht machen“ bezieht sich auf Schwerwiegendes, auf das Entgleisen der Demokratie heute, auf die maßlose und tötende Gewalt neoliberaler Ökonomie, auf die zunehmende Stärke von autokratischen Politikern, auf die Unfähigkeit, etwa ökologisch das Richtige zu tun usw.

Jeder und jede kann sich an weitere Beispiele eines Verlustes von Menschlichkeit und Würde in den letzten Monaten erinnern, etwa an die Zunahme der Lüge, an die Verwirrung, so dass viele gar nicht mehr fake, Fälschung, und Wahrheit unterscheiden können. Wir leben zudem in einer Gesellschaft, in der Anonymität in Äußerungen normal wird. Offenbar gibt es bei anonymen Schreibern in ihrer häufigen Aggression noch eine letzte Scham, sich öffentlich zum eigenen Namen zu bekennen?

Der Ausgangspunkt zum Thema „Da kann ich nichts machen“

Wir sind als religionsphilosophischer Salon selbstverständlich der Vernunft verpflichtet, weil wir wissen: Der Mensch ist zwar mehr als Vernunft (d.h. Nachdenken, Argumentieren, Logik, Ethik usw.), aber ohne den beständigen Gebrauch der Vernunft und deren dauernden Pflege als Übung ist der Mensch nichts. Gar nichts. Er ist dann ein kluges Tier, das den jeweiligen Wallungen seiner Sinnlichkeit im totalen Egoismus nachgibt. Wird diese Haltung real, dann ist das später oder schon jetzt noch versteckt der Startschuss für einen „Krieg aller gegen alle“.

Also: Was kann philosophisches Nachdenken als Ergebnis zeigen zu dem eben etwas ausführlicher skizzierten Spruch: „Da kann ich nichts machen“. Ich versuche, meine Position „einfach“ zu erklären, sie verdankt sich Erkenntnissen von Karl Otto Apel und Jürgen Habermas.

Die Aussage „Da kann ich nichts machen“ muss man übersetzen und neu formulieren, dann heißt sie: „Da hilft keine Vernunft und da hilft kein von der Vernunft geleitetes Handeln“.

Viele, die so denken, ziehen sich dann ins Private zurück und verstopfen sich Ohren und Augen und wenden die eigene Vernunft nur noch alltäglichen, technischen Fragen zu. Privatisierung ist gewünscht von denen, die uns große Probleme bereiten, Neoliberale Ökonomen und Autokraten….

ABER: Es ist doch anders: Denn mit dem Satz „Da kann man nichts machen“ ist keineswegs ein totales Ende des Nachdenkens/Reflektierens und dann auch des Handelns gemeint.

Beweis: Ich sage ja meine Meinung „Da kann ich nichts machen“ tatsächlich mir selbst und anderen nun einmal in Begriffen, Worten, in einem Satz, der logisch strukturiert ist. Und auf das Verstehen anderer sozusagen automatisch, aber implizit setzt.

Entscheidend ist die weitere Erkenntnis: Indem ich das denke, ist mein Denken und Reflektieren und Sagen ja gerade nicht an ein Ende gekommen. Denn ich schaue förmlich reflektierend und tätig noch auf die Aussage „Da kann ich nichts machen“. Ich erhebe mich förmlich denkend über diese Aussage.

Ich denke also weiter, über den gesagten Satz hinaus; die Reflexion ist keineswegs am Ende, ich muss mich nicht verabschieden aus dem Reflektieren und Handeln. Denn die Vernunft zeigt sich gerade im „Raufschauen“ überlegen gegenüber dieser Vermutung „Da kann ich nichts mehr machen“…

Die Vernunft, der Geist, zeigt sich also als der Lebendige und dadurch als der Überlegene gegenüber der vermuteten Situation „Ich kann da nichts mehr machen“. Damit ist noch nicht gesagt, was ich denn nun konkret im einzelnen tun soll. Ich entdecke nur die Gewissheit, mit meinem Satz „Da kann ich nichts machen“ gerade nicht in einer Sackgasse, gerade nicht am Ende, gerade nicht in der „Verzweiflung“ zu sein.

Wenn es also eine überlegene Kraft des Denkens, der Vernunft, des Geistes evidenterweise gibt, wenn sich diese Erkenntnis der Überlegenheit des Geistes sich selbst von sich aus (!) sich mir zeigt und sich mir beim Nachdenken als unabweisbar, als von mir nicht zerstörbar, aufdrängt: Dann kann der nächste Schritt nur sein:
Schauen und prüfen und fragen, wo ich was in der vermeintlich aussichtslosen Situation kritisch nachdenkend dann tun kann.

Ich kann die angeblich total schwarze Einschätzung der Verachtung meiner Gegenwart („Alles ist Blödsinn, ich kann nichts mehr tun in diesen Verhältnissen“) beiseite schieben. Ich kann also „Einstiegsorte“ für die Kritik und das denkende Handeln finden in dem angeblich total Falschen und Aussichtslosen. Denn diese „Einstiegesorte“ der Kritik gibt es. Ist es nur die Faulheit des Nachdenkens, verbunden mit tiefer Resignation in diesem Leben, die mich hindert, die Verhältnisse auf Einbruchstellen der Verbesserung zum Besseren und Gerechten abzuklopfen? Die Vernunft bleibt lebendig auch in den angeblich aussichtslosen Verhältnissen.

Die berühmte und hoch angesehene Migrationsforscherin Nika Foroutan spricht etwa auch von einem allgemeinen Pessimismus, „der als einzigen Ausweg aus einer verachteten Gegenwart nur die komplette Zerstörung alles Bestehenden übrig ließ“ (TAGESSPIEGEL, 22. Juli 2018, Seite 3).

Diese Ideologiekritik ist entscheidend: „Ich kann nichts mehr machen“ ist eine Ideologie, die den Herrschenden sehr gut gefällt und förmlich von ihnen verbreitet wird. Wer sich solchen Sprüchen aus Denk – Bequemlichkeit anschließt, fördert reaktionäre Kräfte, die alles auf die Zerstörung des Bestehenden setzen. Diese Leute gab es etwa in der Weimarer Republik, auch Intellektuelle reden solchen Wahnsinn: „Durch Zerstörung zum Heil“, Carl Schmitt stand solchem Denken nahe, heute sind es Leute wie Stephen Bannon, der Freund und Berater von Mister Trump: Er denkt in diesen apokalyptischen Dimensionen „durch totale Zerstörung des sowieso Sinnlosen zum Heil“. Auch Evangelikale folgen mit ihrer totalen Hingabe an den Staat Israel wegen der Armageddon Prophezeiung diesem Wahn….Stephen Bannon schmiedet bereits wirksame Netze, wenn er sich mit Weidel (AFD), Le Pen usw. trifft. Es geht diesen Leuten um eine rechtsradikale, d.h. zerstörerische Wende in Europa. Es geht um Nationalismus, und dieser ist immer Krieg!

Damit will ich sagen: Man zerstört sein eigenes Denken, wenn man sich an diesen Spruch weiter hält „Da kann ich nichts machen“.

Wer daran festhält, lebt in einem Denkwiderspruch. Wie lange man mit einem Denkwiderspruch seelisch gesund leben kann, ist eine weitere Frage. Viele Menschen würden im technischen Bereich etwa, in Fragen der Finanzplanung usw. niemals mit Widersprüchen zur Vernunft leben können. Nur im Bereich der inneren Vernunft, des Geistes, glauben viele, auf Dauer in gewisser Weise schizophren leben zu können.

Was also vernünftig festgehalten werden? Unser Geist lässt sich nicht von angeblich aussichtslosen Situationen einschüchtern und einsperren. Die einzige Tatsache, die wir durch die Vernunft nicht überwinden können, ist der eigene Tod. Aber auch zu ihm können wir gedanklich, poetisch, atheistisch, religiös je unterschiedlich Stellung nehmen. Die Diktatoren wussten und wissen auch heute genau: Die Zerstörung des Denkens, der Gedankenfreiheit im Rahmen von „Gehirnwäschen“ ist am wichtigsten für die Vernichtung menschlicher, d.h. frei denkender Personen.

Hören wir also mit diesen dummen, zur Faulheit führenden Sprüchen „Da kann ich nichts machen“. Jeder suche ich einen Ort, wo er seinen Widerstand gegen die herrschende Unvernunft leben kann…

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

Die alten Glaubensbekenntnisse der Christen (4. Jh.) sind nur noch historische dogmatische Erinnerungen und sollen dies bleiben!

Ein Hinweis von Christian Modehn zu einem Beitrag von Thies Gundlach (EKD) in PUBLIK FORUM, Heft 13/2018

Welcher Christ versteht auch nur ansatzweise, wenn er etwa in katholischen Messfeiern oder lutherischen Gottesdiensten aufgefordert wird zu beten und als seinen eigenen, persönlichen Glauben zu bekennen: „Christus ist aus dem Vater geboren“. Seit wann gebären Väter? fragen sich nicht nur Kenner der Gender – Studies. Und wer hat denn den Vater geboren? Soll ich solche Esoterik neoplatonischer Art nachsprechen und etwa als meinen Glauben an Jesus von Nazareth bekennen? Außerdem sei Jesus von Nazareth, dann als Christus in höherer Bedeutung, „gezeugt, aber nicht geschaffen“ worden. Eine Zeugung, die nicht „schafft“, ist auch esoterisch und nur nach zwanzigmaligen Nachdenken irgendwie nachvollziehbar. Männer, etwa in großen Kirchen-Behörden, werden etwa gesprächsweise von wohlgesinnten Obrigkeiten gezeugt, also dann angestellt, ohne dass sie als Menschenwesen damit geschaffen werden. Ist das gemeint?

Im Ernst: Kann man diese Formeln (heute nichts als leere, bestenfalls esoterisch interessante Floskeln) verstehen? Ist der Glaube als nun einmal menschlicher, je – meiniger Glaube nicht immer und stets absolut verstehender Glaube? Haben Protestanten ihren Bultmann vergessen oder Tillich?

Es ist für viele ein Skandal, ein Glaubensbekenntnis zu sprechen, wenn man nach dem gesprochenen Glaubensbekenntnis noch eine halbe Stunde mit einem kritisch gebildeten Theologen über den im Bekenntnis gesagten Neuplatonismus sprechen muss. Nichts gegen religiöse Poesie: Sie hat ihren Platz, auch im Gottesdienst. Aber ein Glaubensbekenntnis darf nicht esoterisch – poetisch sein. Eine fünfstündige Wagner – oder Mozart Oper, die nun einmal voller mysteriöser Gestalten und esoterischer Sprache ist, die ist doch etwas anderes als ein christlicher Gottesdienst mit christlichem Bekenntnis. Dieses ist immer reflektierte Deutung meines Lebens.

Und weiter: „Am dritten Tage auferstanden“? Heutige Zeiterfahrung kennt nicht die esoterische Qualität des dritten Tages, deswegen sollte sich das Auferstehungserleben nicht an einen bestimmten, dritten Tag binden…, eine Vorstellung, die vielleicht tiefe Wurzeln im alten jüdischen Denken hat. Diese Vorstellung ist aber spätestens seit dem 10. Jahrhundert kein allgemeines Wissen mehr. Von der Jungfrauengeburt in diesem Nizäno-Konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnis wäre zu sprechen. Oder von der Tatsache, dass ich beim Heiligen Geist als Christ der Westkirche glauben soll: Dieser Heilige Geist geht vom Vater UND vom Sohne aus (und bitte nicht nur, wie in der Ostkirche, vom Vater!) Was ist das auch für ein “unverschämter Gedanke”, nur vom Vater soll der heilige Geist „ausgehen“ (was heißt ausgehen, und wohin geht der Geist eigentlich dann hin, auch in die Kirchen heute?) Wegen dieses Ausgehens des Geistes haben sich Ostkirche und Westkirche einst die Köpfe eingeschlagen…

Man stelle sich heute katholische Messen oder lutherische Gottesdienste in Tokio oder Ouagadougou oder in Mexiko Stadt vor, wo diese Christen diese genannten Formeln und Floskeln nachsprechen müssen als ihr ureigenes persönliches Glaubensbekenntnis. Denn ein Glaubensbekenntnis hat nur Sinn, wenn es wirklich mein ureigenes, mein von mir kommendes Bekenntnis ist! Das ist doch wohl selbst in der EKD Grundüberzeugung. Es geht doch um meine Erlösung, mein „Heil“, um die klassischen Begriffe zu verwenden. Was wäre, wenn ein heilender Arzt mir sagen würde, ich soll meinen Krankheitsbefund in den Worten von Parcelsus (16. Jh.) mit ihm nachsprechen…

Ich kann nur dringend hoffen, dass die Christen in Tokio, Ouagadougou oder Mexiko Stadt diesen Neoplatonismus nicht nachplappern, und wenn, dann wohl nur unter der Bedingung, dass die Obrigkeiten diesen Christen eingeschärft haben: Ihr müsst unverständlichen Neoplatonismus nachplappern. Nur die vielen Evangelikalen oder Pfingstler tun das vielleicht? Oder das Opus Dei und die katholischen Neokatechumenalen.

Thies Gundlach, als Theologe Vizepräsident des Kirchenamtes der EKD in Hannover, bekannt für seine theologisch sehr konservativen, oft militanten Positionen und, wie er sagt, Schüler des „dialektischen“ (d.h. für Barth dann auch vernunftfeindlichen) Theologen Karl Barth, versucht noch einmal die alten Glaubensbekenntnisse, auch das Nizäno-Konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis, uns schmackhaft zu machen. Und zwar sogar in PUBLIK FORUM Heft 13/2018 vom 6.7.2018.

Aber die Argumente von Herrn Thies sind leider sehr wirr und widersprüchlich in sich selbst.

Herr Thies ist gegen neu formulierte Glaubensbekenntnisse. Das ist am wichtigsten. Er verteidigt die alten (neoplanonisch gefärbten) Glaubensbekenntisse aus dem 4. Jahrhundert, komischerweise aber nicht eines der ältesten und kürzesten und sympathischsten alten Bekenntnis des Paulus aus dem Römerbrief Kapitel 10, Vers 9. Immerhin gesteht Gundlach ein, dass mit den alten Glaubensbekenntnissen Missbrauch – etwa durch die Inquisitoren – betrieben wurde. Immerhin, aber er führt den Gedanken nicht weiter…

Dann behauptet er: Diese alten Glaubensbekenntnise, so wörtlich, „gehören der unsichtbaren Kirche“. Was ist denn damit gemeint? Eigentlich ist per definitionem die unsichtbare Kirche jene, die auch Ungetaufte, „Heiden“, möglicherweise Atheisten usw. auch umfasst. Also der Begriff stimmt hier nun wohl kaum.

Dann warnt Gundlach davor, dass wir uns Glaubensbekenntnisse, so wörtlich, „zurechtschneidern”, damit sie „heute leichter von den Lippen gehen“. Was für eine Unverschämtheit diese Behauptung, darf ich wohl sagen. Als würden sich moderne Christen Glaubensbekenntnisse sozusagen nach Lust und Laune zurecht “schneidern”, damit sie leichter von den Lippen gehen: Als wären neue Glaubensbekenntnisse nur Ausdruck von Bequemlichkeit. Was für eine Beleidigung derer, die sich um neue, d.h.meinen Glauben weckende Bekenntnisse heute mühen.

Dann nennt der theologische Chef der EKD (!) die alten Glaubensbekenntnisse ein „riesiges Dach“, dem gegenüber, so wörtlich, die neuen Glaubensbekenntnisse so klein und zerbrechlich sind “wie das Dach einer Hundehütte“.

Gundlach verachtet, milde gesagt, als eingefleischter Dogmatiker die subjektive Freiheit des Glaubens, deswegen kann er persönliche Glaubensbekenntnisse nur mit Stichworten wie „zurechtzimmern“ , „zurechtschneidern“ beschreiben. Moderne Christen unter einer Hundehütte also. Reaktionäre Dogmatiker unter dem riesigen Dach, sollte man sagen. Da kann man nur hoffen, dass dieses riesige Dach nicht morsch geworden ist. Manche haben angesichts des Schwundes an Kirchenbindung in Deutschland diese starken Überzeugung!

Man hat also den Eindruck, Thies Gundlach bastelt sich seine untergegangene Bekenntnis – Welt noch mal nach eigenem konservativen Gusto zusammen. Und ist froh, sich in einem unverständlichen Glauben zu bewegen: Der von einst her Antworten gibt, wie er sagt, zu dem man sich erst mal die Fragen überlegen muss.

Ganz schlimm wird es für einen Menschen heutiger Zeit, wenn der oberste Theologe der EKD schreibt. „Ich soll, kann und muss nicht jedes Detail (des alten Glaubensbekenntnisses) als meinen höchsteigenen Glauben verstehen“. Plötzlich wird Gundlach großzügig, er nennt diese Haltung sogar liberal. Dabei hat er von der bewährten und bekannten liberaler Theologie keine große Meinung!

Er will suggerieren: Ich muss als Mensch des 21. Jahrhunderts meinen Glauben gar nicht verstehen. Hat der EKD Theologe Nizäno-Konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnis von dem Satz des Mittelalters (Anselm von Canterbury) gehört: „Fides quaerens intellectum“ (Das heißt: Der Glaube sucht, verlangt, den Intellekt, das Verstehen)? Oder ist Gundlach so total Lutheraner, dass er die bekannte Vernunftverachtung des Reformators völlig internalisiert hat? Manche würden das fundamentalistisch und schlimm finden.

Fakt ist: Mein Glaubensbekenntnis will ich als Mensch mit Vernunft eben auch verstehen, das ist menschlich normal so. Und muss so sein, wenn der Glaube nicht herabsinken soll in ein esoterisches dumpfes Gerede.

Aber der Herr der EKD Theologie entwickelt sich sogar noch zu einer Art Aufforderer zur Häresie: Es reicht ihm nämlich, „wenn ich nur zu einer Aussage des alten Glaubensbekenntnisses Zugang habe, …. Häresis ist, wenn man mal streng ist, subjektive Auswahl aus dem Bekenntnis bekanntlich. Das zu propagieren ist schon komisch aus dem Haus der EKD.

Und dann noch dies: Zur Verteidigung, dass wir die alten Bekenntnisse nachsprechen müssen, meint Gundlach: Diese, so wörtlich, seien „in ihrer Fremdheit wunderbar vieldeutig“. Wohl wahr! Jeder stellt sich unter der Jungfrauengeburt etwas anderes vor, Augustinus sprach wohl von einer Zeugung durch das Ohr der Jungfrau; andere mögen beim Bekennen der Jungfrauengeburt an eine unsagbaren, „heiligen“ Eingriff eines dann doch männlichen Engels denken…

Herr Gundlach wirft denen, die sich mit viel Mühe um ein heutiges und morgen eben um ein morgiges Glaubensbekenntnis mühen, vor: Sie wollten mit den neuen Bekenntnissen zu eindeutig sein. Das Gegenteil ist der Fall: Wer überhaupt noch von Jesus Christus, von Erlösung, von Rettung, von ewigem Frieden etc. spricht, kann von den Symbol – Begriffen her niemals eindeutig sein. Auch moderne Glaubensbekenntnisse sind poetisch, Gundlach sollte die Bekenntnis von Dorothee Sölle, Huub Oosterhuis, Kurt Marti oder der Remonstranten Kirche in Holland lesen…Das sind doch keine Plattitüden… Das ist nachvollziehbare moderne theologische Poesie!

Am schlimmsten nun, und das zeigt den bei vielen doch bekannten reaktionären und autoritären Geist des EKD Theologen Gundlach: „Kirchenleitungen müssen eine alte Sprache verteidigen“, so wörtlich in Publik Forum. Das könnte das Opus Dei nicht besser formulieren. Welch hübsche Ökumene!  Gundlach nennt “freundlicherweise” die Erneuerer „penetrante Rationalisten und radikale Fundamentalisten“. Man könnte Theologen wie Gundlach penetrante Bestatter der heutigen Kirche und des lebendigen Glaubens nennen. Er nennt sich „strikter Lutheraner“. Wenn das Lutheraner sind, dann armer Martin Luther, was hast du da noch bewirkt…

Ich empfehle, einmal das Glaubensbekenntnis der niederländischen Remonstranten Kirche in Holland ausführlich zu lesen. Es ist 2006 von remonstrantischen Theologen formuliert worden. Natürlich ist es in remonstrantischem Geist für die Mitglieder selbst NICHT bindend, sondern nur als Impuls zum Denken und Glauben gemeint. Lebendiger Glaube ist auf dem Weg sein, nichts nachplappern… Zum Beispiel: Wer der Remonstranten Kirche beitreten will, schreibt sein eigenes Glaubensbekenntnis auf. Und dieses wird selbstverständlich von der Kirche respektiert und besprochen. Und in den letzten Monaten haben die Remonstranten einige Informationen öffentlich verbreitet mit dem richtigen Titel: „Glauben beginnt mit dir“. Also: Sag deinen eigenen Glauben (oder Unglauben oder Suchen) uns, und wir freuen uns darüber und sprechen darüber und erleben deinen Glauben als Bereicherung für uns. Das 4. Jahrhundert des Neoplatonismus ist für diese modernen Christen definitiv vorbei. Lebendigsein heißt: Sich wandeln. Das heißt: Auch alte dogmatische Formeln beiseite lassen, wenn sie meinem und unserem Glauben heute nicht entsprechen. Der christliche Glaube ist doch keine intellektuelle Last oder Qual! Der christliche Glaube und das je eigene und sich stets wandelnde und von keiner Kirchenbehörde einzuschränkende je meinige Bekenntnis ist etwas, was Freude bereitet, was freien Raum schafft eben unter einem weiten ökumenischen Dach der Vielfalt. Aber dieses weite, stets erneuerte Dach ist wohl nicht das uralte (vielleicht längst morsche) Dogmen – Dach von Herrn Gundlach.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

Wenn sich CDU und CSU einig sind: Egoismus und Nationalismus siegen

Nach dem (vorläufigen) Miteinander von CDU/CSU am 2. Juli 2018

Ein Hinweis von Christian Modehn

Am wichtigsten ist zu erkennen, was CSU und CDU (und wohl auch weite Kreise der SPD Wähler) ab sofort deutlich verbindet:

Frau Merkel hat längst auf das freundliche, humane Gesicht ihrer Flüchtlingspolitik verzichtet. „Sie will Ordnung und Steuerung, was nichts anderes bedeutet als die restriktive Linie, zu der die Österreicher und Ungarn und Polen die Europäische Union länger schon drängen. Die Kanzlerin redet nur sachter, aber ihre Haltung ist nicht minder hart“. (Stephan- Andreas Casdorff, Tagesspiegel“, 3. Juli 2018, Seite 1).  Das bekannte MIGAZIN (als newsetter zu bestellen) schreibt z.B. am 4.7.2018, dass die libysche Küstenwache, auf die die demokratische EU so vertraut,  auch in den Menschenhandel verwickelt ist, lesen Sie den Bericht von Migazin.

Was ist bedenklich und gefährlich: Der neue alte Nationalismuswahn, das Bedürfnis nach totaler Sicherheit, die Weigerung, an einer neuen gerechten Welt zu arbeiten, in der alle Menschen, aber auch alle Menschen, elementare Menschenrechte genießen können. Dies ist eine Utopie, eine gute Vision, auf die kein Mensch verzichten kann…

Unsere Sicherheit, unser Wohlstand, dies wird nun ganz offensichtlich erneut gezeigt: Dieser Wohlstand, diese Sicherheit, Deutschlands (und Europas) sind erkauft mit der Unsicherheit der Menschen, die in ihren Ländern Afrikas verfolgt und unterdrückt sind. Die Flüchtlinge wurden und werden hier bei uns zu Zahlen, Nummern, Objekte, wie es der kapitalistischen Verbraucher-Mentalität entspricht.

Diese armen Menschen können einfach diese dort seit Jahrzehnten in jeder Hinsicht. miserablen Zustände nicht ertragen. Natürlich kann nicht jeder in Europa leben (Millionäre, besser noch Milliardäre sind selbstverständlich stets hier willkommen!). Aber es gibt in Deutschland keine menschlichere Einwanderungspolitik!

Und vor allem: Alle großspurigen Zusagen, den elenden Menschen in Afrika wirkungsvoll von europäischer Seite sofort und sehr umfassend beizustehen, sind wie so oft nichts als leere Worthülsen. Stattdessen wird von Lagern schwadroniert; die Sprache christlicher Politiker zur Benennung der Flüchtlinge ist auf dem Niveau des „Wörterbuchs der Sprache des Unmenschen“ (hg. u.a. von Dolf Sternberger) gelandet… Die Lebensbedingungen in den libyschen Lagern sind denen verwandt, die einst in KZs herrschten.

Was ist Deutschland jetzt?
Ein sich abschottender, Mauern errichtender Staat, – wie einst die DDR, Ulbricht und Co., liebt man als C Parteien die Mauer – dies alles in engster Freundschaft mit äußerst rechtslastigen Regierungen in Österreich, Ungarn usw. verbunden. Das heißt: Deutschland ist wieder nationalistisch geworden.

Unter diesen globalen nationalistischen Bedingungen wird sich in Zukunft alles Leben in Deutschland „abspielen“: Ob die jetzt hier lebenden Flüchtlinge menschlich „behandelt“ und in menschenwürdige Lebensverhältnisse gelangen, wird sich zeigen. In Österreich wird bereits von sich ebenfalls christlich nennenden Politikern an der Begrenzung der Pressefreiheit gearbeitet, Nationalismus ist eben Krieg, und der beginnt oft als Krieg nach innen, als Krieg gegen die kulturelle und soziale Freiheit.

Die wenigen kritischen Stimmen innerhalb der Kirchen sind viel zu schwach. Die großen Herren der Kirchen schweigen bisher. Ein erster Schritt von ihnen wäre: Den C Parteien aus offizieller christlicher Sicht der Bischöfe nahezulegen, auf das C bitte endlich in ihrem Parteinamen zu verzichten. Das wagt aber kein Bischof. Es gibt ja eine gute Zusammenarbeit von Kirchen und Staat mit den heiligen Kirchensteuern und hohen Gehältern für Bischöfe, die der Staat selbstverständlich immer noch bezahlt. Das Thema Trennung der Kirchen vom Staat ist noch tabu. Hat es vielleicht doch bei dieser gefährlichen Entwicklung eine Zukunft? Einem nationalistisch werdenden Staat können Kirchen bei einer Trennung vom Staat ganz anders „begegnen“.  Nämlich frei und kritisch!

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

Alltäglicher Rassismus in Deutschland, Europa, USA usw.. Ein philosophischer Salon am 22.6. 2018

Hinweise von Christian Modehn.

Dies ist keine Zusammenfassung der Debatte im Salon selbst.

Das Thema Rassismus auch in Deutschland wird täglich in der Presse dokumentiert! Nur 2 Beispiele am 9.7. 2018: Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte durch rechtsextreme Deutsche. Mangelnde Solidarität mit Opfern, wenn sie Ausländer sind.

Der Titel wurde am 3. Juli 2018 ergänzt, der Deutlichkeit wegen, mit “Rassismus in Deutschland, Europa, USA usw”… Denn: Nur zwei  von  vielen Belegen für den hiesigen Rassismus: Innenminister Salvini, Italien, von der rechtslastigsten Lega Nord, hetzt jetzt gegen Sinti und Roma aufs übelste. Und noch einmal wird deutlich, wie sich Rassismus zeigte bei den Ermittlungen deutscher Behörden im Fall der NSU Verbrechen. Klicken Sie dazu auf eine Information des newsletter Dienstes MIGAZIN.

Rassismus hier bei uns und in uns ist ein dringendes Thema: Rassismus als heutige Realität, als philosophisches Problem und als Aufforderung anders, auch politisch anders d.h. menschlich zu handeln, wenn wir Rassismus überwinden wollen.

Einige Thesen als Impuls zum Weiter – Denken:

Am wichtigsten ist: Wissenschaftlich betrachtet gibt es keine „Menschen – Rassen“. Die genetische Varianz unter verschiedenen Menschen aus verschiedenen Kontinenten z.B. mit verschiedenen „Hautfarben“ ist nicht nennenswert, die genetische Differenz ist ohne Bedeutung. Biologisch bedingte verschiedene Rassen, die Herrschende dann ideologisch trennen in wertvoll und weniger wertvoll eingeschätzte Rassen (und damit Menschen) gibt es NICHT.

Diese wissenschaftliche Erkenntnis gilt es endlich zu respektieren, Rassismus ist eine Ideologie vor allem des 19. Jahrhunderts. Die große Ausstellung Über Rassismus im „Deutschen Hygiene Museum in Dresden“ (bis 6. Januar 2019!) dokumentiert diese Tatsachen.

Wie so oft: Trotz eindeutiger wissenschaftlicher Erkenntnis hat sich die Ideologie des Rassismus bis heute und zwar sehr stark in den Köpfen und Herzen vieler Menschen festgesetzt. Die alte kulturelle Prägung, ist schwer „abzuarbeiten“, d.h. aus den Köpfen zu vertreiben und aus der Politik auszuschließen.

Ich meine ganz zentral: Wir sollten heute den Rassismus Begriff sehr weit verstehen als Grundlage der Kritik an aktuellen Kämpfen zwischen „Herrenmenschen“ und „Untermenschen“. Denn diese Einteilung der Menschheit ist nach wie vor Realität, politisch, ökonomisch, kulturell, religiös. Dese Begriffe und deren Inhalte bestimmten immer noch das Bewusste und Unbewusste sehr vieler Menschen.

 Meine zentrale These ist also: Rassismus ist kein seelisches oder politisches nur selten noch vorkommendes „Sonderphänomen“, wie etwa in der Apatheidspolitik Südafrikas oder im Klu Klux Klan. Rassismus ist vielmehr alltägliche Realität unter uns und auch in uns.

Rassismus in diesem weiten Sinne ist vom Wesen her die Behauptung und politische Haltung, dass es wertvolle und weniger wertvolle Menschen gibt. Rassisten glauben, und Rassismus ist eine Glaubenshaltung: Die Menschheit ist gespalten. D.h. für Rassisten: Es gibt keine wesentlich humane Gleichheit aller Menschen bei allen selbstverständlichen Unterschieden.

Zur realen, empirischen Situation:

Sich demokratisch nennende Politiker heute handeln sehr oft nach einem Prinzip, das man rassistisch nennen könnte: Etwa: Die Trennung der geflüchteten mexikanischen Kinder von ihrem Eltern durch Mister Trump. Nach Protesten wurde diese rassistische Entscheidung durch Trump etwas zurück genommen. D. h. Proteste nützen selbst bei diesem Herrscher doch noch ein bisschen was… Rassistisch ist die Sprache gegenüber Flüchtlingen in den Medien und in den Parteien, nicht nur der AFD sondern auch der sich christlich nennenden Parteien, also etwa „Menschenflut“, Massen strömen her usw… Diese Sprache verrät rassistisches Denken und Fühlen.

Auch die Zurückweisung der Armen in den reichen Ländern des Nordens ist rassistisch, wenn Menschen und ihre Politiker hier im Luxus des Nordens sagen: Diese Armen haben doch ihre so entzückenden Heimaten im Tschad, der im Niger oder in Haiti: Sie sind doch dort geboren, dort fühlen sie sich wohl, dorthin wollen wir sie wieder zurückbringen, wenn sie meinen, sich bei uns hier niederlassen zu dürfen.

Dass dabei die genannten und viele ändere Länder Afrikas und Lateinamerikas und Asiens vom „Norden“ erst arm gemacht wurden durch neokolonialistische Politik, wird von den so kultur- und heimatbeflissenen Politikern des Nordens verschwiegen… Mit diesem Argument der angestammten Heimat der Armen will man den eigenen Reichtum mit Armen bzw. Armgemachten nicht teilen, man schiebt sie wieder weg, ins Elend. Und baut Mauern rund um Europa, und tut genau das, was die einst angeblich so demokratischen Politiker des so genannten Freien Westens an den kommunistischen Regimen, etwa der DDR, kritisierten: Die Herren Söder, Orban, Kurz und die anderen tun genau das, was die SED tat: Sie bauen Mauern. Mister Trump tut es auch. Das ist rassistisch. Aber Mauern halten nicht lange: Die Berliner Mauer hatte eine Lebenszeit von 28 Jahren. Dann implodierte dieses SED Regime.

Wenn man rassistisch weit versteht als Ablehnung der Lebensrechte der anderen, dann sind rassistische Politiker an der Macht, sehr offensichtlich etwa in Brasilien heute, siehe dort den Umgang mit den von Herrschenden arm gemachten „Schwarzen“ in den Favelhas. „Schwarze“ Aktivisten werden erschossen, wie die großartige linke Aktivistin Marielle Franco. Warum kennt niemand ihren Namen hier auf Anhieb; alle aber kennen alle Namen aller Fußballer – Millionäre bei dieser verrückten Fußballweltmeisterschaft, alle kennen die Namen aller Politiker in Österreich und Ungarn und in Bayern (CSU), die Mauern rings um Europa bauen. Warum kennen wir nicht die Namen wie Marielle Franco z.B.? Wer (welche Medien, und welche innere Trägheit) blendet uns, dass wir menschliche Menschen nicht mehr kennen? Und dass wir so furchtbar viel wissen, was Trump alle halbe Minute von sich gibt an geistigem Schrott…

Es geht in der Debatte um Rassismus heute philosophisch zentral um die Erkenntnis dessen, was Gleichheit bedeutet. Eben zentral auch Gleichheit aller Menschen.

Dabei ist wichtig:

Gleichheit ist nicht identisch mit dem Begriff Identität. Identität ist ein mathematisches Symbol: Etwa die Zahl 1 ist identisch mit der Zahl 1, wo auch immer und wann auch ich und andere „1“ sagen.

Wer hingegen politisch sich als „Identischer“ darstellt, weiß entweder nicht, was er sagt, oder er will sich und seine Nation wie in einer Kapsel des „Ich bin Ich“ bzw. „Österreich ist Österreich“ analog zu 1 ist 1 einschnüren und sich total von anderen abwehren.

Gleichheit ist auch nicht zu verwechseln mit Ähnlichkeit, diese ist ein Begriff subjektiver Wahrnehmungen: Etwa: Eineiige Zwillinge sehen sich ähnlich; für den einen Betrachter mehr, für den anderen weniger.

Wer von Gleichheit spricht, muss immer sagen: Ein Etwas genannt A ist einem anderen Etwas genannt B in einer bestimmten Hinsicht gleich. Die HINSICHT ist entscheidend. Der Begriff Gleichheit will also abheben auf einen gemeinsamen Anteil von A und B hinsichtlich eines Merkmals, das für den Vergleich entscheidend ist:

Ein harmloses Beispiel: Menschen und Katzen sind gleich, aber nur hinsichtlich des ihnen beiden gemeinsamen Merkmals, aus Fleisch und Blut zu bestehen oder eben geboren zu werden und sterben zu müssen usw. Aber Menschen und Katzen sind NICHT gleich hinsichtlich der Fähigkeit, intellektuelle Leistungen, etwa Häuserbau, eigenständig zu leisten. Menschen und Katzen sind also in wesentlichen Hinsichten NICHT gleich.

Was gilt für die verschiedenen Menschen? Jeder Mensch ist einmalig und unverwechselbar. Das gilt auch für die biologische Struktur. Jeder einmalige Mensch wird in eine bestimmte Sprache und bestimmte Kultur und Landschaft und Nation hineingeboren. Der eine hat eine schwarze Hautfarbe, der andere eine weiße Hautfarbe. Der eine trommelt gern, der andere hört ständig Musik von Richard Wagner. Das ist eine normale Verschiedenheit dieser vielfältigen Menschenwelt. ABER: Der eine Mensch lebt heute im Tschad von einem Euro täglich und hat eine durchschnittliche Lebenserwartung von 50 Jahren. Der andere Mensch hat in Deutschland durchschnittlich (!, also Millionäre und Hartz IV-Arme im Durchschnitt miteinbezogen!) 300 Euro täglich. Und hat eine durchschnittliche Lebenserwartung von etwa 80 Jahren.

Es gibt heute gravierende Ungleichheiten in den äußeren, materiellen und damit auch sozialen Lebensbedingungen.

Diese Ungleichheiten sind nicht etwa klimatisch bedingt oder durch allgemeine Eigenheiten, etwa banal verstandene (UN)Tugenden Faulheit und Fleiß, sondern diese Ungleichheiten unter den verschiedenen Menschen sind gemacht, sie sind gewollt und zumindest von den einflussreichen Leuten hingenommen. Man hat sich an diese Ungleichheiten gewöhnt innerhalb der einen Menschheit.

Es gilt immer und ewig: Mensch ist jeder, der Menschenantlitz trägt, also natürlich ein Schwerkranker, auch ein Verbrecher, der eine gerechte Strafe, aber keine Todesstrafe verdient. Menschenantlitz hat eben NICHT ein Tier. Tiere sind selbstverständlich aber auf tiergemäße Art schützenswert. Aber dies ist ein anderes Thema…

In der Diskussion um Rassismus geht es entschieden um Gleichheit der Menschen: Welche Art von Gleichheit ist wichtig?

Dabei zeigt sich:

Die Menschheit muss als vernünftige Menschheit (und Menschheit als Menschheit kann nur, wenn sie überleben will, vernünftig d.h. geistvoll sei) alle Personen als Gleiche behandeln. Nicht aber müssen deswegen alle Personen gleich behandelt werden. Ein Beispiel: Die Steuergesetzgebung hat sich mit dieser gerechten (!) Ungleichbehandlung auseinanderzusetzen: Millionäre sollten, falls der Begriff der Gerechtigkeit noch eine Rolle spielt in demokratischen Staaten, einen höheren Steuersatz haben als Leute aus der Unterschicht. In den USA etwa ist dies nicht der Fall. Trump betreibt eine durchaus die kleine Clique der Millionäre extrem begünstigende Steuerpolitik: Diese kann guten Gewissens rassistisch genannt werden.

Alle sollen gleich behandelt hinsichtlich ihrer Würde. Zu dieser Menschenwürde gehört u.a., man lese etwa die „Deklaration der Menschenrechte“ etc.: Gleicher Zugang zur Bildung, zur Gesundheitspflege, zu Wohnraum, zu Wasser, zu freier Meinungsäußerung, zur demokratischen Pluralität, ein Ja zur sexuellen Selbstbestimmung, zur frei gelebten Homosexualität, zur Abweisung von Frauenfeindlichkeit, ein Ja zur Religionsfreiheit usw.

Diese Menschenwürde als Kriterium der Gleichheit und damit als Form der Überwindung des Rassismus ist heute weithin nur Forderung. Wir fliegen auf den Mond und ins All, sind aber nicht willens, diese Formen des Rassismus zu überwinden. Jeder Mensch soll sich als einmaliges Individuum mit einmaligen Interessen und Begabungen entwickeln können. Gleichheit bedeutet also auch: Es gibt keine Nivellierung der Individualitäten, sondern gerade die Förderung der bunten Vielfalt in Gleichberechtigung.

Zwischendurch zur Selbstvergewisserung der Reflexion: Warum haben wir ein so starkes Interesse, explizite oder implizite Formen des Rassismus heute zu benennen? Um den Zustand, das Niveau, unserer Menschlichkeit festzustellen und um, was Aufgabe aller ist, eine gerechtere Welt für alle zu befördern.

Aber die Sache ist klar:

Rassismus ist die Ideologie der Herrschenden: der Weißen gegen die Schwarzen wie einst in Südafrika; der vielen deutschen Nazis gegen die Juden; Trump gegen Flüchtlinge, Söder, Seehofer und Co. für die möglichst umfassende Abschottung Deutschlands usw… Wobei es unter den Abstufungen der Armen auch wiederum gelebten Rassismus gibt, siehe Südafrika heute: Südafrikaner sind jetzt gegen „Gastarbeiter“ aus Zimbambwe usw. Leute aus der Dominikanischen Republik gegen Zuckerrohrarbeiter aus Haiti usw…

Mit der Rassismus – Ideologie wollen die Herrschenden, die jeweils Stärkeren, ihre Herrschaft, ihre Bevorzugung, ihre besondere Bedeutung, ihren Wohlstand bewahren. Rassismus ist Ausdruck von ökonomischer Vorherrschaft. Moralisch gesprochen: Rassismus ist Ausdruck von gewalttätigem Egoismus.

Worauf es mir ankommt: Es gibt eine Vielfalt des alltäglichen Rassismus. So ist es auch meiner Meinung rassistisch, wenn in so genannten demokratischen Staaten Frauen schlechter als Männer für eine ähnliche Arbeit bezahlt werden. Etwa: Dass ein Mann, der Autos repariert, viel mehr verdient als eine Frau, die sich um Kranke und Alte helfend und betreuend kümmert. Solche Ungleichbehandlung kann man in dem weiten Begriff von Rassismus eben Rassismus nennen.

Dazu gehört auch die hoch gepuschte, sehr übertriebene, auch medial total inszenierte Berichterstattung über „den“ „muslimischen“ „Flüchtling“ aus dem arabischen Algerien, der etwa Böses getan hat in Deutschland:

Wer sich derart auf wenige einzelne Merkmale eines Menschen und auch eines Übeltäters fixiert, denkt und handelt rassistisch.

Bei dieser eindimensionalen Fixierung wollen Medien, von Politikern angestachelt, eine äußerst negative Stimmung gegen „die“ Flüchtlinge, „die“ Muslime, „die Araber“ bewirken und verstärken. So haben sich auch die Medien der Nazis schon vor 1933 verhalten: Ein Dieb, der zufälligerweise Jude war, wurde als „der“ „jüdische“ Dieb gebrandmarkt.

Wie würden wir reagieren, wenn heute Politiker und Zeitungen permanent berichten, dies nur als ironisches Beispiel:

Im brandenburgischen Dorf C. wurde ein „braves“ deutsches Mädchen, 14 Jahre alt, getötet, von einem aggressiven Bayern, er ist 19 Jahre und katholisch, und sogar Ministrant. Und man hat ihn nach seiner Flucht nach Altötting von dort wieder in die Uckermark zurückgebracht, dort wurde er unter Geschrei und Pöbeleien des „Volkes“ ins Gefängnis gebracht… Wenn Untaten passieren, denken viele automatisch bereits: das waren Flüchtlinge, das waren „die“ Muslime. Dabei wird vergessen, wie viele Untaten, auch Morde, aus rechtsxtremen DEUTSCHEN Kreisen Jahr für Jahr begangen werden gegen „andere“ Menschen, Flüchtlinge, Ausländer, Homosexuelle, Frauen etc. Die Erregung über diese deutschen rechtsextremen Täter (die ja doch sooooo gebildet sind) ist vergleichsweise eher gering.

Ein demokratischer und nicht – rassistischer Umgang mit Tätern ist in Kanada Realität: Dazu hat sich der Botschafter Kanadas in Berlin, Stéphane Dion, im Tagesspiegel vom 13.6. 2018 sehr treffend geäußert: „In Kanada versuchen wir nicht (bei Verbrechen) eine Bevölkerungsgruppe ins Visier zu nehmen. Das Justizsystem basiert auf individueller Verantwortung. Wenn ein Mensch kriminell geworden ist, gucken wir uns dessen individuelle Situation an. Wir sehen ihn nicht vor allem als Teil einer Gruppe. Das führt dazu, dass man immer dann, wenn man jemanden aus dieser Gruppe sieht, sofort denkt: Auch der neigt zur Kriminalität“… Rassistisch ist das Verhalten gegenüber Tätern, wenn die Öffentlichkeit diese auf eine oder zwei Eigenschaften festgelegt, also nur von „dem“ „islamischen“ Täter oder „dem“ arabischen Täter spricht. Der bekannte französische Soziologe Edgar Morin sagt in „Lettre International“, Heft 121 vom Sommer 2018, Seite 62: „Am schlimmsten ist die Beschränkung eines Menschen auf einen Wesenszug…Wir müssen zu guten Umgangsformen zurückfinden“.

Eine entscheidende Frage zum Schluss: Wie entsteht, philosophisch gesehen, Rassismus, als die aggressive Ablehnung des anderen Menschen oder bestimmter anderer Menschen?

Nur ein kurzer, etwas abstrakter, grundsätzlicher Hinweis auf die philosophisch begriffene Struktur des Ich, als des Subjekts oder des Individuums. Der Ausgangspunkt ist:

Das Ich steht von Beginn des menschlichen individuellen Lebens in Verbundenheit mit anderen „Ichs“. Das Selbstbewusstsein des einzelnen Ich erwacht in der Begegnung mit anderen menschlichen Wesen.

Zum Leben des Individuums gehört auch von Anfang die normale Selbstbehauptung, die Sorge um sich selbst, auch die materielle Sorge um sich selbst. Dieses Besorgtsein um das eigene Wohl führt aber auch zur Konfrontation und Auseinandersetzung mit anderen, die sich mit gleichem Recht auch um sich selbst „kümmern“ müssen. Gerade in Situationen des Mangels (an Wohnraum, Essen, medizinischer Hilfe etc.) entsteht ein Kampf derer, die sich alle um sich selbst kümmern. Daraus kann letztlich Streit und Hass und Krieg werden. Dann werden Schuldige gesucht und bestimmte Menschen ausgegrenzt und benachteiligt usw.

Wichtig ist hier: Rassismus als Form der Ausgrenzung im Rahmen „meiner“ Selbstbehauptung gehört förmlichzunächst einmal zum Dasein. Nur wer das sieht, kann den eigenen Rassismus überwinden. Es kommt auf die Erkenntnis des sozusagen existential immer mitgegebenen Rassismus in mir und anderen an. Und ich als Mensch weiß aber genau: Überleben können wir alle nur in der Zurückweisung rassistischer Tendenzen. Ein Krieg aller gegen alle anderen Rassisten endet tödlich für alle. Dies ist ein sehr pragmatisches Argument gegen den Rassismus. Wichtiger ist: Dass wir Menschen als Wesen mit Geist und Vernunft in uns selbst eine von uns gar nicht abzuschaffende Empathie für andere spüren. Diese erst bedeutet Menschlichkeit.

Rassismus darf nicht und kann nicht die Dominanz im Leben haben. Denn: Wir wissen aus Erfahrung: Dass wir unser Leben höchst ungemütlich machen, wenn wir rassistisch gefärbte Kämpfe zulassen und ihnen nicht widerstehen. Es entsteht eine Welt, die nicht mehr aus Mitmenschen, sondern aus Feinden besteht. Menschen werden Objekte, werden zu Dingen, die man auch auslöschen kann. In diesem Krieg können alle, auch ich, zugrunde gehen. Wer will das im Ernst, falls er nicht ein Sadist ist?

Dem Rassismus und der Grausamkeit kann jeder einzelne nur begegnen und ihn hoffentlich überwinden, auch schon durch eine philosophische Erkenntnis: Warum sollen wir uns an diese Erkenntnis nicht halten, wo wir uns doch auch sonst an Vernunft Erkenntnisse halten, um unseres eigenen Wohles und der Welt willen.

Die entscheidende Erkenntnis ist: Ich lebe selbst immer schon von dem Wohlwollen, der Solidarität, dem Mitgefühl, der Empathie der anderen. Ich bin immer schon und bleibend einbezogen ein Wir.

Selbst die schlimmsten grausamen Menschen hatten noch Freunde unter den anderen Folterern, hatten also noch Restbestände von Emotionen und Restbestände von Mitgefühl. Diese konnten die Täter und Massenmörder nicht töten! Selbst Himmler entschuldigte sich bei den Massentötungen in Posen (am 4. Okt.1943) und bat bei den erschöpften SS Mördern um Verständnis für dieses Abschlachten der Juden und der Fremden, darin sind allerletzte Spuren des Humanen noch erhalten. Himmler sagte „Ein Grundsatz muss für den SS-Mann absolut gelten: ehrlich, anständig, treu und kameradschaftlich haben wir zu Angehörigen unseres eigenen Blutes zu sein und sonst zu niemandem“.

 Warum sage ich das: Ich will philosophisch zeigen und möchte plädieren: Es gibt eben kein „relatives“ Gleichgewicht zwischen Grausamkeit (Rassismus) und Menschlichkeit, also Respekt der Würde eines jeden, der Menschenantlitz trägt.

Man kann also nicht mehr aus Denkfaulheit sagen: Na ja, es gibt halt böse Rassisten und es gibt halt von Empathie geleitet Menschen. So ist das halt in dieser Welt. Beides ist gleich viel wert.

Nein: Selbst in den schlimmsten Handlungen der Rassisten gibt es implizit und für die Täter oft nicht bewusst Restbestände einer noch so begrenzten Solidarität und Empathie.

Das heißt: Menschliche Gefühle für den anderen Menschen sind selbst auf den Schwundstufen bei den Tätern noch vorhanden. Menschliche Gefühle der Liebe und Empathie sind also niemals total vom Menschen auszuschalten. Sie sind stärker als Rassismus und Hass. Wir „entkommen“ der Bindung an die Dimension des Guten nicht. Selbst der Rassist glaubt zumindest, für seine Rasse noch Gutes zu tun! Die „Idee“ des Guten ist stärker als der Wille, Böses zu tun, wenn auch Böses getan wird. Rassismus hat nicht das letzte Wort!

Damit will ich sagen: Es bedarf der Bildung, der Reflexion, des Widerstandes gegen Rassismus. Und man sollte endlich wahrnehmen, wie viele Untaten durch “deutsche” Verbrecher aus der rechstextremen Szene gegen Flüchtlinge  und “Fremde” verübt werden. Nur ein Hinweis: Rechte Gewalttäter schlagen nach Informationen des “Tagesspiegel” unvermindert zu. Die Polizei registrierte im vergangenen Jahr (2016) nach vorläufigen Erkenntnissen 914 Gewaltdelikte, dabei wurden 692 Menschen verletzt. (Tagesspiegel 12.2.2017) Und: „ Bis 2015 zählte das BKA 75 Todesopfer rechtsextremer Gewalt; die Amadeu Antonio Stiftung (AAS) zählt aktuell (Oktober 2017) 188 Todesopfer rechtsextremer Gewalt und verweist zudem auf mindestens zwölf Verdachtsfälle. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Todesopfer_rechtsextremer_Gewalt_in_der_Bundesrepublik_Deutschland)

Also: Diejenigen, die sich über „Grapscherein“ und schlimme Belästigungen von „deutschen“ Frauen durch „die“ Flüchtlinge und „die“ Araber in Deutschland aufregen, mögen bitte mit der gleichen Intensitäten Untaten und Mord durch Deutsche, durch deutsche Verbrecher, verurteilen und sich darüber öffentlich erregen… wenn man schon diese identischen Zuweisungen (Deutsch/Flüchtling) überhaupt will. In jedem Fall sind die vielen Untaten durch „deutsche Täter“ seit Jahren genauso schlimm wie Untaten durch Menschen anderer Herkunft hier in Deutschland.

Der us – amerikanische Philosoph Jason Stanley (Yale University) wird im Herbst 2018 sein neues Buch „How Facism Works“ veröffentlichen. In „Die Zeit“ vom 7. Juni 2018, Seite 37, zeigt er eindringlich, wie mangelhaft sich Deutsche mit dem tief sitzenden eigenen nationalen Gefühl der Überlegenheit über andere, minderwertig Gemachte, auseinandersetzen. Etwa indem sehr viele Deutsche bis heute glauben, sie hätten ein besonders hohes Arbeitsethos etwa gegenüber angeblichen Faulenzern aus dem Süden Europas. Es gibt für Stanley – und nicht nur für ihn – einen neuen aufflammenden deutschen Nationalismus. Überheblichkeit und Überlegenheit bestimmen das Gefühl so vieler Deutscher auch heute! „Wir sind derzeit mit einer weltweiten Krise konfrontiert, in der sich dominante Gruppen als Opfer von faulen und kulturell minderwertigen Eindringlingen sehen“, so Jason Stanley in „Die Zeit“. Diese Haltung der dominanten Gruppe ist rassistisch.

Nimmt aber der Rassismus zu, nimmt die Bedeutung demokratischer Strukturen ab. Je mehr Rassismus, um so weniger Demokratie. Das sind die Perspektiven der Zukunft der Menschheit.

Wir kehren jetzt, im Sommer 2018, in Europa und den USA in die Zeiten des Nationalismus zurück. Und Nationalismus ist immer kriegerisch, ist immer tödlich. Das haben bayerische CSU Politiker vergessen. Sie und und ihre Freunde der ÖVP/FPÖ in Österreich oder Orban in Ungarn sind eine Gefahr für den Frieden. Dies ist eine Meinungsäußerung,  alle Historiker  bestätigen hingegen die absolut gültige Erkenntnis: Nationalismus ist letztlich tödlich, weil er kriegerisch ist, nach innen wie nach außen.

Copyright: Christian Modehn. Religionsphilosophischer Salon Berlin.

Flüchtlinge sind Menschen mit Menschenrechten: Zum Welttag der Flüchtlinge

Der Welttag der Flüchtlinge am 20. Juni 2018:

Ein Tag wird als „Welttag der Flüchtlinge“ bezeichnet: Der 20. Juni. Ein Tag: Was für eine Chance. Einmal einen ganzen Tag der 68 Millionen Menschen zu gedenken, die heute auf der Flucht sind, also mit Empathie an sie denken und mit politisch – humanem Handeln ihnen begegnen.

Aber zugleich: Was für ein Hohn, einen einzigen Tag der großen Herausforderung der Menschheit heute zu widmen. Alle Tage sind längst von Politikern zu Flüchtlingstagen gemacht worden, mit dem einzigen Ziel: Flüchtlinge von der Welt der Reichen fernzuhalten. Parteien und vor allem auch sich christlich nennende Politiker nutzen das Elend der Flüchtlinge, um ihre eigene klein- karierte, nur auf den Erhalt erworbener Besitzbestände übliche Orientierung durchzusetzen.

Wann werden die Kirchenführer in Deutschland, die ja immer noch Hüter des „Christlichen“ sind und sich auch oft so verhalten, sagen: Diesen Politikern und Parteien, die sich da mit einem “C” schmücken, sprechen wir zunächst mal das Christliche ab. Sollen sie sich treffender „Egoistisch demokratische Parteien“ nennen oder „AFD 2. Teil“. Das wagt meiner Meinung nach kein Bischof, kein Theologe in Deutschland, wäre aber eine not – wendige, eine klärende Entscheidung. und würde zeigen: Deutschland, Europa ist kein christliches Land mehr im Sinne dessen, was für Jesus von Nazareth entscheidend wichtig war….

Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.

Wir dokumentieren jetzt einen Text des von uns schon häufig positiv erwähnten „Jesuiten Flüchtlingsdienstes“:

Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst (Jesuit Refugee Service, JRS) sieht mit Sorge, wie das Mitgefühl aus der Debatte um Menschen auf der Flucht verschwindet und auch Angehörige christlicher Parteien extremistische Schlagworte salonfähig machen. Der JRS unterstützt unter anderem Kirchenasyle für einige der Asylsuchenden, die zum Vorwand für die Regierungskrise gemacht werden. Wer den Einzelfall ansieht, stellt oft fest: Für viele Menschen geht der Alptraum der Flucht innerhalb Europas weiter. „Weltweit sind mehr als 65 Millionen Menschen auf der Flucht, in Deutschland wurden 2017 nach amtlichen Zahlen weniger als 200.000 Erstanträge auf Asyl gestellt. Das ist, gemessen an der Gesamtbevölkerung und der Wirtschaftskraft, ein geringer Beitrag“, sagt Claus Pfuff SJ, Direktor des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes. Noch geringer ist die Zahl derjenigen, um die sich der Streit zwischen CSU und CDU dreht: An den deutschen Grenzen wurden 2017 nach Angaben der Bundesregierung 15.414 Asylanträge gestellt. „Statt auf Menschlichkeit setzt Horst Seehofer auf Nationalismus und bedient rassistische Ressentiments“, sagt JRS-Direktor Pfuff. Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst hat Kirchenasyle unterstützt, die strittige Rückführungen innerhalb Europas betreffen. In solchen Fällen soll das zuständige Bundesamt überprüfen, ob besondere Härten ein Asylverfahren in Deutschland rechtfertigen: Eine alleinstehende schwarze Frau sollte in Italien in die Prostitution gezwungen werden. Ein irakischer Jeside, der den Massakern des IS entkommen konnte, flüchtete zu Angehörigen, die schon lange in München leben. Ein syrischer Student wurde in Bulgarien schwer misshandelt. In Griechenland hat ein westafrikanischer Handwerker rassistische Gewalt, Hunger und Obdachlosigkeit erlitten. „Sich aus diesen Situationen zu retten, ist kein ‚Tourismus‘. Es ist Flucht. Wer sich nicht von Wahlkampfgetöse und Worthülsen täuschen lässt, sondern den einzelnen Menschen anschaut, wird die Not sehen und entsprechend handeln“, so JRS-Direktor Claus Pfuff. Dass es immer wieder Angehörige christlicher Parteien sind, die Worte aus extremistischen Kreisen salonfähig machen, sieht er mit Sorge. Der Jesuit kann den aktuellen Anlass für die Regierungskrise nicht nachvollziehen. „Wenn ein Innenminister die Regierung zwingt, alles von diesem einen Thema abhängig zu machen, geraten die politischen Verhältnisse aus den Fugen. Das erweckt den Anschein, als gäbe es keine anderen Aufgaben – in Bezug auf Wohnungsbau, Bildungssystem, Rentensicherheit, Gesundheitswesen, Digitalisierung oder Klimawandel. Obwohl Asylsuchende und anerkannte Flüchtlinge nur zwei Prozent der Bevölkerung ausmachen, richtet sich alle Aufmerksamkeit auf die Abwehr und Kriminalisierung von Flüchtenden. Jedes Mitgefühl mit Menschen in Not schwindet aus der öffentlichen Debatte. Aber wenn Nationalismus und eine angeblich einheitliche Identität, für die sogar das Kreuz herhalten muss, die Antwort auf Fragen unserer Zeit sein soll: Dann begeben wir uns auf eine abschüssige Bahn.“  

Der Jesuit Refugee Service (Jesuiten-Flüchtlingsdienst JRS) wurde 1980 angesichts der Not vietnamesischer Boat People gegründet und ist heute als internationale Hilfsorganisation in mehr als 50 Ländern tätig. In Deutschland setzt sich der Jesuiten-Flüchtlingsdienst für Asylsuchende ein, Abschiebungsgefangene, für „Geduldete“ und Flüchtlinge im Kirchenasyl sowie für Menschen ohne Aufenthaltsstatus („Papierlose“). Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind Seelsorge, Rechtshilfe und politische Fürsprache.

Kontakt: Dr. Dorothee Haßkamp Öffentlichkeitsarbeit Jesuiten-Flüchtlingsdienst Deutschland Jesuit Refugee Service (JRS) Witzlebenstr. 30a D-14057 Berlin Tel.: +49-30-32 60 25 90 Fax: +49-30-32 60 25 92

dorothee.hasskamp@jesuiten-fluechtlingsdienst.de

www.jesuiten-fluechtlingsdienst.de

www.facebook.com/fluechtlinge

twitter.com/JRS_Germany

Papstfilm von Wim Wenders: Franziskus: Politisch mutig – theologisch sehr konservativ

Anlässlich des Films „Ein Mann seines Wortes“

Einige Hinweise von Christian Modehn

In Berlin wird für den neuen Film von Wenders auf Plakaten mit einem riesigen Porträt von Papst Franziskus mit der Unterzeile geworben: „Die Welt braucht Hoffnung“. Es wird sich zeigen, auch in diesen Hinweisen, ob Papst Franziskus der Welt tatsächlich umfassend Hoffnung geben kann…

Papst Franziskus gilt für viele Menschen – auch außerhalb des Katholizismus – in gewisser Hinsicht als eine Art „Lichtgestalt“: Also als ein „authentischer“ Staatschef. Denn dies ist ein Papst als geistliches Oberhaupt der Kirche ja auch, er ist immer gleichzeitig auch oberster (nicht vom Volk, nicht von den Vatikan-Bürgern gewählter!) Chef des Staates Vatikanstadt mit entsprechenden internationalen Auftritten. Dafür ein Beispiel: Bis heute hat der Staat Vatikanstadt die Menschenrechtserklärung der Uno NICHT unterschrieben. Das nur als kritischen Dämpfer, um allen Enthusiasmus angesichts von Papst Franziskus ein bisschen aus der Sphäre der Heiligsprechung herauszuholen. Wer ständig Menschenrechte anderswo fordert, könnte ja die Menschenrechtserklärung unterschreiben als Papst, könnte man denken…

Aber Papst Franziskus bleibt trotzdem mit seiner Kritik am Kapitalismus im Vergleich mit vielen anderen Klerikern im Vatikan als Staatschef doch bemerkenswert: Gerade in einer Welt, in der demokratische Politiker nur noch an einer Hand abgezählt werden können. Da freut man sich fast über einen kritischen nichtdemokratischen Staatschef, den Papst! In einer Zeit, in der ein Politologe, Prof. Stephen Eric Bronner, Rutgers University USA, Mister Trump, im ganzen sehr treffend, unter dem Stichwort „Gangsterpolitik“ beschreibt. So in der hervorragenden Zeitschrift „LETTRE international“, Heft 121 vom Juni 2018, Seite 172f.

Da gilt dann Papst Franziskus als eine Art personifizierter Lichtblick, was seine explizite und praktische Solidarität zugunsten der Armen, der Flüchtlinge, der Unterdrückten und Ausgebeuteten in Afrika, Asien, Lateinamerika angeht. Sein Plädoyer für mehr Barmherzigkeit ist lobenswert, wobei manche sagen: Gerechtigkeit wäre zunächst einmal die Basis und deswegen dringender. Die Hungernden wollen nicht – mal zwischendurch – barmherzig behandelt werden, sondern endlich gerecht! Das geht um die Veränderung der Klassenstrukturen…Dass er den konfessions verschiedenen Ehepaaren keine freie Entscheidung lassen will in der Wahl von katholischer Kommunion oder evangelischem Abendmahl, ist natürlich der größte Widerspruch zu allem Barmherzigkeitsgerede von Papst Franziskus. Dass er es sich anmaßt, Frauen in Not die Abtreibung zu verbieten, ist gar nicht barmherzig. Und so weiter und so weiter..

Trotzdem: Solch ein Papst weckt Zuversicht und Hoffnung, dass die Humanität in den „obersten Spitzen“ der Führer dieser Welt nicht ganz verschwindet, selbst wenn immer gefragt werden muss: Warum ist der Vatikan immer noch, auch unter Papst Franziskus, so reich, so opulent ausgestattet mit so unsäglich vielen bestens versorgten Klerikern vor allem in Rom? Wo sind die Verzichtsleistungen des Papst – Staates auf die Milliarden Euro wertvollen Immobilien im Kirchenbesitz allein in Rom: Und da wagen es diese Herren noch, um Spenden zu betteln… Also: Trotz aller so anrührenden Fußwaschungen von Gefangenen und Obdachlosen durch den Papst und trotz aller Solidarität mit den Flüchtlingen, etwa auf Lampedusa: Diese Kirche ist in Italien, ist in Europa, in den USA (falls die Bistümer dort nicht schon längst pleite sind wegen der hohen Zahlungen an die vielen Opfer pädophiler Verbrechen durch Priester)… diese katholische Kirche steht also de facto und mit klarem Verstande gesehen eben überhaupt nicht an der Seite der Armen: „Ich wünsche mir eine Kirche für die Armen“ sagte Papst Franziskus bei seiner Wahl, dieser Wunsch ist Wunsch geblieben: Er selbst wohnt zwar seit Beginn seiner Regierung in einer einem Apartment des Hauses „Santa Marta“, also nicht im Palazzo, wie Benedikt XVI….Dieser Umzug ist wohl das entscheidende Symbol des Reformwillens von Papst Franziskus. Kardinäle bewohnen ungeniert 300 Quadratmeter Wohnungen, wie Kardinal Bertone usw….

Nur: Diesem Ortswechsel des Papstes, dies ist mehr als ein Umzug, folgt kein Bischof, kein Kardinal nach: Falls jemand weiß, dass die deutschen Kardinäle oder Erzbischöfe etwa in 3 Zimmer – Mietswohnungen der Neubauviertel von Köln oder München Bamberg usw…. umgezogen sind, bitte bei mir melden. Falls jemand weiß, dass die Ordensgemeinschaften, auch die Abteien und Stifte, endlich einmal ihre Finanzen, ihre Immobilien, Waldbesitzungen etc. freilegen, wo sie doch so viel von Armut reden, bitte bei mir melden!

Wenn ich also auf einige zentrale kritische Aspekte zu Papst Franziskus hinweise – jeder Mensch muss sich selbst und andere kritisch betrachten – dann folge ich selbstverständlich nicht der gehässigen Kritik der äußerst konservativen klerikalen Clique der sich allwissend gebenden Kardinäle, Bischöfe und Theologen, die sich schlechterdings keinen Wandel, keine lebendige Veränderung in der römischen Kirche vorstellen können. Sie wollen einfach nur Papst Franziskus fertig machen, weil er eben weltpolitisch betrachtet etwas aus dem Rahmen üblicher Kleriker – Mentalität fällt. Diese ultrakonservativen Herren, die immer von ewigen Grundsätzen sprechen, interpretieren diese Grundsätze selbstverständlich absolut autoritär, ohne Diskussion, exklusiv, für ewig… so sind nun einmal autoritäre, undemokratische Systeme. Solche Systeme nannte der große Psychologe Erich Fromm treffend nekrophil.

Es gibt selbstverständlich eine aus der progressiven Theologie und Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phie kommende Kritik am Papsttum und auch an Papst Franziskus. Trotz des allseits gerühmten Filmes von Wim Wenders.

Die entscheidende Erkenntnis: Der Vatikan und die gesamte Leitung der römischen Kirche ist ein autoritäres System, in der die „normalen Gläubigen“, die Laien, nur Belangloses sagen dürfen, aber niemals auch nur ansatzweise Wichtiges mitentscheiden. Frauen schon gar nicht, sie sind Hilfstruppen in der Männerkirche. Und das Schlimmste ist jetzt: Diese Degradierung der Frauen, ihr Ausschluss vom Priesteramt soll nun auf ewig so bleiben: Niemals wird es ein Priestertum der Frauen geben, wie der neue Chef der Glaubenskongregation Kardinal Ladaria SJ kürzlich meinte, er steht natürlich auf der Seite des lieben Gottes, weiß alles, entscheidet alles. Die Frauen werden aus diesem theologischen Wahn eines Kardinals ihre Konsequenzen ziehen.

Und es ist bezeichnend für die Situation in einer Diktatur, die Wahrheiten willkürlich auferlegt, dass in der Kirchenzeitung „Tag des Herrn“, vom 10. Juni 2018, Seite 2, die Redakteurin Susanne Haverkamp resigniert zu dem Verbot des Frauenpriestertums schreibt: Wenigstens „die Gedanken sind frei“. Was für eine Schande, solches schreiben zu müssen. Frauen denken nur noch insgeheim ans Priestertum der Frauen, glauben aber nicht daran, dies noch in den nächsten 300 Jahren zu erleben. Wie oft wurde einst in undemokratischen Zuständen gesagt: Wenigstens die Gedanken sind noch frei. Was für ein erbärmliches Bekenntnis einer theologisch gebildeten Katholikin zum miserablen Zustand der römischen Kirche: Diese Entscheidung des obersten Chefs der einstigen Inquisitionsbehörde Kardinal Luis Ladria SJ jetzt geschah selbstverständlich in Absprache mit Papst Franziskus. Wer daran denkt, möge bitte eher von einer Heiligsprechung von Papst Franziskus Abstand nehmen, aus Gründen einer progressiven Theologie, die lebendig ist und nicht versteinert und tot wie die in Rom.

Theologisch ist dieser Papst Franziskus also nach wie vor konservativ, den alten und angeblich ewigen Wahrheiten verpflichtet. Die Liste dieser konservativen Denkmuster auch bei Franziskus ist ultra lang. Das Zölibatsgesetz könnte er als Papst sofort aufheben, das ist seine rechtliche Kompetenz, tut er aber nicht. Hingegen verehrt er die Jungfrau von Fatima, die einst den Hirtenkindern in Portugal leibhaftig erschien…Franziskus schätzt den selbst von anderen Päpsten scheinheilig genannten Kapuziner Pater Pio, der mit seinen angeblichen Wundmalen Jesu an seinem Leib einen blühenden Handel trieb; Papst Franziskus praktiziert nach wie vor den Ablass, als hätte es das Reformationsgedenken 2017 nicht gegeben; in seinen Morgenansprachen im Haus Santa Martha spricht er ständig von der Präsenz des Teufels, Teufelsaustreibungen werden selbstverständlich immer mehr praktiziert usw. Die Versöhnung mit den Traditionalisten und Pius – Brüdern von Erzbischof Lefèbvre geht voran, indem man deren reaktionäre Theologie schrittweise anerkennt…Diese Liste sehr zweifelhafter theologischer Praktiken auch unter Franziskus und von ihm so gewollt könnte endlos verlängert werden…

Da könnte man sagen: Ja, aber das will Franziskus doch selbst gar nicht. Das alles lässt er nur zu, um die vielen reaktionären Kleriker im Vatikan und anderswo etwas ruhig zu stellen: Aber wenn das so ist, dann bestätigt diese Situation nur den Zustand der römischen Kirche. Die nach außen hin hoch beachtliche humane Geste von Franziskus im Umgang mit Gefangenen, Armen, Flüchtlingen usw. geschieht auch deswegen, damit die KatholikInnen noch in dieser Kirche bleiben. Der Film von Wim Wenders ist dafür eine willkommene Hilfe. Vielleicht.

Wim Wenders war nicht in der Lage, das so unglaublich zwiespältige theologische Profil von Papst Franziskus zu zeigen. Sein Film zeigt insofern nur den “halben“, den nach außen hin so sympathischen Franziskus! Man möchte heulen, wenn man ihn so segnend, streichelnd, volksnah, solidarisch sieht. Und sollte auch heulen, wenn man seine theologischen Positionen denkt, siehe oben…

PS.: Dabei wäre es auch eigentlich einmal an der Zeit, nach dem Verhalten von Pater Bergoglio SJ, dem späteren Papst Franziskus, und dem späteren Erzbischof Bergoglio von Buenos Aires im Umfeld der brutalen, sich katholisch nennenden Militärdiktatur in Argentinien umfassend zu forschen. Die seriöse umfassend – kritische Debatte darüber „wurde verstummt“, unterbrochen, abgebrochen… Aber solche Forschungen machen einen nicht beliebt, machen zu viel Arbeit den deutschen Filmemachern und Journalisten.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

 

 

Junge PhilosophInnen philosophieren auf der Straße in Berlin – Reinickendorf

Berlin hat am 21. Jui 2018 eine „Allee der Fragen“

Ein Hinweis von Christian Modehn

Ein philosophisches Ereignis in Berlin: Aber was ist ein philosophisches Ereignis? Vielleicht dies: Ein lange dauernder prägender Moment, wo Menschen mit einander in ein tieferes Gespräch kommen voller Fragen, die weiterführen und ins Weite führen.

Ein philosophisches Ereignis gibt es am 21. JUNI 2018 ab 16 Uhr in Berlin Reinickendorf: Da schlagen philosophisch interessierte und gebildete Schüler eine, wie sie sagen, „Denkachse“ durch den Alltag Berlins: Auf 200 Plakaten werden Resultate philosophischer Gespräche mit Leuten auf der Straße dargestellt: Sokrates philosophierte ja bekanntlich auch auf der AGORA von Athen. Die Schüler der Max-Beckmann-Oberschule in Reinickendorf wollen anlässlich dieser Plakate, Ergebnisse von Gesprächen,  mit den Menschen ins Philosophieren kommen: Denn jeder Mensch philosophiert „immer schon“, ob er das weiß oder nicht.

Die Schüler, die für die Philosophien ihre Leidenschaft haben, sprachen also mit Menschen in Kirchen, Seniorenzentren, Schulen, Büchereien usw. sogar in Kneipen und Supermärkten: Bravo, genau dort überall lebt Philosophie, weil Philosophie auch alltäglich ist und nicht nur eine akademische Disziplin an der Uni. Die Philosophie Lehrerin Melanie Heise hat das Projekt begleitet, sicher ein Vorbild für weitere ähnliche Unternehmungen an anderen Schulen. Hoffentlich nehmen auch viele andere Lehrerinnen anderer Schulen teil. Eigentlich ja ein Muss!

Ab 16 Uhr kann man also auf der Auguste Viktoria Allee in Reinickendorf, gut erreichbar mit der U Bahn, nicht nur die Plakate mit ihren philosophischen Fragen studieren, sondern auch mit den SchülerInnen debattieren, vielleicht bleibt mancher stundenlang nachdenkend stehen wie Sokrates einst in Athen.

Das Projekt „Allee der Fragen“ verdient alle Aufmerksamkeit. Denn Philosophie kommt wieder unter die Menschen, weil sie als ständiger kritischer Impuls zum Menschen gehört. Und es sind Schüler, die uns das zeigen! Vielleicht wird die “Allee der Fragen” bald einmal ins Regierungsviertel verlegt, oder in die Nähe vieler großer religiöser (dogmatischer) Zentren oder in die Nähe eines gescheiterten Flughafens oder in die Nähe der großen Ausflugsgebiete, etwa am Wannsee:

Die Philosophie kommt unter die Leute. Was für eine Chance! Lassen wir uns also im Fragen verunsichern. Diese Unsicherheit ist heilsam, man muss es nur mal im Denken probieren… Wenn die Mitglieder vieler populistischer Parteien philosophisch, also selbstkritisch, sich selbst kritisch zuhören würden in ihren erbärmlichen Schimpftiraden und Hassattacken gegen seriöse PolitikerInnen, würden sie endlich vor intellektueller Scham den Mund halten und weiter nachdenken.

Also: Kritisches Reflektieren auf sich selbst ist politisch. Philosophie kann vergiftete Atmosphären und vergiftete Mentalitäten etwas heilen…Hoffentlich.

“Spiritus rector” des Projekts ist der Schulleiter Matthias Holtmann, der sich auch überzeugt zeigt, dass es so etwas wie einen philosophischen „Urinstinkt“ gibt, den alle teilen. Die Philosophie Dozentin Melanie Heise, Initiatorin und Koordinatorin des Projekts, betont: „Die Tatsache, dass alle Menschen solche Fragen in sich tragen zeigt uns, dass wir uns oft näher sind als wir wissen und uns mehr verbindet als uns trennt. Und gerade heute, in nervösen Zeiten in einer schnelllebigen Welt, die von vielen existentiellen Erschütterungen verunsichert wird, bietet es sich an, die Kraft und die Weisheit der uralten philosophischen Praxis zu nutzen.“

Die „Allee der Fragen“ ist ein Projekt des Quartiersmanagement Auguste-Viktoria-Allee und wird aus Mitteln des Städtebauförderungsprogramms „Soziale Stadt“ der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen finanziert.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.