Endlich gibt es in Santo Domingo, der Hauptstadt dee Dominikanischen Republik, ein Museum des Widerstandes. Es sollte auch in alle “Touristen” – Führungen einbezogen werden.
Es hat eine interessante und vielseitige website: www.museodelaresistencia.org/ es bietet viele Informationen, man wird neugierig sein, wie andere “Widerstandsmuseen” weltweit mit dieser Gedenkstätte an die Diktatur Trujillos, ermordet am 30. Mai 1961, zusammenarbeiten werden.
In unserer website www.religionsphilosophischer-salon.de gibt es einen ausführlichen Beitrag über die unsägliche Rolle der katholischen Kirchenführung während der Diktatur, bis zum Jahr 1960…
Befreiung
Hier finden Sie Texte zum Thema Befreiung und Befreiungstheologie:
Wenn die Kirche einen Tyrannen liebt: Ein Hinweis auf die Geschichte der Dominikanischen Republik
Am 30. Mai 1961 wurde Rafael Leonidas Trujillo, Dominikanische Republik, erschossen.
Ein Hinweis von Christian Modehn, veröffentlicht am 29.5.2011.
Der Schriftsteller Mario Vargas Llosa, gestorben am 13.4.2025 , hat auch den vielfach beachteten Roman “Das Fest des Ziegenbocks” verfasst (2000, auf deutsch 2001), in dem die politischen Verhältnisse unter dem Diktator Rafael Leonidas Trujillo in der Dominikanischen Republik beschrieben werden. Wir haben 2011 einen Beitrag veröffentlicht – anläßlich der Ermordung Trujillos fünfzig Jahre zuvor -, einen Beitrag, der sich vor allem mit der merkwürdigen, d.h. skandalösen Beziehung des Diktators Trujillo mit der katholischen Kirche, auch mit dem Vatikan, befasst. Dies als ein Beispiel für die Verbundenheit des Vatikans unter Papst Pius XII. mit rechtsextremen Diktaroren, wenn sie denn nur heftig antikommunistisch sind und nach außen hin alles tun, um die katholische Kirche im Land zu fördern. Kircheninteressen sind wichtiger als Menschenrechte, war das Motto, dem Papst Pius XII. schon im Umgang mit Hitler folgte.
1.
Im Religionsphilosophischen Salon ist immer Raum für Religionskritik. Und manchmal reicht es aus, anlässlich von „Gedenktagen“ an Tatsachen und Zusammenhänge zu erinnern, die z.B. die enge Verquickung von diktatorischen Regimen mit den Religionen bzw. Kirchen aufzeigen. Etwa die äußerst freundschaftliche Beziehung zwischen der katholischen Hierarchie sowie den meisten Priestern in der Dominikanischen Republik mit dem Regime des Diktators Rafael Trujillo. Er beherrschte das Land von 1930 bis zu seiner Ermordung am 30. Mai 1961. Er wird in Publikationen aus der Dominikanischen Republik heute meist „Tyrann“ genannt, ein Titel, der an die übelsten römischen Willkürherrscher der Kaiserzeit erinnert… In dem dokumentarischen Roman von Vargas Llosa „Das Fest des Ziegenbocks“ wird anschaulich ein Eindruck geboten von den Lebensumständen zur Zeit des Diktators, vor allem in den letzten Wochen vor seinem Tod.
2.
Die Erinnerung an Trujillo ist aus mehreren Gründen wichtig:
Viele Millionen Touristen haben die Dominikanische Republik in den letzten 30 Jahren besucht; die Kenntnis der Geschichte dieses Landes zu vertiefen scheint deswegen eine Notwendigkeit zu sein.
Für religionskritische Fragestellungen ist der Zusammenhang zwischen der Trujillo Diktatur und der Katholischen Kirche des Landes bzw. des Vatikans hoch aktuell, weil dort eine Art Musterbeispiel erlebt werden kann, wie die katholische Kirche bzw. der alles bestimmende Vatikan/Papst einen Diktator duldet und ihn sogar jubelnd unterstützt aus dem einzigen Grund, weil dieser sich finanziell äußerst großzügig gegenüber der Kirche als Institution verhält. Hinzukommt, dass die kirchliche Überzeugung, der Kommunismus sei der allerböseste Feind, das Interesse gefördert wird, einen sich extrem antikommunistisch gebenden Tyrannen zu unterstützen.
So war der Katholizismus in der Dominikanischen Republik damals „doppelt“ gläubig; er glaubte an die Macht seiner immer weiter auszubauenden Institution – selbst mit Geldern des Tyrannen – und er glaubte, dass der Kommunismus der böse Feind sei.
3.
Wir erinnern an einige Fakten:
Rafael Leonidas Trujillo Molina (geb. 1891) war unstrittig einer der extrem brutalen und in vielfacher Hinsicht „gerissenen“ Diktatoren Lateinamerikas; sein Geheimdienst und sein Spitzelwesen haben wahrscheinlich weitere Diktatoren inspiriert…Trujillo betrachtete die Dominikanische Republik als seinen Privatbesitz; die „demokratischen Institutionen“ waren nichts als Kulisse; Menschrechte galten nichts, Oppositionelle wurden verfolgt und bestialisch ermordet; der Diktator beanspruchte den „Zugriff“ auf jede Frau seiner Wahl; die Presse war gleichgeschaltet, das Volk musste diesem grausigen „Benefactor“, dem sich Wohltäter nennenden Herrscher, zujubeln; beinahe jeder Tag des Jahres war ein Gedenktag der Familie Trujillo, die Hauptstadt Santo Domingo wurde nach seinem Namen umbenannt.
Er war nicht nur ein Freund General Francos, sondern auch respektiert von westlichen Politikern, weil er dem Credo der Zeit entsprach, den Kommunismus als den teuflischen Feind schlechthin ausrotten zu wollen. US – amerikanische Politiker unterstützten ihn und er bot ihnen Unterstützung an. Kardinal Spellman (New York) lobte ihn öffentlich in höchsten Tönen. Mit dem Vatikan (Pius XII.) schloss Trujillo am 16. 6.1954 ein Konkordat, Papst Pius XII. empfing ihn persönlich; das Konkordat erklärte den Katholizismus zur offiziellen Religion.
4.
Es ist Ausdruck für Naivität und Dummheit auch in den “theologischen und kirchenrechtlichen Studien” in Deutschland, wenn etwa Pater Josef Funk SVD in seinem Buch “Die Religion in den Verfassungen der Erde” (1960, Kaldenkirchen) auf Seite 135 voller Lob das Konkordat des Vatikans mit dem Diktator Trujillo bewertet: “Das Konkordat ist ein wahres Musterbeispiel dafür, wie einträchtig Kirche und Staat miteinander verkehren und wie sie zusammenarbeiten können zum Besten des Volkes”. Pater Funk war Jahre lang, bis ca 1975 Dozent, aber “Professor” genannt an der Ordenshochschule St. Augustin bei Bonn.
5.
Vor dem Konkordatsabschluß im Vatikan hatte Trujillo seinen Freund Franco in Spanien besucht, dort erklärte er feierlich: Das dominikanische Volk gehöre zur spanischen Rasse, es sei dadurch zutiefst mit dem katholischen Europa verbunden. Damit grenzte er sich von den „Negern“ im Nachbarland Haiti ab. Dieser Rassismus, diese abgründige Verachtung der Schwarzen, wurde zur volkstümlichen nationalen Ideologie, die das Denken vieler Politiker und so genannter Eliten, aber auch des „einfachen Volkes“ dort bestimmt. So wird den in der Dominikanischen Republik geborenen Haitianern bis heute die gesetzlich zustehende dominikanische Staatsbürgerschaft nicht zuerkannt… „Noch immer kommt es vor, dass Kindern (haitianischer Eltern) in der Dominikanischen Republik die Taufe verweigert wird, damit nicht mit der Taufurkunde die Tür zur Staatsbürgerschaft geöffnet werden könnte“, schreibt Michael Huhn, ein Kenner der Verhältnisse.
6.
Als Trujillo 1930 die Macht übernahm, war die katholische Kirche institutionell und personell äußerst schwach. Der Diktator förderte von Anfang an den Klerus, um im Land Schulen zu errichten; er brauchte die Kirche insgesamt, damit sie in Predigten und caritativen Projekten die Einheit der Nation fördere. Gerade im Grenzland zu Haiti (etwa in Dajabon) setzt er seit 1936 Jesuiten ein, damit sie die „spanische Kultur“ dort verteidigen gegen die ungebildeten „Neger“ im Nachbarland Haiti. Bezeichnenderweise hielt der Diktator dort am 2. Oktober 1937 die Rede, in der die „Bereinigung der Lage“ angekündigt wurde, einen Tag später begann der Massenmord an mindestens 18.000 Haitianern… Die Kirche in der Dominikanischen Republik „bedauerte diese Ereignisse und rief diffus zur Vergebung auf, „als ob nicht klar gewesen wäre, wer Opfer war und wer Täter“, schreibt der Kenner des Landes, der Mitarbeiter des katholischen Hilfswerks ADVENIAT Michael Huhn.
7.
Trujillo ließ es sich nicht nehmen, jede große „kulturelle“ Propaganda – Festivität mit einem Segen des Klerus zu krönen. Er förderte den Bau eines Priesterseminars, „um einen Klerus heranzubilden, der den Kommunismus bekämpft“. Trujillo kümmerte sich persönlich um den Bau des neuen Marienwallfahrtsbasilika „Alta Gracia“ in Higüey, die allerdings erst 1971 eingeweiht wurde, aber er finanzierte den massiven Betonklotz (französischer Architekten), der heute noch von Touristen besichtigt, vor allem aber von frommen Katholiken aus der ganzen Karibik besucht wird.
Der Jesuit Oscar Robles Toledano, Vizerektor der Universität von Ciudad Trujillo und enger Vertrauter Trujillo, wurde 1953 sogar als Mitglied der dominikanischen Delegation zur UNO entsandt; Erzbischof Ricardo Pittini aus dem Salesianerorden (seit 1935 in Ciudad Trujillo) wagte es nie, eine Stimme des Protests in der Öffentlichkeit gegen das brutale Regime zu erheben. „Pittinis öffentliches Verhalten war von totaler Unterwerfung unter die Diktatur geprägt und darüber hinaus lobte er den Diktator öffentlich“, schreibt der Politologe Jesus de Galindez, er wurde nach der Veröffentlichung seiner kritischen Studien vom Diktator umgebracht…
Wer noch einen Rest Glauben sich bewahrt hatte, wurde von dem gleichgeschalteten Klerus enttäuscht.
Dass die Katholische Kirche heute im Land wenig enthusiastisch ist, keine Theologen der Befreiung kennt, rührt von dieser tiefen Entfremdung zwischen den Menschen und der Kirche aus dieser Zeit…
8.
In dem Konkordat verpflichtete sich die Kirche, sonntags in jeder Messe zu beten: „Herr, schütze die Republik und seinen Präsidenten“ (Artikel 26, Protokoll). Katholischer Religionsunterricht wurde nun in allen Schulen obligatorisch; andererseits wurde es der Kirche zugestanden, aus eigener Entscheidung auch ausländische Priester ins Land zu holen. Dadurch hatte sie sich einen letzten Freiraum bewahrt.
Es waren ausländische Priester, Spanier und US Amerikaner, die dann 1960 massiv das Regime kritisierten. Der angeblich so fromme Diktator versuchte, die endlich einmal aufmüpfigen Bischöfe von La Vega und San Juan aus dem Wege zu schaffen. Sie hatten vor allem dafür gesorgt, dass am 25. Januar 1960 von den Kanzeln aller Kirchen ein Hirtenbrief verlesen wurde: Er erinnerte nach dreißig Jahren kirchlichen Schweigens an die Menschenrechte .“Obwohl die Regierung in dem Hirtenbrief mit keinem Satz erwähnt wurde, verstanden die Gläubigen die Kritik“, schreibt Michael Huhn. Als sich allerdings danach der Konflikt zuspitzte, bekamen sie es dann doch mit der Angst zu tun: In einem Brief vom 10. Januar 1961 boten sie dem Diktator als Versöhnungsgeste an, „die Priester aufzufordern, sich nicht weiter zu politischen Fragen zu äußern“, schreibt Michael Huhn, sofern dadurch die Attacken des Diktators auf den Klerus unterbleiben…Diese Ängstlichkeit konnten viele progressive Priester der Hierarchie kaum verzeihen…
9.
Aber als dann nach der Ermordung des Tyrannen in freien Wahlen der eher linke Politiker und Schriftsteller Juan Bosch zum Präsidenten gewählt wurde, unternahm die Hierarchie alles, um ihn als kommunistische Gefahr zu diffamieren. “Noch mehr Ärgernis erregte, dass viele Priester ankündigten, allen Anhängern Juan Boschs die Absolution in der Beichte zu verweigern“, schreibt Michael Huhn…Der Schatten der Tyrannei bestimmte noch Jahre kirchliches Handeln. An einer „Aufarbeitung“ der Vergangenheit zeigt sich die Kirche kaum interessiert… Nach einer nur 8 Monate dauernden Regierungszeit wurde Juan Bosch, auch mit Hilfe des CIA, im September 1963 gestürzt. Ein alter Vertrauter des Tyrannen, Joaquin Balaguer, ein frommer Katholik und Antikommunist, übernahm dann viele Jahre die höchste politische Verantwortung…
10.
30 Jahre lang hat die Kirche der Dominikanischen Republik geschwiegen; sie hat sich unter Trujillo recht wohl gefühlt, weil er den Klerus reich beschenkte, ständig neue Kirchen baute und kirchliche Bildungszentren finanzierte. Bei so viel Wohlwollen war die Kirche bereit zu schweigen, mehr noch: Entgegen aller sonst geltenden rigiden Moralvorstellungen drückten die Bischöfe alle Augen zu, wenn der Diktator seine dritte Ehe nach der Scheidung kirchlich feiern wollte. Und des Diktators unehelichen Kinder wurden kirchlicherseits nicht, wie damals sonst üblich, ausgegrenzt, sondern gefeiert.
Erst als sich weltweit die Stimmung gegen Trujillo drehte, zog die Kirche bzw. der Vatikan mit und entdeckte das Eintreten für die Menschenrechte (auf einmal) als göttliche Pflicht.
Ohne eine Revolution des Denkens, die ein Papst, in dem Fall Johannes XXIII., vollzieht und auch gegen Widerstände durchsetzt, ändert sich nichts Grundlegendes in der römischen Kirche weltweit…
11.
Am 30. Mai 2011 wurde in der Altstadt von Santo Domingo endlich ein Museum eröffnet, das den Widerstand gegen die Trujillo Tyrannei dokumentiert. Es handelt sich um das “Museo Memorial de la resistencia dominicana”, es befindet sich in der Calle Arzobispo Nouel 210, und ist immer dienstags bis sonntags von 9.30 bis 18 Uhr geöffnet; Luisa de Peña Díaz ist die Direktorin des Museums. Dort sind zahlreiche Dokumente des Widerstands gesammelt, es zeigt u.a. die berüchtigte Folterkammer “La 40” in dem Gefängnis des Tyrannen, es bietet ein Verzeichnis von 50.000 Opfern aus dieser Zeit. Die dominikanische Regierung hat das Museum zusammen mit 5 privaten Stiftungen finanziert. 50 Jahre nach dem Tod Trujillos kann eine Zeit der kritischen Besinnung weiter gefördert werden. Ob die Rolle der Kirche dabei kritisch zur Sprache kommt, bleibt abzuwarten.
Jedenfalls wurde eine staatliche Kommission gebildet, die bis zum Jahr 2012 verschiedene Veranstaltungen organisiert, um vor allem den Schülern und Studenten die Zeit der Tyrannei nahezubringen, “denn sie ist der Ausgangspunkt der dominikanischen Demokratie”, sagte Eduardo Diaz, der Präsident der “Stiftung 30. Mai”. Er sprach an dem “Monumento a los Heroes del 30 de Mayo”, und nannte den Tag der Auslöschung des Tyrannen “la noche luz”, “die Licht Nacht”.
Literaturhinweise:
Der Beitrag von Michael Huhn erschien in dem Buch „Kirche und Katholizismus seit 1945“, Band 6: Lateinamerika und Karbik, 2009, Schöningh Verlag, dort die Seiten 229 bis 247.
Jesús de Galindez, La era de Trujillo, Editorial Americana, Buenos Aires, 1958.
Der baskische Hochschullehrer Galindez wurde von Mitarbeitern Trujillos (in Zusammenarbeit mit dem CIA) in New York entführt, in Santo Domingo wurde er, der Oppositionelle, den Haien zum Fraß vorgeworfen. Er gilt noch heute als “verschwunden”. Manuel Vaszquez – Montalban hat über Galindo einen Roman verfasst.
Wir empfehlen außerdem den dokumentarischen Roman von Julia Alvarez, einer Dominikanerin, die in den USA lebt, über die vier Schwestern Mirabal, die sich dem Widerstand gegen Trujillo widmeten und dabei ihr Leben riskierten. Auf Deutsch erschienen im Piper Verlag. Nur eine der Schwestern überlebte den Widerstand. Der Titel: “Die Zeit der Schmetterlinge”.
Hulio Rodriguez Grullon, Trujillo y la Iglesia, Santo Domingo 1991
Jose R. Cordero Michel, Analisis de la era de Trujillo, Santo Domingo 1999.
Lauro Capdevilla, La dictatura de trujillo, Santo Domingo 2000. (aus dem Französischen übersetzt, dort bei Harmattan).
Esteban Rosario, Iglesia catolica y oligarchia, Santiago de los Caballeros, 1991.
Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin
Marcial Maciel: Ein korrupter Ordensgründer
Radiosendung über M.Maciel und die Legionäre Christi. NDR INFO.
Dieser Text ist die Langfassung der Radiosendung. Es wurde an der für Hörfunkproduktionen üblichen Schreibweise nichts verändert. copyright:Christian Modehn.
Lebenswelten NDR
„Skurpellos und ohne religiöse Gefühle“
Der Ordensgründer Marcial Maciel und seine Legionäre Christi
Von Christian Modehn
1. SPR.: Berichterstatter
2. SPR.: Zitator Maciel
3. SPR.: Übersetzer und Zitator
O TÖNE
1. SPR.:
Vatikanstadt, Petersplatz, am 4. Januar 2001. Papst Johannes Paul II. überblickt von seinem Thron aus viele tausend Pilger. Die meisten gehören der römisch – katholischen Laienbewegung „Regnum Christi“ an. Diese Frauen und Männer, weltweit sind es 70.000, werden vom katholischen Orden der Legionäre Christi geleitet. Der Papst lässt es sich nicht nehmen, den 60. Gründungstag dieses Ordens zu feiern. Seine Lobeshymne könnte nicht glänzender ausfallen:
3. SPR.:
Ihr Legionäre Christi wollt die Herausforderung des Evangeliums in Angriff nehmen, indem ihr die besondere Betonung auf die brüderliche Herzlichkeit eurer zwischenmenschlichen Beziehungen legt und den Geist der Nächstenliebe in euren Gedanken und Werken pflegt.
1. SPR.:
Voller Zuneigung schaut Johannes Paul II. den Gründer der Legionäre Christi an, den Mexikaner Pater Marcial Maciel. Er ist seit Jahren sein enger Freund und Berater, er hat des Papstes so genannte Pilgerreisen gestaltet; er wurde von ihm persönlich als Experte in Synoden und Kirchen – Konferenzen berufen. Johannes Paul II. sagte schon im Jahr 1994 voller Begeisterung:
3. SPR.:
Pater Maciel ist ein wirksamer Führer für die Jugend. Weiterlesen ⇘
Haiti: Das uralte Gift des Rassismus
Die Diskussionen – auch in unserem religionsphilosophischen Salon – über HAITI gehen weiter. Die Katastrophe dort hatte schon vor dem Erdbeben begonnen: Der Mangel an jeglicher Infrastruktur behindert heute die Rettung und Aufbauarbeit. Gibt es auch Gründe für dieses Disaster im Bereich der Mentalitäten?
Das uralte Gift des Rassismus: Was Haiti im Innern zerstört
Von Christian Modehn
Für ihre Befreiung aus der Sklaverei hatten sie wahnsinnigen Mut aufgebracht. Ohne strategische Erfahrung glaubten die Schwarzen an den Erfolg ihres Aufstandes. Sie hatten die Gunst der Stunde erkannt und die revolutionäre Entwicklung in Frankreich mit der Erklärung der Menschenrechte für sich selbst genutzt. Selbst gegen Napoléon konnten sie sich durchsetzen, im Kampf gab tausende von Toten auf beiden Seiten. Die Befreiung aus der jahrhundertealten blutigen Sklaverei gelang nur mit einem enormen „Blutbad“. Das hat sich in das Gedächtnis des Volkes tief eingegraben. Am 1. 1. 1804 wurde die erste Republik auf dem südamerikanischem Kontinent ausgerufen. Gedemütigte, wie Tiere behandelte schwarze Sklaven hatten sich selbst befreit. Für die meisten Europäer war dies eine enorme Erniedrigung. Die USA sprachen sich schon 1806 für einen Handelsboykott aus. Als sich die vertriebenen französischen Eigentümer der Zuckerrohrplantagen gemütlich in Paris niedergelassen hatten, präsentierte der französische Staat eine furchtbare Rechnung: Die junge Republik der Schwarzen musste 150 Millionen (damaliger) Francs, umgerechnet 21 Milliarden US Dollar, als „Entschädigung“ zahlen. Eine maßlose Summe, Ausdruck rassistischen Denkens, so sollten die befreiten Sklaven nun ökonomisch erneut zu versklavt werden.
Dabei waren die Kolonisten bereits zu immensem Reichtum gekommen, Haiti galt weltweit als die lukrativste Kolonie überhaupt. Aber die neuen „freien“ Herrscher in Haiti waren so eingeschüchtert, dass sie treu und brav die Zahlungen der „Wiedergutmachung“ leisteten.
Haiti war als freie Republik revolutionärer Sklaven von Anfang an auch diplomatisch völlig isoliert. Kein Staat respektierte das Land. Simon Bolivar, der berühmte „Befreier“ Venezuelas und Kolumbiens, fand 1815 Zuflucht in Haiti, später durften ihm noch schwarze Soldaten in seiner Heimat zur Seite stehen. Aber bei zunehmendem Erfolg ließ selbst er Haiti fallen. Die USA fürchteten, die Sklaven im eigenen Land könnten sich an Haiti ein Beispiel nehmen. Auch der Vatikan hat fast 60 Jahre gewartet, ehe er die Republik der Schwarzen anerkannte, obwohl deren Politiker immer wieder um Nonnen und Priester zum Aufbau eines guten Schulwesens gebettelt hatten. Die schwarzen Politiker galten den Päpsten als „zu aufmüpfig“…
Die Befreier Haitis waren seelisch tief verwundet nach all den Jahren der Sklaverei. Und sie folgten dem Denkschema ihrer Herren: der Unterscheidung zwischen Oben und Unten, zwischen wertvoll und minderwertig. Schwarze bekämpften die wenigen im Land verbliebenen, etwas besser gebildeten Mulatten, und die wiederum verachteten die „dummen Neger“. Dieses rassistisch geprägte Gegeneinander durchzieht die politische Geschichte Haitis bis heute.
Schon in den ersten Jahren war das Land gespalten: In der Republik im Süden regierten Mulatten, im Norden hatten Schwarze ein Kaiserreich geschaffen, mit den absurdesten Formen eines Hofstaates etwa unter Jacques I., Henri I. oder Faustin I. Dieser verübte unsägliche Massaker an Mulatten. Seinen Spuren folgte der Gewaltherrscher Francois Dauvailier, ein Schwarzer, der von seiner „Tropen SS“, den Tontons Macoutes, vor allem Mulatten tötete. Ein Grund für das klägliche Ende des ersten frei gewählten Präsidenten, des Armenpriester Aristide, ist sicher auch die Ablehnung, die er, der Schwarze, von der reichen Oberschicht der Mulatten erfuhr. Die hatten sich in Pétionville nahe der Hauptstadt in ihren Luxusvillen eingebunkert. Beim Erdebeben blieben diese bestens ausgestatteten Paläste weithin verschont!
Der ökonomische Niedergang begann mit der Ablehnung der Schwarzen, weiterhin die Plantagen, ihre Orte des Schreckens, zu kultivieren. Die einstigen Sklaven dachten nur an ihr Eigentum, an ihre kleinen Parzellen Land, um den Eigenbedarf zu decken. Haiti verarmte so sehr, dass seit Beginn des 20. Jahrhunderts sogar Zucker importiert werde musste. 1915 (bis 1934) besetzten die USA das Karibikland. Sie redeten dem erbärmlichen Volk ein, die Schulden gegenüber Frankreich am besten durch Kredite in den USA zu bezahlen. Als Zeichen der „Anerkennung“ durften die USA dann mit extrem niedrigen Lohnkosten in Haiti produzieren. Haitis Menschen wurden seit der großen Befreiung immer wieder reingelegt, betrogen, gedemütigt. „Das pyramidale Herrschaftsmodell aus Kolonialzeiten wurde dem freien Haiti übergestülpt, in diesem vegetieren die Nachkommen der Sklaven bis heute“, schreibt der Haitispezialist, der Soziologe F. Saint-Louis. (1
Zwei wichtige Studien:
Fridolin Saint- Louis, „Le Voudou Haitien“, Paris, Ed. L`Harmattan, 2000
-und auf das grundlegende Buch von Walter l. Bernecker „Kleine Geschichte Haitis“. Suhrkamp Vl., Frankfurt 1996.
Werden aus Feinden nun Freunde? Wie die Dominikanische Republik jetzt Haiti hilft
In unserem Religionsphilosophischen Salon werden immer wieder auch Fragen einer gerechteren Friedensordnung diskutiert, nicht nur im Sinne Kants, der ja schon einen “Bund der Nationen” vorgeschlagen hat, sondern auch im überschaubaren Rahmen, etwa in der Beziehung zwischen zwei Staaten. Kann aus einer Katastrophe, wie jetzt in Haiti, auch ein positiver Effekt folgen? Können bislang verfeindete Menschen über ihren Schatten springen? Wir haben den Eindruck, dass es bemerkenswerte, positive Tendenzen gibt in der Beziehung der Dominikanischen Republik zu Haiti. Weil mindestens 1 Million Deutsche als Touristen mit der Dominikanischen Republik in irgendeiner Weise verbunden sind, ist dieses Thema alles andere als ein “Randthema”. Es verdient viel Aufmeksamkeit gerade im Zusammenhang von “Völkerverständigung”.
Werden aus Feinden Freunde?
Haiti und de Dominikanische Republik: Wirkungen der Katastrophe
Von Christian Modehn
Helfer aus der Dominikanischen Republik waren (wie die Kubaner) die ersten, die sich in Haitis Hauptstadt Port – au – Prince um die Bergung von Verschütteten kümmerten. Die schnelle Hilfe ist eigentlich selbstverständlich, denn die beiden Länder sind Nachbarn auf der Insel „Hispaniola“. Seit dem 13. Januar ist die Solidarität ungebrochen. „Wir müssen jetzt die beste Hilfe für Haiti leisten“, sagt Carlos Morales Troncoso, Außenminister der Dominikanischen Republik. Erstaunliche Worte: Denn bis zum 12.Januar waren die Beziehungen zwischen beiden Ländern alles andere als freundlich. Mindestens 500.000 Haitianer arbeiten in der Dominikanischen Republik auf Zuckerrohrplantagen oder auf Baustellen. Sie hausen in erbärmlichen Unterkünften, werden miserabel bezahlt, verfügen über keine Rechte. Sie sind als „Neger“ die Untermenschen, sprechen Kreolisch und nicht Spanisch wie die Dominikaner. Und die sind mehrheitlich zwar Mulatten, aber stolz darauf, „zur weißen Rasse zu gehören“. Die dominikanische Polizei verschleppt die „Gastarbeiter“ immer wieder, führt sie zur Grenze, wenn sie nicht mehr gebraucht werden. Kinder werden von ihren Eltern getrennt, der hart verdiente Lohn verschwindet in den Taschen der Zwischenhändler. Menschenrechtsorganisationen haben die Dominikanische Republik mehrfach wegen sklavenähnlicher Verhältnisse angeklagt. Bisher gab es keine Verbesserung der Gesetze, die Mentalitäten der meisten scheinen versteinert zu sein. Ungestraft blieb schon das große Massaker an Haitianern, als der dominikanische Diktatur Trujillo vom 2. Bis 4. Oktober 1937 mindestens 20.000 wehrlose Haitianer hinrichten ließ, ein Akt der „Abschreckung, Symbol für angebliche Überlegenheit, Ausdruck rassistischen Wahns. Schwarze mussten an der Grenze das spanische Wort perejil, (Petersilie) korrekt aussprechen: Wer das r korrekt spanisch „rollte“ und das j wie ein ch aussprach, galt als Dominikaner. Wer es nicht schaffte, war Haitianer, er wurde ermordet. Trujillo fand sich später bereit, 750.000 Dollar „Entschädigung“ zu zahlen. Das Geld erreichte die Hinterbliebenen nie, die Regierung in Haiti steckte es sich in die eigene Tasche.
Der Massenmord sollten das Unrecht rächen, das die Dominikaner im 19. Jahrhundert von Haiti aus erlebten: Schon 1801 besetzten die „befreiten Sklaven“ das Gebiet der heutigen Dominkanischen Republik. Von 1822 bis 1843 gab es dort ein Regime haitianischer Diktatoren, denn sie fühlten sich von allen Seiten bedroht. Selbst nach der Unabhängigkeit der Dominikanischen Republik 1844 besetzten Haitis Truppen noch einmal das Land. Die seelischen Verletzungen auf beiden Seiten der Insel wurden nie besprochen, geschweige denn bearbeitet oder „geheilt“.
Jetzt gibt es eine reale Chance, dass angesichts der Katastrophe neue Beziehungen möglich werden: Die Dominikanische Regierung hat sofort 231 Millionen Dominikanische Pesos (fast eine halbe Million Euro) für das Nachbarland Haiti zur Verfügung gestellt. Sonia Pierre, inzwischen weltbekannte Menschenrechtsaktivistin in Santo Domingo, muss diesmal sogar die Regierung loben: „Ohne die Hilfe des dominikanischen Staates wäre die Tragödie in Haiti noch größer“. Aber: Bei einem „Marathon“ auf allen dominikanischen TV – und Radioprogrammen wurden 55 Millionen Pesos (ca. 110.000 Euro) gespendet, eine beträchtliche Summe! Denn den meisten Dominikanern geht es ökonomisch zwar etwas besser geht als den Haitianern, aber auch sie leben nicht in einem reichen Land. Auch Santo Domingo gibt es große Slums! Aber die Leute lassen sich anrühren: Künstler, wie der berühmte Merengue Sänger Juan Luis Guerra von Santo Domingo, sammeln Geld, sie fahren über die Grenze, bieten ihre Hilfe an. Die Bischöfe weisen jetzt jegliches „nationalistisches Denken“ zurück. Die Kirchengemeinden an der Grenze, selbst bettelarm, nehmen sich der verzweifelten Menschen an. Mehr als 15. 000 verletzte Haitianer wurden in der ersten Woche in dominikanischen Kliniken versorgt. Die Regierung in Port au Prince hat zugestimmt, dass sich sogar 150 dominikanische Soldaten um die Sicherung der Straßen in Haiti kümmern können, allerdings unter der Leitung peruanischer „UNO – Soldaten“.
Eine allgemeine Öffnung der Grenze kommt für die dominikanischen Behörden nicht in Frage: Es wäre wohl vorauszusehen, so heißt es, dass viele tausend Haitianer ins Land strömen würden. „So viele Menschen könnten wir bei unserer Infrastruktur auch nicht betreuen“, sagen dominikanische Politiker. Und damit haben sie wohl recht.
HAITIS Zukunft – ein PROTEKTORAT?
Haitis Zukunft nach dem Erdbeben: Ein Protektorat? (Aus einer Diskussion im Religionsphilosophischen Salon)
Angesichts der fast totalen Zerstörung von Port – au – Prince und anderer Städte im Süden des Landes sowie der zweifellos offenkundigen institutionellen Schwäche des Staates Haiti fragen viele Beobachter: Wie geht es weiter mit Haiti? Wer leistet –wenn die ersten Nothilfen tatsächlich geleistet sind – einen nachhaltigen Neuaufbau, nachdem schon zwischen 1990 und 2003 „rund vier Millionen Dollar Entwicklungshilfe eingenommen wurden“, wie der Tagesspiegel am 18.1. 2010 schreibt. Wer sorgt dafür, dass Haiti später einmal nicht mehr von Almosen lebt, wer sorgt dafür, dass die Korruption aufhört und alle Menschen lesen und schreiben können usw…
Manche schlagen eine Art internationales Protektorat vor. Der Publizist Josef Joffe schreibt im TAGESSPIEGEL vom 18. Januar: “Haiti gehört eigentlich unter internationale Kuratel, die in den nächsten Jahrzehnten für Sicherheit und Aufbau sorgt“. Und dann fügt Josef Joffe die entscheidende Antwort hinzu: „Aber das wäre „Neo – Kolonialismus“. Die Frage ist: Muss ein Protektorat oder wie auch man diese „internationale Übergangsregierung“ nennen könnte, tatsächlich gleich Neokolonialismus sein? Gibt es keinen demokratischen Zwischenweg?
Auch von anderer Seite wird der Gedanke an ein Protektorat zurückgewiesen: Denis Vienot, ehemaliger Präsident der in Haiti erfahrenen „CARITAS International“, schreibt in „La Croix“: „Haiti sollte nicht unter ein Protektorat gebracht werden. Mehrere Verantwortliche von NGOs und Solidaritätsvereinigungen waren schockiert, als dieser Gedanke vorgebracht wurde: Die Insel gehöre unter internationale Vormundschaft (tutelle heisst es im französischen Text!) wegen des Wiederaufbaus“.
Denis Vienot hingegen meint: „Es gibt Ingenieure, Ärzte, Mediziner, Professoren usw“. Aber im Ernst muss man fragen: Reicht dieses Personal aus für einen demokratischen Wiederaufbau? Es ist ja nicht immer Ausdruck von Rassismus zu sagen, dass die Haitianer demokratische Hilfe brauchen von mehreren demokratischen Regierungen. Ob das die USA und Frankreich sein müssen, beide sind als Kolonisten im 17. und 18. Jahrhundert und als (USA – ) Besatzern des Landes (1915) eher unbeliebt, wäre zu fragen. Thierry Durand, einer der Direktoren von ÄRZTE OHNE GRENZEN, gibt zu denken: „Es müssen die Institutionen Haitis aufgebaut werden. Wer von internationaler Vormundschaft oder ähnlichem spricht, greift die Souverenität Haitis an. Darin kann noch eine Quelle von Spannungen liegen zwischen den Bürgern Haitis und der internationalen Gemeinschaft“.
HAITI als Katastrophe. Warum die Philosophie manchmal schreit.
Haiti als Katastrophe
Philosophie muss manchmal schreien
Was kann Philosophie zur Erdbebenkatastrophe in Haiti sagen? Soll man wiederum räsonieren, wie einst nach dem Erdbeben in Lissabon ( am 1. 11.1755) über die Frage: „Wie kann Gott das zulassen“?
Mitglieder unseres „Religionsphilosophischen Salons“ meinen: Jetzt keine Metaphysik, kein Aufrollen der Gottesfrage, zu betreiben; so sehr vielleicht auch viele Verzweifelte in Haiti in ihrem religiösen Glauben fragen: „Warum hat Gott, haben die Voudou Götter, unser erbärmliches Land verlassen?“.
Wichtiger ist jetzt eine politische Philosophie zur Katastrophe in Haiti. Und diese politische Philosophie muss zu denken geben, muss fragen:
Ist das Ausmaß der jetzigen Katastrophe nicht deswegen so ungeheuerlich, weil vorher schon, unter den „normalen“ Bedingungen, katastrophale Zustände herrschten? Die Liste des Elends in Haiti ist lang: Fehlen jeder Infrastruktur; Fehlen von Bildung weitester Kreise, 80 Prozent Analphabeten; Fehlen jeglicher medizinischer Versorgung. Zu den wenigen Ärzten, so wird berichtet, die dort ihren Dienst versehen, gehören Kubaner, gesandt vom „Sozialistischen Staat Castros“. Warum wird dies übrigens so selten in den Medien der „freien Welt“ erwähnt? Gäbe es wenigstens eine einfache Infrastruktur, könnte wenigstens erfolgreich geholfen werden. Wer ist für diese Versäumnisse verantwortlich?
In jedem Fall: Haiti war schon vor dem Beben eine Katastrophe. Alle Welt wusste davon. Diese permanente Katastrophe VOR der jetzigen wurde von der ganzen Welt hingenommen.
Haiti als Katastrophe ist ein Beispiel für die Ignoranz der westlichen Welt, für die Unmenschlichkeit, die krepierenden “fernen Nächsten” zu vergessen. Wer hat sich aufgeregt, dass viele tausend Haitianer Brot aus Lehm essen mussten? Dass Kinder dort wie Sklaven gehalten wurden?
Warum gab es keine strukturelle Hilfe, sondern nur Einzelspenden? Weil Haiti nichts zu bieten hat, ökonomisch nichts zu bieten hat. Darum glaubte man, mit ein paar „Blauhelmen“ das Allerschlimmste dort zu verhindern.
Haiti ALS Katastrophe: Wir können gespannt sein, wie viele Hilfsgelder und wie viel Hilfspersonal tatsächlich für die Menschen im absoluten Elend bereit gestellt werden.
Wir empfehlen allen politisch – philosophisch Interessierten dringend, diese Hilfe nach einer Woche und später mit der Hilfe für die Tsunami Opfer in Thailand zu vergleichen!
Dort wurde aller schnellstens millionenfach geholfen. Lange Lifesendungen im Fernsehen waren selbstverständlich. In Haiti gab es noch nicht einmal Korrespondenten. Beim Tsunami waren ja „wertvolle Menschen“, dort waren Europäer umgekommen. Darf man solches sagen? Rührt da die politische Philosophie an einen geheimen Rassismus im reichen Teil der Welt?
Ermutigend ist, dass die benachbarte Dominikanische Republik zur Hilfe bereit ist, es ist ja bekannt, dass die Haitianer in der Dominikanischen Republik nicht gerade beliebt sind, da gibt es uralte Vorurteile. Wenn jetzt Hilfe möglich ist, wäre dies ein Ende der uralten Feindseligkeiten?
Einige Mitglieder unseres Salons äußern die Befürchtung: Wird es auch nach der Katastrophe in Haiti katastrophal bleiben? Die Menschheit, d.h. werden die Tonangebenden, die Kriege Führenden, die Manager und Spekulanten, die Banken – Sanierer mit ihren Milliarden, sie alle., werden sie nach den letzten Zuckungen der Nachbeben wieder bekanntermaßen andere Interessen haben? Sie werden wohl Ihre Aufmerksamkeit darauf richten, wo „für uns“ was zu holen ist.
„Die Philosophie muss manchmal schreien“, soll Sartre einmal gesagt haben. Ob Schreien, als Argument, etwas nützt, wagen Philosophen zu bezweifeln. Sie sind Skeptiker. Sie stellen eher die Frage: Unter welchen Bedingungen kann ein Neuaufbau Haitis, kann ein Neuaufbau von Port au Prince gelingen? Lissabon wurde ja damals recht hübsch neu errichtet, aber es gehörte eben zu Europa. Braucht Haiti vielleicht eine befristete und kontrollierte internationale Regierung, die den Neuaufbau des Landes koordiniert und überwacht? Braucht Haiti eine Geburtenkontrolle, damit auf diesem winzigen Flecken nicht bald 12 Millionen im Elend leben?
Die religiös Begabten und die Bibelfesten geben noch zu bedenken: „99 Prozent der Haitianer lebten vor dem Beben bereits sozial und menschlich in der Vorhölle. Jetzt haben sie die Hölle auf Erden erreicht”. Bloß: Wofür werden sie dann eigentlich bestraft, diese armen Geschöpfe Gottes? Ist es zynisch, diesen Menschen wenigstens noch einen schönen Himmel zu wünschen?