Halt finden im Leben

Wo finden wir Halt?

Von Christian Modehn am 17.3.2020
Diese Hinweise gehen auf Gespräche im Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phi­sch­en Salon Berlin am 23.3. 2018 zurück. Siehe auch den Beitrag “Lob der Langeweile. Von der leeren Zeit zum Lebenssinn”.

Viele Menschen haben den Eindruck, angesichts schlimmer und bedrohlicher Erfahrungen heute, den seelischen und geistigen HALT zu verlieren: Inmitten der Corona – Pandemie, aber auch in der tatsächlich schon dauerhaften Krise durch kriegerische Aggressionen, nationalen Egoismus, Rechtsextremismus, Ignoranz gegenüber dem Klima oder sozialer Ausgrenzung, bedingt durch die wirklich horrende zu nennende ungleiche Verteilung des Eigentums usw….

Was früher religiös „stützte“ und Halt in aller Not bot, ist heute für viele zerbrochen und entschwunden. Man meint, seelisch und geistig heillos ins Schwanken und Wanken gelangt zu sein.

Die entscheidende Beobachtung ist: Wer nach Halt sucht, meint den „Sinn“. Und diese Suche gehört, möchte ich sagen, zum Wesen des Menschen. So dass jeder Mensch förmlich einen Anspruch hat, für sich selbst nicht nur einen Halt zu suchen, sondern auch zu finden. Selbst der Hungernde denkt noch über sein materielles Überleben hinaus. Er weiß, dass er einen Anspruch hat, in seinem Leben Halt, Sinn, (nicht nur Speise) zu finden. Sondern auch Gerechtigkeit, die erst den umfassenden Halt für ihn bieten könnte.

Die Frage nach dem Haltfinden gehört offenbar zur „Struktur“ des menschlichen Geistes und der Seele.

1.
Eine Alltags – Erfahrung:

Wenn wir menschliches Leben im Alltag als Unterwegssein verstehen und nicht als „Zustand“, sondern als dauerndes Suchen und Sich Orientieren, dann brauchen wir dabei immer auch Halt und Stütze. Und wir deuten diesen Halt, diese Stütze, nicht schon sofort als Fremdbestimmung oder als Einmischung in unser individuell freies Leben: Etwa beim Anstieg oder Abstieg in schmalen Treppen, etwa bei Turmbesteigungen: Da greifen wir nach dem Geländer; brauchen wir stützende, Halt gebende Sicherheit. Oder beim Bergbesteigen, da benötigen wir Stützen, Seilschaften… Leitplanken/Schutzplanken sind auf abschüssigen Autostraßen not-wendig und sehr hilfreich. Wer auf Dauer FREI laufen und FREI leben will, sucht auch Halt. Wer hingegen wie auf einer Schiene läuft – oder auf eine Schiene gesetzt wurde – und so sein Leben förmlich von anderen bestimmen und „leben lässt“, fragt nicht mehr nach einem Halt. Er hat ihn ja „vorgegeben“ und will diesen zwingenden, nicht frei gewählten Halt – aus Angst, Bequemlichkeit – nicht aufgeben. Ein solches “fixiertes” Leben ist nicht auf der Höhe eines reifen Daseins.

Die Suche nach Halt bestimmt uns dauernd, auch wenn wir uns an “Halte-Stellen” aufhalten. Aber an Haltestellen verweilt man nur kurzfristig. Aber sie sind Orte für Denk – Pausen.

Die Frage nach Halt ist förmlich eine Ehre für den freien, suchenden, fragenden Menschen. Diese Frage und das Suchen nach Halt sind also nichts Krankhaftes.

2.
Ein Buch von Hannah Arendt hat den Titel „Denken ohne Geländer“.
Diese These hat zur Voraussetzung: Denken schützt sich selbst, weil es sich selbst prüft und alles Gegebene vor „den Richterstuhl der Vernunft bringt“ (Kant) bringt, also auch alles kritisch prüft, was im Denken und durch das Denken als geistiger Halt erreicht werden kann. Denken erzeugt also nicht-materielle, d.h. unsichtbare, geistige Geländer. Das kann die Klarheit im Denken sein, der Respekt für Logik und Differenzierung. Es gilt nur, diese kritische Prüfung und das selbstkritische Fragen beständig zu pflegen. Dann werde ich in einen neuen Denkraum geführt, der sich zu einem neuen weiten Raum des Lebens weitet… und zur Aufgabe bisheriger Stützen und Halte aufgefordert.

3.
Was zeigt sich als Halt, das sich im Denken und Erfahrungen offenbart?
Wir können Halt nur finden bei etwas, das über den momentanen Gebrauch, kurzfristig oder zerbrechlich, hinausreicht. Was also insofern „erhaben“ ist. Ich will damit nicht sagen, dass das, was Halt gibt, immer schon „das Ewige“ ist. Aber es muss auch etwas anderes sein als das Greifbare und Sich – Schnell – wieder Auflösende und Schnell-Verschwindende. Konsumgüter sind meist Wegwerfprodukte, sie bieten keinen dauerhaften Halt. Also, Halt bietet etwas oder jemand, das bzw. der (die) mich für eine gewisse Zeit begleitet, mit mir geht, mit mir lebt, neue Perspektiven von Dauer erschließt. “Woran man sich halten kann”! Das kann auch eine schöne, immer wieder gehörte geliebte Musik sein, ein Kunstwerk, Literatur, Menschen, Freunde. Die uns Halt gebende Gemeinschaft von Menschen, die sich um einen reifen Umgang mit einander bemühen.
Damit ist keineswegs bestritten, dass in Situationen materieller und gesundheitlicher Not, eben das unmittelbar hilfreiche Materielle, etwa Medizin, wieder neuen Halt im Leben gibt. Aber die Frage nach dem dauerhaften Halt, selbst dann, wenn materielle Nöte behoben sind, die bleibt. Und es ist wohl so: Menschen, die diesen geistigen Halt gefunden haben, sind in der Lage, auch in Situationen der Gefahr menschlich zu handeln.
Halt ist für uns eben tatsächlich etwas Bleibendes, das sich als einzelnes Bleibendes natürlich im Laufe der Geschichte unseres Daseins je neu zeigen kann…

4.
Warum erschließen Stimmungen einen Halt im Leben?
Wie ist dann etw die Stimmung der Melancholie?
Es gibt eine lange Geschichte der Melancholie-Forschung, vielleicht zentral schon bei Aristoteles, in den „Problemata physica“. Darin fragt Aristoteles eher rhetorisch: „Warum erweisen sich alle außergewöhnlichen Männer in Philosophie oder Politik oder in den Künsten als Melancholiker?“ Warum wohl: Weil diese Stimmung der Melancholie über das oberflächliche Dahinleben in die Tiefe des eigenen Daseins führt. Melancholie vermittelt ja immer die Erfahrung, dass ich mit meinem jetzigen Zustand nicht zufrieden bin; dass es anderes gibt als die Gestalt dieses momentanen Lebens. Oft wird dieses andere, bessere Leben in der Vergangenheit gesucht. Oder es wird erträumt in ferner Zukunft. Der Melancholiker kann nicht behaupten: „Dieses Leben ist so, wie es jetzt ist, immer sinnvoll und schön und sollte auch so, wie es jetzt ist, immer bleiben“. Es gibt also einen versteckten, oft impliziten Willen zur Veränderung im Melancholiker, eine Suchbewegung nach einer Wahrheit, die größer sein sollte als die gegenwärtige, bene als unvollvollkommen erlebte Alltags – Wahrheit.
Trauer hingegen ist fixiert auf ein Ereignis, auf einen Verlust etwa eines Menschen. Trauer kann nachlassen, vielleicht verschwinden, weil wir den verlorenen Menschen in einer neuen nichtweltlichen (göttlichen) Wirklichkeit wissend glauben…
Melancholie aber hält an. Sie ist eine oft dem einzelnen gar nicht bewusste, dunkle, manchmal schmerzhafte Beziehung zur Wirklichkeit. Im Unterschied zur Depression als Krankheit bietet Melancholie die Chance, zur tieferen Wirklichkeits- Erfahrung zu kommen. Und damit auch wieder zu einer Lebensfreude… Melancholie ist etwas Gesundes!

5.
Durch die Wahrnehmung unserer Stimmungen werden wir in die Tiefe unseres Daseins geführt. Und können so Halt finden.
Wir sind in Tiefe unseres geistigen und seelischen Erlebens über alle Oberflächlichkeiten des Alltags immer hinausgewiesen. Martin Heidegger hat in seinem Buch „Sein und Zeit“ (1926), dann aber auch in den Vorlesungen „Die Grundbegriffe der Metaphysik“ (1929) gezeigt: Stimmungen haben einen offenbarenden, einen erschließenden Charakter, wenn der Mensch die Tiefe seines Daseins ausleuchten und verstehen will. Die Vorlesungen über die „Grundbegriffe der Metaphysik“, sind, geschrieben vor der viel besprochenen philosophischen „Wende“ im Denken Heideggers um 1933, anregende und mitvollziehbare philosophische Vorlesungen. Hier finden sich auch die viel beachteten philosophischen Analysen zur Langeweile.
Wenn wir fragen: Wie gelangt der Mensch, das Dasein, zur tieferen Seins – Erfahrung: Dann ist die überraschende Antwort Heideggers in Sein und Zeit: Durch die Stimmungen: „In den Stimmungen wird das Dasein vor sein Sein (also seine unverfügbare Tiefe) gebracht“. (Heidegger, Sein und Zeit, S. 134).
Stimmungen und Gefühle werden insofern von Heidegger philosophisch aufgewertet. Sie sind „Organe des Erkennens“. Aber Heidegger wehrt sich dagegen, dass nun Philosophie in ihrem Respekt für Stimmungen ins Irrationale der Stimmungs-Begeisterung sich drängen lässt.
Er sagt: Immer ist der Mensch irgendwie gestimmt. Uns prägen immer schon Stimmungen. Sie sind immer meine Befindlichkeit. Besondere Stimmungen überkommen uns, sie stellen sich ein, sie überfallen und beschleichen uns, wie Heidegger sagt. Wir sind nicht Herr dieser Stimmungen. Unsere Selbstbestimmung ist insofern eingeschränkt.

6.
Langeweile ist eine Stimmung, die „man“ durchlebt, wenn eine offene Zeit uns überfällt.
Das ist ein Thema der Vorlesungen „Die Grundbegriffe der Metaphysik“. In der Langeweile werde ich konfrontiert mit der unabwerfbaren Tatsache, dass ich in die Zeit gestellt, förmlich in die Zeit verfügt bin, also in einer Art Zeitlinie unausweichlich bin. Diese Zeit bin ich gewohnt auszufüllen durch allerlei Aktivitäten. Wenn es dann unvorhergesehen Momente gibt, in denen es für mich nichts zu tun, nichts mehr zu machen gibt, dann entsteht eine „Leere“ in mir. Dann falle ich förmlich ins Bodenlose. Ich habe den üblichen Halt, meinen alltäglichen Zeit – Rhythmus verloren. Ich stehe orientierungslos da.
Heidegger meint: Diese Leere, die sich in der Langeweile zeigt, sollte ich nicht überspielen, nicht verdrängen, sondern als Chance nützen, denn sie offenbart mir die Tiefendimensionen meines Daseins! Ich sollte also etwa fragen: Was ist eigentlich Zeit? Was ist „meine Zeit“? Warum will ich bloß immer die gegebene Zeit füllen, „voll stopfen“? Warum möchte ich im Gefühl einer für mich jetzt leeren Zeit diese nun frei für mich angebotene Zeit gleich „totschlagen“. Diese Alltags-Sprache sagte alles, wie ich mich meiner Lebens – Zeit gegenüber selbst als aggressiv verhalte…

7.
In der Stimmung (Melancholie oder Langeweile) kann ich, wenn ich die Stimmung aushalte, also auch reflektiere, in die Tiefe des Daseins geführt werden.
Vielleicht zeigt sich da inmitten der Suche ein Halt: Der Mensch kann sich selbst dann verstehen: Es gibt etwas ihn Übersteigendes, Größeres, Tieferes. Der Mensch ist mit diesem in seinem Geist, in seiner Seele, eng verbunden. Das sind, wie so oft in der Philosophie, hilflose Begriffe, die über das Greifbar – präzise „wissenschaftlich“ Sagbare hinausweisen. Aber Menschen können auf diese Worte und Begriffe für das Unanschauliche, aber Lebenswichtige, nicht verzichten. Tatsache ist auch: Viele haben diesen Sinn für das Nicht – Anschauliche verloren.

Man merkt, wie schwer es ist, das Sein angemessen sprachlich auszudrücken. Dieses Größere ist „im“ Menschen, aber es ist nicht Werk des Menschen. Heidegger spricht vom Sein, das der Mensch versteht und in dem er sich, das Sein verstehend, immer schon bewegt: Das Sein erschließt sich dem Menschen, er „IST“ Da – Sein. Der Mensch ist DA — SEIN. Das Sein ist in ihm „da“. Als Gabe, als das vom Menschen Nicht – Gemachte.
Das Sein ist das nicht Manipulierbare, das Nicht Zu-Umgreifende, also nicht Zu Definierende. Dieses nicht definitorisch exakt Sagbare ist aber das alles Prägende und im Dasein das Stützende. Es offenbart sich in der Stimmung.

Stimmung erkennen und Haltfinden gehören also eng zusammen.

8.
Wenn der Mensch sich auf etwas stützen will, das dauerhaft Halt bietet: Dann ist es genau das Nicht Verfügbare, das Nicht Dinghafte, sondern z. B. „das Sein“.
Religiöse Menschen sprechen von dem ebenfalls niemals dinglich zu verstehenden Gott, dem Göttlichen. Also dem, der im Innern des Menschen, in Geist und Seele, als das Ewige lebt. Oder jener Gott, den die Menschen, sprachlich hilflos, dann doch beim Namen anrufen und nennen, als den großen Gott, der in der Wüste des Lebens … Halt gibt. Als der Ewige, alles Gründende! Mit ihm und in ihm, den göttlichen, nicht dinghaften Gott, finden viele Halt. Als Geborgensein. Als Beschütztsein. Als Getragensein, wie auch immer!
Dies und nur dies ist der wahre Kern von Spiritualität und Religion. Alles andere, alles „Konfessionelle“ und Dogmatische, ist nettes (leider oft belastendes) Beiwerk, oft allerdings störend, weil es den göttlichen Gott verstellt und verdeckt.

9. Dieses alles umgreifende Sein können Menschen je nach ihrer Lebensgeschichte je verschieden, je anders, erfahren und zu Wort bringen.
Es kann Gott, ewige Natur, Buddha, Jesus usw. Immer aber muss es etwas sein, das den Charakter des Ungreifbaren, aber Umgreifenden hat. Ohne solche paradoxen Formulierungen kommen wir in der denkenden Lebensorientierung kaum weiter.
Dieses Stützende und Halt Gebende ist förmlich wie ein dinglich ungreifbares “Nichts” gegenüber der Dingwelt.

10.
Wer Halt sucht in seinem Leben, sollte sich nicht festklammern an Ideologien und offizielle Wahrheiten.
Er (oder sie) sollte das Fragen aushalten, die eigenen Fragen! Natürlich zeigen sich dann jeweils verschiedene Antworten. Aber diese Antworten rufen nur wieder weitere Fragen hervor: Das ist das Leben des Geistes!
Das Fragen befragt sich selbst und entdeckt dabei die Kraft des lebendigen Geistes, der über alle einzelne Fragen, selbst über die Skepsis, erhaben ist. Die umfassende Skepsis betrachtet nämlich die Skepsis selbst noch einmal skeptisch und gelangt so über eine dogmatische Skepsis – Bindung hinaus. Und diese Lebendigkeit des Geistes ist sicher das einzige, was Halt gibt und unerschütterlich fest ist in unserem Leben: Getragen sein, belebt sein, von der ewigen Lebendigkeit des Geistes und von den immer relativen Antworten, die zu neuen, aber wieder nur vorläufigen Antworten leiten: Das ist die Größe des Menschen, auch des religiösen Menschen.

Dieser tragende Lebenssinn, dieser Halt, erschließt sich, gerade dann, wenn alle Bilder Gottes, die man als den Lebenssinn deutete, verschwinden. Und nach diesem (persönlichen) „Bildersturm“ bleibt, wie der niederländische Theologe Koen Holtzapffel (Rotterdam) sagt, eigentlich nur Leere. „Man kann es Leere nennen, aber dann vielleicht eine wohltuende Leere, das Flüstern einer sanften Brise, die man genießen kann als Schönheit einer leeren Landschaft“ (ebd.)

Koen Holtzapffel beschließt sein inspirierendes Buch „Hou-Vast“, Meinema Verlag, Niederlande): „Leere schafft auch einen mystischen Raum, ohne einen vorstellbaren und voraussagbaren Gott“.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.

Über den “Gott der Vernunft” – in Zeiten der Krise: Interview mit dem Theologen Prof. Wilhelm Gräb

Die Fragen stellte Christian Modehn

1.
Wir wollen über den Zusammenhang nachdenken, der zwischen der persönli-chen Bindung der Menschen an Gott und der fragenden, reflektierenden Ver-nunft besteht. Und da haben viele gleich zu Beginn schon die Schwierigkeit an-gesichts der aktuellen „Coronavirus“ – Epidemie: Zeigt sich in dieser heftigen Krankheit nicht schon, dass wir mit vernünftigen Argumenten offenbar kaum verstehen können, dass diese unsere Lebens-Welt eine gute Schöpfung eines gu-ten Gottes sein soll?

Lieber Herr Modehn, Sie sprechen in ihrer Frage von der Vereinbarkeit des per-sönlichen Glaubens an Gott mit der reflektierenden Vernunft. Und bei dem Thema kann es keine kurz gefaßten, bloß “formel-hafte” knappe Antworten geben!
Wenn wir einen vernünftigen, also auf Verstehen setzenden Zugang zur Gottes-frage suchen, dann müssen wir, so denke ich auch, vom Glauben von Menschen an Gott den Ausgang nehmen. Nur wenn wir in der Frage nach Gott vom Glau-ben an ihn ausgehen, ist deutlich, dass wir nicht von einer objektiven metaphysi-schen Größe sprechen, wenn wir „Gott“ sagen. Ebenso ist dann klar, dass wir unter Gott nicht eine Ursache im naturwissenschaftlichen, physikalischen, bio-logischen oder evolutionstheoretischen Sinn verstehen, auf die der Ursprung des Universums sowie dann auch alles, was in der Welt geschieht, zurückgeführt werden könnte. Gott lässt sich nicht als Operator, auch nicht im Sinne eines Erstverursachers, einsetzen, um damit zu kausalen Erklärungen für das, was in und mit der Welt geschieht, zu kommen.

Gott ist die Referenz im Glauben von Menschen an ihn als den Ursprung des Universums, der Welt und alles dessen, was mit ihr und in ihr geschieht. Dieser Glaube, den der christliche Glaube als Glaube an Gott den Schöpfer aussagt, geht zusammen mit den Fragen nach Sinn und Bedeutung unseres eigenen Da-seins in der Unendlichkeit des Universums. Die Vernunft, sofern sie die Ideen von Gott und Welt ausbildet und nach Sinn und Zweck fragt, geht insofern wi-derspruchsfrei zusammen mit dem Schöpfungsglauben, insofern dieser gerade keine Welterklärung beansprucht, sondern auf eine religiöse Weltsinndeutung ausgeht.

Ein Konflikt tut sich nicht zwischen Vernunft und Glaube auf, sondern er ent-steht dort, wo verkannt wird, dass der Glaube es nicht mit Tatsachenbehauptun-gen und die Vernunft nicht mit Verstandeserklärungen zu tun hat. Gott, das Uni-versum, die Welt, das sind Vernunftideen, die keine Wirklichkeit beschreiben, auf die wir zeigen könnten. Mit ihnen geht es um Deutungen, die zu Aussagen über die Bedeutung und den Sinn unseres Daseins in der Welt kommen wollen.

Vernunft und Glaube vertragen sich durchaus, was jedoch nicht heißt, dass dem Glauben, der rational nachvollziehbar sein will, nicht genau dadurch auch immer wieder erhebliche Schwierigkeiten entstehen. Eine der elementarsten Schwierig-keiten ist die, die Sie, lieber Herr Modehn, ansprechen. Es ist die Frage, wie mit der Existenz Gottes, gerade dann, wenn wir ihn als Ursprung des Seins und Grund alles Sinns denken und im Glauben unser Vertrauen auf ihn setzen, zugleich die vielen Übel in der Welt, – so jetzt auch die Corona-Epidemie, ver-einbar sein können.

Wie ist mit dieser Schwierigkeit, die Theologen seit jeher sich den Kopf zerbre-chen lässt, umzugehen? Ich meine so, dass wir erstens uns eben dies noch ein-mal klarmachen: Gott ist kein verursachendes Prinzip, mit dem unser nach kau-salen Erklärungen suchender (wissenschaftlicher) Verstand arbeiten kann. Auf die Frage, „warum kann Gott das zulassen?“, gibt es keine ebenso einfache wie plausible Antwort. Zweitens führt uns diese Schwierigkeit aber auch dazu, die Transzendenz Gottes als des Urhebers von allem, streng und groß genug und d.h. ins Unendliche hinein zu denken. Gott ist als der Schöpfer von Himmels und Erde der unbedingte Grund des Universums und damit der Einheit von al-lem. Als solcher steht er aber nicht unter den Bedingungen, unter denen wir ihn denken und seine Allwirksamkeit auf die Erfahrungen, die wir mit uns selbst und mit der Welt machen, zu beziehen versuchen. Das bringen wir zum Aus-druck, wenn wir von der „Unerforschlichkeit“ der Wege Gottes sprechen oder mit Jesaja 55,8f. uns an das Gotteswort erinnern: „Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR, sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege hö-her als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.“

Wenn wir also Gott mit den Übeln in dieser Welt in Zusammenhang bringen, so jetzt z.B. mit dem Corona-Virus, dann sollten wir das nicht mit dem Anspruch verbinden, eine Antwort auf die Warum-Frage zu bekommen. Das würde ja nur bedeuten, dass wir uns Gott und die Motive seines Handelns nach unseren Vor-stellungen und Erklärungsmöglichkeiten zurechtlegen. Vielfach ist man ja so verfahren und tut das manchmal heute noch. Dann wird z.B. gesagt, dass das Übel, eine Krankheit, ein Erdbeben usw. Gottes Strafe für ein sündhaftes Fehl-verhalten der Menschen seien. Das geht so aber nicht, weil es Gott unseren be-grenzten Maßstäben des Denkens und Urteilen unterwirft.

Von Gott zu reden, heißt, vom Glauben an ihn zu reden. Damit bewegen wir uns in einer religiösen Weltdeutung, die ebenso zu unserem vernünftigen Weltzu-gang gehört, aber von dem der Naturwissenschaft, des Recht, der Wirtschaft, der Kunst usw. verschieden ist. Die religiöse Weltdeutung erklärt uns die Welt nicht, aber sie öffnet uns die Augen dafür, dass die Wirklichkeit im Vorhandenen nicht aufgeht, dass wir nach dem Sinn fragen, ihn aber nie ganz zu fassen be-kommen.

Gott ist kein Prinzip, um die Welt zu erklären, sondern eine gute Idee, mit der wir Menschen unser vernunftbegabtes menschliches Leben in dieser Welt gera-de in seiner Kontingenzanfälligkeit und Unbegreiflichkeit verstehen, uns dazu verhalten können, dass wir des Insgesamt der Bedingungen unseres Daseins nicht selbst mächtig sind. Dennoch sind wir immer schon auf Verstehen ausge-richtet, auf ein Verstehen unserer selbst, ein Verstehen der Welt und unseres Da-seins in ihr. Keiner lebt einfach so dahin. Jeder hat zumindest die Möglichkeit, hin und wieder innezuhalten, einen Schritt zurückzutreten und sich zu fragen: Wo will ich eigentlich hin? Was ist der Sinn meines Lebens?

Hier hat die Gottesfrage ihren Sitz im Leben, bei der Frage nach dessen Sinn. Zur Erklärung der Welt brauchen wir Gott schon lange nicht mehr. Diese Auf-gabe haben die Wissenschaften übernommen, die, wenn sie vernünftig sind, dar-auf verzichten, hypothetisch Gott dort einzusetzen, wo eine rationale Erklärung (noch) nicht möglich ist. Auch für das Corona Virus wird ein Impfstoff gefun-den werden, mit dem dann auch die durch dieses Virus verursachte Krankheit erfolgreich bekämpft werden kann.

Was aber bleibt und seit jeher so war, das ist zum einen die Angst vor der unbe-rechenbaren Lebensgefahr, zum anderen aber auch der unerschütterliche Mut, ihr zu widerstehen. Beides resultiert aus unserer Vernunft. Die Angst kommt daher, dass wir uns unserer Begrenztheit, Endlichkeit und Kontingenzanfällig-keit bewusstwerden. Der Mut wiederum kommt aus dem Vertrauen darauf, dass das Leben seinen Sinn – trotz alles Bösen und Schlimmen, das dagegenspricht – in sich selbst trägt. Dieser „Mut zum Sein“, von dem auch Paul Tillich sprach, stellt sich der Angst entgegen und mobilisiert alle verfügbaren Kräfte, für die Förderung des allgemeinen Wohls zu arbeiten.

Dass unser Leben einen Sinn hat, ist nichts, wovon wir ein Wissen haben. Aber die Ahnung, dass es so sein könnte, kommt in uns auf, sobald wir merken, dass wir nach dem Sinn gar nicht fragen würden, wenn wir nicht schon im Sinn wä-ren und ihn mit allen unseren Sinnen, mit jedem Atemzug gleichsam, erfahren würden. Diesen Sinn, in dem wir immer schon sind und den wir doch nicht zu fassen bekommen, nennen wir Gott. Gott ist der unbegreifliche Sinn des Gan-zen, Sinngrund wie Sinnabgrund.

Wir sehen immer noch fassungslos auf das Schreckliche, das geschieht und er-schrecken vor den Übeln und dem Bösen in der Welt. Aber im Vertrauen auf Gott wird zugleich doch immer auch das andere möglich, dem Zweifel und der Verzweiflung ein trotziges Dennoch des Mutes und der Hoffnung entgegenzu-setzen.

2.
Wenn man durch vernünftige Überlegungen „trotzdem“ an der Überzeugung festhält: Diese unsere Welt ist zwar unvollkommen, aber die Frage nach Gott lässt sich nicht verdrängen, „totkriegen“, könnte man drastisch sagen: Dann müssen wohl aufgrund dieser unabweisbaren Frage „Spuren“ des Göttlichen, des Ewigen, in der Seele und der Vernunft der Menschen doch „vorhanden“ sein. Und dann bleibt die Frage richtig und sinnvoll: Bietet auch die Vernunft einen Weg, Gott wahrzunehmen und zu verehren?

Die Spuren des Göttlichen sind in uns vorhanden. Vorhanden in uns ist der gött-liche Sinngrund unseres Lebens, als Ahnung gewissermaßen. Vernünftige Ein-sicht kann uns insofern durchaus dazu bringen, auch den Gottesgedanken als vernünftig zu betrachten. Dazu können Menschen sogar dann bereit sein – und sind es häufig –, die sich als Atheisten betrachten. Auch ohne selbst an Gott zu glauben, ist es möglich, dessen wichtige Bedeutung für das menschliche Leben einzusehen. An Gott zu glauben ist demgegenüber ein existentieller Vollzug, mit dem ein Mensch bewusst sich dazu bekennt, dass er auf den Sinn des Ganzen vertraut – auch noch gegen den Augenschein und alle Erfahrung.

Vielleicht kann man es aber auch so sagen: Durch vernünftiges Nachdenken kommt man dahin, zu sagen, es ist durchaus sinnvoll, einen Gott als den unbe-greiflichen Sinn des Ganzen von Welt und Leben zu setzen, weil nur dann, wenn das Ganze überhaupt einen Sinn hat (über unser Verstehen hinaus), auch allem anderen, um das wir uns bemühen und für das wir uns einsetzen, ein Sinn zu-kommt, d.h. den Einsatz wirklich lohnt. Etwas Anderes ist es demgegenüber, dem Gott sich persönlich anzuvertrauen, von ihm alles zu erwarten (auch dann, wenn ich es nicht verstehe und mit seiner Liebe nicht zusammenbringe, wie jetzt gerade die Corona-Epidemie) – und gerade daraus die Energie zum vernünftigen Denken und Handeln zu gewinnen.

3.
Nun werden verschiedene Menschen eben auch verschiedene Begriffe und Bil-der von ihrem Gott entwickeln und darstellen. Welchen Sinn macht es dann, sich bei dieser Vielfalt zwischen „wahren“ und „falschen“ Gottesbegriffen und Got-tesbildern zu unterscheiden? Kann das Kriterium für eine Unterscheidung aus einer bestimmten Theologie stammen? Oder sollte das Kriterium nicht aus einem emphatischen Begriff der Vernunft – im Sinne der umfassenden Menschlichkeit – kommen?

Da wir Menschen es sind, die Gott setzen, Gott denken, sich Gott vorstellen, an Gott glauben, sind wir insofern immer mit unserer Individualität im Spiel. Ent-sprechend differieren die Gottesbilder. Vernünftigerweise müssen wir uns aller-dings auch klarmachen, dass Bilder von Gott Bilder von dem sind, wovon wir uns im Grunde kein Bild machen können. Bilder zeigen immer etwas im Unter-schied zu anderem, das sie nicht zeigen. Das passt insofern nicht zu Gott, mit dem wir den unbegreiflichen Sinn des Ganzen, das Unbedingten, Unendliche, das Allumfassende, Alleine meinen.

Im Wissen um die Uneigentlichkeit unseres gegenständlichen Redens von Gott kommen wir dennoch nicht umhin, dabei immer auch Vorstellungen von ihm aufzurufen. Außerdem ist es die Leistung der Religionen, Erzählungen von ih-rem Gott zu überliefern und so sein Bild im Wandel dieser Überlieferungen in dessen ganzer Vielfältigkeit zu entwerfen.

Eine vernünftige, rationale Theologie, die die religiösen Überlieferungen histo-risch-kritisch zu verstehen versucht und zudem alle Gottesbilder als menschliche Konstruktionen aus ihrem „Sitz im Leben“ heraus rekonstruiert, braucht ein transreligiöses Kriterium, um über deren „Wahrheit“ zu entscheiden. So ist es heute auch, dass wir, wie Sie richtig sagen, es nicht mehr einer bestimmten posi-tionellen Theologie überlassen, über richtig oder falsch in den Angelegenheiten von Gottesbildern zu entscheiden. Maßgeblich ist jetzt, ob sich Gottesbilder als lebensdienlich erweisen und mit dem übereinstimmen, woran sich die vernünfti-ge, d.h. universal gültige Moral der „Menschenrechte“ orientiert. Entscheidend sind ethische Kriterien, oder eben die Frage, ob es sich um einen Gott handelt, der Menschen guttut, ihrer begründeten Existenzangst zum Trotz, den „Mut zum Sein“ (Tillich) stärkt, ihnen hilft, sich „zu bejahen als bejaht“ (Tillich).

4.
Ist der lebenspraktische Ort der Vernunft des Menschen vorrangig im Gewissen zu finden? Was wahr und falsch ist, gut und böse, „spricht“ doch dort?

Wenn es um wahr oder falsch, um gut oder böse geht, ist rationale Begründung bzw. unser moralisches Urteil gefordert. Die Entscheidungsmacht fällt insofern in unsere menschliche Vernunft. Ebenso gilt für ethische Normen: Wenn sie uns nicht von außen auferlegt sind, wir insofern ihnen nur folgen, weil wir dazu ge-zwungen werden, dürften wir dies kaum als ein moralisches Verhalten bezeich-nen. Im guten Willen hat das gute und verantwortliche Tun seinen anthropologischen Ort. Im Wollen des Guten hören wir auch das Gewissen sprechen. Es sagt uns, was wir, sofern wir zu uns selbst sollen stehen können, wollen sollen. Wenn wir es dann doch nicht tun, befällt uns daher das schlechte Gewissen.

Insofern ist es richtig zu sagen, dass der praktische, die je eigene Lebenspraxis mitbestimmende Ort der Vernunft das Gewissen ist – auch wenn natürlich eben-so zu sehen ist, dass wir keineswegs ständig in ethisch relevanten Gewissensent-scheidungen stehen.

5.
Wenn im Gewissen und seiner vernünftigen Prüfung sozusagen auch Gott spricht und das Handeln bestimmt wird: Dann ist alle Ethik, die sich unmittel-bar aus dem Buch der Bibel ableiten will, doch eher an eine zweite Position zu setzen. Mit anderen Worten: Ist auch die Ethik der Christen zuerst und vor allem vernünftige, allgemein menschliche Ethik?

Ob Gott aus unserem Gewissen spricht ist noch einmal eine andere Frage. Zu-nächst einmal ist, wie gesagt, das Gewissen die Stimme unserer praktischen Vernunft. Die Stimme des Gewissens spricht auch dort, wo einem Menschen weder die vernunftgeleitete Gottesahnung aufkommt, noch gar an Gott geglaubt wird. Zu behaupten, ohne Gott gebe es keine Moral, ist unsinnig.

Lieber Herr Modehn, Sie nehmen mit ihrer Frage bezeichnenderweise auch auf das manchmal geübte Verfahren Bezug, ethische Kriterien aus der Bibel abzu-leiten. Es verweist auf diese andere Spur, die ebenfalls zur Religion gehört und der zu folgen ist, wenn wir verstehen wollen, wie die Religion zu einer bestimmten Moral führt, auf die ihre Anhänger sich verpflichtet wissen. Eine Religions-gemeinschaft lebt nie nur von der Vernunft der Religion, sondern immer auch von der Autorität Heiliger Schriften, von den darin von Gott offenbarten Ver-heißungen und Geboten.

Eine rationale Theologie, der wir hier gefolgt sind, betrachtet die der Heiligen Schrift der Christen zugehörenden Gottesgebote als moralische Intuitionen, de-ren Geltungsanspruch sich daran bemisst, inwieweit sie uns als lebensdienlich einleuchten bzw. mit den auf der Achtung vor der Menschenwürde jedes Einzel-nen aufbauenden „Menschenrechten“ übereinstimmen. Sie müssen sich als sinn-volle Normen einer für alle Menschen gültigen Ethik darstellen lassen – was zumeist aber auch möglich ist.

Copyright: Prof. Dr. Wilhelm Gräb, Theologe in Berlin und Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

Friedrich Hölderlins “Friedensfeier”: Die Stiftung einer neuen christlichen Gemeinde?

Ein Hinweis von Christian Modehn am 8.3.2020

Friedrich Hölderlin ist einer der wichtigen Dichter. Er inspiriert auch heute, er führt weiter und ins Weite. Das muss eigentlich nicht mehr weiter begründet werden. An Hölderlin denken heißt anlässlich seines 250. Geburtstages am 20. März: Mit Hölderlin denken. Und das ist nicht nur in einer distanzierten Lektüre etwa seiner Gedichte möglich und nötig. Die mitvollziehende, „bewegte“ Lektüre führt zu einer Form der Berührt-Seins, des Ergriffenseins. Lesen wir nicht eigentlich immer auch aus diesem Grund Gedichte?

Man lese also etwa das Gedicht „Friedensfeier“, ein schwieriger Text, gewiss, der Ausdauer, Ruhe, Sammlung verlangt.

Ich will hier nur auf einen sehr wichtigen, anregenden Aspekt hinweisen, den der Philosoph Heinrich Rombach in seinem Aufsatz „Der Friede allen Friedens. Hölderlins Universaltheologie“ herausgestellt hat, in dem Buch „Gott alles in allem. Religiöse Perspektiven künftigen Menschseins“, Herder Verlag, 1985, dort S. 41 bis 75.

Rombach interpretiert als Philosoph das Gedicht „Friedensfeier“ in der ersten Fassung Hölderlins. Der Text selbst ist in dem Buch abgedruckt, er wird bedächtig gedeutet als eine herausfordernde Beanspruchung und Bewegtheit auch für heute.

Die Grundthese Rombachs heißt: Hölderlin ist als Dichter (und Philosoph) auch ein Theologe ganz eigener, man möchte sagen: bisher einmaliger Art. Darin stimmt Rombach mit vielen Hölderlin-Deutern überein. Das heißt konkret: Hölderlin ist tief verwurzelt im Christentum, aber in der ursprünglichen Gestalt, wie es die Zeugnisse des Neuen Testaments freilegen. Die orthodoxen Dogma – Lehren und die Institutionen der Kirchen zu seiner Zeit waren Hölderlin bekanntlich ein Grauen, von dem er sich abwandte. Aber die Christus Gestalt bedeutete ihm als innere Erfahrung, als inneres Wissen, sehr viel. Nur deswegen konnte er Christus in Verbindung bringen mit den Mythen und Göttergestalten Griechenlands. Ja, Christus wird, so Rombach treffend, „neben die anderen Götter der Menschheitsgeschichte gestellt.Es gibt keine heidnischen Götter mehr, darum vor allem sprechen wir von Universaltheologie bei Hölderlin“ (S. 66). Aber um dieses Thema der von Hölderlin selbst gesuchten und gelebten „Universaltheologie“ („die alten Götter sind Vorgestalten Christi“, S. 65) geht es mir hier jetzt nicht.

Heinrich Rombach (1923 – 2004, war viele Jahre Philosophieprofessor an der Universität Würzburg) weist auf eine bisher, meines Erachtens, wenig erörterte Erkenntnis Hölderlins in der „Friedensfeier“ hin: Auf die ungeahnte Form der Feier, des Festes, dessen, was man heute Gottesdienst nennt, der ja als offizieller Gottesdienst selten ein Fest, sondern eher Routine, etwa der immer gleiche Ritus der „Messe“, ist. Das Fest, an das Hölderlin denkt, wird gestaltet von den Freunden in Tübingen, zu denen auch Hegel gehörte! Es geht also Hölderlin um einen, wie Rombach sagt, „Gestaltwandel“ der Gemeinde, der Kirche.

Die Voraussetzung für das Fest der Tübinger Freunde ist: Sie wissen sich mit dem göttlichen Geist verbunden und vereint. „Das Göttliche wird aus dem Menschen selbst herausgeboren“ (S. 67). Es lebt also in der Mitte und als Mitte der Menschen Gottes Geist als der Geist des auferstandenen Christus. Und nur dann, in diesem Wissen, entsteht die neue Feier, die man bisher gewöhnlich nur rituellen Gottesdienst nannte.

Rombach sieht in der Feier der Freunde ein Fest, „das der Dichter nur ganz zart andeutet, und bei dem vielleicht Wein getrunken und Brot gegessen wurde. Aber so wie es junge Dichter tun, denen sich die Speise in Geist und Wort und kühne Ideen umsetzt – und so vielleicht auch in den Gedanken, dieser hochfliegende gemeinsame Geist, der ja eine neue Zukunft und eine neue Welt herauf rief, könnte der lebendige Christus selber sein, der jetzt als Dichter und aus Dichtern, aus Freunden, spricht“ (S. 57)

In der Feier von Brot und Wein, in diesem Fest, werden die vom göttlichen Geist Bewegten zur Erkenntnis Gottes geführt. „In dem sich schnell höher wiegenden Gespräch werden alle Teilnehmer über sich hinausgeführt, und jeder ist mehr zu geben fähig, als es ihm für sich allein möglich gewesen wäre“ (S. 60). Christus wird gegenwärtig – als geistige Realität der Freunde im Gespräch – „gerade auch wenn es in der Form eines ausgelassenen Gemeinschaftsgeschehens dichterisch begeisterter Menschen geschieht“ (S. 61). Auferstehung heißt ja: Gottes Geist erweckt Jesus auch dadurch, dass die Gemeinde nach Jesu Tod, von Gottes Geist erfüllt, Jesus als lebendigen Geist erfährt. Dabei weiß die Gemeinde, auch sie selbst ist „auferstanden“, wird auferstehen. Jesus ist „nur“ der Erste der Auferstandenen.

Worauf es ankommt als Anregung für heute: Hölderlin plädiert für einen “Gestaltwandel” Gottes: Er ist nur als konkreter Geist lebendig! Und dem entspricht vor allem auch ein Gestaltwandel der Gemeinde, der Kirche: Gemeinde ist keine Massenveranstaltung, kein anonymes Beisammensein Fremder, Gemeinde ist vor allem ein kleiner Freundeskreis, ein Kreis von Gleichberechtigten, also ohne Hierarchie, ohne Vorschriften, also ein Kreis, der gemeinsam mit Brot und Wein feiert und dabei ins wesentliche religiöse Gespräch kommt, das dann als Poesie, als Dichtung, Gestalt wird. In den Feiern von Brot und Wein kann Poesie gelingen, Poesie, die man Gebet nennen könnte. Und diese Feier geschieht im Wissen der geistigen Anwesenheit des universalen Christus, der alle Schranken und Grenzen der Religionen überwindet und überwinden hilft: die ist die „Friedensfeier“. „Der Himmel wird (von Hölderlin) in ein irdisches Geschehen verlegt, nämlich in die Gemeinde“ (S. 68). Diese feiert ihre Feste, in denen man, Hölderlin paraphrasierend, „die Götter nicht zählt“ (S. 51), also diese Götter auch gelten lässt als Ausdruck der Versöhnung und des Friedens.

Eine gewaltige Herausforderung. Eine Überforderung, auch für heute? Dies gilt nur dann, wenn man Kirche und Gemeinde in der bisherigen Form auf immer festschreiben will. Das aber wäre ein „ungeistiges“ Verhalten, auch im Sinne Hölderlins! Gerade jetzt, in der viel besprochenen Kirchenkrise, sollten Christen, denen noch etwas liegt an der inneren Erfahrung des Glaubens und des „universalen Christus“, zu der Feier von Brot und Wein, zum begeisterten Gespräch, zum Miteinander der Freundinnen und Freunde finden … und diese Feiern eben – einfach selbstverständlich gestalten! Freiheit gibt es nur als realisierte Freiheit. Auch in den Kirchen.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

Der Gott der Monotheisten contra den Gott der Philosophen. Kritische Hinweise auf Lutz von Werders neues Buch

Von Christian Modehn

1.
Daran ist wohl kein Zweifel: Lutz von Werder (geb. 1939) hat als Dr. der Pädagogik und als Soziologe sowie auch als M.A. im Fach Philosophie das philosophische Denken „unters Volk“ gebracht: Durch seine gut besuchten philosophischen Gesprächskreise und Vorträge im Berliner Literaturhaus und in der Urania seit 1997 bzw. 1999 und dann als Gesprächspartner im Philosophischen Radio des WDR über viele Jahre. Vor allem aber: Er hat seine Vorträge dort immer auch verbreitet durch seine sehr zahlreichen sehr populären Darstellungen zur Philosophie und vor allem zur Philosophiegeschichte. So hat er gezeigt, dass außerhalb der Universitäten das Philosophieren als Gesprächskultur der Bürger einen festen Platz haben sollte. Dafür gebührt ihm Dank! Inzwischen gibt es, nebenbei gesagt, philosophische Cafés und philosophische Salons in vielen Städten, philosophische Beratungspraxen „freier Philosophen“ usw.

2.
Nun hat Lutz von Werder nach etlichen Büchern, die meist unter dem Motto „Lebenskunst“ erschienen sind, noch ein weiteres Buch mit dem anspruchsvollen Titel „Der Gott der Philosophen und die Lebenskunst“ vorgelegt. Der Titel erinnert deutlich an die umfassende und wirklich grundlegende Studie des Philosophen Wilhelm Weischedel, einst Professor an der FU Berlin. Nur setzt Lutz von Werder eben die „Lebenskunst“ noch in den Titel. Er will also in der Lektüre der Texte von Philosophen die „Kunst zu leben“ fördern. Wie üblich, versucht er dies vor allem auch durch Fragen zu provozieren, die in den Text hineingestreut sind. Er nennt das „Übungen“. Ob das geistige Leben, also menschliches Dasein in dieser Welt, immer unter der Kategorie der Kunst, des kunstvollen Selbstgestaltens, verstanden werden kann und gefasst werden sollte, ist eine andere Frage. Sie wurde schon im Zusammenhang von Michel Foucault und Wilhelm Schmid heftig diskutiert. Der Begriff „Kunst“ weckt bei vielen eher die Vorstellung eines „elitären Geschehens“. Es sei denn, man hat Joseph Beuys vor Augen und seine berühmte These…

3.
Es ist ja richtig zu sehen: Wahrscheinlich haben alle Philosophen auf ihre Weise zum Thema „Gott“, Absolutes, „Ewiges“, Göttliches usw. Stellung genommen. Das geht ja auch philosophisch gar nicht anders, wenn man denn konsequent fragend und reflektierend das Leben und das Dasein im Ganzen auch auf seinem Grund hin bedenken will. Lutz von Werder bietet in diesem Buch Hinweise zum Gottes-Denken von 27 Philosophen, beginnend bei Platon und endend bei Harari bzw. Wilhelm Weischedel, den von Werder ganz besonders schätzt! Es fällt auf, dass nicht nur die üblichen „Klassiker“ kurz vorgestellt werden, sondern auch aktuelle Philosophen unterschiedlicher Bekanntheit, wie Holm Tetens oder Wilhelm Schmid, den von Werder – lobend oder kritisch ? – „den Papst der Lebenskunst“ (S. 21) nennt. Auch die Engländerin Karen Armstrong wird vorgestellt, eine der wenigen Frauen in dieser Gilde “großer” Männer. In diesem Armstrong- Kapitel wird auch ultrakurz auf muslimische Denker des Mittelalters verwiesen. Interessant auch, dass von Werder auf den „Transhumanisten“ Ray Kurzweil in einem eigenen Kapitel hinweist und dessen Thesen zugunsten eines sehr langen und perfekten Lebens kritisch bespricht. „Technik wird zur Ersatzreligion“ heißt in dem Zusammenhang sein kritischer Hinweis.

4.
Dennoch bleiben Fragen und Einwände zum Buch. Etwa zum Kapitel über Hegel: Er ist ja, wenn man schon pauschale Einordnungen betreibt, eben kein Vertreter des „objektiven Idealismus“ (S. 171), wie von Werder schreibt, sondern des „absoluten Idealismus“. Und auch die Qualifizierung eines „pantheistischen Gottes“ im Denken Hegels ist falsch, wenn schon solche Qualifizierung, dann, wie üblich, in der Philosophiegeschichte die des PanENTheismus für Hegel. Wer sich solche „griffigen“ Titel dann auch noch einprägt und sogar glaubt Hegel auf diese formelhafte Weise verstanden zu haben, hat vom lebendigen und höchst anspruchsvollen Denken Hegels dann doch nichts begriffen. Und noch etwas: Gotteserkenntnis bei Hegel ist auch nicht Sache des „objektiven Geistes“ (S. 176), sondern des “absoluten Geistes”.
Vor allem ist entscheidend: Hegel hat seine eigene Philosophie explizit und mehrfach sehr deutlich betont „als Theologie“ und andererseits „christliche Theologie als Philosophie“ verstanden, unter zahlreichen Belegen dafür lese man nur „Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie“ III, S. 64, Werk Ausgabe des Suhrkamp-Verlages oder die wirkich philosophische, umfangreiche und grundlegende Studie von Prof. Michael Theunissen (FU Berlin) „Hegels Lehre vom absoluten Geist“. Diese innere und enge Verflochtenheit von Offenbarungs-Reflexion (Theologie) und Philosophie bei Hegel wird von Lutz von Werder nicht wahrgenommen und a priori schon in der „Einleitung“ zu seinem Buch explizit ausgeschlossen. Eher grob abstrakt, also etwas „holzschnitzartig“, wird dort die religiöse Offenbarung dem philosophischen Denken als das ganz andere, wenn nicht als das Gefährliche, gegenübergestellt. Dabei wäre es doch spannend, bei jedem einzelnen philosophischen Gott-Denker in Europa nachzuweisen, wie auch deren Denken von Einsichten und Fragen der Offenbarungsreligion etwa des Judentum und des Christentums, auch des Islam, direkt und indirekt bestimmt ist! Dann wäre ein interessantes, ein weiterführendes Buch entstanden.

5.
In dem Buch ist angesichts der jüdischen, christlichen und muslimischen treffend von Gott im Plural, also von „Offenbarungs – GÖTTERN“, ab Seite 27, ständig die Rede ist. Denn jede monotheistische Religion hat ihre eigene Pluralität im eigenen Gottesdenken, und es ist bekanntlich alles andere als selbstverständlich, dass alle drei monotheistischen Religion denselben Gott verehren, wie so oft volkstümlich behauptet wird. Pluralität bei den religiösen Göttern? Ja!
Hingegen will uns der Autor einreden, dass im Falle der vielen Philosophen von Platon bis Kurzweil werde nur “DER Gott der Philosophen”, also offenbar der eine Gott im Singular!, deutlich. Richtig wäre es, wenn Lutz von Werder auch von den sehr unterschiedlichen GÖTTERN der Philosophen sprechen würde. Was hat denn etwa der Gott des Philosophen Meister Eckart mit dem Gott des Philosophen Schopenhauer gemeinsam? Ich sehe da abgesehen von der Verwendung des gleichen Gott-Titels keine Gemeinsamkeit.
Also: Es gibt nur viele GÖTTER der vielen Philosophen. Dann wird die Sache interessant, zumal wenn man die viel besprochene „Lebenskunst“ im Hinterkopf hat: Für welchen der Götter der Philosophen soll ich mich denn dann entscheiden? Oder lasse ich mich nach den knappen Skizzen im Buch von niemandem mehr “be-geistern”?

6.
Was ärgerlich ist schon in der „Einleitung“ des Buches: Die „Götter der Offenbarung“ kommen gegenüber dem vorausgesetzten „einen“ Gott der Philosophen durchwegs schlecht weg. Auch diese von mir polemisch empfundene Abwehr des religiösen Glaubens bei von Werder sollte zugunsten wirklicher Sachlichkeit überwunden werden: Denn die alten philosophischen Schulen in Rom (Stoa, selbst Epikur…) haben die christlichen Gemeinden selbst als eine philosophische Schule verstanden, und die christlichen Gemeinden haben sich auch als solche verstanden, man lese die Bücher des unbestrietbar großen Kenners Pierre Hadot. Ein Clemens von Alexandrien zum Beispiel war als Christ ein hervorragender Philosoph. Es stimmt einfach nicht, wenn von Werder behauptet: “Der Offenbarungsglaube ist nur zu glauben und nicht zu wissen“ (S. 37). Was heißt denn schon „Wissen“? Es wissen doch bekanntlich viele Philosophen sehr genau, dass die letzte Basis ihres eigenen Denkens nur im Glauben (!) erreicht werden kann und nicht in einem Wissen. Wer “weiß” denn die Gründe dafür, warum die Gesetze der Mathematik mit den Gesetzen der “Außenwelt” offenbar übereinstimmen? Gibt es da nicht immer mehr Staunen als Wissen? Man lese bitte den späten Wittgenstein als ein Beispiel. Oder die wichtigen Studien über die wechselseitige (!) Durchdringung von Glauben und Wissen von Prof. Volker Gerhardt.
Lutz von Werder kann meines Erachtens auf seine Polemik, wenn nicht Wut gegen die Offenbarungsreligionen nicht verzichten. Da sind selbst explizit atheistische Philosophen wie der bekannte Engländer Tim Crane („Die Bedeutung de Glaubens“, 2019) viel weiter, viel objektiver und differenzierter.
Dass Lutz von Werder jetzt auch die Atheisten in dem neuen Buch heftig verurteilt, für mich etwas Neues bei ihm, (etwa: „Sie – Atheisten – meiden jedes Denken über Gott“, Seite 28, verwundert dann doch. Jedenfalls hat sich Lutz von Werder nun im Alter „dem“ Gott der Philosophen zugewandt, den seiner völlig unbegründeten Schätzung nach 10 % der Weltbevölkerung verehren: Angeblich lebten diese 10 % in einer skeptischen Haltung, wobei diese Skepsis auch wieder unvollständig bleibt, weil sie sich selbst nicht noch einmal skeptisch reflektiert! Erst die sich selbst gegenüber skeptische Skepsis hat den Anspruch, skeptisch sein zu können. Wenn das nicht der Fall ist, werden eben auch Dogmen verbreitet, philosophische eben.

7.
Seine eigenständige philosophische Position hat der populäre Vermittler des Denkens anderer bisher eher nur am Rande mitgeteilt. Diesmal ist in der hinsicht beachtlich der knappe Text von zwei Blättern im Buch, mit dem ein bisschen an Heidegger erinnernden Titel: „Nur ein Gott der Philosophen kann uns retten“ (S. 333). Heidegger sagte bekanntlich in dem berühmten SPIEGEL Gespräch noch viel offener „Nur ein Gott kann uns retten“…
Mag ja sein, dass diese zwei Seiten in Lutz von Werders Buch sozusagen aus dem Rahmen fallen, weil sie vor allem auch sprachlich aus der sonst sehr nüchternen, sehr sachlichen, manchmal abrupt wirkenden Sprache herausragen. Aber eigentlich wird hier die grundlegende Frage auch nur berührt: Wie und wann und warum “rettet” denn der Gott der Philosophen die Menschheit und den einzelnen Menschen? Es ist der Gott, so Lutz von Werder, der im skeptischen Schweigen, „in der Nacht“, ganz kurz mal, erlebt wird. Es wird auch ein Wir (der philosophisch-skeptisch Frommen) beschworen, das Widerstand leistet gegen die Zerstörer/Zerstörung der Welt. Das sind alles interessante, ins Mystische gehende Formulierungen. Sie sind lesenswert!

8.
Aber: Welche rettende Aktivität kann denn ein gedachter Gott der Philosophen als solcher ausüben? Mag ja sein, dass einige dieser Götter die Menschen zum Tun des Humanen aufrufen, aber gilt das denn etwa Nietzsche? Sicher nicht! Sicher ist es doch auch, im Sinne einer spekulativen Philosophie im Sinne Hegels gedacht, so: Dass der vom Menschen gedachte Gott selbst ein Werk Gottes ist. Weil menschlicher und göttlicher Geist in einer gewissen Hinsicht, Hegel zufolge, eins sind. Voraussetzung ist natürlich, dass man einen Gott überhaupt annimmt, aber das macht ja Lutz von Werder. Warum dann also nicht konsequent sein und denken: DIESER vom Menschen gedachte Gott ist selbst Gottes Werk. Also Werk des „wirklichen Gottes“, möchte ich nun auch einmal etwas „holzschnitzartig“ sagen dürfen. Nur dieser Gott als absoluter Geist hätte dann rettende Kraft, weil er in eine tiefe Sinn – Erfahrung führt – auch als Gabe, als Geschenk verstanden. Aber das wird in dem Buch leider nicht gesagt. Und kann es auch nicht sagen, weil es von diesem falschen abstrakten Gegeneinander von Offenbarung und Philosophie lebt…
9.
Dass man heute dieses Thema nicht mehr eurozentrisch und schon gar nicht nur auf Publikationen in deutscher Sprache bezogen darstellen darf, wäre noch ein weiteres Thema…

Lutz von Werder, Der Gott der Philosophen und die Lebenskunst. Schibri Verlag in Milow. 2019. 355 Seiten. 15 Euro.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

Paulus – der Apostel und „Initiator des Christentums“.

Über das Buch des „liberalen Theologen“ Martin Werner
Ein Hinweis von Christian Modehn

An einen Theologen soll erinnert werden, der die „liberale Theologie“ förderte und als Professor für systematische Theologie
in Bern lehrte; der mit dem „dialektischen Theologen“ dort, Karl Barth, erwartungsgemäß seinen Streit hatte; der mit Albert Schweitzer befreundet war; und der ein weites, auch gesellschaftspolitisches Engagement übte; zahlreiche Studien hat er veröffentlichtet: Aber heute ist er ziemlich in Vergessenheit gerate: Martin Werner ist sein Name. Er lebte von 1887 bis 1964. Karl Barth starb vier Jahre später: Wenn Barth noch vielen heute als ein „Zeitgenosse“ gilt, dann sollte diese Qualität auch Martin Werner zugesprochen werden.
Es ist das große Verdienst von Jochen Streiter, Pfarrer emeritus in Wuppertal, dass er eine leicht lesbare, eher knappe Studie Martin Werners über den Apostel Paulus zugänglich macht. Erschienen ist das Buch unter dem Titel „Wer war der Apostel Paulus?“ im Verlag Traugott Bautz in Nordhausen.

Warum ist die Gestalt, vor allem die Lehre und die theologische Erkenntnis des Apostels Paulus für alle religiös und weltanschaulich Interessierten, also nicht nur „Kirchgänger“, von besonderem Interesse? Weil Paulus in der Pluralität frühchristlicher Autoren (im vielfältigen Buch „Neues Testament“ versammelt) eine besondere Rolle spielt: Der früheste Text des Neuen Testaments stammt von dem aus dem Judentum konvertierten Paulus, es ist der 1. Thessalonicher-Brief aus dem Jahre 51. Paulus wird darüber hinaus sehr zu recht als der eigentliche Initiator der christlichen Kirche angesehen, der Kirche als einer pluralen Gemeinschaft, die aber im Bekenntnis zu Jesus als dem Christus eine immer umstrittene Einheit fand und sich deswegen vom Judentum trennte (und dieses vom Christentum). „Ohne Paulus keine Kirche“: Diese populäre Aussage ist sicher treffend!

Von den sieben Kapiteln der Studie sind meines Erachtens die letzten beiden Kapitel besonders lesenswert: In „Zur Eigenart des Christusglaubens des Paulus“ (S. 65 ff) fällt auf: Martin Werner will die Aussagen über Paulus (auch seine Reden) in de, neutestamentlichen Text „Apostelgeschichte“ in den Hintergrund stellen. Dabei nimmt Werner zum Dialog des Paulus auf dem Areopag etwas ausführlicher Stellung und weist dabei auf einen Übersetzungsfehler hin: Denn Paulus spricht dort von DEM unbekannten Gott, tatsächlich aber hätte es dort eine Statue gegeben für DIE unbekannten Göttern, was ja nahe liegender ist in der damaligen Kultur. Ich finde die Relativierung der Areopag-Rede des Paulus durch den Autor schade, weil darin so wunderbar und philosophisch so treffend (von Hegel und Meister Eckart heftig unterstützt) davon die Rede ist: dass Menschen „göttlichen Geschlechts“ sind, d.h. schlicht gesagt und gar nicht größenwahnsinnig: In einer Einheit mit Gott/dem Göttlichen verbunden sind. Aber dieser Gedanke (von dem griechischen Dichter der Stoa ARATOS (S. 66) angestoßen, gefällt dann dem „liberalen Theologen“ doch nicht so ganz…Werner spricht hingegen von dem „wirklichen Paulus“, der ja philosophisch sehr gebildet war, aber dann als Christ alle Weltweisheit (Philosophie) verachtete. Aber den Glauben dann doch als Weisheit definierte, als DIE Weisheit zwar. Später werden Kirchenväter“ treffend sagen: Das Christentum ist eine unter vielen philosophischen Schulen…Nebenbei: Die „Apostelgeschichte“ spricht ausdrücklich davon, dass Paulus, nachdem er aus der Synagoge in Ephesus rausgeschmissen wurde, Zuflucht fand im Hause des dortigen Philosophen Tyrannus, der ihm seine Vorträge seiner speziellen Weisheit gestatte. Philosophen waren großzügig gegenüber Christen…
Man sieht, wie unterschiedlich die früheste Kirche mit dem Christentum als einer (von vielen) Weltweisheit(en) umging…

Aber entscheidend ist die Erkenntnis des Apostels Paulus: Mit dem Tod und der Auferstehung Christi hat eine neue Zeit, eine neue Epoche,, begonnen: Damit meint Paulus auch, so Martin Werner, die Gültigkeit der Gesetzgebung Israels sei auch „beendet“ (S: 69). „Das mosaische Recht wird einfach gegenstandslos…“ (S. 71). Diese neue, ganz andere Zeit ist von außen betrachtet noch unsichtbar; für den vom Geist erfüllten Menschen jedoch eine spürbare Realität. Denn in der neuen Welt gibt es weder „Juden noch Griechen“. Paulus betont die prinzipielle Einheit der Menschheit, auch die gleiche Würde aller Menschen. Weil Paulus aber persönlich so sehr von der alsbaldigen Wiederkunft Christi überzeugt war, glaubte er nicht so recht an die Notwendigkeit einer praktischen Umsetzung dieser „Gleichheits-Erkenntnis“ im politischen und sozialen Bereich. Paulus deutete die gegenwärtige Lebenszeit als „Aufenthalt in einem Provisorium“ (S. 75), also als Zwischenstation zwischen der alten Welt und der kommenden. „Provisorium“ deutet Werner „wie ein auf Abbruch verkauftes Haus“ (S. 76). Leider fehlt der Hinweis, dass sich die Kirchen seit dem 4. Jahrhundert von dem Selbstverständnis verabschiedet haben, selbst nur Provisorium zu sein…Man schaue sich die hiesigen Kirchenverwaltungen an, da ist von Provisorium nichts aber auch gar nichts zu spüren. Lediglich der Gründer von Taizé, Roger Schutz, sprach von der Kirche und seinem Kloster als „Provisorium“, als „Zelt“. Aber das ist ein anderes Thema: Die Entfernung der Kirche(nbürokratie) vom Ursprung…

Mit Gewinn (weil Erkenntnisse wie auch Fragen lebendig werden) wird man auch das letzte Kapitel lesen „Die Bedeutung des paulinischen Christusglaubens für uns“(S. 78 ff). Am Beispiel des Umgangs mit der Sklaverei zeigt Werner, dass Paulus auch in das populäre Denken seiner Zeit eingebunden war und deswegen nicht explizit forderte, die Sklaverei als solche abzuschaffen. Vor allem aber war er wegen seiner Überzeugung von der alsbaldigen Wiederkunft des Auferstandenen Christus gar nicht so motiviert, etwa die Abschaffung der Sklaverei zu fordern. Heute müssen Christen damit umgehen, dass Paulus ein ganz anderes Zeitverständnis im Sinne des bevorstehenden Welten-Endes hatte. Wenn auch heute der Gedanke lebt, dass Menschen durch ihr Tun bzw. Unterlassen (Ökologie, Kriegsverhinderung, Atombomben etc.) das Ende dieser Welt bewirken können.
Ganz entscheidend – auch philosophisch interessant – ist der paulinische Gottesbegriff: „Gott ist Geist“, sagt Paulus deutlich mehrfach. Und wo dieser göttliche Geist IM Menschen lebt, ist auch der Geist der Freiheit lebendig: Denn der Geist weiß sich selbst und will in dem anderen, der Natur, der Gesellschaft, den Menschen, ebenfalls den Geist spüren, als auch dort „bei sich“ sein, also frei, nicht abhängig und fremdbestimmt sein. Und das ist elementar Freiheit. Denn Gott ist, wie Werner sagt, „göttliche Schöpfermacht als Geist“ (S. 89). Es ist also in der Schöpfung der Welt Geist, Gottes Geist, immer schon anwesend. Der Mensch befindet sich also mit seinem Geist nicht in einer fremden, sondern in einer geistvollen Welt.

Ich finde es gut und treffend, dass klassische „orthodoxe“ und kirchenamtlich beinahe übliche „Topoi“ wie das Sühneopfer Christi oder Rechtfertigung des Sünders durch Christi Blut usw. von Martin Werner gar nicht erwähnt werden. Bei ihm herrscht ein anderes Denken, das sich mit den genannten mythologischen Bildern besser gar nicht erst befasst. „Liberale Theologie“ zeichnet sich dadurch aus, dass sie noch so häufig zitierte Topoi der sich orthodox nennenden Kirche und ihrer Theologie eben auch guten Gewissens beiseite lässt! Das ist eine Befreiung.

Der Herausgeber des Buches, Jochen Streiter, hat im Anhang eine biographische Skizze zu Martin Werner geschrieben, er zeichnet dessen theologischen Schwerpunkt nach und bietet eine Liste der zahlreichen anderen Veröffentlichungen.
Dies ist ein lesenswertes, auch für den Dialog in Gruppen, geeignetes Buch!

Martin Werner, „Wer war der Apostel Paulus?“, Verlag Traugott Bautz, 2018, 102 Seiten, broschiert, 10 EURO.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

Der unterlegene, aber siegreiche Knecht: Eine Christus-Interpretation auf Anregung Hegels

Von Christian Modehn

Es sollte versucht werden, philosophische Denkmodelle mit religiösen, christlichen Inhalten nicht nur zu konfrontieren, sondern diese christlichen Inhalte, etwa aus dem Neuen Testament, hineinzutragen in philosophischen Denk-„Modelle“. Um möglicherweise einen neuen Blick auf religiöse Traditionen zu gewinnen.

Dies gilt für die Erzählung von „Herr und Knecht“ bei Hegel („Phänomenologie des Geistes“ und „Enzyklopädie“).

Im Brief des Apostels Paulus an die Philipper (Kapitel 2, Vers 7) wird Jesus Christus erstaunlicherweise als KNECHT bezeichnet. Von dem Himmelsherrn – siehe die Mosaike der Basiliken – ist da noch keine Rede!
Die Aussage des Theologen Paulus: Der eigentlich (himmlische, ewige) „Gott-gleiche“ Christus, (der „Logos“ im johanneischen Sinne), hat sich in die Welt der Menschen begeben, hat sich ent – äußert. Er wurde hier zum Knecht, genauso, wie andere Menschen in den Verhältnissen dieser Welt auch Knechte sind. Paulus selbst verwendet in seinem Philipper – Brief das altgriechische Wort „doulos“: Das ist präzise der Knecht, sogar der Sklave. Ins Lateinische übersetzt ist dann die Rede von „servus“, Knecht und Diener.

Christen sind also Freunde eines „Knechts“, der gegen die Herren kämpft. Wer hat diese Definition Jesu Christi jemals in einem Gottesdiest gehört? In welcher Bischofskirche? In welcher Kirche in Rom=

Wenn man diesen Knecht Jesus Christus hineinschreibt in die Konstellation „Herr und Knecht“ im Sinne Hegels, ergeben sich diese Erkenntnisse:

Auch der Knecht Jesus Christus steht in seinem Leben in Judäa/Galilea, selbstverständlich, wie in der Erzählung Hegels, dem Herren bzw. historisch-konkret den Herren gegenüber. Diese sind die Mächtigen in Religion und Politik. Ihm, dem ungewöhnlichen Propheten, dem Interpreten dessen, was gottgefällig und Gesetz ist, setzen diese Herren zu, misstrauen ihm, verfolgen ihn, machen ihm den Prozess, morden ihn schließlich am Kreuz.
Dieser Knecht Jesus Christus ist ein sonderbarer Knecht, er hat – im Unterschied zu Hegels Erzählung – nicht den Willen, ein Herr zu werden oder den Herrn, bzw. die Herren, siegend zu überwältigen. Er will überzeugen, aber die Herren sind verblendet. Dem Knecht genügt es dann, die Herren in ihrer Macht zu blamieren und dadurch in ihrem „guten Ruf“ etwas zu erschüttern. Die Herren verändern sich allerdings nicht in ihrem Herr-Sein.

Jesus Christus siegt zwar nicht über diese Herren. Aber er zeigt überragende geistige und seelische Größe, er lässt sich nicht verführen hin auf die Seite der Mächtigen und deren Ideologien. Dies macht ihn in den Augen seiner Freunde dann doch zu einem (ganz anderen) „Herrn“, zu einem gewaltlosen, machtfreien Herrn.
Der Kampf zwischen Herr und Knecht endet also in der Sicht des Neuen Testaments zwar mit einem politischen Sieg der Herren dieser Welt. Jesus Christus stirbt, politisch betrachtet, als religiöser Aufrührer, als Kritiker, als Umstürzler, dann als Verfolgter, im Elend der Kreuzigung.

Aber es gibt einen dialektischen „Umschlag“: Denn Jesus hat in seiner Menschenfreundlichkeit zugunsten der Kleinen, der Vernachlässigten, der Armen, der Verachteten, eine Gemeinde der Freunde hinterlassen, einen Kreis von Frauen und Männern, die man ApostelInnen und JüngerInnen nennt. Der gescheiterte Knecht hat also förmlich eine kleine Widerstands – Bewegung der Schwachen bewirkt; sie steht den Herren ebenfalls prinzipiell kritisch gegenüber. Später ämderte sich das und da stand die Kirche aufseiten de Herrscher, bis heute, aber das ist ein anderes Thema…

Die Gemeinde der „Freunde des Knechtes Jesus Christus“ überlebt trotz Verzweiflung auch geistig den Tod ihres Vorbildes und Meisters.

Der gescheiterte Knecht Jesus Christus stirbt zwar elend. Aber seine Gemeinde, die treuen FreundInnen, wissen nach seinem Tod: Solch ein „Knecht“ kann nicht sterben. Diesen Menschen wird also die Einsicht geschenkt: Dieser gescheiterte Knecht Jesus Christus lebt. Er ist stärker als die tötende Macht der Herren. Er ist also kein unterlegener Knecht mehr. Er ist –letztlich – der Sieger. Das sind keine Wahnvorstellungen „Gestörter“. Vielmehr die Konsequenzen einer sinnvollen Lebensphilosophie, Glaube genannt.

Genau dies ist die Erfahrung, die man Ostern nennt: Der gescheiterte Knecht Jesus Christus lebt. Und zwar anders als eine „irdische“ Gestalt, anders als ein leiblicher Mensch dieser Welt. Man nennt dieses andere Leben über den Tod hinaus ein ewiges Leben, in das Jesus eingetreten ist. Denn in ihm, Jesus Christus, wirkt und lebt, wie in den Menschen, seinen Freunden auch, der göttliche Geist. Dieser ist, weil göttlicher Geist auch der ewige Geist, nicht tot zu kriegen in dieser Welt. Mit anderen Worten: Der tote Jesus liegt im Grab – und lebt … auf ewig. Daran hält sich die Gemeinde, weil sie weiß: Auch wir Menschen haben – wie Jesus – Anteil am ewigen Geist Gottes.

Die Herr-Knecht-Beziehung am Beispiel Jesu Christi hat eine allgemeine Bedeutung: Sie zeigt: Die Niederlage, das Scheitern des Knechtes, letztlich jedes menschlichen Knechtes, ist nicht definitiv das Ende. Mit anderen Worten: Es ist sinnvoll, gegen die Herren der Welt den Kampf der Menschlichkeit (und Demokratie) zu führen. Selbst die furchtbare Form der Todesstrafe, die Kreuzigung, ist kein Beweis für den definitiven Sieges der Herren dieser Welt.

Es ist das Ewige, als das Göttliche, das sich im Scheitern des Knechtes, aller Knechte, im Kampf gegen die brutalen Herren sozusagen „durchhält“ und letztlich nicht zum Verschwinden gebracht werden kann.

Diese Erkenntnis ist kein Opium der Vertröstung auf ein ewiges „Jenseits“. Diese Erkenntnis drängt sich auf, wenn man die Anwesenheit göttlichen Lebens in der von Gott „geschaffenen“ Welt trotz aller irritierender Fakten sieht. Die Welt als die von einer göttlichen Lebendigkeit „geschaffene“ Wirklichkeit mit ihrer Natur und ihren Menschen kann gar nicht anders gedacht werden, als: dass Göttliches eben auch in der Welt und den Menschen anwesend ist und lebt. Dies ist ein Bereich, in dem alle, auch die festesten „Naturalisten“ und/oder militanten Atheisten insgesamt auch eher andeutend, suchend, fragend, im „Vielleicht“ sprechen.

Die innere Verbindung der “geschaffenen“ Welt mit dem schöpferischen Gott ist der zentrale Gedanke der Philosophie Hegels, die bekanntlich insgesamt Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phie ist, wie der große Philosoph Michael Theunissen gezeigt hat.

Aber die anderen, die Freunde Jesu, wissen: Wenn sie jene Menschen ehren und feiern und im Gedächtnis bewahren, die, wie Jesus Christus, den Weg der Konfrontation mit den Herren der Welt wagten und dabei ihr Leben lassen mussten: Dann sind diese mutigen Menschen über ihr Martyrium hinaus bleibend lebendig, auch inmitten der Gemeinde: Man denke an Bischof Oscar Romero (El Salvador) oder Dietrich Bonhoeffer und einige andere.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.

Es ist vorbei – Die katholische Kirche in Europa

Ein Hinweis von Christian Modehn. (Ein Vortrag, anlässlich des definitiven Nein von Papst Franziskus zur Aufhebung des Zölibates und des erneuten Nein zur Zulassung von Frauen zum Priesteramt im Februar 2020).

Das Motto für diesen Beitrag, treffend im Hegel-Gedenken 2020: “Denkende Menschen als Laien zu behandeln, ist das Härteste” (bezogen auf die katholische Kirche) In: “Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie” III, Frankfurt 1971, S. 297).

Ich wurde nach der Publikation dieses Beitrags gefragt: Welche Quellen, welche Studien, denn besonders wichtig sind in diesem Zusammenhang.
Ich möchte auf den bekannten französischen Historiker, Soziologen und Philosophen Marcel Gauchet hinweisen, besonders auf dessen viel beachtetes, grundlegendes Buch “Le Désenchantement du monde” (1985).Darin zeigt er: Es gibt eine Art “Sortie de la religion”, einen massenhaften Auszug aus der institutionellen Religion, besonders der Kirchen. Die religiösen Strukturen, Organisationen, finden keine Akzeptanz mehr (zumindest in Europa), hingegen wird der persönliche, der eigene religiöse Glaube bewahrt und gepflegt!
“Es gibt überhaupt keinen Gegensatz zwischen dem “Verlassen der religiösen Strukturen” (sortie de la religion), und dem Fortbestehen der persönlichen religiösen Gläubigkeit” (in: Philosophie Magazine, Paris, September 2009, Seite 54).

Mein Vortrag:

Die zentrale Erkenntnis: Eine religiöse Epoche geht zu Ende durch das sehr vielfältige, sehr zahlreiche innere wie äußere Abstandnehmen etwa vom Katholizismus. Diese Erkenntnis wird auch von Marcel Gauchet unterstützt und ausführlich dargestellt. Dieses Ende einer religiösen Epoche ist noch nicht “angekommen” bei den meisten Theologen, geschweige denn bei den Herren der Kirchenleitungen, etwa in Deutschland oder Rom. Dies zu sagen bedeutet: Eine Tatsache sagen. Und das hat mit Polemik absolut NICHTS zu tun.

1.
Eine Epoche geht jetzt zu Ende. Das spüren viele, das wissen einige: Religionssoziologen, Theologen Philosophen: Ein Umbruch, ein Epochenwandel, geschieht: Die Zeit der über Jahrhunderte dauernden, weithin machtvollen Präsenz der katholischen Kirche in den allermeisten Ländern Europas (und Nordamerikas und sogar Lateinamerikas) ist vorbei. Auf „Wunder“ eines “Rückschritts zu alten Zeiten” sollte man auch in dem Zusammenhang eher nicht setzen… Der Katholizismus ist in den genannten Regionen vielleicht institutionell und finanziell noch stark, wie ein Gerüst noch vorhanden. Aber der Katholizismus, so wie er sich heute offiziell darstellt, bewegt nicht mehr das Leben der Menschen. Die Vitalität und Kreativität ist dahin. Das ist eine auch soziologisch bewiesene Aussage. Denn nur noch explizit konservative bzw. reaktionäre Kreise stützen mit aller Polemik das alte katholische System, das entscheidend vom Klerus beherrscht wird. Nur autoritätshörige Menschen fühlen sich in einem autoritären System wohl.
Es gibt sie noch, die katholischen Gruppen und Organisationen, die, selbst autoritär strukturiert, gerade das Autoritäre, das Erstarrte, das Unwandelbare des klerikalen Katholizismus lieben und es mit allen (auch finanziellen) Mitteln verteidigen. Sie haben oft im Zusammenhang mit rechten/rechtsextremen Politikern die Netzwerke bis in den Vatikan ausgebaut. Sie verteufeln auf unverschämte Weise die letzten noch progressiven, d.h. auf lebendigen Wandel setzenden Katholiken, wie den Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer. Er wird von dem reaktionären Organ kath.net als Wolf im Schafspelz dargestellt. Das ist sozusagen katholisch-reaktionäres AFD Niveau….Aber: Abgesehen von diesem einen Beispiel: Auf sie, als die “Treuen”, hören die Päpstes, die höchsten Kardinäle, die Bischöfe etc. Diese Kreise sind die leidenschaftlichen Apologeten des “ewigen Gestern”: Opus Dei, neokatechumenale Gemeinschaften, katholische Charismatiker, Legionäre Christi, Freunde Fatimas, Freunde Pater Pios, die betuchten Kreise um Fürstin Thurn und Taxis in Regensburg etc. Sie vertreiben auf ihre Art die wenigen Katholiken, die noch -naiv – an eine demokratisch strukturierte Kirche glaub(t)en.
Diese Apologeten des Autoritären sorgen also dafür, dass es mit der katholischen Kirche in Europa zu Ende geht. Selbst wenn diese Apologeten noch kleinere Massenveranstaltungen organisieren, weiß jeder Beobachter: Es sind nur noch die engen Kreise der “Treuen”, die sich da versammeln. Sie sorgen dafür, dass die klerikal-katholische Kirche auf den Stand einer Sekte geführt wurde und wird: In sich abgeschlossen und fern vom modernen Geist. Ohne kulturelle Relevanz. Das Schlimme für diese Kreise ist nur: Ihre heiligmäßigen Stars, wie der “Vorbild Katholik” Jean Vanier, Gründer der Arche-Gemeinschaften, wird als sexueller Mißbrauchstäter post mortem entdeckt und als Beschützer eines “pädophilen” Täters aus dem Dominikaner-Orden. Zuvor wurde der Gründer der “berühmten” Mönchsgemeinschaften “Jerusalem” in Paris, Père Pierre-Marie, ebenfalls wegen heftiger “Übergriffigkeiten” belastet, abgesehen von den Mißbrauchsfällen in charismatischen Gemeinschaften wie den weltweit verbreiteten “Johannes-Brüdern” und so weiter. Von den Finanzskandalen im Vatikan und anderswo soll hier gar nicht erst die Rede sein. Genauso wenig von der Verlogenheit höchster Vatikan-Mitarbeiter, etwa Kardinäle, die selbst homosoexuell, aber allen noch katholischen Homosexuellen mit ihrer verlogen-rigiden Moral das Leben schwermachen, die international verbreitete soziologische Studie zu dem Thema, Titel des Buches “Sodom,” von Frédéric Martel, ist ja bekannt.
Die Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche ist also bei Lichte und klarem Verstande besehen dahin. Was kann für eine Glaubens-Gemeinschaft aber dramatischer sein als der Verlust der Glaub-Würdigkeit?
Die folgenden Hinweise sind nicht Ausdruck von Polemik. Sie beschreiben “nur” das Ende einer “katholischen Welt” in Europa und in Amerika.

2.
Erinnerung an einige Fakten: Es gibt immer weniger das alles entscheidende „Personal“, also den zölibatären Klerus, der im Sinne der dogmatischen Lehre der Kirche für die Leitung der Gemeinden Verantwortung übernehmen will. Der zölibatäre Klerus verschwindet, stirbt aus. Damit zusammenhängend: Der Niedergang der Gemeinden. Es gibt keine “Seelsorge” mehr, falls sie jemals von Klerikern qualifiziert, therapeutisch, geleistet wurde…Die Priester sind “Messe-Leser” geworden. Sie hetzen von einer Kirche zu anderen, um Messen zu lesen. Zu Luthers Zeiten sprach man von “Leut-Priestern”…Auch die Orden verschwinden. Das ist evident. Deren Klöster sind sehr oft Altersheime für greise Mönche und Nonnen. Und leerstehende Klöster werden verkauft, oft gewinnbringend in Luxus-Hotels umgebaut, wie in Rom, Prag, Gent und vielen anderen anderen Städten. Die sterbenden Mönche und Nonnen werden so noch einmal steinreich. Das sind evidente Tatsachen.

3.
Eine Epoche geht zu Ende: Das kann eine Form von Melancholie wecken, sozusagen als „Verlust der Kindheit“. Entscheidender ist wahrscheinlich das langsame Verschwinden kommunikativer Orte: Gemeinden hätten ja eigentlich Treffpunkte für spirituelle und nicht-spirituelle Menschen sein können. Die Gesellschaft wird ärmer an kommunikativen Möglichkeiten.

4.
Das Ende der Epoche ist vor allem von der Kirchenführung selbst verursacht worden. Es ist also keineswegs der viel beschworene Ungeist der Moderne, der die Kirche „bedroht“. Es ist die Unfähigkeit der Klerus-Kirche selbst in ihrer rigiden Bindung an die Dogmen und Gesetze, die die Kirche insgesamt ins Abseits geführt hat.

5.
Es wird viel zu wenig beachtet, vor allem in den noch verbliebenen, minoritären „Reform-Gruppen“ zugunsten eines „modernen Katholizismus“: Der Niedergang des Katholizismus ist bedingt nicht zuerst durch die klerikale Abwehr von Struktur – Reformen! Sondern durch die Sturheit des Klerus, auch tief greifende Änderungen bzw. Abschiede von irgendwann einmal fixierten Dogmen (und Traditionen) zu leisten. Die ganze Last der alten Formulierungen uralter Dogmen wird mitgeschleppt, sie bestimmt das Glaubensbekenntnis und die Sprache der Gottesdienste. Denn die Messen in „Landessprache“ verwenden ja nur unverständliche Übersetzungen aus dem lange Zeit für die meisten ebenso unverständlichen Latein. So entsteht die treffende Überzeugung, dass dem Katholizismus jegliche geistvolle Lebendigkeit, d.h. jegliche Kreativität und jeglicher Raum für Freiheit, auch des Experimentes, fehlt. Wenn man von „Synoden“ oder „synodalem Weg“ im offiziellen Katholizismus spricht, meint man ja nicht etwa demokratisch entscheidende Gremien, sondern tatsächlich nette Beratungszirkel, die die Letztentscheidung dem Klerus bzw. dem Papst in Rom überlassen muss. Der Begriff Synode in katholischen Zusammenhang ist also eine bewusste Irreführung und Täuschung, auf die einige gutwillige bzw. naive Laien immer noch reinfallen. Der in Deutschland begonnene, förmlich aus Verzweiflung geborene „synodale Weg“ ist eine solche letztlich wirkungslose Beschäftigungstherapie zum Frust-Abbau. Dabei wird er wieder nur neuer Frust erzeugen. Man denke an den rabiaten Umgang von Papst Franziskus mit den Voten der so genannten Amazonas Synode: Da war den meisten TeilnehmerInnen völlig klar: Wenigstens im Amazonas Raum sollte es sofort verheiratete Priester geben. Aber nein: Der angebliche Reformpapst Franziskus nimmt Rücksicht auf die Reaktionären im Vatikan und sagt: NEIN!

6.
Eine katholische Epoche geht zu Ende: Dafür ist vor allem verantwortlich die völlig unzeitgemäße Ablehnung von allen kirchlichen Ämtern für FRAUEN. Diese Ignoranz den Frauen gegenüber ist in der katholischen Kirche seit Bestehen dieser Organisation das größte Übel. Fünfzig Prozent der Menschheit sind ausgeschlossen von leitenden kirchlichen Ämtern. Wenn der Klerus auch heute noch behauptet: Jesus habe nur Männer als Apostel berufen, ist das eine Lüge, eine Ideologie, ein Fundamentalismus, ein Biblizismus, Thesen also, die keiner wissenschaftlichen historisch-kritischen Bibelwissenschaft standhalteb. Das weiß der Teil des gebildeten Klerus. Aber er verteidigt wider besseren Wissens seine Männer – Macht. Der Ausschluss von Frauen vom kirchlichen Priester – und Bischofsamt ist Ausdruck der Männerherrschaft, bzw. Greisenherrschaft, die kein gebildeter Mensch in Europa auch nur im entferntesten akzeptieren kann. Wie spirituell reich wäre die Kirche, wenn Frauen auch mitbestimmen könnten. Die offizielle Ideologie lässt sich auch nicht mit poetischen Formulierungen schön reden, Frauen seien doch so mütterlich, so zärtlich etc. in der Kirche und sie könnten doch auch sonst so viele nette Dinge in der Kirche FÜR den Klerus tun, „haus halten“, Blumen schmücken, kochen und beten.
Damit zusammenhängend: Diese Kirche hat die Lernbereitschaft von der Gender – Debatte versäumt. Und genauso hat die Kirche die umfassende Akzeptanz der homosexuellen Liebe und des homosexuellen Lebens verpasst. Auch in der Frage wird es keine definitive Meinungsänderung des ja mehrheitlich selbst homosexuellen Klerus geben. Diese Herren müssen nach außen hin immer brav heterosexuell erscheinen…Je homophober, desto schwuler ist der Typ selbst, heißt eine psychologische Erkenntnis.

7.
Eine katholische Epoche geht zu Ende: Beschleunigend hat der tausendfach belegte und dokumentierte sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch Priester gewirkt. Ein Ende der Freilegungen ist ja noch nicht in Sicht, man denke an Polen, Italien, Spanien, da melden sich eher zaghaft die Opfer, deren wahrhaftige Aussagen vom dortigen Klerus noch einmal bezweifelt werden.
Aber der sexuelle Missbrauch durch den Klerus hat viele Bistümern an den finanziellen Ruin geführt. Und in Deutschland haben laut repräsentativer Umfrage nur 17 % der Bevölkerung noch ein Vertrauen in die römisch-katholische Kirche. Also: Es ist vorbei…

8.
Die „religiöse Landschaft“ verändert sich. Wird Spiritualität, Frömmigkeit, Verbindung mit dem Göttlichen, wenn überhaupt nur in der privaten Sphäre gelebt? Das wäre ja prinzipiell kein Nachteil, weil dadurch wirklich jeder und jede seine eigene Spiritualität entfalten könnte. Andererseits: Der Austausch mit anderen, also eine Form der Gemeinde, bleibt wichtig. Es können sich interessierte Menschen zur „Feier von Brot und Wein“, also zur Eucharistie, außerhalb der Kirchengebäude treffen, privat oder in angemieteten Salons, Galerien, Cafés…Der Geist des Evangeliums, der Geist der Bergrpredigt, darf nicht ausgelöscht werden im Abschied von der Kirche als Organisation.

9.
Und warum sollte das Ende der Epoche des Katholizismus nicht auch eine Stunde der Ökumene sein? Vielleicht könnten sich Katholiken in protestantischen Gemeinden wohl fühlen und dort das Gemeindeleben mitprägen? Ich denke dabei nicht an die evangelikalen oder pfingstlerischen Kirchen, denn dann käme man von einem Dogmatismus in einen anderen. Das darf um der seelischen Gesundheit der Glaubenden nicht sein. Aber es gibt sie ja noch, die liberal-theologischen Gemeinden oder liberal-theologischen protestantischen Kirchen.

10.
Eine katholische Epoche geht zu Ende. Das könnte man und sollte man auch positiv wenden: Die Menschen, die Katholiken zumal, bekommen wieder ihre Köpfe frei für die wirklich dringendsten Fragen der Menschheit heute: Öko – und Klimakrise; Rassismus, Antisemitismus, Abwehr des Neofaschismus, Aufbau einer gerechten Weltwirtschaftsordnung, Gerechtigkeit für die Ärmsten der Armen etc. Das sind ja die dringenden Frage, und nicht: Ob der Papst unfehlbar ist oder nicht. Diese Themen sind “vorbei”….Gegenüber den Herausforderungen unserer bedrohten Welt sind klerikal angerichtete Probleme eher doch nur „Kinkerlitzchen“. Die man solche behandeln sollte. Oder theologisch formuliert: Zuerst geht es um das Reich Gottes, als Symbol für eine gerechte und friedliche Welt humaner Menschen. Und dann, an 2. Stelle, geht es um Fragen der Kirche. Aber wie sagte der Theologe Alfred Loisy so treffend: „Jesus verkündete das Reich Gottes. Und gekommen ist die Kirche“. Fromm gesprochen: Geben wir wieder Jesus den Vorrang, dem Lehrer der Weisheit, dem Propheten und dem Lehrer einer von Gott gegebenen Vernunft.

11.
In Afrika und einigen Ländern Asiens wird der römische Katholizismus sicher nich als übliche Instutution überleben. Die dortigen Menschen wurden im 19. Jahrhundert von konservativen Missionaren „bekehrt“, sie halten an der alten Theologie und vor allem den Kirchengesetzen weithin fest, bestes Beispiel ist der reaktionäre Kardinal Sarah aus Guinea, ein Freund von Ex-Papst Benedikt XVI. So wird der Vatikan noch die Zentrale der Macht des Katholizismus bleiben, aber die vielen Millionen treu römisch-katholischen Mitglieder werden in Afrika und Asien und vielleicht noch in Lateinamerika leben. Für junge Männer und Frauen etwa in Indien oder auf den Philippinen ist die Klerus/Nonnen – Karriere immer auch noch interessant: Sie bedeutet ja auch sozialen Aufstieg. In einen katholischen Kloster in Indien oer auf den Philippinen oder in Indonesien verhungert man als Mitglied bekanntermapen nicht, hingegen auf den entlegenen Dörfern. Dieser Klerus, die Mönche und Nonnen dort geloben zwar offiziel die Armut, sie sind aber selber vergleichsweise reich..Das Klerus/Kloster – System wird alo außerhalb Europas überleben. Man denke daran, dass heute viele Ordensgemeinschaften die Hälfte ihrer – nicht greisen – Mitglieder bereits in Asien haben; etwa die in Deutschland entstandene Gesellschaft vom Göttlichen Wort (SVD). Insofern können die Herren der Kirche im Vatikan sich doch nach gewohnter Art ruhig zurücklehnen und sich sagen: Es bleibt alles beim alten, es geht weiter wie bisher. Europa wird dann eine „quantité négligeable“. Aber spätestens in 30 – 40 Jahren (wenn das ökonomische Wachstum anhält) werden sich für den Katholizismus in Asien oder Afrika die gleichen Probleme stellen, die heute in Europa das Ende der katholischen Epoche bewirkt haben.

12.
Es ist vorbei … mit dem römischen Klerus-Katholizismus:Dies ist als wissenschaftlich begründete Überzeugung auch ein Weg ins Offene. In eine andere Zukunft. Das sollte man nicht vergessen. Die schönen Messen von Mozart, Haydn und anderen, die Barockkirchen, die Welt religiöser (katholischer) Kunst, sicher auch einige schöne Gebäude von Klöstern usw. … alles das bleibt ja, befeit von kirchlichem Zugriff. Auch das kann insgesamt eine Befreiung sein … für die Suche nach der eigenen, nach “meiner” Spiritualität. Für den einen können es Wallfahrten sein, für die andere kürzere Aufenthalte in christlichen oder buddhistischen Klöstern, für andere der soziale Einsatz für Benachteiligte, für andere die Teilnahme in einem Chor für religiöse Musik, für andere die Debatte über Mystik und so weiter. Diese Wahl neuer, je eigener Spiritualität ist alles andere als “Ersatz” für die alte vorgeschriebene religiöse Praxis. Sie kann zur Freiheit führen, auch zur Freiheit eines je eigenen Verhälnisses zum Göttlichen.

PS: Die empirischen Belege aus religionssoziologischen bzw. theologischen Studien sind bekannt: Zum ständigen Rückgang der sich als katholisch bekennenden Bevölkerung, zum ständigen Rückgang der Teilnahme an der Sonntagsmesse oder der Beichte, zum ständigen Rückgang der Zahlen der Taufen, dem ständigen Rückgang der Priesterweihen, der ständigen Zunahme der Kirchenaustritte etwa in Deutschland oder Österreich, das hohe Durchschnittsalter des noch “aktiven” Klerus wärezu bedenken; oder die ständige Aufgabe von Klöstern und so weiter.
Dass die Katholiken, die in Europa die römische Kirche verlassen und die übliche vorgeschriebene religiöse Praxis aufgeben, sagt ja keineswegs, dass sie militante “Atheisten” sind. Über diese neuen Kreise der frei “schwebenden” ausgetretenen Katholiken müssten eigene Thesen verfasst werden. Für sie und mit ihnen zusammen gibt es bisher noch keine eigenen spirituellen Orte. Ein religionsphilosophischer Salon ist ein solcher Ort!

Ich habe schon früher einige Fakten und Interpretationen zum Thema vorgestellt: Etwa zur katholischen Kirche in Frankreich, klicken Sie hier. Oder zum Zustand der Kirche angesichts eines überholten Weltbildes, bitte hier klicken.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin