Christen im Dialog mit Buddhisten: Drei Fragen an Prof. Wilhelm Gräb

Weiterdenken: Drei Fragen an den protestantischen Theologen Prof. Wilhelm Gräb, Berlin

Warum Christen am Dialog mit Buddhisten interessiert sind.

Die Fragen stellte Christian Modehn

Das Programm des Evangelischen Kirchentags in Berlin (im Mai 2017) begrenzt sich nach meinem Eindruck sehr stark auf innerkirchliche, politische und soziale Themen. Philosophie spielt als Thema keine Rolle, dies hängt wohl mit der radikalen Abwehr des freien, philosophischen Denkens durch Luther zusammen. Bedauerlich ist genauso, dass dem Dialog der Religionen wenig Raum gegeben wird. Dialog der Christen gilt in der globalen Welt nicht nur dem Gespräch mit Juden und Muslimen, sondern auch dem Austausch mit Buddhisten. Ich habe den Eindruck, dass ein breiter Strom evangelischer Theologie insgesamt wenig Interesse hat, mit dem Buddhismus, der in Europa unter jüngeren Leuten viel Zuspruch findet, ins lernbereite Gespräch einzutreten. Ist diese Einschätzung treffend? Wenn Ja: Woran liegt dieses offenkundige evangelische Desinteresse am Buddhismus?

Ja, woran liegt das, dass der Dialog mit den Religionen und Weltanschauungen kaum eine Rolle spielt, allenfalls der Dialog mit dem Islam und dem Judentum – aber dies dann auch nur aus religions- und sicherheitspolitischen Gründen!? Warum findet der Buddhismus so wenig Beachtung, ebenso wenig wie philosophische Lebens- und Weltdeutungen, atheistische Positionen und humanistische Weltanschauungen? Mit dem allem wird auch auf dem nächsten Kirchentag Ende Mai in Berlin kein energischer Dialog geführt werden.

Warum ist das so? Ich denke, weil man in den Kirchen und zumeist auch in der Theologie den christlichen Glauben gar nicht als eine Position in den alle Menschen angehenden Fragen der Lebensdeutung und Weltorientierung versteht und zu verteidigen unternimmt. Man tritt leider nicht dafür ein, dass zunächst einmal „Glauben“ überhaupt zu uns Menschen gehört: Erstens, sofern wir uns zum Ganzen der Wirklichkeit, das unser Wissen immer übersteigt, verhalten. Und zweitens: Sofern wir über unsere eigene Stellung in diesem Ganzen und damit über die Bestimmung unseres Daseins nachdenken. Da können wir auf den Ausgriff ins Metaphysische, auf das unserem Wissen Transzendente, insofern auf das, was uns auf Glauben angewiesen sein lässt, nicht verzichten. Das gilt für alle, auch für Atheisten. Auch sie vertreten, indem sie sagen, dass kein Gott sei, eine auf metaphysische Setzungen ausgreifende Glaubensposition.

Statt sich auf solche Debatten um die religiöse bzw. weltanschauliche Dimension unseres bewussten Lebens einzulassen, dogmatisiert man in den Kirchen lieber die Säkularisierungsthese, wonach die „Gläubigen“, also jene, die nach wie vor ihren Kirchen und Religionen anhängen, der immer größer werdenden Schar der religiös Desinteressierten und Atheisten gegenüberstehen. Man redet sich ein, dass die meisten Menschen an Religion gar nicht mehr interessiert seien und beschränkt sich deshalb, die „Gläubigen“ betreffend, auf innerkirchliche Themen, und zur Gesellschaft hin darauf, dass man politische und sozialethische Themen favorisiert.

Im Grund demonstriert dieses Verhalten der Kirchen, dass man es aufgegeben hat, den christlichen Glauben selbst als Religion, d.h. als eine das Verhältnis von uns Menschen zum Ganzen der Wirklichkeit und die Sinnbestimmung unseres Daseins reflektierende Lebens- und Weltdeutung zu behaupten, plausibel zu machen und zu verteidigen – im protestantischen Raum ist dies in der Tat noch stärker als im katholischen. Man traut sich keine rationalen Argumente für den Glauben mehr zu, beschränkt seine Zuständigkeit auf die – aus welchen lebensgeschichtlichen Motiven heraus auch immer – „Gläubigen“. Man sucht diese „Gläubigen“ in ihrem Glauben durch die Einschwörung auf die traditionellen Glaubensartikel zu bestärken und zielt auf Eindeutigkeit in ethisch-moralischen Konsequenzen, die das „christliche“ Leben verlange.

Es wird nicht eingestanden, geschweige denn ergebnisoffen diskutiert, dass auch der „christliche Glaube“, wie alle Religionen, ein wagender Versuch von uns Menschen ist, uns deutend zur transzendenten, weil aufs Ganze gehenden Wirklichkeit unseres Lebens in der Unendlichkeit des Universums zu verhalten, indem wir auf biblische, kirchliche, theologische, philosophische, literarische, ästhetische, symbolische und rituelle Überlieferungen zurückgreifen. Solange die Kirchen die Religionsunfähigkeit des christlichen Glaubens demonstrieren, kann gar keine Motivation entstehen, sich mit den vielen anderen menschlichen Versuchen – den religiösen, weltanschaulichen, philosophischen Unternehmungen – deutend zur transzendenten Ganzheit unseres Daseins in der unendlichen Welt zu verhalten und damit zu beschäftigen. Das macht dann auch den sog. interreligiösen Dialog zumeist so geistesarm, dogmatisch beschränkt, moralisch eng geführt und religionspolitisch in seiner Absicht durchschaubar.

Nun ist gerade der Buddhismus in seinen vielen Spielarten so etwas wie eine philosophische, auf das Selbst-Denken setzende Religion. Er kommt ohne einen Schöpfer- und Erlösergott aus. Der Buddhismus spricht die Menschen auf das an, was sie selbst durch entsprechende meditative Praktiken, die man erlernen kann, tun können, damit sie frei oder zumindest freier werden, gegenüber dem, was sie bedrückt und belastet, worunter sie leiden und womit sie in dieser Welt nicht fertig werden. Er offeriert sich offensiv als eine bestimmte Lebens- und Weltdeutung und zeigt weite Wege, auf denen man so in diese hineinfinden kann, dann man effektiv die Erfahrung macht, wie gut es einem tut, sich zu teilen.

Man kann den Buddhismus durchaus als eine „Religion ohne Gott“ bezeichnen, eine Auffassung von der Religion als einer lebensführungspraktisch orientierenden Lebens- und Weltdeutung, die auch im Westen, also im kulturellen Einflussbereich des Christentums, immer wieder vertreten worden ist und vertreten wird. Aber solange man sich im Christentum theologisch nicht darauf einlässt, den christlichen Glauben überhaupt als eine Möglichkeit der Lebens- und Weltdeutung unter anderen zu verstehen und stattdessen Argumente dafür aufzubieten unternimmt, worin denn die Vorzüglichkeit des Christlichen im Vergleich mit dem Lebens- und Weltdeutungskonzept des Buddhismus besteht, wird das interreligiöse Gespräch keine Belebung erfahren, auch und schon gar nicht auf Kirchentagen.

Buddhistisch geprägte Meditationsformen (etwa Zen) sind weit über explizit – buddhistische Kreise hinaus beliebt, werden als Lebenshilfe entdeckt. Es ist doch wohl keine Blamage, wenn sich die Christen eingestehen: Diese Meditationsformen, auch diese Praxis der Stille und des Schweigens, haben wir nicht in unserer Tradition! Ist es tatsächlich so, dass Christen auf dem weiten Feld des Religiösen ohnehin nicht „alles“ bieten können?

Ob wir vieles von dem, was die Zen-buddhistische Meditationspraxis zu bieten hat, nicht auch in christlichen Traditionen finden können, bin ich mir gar nicht so sicher. In den monastischen Praktiken und Exerzitien finden sich auch zahlreiche Anleitungen und teilweise strenge Regel, die in die Stille und innere Einsamkeit des Weges zu Gott führen sollen. Aber es ist dort eben immer der auf diese Weise vorgezeichnete Weg zu dem Gott, der in Christus sein menschliches Antlitz gezeigt hat. Die Wendung nach innen ist zielgerichtet die Hinführung zu dem Gott, der unendlich größer ist als jedes Menschen Herz. Er ist der Gptt, der die Welt und alle Kreatur geschaffen hat und, wie christliche Spiritualität sagt, „treu sorgend in seinen liebenden Händen hält“.

Ganz anders ist die Meditationspraxis im Zen-Buddhismus. Nicht nur, dass sie in ihren, an die westliche Kultur adaptierten Formen von dogmatisch-lehrhaften Anteilen losgelöst wird. Sie ist im Unterschied zu christlichen Praktiken der Stille und inneren Versenkung gerade nicht zielgerichtet. Sie lebt von dem performativen Selbstwiderspruch, dass es ihr Ziel ist, kein Ziel zu haben, ja gerade von jeder Form der Zielsetzung, des Sich-Ziele-Setzen-Müssens und sogar des sich Ziele-Setzen-Wollens, befreit.

Damit kommt der andere lebens- und weltanschauliche Hintergrund des Buddhismus zum Vorschein. In ihm geht es nicht darum, durch die Wege nach Innen, zu einer, durch die Gründung im Göttlichen gefestigten, personalen Identität zu finden, zu gesteigerter Selbstbestimmung und Freiheit. Der Weg im Zen-Buddhismus führt vielmehr gerade zur Befreiung vom Selbst, zum Loslassenkönnen auch noch vom eigenen Selbst und dessen Wollen.

Der Buddhismus stellt eine zur Christentumskultur alternative und damit heute hochgradig attraktive Lebens- und Weltdeutung vor. Als solche gilt es, sich mit ihm aus christlicher Sicht dann auch zu befassen und die Argumente, die für das eine oder das andere sprechen könnten, auszutauschen. Das wäre ein auch intellektuell attraktiver Religionsdialog.

Ohne die Unterschiede der kulturellen Wurzeln von Christentum und Buddhismus zu verwischen: Den Christen und ihren Theologen könnte es doch gut tun, auch das buddhistisch gepflegte Nicht-Wissen gegenüber dem alles Gründenden, dem letzten Bergenden, dem Göttlichen, einzugestehen. Vielleicht treffen sich sogar christliche Mystiker (Meister Eckart) und zen-buddhistische Meister in der aktuell bedeutsamen Erkenntnis: Das Göttliche ist eigentlich Nichts, also nichts Greifbares, nichts Verfügbares?

Wenn Christen und Buddhisten in einen Religionsdialog eintreten, dass liegt es nahe, dass sie zunächst einmal darin übereinkommen: Wenn sich beide zum Ganzen der Wirklichkeit und damit zur Stellung von uns Menschen in der Unendlichkeit der Welt verhalten, dann machen sie Aussagen über etwas, vom dem wir kein wirkliches Wissen haben. Wir können uns aber gleichwohl darüber Gedanken machen und um einer bewussten Führung unseres Lebens willen sollten wir uns auch diese Gedanken machen. Es ist vernünftig, an diese Transzendenz zu denken, die unserem Wissen unzugänglich ist und immer bleiben wird, die aber dennoch in die Immanenz unseres In-der Welt-Seins gehört.

Die große Alternative im Begreifen unserer Stellung in der Welt, die sich zwischen fernöstlichem, buddhistischen Denken und dem christentumskulturellen, westlichen Denken auftut, liegt allerdings eben gerade in der Stellung, die der humanen Selbstbeziehung, der individuellen Subjektivität in unserem Selbst- und Weltumgang zukommt. Die Entgegenständlichung der Transzendenz des Göttlichen ist beiden religiösen Denkformationen gemeinsam. Sofern sie sich nur recht verstehen, wissen sie: Würden sie die Transzendenz gegenständlich denken, dann würden sie diese in die Immanenz der Welt und ihrer Erfahrungsdinge hineinziehen!

Die Differenz zum Buddhismus sehe ich darin, dass im Christlichen mein Weg in die Transzendenz, zum Göttlichen, letztlich wieder zu mir selbst zurückführt, mich mir näher bringt, als ich mir in der reflexiven Selbstbeziehung je kommen könnte. Denken wir an Augustins Confessiones, die „Bekenntnisse“. In der Besinnung auf sich selbst und sein Dasein in der Welt findet der große, von der platonischen Philosophie tief beeinflusste, christliche Theologe zu dem Spitzensatz: „Unruhig ist, Gott, mein Herz, bis dass es Ruhe findet in Dir!“. Oder denken wir auch an den Theologen im NAZI-Widerstand, Dietrich Bonhoeffer, mit seinem Gedicht, verfasst 1944 in der Gefängniszelle in Tegel. Es beginnt mit der Frage „Wer bin ich“ und endet nach langer Suche mit dem Bekenntnis: „Einsames Fragen treibt mit mir Spott, wer ich auch bin, Du weißt es, oh Gott!“

Anders läuft es, wenn ich es recht verstehe, im Buddhismus. Dort geht es nicht um die Erfahrung, dass sich mir die unbegreifliche Einheit der Wirklichkeit – und damit der Sinn und die Bestimmung meines eigenen individuellen Daseins in ihr – auf dem Wege meditativer Selbstversenkung erschließt. Es geht im Buddhismus vielmehr darum, dass ich frei werde von mir selbst und damit auch all dem, worauf mein Begehren geht, was mich an diese Welt bindet, in Freude und Leid. Dass in all den weltlichen Dingen nicht die letzte, alles bestimme Wirklichkeit liegt, somit auch nicht das, was über meine Lebenserfüllung entscheidet; sondern diese alles bestimmende Wirklichkeit liegt in dem, das unendlich über mich selbst hinaus ist. Diese Erkenntnis ist es, so scheint mir, worauf der Buddhismus hinaus will. Selbstauslöschung ist es wohl, was der Buddhist von der „Erleuchtung“ im „Nirwana“ erwartet.

Was für die eine und was für die andere religiöse Lebensdeutung spricht, welche rationalen Argumente sich für den einen oder den anderen „Glauben“ aufbauen lassen, was lebensführungspraktisch aus dem einen oder dem anderen Konzept folgt: Ich vermute, an diesen Themen sind durchaus viele Menschen, auch Christen, interessiert, auch auf dem Kirchentag im Mai in Berlin!

Copyright: Prof. Wilhelm Gräb und Religionsphilosophischer Salon

„Ich selbst bin auch der andere“. Drei Fragen an Prof. Wilhelm Gräb

„Ich selbst bin auch der andere“

Ein Interview mit dem protestantischen Theologen Prof. Wilhelm Gräb, Berlin

Die Fragen stellte Christian Modehn

„Andere“ Menschen – als „die Fremden“ vor allem – werden heute in vielen Staaten und Gesellschaften als Bedrohung erlebt. Dies kann man durchaus als die tiefste geistige Krise der Gegenwart betrachten: Man möchte „die anderen“ ausgrenzen und vertreiben. Populismus, „mein Land zuerst“ und Rassismus sind der politische Ausdruck dieser Haltung. Sie hat gewiss auch ökonomische Ursachen. Wie aber lässt sich argumentativ zeigen, dass die Zurückweisung der anderen und Fremden unser eigenes Leben selbst beschädigt?

Im Sommer 2015 waren wir positiv überrascht, angesichts der verbreiteten „Willkommenskultur“ in Deutschland. Wir beide haben damals auch einige Gespräche geführt und in der Reihe „Weiterdenken“ publiziert. Dabei ging es uns vor allem um 2 Dinge. Zum einen, dass die große Bereitschaft zur Aufnahme der Flüchtlinge und Asylsuchenden ein Gebot der Menschlichkeit ist. Wir haben uns dessen versichert, dass in einer Weltlage, in der so viele Menschen vor Krieg, Hunger und Perspektivlosigkeit über die Balkanrute bzw. das Mittelmeer ins wohlhabende und politisch gefestigte Europa fliehen, es die Menschenrechte verlangen, Aufenthalts- und nach positivem Ausgang des Asylverfahrens auch Bleiberecht zu gewähren.

Inzwischen haben sich die positive Stimmung und die große Aufnahmebereitschaft vom Sommer 2015 verflüchtigt oder fast gar in ihr Gegenteil verkehrt. Die „Willkommenskultur“ wurde durch eine Politik der Abschottung ersetzt. Der zunächst vorherrschenden Aufnahmebereitschaft treten die Angst vor den Fremden, den ethnisch, kulturell und religiös anderen entgegen. Statt den Migranten mit offenen Händen und Herzen zu begegnen, greifen in vielen Ländern des „Westens“ Kulturrassismus, Xenophobie, Islamophobie und Homophobie um sich. Es scheint eine Wende auch im Innern sich zu vollziehen, ein erneuter Wertewandel, der von den liberalen Freiheitswerten einer offenen Gesellschaft wegführt.

Wie soll man sich das erklären? Plötzlich diese verbreitete Akzeptanz einer Rhetorik der Abgrenzung und Ausgrenzung, der Verunglimpfung von Minderheiten, der Missachtung anderer Ethnien, Religionen und Kulturen! Wie kommt es, dass dies alles auf einmal wieder so viel Zustimmung findet, in allen Schichten der Bevölkerung?

Soziologische Studien haben herausgefunden, dass es nicht stimmt, was zunächst vielfach behauptet wurde, dass die sozial Benachteiligten und Abgehängten den – beschönigend „Populisten“ genannten – Rechtsradikalen auf den Leim gehen. Fremdenhass und rassistische Vorurteile stoßen bis in die bürgerliche Mitte hinein auf Resonanz. Ich erlebe es im eigenen Bekanntenkreis. Der Kulturrassismus ist gewissermaßen hoffähig geworden. Selbst einige ansonsten durchaus seriöse Politiker, Journalisten und Intellektuelle suchen nicht nur Erklärungen für dieses Phänomen, sondern liebäugeln mit dessen Rechtfertigung.

Dabei müsste eigentlich allen klar sein, dass die Ausgrenzung der Fremden und erst Recht die pauschale Zurückweisung von Asylsuchenden einer eklatanten Verleugnung des aufgeklärten Menschenrechtsdenkens gleichkommt. Viele glaubten, auch ich, dass das Wissen um die ungeheuren Verbrechen, zu denen der antisemitische Rassismus geführt hat, ähnlichen Entwicklungen für immer Einhalt zu gebieten in der Lage sei. Schließlich ist die UN-Charta von 1948 mit ihrer Erklärung der Menschenrechte unter dem Eindruck der nationalsozialistischen Gräuel auf den Weg gebracht worden.

Doch offensichtlich ist das schon wieder zu lange her oder es ist die Rede von der „Einzigartigkeit“ dieses Verbrechens zu oft und unbedacht wiederholt worden, so dass eine gewisse Blindheit gegenüber ähnlichen Entwicklungen, die längst wieder weltweit in Gang sind, eintreten konnte. Dabei haben hierzulande die liberalen Freiheitswerte für die meisten, nicht nur für Minderheiten, enorme Steigerungen an Lebensqualität bewirkt. Aber vielleicht sind auch diese Werte, wie die freie Selbstentfaltung in politischer, ökonomischer, religiöser und sexueller Hinsicht, wie die Gleichheit aller vor dem Gesetz, inzwischen schlicht zu selbstverständlich geworden.

Die Kämpfe, die deren Durchsetzung verlangt haben, werden vergessen und die Schätzung des Gewinns, der darin liegt, dass Menschen nicht mehr wegen ihrer politischen, religiösen oder sexuellen Orientierung diskriminiert werden dürfen, geht verloren. Die Anstrengungen vor allem, deren es nach wie vor bedürfte, um diese Freiheits- und Gleichberechtigungsrechte zu bewahren und fortschreitend durchzusetzen, geraten aus dem Blick.

Stattdessen fordern viele jetzt wieder die Stärkung angeblich ererbter ethnischer, religiöser und kultureller Zugehörigkeitsgefühle, gilt ihnen die Nation wieder etwas, missbrauchen sie sogar das Christentum als kultureuropäischen Identitätsmarker. Damit befördern sie zugleich die Abgrenzung gegenüber den anderen, denen, die aufgrund ihrer kulturellen Herkunft, ihrer Religion, ihrer ethnischen Einweisung nicht dazugehören und nicht dazugehören sollen – es sei denn, sie „integrieren“ sich, sie passen sich an, sich lassen sich „uns“ gleich machen. Das Fremde jedenfalls, das andere gegenüber dem eigenen, es soll verschwinden, und wenn es sich schon nicht wieder vertreiben lässt, möglichst unsichtbar werden. Man hält es nicht aus mit ihm. Dann passiert auch noch ein Terroranschlag und es wird die Angst „vor allen diesen Flüchtlingen“ immer größer. Was aber verbirgt sich hinter dieser Angst? Vom Nationalismus sprach ich schon. Sicher spielt auch ein elementarer Egoismus eine Rolle, verbunden mit der Furcht, den eigenen Wohlstand zu verlieren und die Unfähigkeit, die Freude im Miteinander Teilen zu erleben. Diese Fragen der Ethik sind ein eigenes, dringendes Thema.

Wir möchten an die philosophische Erkenntnis erinnern, die Hannah Arendt formuliert hat: „Ich selbst bin auch der andere!“ Das heißt: Ich erlebe mich in der Reflexion selbst als den anderen, den Befremdlichen, der sich gegenüber seinem Jetzt-Zustand noch anders, besser, entwickeln sollte. Wo aber gibt es noch Raum für diesen inneren Dialog?

Vielleicht ist für diesen inneren Dialog und damit die Verständigung über die eigenen Gefühle deshalb so wenig Raum, weil uns die Freiheitsgewinne zu selbstverständlich geworden sind. Die universalistischen Werte, wie Freiheit, Gleichheit, Menschwürde, wir betrachten sie gewissermaßen als unseren fraglosen Besitz. Sie sind für uns weithin nicht mehr das, was es durch uns selbst zu erkämpfen und zu verteidigen gilt, zudem für die meisten Menschen auf dieser Erde noch längst nicht eingelöst ist. Vergessen scheint, dass es die Werte sind, die für alle Menschen gelten, unabhängig von Ethnie, Rasse, Religion, Sexualität und Gender. Übersehen wird, dass sie uns verpflichten, andauernd, den Anderen und Fremden gegenüber, den Migranten, Flüchtlingen und Asylsuchenden.

Sich selbst an der Stelle der anderen zu erkennen, den anderen als Teil von sich selbst zu sehen, diese Fähigkeit scheint uns in der Tat weithin verloren gegangen zu sein. Die Erinnerung an die verheerenden Folgen des rassistischen Antisemitismus ist verblasst, ebenso die an Flucht und Vertreibung, wie sie nach 1945 Millionen Deutscher zu Fremden im eigenen Land gemacht haben.

Bei meinem letzten Besuch in Südafrika, im Februar 2017, bin ich auf eine große, vom ANC und der von ihm getragenen Regierung beförderte, von Rundfunk und Fernsehen, dem Internet und den sozialen Medien betriebene Öffentlichkeitskampagne aufmerksam geworden. Unter Berufung auf die sog. UN-Durban-Declaration von 2002 hat die südafrikanische Regierung einen mehr als 60-seitigen „National Action Plan“ (2016-2022) aufgelegt, der dazu aufruft, Rassismus, die Xenophobie und die Diskriminierung von Minderheiten, energisch zu bekämpfen. (http://www.gov.za/sites/www.gov.za/files/NAP-Draft-2015-12-14.pdf)

Detailliert wird dargelegt, was in den Jahren bis 2022 in den Schulen, Universitäten und Kirchen, den NGOs und durch alle aktiven Kräfte der Zivilgesellschaft unternommen werden sollte, um dem in der Gesellschaft nach wie vor herrschenden Rassismus, dann aber auch dem zuletzt besonders gewalttätig gegenüber Migranten aus dem ärmeren Norden Afrikas ausbrechenden Fremdenhass entgegenzutreten.

Festgestellt wird, dass Rassismus, Xenophobie und die Diskriminierung von Minderheiten ein Problem aller Gesellschaften sei. Es sei jedoch, so heißt es weiter, nun eine ganz besondere Verpflichtung der jungen südafrikanischen Demokratie, für die Verteidigung der universalen Menschenrechte, die Anerkennung der unverletzlichen Würde und die rechtliche Gleichheit aller Menschen, unabhängig von rassischen, ethnischen, religiösen Zugehörigkeiten und sexuellen Orientierungen zu kämpfen.

Ungeheuer lebendig ist in Südafrika immer noch das Wissen um die kaum wieder gut zu machenden Schäden, die der Rassismus und die Angst vor dem kulturell und ethnisch anderen und Fremden in der Gesellschaft angerichtet haben, gipfelnd schließlich in der Politik der Apartheit. Fortdauernd sind die verheerende ökonomische Ungerechtigkeit und die ungleiche Verteilung der Bildungs- und Aufstiegschancen im Land. Dass eine von rassistischen Vorurteilen und der Angst vor dem anderen und Fremden gesteuerte Gesellschaft sich am Ende selbst zerstört, ist in Südafrika so sehr im öffentlichen Bewusstsein präsent, dass eine von der Regierung gestartete Initiative zur Bekämpfung des nach wie vor existierenden Rassismus und der zunehmenden Angst vor den Fremden, auf breite Zustimmung bei vielen Akteuren in den Kirchen und der Zivilgesellschaft stößt.

Die größte Südafrikanische Kirche, die der Methodisten, hat in ihrem theologischen Ausbildungsseminar in Pietermaritzburg gerade ein Forschungs- und Fortbildungsinstitut zur Bekämpfung von Rassismus, Xenophobie und sexueller Diskriminierung eingerichtet: Das „Khoza Mhojo Centre For Social Justice And Transformation“ (http://www.smms.ac.za/khoza-mgojo-centre/)

Nach den konfliktreichen kulturellen Debatten in Europa ist klar: Der aufgeklärte Mensch muss überhaupt keine Angst haben vor Gesprächen mit anderen, Fremden und Befremdlichen. Dialog und Geduld gehören dabei wohl zusammen. Grenzen der Gesprächsbereitschaft sollte man nicht zu schnell ziehen. Wann aber können sie, förmlich als letztes Mittel, hilfreich sein?

Angst vor dem Fremden ist völlig fehl am Platz, das ist klar. Denn die Wahrung und Verteidigung der eigenen kulturellen Identität westlicher Gesellschaften, die die universalistischen Werte von Freiheit, Gleichheit und Menschenwürde in sich aufgenommen haben, ist nur möglich, wenn eben diese Werte nicht verleugnet oder gar missachtet werden. Allerdings bringt die Behauptung dieser vom Menschenrechtsdenken bestimmten kulturellen Identität auch Verpflichtungen mit sich, für alle, die sich in die von ihm bestimmte Praxis der Anerkennung einbezogenen finden. Das Menschrechtsdenken und seine universalistischen Werte verpflichten auch die, die zunächst als die „Fremden“ begegnen. Ihnen gilt das „Willkommen“. Wir brauchen das Gespräch mit ihnen, ohne das keine Begegnung, kein Kennenlernen stattfinden können. Das führt immer auch zu Auseinandersetzungen und Streit. Nicht alles will uns verständlich oder gar akzeptabel erscheinen. Doch es gilt die Anerkennung der anderen gerade in ihrem Anderssein zu lernen.

Dabei darf die Gesprächsbereitschaft, wie ich meine, so schnell kein Ende finden. Doch es gibt Grenzen. Diese sehe ich erst dort, wo diese Gesprächsbereitschaft von den anderen verweigert wird. Denn dann haben wir es mit einer Haltung zu tun, die die Bedingungen untergräbt, unter denen Offenheit für andere und Fremde möglich wird, die Liberalität im Umgang sogar mit dem uns Unverständlichen gewahrt bleiben kann. Die Grenzen der Freiheit liegen dort, wo diese anfängt, ihre Realisationsbedingungen selbst zu zerstören.

Copyright: Prof. Wilhelm Gräb, Berlin und Religionsphilosophischer Salon Berlin.

Ein anderer Kirchentag 2017. Interview mit dem Theologen Prof. Wilhelm Gräb

Die Fragen stellte Christian Modehn

Man muss kein Zukunftsforscher sein, erst recht kein Prophet, um zu sehen: Wenn der Kirchentag vom 24. bis 28. Mai 2017 in Berlin und Wittenberg stattfindet, wird es noch mehr irritierende politische Turbulenzen geben: Die Wahlen in Holland und Frankreich sowie die Landtagswahlen in Deutschland werden leider wohl starke rechts(extrem)lastige Ergebnisse zeigen. Und die Zustände in den USA unter Trump werden sich gewiss noch nicht gebessert haben. Diese Themen werden das Miteinander in der Demokratie auch hier weiter belasten. Und genau damit sollten sich die TeilnehmerInnen des Kirchentages befassen.  Also: Kann unter diesen aktuellen Umständen ein Kirchentag einfach so, wie vorgesehen, sein Programm „durchziehen“? Mit all den nun schon vertrauten eher üblichen Themen? Oder muss ein „Ruck“ durch den Kirchentag jetzt noch gehen? Sollte nicht das eine zentrale dringende Thema, nämlich die Verteidigung der Demokratie und des Friedens, das ganze Programm bestimmen?

Das Elend ist eben, dass man sich nicht mehr traut, vom protestantischen Prinzip zu reden, das durch die Reformation zur bestimmenden Kraft im Christentum geworden ist. Mit historischen Ausstellungen, finanziert von Auswärtigen Amt, wird die Reformation als historisches Ereignis, das keineswegs nur kirchliche, sondern enorme gesellschaftliche, politische und kulturelle Auswirkungen hatte, gefeiert. Wenn es um die theologische und kirchliche Gegenwartsbedeutung der Reformation geht, und erst recht, wenn es darum geht, zu sagen, wofür ein sich an der Reformation orientierendes Christentum in den atemberaubenden Konflikten und politischen Verwirrungen unserer Tage einzutreten hat, dann bleiben Theologie und Kirche jedoch merkwürdig stumm.

Man wiederholt formelhaft die Botschaft von der Rechtfertigung allein aus Gnade und dass die Kirche sich an Christus allein zu orientieren habe. Das erregt natürlich auch nirgendwo Widerspruch, auch in der Katholischen Kirche nicht. So begannen die höchsten Repräsentanten der Evangelischen und Katholischen Kirche in Deutschland das Reformationsjubiläumsjahr damit, dass sie gemeinsam eine Reise nach Jerusalem unternommen haben. So pilgert der Ratsvorsitzende Bedford-Strohm am 6. Februar 2017 mit einer Delegation der EKD nach Rom, um mit dem Papst zusammen das Reformationsfest als „Christusfest“ zu begehen.

Man ergeht sich in innerkirchlicher Selbstbeweihräucherung, indem man die Überwindung theologischer Gegensätze feiert, die schon längst niemand mehr versteht, geschweige denn interessiert. Die kirchlichen Würdenträger auf evangelischer wie katholischer Seite zelebrieren ökumenische Verbundenheit in dem irrigen Glauben, gemeinsam könnten sie im Kampf gegen die säkulare Welt besser bestehen. Die Evangelischen sind dabei so sehr von der Angst ihrer gesellschaftlichen Marginalisierung getrieben, dass sie sogar vor Unterwerfungsgesten der nach wie vor machtvoll auftretenden Katholischen Kirche nicht zurückschrecken. Sie fahren nach Rom, nachdem der Papst sich geweigert hatte, nach Wittenberg zu kommen. Wie soll angesichts so viel theologischer Selbstverleugnung der evangelischen Kirchenführer das protestantische Prinzip noch zur Geltung kommen können? Es wird auch auf dem Kirchentag dem innerkirchlich motivierten ökumenischen Einheitswahn zum Opfer fallen.

Natürlich wird man sich auf dem Wittenberger Kirchentag auch mit den gesellschaftlichen und politischen Konflikten und Herausforderungen der zerrissenen Weltgesellschaft beschäftigen. Es wird den ganzen Sommer über unzählige Foren in Berlin und Wittenberg auch zu Demokratie und Menschenrechten geben. Es werden der Trumpismus und die AFD wichtige Themen sein. Das steht alles außer Frage. Aber man wird nichts darüber hören, was das spezifisch Protestantische in der Stellungnahme ist, die angesichts der heutigen politischen und gesellschaftlichen Situation von Christen gefordert ist. Von einer protestantischen Identität will man um des lieben ökumenischen Friedens willen in den Leitungsgremien der EKD ebenso wenig etwas wissen wie unter den Cheforganisatoren des Evangelischen Kirchentages. Man übersieht dabei jedoch, dass es viele Menschen in der Evangelischen Kirche und vielleicht noch mehr in der Katholischen Kirche gibt, die sehnlichst darauf warten, dass das durch die Reformation ins Christentum eingeführte protestantische Prinzip sich in der Kirche wie dann erst recht in Politik und Gesellschaft heute erneut energisch Geltung verschafft.

Was es mit dem Protestantismus als Prinzip auf sich hat, hat als erster Paul Tillich in den 1920er Jahren ausgesprochen. Er meinte damit, dass die aus der Reformation des 16. Jahrhunderts hervorgegangene Kirchenreform sich gegen alle ideologische Überhöhung menschlicher und weltlicher Macht ins Göttliche gerichtet hat. Protestantisch ist der Protest gegen eine Arroganz der Macht, die sich auf höhere Rechtfertigungen beruft als die, auf Zeit und nach demokratischen Regeln vergeben worden zu sein. Absolute, göttliche Rechtfertigung steht nur Gott zu. Kein Mensch darf sich auf sie berufen, um damit am vernünftigen Diskurs vorbei seine Entscheidungen zu legitimieren. Das protestantische Prinzip ist der permanente Einspruch gegen die ideologische, sich auf höhere Gewalt berufende Rechtfertigung der Macht. Es lässt, wie Tillich sagte, Priester zu Laien, Sakramente zu bloßen Worten, Heiliges zu Profanem werden. Es begründet das Priestertum aller Gläubigen. Es ist, in seinem politischen Konsequenzen, das demokratische Prinzip, die theologische Begründung des Rechts auf vernunftgeleitete, diskursiv ausgehandelte Selbst- und Mitbestimmung.

Es ist schon so: das protestantische Prinzip verbindet sich eng mit der reformatorischen Einsicht in die Rechtfertigung allein aus Glauben, damit, dass diese in letzter Instanz Gottes und nicht des Menschen Sache ist. Aber es greift über das Kirchliche ins Politische und Gesellschaftliche hinein. Es beschreibt, was es heißt, in Politik und Gesellschaft aus der „Freiheit eines Christenmenschen“ zu leben. Aus der theologischen Lehre vom Priestertum aller Gläubigen folgen dann der demokratische Grundgedanke der Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz und ihr Recht auf Mitbestimmung in allen das Gemeinwesen bestimmenden Angelegenheiten.

Dieses protestantische Prinzip ist zu Zeiten der Reformation weder kirchlich noch staatlich verwirklicht worden. Anpassung an obrigkeitsstaatliches Denken und Demokratieverachtung waren in der ganzen Geschichte auch des Protestantismus ganz überwiegend seine mehrheitskirchlichen Kennzeichen.

Dennoch scheint mir dieses protestantische Prinzip, das jeden Menschen vor Gott gleichstellt, jedem Menschen einen unendlichen Wert zuspricht, die Arbeit für mehr Gerechtigkeit zur moralischen Pflicht zu machen und den Frieden zum Endzweck allen politischen Handelns zu erklären. Allein deshalb schon sollte es auch theologisch ins Zentrum des Reformationsgedenkens treten.

Dann müsste es auch auf dem Wittenberger Kirchentag darum gehen, theologisch Farbe zu bekennen und an der protestantischen Identität des Christentums zu arbeiten. Wir brauchen keinen ökumenischen Versöhnungsschleim. Die politischen, sozialen und ideologischen Gegensätze, die unsere Welt zerreißen, gehen auch durch die Kirchen. Wo diese meinen, ihnen enthoben zu sein, betreiben sie die ganz und gar unprotestantische Vergöttlichung und Immunisierung ihrer Macht.

Der Pluralismus ist auch im Christentum eine Realität. Und er kann auch etwas Gutes haben, nämlich, dass Christen sich darüber Klarheit verschaffen, wofür sie selbst stehen und einzustehen bereit sind, religiös und politisch. Und beides hat eben sehr viel miteinander zu tun.

Was nützt es auch angesichts unserer Welt, wenn die TeilnehmerInnen des Kirchentags noch einmal etwas mehr von der „Rechtfertigung aus Glauben allein“ erfahren? Was nützt, wenn sie abermals hören, wie nahe sich Protestanten und Katholiken schon (angeblich) gekommen sind? Wenn die Zivil- Gesellschaft und der demokratische Staat an so vielen Orten bedroht ist? Würde Luther heute nicht 95 Thesen zur Rettung der Menschenrechte veröffentlichen?

Ja, davon bin ich überzeugt, Luther würde heute seine Lehre von der Rechtfertigung allein aus Glauben als die Botschaft einer Rechtfertigung des Existenz- und Lebensrechtes eines jeden Menschen, allein deshalb, weil er ein Mensch ist, von den Kanzeln predigen! Er würde seine Überzeugung auf die Marktplätze bringen, in TV-Debatten verteidigen und über unzählige Tweets allen, die ihm folgen, weltweit bekannt machen.

Selbstverständlich wollte er auch, dass der zum Gedenken der Reformation in Wittenberg gefeierte Kirchentag sich nicht wieder in die Lehrstreitigkeiten des 16. Jahrhunderts hineinbegibt. Die innerkirchlichen Auseinandersetzung, aber auch die ökumenischen Verständigungsbemühungen hätten ihn vermutlich überhaupt nicht interessiert. Für ihn war die Wiederentdeckung des Evangeliums von einer über Leben und Tod, ewiges Heil oder ewige Verdammnis entscheidenden Wahrheit von alleiniger Bedeutung. Entsprechend entscheidet heute die Anerkennung oder Verleugnung der Menschenrechte täglich über Leben und Tod, offene Zukunft oder endgültiges Verderben von Tausenden von Menschen. Sie bleiben an den Grenzzäunen wie sie überall, auch in Europa, errichtet werden, hängen, ersaufen im Mittelmeer – oder aber sie finden Aufnahme in Ländern, die ihnen das Überleben sichern, oder, noch besser, sie erhalten durch den Aufbau einer gerechteren Welt- und Friedensordnung die Chance, zum wirtschaftlichen Aufbau ihrer eigenen Länder beizutragen.

Ein Kirchentag, der die Entdeckung des protestantischen Prinzips der Unmittelbarkeit eines jeden Menschen zu Gott und damit die unhintergehbare Bestätigung des unendlichen Wertes jedes Wesens, das Menschenantlitz trägt – unabhängig von dessen religiösen, politischen nationalen oder ethnischen Zugehörigkeiten – feiert und in seinen weltweiten politischen Konsequenzen diskutiert, wäre ein Kirchentag im Sinne Luthers.

Allerdings, keiner von uns hätte dabei die Chance, sich aufs hohe Ross eigener moralischer Rechtschaffenheit zu setzen. Wir sind auch da durch Luthers 95 Thesen gewarnt. Die erste seiner 95 Thesen lautete bekanntlich, dass unser ganzes Leben ein in der Buße, d.h. in kritischer Selbstbesinnung zu führendes Leben sei.

Wenn der Glaube also im Zusammenhang von Demokratie und Menschenrechten eine Rolle spielt: Welche Gestalt des Glaubens ist es dann? Vielleicht ein elementarer Glaube an die Gründung allen Lebens in einem Sinn? Mit anderen Worten: Sollte der protestantische Glaube heute nicht elementar einfach sein? Und wenig dogmatisch, dafür aber sinnstiftend?

Vom protestantischen Prinzip zu sprechen und nicht von einer „reformatorischen Theologie“ oder einem „reformatorischen Rechtfertigungsglauben“, zielt genau darauf, das Protestantische als eine bestimmte, sich von anderen unterscheidende, die protestantische Identität ausmachende Lebenshaltung und Sinneinstellung aufzufassen. Sie kann genauso gut in der katholischen Kirche lebendig sein und ist es unter katholischen Christen de facto auch. Ja, diese vom protestantischen Prinzip bestimmte Lebenshaltung ist an gar kein kirchliches Mitgliedschaftsverhältnis gebunden.

Das Protestantische als Lebenshaltung überschreitet das Kirchliche. Sie geht ins Gesellschaftliche und Politische, ist aber doch religiös grundiert. Sie kommt von einem religiös bestimmten Grundsinnvertrauen her. Das Protestantische ist eine Lebenshaltung, die sich darum bemüht, jeden Menschen in seinem unbedingten Lebensrecht anzuerkennen. Sie schöpft ihre Kraft aus der Gewissheit eigenen Getragen- und Gehaltenseins, eines Gottvertrauens, wie es freilich in den Erfahrungen des Lebens auch immer wieder brüchig werden kann.

Aber, um es noch einmal ins Theologische zu wenden. Das eben heißt Glauben: Glauben meint nicht das Für-wahr-halten von überlieferten Glaubensbekenntnissen und kirchlichen Dogmen. Glauben bedeutet, darauf sich zu verlassen, dass die eigene Existenz bedingungslos gerechtfertigt ist, von Gott gerechtfertigt ist, nicht durch eigene Leistungen und Machtbeweise behauptet werden muss. Anerkannt, akzeptiert bin ich, so wie ich bin. Mein Leben hat einen Sinn. Es ist für mich gesorgt!

Wer aus solchem Glauben lebt, wie kann der anders, als sich zu fragen, wie die Welt aussehen müsste, damit jeder Mensch aus solcher Sinnerfahrung leben kann.

Copyright: Prof. Wilhelm Gräb, Berlin.

An Fakten glaubt man nicht!

An Fakten glaubt man nicht!

Drei Fragen an Prof. Wilhelm Gräb, Berlin

Die Fragen stellte Christian Modehn

Die neue US – amerikanische Regierung unter Trump will der Öffentlichkeit einhämmern, dass sie allein weiß, was Fakten sind. Wir sollen Tatsachen (etwa: wie viele Leute bei der Amtseinführung Trumps dabei waren) in einer offiziell vorgegebenen Umdeutung als Glaubenshaltung akzeptieren. Glauben an die Machthaber soll Wissen ersetzen. Was kann der einzelne dagegen tun?

Es ist wirklich grotesk, was zurzeit im Weißen Haus in Washington geschieht. Es geht schlicht nicht, Faktenwissen zur Glaubensfrage zu erheben und dann auch noch über den richtigen Glauben durch willkürlichen Machtentscheid zu befinden. Was die Fakten sind, wie also sich etwas tatsächlich verhält oder verhalten hat, können wir wissen. Um solches Wissen können wir uns zumindest bemühen und das tun wir ja auch ständig. Deshalb recherchieren seriöse Journalisten, bevor sie mit einer Meldung an die Öffentlichkeit gehen. Auch die Wissenschaft, also das methodisch kontrollierte Bemühen um das Wissen, verlöre jeden Sinn, wenn das Wissen-Können durch ein Glauben-Müssen ersetzt würde.

Allerdings, worauf uns Trumps unverschämte Attacke auf die Freiheit der Medien und der Wissenschaft aufmerksam machen kann, ist, dass es Wissen und Glauben nicht nur zu unterscheiden gilt, sondern diese auch miteinander zusammenhängen.

Was wir wissen können, müssen wir auch wissen dürfen. Das ist die Basis einer freien und demokratischen Gesellschaft. Wo das Wissen, das möglich ist, nicht zugelassen oder unterdrückt oder schlicht per Machtentscheid zur Unwahrheit erklärt wird, haben wir es mit einer Diktatur zu tun. Das, was wir wissen oder zu wissen meinen, ist allerdings immer fraglich und umstritten. Ob hinsichtlich der Besucherzahl bei der Inaugurationsfeier die Medien oder die Trump-Leute Recht haben, muss geprüft werden. Das ist keine Glaubensfrage, sondern verlangt das Bemühen, herauszufinden, welche der strittigen Behauptung wahr ist. Jedes Wissen ist falsifizierbar, kann widerlegt werden. Von der Widerlegbarkeit des Wissens lebt die Wissenschaft. Die Bestreitung von Wissen will aber nie das Wissen durch einen Glauben, gar einen befohlenen Glauben ersetzen, sondern will ein zutreffenderes Wissen hervorbringen, herausfinden, was wirklich der Fall war oder der Fall ist, was also die Wahrheit ist.

Das Wissen kann und darf nicht durch den Glauben ersetzt werden. Gleichwohl ist das Wissen elementar auf den Glauben angewiesen, eben auf den Glauben an das Wissen-Können bzw. auf den Glauben an die Wahrheit. Wenn wir nicht mehr an die Wahrheit glauben und deshalb nach ihr suchen, ist kein kooperatives Zusammenleben mehr möglich.

Was kann der einzelne, was können wir tun, angesichts der empörenden Arroganz der Macht, die die neue US-amerikanische Administration demonstriert und mit der sie die Gefahr eines Endes der Freiheit der Medien, der Wissenschaft und damit der Demokratie heraufbeschwört?

Mir fällt nichts Besseres ein als zu sagen, es gilt ebenso treu wie trotzig am wahren Glauben, der ein Glaube an die Wahrheit ist, festzuhalten. Ermutigen kann uns dabei ein Wort Jesu aus dem Johannesevangelium: „Ihr werdet die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen!“ (Joh 8, 32)

In den USA spielen fundamentalistische christliche Organisationen leider eine über-große Rolle auch in der öffentlichen Propaganda. Ist Trumps Eintreten für den autoritär vorgegebenen Glauben, entgegen der Faktenlage, auch ein Produkt dieser Kultur verirrter Frömmigkeit?

Der wahre Glaube, der ein Glaube an die Wahrheit ist, begrenzt nicht das Wissen, schon gar nicht ersetzt er das Wissen. Der wahre Glaube stachelt zum Wissen an. Wer an die Wahrheit glaubt und dann sogar auch noch weiß, dass wir an die Wahrheit glauben müssen, der will immer mehr wissen, will herausfinden, was wirklich der Fall ist. Der wahre Glaube führt in den Streit um die Wahrheit. Dieser Streit aber muss mit besseren Argumenten und mit dem Verweis auf die Evidenz von Fakten ausgetragen werden.

Insofern ist der Vorgang, den der neue US-amerikanische Präsident darstellt, in der Tat auch ein Resultat der heillosen Verwirrung im Verhältnis von Wissen und Glauben, den die religiösen Fundamentalisten aller Couleur seit längerem schon anstiften. Die religiösen Fundamentalisten behaupten ja z.B. zu wissen, dass Gott die Welt in 6 Tagen geschaffen hat. Sie versuchen dafür geologische Beweise vorzubringen. Sie kennen keinen Glauben, der wirklich Glaube ist, Vertrauen in die Durchsetzung der Wahrheit, um die wir Menschen uns immer nur strebend bemühen können. Die religiösen Fundamentalisten behaupten, zu wissen, wo es recht eigentlich um das Glauben geht und sie glauben, wo sie sich um ein besseres Wissen bemühen sollten.

Der heillosen religiösen Verirrung, der die Fundamentalisten erliegen und in deren Bannkreis auch Trump und seine Leute stehen, ist leider nur mit religiös-theologischer Aufklärung zu begegnen.

Glauben und Wissen sind zwei unterschiedliche menschliche Haltungen der Wirklichkeit gegenüber. In welcher Beziehung zur Wirklichkeit hat Glauben, wohl immer verbunden mit fragendem Zweifeln, überhaupt Sinn und ist vernünftig vertretbar?

Je mehr wir wissen, wissen können und wissen wollen, desto dringender brauchen wir den Glauben, den wahren Glauben, der ein Glaube an die Wahrheit ist. Der Glaube an die Wahrheit treibt uns dazu an, immer mehr wissen zu wollen. Er führt uns in den Streit um die Wahrheit, eben weil mit ihm das Wissen verbunden ist, dass unser Wissen immer strittig bleibt. Ohne die Auseinandersetzung zwischen miteinander streitenden Wahrheitsansprüchen gibt es kein Wissen. Wissen ist auf Dialog und Dialektik angewiesen. Nichts ist ohne sein Gegenteil wahr!

So gesehen macht dann das Glauben gerade dem, der wissen will und sich am Streit um die Wahrheit beteiligt, enorm viel Sinn. Unser Bemühen um das Wissen, herauszufinden, was wirklich ist, ergibt überhaupt erst in Verbindung mit dem Glauben an die Wahrheit einen Sinn. Würden wir nicht an die Wahrheit glauben, wären wir im Grunde alle in der Lüge gefangen. Dann träte aber auch genau der Zustand ein, in dem ein kooperatives menschliches Zusammenleben gar nicht mehr möglich ist.

Also, wer an der Möglichkeit des Wissen-könnens und damit an der Unterscheidung von wahr und falsch festhält, und das sind im Grunde alle, denen es um eine demokratische Verständigung über die unser Gemeinwesen betreffenden Angelegenheiten geht, der muss zugleich ganz stark glauben, muss an die Wahrheit glauben. Ja, die Wahrheit ist das, woran wir glauben müssen, weil wir sie selbst nicht wissen können. Die Wahrheit bleibt uns entzogen, letztlich unbegreiflich, ist aber gerade so das Ziel all unseres Streben nach Wissen. Diesen Glauben gibt es nicht ohne den Zweifel, eben weil er wahrer Glaube und kein Wissen ist, zu einem solchen auch niemals werden kann.

Statt vom Glauben an die Wahrheit können wir dann aber auch vom Glauben an Gott sprechen. „Gott“ ist das Wort für den unbegreiflichen Sinn des Ganzen. Wer wahrhaft an Gott glaubt – und nicht an einen zum Zwecke eigenen Machtstrebens aufgestellten und die eigene Größe demonstrierenden Götzen –, der strebt nach der Wahrheit, setzt sich argumentativ mit den Wahrheitsbehauptungen anderer auseinander, bleibt im Gespräch.

Wer nicht an Fakten, sondern an Gott als die Wahrheit glaubt, strebt nach der Wahrheit, indem er sie herausfinden will. Er behauptet nie, die Wahrheit zu besitzen und in der eigenen Tasche zu haben.

Copyright: Prof. Wilhelm Gräb, Berlin, und Religionsphilosophischer Salon Berlin

„Warum ist es gut, Schönes zu pflegen?“

Weiterdenken: Drei Fragen an den protestantischen Theologen Prof. Wilhelm Gräb:

Die Fragen stellte Christian Modehn

Zumal in der Weihnachtszeit sind wir hier in Westeuropa von glitzerndem Glanz umgeben, von funkelnden Dingen, die als schön gelten sollen sowie von Liedern, die in ihrer Schlichtheit oft eher infantil wirken („Leise rieselt der Schnee…“). Aber Schönes ist etwas ganz anderes als Kitsch, der im Dienst des Konsums steht. Das Schöne, etwa das Erleben einer gotischen Kathedrale, weist offenbar über den Alltag hinaus? Aber wohin?

„Friede auf Erden und allen Menschen ein Wohlgefallen!“ Das war die Botschaft des Engels an die Hirten auf den Feldern Bethlehems, die dort ihre Herde hüteten. Wohlgefallen, das ist es aber auch, was sich im Erleben von Schönem einstellt. Dahin geht unser aller Sehnsucht gerade in diesen Tagen wieder. Wir erhoffen es von Weihnachten, für Stunden wenigsten, dass der Stress aufhört, dass wir Ruhe finden, dass wir zusammenkommen, dass wir intensiver erleben, wie schön es doch sein kann, auf dieser Welt zu sein.

Dass Gott in die Welt kommt, dass er Mensch wird, feiern wir an Weihnachten. Die Bedeutung, die in dieser Idee des Christentums liegt, ist eben die eines letztlich harmonischen Zusammenklangs zwischen jedem einzelnen Menschen und dem Ganzen des Universums. Diese Harmonie haben die Hirten empfunden als sie vor dem göttlichen Kind im Stall von Bethlehem niederknieten. Er klingt in unserem eigenen Herzen nach, wenn wir an der Krippe stehen und mit Paul Gerhardt singen: „Ich steh an deiner Krippen hier, oh Jesu, du mein Leben…“.

So geht es uns in der Begegnung mit Schönen, dass wir einen wunderbaren Zusammenklang von Differentem erleben. Farben, Töne, Räume spannen sich auf und fügen sich zusammen, und dies so, dass sie zugleich in uns selbst ein Wohlgefallen erzeugen. Ein Wohlgefallen an dem, was wir sehen und hören und schmecken, an einem Bild, einem Oratorium, einem festlichen Essen. Ein Wohlgefallen, das uns aber zudem in unserem Inneren berührt.

Das Schöne, das unser Wohlgefallen erregt, zeigt uns, dass es Resonanzverhältnisse gibt zwischen uns und der Welt. Wir sind der Welt offensichtlich nicht gleichgültig. Sie kommt uns vielmehr entgegen. Wir passen in die Welt und die Welt passt zu uns. Es gibt kein größeres Wohlgefallen für uns Menschen als dieses, gemeint zu sein, anerkannt, wertgeschätzt, geliebt. Das aber geschieht im Erleben von Schönem.

Deshalb ist für Christen auch Weihnachten das schönste aller Feste. Denn da feiern wir eben dies, dass jeder Mensch so gemeint ist, wie er ist, anerkannt, wertgeschätzt, unendlich geliebt. Deshalb, weil in ihm Gott zur Welt kommt. Nicht nur damals im göttlichen Kind, in der Krippe des Stalls von Bethlehem, sondern in jedem Menschen, der das Licht der Welt erblickt. Das ist das Wunder von Weihnachten: „Das ewig Licht geht da hinein, gibt der Welt ein‘ neuen Schein.“

Weihnachten weist über den Alltag hinaus, klar. Doch entführt uns die christliche Botschaft nicht andere, jenseitige Welten, sondern sie rückt diese Welt, die im Grau des Alltags sich bewegt, und erst recht diese Welt, in der die Menschen einander das Leben zur Hölle machen, wie jetzt gerade wieder auf besondere schreckliche Weise ins Aleppo, ins Licht ihrer ungeahnten, göttlichen Möglichkeiten, dass Friede werde und allen Menschen ein Wohlgefallen.

Wer Schönes erlebt, im Betrachten von Kunst etwa, ist auf sich selbst konzentriert, kann sich dabei seines Lebens wieder erfreuen. Aber: Wer sich selbst aufs ästhetische Erleben fixiert, vergisst oft die anderen. Mit anderen Worten: Braucht die Ästhetik immer die Korrektur durch die größere Ethik?

Wer Schönes erlebt, erfährt sein Leben so wie es von Gott, dem Schöpfer, gemeint war. Deshalb haben die großen Theologen seit alters die Menschwerdung Gottes in der Geburt des göttlichen Kindes als die Vollendung der Schöpfung verstanden. Jetzt erst, mit der Einkehr Gottes in die Welt, wird die Trennung des Menschen von seinem Schöpfer, in die er durch seinen rücksichtslosen Selbstdurchsetzungswillen geraten war, überwunden. Jetzt kommt ihm die Welt wie von alleine entgegen und er merkt, dass er in sie hineinpasst. In der Begegnung mit Schönem, in der Kunst, in der Musik, bei einem gelungenem Fest, erleben wir dies und wird uns bewusst wie sonst nie, dass es ein wunderbares Geschenk ist, das Leben zu haben.

Umso schmerzlicher, so denke ich, empfinden wir doch gerade in solchen Momenten des Glücks auch, wie unverdient dieses Geschenk ist. Ebenso spüren wir in solchen Momenten den Schmerz über das Elend und die Not, die Grausamkeit und den frühen Tod, den so viele Menschen erleiden müssen.

Ich denke insofern gerade nicht, dass die Ästhetik, die uns das Wohlgefallen am Dasein ermöglicht, von der Ethik, die uns in die Verantwortung für eine durchaus verbesserliche Welt stellt, fernhält. Im Gegenteil, die Ästhetik, das Wohlgefallen am Dasein, das die Begegnung mit Schönem in uns erzeugt, kann zugleich unsere Bereitschaft wie unsere Kräfte stärken, denen zu helfen und uns für die einzusetzen, die in schlimmen Verhältnissen um ihr Leben kämpfen müssen.

So sehr uns also in einer Welt voller Hässlichkeit und Gewalt das Erleben des Schönen (in der Kunst, der Musik usw.) auch zu trösten vermag: Ist das wahre Schöne nicht immer vor allem beim Menschen zu entdecken, also bei mir selbst und den anderen. Und es ist überhaupt nicht zynisch gefragt, wenn man auch und gerade beim Armen von dessen (verborgener) Schönheit spricht, wie dies etwa die biblischen Erzählungen bezeugen?

Die Hirten auf den Feldern rings um Bethlehem waren keine reichen und keine mächtigen Leute. Doch gerade sie haben sich von der Botschaft, die vom Frieden auf Erden und dem Wohlgefallen, das allen Menschen versprochen ist, zu sagen wusste, auf den Weg zum Stall von Bethlehem locken lassen. Was sie dort sahen, war ebenfalls nichts, das auf Macht und Reichtum hätte schließen lassen können. Ein kleines, schwaches Kind lag da, in einem Futtertrog.

Doch es war dieses kleine schwache Kind, das die Künstler aller Zeiten als Inbegriff menschlicher Schönheit wieder und wieder ins Bild zu setzen wussten. In Bilde dieses Kindes, auf Stroh gebettet oder auch auf den Armen der Mutter Maria, zeigten insbesondere die mittelalterlichen Meister und auch noch ein Rembrandt, wie schön der Mensch ist, gerade dann, wenn wir ihn in seiner elementaren Bedürftigkeit sehen, in seiner unendlichen Angewiesenheit auf Liebe.

Die Schönheit legt sich auf das Gesicht eines Menschen dann, wenn er in seiner Empfänglichkeit sichtbar wird, erst Recht aber, wenn er Dankbarkeit ausspricht, für das wunderbare Geschenk des Lebens.

Keiner hat für diese Dankbarkeit trefflichere Worte gefunden als Matthias Claudius. In seinem Wandsbeker Boten, natürlich mit einem Weihnachtslied, von dem er allerdings zugleich meinte, dass es „täglich zu singen“ sei:

Ich danke Gott, und freue mich
Wie ‘s Kind zur Weihnachtsgabe,
Daß ich bin, bin! Und daß ich dich,
Schön menschlich Antlitz! habe;Daß ich die Sonne, Berg und Meer,
Und Laub und Gras kann sehen,
Und abends unterm Sternenheer
Und lieben Monde gehen,

Und daß mir denn zumute ist,
Als wenn wir Kinder kamen,
Und sahen, was der heil’ge Christ
Bescheret hatte, Amen!

 

Copyright: Prof. Wilhelm Gräb

Warum ist es gut, wahrhaftig zu sein? Drei Fragen an Prof. Wilhelm Gräb

Die Fragen stellte Christian Modehn.

Die Wahrheit sagen und ihr im Tun entsprechen erfordert zunächst Unterscheidungen: So ist es nicht etwa ethisch gut, wenn ich eine mathematische Wahrheit ausspreche: 2 plus 2 ist zusammen 4. Mathematik hat in dem Sinne mit Moral nichts zu tun. Hingegen ist Wahrhaftigkeit eine Tugend, wenn es um mein Leben und das Leben mit anderen in der Gesellschaft geht. Warum ist es dann also böse („gegen die Tugend“), sich persönlich der Bindung an Wahrheit zu entziehen, indem man sagt: Alle Erkenntnis ist doch sowieso relativ; ich kann über mich und andere sagen, was ich will?

Es ist so, alle Erkenntnis ist relativ, standpunktbezogen, perspektivisch, von historischen, sozialen und kulturellen Kontextbedingungen abhängig. Allerdings, schon indem wir sagen: Alle Erkenntnis ist relativ, machen wir die mit Wahrheitsanspruch verbundene Aussage, dass dies wirklich so ist. Selbst indem wir die Wahrheit relativieren, kommen wir also nicht umhin, auf sie zu setzen. Das Eingeständnis der Relativität der Wahrheit schränkt somit die Geltung der Wahrheitswertdifferenz in keiner Weise ein. Sie steht vielmehr gegen die hypertrophe Behauptung, es könne eine absolute Wahrheit geben. Die gibt es für uns Menschen in unserem geschichtlichen, endlichen Dasein nicht. Das bedeutet aber keineswegs, dass wir nicht nach der Wahrheit streben sollen. Im Gegenteil, all unser Reden und Tun lebt im Grunde vom Streben nach der Wahrheit. Wenn wir etwas sagen oder in unserem Handeln auf etwas aus sind, dann nehmen wir gleichsam wie selbstverständlich in Anspruch, dass wir etwas der Wirklichkeit entsprechendes sagen und auf etwas Realitätshaltiges aus sind. Anders macht unser Reden und Tun weder für uns selbst noch für andere irgendeinen Sinn.

Wahrhaftig zu sein bedeutet demnach, zur Wahrheit dessen zu stehen, was wir nach bestem Wissen und Gewissen sagen und tun. Wahrhaftig zu sein, ist tatsächlich eine Tugend, also ein moralisch verantwortliches Tun des Guten. Denn es versteht sich keineswegs von selbst, dass wir zu dem mit unserem Reden und Tun immer schon verbundenen Anspruch auf Wahrheit auch stehen, wir uns bewusst zu diesem Anspruch verhalten und die unter Umständen unangenehmen Konsequenzen zu tragen bereit sind.

Es ist moralisch gut, wahrhaftig zu sein; so zu reden und zu handeln, dass wir dies nach bestem Wissen und Gewissen zu tun. Das bedeutet nicht, dass wir nicht irren können, denn wir sind und bleiben fehlbare Menschen, die nicht im Besitz der absoluten Wahrheit sind.

Böse ist es dann jedoch, sich – wie Sie sagen – „persönlich der Bindung an Wahrheit zu entziehen“. Denn dann rede und handle ich so, dass ich absichtlich dem widerspreche, was ich nach meiner eigenen Einsicht und Überzeugung zu sagen und zu tun hätte. Ich bin im Grunde mir selbst gegenüber unehrlich. Insofern kann man dann aber auch sagen, dass schon die Selbstachtung es von uns verlangt, wahrhaftig sein zu wollen.

In den Erzählungen über Jesus von Nazareth, in den Evangelien, ist von Wahrheit und Wahrhaftigkeit die Rede, etwa wenn Jesus (im Johannesevangelium) sagt: „Die Wahrheit wird euch frei machen“. Was bedeutet dieser ethische Impuls für den einzelnen?

Dieses Wort Jesu aus dem Johannesevangelium (Joh 8, 32: „Ihr werdet die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen!“) verstehe ich so, dass nur das Vertrauen auf die Wahrheit oder, so können wir auch sagen, der Glaube an die Wahrheit, uns zu einem freien, d.h. selbstbestimmten Reden und Tun befähigt. Weil wir als endliche und fehlbare Menschen nicht im Besitz der absoluten Wahrheit sind, müssen wir an die Wahrheit glauben. Im Glauben an die Wahrheit gewinnen wir den Mut, zu sagen, was wir denken, auch wenn es der gerade gängigen Meinung widerspricht und zu tun, was wir für richtig halten, auch wenn es persönlich unangenehme Konsequenzen haben sollte. Dies einzusehen, reicht jedoch zum Verständnis des Wortes Jesu wie dann auch der Bedeutung, die es für ein in Wahrhaftigkeit geführtes Leben hat, noch nicht aus. Wir müssen das andere Wort Jesu aus dem Johannesevangelium hinzunehmen, Joh 14,6, wo Jesus sagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Denn dann erst gewinnt der Glaube an die Wahrheit jenen Inhalt, der ihn davor schützt, in eine möglicherweise doch unmenschliche Rechthaberei zu geraten. Zu sagen, was ich denke, und zu tun, was ich für richtig halte, ist ja nicht per se gut.

Wenn Jesus jedoch von sich selbst sagt, dass er selbst die Wahrheit ist, indem er den Weg zu ihr als einer lebensdienlichen Wahrheit zeigt, dann gibt er damit den klaren Hinweis, wie wir die uns frei machende Wahrheit sollen finden können: Indem wir dem Weg folgen, den Jesus selbst gegangen ist. Das aber ist der Weg der Liebe und der aufopferungsvollen Hingabe!

Die uns frei machende Wahrheit lässt uns zu dem stehen, was wir denken und tun, was wir für richtig halten. Dennoch sind wir nur dann in dieser Wahrheit, wenn sie dem Leben dient, denen vor allem, die schwach, arm und unterdrückt sind, neue Lebenschancen eröffnet.

Dieser ethische Impuls hat auch gesellschaftliche und politische Auswirkungen: Lügen sind für die Gesellschaft zerstörerisch, gegebene Versprechen nicht einhalten ebenso: Denn aller Zusammenhalt der Menschen zerbricht dann. Also sollte sich der einzelne förmlich auch „opfern“, wenn er im Kreis von Lügnern und diplomatisch mit der „Wahrheit“ Hin – und Herjongliern tatsächlich die Wahrheit sagt?

Jesus ist bekanntlich den Weg sich aufopfernder Hingabe gegangen, bis zum Tod am Kreuz. Er ist diesen Weg gegangen, weil er den Teufelskreis von Gewalt und Gegengewalt durchbrechen und Verhältnissen zum Durchbruch verhelfen wollte, in denen Menschen liebevoll und barmherzig miteinander umgehen. Dies auch tun können, weil sie ihr Vertrauen auf einen Gott, der die Liebe und damit zugleich die Wahrheit ist, miteinander verbindet.

Wenn wir uns an Jesus orientieren, dann sehen wir vielleicht auch für uns eine Möglichkeit, zur Wahrheit zu stehen, zu dem, was wir selbst zu sagen und zu tun als richtig erachten – auch dann, wenn es in schwierige Situationen bringt und uns Opfer abverlangt, an Ansehen, Anerkennung, vielleicht auch Freundschaften kostet.

Dass solche „Opfer“ angesichts der Spaltungen, die in unserer Gesellschaft im Zusammenhang der Flüchtlingskrise und eines neuen Rechtsrucks aufgebrochen sind, schnell abverlangt werden können, liegt auf der Hand. Aber wiederum, wenn wir uns an Jesus und dem Weg der Wahrheit, den er in Liebe gegangen ist, orientieren, dann versuchen wir zu unserer Überzeugung zu stehen, ohne andere als Personen herabzuwürdigen. Das ist manchmal nicht leicht. Aber mit dem Vorwurf der Lüge (npresse) wird leider von allen Seiten gearbeitet.

Was uns in unserer zerstrittenen Gesellschaft weiterhilft, ist in der Tat, auf liebevolle, hingebungsvolle, aufopferungsvolle Weise zur eigenen Einsicht in die Wahrheit, die die Liebe ist, zu stehen.

Copyright: Prof. Wilhelm Gräb und Religionsphilosophischer Salon Berlin

Warum ist es gut, gut zu sein? Drei Fragen an Prof. Wilhelm Gräb, Berlin

Die Fragen stellte Christian Modehn

Angesichts von Hass, Gewalt und Krieg heute drängen sich elementare Fragen nach dem unaufgebbaren Humanum wie von selbst auf, diese Fragen müssen wohl um der Menschlichkeit willen viel stärker „bearbeitet“ werden. Zum Beispiel: Warum ist es für den einzelnen Menschen gut, selbst gut zu sein? Ist es denn wirklich so schwer, das Gute zu erkennen, das ja doch mehr sein muss als nur das gute Leben für mich allein?

Im Grunde meines Herzens weigere ich mich, schlecht vom Menschen zu denken. Ich habe es selbst immer wieder erlebt, ich kenne so viele Beispiele dafür, dass Menschen gut zueinander sind, bereit einander zu helfen und in schwierigen Situationen beizustehen. Das alles geschieht permanent, sobald Menschen einander wahrnehmen, als ihresgleichen, als Menschen, die Bedürfnisse haben, die aufeinander angewiesen sind, denen einen freundlicher Umgang mit einander guttut. Natürlich weiß auch ich, wozu der Mensch fähig ist. Auch mir stehen die Gräueltaten vor Augen, mit denen der Mensch seinesgleichen in die Folter- und Gaskammern getrieben hat, die Ströme von Blut, die die Menschheitsgeschichte durchziehen. Auch ich nehme die zunehmende Verrohung wahr, die die öffentliche Medienkommunikation durchzieht und bin erschrocken über den Hass, der aus den Kommentaren im Internet spricht. Ich muss aber auch zugeben, dass ich selbst zunehmend teilnahmslos reagiere auf die Nachrichten über Bombenterror und Kriegstote in Syrien, im Irak, im Jemen, an vielen Orten, ganz in der Nähe, auch in Europa. Ich bin entsetzt. Ich finde das furchtbar. Und ich empfinde die Hilflosigkeit angesichts der offensichtlichen Übermacht des Bösen.

Dennoch widerstrebt es mir zutiefst, zu sagen, so ist er eben, der Mensch, böse von Jugend auf. Als Theologe weiß ich zwar, dass bestimmte christliche Lehrtraditionen dieser Auffassung von der abgrundtiefen Sündhaftigkeit des Menschen Ausdruck gegeben haben. Aber in keiner christlichen Theologie ist die Behauptung von des Menschen Unverbesserlichkeit das letzte Wort über ihn. Christliche Theologie sieht ihn letztlich als einen solchen, der dazu bestimmt ist, jene Güte zu erlangen, die zu verwirklichen ursprünglich Gottes Absicht mit ihm war.

Vielleicht fehlt uns tatsächlich nichts mehr, als dass wir – wie Martin Luther es einmal ausgedrückt hat – nie eine Kreatur recht angesehen haben. Sobald wir das nämlich tun, sehen wir unser aller Bedürftigkeit, unsere Angewiesenheit aufeinander, dann kann es sogar geschehen, dass wir Liebe zueinander empfinden, ein Wohlwollen dem anderen gegenüber. Das ist es, was wir zur Rettung des Menschlichen brauchen, dass wir zu dem stehen, was uns als Menschen miteinander verbindet. Es ist so etwas wie eine gefühlsbasierte Einsicht in die conditio humana: dass wir endliche, begrenzte, aufeinander angewiesene Lebewesen sind. Ja, wir wissen, was gut ist. Wir wissen, dass dazu in erster Linie die Achtung voreinander und die Rücksichtnahme füreinander gehören, was Kritik, Auseinandersetzung, Streit überhaupt nicht ausschließt.

Wer die Frage stellt: Warum ist es gut, gut zu sein? erwartet als Belohnung fürs Gutsein irgendwie eine Art Glücksgefühl, eine innere Befriedigung. Aber lässt sich Gutsein durch diesen „Nützlichkeitsaspekt“ wirklich fördern?

Ich glaube wirklich, dass fast alle Menschen gut sein wollen, da fast jeder Mensch genau die eigene Bedürftigkeit und Angewiesenheit von früh auf erfährt. Insofern läuft vermutlich, wenn wir selbst Gutes tun, die Erwartung immer mit, dass wir, sofern wir selbst in Not geraten, von anderen Gutes erwarten können. Ich würde diese Erwartung von Gegenseitigkeit aber nicht als bloßes Nützlichkeitsdenken abwerten. Damit wir an unserem guten Willen festhalten und angesichts der vielen inneren und äußeren Widerstände nicht zu schnell resignieren, müssen wir den Sinn unseres Handelns unterstellen und auch auf Gegenseitigkeit rechnen können. Kein Mensch hält seinen Willen zum Guten durch, wenn er permanent die Erfahrung machen muss, dass sein Gutsein von anderen ausgenutzt wird, er selbst letztlich sogar den Schaden davon hat. Unsere Bereitschaft, anderen mit Wohlwollen und Hilfsbereitschaft zu begegnen, erlischt, wenn wir den Eindruck gewinnen müssen, dass wir in einer Welt leben, in der es total ungerecht zugeht.

 

Niemand wird rundum gut sein können oder auch nur für andere gut leben wollen. Das Misslingen des Guten, auch das Falsche und Böse, muss als Teil des menschlichen Lebens anerkannt werden. Aber das zu sehen setzt Nachdenklichkeit, Reflexion, voraus. Könnte man nicht im Anschluss an Hannah Arendt sagen: Wer gut sein will und gut leben will, muss vor allem eins leisten: nämlich nachdenken?

Wir kennen die eher verächtlich gemeinte Rede vom „Gutmenschentum“. Ich mag sie eigentlich nicht, weil sie suggeriert, es mache sich jemand, der gut sein und Gutes tun will, unlauterer Absichten verdächtig. Aber diese Redensart entspringt vermutlich der Beobachtung, dass Menschen, obwohl sie durch ihr Tun aktuell Gutes bewirken, zugleich gesellschaftliche Strukturen und Machtverhältnisse verfestigen helfen, die auf lange Sicht den betroffenen Menschen überhaupt nicht gut tun. Denken wir nur an die kritische Sicht, die wir inzwischen auf das Werk Albert Schweitzers in Lambarene oder das von Mutter Theresa in Kalkutta werfen. Dies eben deshalb, weil sie Menschen in Not zwar geholfen haben, aber gegen die kolonialen Machtstrukturen und imperialen Ausbeutungsverhältnisse, die die Mehrheit der Menschen dort weiterhin in der Armut belassen haben, in gar keiner Weise vorgegangen sind.

Unser Wille zum Tun des Guten lebt von unserem Zutrauen in die Kraft des guten Willens, die in uns ist. Aber das Vertrauen auf diese Kraft darf nicht mit politischer Blauäugigkeit einhergehen. Gerade ungerechte gesellschaftliche Strukturen und verzerrte Machtverhältnisse bringen immer auch Menschen hervor, die zur Erhaltung ihrer Macht vor nichts zurückschrecken. Umgekehrt ist es so, dass die, die aufgrund der ungerechten Strukturen und des so ungleich verteilten Reichtum ausgeschlossen und benachteiligt werden, (verständlicherweise) in Hass, Gewalt und Krieg ihre letzte Zuflucht sehen.

Die Lage ist unübersichtlich und die Verhältnisse sind kompliziert. Unser guter Wille braucht immer auch die politische Analyse, ja, das „Nachdenken“, die Abschätzung der Folgen unseres Handelns. Doch wo keine guter Wille ist und kein Zutrauen, dass es auf alle Fälle gut ist, gut sein und Gutes tun zu wollen, ist alles andere vergeblich und letztlich zu gar nichts nütze.

Copyright: Prof. Wilhelm Gräb