Ich habe nur „meinen“ Gott …

Der Soziologe Ulrich Beck lässt sich von Etty Hillesum inspirieren
Ein Hinweis von Christian Modehn am 24.9.2025

1.
Ihre „eigene Religion“ haben Menschen sogar inmitten der Säkularisierung der westlichen Welt entwickelt. Das Bekenntnis heißt: „Ich habe mir meine eigene Religion gestaltet (manche sagen `gebastelt).“ Oder: „Ich lebe meine Spiritualität, meine Religiosität, also eine, die zu mir passt und die mir gehört.“

2.
Die „eigene Religion“ wurde in gewisser Weise auch einst, in Zeiten intensiv erscheinender Kirchenverbundenheit gelebt – inmitten der fest strukturierten Konfessionen. Aber dabei wählten die Frommen einzelne Aspekte INNERHALB dieser vorgegeben Konfession und ihrer Traditionen bzw. Dogmen aus: Man verehrte etwa heftig die „Gottesmutter Maria“ oder war von der Erlösung durch das Kreuz Christi bis zu Tränen gerührt begeistert. Aber an dem offiziell vorgegebenen dogmatischen Rahmen rüttelten diese Frommen nach außen hin nicht, das taten nur wenige Häretiker und Schismatiker.

3.
Jetzt geht es um etwas viel Radikaleres: Es geht um die religionsphilosophisch interessante Tatsache: Menschen sagen explizit:Wir schaffen uns selbst unsere eigene Religion, den eigenen Glauben, den je-eigenen, „meinen“ Gott.

4.
Auf dieses Thema machte im Jahr 2008 auch der Soziologe Ulrich Beck aufmerksam. Ein spezielles Interesse an der inneren Welt des Christentums war in seinem umfassenden Werk nie deutlich hervorgetreten. Nun aber versammelte er Aufsätze unter dem Titel “Der eigene Gott. Friedensfähigkeit und Gewaltpotential der Religionen“, erschienen ist das Buch im „Verlag der Weltreligionen“. Und das erste Kapitel dieses komplexen religionssoziologischen Buches findet unser besonderes religionsphilosophisches Interesse: Dieses Kapitel hat den Titel: „Das Tagebuch des `eigenen Gottes`: Etty Hillesum, eine unsoziologische (sic) Einleitung.“

5.
Es ist also erstaunlich, dass sich ein renommierter Soziologe, der sich selbst „ungläubig“ nennt, auf ein spirituelles Tagebuch einlässt. In ihrem „Tagebuch“ fasst die junge niederländische Jüdin vom März 1941 bis September 1943 ihr Leben selbst in Worte, sie will Klarheit für sich selbst und über sich finden und dabei spricht sie unmittelbar, ohne „Filter“, von ihrer Hoffnung, ihrem Glauben inmitten der Verfolgung durch die Nazis. Und das ist das Bemerkenswerte: Sie spricht ausdrücklich, wie sie schreibt, von dem „Allertiefsten, das ich der Einfachheit halber als Gott bezeichne“.

6.
Nur ganz kurz: Etty Hillesum wurde am 15.1.1914 in Middelburg , Niederlande, geboren, sie war schon als junges Mädchen, in einer liberalen jüdischen Familie geboren, literarisch interessiert; von einem Psychologen wurde sie angeregt, Tagebuch zu schreiben. Sie spricht ihr Leben aus während der Besetzung der Niederlande durch die Deutschen, die Nazis, und sie begann im März 1941, Tagebuch – Einträge zu verfassen. Seit dem 6.6.1943 wurde sie im Nazi – Lager Westerbork festgehalten, am 7.9.1943 wurde sie mit ihren Eltern nach Auschwitz deportiert; am 30. November wurde sie dort (im Alter von 29 Jahren) von Nazis und ihren Helfern ermordet. Sie wusste, dass ihre Tagebücher von bleibendem Wert sind und überließ ihre Texte noch rechtzeitig einer Freundin in den Niederlanden.

7.
Der weltweit viel beachtete Soziologe Prof. Ulrich Beck (1944-2015) ist über die Tagebuchnotizen Etty Hillesums nicht nur höchst erstaunt. Man möchte sagen, er ist von ihnen tief berührt, wendet er sich doch wie in einem Brief an die junge Frau mit der Anrede „Liebe Etty“ (S. 26). Was findet Beck so wichtig? Inmitten der Verfolgung und Ermordung der Juden ist Etty Hillesum überzeugt: Gott ist in ihrer eigenen Seele sozusagen als das Beste und Wertvollste anwesend. Dieses Beste und Wertvollste wird dabei als ihr eigener Gott verstanden und hoch geschätzt; es ist nicht der Gott im fernen Himmel, nicht der allmächtige Herr der Schöpfung. Betty Hillesum spricht auch zu ihrem inneren Gott, zu einer inneren Präsenz in ihrem Leben. Und dabei weiß sie etwas Überraschendes: So wie sie als einzelner Mensch hilflos ist angesichts der Vernichtung der Juden, so glaubt sie auch: Ihr eigener Gott ist ebenso hilflos. Aber Etty Hillesum braucht dieses innere Gegenüber, diesen menschlichen Gott, nicht etwa nur, um ins philosophische Nachdenken zu kommen. Sie braucht ihren Gott, weil sie weiß: Gott gehört zu ihr wie eine Art Gesprächspartner. „Aus dem Selbstgespräch Hillesums entwickelte sich ein Gespräch mit einem eigenen Gott. Sie erhoffte sich keine Rettung. Sie sah ihren Gott als hilflos. Sie war es, die Gott helfen musste, damit er seine Stimme in der Katastrophe des Holocaust nicht verliert“, sagt Ulrich Beck in einem Interview (von Sven Hillenkamp) mit dem „Tagesspiegel“ vom 20.7.2008. Und in dem genanten Buch schreibt Beck: „Es ist der Gott, der in der endzeitlichen Katastrophe ohnmächtig und heimatlos ist. Der Gott, der die Menschen braucht, um nicht unterzugehen… Der hilflose Mensch muss den hilflosen Gott in sich bewahren, retten.“ Etty Hillesums klammert sich förmlich an die Erfahrung: Dieser mein Gott ist in mir, er gehört zu mir, er ist das `Produkt` meiner Seele. Aber dieser „mein Gott“ darf nicht untergehen, nicht verschwinden angesichts von Verfolgung und Mord. Ulrich Beck: „Etty Hilversum findet Trost und Würde (nicht Sicherheit!) in der Intimität des eigenen, hilflosen Gottes, in der Gott selbst zum Fragenden wird, der keine Antwort weiß.“(S. 23).

8.
Ulrich Beck fasst die Erfahrung und die Erkenntnis Etty Hillesums zusammen: „Liebe Etty… Sie haben Gott in ihre eigenen Hände genommen… Denn vorher wurde man in eine Amtskirche hineingeboren… sie sind auf die Idee verfallen, etwas mehr erlangen zu wollen, über die Fügsamkeit predigende Kollektivreligiosität hinaus…“(S. 25).

9.
Der Soziologe Ulrich Beck hat sich
auf Etty Hillesums Tagebücher durchaus voller Sympathie eingelassen, sie waren wohl für ihn auch ein Erkenntnisgewinn… Denn er deutet die zentrale Aussage Hillesums als deutlichen Hinweis auf die religiöse Situation heute: Faktisch orientieren sich in Europa und Amerika nicht mehr gehorsam an den vorgegebenen Dogmen und Lehren. Sie (er)finden ihre eigene Religiosität und damit (er)finden sie auch ihren „eigenen“ Gott. „Mir ging es bei Etty Hillesum darum zu zeigen, dass der eigene Gott nicht als Esoterik abgetan, sondern als eine neue historische Form der Religiosität begriffen werden muss. Ich will die Individualisierung Gottes als soziologisches Phänomen ernst nehmen“, so im genannten Interview mit dem „Tagesspiegel“.

10.
Aber was bedeutet die „Individualisierung Gottes“ für theologische und philosophische Überlegungen?
Theologisch und damit auf die Kirchen bezogen nur der knappe Hinweis: Faktisch leben heute sogar kirchengebundene Christen ihre eigene Religiosität und entdecken auch in ihrer Seele ihren je – eigenen Gott. Man untersuche etwa die Spiritualität von Frauen, die noch mit der katholischen Kirche verbunden sind…Viele andere geben hingegen – dogmatisch befreit – ihre konfessionelle Bindung auf, aber sie werden nicht „Atheisten“, sondern leben ihren eigenen Gott. Natürlich gibt es auch Christen, die es mit ihren traditionellen dogmatischen Glaubensbekenntnissen und der Kirchen-Moral noch ernst meinen.

11.
Für die Christen, die ihren eigenen Gott entdecken, stellt sich theologisch und religionsphilosophisch die Frage, die dann doch ins Normative führt: Ist „mein“ Gott eine Wirklichkeit, die wichtigen Charakteristika Gottes gerecht wird, wenn denn der Begriff und irgendwie noch klassisch überlieferte Titel „Gott“ noch einen Sinn macht. Über die wahrhaftig ausgesprochene Gotteserfahrung Etty Hillesums soll hier nicht geurteilt werden. Nur so viel: Ihr “eigener Gott” bedeutet ihr so viel, dass sie auf keinen Fall das Verschwinden Gottes inmitten des Nazi – Mordens zulassen will: Es ist eben Gott und nicht nur ihr eigener Gott, den sie nicht sterbend erleben möchte.
Um bei der Frage nach einem normativen Kriterium zu bleiben: Andere religiöse Menschen werden sich – normativ – fragen: Ist mein Gott eine Wirklichkeit, die mich zu einem umfassenden humanen Leben wirklich befreit, mich zur Selbst -Liebe wie zur Liebe der anderen, auch der Nächsten, ermuntert, wie auch zum Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden. Oder ist dieser „mein“ Gott doch nur eine Art ideologische Bestätigung meines üblichen Lebensmodells, das Egoismus und Nationalismus und Krieg als oberste „Werte“ wie Götter hochschätzt.

12.
Theologisch und religionsphilosophisch wird man wohl auf die Frage nach dem Normativen in der Auseinandersetzung mit „meinem“ individuellen Glauben nicht und niemals verzichten können. Und die Frage bleibt, in welcher Form unterschiedliche Menschen unterschiedlichen Glaubens (an den je „meinen” Gott) eine Gemeinschaft formen können.
Aber die kritischen Normen für eine über das Subjektive hinausgehende Beurteilung der vielen je – meinigen Religionen können niemals den Religionen und Kirchen selbst entstammen. Diese kritischen Normen können nur in allgemein gültigen philosophischen Erkenntnissen begründet sein, man denke etwa an den Kategorischen Imperativ von Immanuel Kant.

13.
Das führt weiter: Menschen sind mit dem förmlich absolut im geistigen Leben präsenten „Kategorischen Imperativ“ – sozusagen unauslöschlich – „ausgestattet“? Weist der gelebte „kategorische Imperativ“ in seiner universellen Bedeutung nicht in die Richtung einer geistigen, aber unkirchlichen, deswegen eher unbeholfen zu nennenden „säkularen Heiligkeit“? Wobei Heiligkeit nicht mit dem klassischen Gottesbegriff verbunden ist, sondern einfach die Unantastbarkeit eines jeden Menschen meint, seine Würde, die dann zur Forderung der wesentlichen Gleichheit aller Menschen führt. Der Soziologe UlrichBeck hat sich in seinem genannten Interview mit dem Tagesspiegel leider zu kurz, aber deutlich geäußert: „Die Menschenrechte heiligen das Individuum. In diesem Sinne stellt Amnesty International eine moderen Kirche des eigenen Gottes dar.“ Ist also dereigene Gott, den Etty Hillesum in ihrem Leiden als „meinen“ Gott in ihrer Seele entdeckte, vielleicht auch inhaltlich zu beschreiben mit den auch heute überall nur verbal behaupteten, oft niedergetretenen und mißachteten, aber trotzdem nach wie vor, „an sich“, universell geltenden Menschenrechten?

14.
Eine philosophische Reflexion zum Thema „mein Gott“ müsste sich mit dem Thema „Gott – und die Götter – durch den Menschen geschaffen“ befassen. Damit wird etwa auf Ludwig Feuerbachs “Wesen des Christentum”  verwiesen. Wir haben in einem früheren Beitrag in Auseinandersetzung mit Feuerbach zu zeigen versucht: Wenn der Mensch selbstverständlich seinen Gott schafft, dann ist dabei immer auch Gott selbst tätig dabei: In der Gestalt des Geistes im Menschen, eines Geistes, den man auch göttlich nennen kann: Der Mensch wird in einer metaphysisch orientierten Philosophie als Geschöpf eines Gottes verstanden. Und dieser Gott hat seine Schöpfung, die Welt, und damit die Menschen, mit seinem schöpferischen Geist ausgestattet. Geist ist für die klassische Metaphysik etwas Göttliches. Darum kann gelten: Die Menschen, geistvoll und kreativ, schaffen sich ihren Gott und ihre Götter: Und daran ist Gott selbst – durch seinen Geist – beteiligt.

15.
Wirklich „nur“ von Menschen gemachte Religion und Götter gibt es also nicht. Und den Menschen bleibt auch heute die dringende – auch politische – Aufgabe, einen Gott der Befreiung und Humanität von den Göttern und Götzen des Materialismus, Egoismus, Nationalismus zu unterscheiden.

In unserer Welt heute wimmelt es bekanntlich von Göttern und Götzen. Trump hat seinen Gott, aber der ist sein Götze, der ihm ständig einen guten „Deal“ zu eigenen Milliardärs – Gunsten diktiert. Putin hat seinen Götzen, den Wahn des russischen Nationalismus in russisch-orthodoxem Gewand, Neoliberale haben ihre Götzen, die ihnen ständig Wachstum um jeden Preis diktieren und dabei die universelle Gerechtigkeit ignorieren. Kann Sport, kann Fußball, zum Götzen werden? Über diese „meine“ Götter und „meine“ Götzen des Alltags wäre endlich öffentlich – etwa in so genannten Talk-Shows – zu sprechen. Wer kann sich erinnern, dass Religionen und Kirchen in den letzten drei Jahren Themen einer Talkshow im Ersten oder im ZDF waren? Diese Themen werden wohl bewusst übersehen zugunsten immer derselben Sachen mit denselben Gästen….Und die katholische Kirche – sie könnte öffentlich über ihren spezifischen Götzen debattieren, um diesen Götzen dann bitte abzuschaffen: Dieser Götze ist die Jahrhunderte alte Klerus-Herrschaft, die der Klerus – fundamentalistisch und falsch – von Jesus von Nazareth herzuleiten meint. Natürlich ist gerade auch diese Götzenkritik nicht mehr als ein absolut “frommer Wunsch“…

16.
Wo also ist Gott, „mein“ Gott, der diesen Namen Gott wirklich verdient?

Weiteres zur Auseinandersetzung mit Ludwig Feuerbach „Wesen des Christentums“: LINK. https://religionsphilosophischer-salon.de/15229_ludwig-feuerbach-vor-150-jahren-gestorben-der-mensch-erschafft-sich-gott_religionskritik

Literaturhinweise:
Die Tagebücher Etty Hillesums: „Das denkende Herz“, Rowohlt Verlag.
Sehr ausführlich: „Ich will die Chronistin dieser Zeit sein“. Sämtliche Tagebücher und Briefe. C.H. Beck Verlag.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

 

 

 

Papst Leo XIV. – neueste Entscheidungen des Allein-Entscheiders

Die jüngsten Äußerungen des Papstes sind alles andere als „zukunftsweisend“
Ein Hinweis von Christian Modehn am 19.9.2025

Wir beginnen die konservativen Stellungnahmen Papst Leo XIV. zu dokumentieren: 

Am 23.9.2025:

Heute also beginnen wir mit des Papstes Plädoyer und Verständnis für die immer noch weltweit üblichen Teufelsaustreibungen, Exorzismen genannt,  anläßlich eines Treffens von EXORZISTEN aus aller Welt kürzlich in Rom… Dass “das Böse” vor allem auch aus dem Klerus (sexueller Missbrauch etc.) ausgetrieben werden müsste, wird vom Papst nicht gesagt… LINK:

Am 24.9.2025 :

Papst Leo XIV. ruft die Katholiken auf, im Okober täglich den Rosenkranz zu beten. Maria als Mittlerin an Gottes Thron soll gleichsam Gott bestürmen, für Frieden zu sorgen. LINK    Welcher Frieden soll denn erbetet werden? Was soll Gott bloß tun, wenn die Russisch – Orthodoxen auch ihren Gott um Frieden in ihrem Sinn bitten? Hintergrund für diese spirituelle “Friedensinitiative” des Papstes ist die tradionelle Gottesvorstellung, die auch Papst Leo teilt: Gott im Himmel lässt sich durch Maria im Himmel bewegen, als Gott – Vater Frieden auf Erden zu schaffen…Oder soll das Rosenkranzgebet doch nur eine Art seelischer Beruhigung sein? .Wir haben auf den Missbrauch von Marienliedern im Krieg hingewiesen: LINK.

Am 26.9.2025 :

Im kürzlich erschienenen Interview-Buch mit Ann Allen (USA) (auf Spanisch erschienen: “Leo XIV.: Ciudadano del mundo, misionero del siglo XXI”) sagt Papst Leo XIV., wie KNA berichtet: Es entspreche nicht dem Auftrag der Kirche und dem, was die Welt von ihr erwarte, sich ausschließlich auf das Thema sexualisierter Gewalt zu konzentrieren. Außerdem habe der Papst davor gewarnt, sich vom Missbrauchsskandal “vollständig in Beschlag nehmen zu lassen“.

Am 25. 9.2025 kritisierte der Mainzer Bischof Kohlgraf auf einer Podiumsveranstaltung im Mainzer Landtag diese Aussage des Papstes. „Der Mainzer Bischof Kohlgraf sagte in einem vorab verbreiteten Redemanuskript, einige Menschen hätten den Papst so verstanden, als wolle er die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt relativieren. `Auch ich kann an die Aussagen des Papstes zum Auftrag der Kirche und des Evangeliums zumindest ein Fragezeichen setzen`, erklärte der Bischof. “Sexualisierte Gewalt ist ein Verbrechen am Menschen und ein Verrat am Evangelium.” Denn der Auftrag des Evangeliums sei es, die Menschen zu stärken und sie entsprechend ihrer Würde zu behandeln: “Ich kann Ihnen versichern, dass wir uns im Sinne dieses Auftrags nicht zurücklehnen werden und dass es auch weiterhin unser Fokus sein wird, Verantwortung für das Versagen der Kirche auf verschiedenen Ebenen zu übernehmen.”
Die Verantwortung dürfe nicht enden, und der Weg zu einem Mentalitäts- und Haltungswechsel im System Kirche sei nicht abgeschlossen, so Kohlgraf laut Manuskript weiter. Leitend müsse dabei immer die Perspektive der Betroffenen sein. Dabei sei weiter zu schauen, wo es “blinde Flecken” gebe: “Wo wird vielleicht immer noch verharmlost, geschwiegen oder vertuscht? Dabei darf es keine Rolle spielen, ob dieser Blick unbequem ist oder fest Etabliertes hinterfragt.”
LINK.   Sogar katholisch.de berichtete über die Papst – Kritik durch Bischof Kohlgraf. LINK

Am 27.9.2025: Nun geht es um die Unfehlbarkeit des Papstes!

Jetzt wird es heftig: Papst Leo XIV. verteidigt am 27.9, erst knapp 4 Monate im Amt, die Unfehlbarkeit des Papstes. Aber auf eine sehr ungewohnte Weise: Er erklärt zunächst alle Katholiken, das ganze Volk Gottes, für unfehlbar. Aber weil für ihn diese 1,4 Milliarden Katholiken nicht mit einer einzigen Stimme sprechen können, kann diese eine wahre Stimme nur dem Papst gehören. Er ist dann sozusagen stellvertretend für alle  Kathioliken (die angeblich alle dasselbe Glauben) unfehlbar.
PS: Im Kommunismus sagte man: Der Parteiführer weiß, was die Masse der Proletarier will, er tut, was die Masse der Parteimitglieder will…

Also noch einmal, für alle, die diese sehr gewagte Äußerung des Papstes schnell als banal übersehen wollen: “Die „Unfehlbarkeit des Gottesvolkes in Glaubensdingen“ finde ihren Ausdruck in der Unfehlbarkeit des Papstes, erklärte der Papst Heilig-Jahr-Pilgern bei der Generalaudienz an diesem Samstag (27.9.2025) in Rom…. Und jetzt wird es fast komisch: Diese Unfehlbarkeit des Volkes Gottes (gemeint ist nur die katholische Kirche) sei, wo wörtlich, so etwas wie ein `Sechster Sinn`, aber gerade den sechsten Sinn hätten vor allem die einfachen, gemeint sind die ungebildeten Leute: „Gelehrte Menschen hören meist nicht auf ihr Gespür (= sechster Sinn), weil sie glauben, ohnehin schon alles zu wissen“, sagte Leo XIV. wörtlich weiter.
Also bitte: Einfach dumm bleiben, auch theologisch dumm, dann kann man dieser verworrenen Rede folgen. Die typische Verachtung des alten Augustin für die Vernunft klingt da sehr deutlich an… (Die Vernunft wurde bekanntlich für Augustin durch die Erbsünde verdorben)

Nebenbei: Papst Leo XIV. schwadronierte am 27.9. erneut, wie bei ihm immer üblich, mangels Kenntnis moderner Theologen, von den Zeiten seines „Vaters Augustinus“ im Altertum, vor allem über dessen großes Vorbild, den heiligen Ambrosius. LINK

Bitte beachten Sie auf dem Foto, siehe den genannten LINK,  die nicht gerade unbescheidene Sitz – Haltung Papst Leos auf seinem Thron bei Verkündigung dieser seiner Weisheit zur eigenen Unfehlbarkeit. Verkündet Leo XIV. bald ein neues Dogma “ex cathera”?

Inzwischen wurden 100 Sprüche von Leo XIV. veröffentlicht und sehr treffend als “mittelmäßig” bewertet. Zum Kommentar dazu: Fußnote 1……..

Inzwischen haben (pensionierte) katholische Theologieprofessoren den Mut, Papst Leo XIV. und seinen theologischen Kurs öffentlich heftig, aber treffend zu kritisieren; komischerweise weisen sie nicht auf die extreme Augustinus-Bindung und ständige Augustinus-Zitiererei durch den Papst  hin; ist der “Religionsphilosophische Salon Berlin” der einzige, der das tut? Siehe trotzdem die Stellungnahme von Prof.em. Hans-Joachim Sander, Salzburg, vom 29.9.2025, Fußnote 2.

Am 8. Okober 2025: Selbst katholische Medien, von den Bischöfen abhängig, kritisieren die schwache, ängstliche Haltung Papst Leos gegenüber dem Regime von Donald Trump. Der US-Amerikaner Papst Leo XIV. aus Chicago habe bisher nicht grundlegend und deutlich und scharf die unsägliche Politik Trumps kritisiert, schreibt  kath.de am 8.10.2027:  “Umso bedrückender ist das Verhalten der katholischen Kirche. Von den US-Bischöfen kam bislang kaum öffentlicher Widerspruch gegen diese Entwicklung (hin zur Diktatur in den USA) , und auch aus dem Vatikan hört man nur verhaltene Töne… Zwar habe Papst Leo in allgemeinen Wort die so unmenschliche Behandlung von Einwanderern in den USA kritisiert.. .Aber:  “Direkte Kritik an der Regierung seines Heimatlandes war von ihm bislang  nicht zu hören…Es reicht nicht, allgemeine Appelle zur Nächstenliebe zu wiederholen.”  Quelle: LINK 

Am 12. Oktober 2025: Papst Leo weiht die ganze Welt (!) der Jungfrau Maria, und deswegen hat er auch die Statue des Marienwallfahrtsortes Fatima in Portugal nach Rom bringen lassen. Fatima ist unter denkenden TheologInnen der umstrittenste Marien-Wallfahrtsort, viele nennen die Ereignisse dort im Jahr 1917 schlicht und einfach obskur, abergläubisch  und konstruiert. Auf dieser Spur fährt Leo also weiter, wie seine Vorgänger, die Päpste können nicht auf diesen “Volksglauben” verzichten, d.h. auf den Aberglauben, d.h. : Maria erscheint höchst persönlich mit einem Rosenkranz aus dem Himmel herunter in Fatima etc…) zu verzichten… LINK  

Am 12. Oktober 2025 lässt Papst Franziskus einen Bußgottesdienst im Petersdom feiern, weil ein Mann in aller Öffentlichkeit gegen den Hauptaltar  gepinkelt hat. Und katholische Kirchen sind Gotteshäuser, und Gotteshäuser müssen unbefleckt – sauber sein, denkt die katholische Theologie. LINK

Am 13. Oktober 2025: Papst Leo lobt den reaktionären, anti-modernistischen und antijudaistischen spanischen Kardinal Merry del Val (1865-1930)…Warum? Dieser Kardinal sei so bescheiden gewesen. Ein ziemlicher gefährlicher Blödsinn, was Papst Leo da sagt und tut, berichten denkende Theologen in Rom. LINK.   Aus dem Grußwort Leos an die Familie del Val:”Der Papst schloss seine Ansprache mit der Aufforderung an die Familie Merry del Val und alle Anwesenden, sich von dieser Persönlichkeit inspirieren zu lassen, insbesondere diejenigen, die im diplomatischen Bereich mit dem Nachfolger Petri zusammenarbeiten. Abschließend vertraute er diese Mission der Fürsprache der Jungfrau Maria an, der der Kardinal seine tiefe Verehrung bekundete.Quelle: LINK 

Kardinal del Val wird von den traditionalistischen Pius-Brüdern hoch verehrt! Weiß das Papst Leo?

Wenn man (am 13.10.2025) in Google sucht nach dem Stichwort “Freunde von Kardinal del Vals in Spanien heute” erhält man diese Antwort:  “Kardinal Rafael Merry del Vals „Freunde“ in Spanien zählten vor allem zu den konservativen und traditionalistischen Kreisen der katholischen Kirche und der spanischen Gesellschaft des frühen 20. Jahrhunderts, die seine monarchistischen, konservativen Ideale und seinen starken Antikommunismus teilten. Es gibt keine konkreten Informationen über ein formelles Netzwerk von „Freunden“ im modernen Sinne, doch seine engen Vertrauten zählten zu den hohen Geistlichen, Aristokraten und Politikern der Zeit, die seine politischen und religiösen Überzeugungen teilten. Konservative und katholische Kreise: Merry del Val war als Staatssekretär von Papst Pius X. eine prominente Persönlichkeit der katholischen Kirche. Zu seinen Freunden in Spanien zählten Mitglieder der kirchlichen Hierarchie und konservative katholische Laien, die seine Politik unterstützten. Gemeinsame Ideologie: Diese Affinität basierte auf seiner entschiedenen Verteidigung der Monarchie, seinem starken Antikommunismus und seinem katholischen Traditionalismus. Diese Ideen waren in den konservativeren Teilen der spanischen Gesellschaft des frühen 20. Jahrhunderts weit verbreitet. Politische und kirchliche Beziehungen: Wahrscheinlich gehörten seine Freunde zu den Bischöfen, Priestern und politischen Führern, die dieselben Werte vertraten und sich den liberalen und republikanischen Bewegungen der Zeit widersetzten.”

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1.

Eigentlich gibt es in dieser verrückten Welt(politik) sehr viel dringendere Themen, als sich mit dem christlichen „Allein-Entscheider“, dem Papst, zu befassen. Aber weil Leo XIV. nun einmal in den vergangenen Tagen des Septembers gleich dreimal hintereinander seine sehr konservative Theologie öffentlich dokumentiert hat, dieser Hinweis. Er könnte allen, die noch der Idee eines progressiven Leo XIV. anhangen, doch helfen, auf den Boden der Tatsachen zurückzukehren und die eigene Lebenszeit besser nicht mit illusorischem Hoffen angesichts des Papsttums und des Papstes etc. zu verbringen,  zu vergeuden, hätte ich fast gesagt.

Papst Leo passt sich bestens ein in die herrschenden Mentalitäten der konservativen Wende weltweit.

In seinem ersten Interview (Buch) sagte Papst Leo gegen Ende des übermittelten Ausschnittes von kath.de: “Wenn wir uns viele Länder auf der Welt heute ansehen, ist Demokratie nicht unbedingt die perfekte Lösung für alles.”, behauptet Leo XIV. Er wehrte kurz zuvor die Vorstellung ab, auch für die katholische Kirche sei Demokratie etwas Gutes. Das ist altbekannter klerikaler Machtanspruch. Aber dieser hier schwarz markierte Satz : “Wenn wir uns viele Länder auf der Welt heute ansehen, ist Demokratie nicht unbedingt die perfekte Lösung für alles” ist in dieser Allgemeinheit schon sehr sehr verstörend, man könnte meinen, der US Amerikaner Robert Prevost/Leo XIV. verstehe etwa die Zerstörung der Demokratie durch Trump doch als eine annehmbare “Lösung”?  LINK

Wenn Demokratie nicht die “perfekte Lösung” ist, dann etwa die Autokratie, die Diktatur, die Ein-Mann-Herrschaft oder was? Welchen Unsinn redet da ein Papst. Demokraten haben nie behauptet, die “perfekte Lösung” zu haben, aber eine bessere, weil stets reformierbare Regierungsform gibt es nicht. Demokratie muss ein Autokrat, und das ist ein Papst, natürlich abwehren. Die katholische Kirche ist ja stolz darauf, keine Demokratie zu sein. Die Äußerung Leo XIV. “Demokratie ist nicht unbedingt die beste Staatsform” muss eine Schande genannt werden. Einen solchen Satz hätten auch die Päpste Gregor XVI., Pius IX. usw. sagen können, also Päpste des 19. Jahrhunderts.

Uns ist natürlich deutlich: Papst Leo spricht angesichts seiner Entscheidungen immer auch von “Beratungen”. Dabei weiß jeder: Beratungen und Diskussionen, synodale Beratungen manchmal genannt, gibt es in der katholischen Kirche, sie werden als Ausdruck “katholischer Moderne” gelobt. Aber TATSÄCHLICH entscheidet allein der Papst nach allen diesen so genannten Beratungen. Von daher ist es sehr legitim, ihn und jeden Papst einen “Allein-Entscheider” zu nennen.

2.
Die unter Nr. 3 ff. hier nur kurz erläuterten und dokumentierten jüngsten Stellungnahmen Leos bestätigen, ganz nebenbei, aber nicht ohne ein gewisses Selbstbewusstsein gesagt, was wir schon seit dem 8.Mai 2025 (Tag der Wahl eines Augustiners zum Papst) mehrfach geschrieben haben LINK: Wer als Papst mit der Theologie – und Ideologie (= Erbsündenwahn des Augustinus) – des heiligen Augustinus aus der Zeit der Antike sozusagen total verbunden ist, kann keine zeitgemäße Kirche, kann keine evangeliumsgerechte Kirche gestalten und reformieren und endlich einer Reformation zuführen.. Und: Der Augustinerorden (OSA) ist bekanntlich und nachgewiesen wahrlich keine Avantgarde (modernen) theologischen Denkens. Wenn die Augustiner Theologie betreiben, dann studieren sie in eigenen Instituten immer wieder die Werke ihres „Vaters“ Augustin…Sonst … leiten die Augustiner weltweit Pfarrgemeinden – wie die Weltpriester – oder betreuen Wallfahrtstorte. Zur Theologie der Befreiung in Lateinamerika haben sich Augustiner weder in Peru noch in Brasilien noch in Mexiko usw. geäußert. Sie sind einfach ängstlich, wollen es sich nicht mit den Hierarchien verderben. Ich freue mich auf Belege zu entsprechenden progressiven Veröffentlichungen aus dem Augustinerorden.

3.
Hier nur Hinweise auf die jüngsten Äußerungen von Papst Leo XIV.. Seine Worte zeigen, wie deutlich er die klassische Rolle eines alleinherrschenden Papstes angenommen hat, etwa wenn er sagt: „Ich werde überlegen, ich werde entscheiden“ etc., selbst wenn freundlicherweise auch das Hören auf andere behauptet wird. Warum hört er dann nicht auf die evidenten theologischen Erkenntnisse zu den von ihm geäußerten Themen?

4.
Frauen können ihre Hoffnungen bzw. Illusionen auslöschen: Das Diakonat für Frauen wird es nach den Worten des „Alleinentscheiders“ Leo nicht geben, das ist um so bemerkenswerter, weil gegen das Diakonat der Frauen absolut gar nichts theologisch -und menschlich !!! – spricht, man lese auch mal das Neue Testament zum Thema. Aber: Der uralten katholischen Dogmatik entsprechend gehören Diakone schon zum Klerus, DiakonInnen würden als Frauen dann in den Herrschaftsbereich des männlichen Klerus eintreten und — das wäre in der Sicht der geistlichen Herren ja nun wirklich furchtbar, ein Machtverlust etc. So wird also aus „Macho – Gründen“ möchte man sagen vom Alleinentscheider Papst das Diakonat aufs theologische Eis gelegt…Wie sich das mit der päpstlichen Rederei von „synodalen Wegen“ etc. verhält, steht in den vatikanischen Sternen… Und viele katholische Frauen werden wohl so klug (frustriert) sein, nun ihre Spiritualität auf neue Art zu leben – außerhalb dieses Männervereins Katholizismus.
LINK

5.
Papst Leo will unbedingt die reaktionären Kräfte in der katholischen Kirche halten, das versteht er wohl mit seiner ständigem Rede von „Einheit“. Den Traditionalisten will er jetzt entgegen kommen, so dass sie doch wieder ihre uralte lateinische Messe „guten Gewissens“ offenbar überall zelebrieren dürfen. Es ist hundertmal nachgewiesen worden: Wer die uralte Messe als Traditionalist verteidigt, der verteidigt eine ganz andere, antimoderne Theologie, anti-ökumenisch, mit starker Tendenz zu sehr rechten und rechtsextremen politischen Positionen. Das haben wir für Frankreich mehrfach nachgewiesen. Insofern folgt Papst Leo hier seinem deutschen Vorgänger im Amt, dem Joseph Ratzinger/Benedikt XIV. Er hat dafür gesorgt, dass politisch und theologische traditionalistische Kloster wie „Le Barroux“ in Süd- Frankreich sich wieder mit dem Papst versöhnten, einzige Bedingung Ratzingers war: Anerkennung des Papstes. Alles andere auch politisch rechtslastige Traditionalistische durften sie bewahren…
Und nun lieben auch so viele konservative junge KatholikInnen die lateinische Messe – etwa in Frankreich – sie lieben das Mysterium als das Mysteriöse, denn die lateinische Sprache der Messe werden sie wohl nicht so präzise verstehen. Zur päpstlichen Liebe zur alten Messe LINK

6.
Der reaktionäre Kurienkardinal Robert Sarah aus Guinea ist einer der heftigsten Feinde der Rechte von Homosexuellen und – wie die allermeisten anderen Bischöfe Afrikas – ein Feind der von Papst Franziskus möglich gemachten Segnungsfeiern von homosexuellen Paaren, diese Segnung ist absolut und total überhaupt NICHT mit einer Eheschließung zu verwechseln, wo käme der Vatikan denn dahin? Tatsache ist auch: Wer Segnungen von Homosexuellen in Afrika verteidigen würde, müsste die Menschenrechte von Homosexuellen in Afrika verteidigen, müßte sich dafür einsetzen, dass sie – wie in Uganda, Kenia, Nigeria usw. nicht länger verfolgt und diskriminiert und getötet werden. Insofern sind die feindlichen anti – gay- Äußerungen von Kardinal Sarah und Co. politisch und ethisch hoch gefährlich. Die Kirchengebote sind wie so oft wichtiger als Menschenrechte für den Klerus … das ist ein altes Thema.
Nun hat also Papst Leo in seiner großen „augustinischen“ (?) Behutsamkeit verlauten lassen, er wolle über diese doch bescheidenen Segnungsfeiern von Homosexuellen „neu nachdenken“. Sie also korrigieren… Das irritiert, hatte er doch zuvor eher die Fortsetzung der von Papst Franziskus vorgegebenen Weisungen bestätigt, etwa in Andeutungen im Gespräch mit dem Jesuiten James Martin aus den USA, der die Rechte der Homosexuellen verteidigt.

Die Stellungnahme des Papstes zur Segnungsfeier von Homosexuellen: LINK 

7.
Welchen Schluss können kritische theologische BeobachterInnen aus diesen jüngsten drei Stellungnahmen Leo XIV. ziehen? Es gibt keine Kirchenreform, die den Namen verdient, mit diesem Papst. Leo ist ängstlich, hat keinen modernen theologischen Schwung, keine eigenen vorwärts weisenden theologischen Ideen.
In den nächsten Wochen könnten sicher weitere Stellungnahmen folgen: Wir ahnen schon die Themen:„Das Zölibatsgesetz werde ich als Papst nicht abschaffen“. „Die Ökumene als versöhnte Verschiedenheit der Kirchen kommt für mich nicht in Frage“. „Die Zulassung zur Kommunion von wiederverheiratet Geschiedenen kommt für mich als Papst nicht in Frage“. „Offen homosexuelle Männer dürfen nicht zu Priestern geweiht werden“ (obwohl in den Klöstern wahrscheinlich die Mehrheit homosexuell lebt…).Und auch dies: „Die Regierung von Trump in meiner Heimat, den USA, werde ich nicht offen kritisieren“ und … dadurch die All-Macht des Diktators Trump weiter wachsen sehen..

8.
Allmählich ahnen wohl einige theologisch munter Gebliebene, warum die Kardinäle ausgerechnet den milden, behutsamen, konservativen, theologisch nun eher ungebildeten Augustiner Kardinal Prevost zum Papst gewählt haben. Wann werden Beobachter sagen – dieser Papst ist eigentlich … eine Fehlbesetzung angesichts der heftigsten Probleme dieser Welt und der Kirchen…Aber das werden nur sehr wenige katholische Theologen in dieser Deutlichkeit öffentlich – bestenfalls post mortem des Papstes – sagen, katholische Theologen und Ordensleute sind nämlich in den allermeisten „Fällen“ auch —- ängstlich, sie wollen ihre Karriere nicht behindern…

…….Fußnote 1:

Jetzt liegt bereits eine Sammlung von 100 Zitaten des Papstes Leo XIV. vor: „Der Friede sei mit euch allen“ ist der Titel, zusammengestellt hat das Büchlein (Verlag Neue Stadt, München, 2025) der Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz! Diese Publikation ist der Versuch, nicht vorhandene theologische Publikationen des Papstes Leo ein wenig durch eine Sprüche-Sammlung zu kaschieren. Man könnte auch die Frage stellen: Was hat Robert Prevost eigentlich als Bischof in Chiclayo, Peru, gesagt und publiziert, war er dort etwa ein Befreiungstheologe? Und: Welche Reformimpulse gab er seinem bekanntermaßen eher verschlafenen Augustinerorden als Generalprior? Nichts bekannt.

Die Journalistin Christina Rietz hat das Büchlein der Zitate gelesen und nennt einige Weisheiten Leos: „Gott liebt uns, Gott liebt euch alle, und das Böse wird nicht siegen, hört auf euer Herz.“
Christina Rietz meint sehr treffend dazu: „Das ist alles liebenswürdig, aber erschreckend naiv und weltfremd.“ Sie sieht in diesen Sprüchen zurecht „das Scheitern des christlichen Idealismus in der Welt… und eine große Hilflosigkeit“. Sie
entdeckt in den Zitaten einen Papst als Autor, der ein „Mann der Mäßigung ist, emphatisch und sachlich zugleich … und auch ein bißchen mittelmäßig““ (Christ und Welt, Beilage der „ZEIT”, vom 11.9.2025, Seite 15.) Mittelmäßig ist wohl die treffende Bewertung. Vielleicht wollten die Kardinäle gerade einen „mittelmäßigen“ Kardinal zum Papst wählen. Einen, der in der totalen Klerusherrschaft, eben moderat, nicht durchgreift, schon gar nicht einen, der gar eine Reformation des Katholizismus will (wie Leos „Mitbruder“ im Augustinerorden Martin Luther).
Man kann also nur hoffen, dass Leo wenigstens mittelmäßig bleibt und nicht allzu sehr ins Konservative abrutscht…Dass Leos Theologie eher schlicht gestrickt ist, zeigt das Büchlein: „Christliche Phrasendrescherei“, sei es, schreibt Christina Rietz. Mit alten Sprüchen wird man wohl in einer Welt, von Diktatoren umzingelt und beherrscht, um nur Trump oder Putin zu nennen, nicht einen Frieden bewirken, der mehr ist als ein “Seelenfrieden“, der sich freut auf die bloß himmlische Erlösung und Befreiung. Der Papst und mit ihm die katholische Kirche muss endlich sehr aufpassen, dass sie mit ihren nur metaphysischen Trost – Ergüssen nicht Opium fürs Volk verteilt…

………Fußnote 2: Auf der website von “feinschwarz” schrieb Prof. Sander, Salzburg.:https://www.feinschwarz.net/leo-xiv-ein-leichtmatrose-auf-schlingerndem-kirchenschiff/

 

……………………….

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

 

Buchmesse 2025: Die Philippinen: Sie nennen sich katholisch. Hinweise auf die Realität.

Die Philippinen sind in diesem Jahr „Ehrengast“ der Frankfurter Buchmesse.
Hinweise von Christian Modehn am 18.9.2025

1.
Wie schon zuvor, publiziert der Religionsphilosophische Salon Berlin wieder einige wesentliche Informationen über die Religionen des „Ehrengastes“ der Buchmesse: 2025 sind es die Philippinen.

Unseren philosophischen. d.h deswegen immer auch religionskritischen Interessen entsprechend, steht für uns die dominiernde römisch – katholische Kirche der Philippinen im Mittelpunkt. Das heißt nicht, dass die anderen, zum Teil explizit fundamentalistischen Kirchen nicht auch kritische Aufmerksamkeit verdienen würden. 

Die Philippinen sind wegen ihrer Einbindung ins westliche – us-amerikanische Verteidigungssystem (gegen China) heute von herausragender Bedeutung. Seit 1947 haben die USA für 99 Jahre Hoheitsrechte über 23 Militärstützpunkte…
Ende des 19. Jahrhunderts war die Befreiungsbewegung vom Kolonialherrscher Spanien erfolgreich, nach dem Spanisch – us-amerikanischen Krieg wurden die Philippinen wieder Kolonie, diesmal war der Herrscher die USA. Erst 1946 wurden die Philippinen ein selbständiger Staat.

2.
Die politische Kultur der Philippinen, auch von NGOs gründlich dokumentiert, gilt als sehr schwach: Es besteht eine „unvollständige Demokratie“; beim Freiheitsstatus kann nur das Prädikat “teilweise frei“ genannt werden; für die Pressefreiheit ist es „schwierig“; die Korruption kann als „umfassend“ bezeichnet werden: Im weltweiten Rang stehen dabei die Philippinen auf Platz 114 von 181 Staaten. Etwa ein Viertel der Bevölkerung lebt unterhalb der „Armutsgrenze“, jeder 10. Bewohner ist dem Hunger bzw. Verhungern ausgesetzt. „Die Wohlhabenden, die etwa 0,01 Prozent der Bevölkerung ausmachen, kontrollieren 46 Prozent des gesamten Reichtums der Philippinen, sagen einige Analysten. Man kann sich dessen nicht sicher sein, da ein Großteil des Reichtums der Elite im In- und Ausland versteckt ist, die Vermögenswerte zu niedrig angegeben werden und die Steuerzahlungen gegen Null gehen. Der Mittelstand und die Arbeiter zahlen die Steuern.” Quelle: LINK
Mindestens 10 Millionen Filipinos und Filipinas arbeiten ständig im Ausland. Sie wandern aus, um der Armut zu entgehen, mit den „Rücküberweisungen“ ihres Lohns unterstützen sie ihre Familien „zu Hause“. Die meisten Filipinos und Filipinas sind in den sogenannten „3D Jobs“ (= „dirty, dangerous und difficult“) tätig.

3.

Die gesetzliche Trennung von Staat und katholischer Kirche steht auf dem Papier, ist aber keine Realität. Der Klerus hat so genannte katholische Werte (gegen Freimaurer, gegen Ehescheidung usw.) politisch durchgesetzt.
Die Philippinen sind – statistisch gesehen – das einzige katholische Land Asiens. Für die globale Kirchenpolitik und neue „Missionsstrategien“ des Vatikans sind die Philippinen wichtig. Viele philippinische Priester arbeiten auch in Europa als „Missionare“, ersetzen dort den greisen europäischen Klerus in den „schrumpfenden“ Gemeinden.
Seit mindestens 50 Jahren ist die katholische Kirche auf den Philippinen explizit zerrissen zwischen der Akzeptanz traditioneller volkstümlicher Kulte und eines spirituell motivierten Protestes mit gelegentlicher Rebellion gegen das politische Unrechts – Regime. Der aus dem theologisch begründeten Protest folgende soziale Einsatz einiger Katholiken für die Millionen vom System Arm-Gemachten wirkt im ganzen eher bescheiden angesichts des himmelschreienden sozialen Unrechts in diesem Staat und seiner Regierung. Mit “Spenden“ kirchlicher Hilfswerke ist umfassende Gerechtigkeit, wie überall, nicht zu schaffen.

Jedoch: Am 21.9.2025 fanden in Manila und anderen Städten große Protestdemonstrationen gegen die Korruptionsskandale im Umfeld der Regierung statt: Für Hochwasserschutzprojekte wurden, so die Veranstalter, etwa 2.000 Millionen Dollar “beiseitegeschafft. “Der Präsident der katholischen Bischofskonferenz der Philippinen (CBCP), Kardinal Virgilio Pablo David, sagte, dass Korruption „nicht nur öffentliche Gelder stiehlt, sondern die Zukunft stiehlt, wenn Häuser überschwemmt werden, wenn die Natur zerstört wird und die Möglichkeiten unserer Kinder verschwinden“. Die Bischofskonferenz hat daher einen dringenden Appell an das Parlament und die Justiz  gerichtet, um „Untersuchungen und Prozesse zu beschleunigen und sicherzustellen, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden,” Quelle: LINK

4.
Etwa 83 Prozent der Bevölkerung nennen sich römisch – katholisch. 4 Prozent nennen sich Protestanten, etwa 3 Prozent gehören der unabhängigen philippinischen Kirche an, gegründet 1902 von Gregorio Aglipay… … Etwa 4 Prozent der Bevölkerung sind Muslims, sie leben vor allem auf der Insel Mindanao, auch dort kommt es immer wieder zu religiös wie sozial bedingten heftigen Auseinandersetzungen.

5.
Zur Missionsgeschichte in Abhängigkeit vom Kolonialherren:
Die ersten spanischen Missionare waren Augustiner, sie kamen 1566 mit den Eroberern ins Land, es folgten Jahre später Franziskaner, Jesuiten, Dominikaner. Eine Ausnahmegestalt: Erster Bischof von Manila wurde der Dominikaner Domingo de Salazar, er klagte öffentlich die spanischen Kolonialherren an, er verbot seinen Priestern, diesen Leuten die Absolution in der Beichte zu erteilen und die Kommunion zu reichen. Der berühmte Bischof Bartholomé de las Casas in Santo Domingo bzw. Mexiko war sein Vorbild.(Quelle. Adorable Castillo, in „Reflexions“, 16. Juli 2021, www.cicm-mission.org)
Im 19. Jahrhundert setzten sich einige philippinische Priester (oft „Mestizen“) gegen die Übermacht der spanischen Kolonialherrscher ein: Diese Initiative nannte sich „Säkularisierungsbewegung“, wichtig war für sie die Gleichberechtigung von Filipinos und Spaniern sowie die Einschränkung der Macht der spanischen Ordensgemeinschaften. Einer der wichtigen Protagonisten war der philippinische Priester Pedro Pelaez (1812-1863)Ein weithin unbekanntes Thema in Europa.

6.
Mit den spanischen Kolonialherren wurde die katholische Volksreligion verbreitet und im Laufe der immer oberflächlichen „Evangelisierung“ mit einheimischen religiösen Kulten vermischt. Millionen fromme Katholiken besuchen auch heute, 2025, die Kirche von Quiapo, um Jesus als den „schwarzen Nazarener“ zu verehren. Millionen lieben über alle Maßen das „Santo Nino“, das Jesus – Kind, etwa von Cebu: Dort wird eine wundertätige Figur, die angeblich 1521 vom spanischen Eroberer Magellan ins Land gebracht wurde, der massenhaften Verehrung feilgeboten.
Besonders irritierend sind die sich katholisch nennenden Gebräuche im Umfeld der Wochen vor Ostern, zumal am Karfreitag. Da peitschen sich hunderte von Filipinos ihre Rücken mit Bambusruten blutig. Sie meinen, dadurch von Sünden befreit zu werden. Aufwendig inszenierte Kreuzigungen auf freiem Feld sind noch übliche „Frömmigkeits – Beweise“, auch als Touristen – Attraktionen, „bei denen sich Freiwillige tatsächlich mit bis zu acht Zentimeter langen Nägeln durch Hände und Füße an ein Holzkreuz schlagen lassen“, berichtet die katholische Herder-Korrespondenz in Heft 6/2019. Es müssten endlich kirchlich unabhängige Psychologen und Soziologen diese religiösen Verirrungen untersuchen: Etwa den Zusammenhang von sozialem Elend und der Sehnsucht nach Erlösung durch schmerzhafte und blutige Selbstbestrafung. Die sich katholisch nennende Volksreligion wird auch von katholischen Theologen kritisiert, aber sie können nicht viel bewirken zugunsten einer vernünftigen religiösen Besinnung. Volksreligion widersetzt sich der kritischen Vernunft. Und Volksreligion wurde von dem argentinischen Papst Franziskus hoch gelobt und selbst praktiziert, man denke an den Kult „Maria Knotenlöserin“.…

7.
Die Priester werden immer noch sehr hoch geschätzt, sie stehen an der Spitze der sozialen Hierarchie, wohl auch deswegen werden immer noch viele junge Filipinos Priester. Priesterwerden ist in asiatischen Ländern (Indien, Indonesien) sicher auch ein Karrieresprung, da wird das Zölibatsgesetz irgendwie in Kauf genommen… Dazu gehört auch: Wegen des höchsten Ansehens des Klerus wird sexueller Missbrauch durch Priester von den Bischöfen meist übersehen, wie der katholische Nachrichten ADEXTRA in Paris am 30.1.2025 berichtet. Quelle: LINK
Eine angesehene Ausnahmegestalt ist der irische Priester Shaw Cullen, der sich vor allem für den Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung einsetzt. Quelle: LINK , siehe auch die und Hinweise auf Cullen Bücher: LINK

8.
Die Begeisterung für katholische Führergestalten ist immer noch groß: Papstbesuche werden äußerst exzessiv gefeiert: Zur Abschlussmesse von Papst Franziskus in Manila im Jahr 2015 versammelten sich tatsächlich etwa sechs Millionen Menschen. Quelle: LINK.  Diese riesig – große öffentliche Messe mit Papst Franziskus im Januar 2015 fand in einem nach dem Freimaurer José Rizal (1869 -1896, erschossen im Freiheitskampf) benannten großen Park in Manila statt. Rizal übte heftigste Kritik an der Korruption und dem Landraub wie auch Kritik an der Kirche als einer Stütze der spanischen Herrschaft, vor allem sein Roman „Noli me tangere“ (1887) ist wichtig, er war wohl eine Inspiration für die philippinische Unabhängigkeitsbewegung.
Und es ist sehr „pikant“, möchte man sagen, dass in dem Park der Papst-Messe 2015 eine Infotafel angebracht ist: der erste Staatspräsidenten Emilio Aguinaldo (er regierte nur einige Wochen 1899) bezieht sich dabei auf den Kampf gegen die Spanier, der Text: „Die erfolgreiche Revolution von 1896 war von Freimaurern inspiriert …, und ich wage sogar zu sagen, dass die erste Republik … in erster Linie dem Freimaurertum und den Freimaurern zu verdanken war.“Quelle:  LINK  Und es ist wieder bezeichnend: Heute verbietet die katholische Kirche erneut Katholiken die Mitgliedschaft in einer Freimaurerloge: Quelle: LINK . Und vor kurzem, September 2025, wurde ein philippinischer Augustiner-Priester suspendiert, weil er es wagte, einen Freimaurergedenkstein zu segnen, Quelle. LINK

9.
Gäbe es eine wirkliche Trennung von Kirche und Staat auf den Philippinen, könnte sich die katholische Hierarchie nicht mehr politisch durchsetzen. Neben dem Vatikan sind die Philippinen der einzige Staat weltweit, der das Recht auf Scheidung ausschließt. So werden Frauen und Kinder gesetzlich nicht vor vielfachem Leid geschützt. Aber das wird wohl kirchlicherseits akzeptiert…

10.
Die “interessanteste” „Erfindung“ im Katholizismus der Philippinen in den letzten Jahre ist sicher die katholische, aber ökumenisch offene charismatische Bewegung mit dem Titel „El Shaddai“ (eine Bezeichnung für Gott aus dem Alten Testament mit der Bedeutung „Allmächtiger Gott“). Gegründet 1984 von dem katholischen Laien Mike Verde (geb. 1939), der sehr wohlhabend und als Makler tätig ist und auch über eine einflußreiche Radio- und Fernsehstation verfügt. Und so seine persönliche Botschaft vom Wirken des heiligen Geistes verbreitet. Diese charismatische Bewegung hat mindestens 3 Millionen Mitglieder. In ihrer freien Auslegung der Bibel ist die Tendenz vorherrschend, Reichtum für jeden Frommen zu versprechen, sofern er zum Spenden bereit ist, dies wird als als Ausdruck der Erlösung gedeutet. Wikipedia schreibt: „Sein Predigtstil unterscheidet sich nicht von dem vom Wohlstandsevangelium geprägter Pfingstprediger. Er verspricht allen Gottes finanziellen und materiellen Segen, sofern sie treu an den Gottesdiensten teilnehmen, den Zehnten und andere Opfergaben entrichten und gehorchen. Zu Velardes praktischer Theologie gehört die Verwendung bestimmter unbelebter Gegenstände wie Taschentücher, Sparbücher und Regenschirme, die während des Gottesdienstes hochgehalten werden.“ Google Übersetzung von: LINK
„El Shaddai“ findet immer wieder mal Widerspruch von offizieller katholischer Seite. Aber einige Millionen Fromme und eher Wohlhabende sind mit EL Shaddai verbunden, auch außerhalb der Philippinen. Das können die Bischöfe nicht ignorieren. Sehr fromm Erscheinende sind angesehener als republikanisch gesinnte Freimaurer… Der für neue, sich „geistlich“ nennende Bewegungen begeisterte polnische Papst Johannes Paul II. hat dieser “El Shaddai” seinen „apostolischen Segen“ erteilt. Diese konservativ – fromme Gemeinschaft, manche sagen Sekte, setzte sich 2022 für den Sohn des früheren Diktators und Milliardärs Ferdinand Marcos, also für Bongbong Marcos, als Präsidentschaftskandidaten ein. Mit erfolg! Diese Gemeinschaft EL SHADDAI ist international verbreitet, auch in Europa vertreten. In Amsterdam z.B. trifft man sich“ ganz offiziell an jedem Sonntag in der katholischen “Vredeskerk“, in Berlin gibt es eine Gemeinde mit der Zentrale in dem gepflegten, schönen denkmalgeschützten Haus in der Hauptstraße 134 in Schöneberg, Tel. 030 7811483 . LINK
Einen Einblick in eine Massenveranstaltung von El Shaddai bietet. LINK.
Einige kritische Stimmen zu El Shaddai“ sind in „Reddit“ versammelt. LINK

11.
Während der Diktatur der katholischen Familie Marcos (Ferdinand Marcos beherrschte als Diktator das Land von 1972 – 1986) wurden, so Amnesty International etwa 70.000 Menschen inhaftiert, 34.000 gefoltert und 3.240 getötet. Schätzungen zufolge hat die Marcos-Familie bis zu zehn Milliarden US-Dollar Staatsvermögen an sich genommen.Quelle: LINK.
Im Februar 1986 wurde die Gewalt in der Marcos – Diktatur immer unerträglicher, 2 Millionen Menschen gingen protestierend auf die Straße, unterstützt von Kardinal Sin von Manila: Als Panzer auf die Menschen zufuhren, knieten sich die Menschen hin, mit Rosenkränzen in den Händen… Das half wohl, das Marcos Regime zu stürzen, behaupten Katholiken. Die US – Streitkräfte auf den Philippinen sorgten dafür, dass der Diktator fliehen konnte – nach Hawaii, dort starb er 1989. Rechtsextremen Diktatoren haben die „demokratischen“ USA immer schon sehr gern geholfen…

12.
Es gehört zur turbulenten, zur leidvollen Geschichte der Christen auf den Philippinen, dass sich schon seit etwa 1975 heftigster Widerstand gegen das Unrechtsregime formierte, und zwar durch einzelne Priester. Einige haben sich der Guerilla angeschlossen, etwa Pater Conrado Balweg aus dem Orden „Gesellschaft des göttlichen Wortes“ SVD, auch Steyler Missionare genannt. Auch Pater Ed de la Torre SVD gehörte zu den politisch aktiven Befreiungstheologen. Die Geschichte der philippinischen Befreiungstheologie ist meines Wissens mindestens in Deutschland weithin unbekannt. Verdienste hat in dem Zusammenhang der in Potsdam lehrende katholische Theologe und Religionswissenschaftler Johann B. Hafner: Er hatte hat sich 1984-1985 auf den Philippinen aufgehaltenen und wurde dort zur Recherche über die politisch aktiven Priester der SVD ermuntert, die sich damals dem gewaltsamen Widerstand gegen das Regime Ferdinand Marcos (1965-1986) angeschlossen hatten.
Siehe auch LINK zur Studie Hafner von 2020: LINK

13.
Ein zusammenfassendes Schlusswort zu diesen noch viel zu knappen Hinweisen kann nur zeigen: Die katholische Kirche auf den Philippinen schwankt, was den hohen Klerus angeht, hin und her zwischen einer Staatsnähe zu umstrittenen Politikern und einer Unterstützung einiger Ordensfrauen und Priester, die sich der sozialen Gerechtigkeit in der PRAXIS verschrieben haben.

14.
Es ist eines dieser typischen Paradoxe der Philippinen: 2022 wurde ausgerechnet der Sohn mit dem Vornamen Bongbong des verhassten Multimilliardärs und Diktators Marcos, Staatspräsident. Und ausgerechnet wurde 2022 auch die Tochter des ebenso verhaßten Präsidenten Rodrigo Duterte (Präsident 2016-2022) Vize-Präsidentin. In diesen Fällen tut die Kirchenführung so, als sei sie völlig demokratisch gesinnt und respektiere großzügig die „demokratische“ Wahl, die Hierarchie beruft sich dann gern aufs„Gemeinwohl“, um diesen neuen Machthabern zuzustimmen. Seinen Wahlsieg hat BongBong, der Sohn des Diktators, mit den Mitteln der neuen sozialen „Netzwerke“ erlangt; was bei den vielen Millionen Jugendlichen dort leicht geht. Quelle: LINK

Papst Franziskus hat dem Marcus junior – Präsidenten Bongbong am 30. Juni 2022 zur Wahl gratuliert. Quelle: LINK

Was sollen die kritischen Katholiken und ihre Priester dazu noch sagen? Wieder einmal siegt im Vatikan der Geist der Diplomatie über die Verpflichtung zur kritischen, prophetischen Rede. Wahrscheinlich ist ein Papst auch deswegen immer nicht nur „geistliches Oberhaupt“, sondern auch Alleinherrscher des „Heiligen Stuhls“, der Vatikanstadt, um sich solche globalen politischen Stellungnahmen erlauben zu können. Wahrscheinlich sichert der Papst mit diesen Glückwünschen, wie immer schon bei den Päpsten, den Erhalt der katholischen Privat – Schulen und sonstiger kirchlicher Privilegien. Aber das ist anderes Thema, das zu „Sinn und Unsinn des Papsttums“ führt.

15.
Ein Schlusswort: Es ist bezeichnend und durchaus typisch: In einem Staat, in die große Mehrheit der Einwohner sich katholisch nennt, also getauft sind, dass also dort seit Beginn der Kolonialherrschaft eher chaotische politische und soziale Verhältnisse herrschen. Eine Demokratie, die den Namen verdient, haben die Philippinen nie erlebt. Und wir wissen: Dieser Missstand hat entscheidend auch mit der Übermacht des Katholizismus zu tun, für den der dogmatische Wille der Hierarchie stets wichtiger ist als die humanen Weisungen des Evangeliums Jesu von Nazareth. Man verehrt auf infantil – brutale Weise auf den Philippinen – wie in vielen Ländern des katholischen Lateinamerika – eine Christus-Ideologie. Dazu gehört: Die Menschenrechte gelten dieser Kirche wie überall nicht als völlig gleichwertig wie die uralten Dogmen. Solange dieser religiöse Wahn fortbesteht, werden auch die chaotischen, menschenunwürdigen Verhältnisse auf den Philippinen fortbestehen. Man darf wohl sagen: Diese Gestalt des offiziellen populären Katholizismus ist spätestens heute eine Schande. Trösten können sich die verblieben kritischen, d.h. vernünftigen Katholiken dann noch mit dem klaren sozial – politischen Engagement einiger Nonnen und Priester dort. Für sie sind die Menschlichkeit, die Gerechtigkeit für alle wichtiger als die dogmatischen Lehren und sexualethischen Weisungen von vorgestern. Werden theologische, religionswissenschaftliche, religions-kritische Bücher von philippinischen AutorInnen auf der Buchmesse in Frankfurt diskutiert oder wenigstens erwähnt? Eher sehr unwahrscheinlich…

16.

Sehr wichtig und lesenswert ist die politisch – theologische Analyse des katholischen philippinischen Theologen Pater Jaazeal Jakosalem aus dem Orden der Augustiner-Rekollekten. LINK.  Der Theologe nennt unter drei religiösen Gemeinschaften, die 2022 explizit auch die Wahl von Marcos junior zum Präsidenten untertsützten: “Es gab drei große religiöse Institutionen, die die Kandidatur von Ferdinand Marcos Jr. offiziell unterstützten: Dazu gehört: El Shaddai Charismatic Movement – ein katholischer Zweig der Charismatischen Bewegung, der von dem umstrittenen
Evangelisten Mike Velarde gegründet wurde. Der Gründer unterstützte die damaligen Kandidaturen von Ferdinand Marcos Jr. als
Präsident und Sara Duterte als Vizepräsidentin.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

 

 

Wird Papst Leo den Mut haben, sich gegen den Diktaktor Trump zu stellen und sich gegen die Abschaffung der Demokratie in den USA sehr deutlich auszusprechen?

Die 29. unserer „Unerhörten Fragen“: Von Christian Modehn am 9.9.2025

Diese 29. Frage vom 9.9.2025 muss am 21.9. 2025 einen neuen, einen aktuell treffenderen Titel erhalten: Hat der aus den USA stammende Papst Leo XIV. die Kraft, den Mut, sich gegen den Diktator Trump zu stellen? Unsere Prognose:  Diese Kraft hat Leo, der ausgeglichene, immer milde, immer zögerliche Augustiner, NICHT. Als Papst müsste er aber eigentlich um der Menschen willen dem Wahn der Abschaffung der Demokratie in den USA Einhalt gebieten, um der Menschenrechte willen… Aber die “Deklaration der Menschenrechte der UNO” von hat der Vatikan nicht unterzeichnet… Na dann..

Unerhörte Fragen sind unerhört: Weil sie kaum jemand hören will. Will sie frech, aber wahr sind. CM. Und die “unerhörten Fragen” beziehen sich immer auch auf Religionskritik: Eine Hauptbeschäftigung der Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phie. 

1.
Papst Leo XIV. ist bekanntlich in Chicago als Robert Prevost geboren, vor genau 70 Jahren, am 14. September 1955. Wird er seine Heimatstadt retten können vor dem angekündigten Eingreifen der „Nationalgarde“ in Chicago? Wird er die bedrohten Menschen dort verteidigen? Militärs will der Diktator Trump alsbald in diese von Demokraten regierte Stadt senden. Denn er hat sein Verteidigungsministerium jetzt sehr treffend und, endlich mal ehrlich für die ganze (!) US – Geschichte, in „Kriegsministerium“ um-benannt. Jetzt erklärt der Diktator Trump den von Demokraten, also demokratisch, regierten US – Städten den Krieg. Ein Auftakt zum Bürgerkrieg? Nicht unwahrscheinlich bei einem Diktator, der, wie seine Fans, ideologisch nur ein Nihilist und ein „Dealer“ ist.

2.
Aber ist Papst Leo überhaupt in der Lage, seinen „Präsidenten“ öffentlich zu rügen, ihn zu verurteilen, ihn als Kriegstreiber zu bezeichnen? Wird Papst Leo sich explizit und deutlich, für alle wahrnehmbar, auf die Seiten der Demokraten in Chicago stellen?

3.
Wer auch nur ansatzweise etwas von der Diplomatie und der Politik des Papsttums verstanden hat und vor allem jetzt auch von der äußerst behutsamen und sehr ängstlichen Haltung dieses Papstes weiß, der führend im AugustinerOrden  ist und ständig in den Gedanken des antiken Theologen Augustinus denkt, und ihn lobt… (gestorben 430), der wird sich keine Hoffnung machen, dass der Chicagoer Bürger Prevost für seine Landsleute öffentlich und laut eintritt und den Diktator verurteilt.

4.
Es muss ein Wunder geschehen, dass ein von der Theologie des antiken Theologen Augustins geprägter Papst etwas Bahnbrechendes, Mutiges, wenigstens Wegweisende zugunsten der Menschenrechte etc. sagt. Aber als Papst weiß er: Allzu sehr darf er die Demokratie von anderen nicht fordern, wo doch die katholische Kirche als Institution sich sogar offiziell rühmt, KEINE Demokratie zu sein. Das sind die Zwänge der Bindung an uralte, verkalkte Traditionen…Die kann man letztlich nur überwinden, wenn man aufs Papsttum verzichtet, wie der Augustiner Pater Martin Luther OSA vor 500 Jahren sehr richtig sah.
Aber: Das ist totale Illusion. Bestenfalls Thema für eine unerhörte Frage Nr. 56.676 im Jahr 2120, falls dann Gottes Schöpfung, UNSERE gemeinsame, eigentlich schöne Erde, noch besteht, aber: eher unwahrscheinlich..

5.
Aber:  Vielleicht fährt Papst Leo im Umfeld seines Geburtstages in seine Heimatstadt und stellt sich den Nationalgarden leibhaftig entgegen. Ein Museum zu Ehren des Herrn Prevost haben die frommen Leute in Chicago schon eingerichtet, soll der Papst doch sein Museum einweihen.. Bisher hat Leo XIV. – wie alle vor ihm, Papst Franziskus war vielleicht ein bißchen anders – nur sehr zurückhaltend seine politischen „Besorgnisse“ geäußert oder die üblichen Mahnungen (BlaBla üblicherweise von Kennern genannt) daher gesagt oder hilflos zu Bittgebeten aufgefordert: Ja, ja, der liebe Gott im hohen Himmel wird es schon richten, weil sogar die Christen, die Katholiken, zu schwach, zum wirksamen Protest zu blöd und zu unkritisch sind…

6.
Aber, wenn Papst Leo als Chicagoer und US Bürger sich doch aufrafft und den Diktator Trump öffentlich einen Diktator nennt, der bitte sofort die Militärs aus Chicago und allen anderen US – demokratischen Städten abziehen soll, dann könnten Leo und die schrumpfende noch demokratisch verbliebene Welt erleben, wie dieser Trump mal so heftig rumtobt und dabei die katholische Kirche und den Papst verurteilt. Etwas Besseres könnte dem Papst und dieser Kirche nicht geschehen. Eine Ehre ist es doch, von einem Diktator verurteilt zu werden.

7.
Aber ich weiß: Papst Pius XII. hat deswegen Hitler nicht sehr deutlich verurteilt oder Hitler als Katholiken exkommuniziert, weil er als Papst “seine” Kirche (immer gemeint: die klerikale Organisation !) retten wollte, die Rettung der Juden war dann zweitrangig… So wird es bei Leo – ewigen vatikanischen Zwängen entsprechend – wohl auch sein: Leise weinend wird er etwas widersprechen, den lieben Gott um Hilfe bitten, Augustinus zitieren, und: das war es. Und der Diktator hat gesiegt. Ein Schande.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer- Salon.de

Heilige Knochen und Verehrung heiliger Leichen: Die katholische Kirche ist auch heute vom Aberglauben bestimmt.

Hinweise zum Reliquienkult
Von Christian Modehn am 6.9.2025

1.
Ein Jugendlicher wird von Papst Leo XIV. heilig gesprochen: Am 7. September 2025 wird der Italiener Carlo Acutis, 2006 im Alter von 15 Jahren gestorben, nicht nur als Vorbild empfohlen. Er kann nun, als Heiliger, so die katholische Lehre, als Fürsprecher bei Gott angefleht werden. Genauso wichtig: Die Leiche des Jugendlichen Carlo darf, mit Silikon hübsch – frisch hergerichtet und frisiert, in einem Sarkophag aus Glas, wie eine steife Puppe ruhend, bewundert werden: Das schenkt der Kirche sicher reichlich Spenden der frommen Seelen. Details zum Leben dieses nun als „Cyber-Apostel“ propagierten Jugendlichen Carlo kann man im Internet finden, kritische Hinweise sogar bei katholisch.de LINK

Und sehr viel bessere, ausführlichere und kritische Hinweise zu Carlo Acutis bietet der Theologe und Publizist Michael Meier, Zürich, LINK

2.
Uns geht es hier um Grundsätzliches: Es geht darum zu begreifen, dass der Katholizismus auch im 21. Jahrhundert mittelalterlicher oder sogar antiquer Frömmigkeit verpflichtet ist. Nicht im entferntesten denken die Kirchenführer, etwa der Papst, daran, dieses Mittelalter aus der Kirchen zu verabschieden. Über den Ursprung des Reliquienkultes: Fußnote 1:

3.
Der katholische Hochschätzung einbalsamierter Leichen besteht also nach wie vor. Es ist etwa auch der Kult um den im offenen Sarg liegenden, hoch umstrittenen Scharlatan, den italienischen Heiligen Pater Pio, LINK.
Oder es ist der Kult, der sich mit Knochenresten oder bloß mit Herzen, „Reliquien“ genannt, von so genannten Heiligen begnügt. Der 2024 verstorbene Prälat Ewald Nacke, Mitarbeiter der päpstlichen Nuntiatur in Berlin, sagte mir 2004 in einem Interview für mein Radiofeature im RBB (Sendedatum 21.11.2004): “Es gibt etwa Reliquien von Mutter Theresa, zum Beispiel Tropfen ihres Blutes, die auf einem Kleidungsstück dann erhalten sind.“ Und dieses Kleidungsstückchen gilt dann als Reliquie. In Rom wurden sogar Blut-Reliquien des seligen Papstes Johannes Paul II. ausgestellt. LINK:

Selbst Papst Franziskus sorgte  dafür, dass der Glassarg des heiligen Scharlatans Padre Pio ausgerechnet im Petersdom 2016 ausgestellt wurde: LINK 

Wer Fotos der sichtbaren heiligen Leiche Padre Pios sehen will, etwa: LINK.

Die Verehrung der angeblichen Überreste der Heiligen Drei Könige im Kölner Dom wurde z.B. den jungen Leuten beim Weltjugendtag in Köln nahegelegt. Im großen und ganzen ist der Kult um tote heilige Leiber oder fragmentarische Reliquien bzw. Reliquienfetzen ein einträgliches Geschäft, etwa in Trier, wenn da gelegentlich der – angeblich- heilige Rock, die Tunica, Jesu von Nazareth, ausgestellt, bestaunt und verehrt werden kann. Fußnote 2

4.
Das sture Festhalten am Reliquienkult und der Verehrung toter Körper durch die katholische Kirch hat natürlich auch finanzielle Gründe, ist aber vor allem Ausdruck einer Volksfrömmigkeit, die den Aberglauben der einfachen, schlicht denkenden Gläubigen nur fördert. Dumme Leute glauben gern, dürfte man sagen… Das unbeirrte Festhalten am Reliquienkult ist entschieden Ausdruck einer Ignoranz der katholischen Kirchenführung und ihrer Theologen, die unbedingt mittelalterlich bleiben will (anders könnte sie auch das Papsttum gar nicht verteidigen und beibehalten, denn kein vernünftiger Christ glaubt, dass Jesus auch nur im entferntesten ans Papsttum dachte). Die Ignoranz betrifft auch die Verachtung philosophischer Einsichten zum Reliquienkult etwa durch Philosophen wie Kant und Hegel, sie haben gezeigt: Der Reliquienkult ist bester Ausdruck einer total veräußerlichten katholischen Frrömmigkeit. Zu Kant: Link:     Zu Hegel, LINK:       Hegel betont in seinen „Vorlesungen über die Weltgeschichte“, (Band IV, Die germanische Welt, Meiner Verlag, 1968, S. 826) wie durch den„Reliquiendienst“ „eine förmliche Auferstehung der Toten erfolgte in den Zeiten des Mittelalters: Jeder fromme Christ wollte im Besitz solcher heiligen irdischen Überreste sein… Das Vermittelnde zwischen Gott und dem Menschen ist also etwas Äußerliches (die Reliquie).“

5.
Der katholische Kirchenhistoriker Prof.Arnold Angenendt (Münster) schreibt in seiner großen Studie „Heilige und Reliquien“, C.H. Beck Verlag, 1997, S. 264 im Zusammenhang der Reliquienkritik durch Immanuel Kant diese bemerkenswerten Worte: „Des Heiligen -und Reliquienkultes begann man sich jetzt zu schämen; er war zu dumm zugleich ekelhaft“.

6.
Diese Worte möchte man dem Papst (und allen für dumm gehaltenen Katholiken) zurufen, wenn er am 7. September 2025 einen Menschen zum verehrungswürdigen Heiligen erklärt und die Begeisterung für einen hübsch gemachten Leichnams empfiehlt: „Des Heiligen-und Reliquienkultes begann man sich jetzt zu schämen; er war zu dumm zugleich ekelhaft“.   Aber diese Hoffnung auf Vernunft im Katholizismus (man könnte auch sagen „Hoffnung auf heiligen Geist“) hat fast niemand mehr für den Katholizismus (von der Orthodoxie und den Evangelikalen ganz zu schweigen).

7.
Diese Heiligsprechung und die damit verbundene Zurschaustellung einer hübsch frisierten jugendlichen Leiche sind ein neuer Tiefpunkt in der spirituellen Entwicklung des Katholizismus. Aber die Reise “heiliger Knochen” durch die weite Welt geht weiter: In der kommenden Woche (15. und 16. September 2025) weilen gewisse Körperteile der heiligen Theresa von Lisieux – in einem prächtigen Reliquienschrein – auf ihrer Tournee durch Deutschland in Berlin und Frankfurt/Oder. In einer säkularen und eher atheistischen Umgebung wird also der Aberglaube ganz offiziell offenbar mit bischöflicher Zustimmung verbreitet. Noch einmal Kant in leichter Aktualisierung: “Des Heiligen-und Reliquienkultes beginnt man sich in der römisch-katholischen Kirche leider NICHT zu schämen; obwohl er zu dumm zugleich zu ekelhaft ist. Vielleicht ist die Kirchenführung selbst zu dumm, was ihren Kult mit heiligen Knochen und hübsch frisierten Leichen angeht”…

Fußnote 1:
Schon im Jahre 167 begannen z.B. die ersten Christen, Reste und Überbleibsel ihres hoch geschätzten Heiligen Polykarp zu sammeln; sie wurden wie “Edelsteine verehrt”, heisst es in einem Brief aus dieser Zeit. Seit dem 2. Jahrhundert gibt es den christlichen Reliquienkult, er hat im Hochmittelalter seine Blüte erlebt; bis heute prägt er die Frömmigkeit der katholischen Kirche.Der Kult der toten Gebeine hatte sich längst zum internationalen Handel entwickelt, anders können seriöse Historiker dieses Phänomen nicht beschreiben! LINK https://www.kath.ch/newsd/handel-mit-heiligen-ueberbleibseln-boomt-obwohl-die-kirche-dies-streng-verbietet/

Fußnote 2:
Wir weisen auf eine heute wenig beachtete Entwicklung rund um den Kult des “Heiligen Rock” hin: Im Jahr 1844 gab es eine große Wallfahrt zum “Heiligen Rock” nach Trier mit einer halben Million Pilger. Gegen die dort offenkundige  Veräusserlichung des Glaubens protestierte Johannes Ronge, ein ursprünglich römisch – katholischer Priester, der ein Jahr zuvor wegen seiner Kirchenkritik als römisch -katholischer Priester suspendiert wurde. Ronge kritisierte 1844 den Kult um dieses Stück Stoff als “Götzenfest”, was ihm vielerlei Anfeindungen und Verfolgungen einbrachte. Ronge stand dann lange Jahre an der Spitze der neu gegrüpndeten “Deutsch – katholischen Kirche”, die viele tausend Mitglieder zählte, sozial sehr aktiv war, dogmatisch aber freisinnig blieb.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

Religiöse Giftmischer heute

Friedrich Nietzsche über die Propagandisten „überirdischer Hoffnungen“ – aktuell interpretiert

Ein Hinweis von Christian Modehn am 4.9.2025

1.
Das Wort „Giftmischer“ werden sich Religionskritiker und Verteidiger von Demokratie und Menschenrechten einprägen, selbst wenn es von Friedrich Nietzsche stammt: In der Vorrede seines Buches „Also sprach Zarathustra“ (§ 3) lässt Nietzsche seinen Zarathustra sagen: „Ich beschwöre euch, meine Brüder, bleibt der Erde treu (von Nietzsche kursiv) und glaubt denen nicht, welche euch von überirdischen Hoffnungen reden! Giftmischer sind sie, ob sie es wissen oder nicht.“

2.
Man muss kein Fan der literarischen und philosophischen Arbeiten Nietzsches sein, ich bin es auch nicht, um dem Begriff „Giftmischer” dann doch sehr treffend zu finden als Beschreibung der entscheidenden Qualität der Propagandisten „überirdischer Hoffnungen“. Dabei weiß ich, dass dieses Wort Nietzsche in seine Erörterung des „Übermenschen“ gestellt hat. Aber, ich meine, eine aktuelles Verstehen von Nietzsches Aussage kann diesen Satz aus dem ursprünglichen Kontext lösen und ihn wie einen allgemein gültigen Aphorismus betrachten. Nietzsche liebte ja sehr Aphorismen oder kurze Essays. Es ist aktuell erhellend, einzelne Worte dieser These Nietzsches näher zu betrachten.

3.
Die Propagandisten reden von „überirdischen Hoffnungen“. Dabei muss man heute nicht automatisch an religiöse oder metaphysisch begründete Hoffnungen auf ein Jenseits denken. „Überirdische Hoffnungen” sind auch die von rechten und rechtsextremen Ideologen und ihrer Parteien angezielten rückwärts gewandten Utopien, sie rühmen die Abschaffung der Demokratie und der universell geltenden Menschenrechte. Sie propagieren auch Dystopie, negative, erschreckende Zukunftsvorstellungen.

4.
Wer diese rechtsextremen Propagandisten falscher Hoffnung bekämpft und hoffentlich überwindet, der „bleibt der Erde treu“: Unsere aktuelle Nietzsche Interpretation – sozusagen gegen den Strich gebürstet, um es populär auszusagen – meint also: „Der Erde treu bleiben“ heißt: Der Welt der Menschen und der ganzen Natur mit ihrer Schönheiten und ihren Gefährdungen, dieser Welt also mit ihren Sinn stiftenden Erfahrungen und ihren menschengemachten Katastrophen verbunden bleiben, das ist: “Unserer „Erde treu bleiben.“ Und eben nicht in zerstörerischen Dystopie versinken. Die Sorge um Natur, Umwelt, Ökologie, Gerechtigkeit muss als ein “kategorischer Imperativ” angenommen werden. In diese Gedanken kann also eine ungewöhnliche, aber heute mögliche Nietzsche – Interpretation führen.

5.
Am wichtigsten ist das Urteil Nietzsches über diese Propagandisten „überirdischer Hoffnungen“: Nietzsche nennt sie sehr treffend Giftmischer. Jeder demokratisch denkende Mensch weiß heute, wo diese Giftmischer ihre Herrschaft ausüben: Und jeder und jede wird Beispiele nennen, Namen nennen: Ich denke etwa an den Patriarchen Kyrill von Moskau, er ist der russisch – orthodoxe Chefideologe Putins und heftigster Propagandist des Angriffskrieges gegen die Ukraine. Den gefallenen russischen Soldaten versprach er bezeichnenderweise den sofortigen Eintritt ins Himmelreich. Mehr „Giftmischung“ geht gar nicht. Wir haben etliche kritische Hinweise zum Putin Freund Patriarch Kyrill publiziert: LINK.

6.
Wo sind die Giftmischer in Deutschland heute? In der Lügenpropaganda der nachgewiesen in weiten Teilen rechtsextremen Partei AFD wird man fündig. Oder in konservativen Kreisen der sich christlich nennenden Parteien, die einen wahrlichen Kulturkampf einleiteten, etwa als es um die Wahl der Juristin Frauke Brosius – Gersdorf ins Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ging…. diese CDU Kreise haben ihren Kulturkampf erfolgreich bestanden…

7.
In Frankreich versuchen extrem konservative katholische Milliardäre mit ihren Massenmedien die Linie der katholischen Kirche Frankreich zu bestimmen, wir haben auf dieses in Deutschland kaum beachtete Phänomen hingewiesen: LINK.

8.
Wo sind die Giftmischer in den USA und im Umfeld des Trump – Regimes: Neben Trump und im finanzkräftigsten Hintergrund agieren Drahtzieher gegen die Demokratie und die universell geltenden Menschenrechte. Diese Giftmischer stammen vor allem aus verschiedenen Kirchen, vor allem aus evangelikalen Kreisen und aus dem finanzkräftigen reaktionären katholischen Milieu. Sie betreiben die Verfolgung von Minderheiten, von Immigranten und Homosexuellen und Transgender, „people of colour“, Flüchtlinge usw. werden schon deportiert; die Meinungsfreiheit eingeschränkt: Diese religiösen Giftmischer haben nicht nur die die Mentalitäten vergiftet, sie zerstören mit ihrem Gift Staat und Gesellschaft.

9.
Wo sind die Giftmischer in der katholischen Kirche in den USA zu suchen? Etwa in den weitgehend geheim agierenden internationalen katholischen Organisationen: Auch in den USA ist das Opus Dei eng mit den finanzkräftigen Freunden Trump verbunden. Die Theologin Prof. Hille Haker (Loyola University in Chicago) schreibt in der empfehlenswerten Zeitsxchrift “PUBLIK FORUM” (5.9.2025): „Die juristische Vereinigung `Federalist Society` wurde vom Juristen Leonard Leo gegründet, diese Gruppe ist nicht nur eine Richterschmiede, sondern auch ein Motor für die Ernennung von Richtern auf Lebenszeit. Leonhard Leo beeinflusst seit vielen Jahren das Rechtssystem. Bei ihm laufen die Fäden zusammen, und er spinnt ständig neue. Fast 30 Prozent der von Trump ernannten Richterinnen und Richter und die Wahl von drei Obersten Verfassungsrichtern gehen auf die Vorschläge der „Federalist Society“ zurück. Leonhard Leo ist nicht nur gut mit der `Koch Foundation` vernetzt, sondern auch mit dem Opus Dei, für dessen Catholic Information Center er im Vorstand sitzt. Vizepräsident Vance unterhält gute Beziehungen zu ihm. Leonhard Leos Einfluss auf die katholisch geprägte Politik und den Umbau der staatlichen Institutionen kann nicht überschätzt werden. Mithilfe der milliardenschweren Spende eines Unternehmers an ihn persönlich baut Leonhard Leo nun ein neues Netzwerk auf: »Teneo« heißt es, es soll, wie er selbst sagt, den liberalen Einfluss überall zurückdrängen: in den Medien, den Universitäten, der Unterhaltungsindustrie, im Sport und in der Politik. So wird die antiliberale, christlich-moralische Auslegung der amerikanischen Verfassung vorangetrieben und darüber hinaus die Demokratie in eine Theoautokratie verwandelt.“ LINK 

10.

Nietzsche fügt seinem Satz über die religiösen Giftmischer unmittelbar sehr Wichtiges hinzu: „Verächter des Lebens sind die Giftmischer, Absterbende und selbst Vergiftete, deren die Erde müde ist: ob sie es wissen oder nicht.“
Eine Hoffnung also formuliert hier Nietzsche: Trostvoll für Demokraten und Verteidiger der universell geltenden Menschenrechte: Diese religiösen Giftmischer sind selbst schon vergiftet von ihrem eigenen Gift. Aber für uns sind die letzten Worte Nietzsches hier leider nicht mehr als ein Wunsch.  Wollen wir hoffen, dass in diesem Falle Nietzsche recht hat.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

Papst Leo XIV. kritisch wahrnehmen: Bisher nur ein frommer Wunsch!

Ein Hinweis von Christian Modehn am 2.9.2025

1.
Gibt es allmählich eine systematische, regelmäßige kritische journalistische Recherche, eine theologische und historische Forschung zu Papst Leo XIV. bzw. zum Kardinal Prevost? Diese Frage stellen wir Anfang September 2025, vier Monate, nach dem „Regierungsantritt“ Leos am 8. Mai 2025. Und wir haben den begründeten Eindruck: Nein, diese kritische Forschung zu Papst Leo XIV. gibt es nicht. Nur vereinzelt werden kurze, eher flapsige Bewertungen publiziert, auf die wir hingewiesen haben. LINK.

………

Am 8.9.2025 ergänzt: Wer Zeit und gute Nerven hat, kann die lobhudelnden Stellungnahmen von Papst Leo zu Orten reaktionär – katholischen Glaubens lesen, auf die Sainte Anne d Auray Feierlichkeiten in der Bretagne mit dem päpstlichen Sonderdelegierten, dem allseits als solchen bekanten reaktionären Kardinal Sarah, haben wir hingewiesen. Jetzt also, am 8.9.2025, der einschmeichelnde Brief des Papstes an den eigentlich und endlich aus Köln abzulösenden Kardinal RainerM. Woelki,  und eine Lobeshyme auf diese Wallfahrts – Kapelle in der Kölner Kupfergasse, Inbegriff der konservativ – naiven Volksfrömmigkeit, die der Papst als Augustiner sooooo mag. LINK Und Im Oktober 2025 wird der rektionäre Kardinal Burke aus den USA im Petersdom eine Messe nach uralter Art der Traditionalisten feiern , mit Zustimmung von Leo XIV.. LINK Der sollte doch endlich mal etwas Kritisches gegen den Dikator Trump, seinen Landsmann, sagen, melden mir Freunde aus den USA. Aber da wird vom Papst bestensfalls den amerikanischen Katholiken Nächstenliebe empfohlen, wie kürzlich in einer Videobotschaft des Papstes nach Philadelpihia.  Bloß immer nett sein, und eine “Einheit” pflegen, wie sein “Vater” Augustinus sagte….

Wir bleiben dabei: Dieser Papst Leo XIV. ist ein sehr Konservativer, der in theologischer Unentschiedenheit mal was für die Progressiven tut, aber sehr viel für die Konservativen. Ein Papst der Reformen, der notwendigen Reformation,  wird dieser Augustiner nie. Dazu sind die Augustiner, von Luthers Ketzerei immer noch verwirrt und erschüttert, viel zu wenig mutig, gar nicht wegweisend in eine vernünftige Zukunft des Christentums. Welche turbulenten Orte des sozialen Lebens hat dieser Papst in den vier Monaten seiner Herrschaft besucht? Papst Franzsikus war in dieser Zeit schon mal bei den Flüchtlingen auf Lampedusa, Leo war zwei Mal in den Gemächern von Castel Gandolfo. Zumal: Dieser Augustiener Orden hat keine Theologen, Augustiner leiten heute weltweit Pfarreien, und das wars dann weithin.. Mir sagte ein Freund aus Peru: Man glaube doch nicht, Bischof Prevost damals in Peru, heute Papst Leo, sei ein Befreiungstheologe, bloß weil er bei Überschwemmungen mit Gummistiefeln durch die Stadt gelaufen ist…

…….

2.
Unmittelbar nach „Regierungsantritt“ Leos XIV. haben wir gezeigt: Leos Denken ist von Augustinus bestimmt, Leo erinnert sozusagen permanent in seinen Predigten, Grußworten usw. an Augustinus, an seinen „Vater“, wie er sagte, als er sich als “Sohn des Augustinus“ bezeichnete. Diese Augustinus – Fixierung verheißt nichts Gutes, denn Augustin ist insgesamt ein höchst problematischer, in vielen Thesen abzulehnender Theologe.

3.
Wir können hier gar nicht alle Details zu Leo XIV. herausarbeiten. Da gibt es in dieser verrückten Welt wahrlich wichtigere, auch politische und philosophische Themen. Aber: Man lese nur Leos Predigt zur Eröffnung des Generalkapitels des Augustiner Ordens in Rom am 1.9.2025, bei der Leo in voller päpstlicher Pracht als Augustiner an der Messe teilnahm und eine Predigt hielt, die sozusagen von Augustinus – Zitaten wimmelt, abgesehen davon, dass Leo zu Beginn seiner Predigt an den nun wahrlich „bedeutenden“ Kirchenlehrer Didymus den Blinden mit einem Zitat erinnerte. Der Inhalt der Predigt wird von Vatican news treffend mit den sehr allgemeinen moralisch gefärbten Worten: „Hören, Demut, Einheit“ zusammengefasst. Es sind Ermahnungen alter Art, die der Papst da vorträgt. Man glaubt zu träumen, wenn man an all die euphorischen Worte von Journalisten und Theologen denkt, gleich nach der Papst Wahl: Er sei doch so international gesinnt, so sehr ein Freund der Armen, ein Kenner der lateinamerikanischen Befreiungstheologie, ein Freund des großen Papstes Franziskus…. Von all dem ist in dieser Predigt für einen internationalen Orden nichts zu hören. Er sagt seinen „Mitbrüdern“ nichts als fromme Erbauung uralter Art.

4.
Augustin ist bekanntlich ein Theologe des Altertums, mit einigen Zitaten aus dessen Jugendzeit versucht der Papst ihn zu „modernisieren“, was nicht gelingen kann, wenn man nur an das viel zitierte päpstliche Wort „Einheit“ denkt. Einheit im Sinne Augustins kann nur Einheit als Gehorsam gegenüber der kirchlichen Obrigkeit sein. Und Augustin verstand Einheit nur als siegreiches Endergebnis in seinem heftigen Kampf gegen die vielen angeblichen Irrlehrer seiner Umgebung. Leo sagte in seiner Predigt: „Denn was verbindet, kommt von ihm, dem heiligen Geist, aber was spaltet, kann nicht von ihm sein.“ Damit ist erneut ausgeschlossen, dass die Reformation, die der Augustiner Martin Luther einleitete und die zur begründeten Abspaltung von der total verkommenen Papstkirche führte, „nicht vom heiligen Geist“ stammt. Welch eine verheerende ökumenische Perspektive!

Die Predigt Leos am 1.9.2025:  LINK:
5.
Nur ein weiterer Hinweis: Papst Leo empfing Ende August eine hohe Auszeichnung des Augustiner Orden in den USA und er bedankte sich dafür in einer Videobotschaft von 13 Minuten. Wie Vatican-news berichtet, sagte der aus den USA stammende Papst Leo kein kritisches Wort über den Umgang mit Armen, Ausländern, Flüchtlingen etc. durch den Machthaber Trump und sein Regime. Nein, Papst Leo, milde gestimmt wie immer, rief den Orden höchst allgemein zur Nächstenliebe auf. „Durch Freundschaft, Beziehungen, Dialog und gegenseitigen Respekt können wir unsere Unterschiede überwinden und unsere wahre Identität als Schwestern und Brüder in Christus entdecken.“ Immerhin dann noch die wie üblich allgemein gehaltene Aufforderung an die Augustiner und sicher auch an die Katholiken in den USA: Als Kirche sind wir ermutigt, uns in der Kunst des Zuhörens zu erneuern – im Gebet, in der Stille, im Unterscheiden und Nachdenken. Wir haben die Möglichkeit und Verantwortung, auf den Heiligen Geist zu hören, aufeinander zu hören, auf die Stimmen der Armen und Ausgegrenzten.“ Ja, ja, wir haben die Möglichkeit…Es geht dem Papst aber nicht um eine dringende Notwendigkeit, „auf die Stimmen der Armen und Ausgegrenzten zu hören.“ Es geht ihm offenbar nicht darum, dass us-amerikanische Katholiken und mit ihnen die Augustiner zu Verteidigern der Menschenrechte werden in den sich zur Trump -Diktatur entwickelnden USA… LINK 

6.
Mit anderen Worten: Bei so viel Sanftheit und Milde ist nicht zu erwarten, dass Leo XIV. auch nur ansatzweise ein „prophetischer Papst“ wird. Unseres Erachtens war dies Papst Franziskus durchaus. Die Kardinäle wollten wohl mit der Wahl von Kardinal Prevost zu Papst Leo XIV. für Milde, Ruhe, Gelassenheit, freundliches Lächeln, EINHEIT bitte, Allgemeinheiten in politischen Fragen usw. sorgen.

7.

Man darf den begründeten Eindruck haben: Papst Leo XIV. ist überfordert angesichts der verrückten Situation dieser Welt, Rechtsextremismus, Antisemitismus, Ungleichheit, Verfall der Demokratie, zunehmende Armut im globalen Süden. usw., er ist überfordert mit seinen milden augustinischen Sprüchen. Und er ist auch überfordert, kritisch die Situation etwa der Kirche in Westeuropa wahrzunehmen: Er sieht nicht, dass diese römische Kirche, im alten Stil, immer weiter so fortgesetzt “wie immer”, nachweislich und objektiv bewiesen dem Ende entgegen geht. Die noch nachdenklichen Katholiken können die klerikale Welt, die Welt der uralten Dogmen, nicht mehr ertragen. Dabei weiß Papst Leo doch genau, dass die einst “blühenden” Provinzen des Augustinerordens in Holland, Belgien, Irland, Deutschland, USA, Kanada allmählich bestenfalls noch Altersheime sind, also vor dem Aussterben stehen. Das gilt für andere Orden auch, Zölibtsgesetze sind passé. Gott sei Dank. Das gilt auch für die Bistümer, die, wie in Deutschland und Frankreich, nur noch den “Import” von Priestern aus Polen, Nigeria, Philippinen, Indien überhaupt  noch das alte klerikale System fortsetzen können…Aber die Bischöfe und die Ordensoberen tun so, als ginge alles weiter “wie immer”…

8.

Man darf gespannt sein, mit welchen drei oder vier Augustinern der Papst alsbald in seinem Papstpalast zusammenleben wird. Hoffentlich sind einige kritische Theologen dabei, aber … sooo viele Theologen hat dieser Orden leider nicht. Aber vielleicht lädt er auch Mitglieder der Augustiner-Rekollekten, der Augustiner-Barfüßer oder der französischen Augustiner, Assumptionisten genannt, in seinen Palast ein. Denn es gibt eben nicht nur Papst Leos Augustinerorden (OSA als Abkürzung)…. von den anderen Augustinerorden spricht er nicht, ist dies seine viel besprochene augustinische EINHEIT?

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.

Christian Modehn: M.A. in Philosophie und Staatsexamen in kathol. Theologie, ist freier Journalist und Autor und beobachtet aus der gebotenen Distanz den Katholizismus.