Spaltung der Katholischen Kirche … wegen der Homosexuellen und ihrer Segnung?

Vor allem afrikanische Bischöfe sind gegen den Papst und dessen offizielle Bereitschaft, homosexuelle Paare zu segnen…

Ein Hinweis von Christian Modehn.

– Wir befinden uns mit unserem kritischen Hinweis auf das angeblich so progressive päpstliche Dokument “Fiducia supplicans” in guter, wissenschaftlicher und kritischer Gesellschaft. Der Kirchenrechtlicher Prof. Norbert Lüdecke (BONN) nennt dieses päpstliche Schreiben “verlogen”, “entwürdigend” für die betroffenen Homosexuellen und “toxisch”, also das Wohlbefinden der Betroffenen vergiftend. LINK.

– Während Prof. Lüdecke die päpstliche Erlaubnis zu einer Segnung von Homosexuellen mit Argumenten einer richtigen modernen Theologie ablehnt: Schlägt der bekannte reaktionäre Kardinal Robert Sarah (aus Guinea) erneut in seinem Hass auf Homosexuelle zu und nennt das päpstliche Dokument “Ficducia suupplicans”, so wörtlich, “häretisch”. Das ist schon ganz gewagt, für einen Kurienkardinal… LINK.

Damit unterstützt der greise Kurien – Kardinal Robert Sarah aus Guinea wieder Diktatoren und sonstige Politikern Afrikas, homosexuell lebende und liebende Menschen in Afrika zu verfolgen, zu bestrafen, auszugrenzen, zu töten.

Kardinal Sarahs Äußerungen sind eine Gefahr für die Menschheit! Ihm sollte der Papst jegliche öffentliche Stellungnahme verbieten. Das kann er doch als Papst mit seinen eigentlich doch auch doktatorischen Gewalten…

Als hätten wir keine anderen Sorgen: Aber der Wahn der Homophobie unter Afrikas Bischöfen geht weiter:

Keine Unterstützung für die völlige Gleichberechtigung von Homosexuellen in Afrika: Dieses Urteil maßt sich die katholische gesamt-afrikanische Bischofskonferenz an, am 11.1.2024 wurde ein entsprechendes Dokument im Vatikcan veröffentlicht. LINK

Diese Herren der Kirchen verstecken ihre Verurteilung von Homosexuellen unter der schon oft besprochenen Abweisung eines Segens für Homosexuelle.

Der Kardinal von Kinshasa sagt, Segnungen für Homosexuelle  in Afrika seien “nicht für umsetzbar, ohne Skandal zu erregen“.

Der größte Skandal aber ist die Ignoranz dieser Herren der Kirche, sie ignorieren und nehmen in Kauf, dass sie mit ihrer Äußerung der Verfolgung und Diskriminietrung von Homosexuellen in vielen Staaten Afrikas weiter ideologische Unterstützung bieten. Bravo, Diktatoren unter sich, könnte man sagen…

Und diese Herren der Kirche befinden sich in bester ökumenischer Gemeinschaft mit fundamentalistischen Muslims und fundamentalistischen Juden und fundamentalistischen Evangelikalen. Wunderbar, diese Ökumene… und eine Schande für alle, die noch einige der humanen Lehren Jesu von Nazareth wichtig finden.

Wie weit dürfen sich eigentlich die Herren der Kirche auch von Jesus von Nazareth und seinem Evangelium entfernen???

Und wie lange sind Katholiken in Europa bereit, Missionsspenden für diese ignoranten Herren der Kirche in Afrika zu überweisen (etwa über das katholische Hilfswerk Missio). Oder hat Missio, Aachen, schon gegen diesen Wahn der afrikanischen Bischöfe öffentlich protestiert?

 

1.
Immer mehr römisch-katholische Bischöfe, vor allem in Afrika, lehnen es ab, homosexuelle Paare zu segnen. Sie widersprechen damit einer Entscheidung des Papstes und seiner obersten Glaubensbehörde. Diese hatten am 18. Dezember 2023 öffentlich gemacht, dass nun doch, entgegen bisheriger offizieller Weisungen, homosexuelle Paare (und auch unverheiratete heterosexuelle Paare)  offiziell gesegnet werden dürfen. Eine kleine Korrektur in der katholischen Dogmatik: “Fiducia Supplicans“ ist der Titel des päpstlichen Schreibens, LINK.

Und dieser vatikanische Text vom Dezember 2023 ist wirklich ein kleiner “Bruch” mit einer gewissen Tradition: Offenbar ein Herzensanliegen des Papstes oder eine ganz kleine Geste der Sympathie für die ein bißchen reformbereite katholische Kirche in Deutschland??    LINK

2.
Dabei hat das Dokument der Glaubensbehörde bzw. des Papstes ausschließlich eine bescheidene Segnung, eine Art Ultra-Kurz-Liturgie erlaubt. Diese wird homosexuelle Katholiken gewährt, selbst wenn sie weiterhin nach offizieller katholischer Doktrin im objektiv falschen, sündigen Zustand der Homosexualität leben. Die Lehren des offiziellen Katechismus (1993) werden also beibehalten: „Homosexuelle Handlungen sind auf keinen Fall zu billigen“ heißt es § 2357. Sowie: „Homosexuelle sind zur Keuschheit gerufen“ (ebd.). Es sollen also homosexuelle Paare gesegnet werden, die in einer Art platonischen Freundschaft ohne Sexualität leben und … z.B. gemeinsam, brav Händchen haltend, Kaffee trinken…

3.
Die Segnung dieser sündigen Menschen hat überhaupt nichts mit einer Eheschließung zu tun, betonen die Herren der Kirche im Vatikan weiterhin. Der sehr bescheidene Ritus, von einem Priester geleitet, möglichst eher in Nebenkapellen und schon gar nicht in großen Kirchengebäuden, soll nicht im entferntesten an das Sakrament der Eheschließung erinnern. Nebenbei: Da werden manche Tiere in den katholischen Tiersegnungen in Kirchen (!) oder Autosegnungen oder Handy-Segnungen oder Walross – Segnungen durch den Erzbischof von Hamburg großzügig gestaltet:  LINK .

4.
Angesichts dieser von der Qualität und Bedeutung her eher lächerlich erscheinenden „Homo-Segnung“ ist die Aufregung vieler katholischer Bischöfe vor allem in Afrika irritierend. Man tut fast so, als hätte die Kirche nun endlich diese „Unmöglichkeit” begangen und auch die universell geltenden Menschenrechte (der Gleichheit z.B:) für ihre eigenen Mitglieder angewendet… was ja nicht der Fall ist.
Homosexuelle bleiben in katholischer Sicht „Glaubende zweiter Klasse“, man solle diesen armen Geschöpfen mit „Achtung, Takt und Mitleid“ begegnen (§ 2358, Katechismus). Papst Franziskus und seine Glaubensbehörde wollen mit ihrem Schreiben nur etwas netter und etwas freundlicher erscheinen…Aber es bleibt dabei: „Homosexuelle Menschen sind zur Keuschheit gerufen“ (§2359).

5.
Die katholische Tageszeitung LA CROIX (Paris) fürchtet jetzt, so wörtlich, dass angesichts des Widerstandes vieler afrikanischer Bischöfe „die Einheit der Kirche langfristig bedroht sein könnte“ (26.12.2023). Die Liste der widerspenstigen afrikanischen Bischöfe ist lang) Soll man diese sich Hirten nennenden Kleriker jetzt wie auch früher schon „Homo-Feinde“ nennen oder etwas sanfter Gegner der universell geltenden Menschenrechte?
Diese Herren der Kirche halten die moralischen Gebote und Weisungen der Bibel für wichtiger und entscheidender als die vernünftigen, allgemein und universell geltenden Menschenrechte. Kirchengebote also contra Vernunfteinsicht: Ein altes Drama der katholischen Religion. Und diese Klerus – Kirche zeigt wieder, wie sie auch jetzt aus der vernünftigen Entwicklung der Zeit gefallen ist; sie zeigt, dass sie allen Ernstes meint, mit ein paar netten Reförmchen („bescheidene Segnungen nun auch für Homosexuelle Sünder“) Interesse bei Homosexuellen für den katholischen Glauben und seine Segnungen zu wecken. Wenn katholische Homosexuelle in Europa in dem Zusammenhang noch etwas vom Papst erwarten: Dann die „Homo-Ehe“ als Form der Gleichberechtigung, diese Art von Segnungen sind jedenfalls eher lächerlich. Und trotzdem muss man sich mit diesem Thema befassen: Auch aus politischen Gründen.

6.
Wenn vor allem afrikanische katholische Bischöfe diese bescheidene Segnung für Homosexuellen in ihren Ländern ablehnen, dann unterstützen sie nur die menschenverachtende Politik und die verdorbenen Politiker in ihren Ländern, die Homosexualität verbieten und geoutet Homosexuelle verfolgen, quälen und zur Tötung durch die feindlichen Massen förmlich freigeben. DESWEGEN ist die Ablehnung dieser Segnungs – Erlaubnis von Homosexuellen durch afrikanische Bischöfe ein politischer Skandal, eine Schande für alle, für die universell geltende Menschenrechte selbstverständlich wichtiger sind als ethischen Weisungen aus mythologischen Texten der Bibel seit dem 5. Jahrhundert vor Christus (AT) bis ins 1. Jahrhundert (NT). Homosexuellen freundliche offizielle kirchliche Texte hat es seit Paulus nicht gegeben. Das Evangelium der Liebe galt nicht für diese „anders“ liebenden und anders lebenden Menschen. Die Homosexuellen wurden und werden als die Anderen verfolgt ….wie die vielen anderen „Anderen“, etwa die Juden. Nur ließ sich die Verfolgungsgeschichte der Juden besser dokumentieren als die Verfolgungsgeschichte der Homosexuellen durch die katholische Kirche. Bei den kirchlichen, in enger Verbundenheit mit den autokratischen Regimen im alten Europa geschehenen Verfolgungen Homosexueller „lohnte“ sich die Dokumentation nicht, Homosexuelle waren ja „Perverse“. Nur die perversen Priester und perversen Päpste wussten sich zu schützen und ihre Perversion heimlich zu leben, nur nicht öffentlich… LINK

7.
Es droht also ein Bruch der Einheit der katholischen Kirche, wie die angesehene katholische Tageszeitung La Croix schreibt.
Die Frage ist: Warum ist ein Bruch innerhalb der Kirche eigentlich schlimm?
Bestand eine Einheit denn auch vorher schon? Wurden die einstigen Kolonialkirchen gleichberechtigt von der europäischen, kolonisierenden Mutterkirche behandelt?
Wurden diesen Kirchen eigenständige Liturgien erlaubt?
Wurden ihre afrikanischen von dem sinnlosen Zölibatsgesetz befreit?
Nein, Einheit als Form der Gleichberechtigung, gab es bisher im Katholizismus sowie so nicht.
Wenn es nun zum Bruch mit Rom kommt, dann ist dies vor allem aus politischen Gründen eine Katastrophe. (Siehe Nr 6.)

8.
Auch die Anglikanische Kirchengemeinschaft droht seit vielen Jahren wegen der Gleichberechtigung von Homosexuellen in dieser Kirche auseinanderzubrechen. Anglikanische afrikanische Bischöfe sind strikt homo-feindlich…

9.
Ein vorläufige Liste des Widerstandes der Bischöfe gegen das päpstliche „Homo-Dokument“:

Zunächst: Der reaktionäre Kardinal Gerhard Müller lieferte gleich drei Tage nach der Publikation des Textes förmlich das Stichwort für seine homophonen „Mitbrüder“ weltweit: Müller sagte: „ Eine Realität zu segnen, die konträr zur Schöpfung ist, ist nicht nur unmöglich, sondern eine Gotteslästerung (Blasphemie). Ein Priester, der eine Homo-Paar segnet, begeht ein Sakrileg“ (La Croix, a.a. O).
Die Verurteilungen und Distanzieren vom Papst folgten sofort: „La Croix“ nennt die Länder, in denen Segnungen von katholischen Homosexuellen von den Bischöfen verboten sind: „Sambia, Malawi, Nigeria, Rwanda, Kamerun, Demokratische Republik Kongo, Ghana“ (ebd.) Weitere werden folgen, wie Kenia.
Kardinal Pengo von Tanzania war in seinem Homo-Hass soweit gegangen für seine hungernden Hetero-Familien zu fordern:Lieber verhungern, als Hilfe von Homosexuellen annehmen. Welch eine Schande… LINK.

In Europa haben such Ungarns Bischöfe gegen die Entscheidung des Papstes ausgesprochen, homosexuelle Paare zu segnen.

Man hat den Eindruck: Bischöfe in den Staaten, die Homosexuellen wenig Rechte gewähren oder Homosexuelle verfolgen und unterdrücken, folgen den Weisungen ihrer Staatschefs.

10.
Der Historiker und Journalist Christophe Dickes wird in La Croix zitiert: „In der gegenwärtigen Geschichte der Kirche ist es zum ersten Mal, dass ein ganzer Kontinent es explizit ablehnt, die Weisungen des Papstes anzuwenden“ (a.a.O). Und auch aus Asien gibt es Zurückweisung des Papstes: Die Bischöfe von Astana in Kasachstan (der Weihbischof dort, Athanasius Schneider, ist Mitglied im reaktionären „Kreuzorden“, inspiriert vom mysteriösen, versponnenen „Engelwerk“, Opus Angelorum) schreiben: „Wir untersagen den Priestern und den Gläubigen jede Form der Segnung homosexueller Paare“ (La Croix, 20.12.2023).

11.
Warum sind Afrikaner, auch und vor allem christliche Afrikaner, gegen die Homosexualität und verfolgen die Homosexuellen? Denn diese Ablehnung gilt eigentlich für fast alle, auch sich protestantisch nennende oder orthodoxen Kirchen in Afrika. Homophobie ist das eine ökumenische gemeinsame Dogma der vielen Kirchen Afrikas. Von Muslimen wollen wir hier an dieser Stelle schweigen, da geht es homo-freundlicher zu…
Ein weites Thema also. Nur einige Hinweise:
Die afrikanischen Christen wurden den europäischen Missionaren im 19.Jahrhundert mit europäischer Theologie und europäischer Moral konfrontiert und sie haben diese religiösen Ideologien übernommen: Und die sagten damals klar: Homosexuelle Handlungen sind Sünde. Sie müssen verboten werden.
Afrikanische Christen und Bischöfe halten daran bis heute fest, sie haben also die Entwicklungen der christlichen Moral und Lehre im 20.und 21. Jahrhundert nicht mitgemacht, vielleicht aus Ablehnung, dieser nun von „Neokolonialisten“ verbreiteten Reform – Lehre.
Aber auch andere kulturelle Einflüsse spielen eine Rolle für die Ablehnung homosexuellen Lebens in Afrika:
Der ausführliche Beitrag über Afrika in dem umfangreichen wissenschaftlichen „Dictionnaire de l` Homophobie“ (Edition Presse Universitaires de France, Paris, 451 Seiten, 2003) betont: Die in Afrika bis heute übliche Verfolgung von Homosexuellen und das Verbot von Homosexualität sowie die öffentliche Verachtung homosexueller Menschen dauert seit den „animistischen“, den ur-alten Traditionen. „Die Homosexualität wird gemäß den animistischen Traditionen von der Gesellschaft absolut verurteilt. Sie wird mit der Hexerei verbunden, sie wird als Perversion gegen die Natur verstanden… Der Homosexuelle verliert die Fähigkeit, Kinder zu zeugen, seine Identität ist total verwirrt… Auch heute sind Homosexualität sehr stark stigmatisiert in allen Ländern Afrikas.
Im Jahr 2002 wurde dem Erzbischof von Freetown in Liberia Homosexualität vorgeworfen. Und diese Homosexualität sei sogar verantwortlich für die Ermordung von fünf Nonnen innerhalb der Unruhen im Land“ So viel zu einem Beispiel geistiger Verwirrung dort… (S. 10 und S 13 in dem genannten „Dictionnaire…“). Es gibt in Afrika aber auch etliche Staaten, die keine Gesetze kennen, die Homosexuelle diskriminieren: Siehe Fußnote 1.

12.
Die Debatte um den vatikanischen Text, der nun die Segnung von homosexuellen Menschen und homosexuellen Paaren erlaubt, zeigt deutlich: Eine Einheit der römisch – katholischen Kirche besteht nicht mehr absolut und unbedingt. Sie zerbricht langsam. Diese Einheit wird noch von Päpsten und Bischöfen behauptet, aber sie ist eher ein Wunsch, die zentralistische Gewalt von Rom aus beizubehalten und durchzusetzen. Wo, bitte schön, wird das Zölibatsgesetz der Priester de facto denn noch gelebt? Der Vatikan weiß das, die Bischöfe weltweit wissen das, es ist weitestgehend nicht der Fall. Aber dieses verrückte Gesetz wird vom zentralistischen Vatikan und dem Papst beibehalten.

13.
Der Vielfalt der Kulturen und der Vielfalt von Werten wird die Einheitsdoktrin Rom nicht gerecht. Das haben schon Theologen seit 50 Jahren gesagt, man denke nur an die Studien des Theologen Walbert Bühlmann.
Dass alle Katholiken zuallererst und immer die universellen Menschenrechte wie ihre heilige Bibel hochschätzen und leben sollen, bleibt die zentrale Forderung. Zuerst die Menschenrechte, danach erste einige Lehren und Weisheiten der Bibel, kritisch interpretiert…

14.
Homophobie hat wie Antisemitismus oder Sklaverei oder Degradierung von Frauen oder Gewöhnung an das Hungersterben von Millionen Armer weltweit nirgendwo noch einen Platz. Dennoch muss unter diesen Bedingungen überlegt werden, WIE denn etwa die Gleichberechtigung von homosexuellen Menschen in der Kirche auch den Afrikanern vermittelt werden kann. Aufklärung und Bildung könnten da schon viel helfen. Haben homophobe Bischöfe jemals mit homosexuellen Christen gesprochen? Bitte mir Beispiele nennen…. Aber umfassende Bildung wiederum setzt voraus, dass Katholiken Aufklärung als umfassende kritische Bildung tatsächlich faktisch erleben: Darum, baut mehr Schulen anstelle von Kirchen in Afrika. Die Menschen braucht nicht Mega-Churches wie in Nigeria, sondern Mega-Schools. Die Mega – Churches nützen vor allem den geldgierigen homophoben so genannten Pastoren.

Fußnote 1: Mehr als die Hälfte der afrikanischen Staaten südlich der Sahara hat noch eine strenge Gesetzgebung, die Homosexualität unter Strafe stellt
Aber es gibt auch menschenfreundliche, humane Staaten in dieser Hinsicht:
Dazu gehören: Botswana (seit 2021), Gabun, (seit 2020) Angola (seit 2019): „Jede Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung ist verboten“. Auch Mozambique kennt keine diskriminierenden Gesetze (seit 2015), in Guinea-Bissau hingegen gibt’s diese humanen Gesetze schon seit 1993.Selbst wenn z.B. die Zentralafrikanische Republik oder die Demokratische Republik Kongo keine expliziten anti-gay-Gesetze haben, so herrscht doch doch ein repressives Klima gegen gays in diesen Staaten vor. Am weitesten entwickelt sind die Menschenrechte für gays in Südafrika, dort wird seit 2006 homosexuellen Paaren die Adoption erlaubt. (Quelle: Tageszeitung “La Croix”, Paris, Beitrag von Emmanuelle Ndoudi, am 27.12.2023.)

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.

 

Es ist ein Kreuz mit dieser bayerischen Regierung

Zum Kreuz – Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes.
Ein Hinweis von Christian Modehn am 20.12.2023

Einen Kommentar des Prof. für Kirchenrecht, Hans Michael Heinig von der UNI Göttingen, lesen Sie bitte am Ende unseres Hinweises!

1.
Nun dürfen also Kreuze, Darstellungen des Leidens und Todes Jesu Christi, in allen offiziellen Staats – Gebäuden des Bayerischen Freistaates hängen.
Diese Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 19.12. 2023 verkündet. Und die sich christlich nennende Partei CSU sowie die Freien Wähler mit ihrem rechtslastigen Chef Hubert Aiwanger freuen sich: Endlich können sie allen „anderen“ demonstrieren, dass Bayern so richtig eine christliche Demokratie ist.

2.
Das Kreuz als Symbol für die Lebens – und Leidensgeschichte Jesu von Nazareth wird nun zu einer Art Accessoire degradiert, zu einer Zierde in staatlichen Gebäuden. Neben dem Kreuz würden auch gut Gemälde „röhrende Hirsche in den bayerischen Alpen“ passen oder ein Seppelhut oder ein Porträt von FJS…

3.
Der Freistaat Bayern gibt sich „neutral“, sieht in den Kreuzes – Dekorationen in staatlichen Gebäuden natürlich keinerlei religiöse Werbung oder ideologische Wertung.
Man möchte also konsequenterweise wünschen, dass gemäß diesem Gerichtsurteil alsbald auch Symbole des Islam und des Judentums versöhnt nebeneinander die Wände der Staatsgebäude zieren, vielleicht auch einige Götterbilder der Hinduisten, natürlich auch diverse Buddha – Statuen oder Symbole afrikanischer „Natur-Religionen“. Warum nicht auch ein paar Figuren des Candomblé aus Brasilien… Alle diese Religionen sind auch in Bayern vertreten und haben – wie das Kreuz – rechtlich Anspruch auf öffentliche Sichtbarkeit in Gebäuden des Bayerischen Freistaates. Auch dieser Bundesstaat nennt sich ja verfassungsgemäß religiös – neutral. Sollte also gleichberechtigten Raum für alle Symbole aller Religionen bieten und natürlich auch der Gruppen der Atheisten, Skeptiker, Konfessionslosen. Bloß, was haben die für Symbole?

4.
Man möchte fast ein bißchen wünschen, dass alle Besucher bayerischer Staatsgebäude von allen diesen vielen religiösen Symbolen zumindest geistig erschlagen werden, dass sie also aus dem Staunen gar nicht mehr herauskommen, wie viele Religionen denn im heiligen Bayern vertreten sind. Und wie alle diese verschiedenen Religionen hoch geschätzt werden und ihre frommen Anhänger, selbst wenn sie ungeliebte Flüchtlinge und „Ausländer“ aus Afrika, Asien oder Lateinamerika sind. Trotzdem: Welch ein toleranter Staat ist doch dieser CSU-Staat/Aiwanger Staat!

5.
Als ein Problem, manche sagen als eine Unverschämtheit, darf man ein Statement des bayerischen Innenministers Joachim Hermann (CSU) im ZDF „Heute Journal“ am 19.12.2023 bewerten. Darin drückt der Herr Minister seine große Freude und auch die des ganzen Kabinetts aus, dass nun “eine gute Grundlage gegeben ist für die weitere Werte – Orientierung der Politik der bayerischen Staatsregierung“.
Man fragt sich: Welche Werte- Orientierung praktiziert denn eigentlich diese CSU /Aiwanger Regierung? Ist diese Bayerische Regierung also etwa nicht zuallererst und ausschließlich den Werten der Demokratie und der Menschenrechte verpflichtet, sondern den nun einmal begrenzten Werten einer Religion?
Glaubt sie im Ernst, dem Kreuz Jesu von Nazareth und seinem Leben auch nur entfernt verpflichtet zu sein und nicht dem viel geliebten „Gott – Kapitalismus“? Dient diese, dem Kreuz Jesu so gewogene Regierung den Leidenden, den Armen, den Obdachlosen? Sorgt sie für Gerechtigkeit, für bezahlbare Wohnungen für die viel besprochenen Familien, hilft sie umfassend, dass Flüchtlinge schnell integriert werden, kämpft sie gegen Antisemitismus und Rassismus und Homophobie?

6.
Diese ganze Kreuzes – Aktion ist letztlich nur eine Art ideologische Vernebelung, ein Ausdruck für die wiedererwachte „abendländische Gesinnung“. Sie war ja immer schon sehr kämpferisch … gegen alle “Andersdenkenden“, gegen Muslims und auch – Juden! Die Kreuzzüge einst waren nichts als eine lange Gewaltgeschichte…
7.
Die vielen Kreuze nun in Bayerns Amtsgebäuden sind ein Ausdruck für die rechtslastige Wende nicht nur in Bayern, die AFD hätte auch auf diese Idee kommen können.

8.
Die Oberammergauer Schnitzer können sich freuen, sie haben jetzt genug zu tun, wo doch die nächsten Passions – Spiele erst in ein paar Jahren wieder stattfinden. Aber vielleicht sind die Schnitzereien aus Oberammergau letztlich doch zu teuer für alle diese bayerischen Amtsstuben. Und die CSU/Aiwanger Regierung greift auf billige Massenware zurück, am besten in China produziert.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.

……

Kommentar: Veröffentlicht in “Dom Radio” am 20.12.2023:

Kirchenrechtler kritisiert Gerichtsurteil zum Kreuz-Erlass

Neutralitätswidriges Erscheinungsbild des Staates

Der Göttinger Kirchenrechtler Hans Michael Heinig hat sich kritisch über das Urteil zum bayerischen Kreuz-Erlass geäußert. Er halte die Entscheidung in der Begründung und im Ergebnis für falsch.

Das Bundesverwaltungsgericht Leipzig entschied am Dienstag, der sogenannte Kreuz-Erlass der bayerischen Landesregierung verletze weder die Weltanschauungsfreiheit noch die staatliche Neutralitätspflicht.

Heinig sagt, die Religionsfreiheit vermittele in Zusammenhang mit dem Verbot religiös-weltanschaulicher Diskriminierung einen Anspruch auf eine neutralitätsgerechte Selbstdarstellung des Staates. Dieser Anspruch werde aber im Falle der bayerischen Behördenkreuze verletzt, weil der Staat sich hier des Zentralsymbols des Christentums bemächtige und es profanisieren wolle. Denn im Erlass sei das Kreuz bloßer Ausdruck der kulturellen Prägekraft des Christentums und werde in den Behörden zur Schau stellt.

Anspruch auf Gleichberechtigung

Heinig betont, entscheidend sei nicht die Intensität der Konfrontation für Besuchende, “sondern das – von einem verständigen Empfängerhorizont aus betrachtet – neutralitätswidrige Erscheinungsbild des Staates”, das eine Religionskultur demonstrativ heraushebe und damit den Anspruch auf gleichberechtigte Achtung aller Bürger verletze. 

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte 2018 den Kreuz-Erlass auf den Weg gebracht. Demnach soll im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung des Bundeslandes gut sichtbar ein Kreuz angebracht werden. Dagegen hatte der religionskritische Bund für Geistesfreiheit in München und in Bayern geklagt.

 

 

Weihnachtslieder: Verstehen wir, was wir da singen?

Über ein „Opium des Volkes“ und ein „Opium für das Volk“.
Ein Hinweis von Christian Modehn

Die meisten Lieder zur Weihnachtszeit dienen der kurzfristigen Verzauberung der elenden Wirklichkeit. Wer diese “entrückten Momente” des Wegtretens in eine Traumwelt angemessen und betäubend – hilfreich findet, kann die Lieder selbstverständlich singen. Diese SängerInnen sollen nur nicht meinen, mit dem Wachrufen kurzer Verzauberungen hätten sie verstanden, was die humane Botschaft Jesu von Nazareth ist, schon gar nicht darf diese (!) Verzauberung als Vorschein der messianischen Welt gedeutet werden.

1.
Darf man Lieder gedankenlos singen? Wahrscheinlich. Wie viele dumme Schlager und Songs werden mitgesungen, ohne dabei auf den Inhalt dieser so genannten „Poesie“ zu achten.. Singen macht offenbar vielen Menschen einfach nur Spaß, sie lieben halt mehr die Melodien als den Inhalt. Die süßen oder manchmal harten Klänge wecken dabei diffuse Erinnerungen an die Kindheit, die Jugend, da singt und summt man gerne mit und versinkt im „einst“.

2.
Das gilt auch für die Weihnachtslieder, die seit Ende November allerorten erklingen, auf den Weihnachtsmärkten, als akustische Dauerberieselung auch in Kaufhäusern und „shopping – malls.“

3.
Und viele Weihnachtssongs sind auch Kirchen – Lieder, manchmal noch „Choräle“ genannt; sie werden eben auch in Gottesdiensten gesungen: Etwa „Stille Nacht“. Oder „Es ist ein Ros entsprungen“ oder „O du fröhliche…“ „Vom Himmel hoch“, singen wir mit dem Engel, der Frieden verheißt (aber nicht realisiert).

4.
Diese Songs kann man gedankenlos mitsingen und mit-summen oder die Musik an den Ohren kurz vorbei rauschen lassen, vielleicht mit einer Träne im Auge und mit dem Gedanken „Ach, wie schön war doch die Kindheit“…

5.
Diese Erinnerung ist manchmal auch eine Regression, sie beruhigt kurzfristig in diesen verrückten Zeiten („Nicht nur Religion, auch Musik als Opium des Volkes“…).

6.
Aber einige Menschen können sich und sollten sich nachdenklich und kritisch die Frage stellen: Was singe ich da eigentlich im Advent und zu Weihnachten, welche Bedeutung haben die Worte der Lieder?

7.
Kurz zusammengefasst: In den meisten üblichen kirchlichen Weihnachtsliedern wird eine Gestalt des christlichen Glaubens beschworen und verbreitet, den man heute theologisch als hoch umstritten, sogar als irreführend, falsch, als „von vorgestern“ bestimmen sollte. Diese Texte sagen einen christlichen Glauben aus, den ein vernünftig Glaubender heute (und den Typ des Glaubenden gibt es vielleicht noch) nur noch als historische Erinnerung deuten kann.

8.
Im wichtigsten Song zur Weihnachtszeit „Stille Nacht“ heißt es. „Christ, der Retter ist da“. Der Retter soll also „da“ sein, anwesend sein. Hat er als anwesender Retter die Welt verwandelt? Das behaupten ja die Weihnachtslied – SängerInnen.
Aber allein das Bekenntnis zu diesem Retter in der Gestalt des Kindes Jesus rettet eben gar nicht. Das Lied führt in die Irre, weckt falsche Hoffnungen: Denn der Retter ist erst da, erst dann wirksam, wenn Menschen anfangen, diesem Menschen Jesus, dem Weisheitslehrer, praktisch zu folgen und selber Frieden schaffen, selber Gerechtigkeit schaffen und nicht tränenreich singen: Wie schön, „der Retter ist da“, der wird’s schon machen.

9.
In dem katholischen Weihnachtslied „Heiligste Nacht“ (Kathol. Gesangbuch für das Erzbistum Berlin Nr.806) heißt es in der 2. Strophe: „Was uns der Sündenfall Adams geraubt, schenket uns deine Huld, sie tilgt die Sündenschuld, jedem, der glaubt“.
Da wird das uralte theologische Zentrum sehr vieler kirchlicher Weihnachtslieder ausgesprochen: Erlösung durch das Kind in der Krippe ist Befreiung von der Erbsünde, die Adam und Eva begangen haben, so der Mythos aus dem biblischen Buch Genesis. Diese Erbsündenlehre ist inzwischen als theologische Ideologie entlarvt worden, dazu gibt es stapelweise theologische Studien LINK, aber diese Ideologie wird immer noch behauptet von den Kirchenführungen und….zu Weihnachten besungen. Wäre diese Erbsünde besiegt, wäre wohl die Menschheit in einem besseren Zustand. Nein: Die Welt wird nur besser, wenn die Menschen gerecht handeln, und das könnten sie, das sollten sie, die Menschenrechte sind formuliert, aber sie bleiben Papier. Und die Weihnachtssänger schalten lieber Ihre Vernunft aus und singen: Das Jesuskind tilgt die Erbsünde … wie soll man bloß solch einen „Glauben“ bezeichnen?

10.
Auch in dem Lied „Es kam ein Engel hell und klar“ (Kath. Gesangbuch Nr. 138, 4. Strophe) heißt es im traditionellen Sinne der Befreiung von der Erbsünde. „Christ, unser Gott (sic!) der will euch führen aus aller Not … und von allen Sünden machen rein.“

11.
Die meisten dieser kirchlichen Weihnachtslieder verwirren den Geist, führen sozusagen in spinöse seelische und geistige Regionen, in Denkwelten, die Märchenwelten sind. Manche sagen ja: Märchen helfen, Märchen heilen. Aber sie erzeugen eben faktisch Märchenwelten.
Wie sieht denn die Bilanz der Weihnachtsfeste seit ca. 1.700 Jahren aus? Wie die Bilanz der tränenreich gesungenen Weihnachtslieder? Es ist evident: Nicht sehr viel Gutes hat das Singen dieser Songs faktisch, überprüfbar, bewirkt, nicht viel für den Frieden getan, für die Gerechtigkeit. Hilfosigkeit als auch zu Weihnachten.
Bezeichnenderweise werden zu Weihnachten Spenden gesammelt von uns Reichen und Superreichen, um durch Spenden das Elend der Armen zu mindern,. Nicht gerechte Politik ist DAS Weihnachtsthema, sondern Spenden, lächerlich geradezu.

12.
Noch einmal: Die Liste einer theologisch – kritischen Betrachtung der üblichen Weihnachtslieder in beiden so genannten Volkskirchen in Deutschland ließe sich fortsetzen. In diesen Liedern wird ein illusorischer, ein ideologischer vergifteter (Erbsünden-) Glaube besungen, den die Menschen am Heiligabend einfach so mitsingen und irgendwie übernehmen. Wer in seinem Leben mindestens 20 mal Heiligabend Gottesdienste und Messen besucht und diese und andere Songs gehört hat, entwickelt einen naiven, einen unreifen Glauben. Die übliche Form der Weihnachtsgottesdienste kann also für die religiöse, seelische Reifung gefährlich sein.

13.
Man könnte ja auch die Texte des Weihnachtsoratoriums von J.S. Bach analysieren, was da so alles inhaltlich gesungen wird. Aber in dem Fall verhält es sich wohl so wie mit Opern und Operetten: der Text ist eigentlich egal, Hauptsache die Musik stimmt. Und die Musik stimmt bei Bach.

14.
Was also ist Weihnachten für uns als Menschen, die auch zu Weihnachten nicht unsere Vernunft und das kritische Nachdenken auf Eis legen?
Es ist die Geburt eines Weisheitslehrers, der viel Richtiges und Wegweisendes sagte: Liebe zuerst! Gerechtigkeit zuerst! Frieden zuerst. Menschenrechte sind etwas Heiliges. Sie sollten also in den Gottesdiensten gelesen und besprochen werden. Und: Respekt für einen transzendenten Grund allen Seins, der Güte ist und nicht auf sture Befolgung von irgendwelchen Gesetzen Wert legt.
Jesus von Nazareth ein Weisheitslehrer also, der sein Leben hingab im Dienst an der Gerechtigkeit. Und der Menschen ermuntert, seinen Inspirationen, zusammen mit anderen humanen Inspirationen anderer Weisheitslehrer, zu folgen…

Das wäre schon alles, was an Weihnachten zu sagen und singen ist. Aber das als Realität einmal zu erhoffen, ist eine Utopie. Die meisten Menschen und mit ihnen die Kirchen lieben aufgrund der langen üblichen, erstarrten Weihnachtstraditionen das Trallala, den Rausch, das Absinken in ferne Welten der Regression zu Weihnachten. Opium halt. Begleitet vom Konsum – Rausch derer, die mit viel Geld Überflüssiges kaufen. Und manchmal etwas spenden. eher

15.
Der berühmte niederländische Theologe und Poet Huub Oosterhuis aus Amsterdam (+ 2023) hat auch Weihnachtslieder und Weihnachtsgedichte geschrieben, die für ein reifes, kritisches religiöses Bewusstsein sagbar und singbar sind. Oosterhuis hat leider auch in Holland nur eine eher begrenzte Aufnahme, zumal in katholischen Kreisen, gefunden, in Deutschland kennt man ihn auch nicht angemessen. In dem Buch „Du Atem meiner Lieder“ (Herder Verlag, 2009) heißt ein schönes Weihnachtslied von Huub Oosterhuis:

„Jesus, Kind aus Nazareth,
Liebe, sagst du, lässt sich tun,
Wirk in uns, dass wir dich tun, leucht in uns, dass wir dich sehn!

Dass wir unser Leben leben,
Dass wir tun, was nötig ist: Rechte für jedes Menschenskind, Brot für jedes Kind von Menschen
Eine neue Welt in Frieden und der Tod wird nicht mehr sein…

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.

Bittgebete: Sinn und Unsinn!

Ein Hinweis von Christian Modehn in Zeiten von Kriegen und Vernichtung. Am 2.12.2023.

Einen Kommentar zu diesem Text, verfasst von Heinz G. Liberda, lesen Sie bitte am Ende dieses Hinweises.

1.
Angesichts der vielen politischen Katastrophen, der Kriege, der Zerstörungen, von Politikern inszeniert, sind die Menschen meist sehr hilflos. Sie haben es wie so oft versäumt, in Zeiten, als die Waffen schwiegen, Friedenszeiten genannt, für den Erhalt des Friedens zu arbeiten, Friedenspädagogik zu leisten, Politikern auf die gierigen Finger zu schauen bzw. diese zur Vernunft zu rufen. Auch jetzt stehen die Menschen hilflos da. Oder sie protestieren auf der Straße. Immerhin, ein Zeichen des Widerspruchs, aber mehr wohl nicht.

2.
Fromme Leute, etwa Christen, sehen sich in solchen Situationen der politischen, ökonomischen oder klima-bedingten Hilflosigkeit oft spontan gedrängt, einen letzten Helfer zu mobilisieren: Den als Person gedachten Gott (Vater) im Himmel. „Manchmal hilft nur noch Beten“, heißt es dann oft in einem populären, aber nicht klugen Spruch.

3.
So auch in diesen Wochen des Krieges der Hamas gegen Israel und der folgenden Antwort der Regierung Israels als Krieg gegen die Hamas. In dieser Situation fordert der Papst, fordern Bischöfe, Theologen, zum Beten, zum Bitten, auf. DOM – Radio Köln etwa berichtet am 29.Oktober 2023: „Nach dem gemeinsamen Friedensgebet im Kölner Garten der Religionen mit Vertretern von Christen, Juden und Muslimen äußert sich Kardinal Rainer Maria Woelki zum Krieg im Heiligen Land. Gebete, betont er, seien stärker als alle Waffen.“ Er behauptete in seinem frommen Überschwang (oder auch in seiner theologischen Hilflosigkeit!) weiter: „Wir können nur den Himmel bestürmen, dass Gott ein Einsehen hat und unsere Herzen aus Stein erweicht und uns Herzen aus Fleisch gibt, die Herzen aus Liebe werden und die Herzen zum Frieden führen…Wo wir als Menschen darüber hinaus eben nicht mehr weiterkommen, und dies scheint mir zum Beispiel so eine Situation zu sein, da bin ich wirklich davon überzeugt, dass das Gebet im Letzten stärker ist als alle Waffen.“

4.
„Gebet ist stärker als Waffen?“ Das setzt aber voraus: Gott hat stärkere Waffen, wenn wir ihn im Himmel denn bestürmen… Dann greift er als Gott direkt ein und schafft Frieden. Aber die Wahrheit ist: Gott als Gott hat noch nie in diese Welt eingegriffen, geschweige als Gott direkt Kriege beendet.

5.
Es ist also vom vernünftigen Denken her, der Gabe des schöpferischen Gottes an die Menschen, undenkbar und unmöglich, an dieser durchaus klassisch zu nennenden , immer wieder aufgewärmten Gebetstheologie und Bittgebets-Theologie festzuhalten.

6.
Sind Bittgebete also sinnlos und unvernünftig? Nicht unbedingt, wenn wir denn Beten und Bitten als menschliche Aktion verstehen, also als Selbstgespräch, als Poesie, als meinen „Lebenstext“: Ich spreche in stammelnden, suchenden Worten meine Situation aus, spreche meine Verzweiflung aus, meine Hoffnungslosigkeit: Und dies sage ich als Poesie, als „meinen“ Text, möglicherweise auch anderen, Freunden, Verwandten, in der Gruppe einer Gemeinde, in einem philosophischen Salon…

7.
Und was bedeutet dann Bittgebet als meine Poesie, mein Gedicht, mein „Lebenstext?
Ich sehe meine Situation und die Situation der Welt klarer, ich versinke nicht in Sprachlosigkeit, verbleibe als nicht ohne Reflexion. Und wenn ich christlich geprägt bin oder nach dem Glauben suche: Dann weiß ich: Die göttliche Schöpferkraft, der Ewige, der Unendliche, wie auch immer, lässt trotz des Wahns der Menschheit die Menschen nicht fallen, auch mich nicht, auch dich nicht. Diese Spiritualität ist vernünftig. Aber das ist dann alles: Es geht um das sich Einfühlen und Eindenken in eine metaphysische Geborgensein. Die kann einem niemand nehmen.

8.
Dabei wissen diese aufgeklärt, nachdenklichen Frommen: Kriege sind Taten der Menschen, der Politiker, der Nationalisten, der religiös verrückt gewordenen Fundamentalisten. Kriege sind also Ausdruck einer irregeleiteten Freiheit von Menschen, die sich zu Verbrechern entwickelt haben. Diese menschliche Freiheit ist „Gottes“ Gabe an die Menschen. Was wäre denn, wenn Er/Sie die Menschen nicht frei, auch frei zum Tun des Bösen, geschaffen hätte? Dann wären die Menschen eben Tiere. Und die folgen nur ihren Instinkten, sie sind nicht umfassend frei und kreativ.

9.
Können wir also noch Beten und Bittgebete sprechen? Solange fromme Leute mit ihren Gebeten und mit ihrem Glauben nicht andere schädigen, kann jeder und jede glauben was er/sie will. Aber vernünftig ist unserer Meinung nur: Gebete und Bittgebete sind meine Lebenspoesie, die mir mein Leben – auch angesichts des Unendlichen und Ewigen – deutlich macht. Die göttliche Schöpferkraft ist – religionsphilosophisch gesehen – in uns, dort haben wir sie zu pflegen und nicht einen Himmel zu bestürmen. Gott im Himmel zu bestürmen, umstimmen zu wollen, bestimmen zu wollen, ist anmaßend und theologisch dumm und dreist und human letztlich hilflos. Nur Kardinäle, denen nichts hillfreich Politisches einfällt, fordern zum „Bestürmen des Himmels“ auf…Sie fordern damit zum Aberglauben auf. LINK

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.

………………

Ein Kommentar zu diesem Beitrag von Heinz G.Liberda:

“Wie jemand zum Bittgebet steht, hängt oft mit seinem Gottesbild zusammen und dieses
wiederum mit dem „Seelenkostüm“ des Betreffenden, seiner psychologischen Entwicklung.

Wenn wir uns Gott unbegrenzt vorstellen, durch nichts eingeschränkt, dann sind auch sehr
viele Gottesbilder möglich – neben dem eines überpersönlichen Gottes ebenso gut das
biblische Bild vom Vater, der Bitten „hört“ (aber nicht zum „Erhören“ gezwungen werden kann).

Wenn ein erwünschtes Ereignis eintrifft, um das gebetet wurde, dann kann das als Gebetserhörung
geglaubt werden. Nur, das gewünschte Ereignis hätte auch, unbeweisbar, ohne Bitte eintreffen können.
Aber wer glaubt, dass seine Bitte erhört worden ist, kann Gott gegenüber dankbare Freude empfinden.

Wenn nach katastrophalen Ereignissen – wie z.B. den Atombombenabwürfen 1945 („Theodizee“) –
gebetet wird/wurde, dass so etwas nicht nochmals geschieht – wie Gott sei Dank bis jetzt(!) – ist das
eine Gebetserhörung? Liegt jemand nachweisbar falsch, der das glaubt?

Zuletzt eine wichtige Bitte: „Lieber Gott, lass´ alle Menschen – ob sie darum gebetet haben oder nicht –
ein Jenseits erleben, in dem sich Bittgebete erübrigen.“

H. G. L. 18.12.2023

 

Volkskirchen werden Minderheiten: Der religiöse und kulturelle Umbruch in Deutschland und Europa.

Ein Hinweis von Christian Modehn am 25. November 2023.

EIN VORWORT:
Dieser Hinweis bezieht sich auf die aktuelle Situation der Kirchen in Deutschland und Europa im November 2023. Diese Kirchen befinden sich, soziologisch gesehen, zweifelsfrei im Niedergang, sie sind – statistisch – am Verschwinden.
Dabei steht hier der Katholizismus im Mittelpunkt der Beobachtung und Kritik. Warum? Den Katholizismus kenne ich seit meinem Theologie – Studium am besten.
Es ist offensichtlich: Religionen (waren und) sind gefährlich für eine humane, demokratische Entwicklung der Menschheit auch heute, weil sich Religionen und Kirchen oft fundamentalistisch abkapseln. Aber es sind immer fundamentalistisch verblendete MENSCHEN, fromme Leute und ihre Gemeinden, die wegen ihrer Propaganda, ihrer Ideologie, gefährlich werden, weil sie sehr oft dazu neigen, politisch radikalen Ideologen zu folgen… wegen mangelhaftem kritischen Reflexions-Vermögen. Sie folgen also verwirrten, destruktiven Politikern, die eine Bedrohung der Menschheit sind, ich nenne nur Trump, den angeblich Evangelikalen, und Putin, den angeblich Russisch-Orthodoxen, oder den von Evangelikalen unterstützten Evangelikalen Bolsonaro, Brasilien, von Polens ultra – katholischen PIS – Politikern müsste gesprochen werden usw. Vom fundamentalistischem Wahn unter Muslims und jüdischen Gruppen sprechen viele Religionswissenschaftler…
Hier aber geht es darum: Was bedeutet der Niedergang des Katholizismus (und des Protestantismus) in Deutschland und Europa? Und es geht auch um eine bisher eher verdrängte, weil provozierende Frage: Kann dieser Niedergang der Kirchen in Europa so weit reichen, dass diese Kirchen nicht nur schrumpfen, sondern verschwinden und – beinahe ? – sterben?

Am 27.11.2023 verfasst: Vieles spricht dafür, dass das Ende dieser vom Klerus beherrschten Kirche mindestens in Deutschland und West/ Südeuropa naht. Die Sturheit der katholischen Klerus-Herrscher ist maßlos, also doch wohl unerträglich für den verbliebenen katholischen Rest. Siehe dazu den Kommentar des katholischen Theologen und Psychologen Wunibald Müller zu einer jüngsten Reform-Verbots Stellungnahme aus dem Vatikan., durch Kardinal Parolin, einem der ganz Wichtigen im Vatikan und der ganzen Kirche.   LINK:

Am 1.12. 2023 ließen die Herren der Kirche im Vatikan verlauten: Am Zölibatsgesetz für Priester wird nicht gerüttelt. LINK.  Das Motto der Herren Kleriker: “Wer es (das Zölibatsgesetz) fassen kann, der fasse es”, angeblich ein Zitat aus dem Munde Jesu. Ein Freund von mir sagte: Wer sie (die römische Klerus-Kirche) fassen kann, der fasse sie, bitte schnell”…

 

1.
Eine grundlegende soziologische Untersuchung zur Mitgliedschaft in der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Katholischen Kirche in Deutschland wurde im November 2023 publiziert.  LINK

2.
Die Ergebnisse dieser Studie sind auch religionsphilosophisch und damit von allgemeinem kulturellen Interesse. Denn sie zeigen die Bedeutung des kirchlichen Glaubens in der Gegenwart Deutschlands und erlauben eine gesicherte Prognose für die kommenden Jahre. Auch für Westeuropa heißt die Prognose etwa für die katholische Kirche: Sie wird, wenn sie so weitermacht wie seit 1.700 Jahren als klerikale Institution, langsam verschwinden, mindestens auf den Status einer Sekte schrumpfen.

3. Einige Fakten der Studie „Wie hältst du es mit der Kirche?“ 
Auf knapp 100 Seiten wird untersucht, wie eng die Bindung an die beiden christlichen Kirchen in Deutschland noch ist. Für diese Studie wurden rund 5.000 Personen intensiv befragt. Das Ergebnis: 25 Prozent nennen sich Mitglieder der katholischen Kirche, 23 Prozent Mitglieder der evangelischen Kirche. Noch einmal: Weniger als die Hälfte der Menschen in Deutschland sind noch Mitglieder der beiden Kirchen, einst „Volks“ – Kirchen“ genannt. Die Bereitschaft der Mitglieder der Kirchen, bald aus ihrer Kirche auszutreten, ist beachtlich: 75 Prozent der Katholiken und 67 Prozent der Evangelischen schließen einen Kirchenaustritt nicht aus…Selbst unter den Kirchenmitgliedern verstehen sich nur noch 4 Prozent der Katholiken beziehungsweise 6 Prozent der Evangelischen als gläubig und kirchennah. Das ist eine Sensation: Nur 9 Prozent der Befragten erklären, sie hätten Vertrauen in die katholische Kirche, bei der evangelischen Kirche waren es immerhin 24 Prozent. Die Hochschätzung der Kirchen (also das globale Vertrauen in diese Institution) ist extrem bescheiden, im Fall der katholischen Kirchen sogar minimal, nur dem Islam vertrauen noch weniger Menschen in Deutschland… 43 Prozent nennen sich konfessionslos. Die übrigen gehören anderen Religionen, wie dem Islam oder den jüdischen Gemeinden an.
Für 56 Prozent der Bevölkerung spielt Religion (offenbar ist gemeint: in der sichtbaren, institutionellen Form) keine Rolle. Nur 13 Prozent haben eine „kirchlich-religiöse Einstellung“.

4.
Unter den „Noch-Mitgliedern“ der katholischen Kirche werden fast zu 100 Prozent dringend radikale Kirchen – Reformen gewünscht, wie etwa die Aufhebung des Zölibatsgesetzes, die Einrichtung synodaler Strukturen, mehr Gleichberechtigung für die Frauen auch in kirchlichen Ämtern, die üblichen Forderungen also, seit ca. 60 Jahren permanent und in denselben Worten von den Laien und einigen Priestern vorgebracht, ergebnislos seit all diesen Jahren. Und man wundert sich, woher immer noch einige Katholiken (oft sind es hauptamtliche, gut bezahlte Kirchen – Angestellte) die Kraft nehmen, wie Sisyphus, seit Jahrzehnten immer die gleichen Themen zu debattieren, um Reformen die Herren der Kirche zu „erbitten“. ,
Erhellend die Erfahrungen und Einsichten eines katholischen Pfarrers einer Kölner Gemeinde (siehe Fußnote 2. )

5. Volkskirchen werden Minderheiten
Die Erkenntnisse sind für die Kirchen selbst insgesamt niederschmetternd. Die Studie weist die „Volks“ – Kirchen in die Position von Minderheiten. Das hat Konsequenzen auch für das soziale und kulturelle Leben: Kirchengemeinden, die auch Orte von Gemeinschaft und Nachbarschaft waren, werden zwar nicht verschwinden, aber in der geringen Anzahl kaum noch relevant sein. Gerade in diesem Moment, am 26.11.2023, wird die um 1960 errichtete Kirche ST. Albertus Magnus in Berlin – Halensee geschlossen und die dort, in Wilmersdorf, rund um den Kurfürsten Damm, lebende Gemeinde hat nicht nur keine Kirche mehr, sondern auch keinen Gemeindetreffpunkt. (Weiteres: FUßNOTE 1.)
Kirchengebäude und Gemeindehäuser werden immer weiter aufgegeben, verkauft, abgerissen. Weil es keine Kleriker gibt… Dass Laien die Gemeinden leiten könnten, diese richtige theologische Idee wird nicht realisiert. Es ist die totale Klerus-Herrschaft…Kirchengebäude verschwinden aus dem Stadtbild, manche Leute werden sich noch wehmütig an Glockengeläut erinnern… Klöster werden seit Jahren schon aufgegeben und für teures Geld verkauft wegen „Nachwuchsmangel“, mit dem Geld werden die kranken und sterbenden Mönche und Nonnen versorgt. Theologisch gebildete Gemeindeleiter, also PfarrerInnen, die eigentlich auch SeelsorgerInnen sein sollten, werden noch seltener als bisher anzutreffen sein. Das Durchschnittsalter des katholischen Klerus in Deutschland und aus Deutschland ist sicher bekannt, die Pfarrer, Patres usw… sind mehrheitlich schon über 65 Jahre alt.

6. Ein kultureller Bruch
Die Studie markiert einen tiefen kulturellen Bruch. Es gilt Abschied zu nehmen von der üblichen Vorstellung, Deutschland sei kirchlich geprägt. Ob es auf neue Art christlich geprägt bleibt, ist die Frage! Wie stark in naher Zukunft noch Traditionen der Bibel angesprochen und reflektiert werden, ist ebenso fraglich. Wie viele theologische Fakultäten an den Universitäten es in Zukunft – angesichts des Mangels an Studenten und auch an qualifizierten Professoren – noch geben wird, ist offen. Katholische Theologie an den Universitäten war ohnehin durch ihre Abhängigkeit von Bischöfen und Papst keine umfassend freie Wissenschaft. Die gut ausgestatteten kirchlichen Akademien werden in dieser Vielzahl kaum nicht finanzierbar sein. In den letzten Jahren fanden sie ohnehin nicht sehr viel öffentliche Beachtung, weil sie, wie etwa die Katholische Akademie Berlin, kaum aktuelle, die Berliner Bevölkerung bewegende Fragen debattierten. Die alte Macht der Kirchen, auch ihr politischer und öffentlicher Einfluß, wird weiter schrumpfen. Wie lange werden noch kirchliche Theologen in Ethikkommissionen vertreten sein? Und es wird die Frage diskutiert: Ist denn die Ethik der Monotheisten (also der Juden, Christen, Muslims) faktisch so großartig, so friedfertig, Frieden tatsächlich stiftend, wie nachweislich hat sie eigentlich die häßlichen Ausmaße des Neokapitalismus wirksam begrenzt? Man untersuche doch bitte empirisch und detailliert, wie viele Kirchenthemen noch in den großen Nachrichtensendungen von ARD und ZDF überhaupt noch ausführlich vorgestellt werden, verglichen etwa mit der noch sehr umfassenden Kirchen – Berichterstattung vor etwa 20 Jahren. Diese Themen, so vermuten die Redaktionen, interessieren nur noch Minderheiten. Dabei ist der Niedergang der Kirchen tatsächlich ein großes, allgemein interessierendes Thema zu einem gesellschaftlichen Wandel.

7. Abschied von den alten Dogmen
Am wichtigsten ist für uns ein Hinweis dieser Studie, er betrifft die starke Ablehnung der kirchlichen Dogmen bzw. vorgegebenen Glaubenslehren selbst unter Mitgliedern der Kirche. Was den Glauben an Gott angeht: Da sagen nur 19 Prozent, „dass es einen Gott gibt, der sich in Jesus Christus zu erkennen gibt.“ 29 Prozent sagen, „dass es ein höheres Wesen oder eine geistige Macht gibt“. 33 Prozent meinen, „dass es keinen Gott gibt und auch kein höheres Wesen“, 20 Prozent „wissen nicht so richtig, was sie glauben sollen“.

8. Die vielen Dogmen haben Christen aus den Kirchen getrieben
Das ist ein Thema, das leider in den Debatten über den Niedergang der Kirchen kaum debattiert wird: Die Fülle der Dogmen, die heute von beiden Kirchen noch gelehrt und oft auch auch in Predigten verbreitet werden, ist auch für viele Christen in Deutschland nicht mehr akzeptabel. Diese Dogmen/Lehren/Vorschriften erhellen das aktuelle Leben nicht, sie deuten das Leben in dieser verrückten Welt mit so vielen Katastrophen nicht in nachvollziehbarer Sprache … diese Lehren und Dogmen sind heute so etwas wie ideologischer Ballast. Übergestülpt, eingepaukt oder daher- geredet, in Kirchenliedern noch besungen, zumal in der Weihnachtszeit, als romantische Regression in Kindheitszeiten. Was ist Ideologie in der so genannten Glaubenslehre? Das gilt etwa für die Erbsündenlehre (LINK) und damit eng zusammenhängend die Lehre von der Erlösung, in dem Sinne: Dass der Gottessohn, Jesus, vom „Gott-Vater“ aus dem Himmel gesandt, sich aufopfert und hinrichten lässt, um die Menschen von dieser Erbsünde zu befreien. Um daran Anteil zu haben, müssen alle Menschen getauft werden, also kirchliche Christen werden. Man denke daran, dass etwa am Karfreitag immer noch in den evangelischen Gottesdiensten das Lied „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld der Welt und ihrer Kinder“ gesungen wird; mit Lämmlein ist der sich hinschlachtende Jesus gemeint. Dass Jesus aus politisch -religiösen Gründen sterben musste, wird nicht gesagt…(vgl. Evangelisches Kirchengesangbuch Nr. 83.)… Ostern ist für uns das Fest des „Ewigen im Menschen“.  LINK
Unser Vorschlag: Wenn man Jesus von Nazareth in Verbindung mit Erlösung bringen will: Dann etwa: Jesus von Nazareth ist in mancher Hinsicht ein Vorbild, ein Weisheit – Lehrer mit Anregungen für eine humane, solidarische Lebenspraxis. Die dann befreiend von Zwängen, also „erlösend“ sein kann.
Und wenn man vom Bösen sprechen will, um das Böse dreht sich ja die „Erbsünden – Ideologie, dann vielleicht so: Das Böse entsteht durch die freie oder auch zwanghafte, seelisch kranke Tat der Menschen. Wer das Böse bekämpfen will, etwa die sinnlosen Kriege und das auch von Religionen unterstützte Morden und Töten: Dann nur: Indem diese religiösen Menschen so human gebildet werden, dass Friedfertigkeit identisch mit humanem Menschsein wird.
Von absonderlichen katholischen Lehren, wie dem Dogma von der Unfehlbarkeit de Papstes, der Höherstellung des Klerus gegenüber Laien, der erstarrt wirkenden Liturgie, der verstaubten Sprache in diesen Liturgien, von der immer noch päpstlichen Lehre „Homosexualität ist Sünde“, „Abtreibung ist Sünde“ und so weiter soll hier gar nicht weiter gesprochen werden. Zu diesen Themen ist eigentlich alles Vernünftige und Nachvollziehbare gesagt, aber nichts ändert sich, weil der Klerus seine Macht nicht abgeben will!
Der Jesuit und Schriftsteller Alfred Delp (1907 -1945) schrieb kurz vor seiner Hinrichtung als Widerstandskämpfer gegen die NAZIS: „Die Kirchen scheinen sich … durch die Art ihrer historisch gewordenen Daseinsweise selbst im Weg zu stehen“ (Quelle: Alfred Delp: „Im Angesicht des Todes“. )

9. Werden nun alle Atheisten?
Die genannte Studie kann zu grundlegenden, vielleicht sogar grundstürzenden Fragen führen, die eine Antwort finden müssen, wollen die Kirchen vermeiden, endgültig in einem kulturellen Getto zu landen, sozusagen in einer Nische von Fundamentalisten, denen selbst die absonderlichsten Dogmen und Morallehren noch normal und nachvollziehbar erscheinen.
Sind die vielen Menschen, die die Kirchen verlassen (haben), etwa Atheisten? Viele der Befragten verneinen das selbst. Wer ist eigentlich ein AtheistIN, gegen welchen Gott wehrt er/sie sich?
Religionsphilosophisch ist deutlich: Jeder Mensch schafft sich seinen Gott, seinen eigenen Gott. Oder verehrt einen namenlosen Gott der Mystik.
Und ist Transzendenz nur in den Religionen anzutreffen? Es gibt viele Formen der Transzendenzerfahrungen: Wir leben in einer neokapitalistischen Weltordnung, in der das grenzenlose Wachstum ein schädlicher Glaube ist an eine unendliche Transzendenz des Immer Mehr und des ständigen ökonomischen Wachsens. Der Glaube an einen verdinglichten Gott ist vielfältig: Sport, Fußball zumal, kann wie eine göttliche Autorität geliebt und verehrt werden; die Autos, immer noch, können je größer je besser absoluter Mittelpunkt des Lebens werden. Sex, Arbeit, alles kann zu einer Art göttlichem, also absoluten Mittelpunkt im Leben werden. Wie wird man diese negative Transzendenz als Bindung an einen verdinglichten Gott überwinden? Wie stark und prägend ist aber die positive Transzendenz? Musik und Kunst und Literatur wollen wir hier nur erwähnen. Auch das Gespräch, den Dialog, Die höchste Transzendenz wird in der Liebe erfahren, nicht nur im eros, auch in der diakonia…Hat der dogmatisch korrekt, „wahre“ Gott der Christen von einst diese Welt und ihre Menschen nachweislich friedlicher, reifer, vernünftiger, „erlöster“ gemacht? Die Bilanz „2000 Jahre etabliertes, meist klerikales oder dann auch fundamentalistisches Christentum“ fällt unseres Erachtens negativ aus.

10.
Es gibt, philosophisch gesehen, kein geistiges Leben der Menschen ohne die Beziehung zu Göttern und das Schaffen von Göttern und eben auch den Gedanken an den einen Gott. Die Menschen sind also „immer schon“ irgendwie über alles Weltliche hinaus…Und dann stellen sich dann die Fragen: Was sind die Kriterien wahrer, d.h. befreiender Transzendenz? Das sind keine religilsen, theologischen Kriterien, sondern philosophische, vor allem die Erklärung der Menschenrechte (von 1948). LINK

Siehe auch das Interview mit dem Theologen Wilhelm Gräb: LINK

11. Wenn die Kirchen sterben…
Die Frage muss gestellt werden: Zeigt sich in den letzten Jahren eine alt gewordene Kirche, schwach und krank und morsch und eher nur ein Gerüst oder fast schon ein Skelett und nur noch künstlich am Leben erhalten? Werden die Kirchen (in Deutschland, in Europa) sterben?
Wir beziehen uns hier „nur“ auf den römischen Katholizismus. Er hat zwar weltweit, so wird nicht ohne Stolz von offizieller Seite betont, eins Komma vier Milliarden Mitglieder. Aber diese Kirche ist trotz zahlreicher Basis-Initiativen, besonders in der Caritas, erstarrt: Diese Kirche hat überall die gleiche klerikale Struktur, es herrschen überall die gleichen klerikalen Machtverhältnisse. Fast alles, was kirchliches Leben bestimmt, wird letztlich im Vatikan entschieden. Überall wird die Messe in der gleichen Form gefeiert, überall gilt das römische Kirchenrecht, überall wird der römische Katechismus studiert und eingeschärft mit seinen 800 Seiten voller Belehrungen und moralischer Verurteilungen. Überall wachen päpstliche Nuntien, dass nur ja der wahre, der römische Glaube gelehrt und praktiziert wird und so weiter. Lebendigkeit, Kreativität, Freiheit: sieht anders aus!

12.
In Deutschland und in Europa ist die katholische Kirche seit Jahren schon aufgrund der stetig sinkenden Zahl ihrer aktiven Mitglieder und wegen des vergreisenden Personals, der Priestern, in einer tödlichen Krise. Noch wird oft so getan, die alte Welt der Volkskirchen bestehe weiter, die Milliarden der Kirchensteuer fließen ja noch. Noch… Diese Kirche wird künstlich am Leben erhalten durch den Einsatz von einigen tausend Priestern aus Indien, Afrika, den Philippinen, Indonesien in den sterbenden europäischen Kirchen. Werden sie etwas dort nicht gebraucht? Sie sind in Europa so eine Art „gut bezahlter Gastarbeiter“, die einen Teil ihres in Deutschland üppigen Gehaltes in die Heimat schicken (müssen). Auch viele Nonnen aus den genannten Ländern, sogar aus Korea, versuchen den katholischen Betrieb in Europa aufrecht zu halten.

13. Der Klerus zerstört die katholische Kirche
Die mögliche Todesursache der katholischen Kirche nicht nur in Europa ist der seit vielen Jahren bekannte sexuelle Missbrauch (an Kindern und Jugendlichen vor allem) durch katholische Priester … und die Kooperation vieler Bischöfe mit diesen Priestern. Tiefer kann eigentlich diese Institution nicht sinken, die die Priester immer als „Hochwürden“ oder gar als „Geistliche“, also außerhalb der bürgerlichen Welt lebend, betrachtete, Priester galten fast schon als heilige Personen.
Und dann die vielen Katastrophen und Skandale in fast allen so genannten neuen geistlichen Gemeinschaften, es geht auch dort um den sexuellen Missbrauch durch hoch und heilig verehrte Gründergestalten mit ihrer oft sektiererisch oder spinös wirkenden Spiritualität . Alle diese neuen, angeblich geistvollen „charismatischen“ Gruppen wurden von den Päpsten Johannes Paul II. und Benedikt XVI. als „Sturmtrupps“ der „neuen Evangelisierung Europas“ betrachtet… Und dann das Desaster. In Frankreich hat der Bischof von Fréjus – Toulon (Dominique Rey von der Charismatischen Gemeinschaft Emmanuel) zahlreiche seltsam – spinös erscheinende Charismatiker – Priester – Gemeinschaften in sein Bistum geholt, die nachdenklichen Katholiken dadurch vertrieben…LINK   Jetzt sind die Zustände in diesem „Charismatiker – Bistum“ so verheerend, dass Rom jetzt eingreifen muss und Bischof Rey endlich aufs Abstellgleis setzt…

14.
Wer ist schuld am langsamen Sterben der katholischen Kirche?
Das langsame, aber systematische Sterben der katholischen Kirche in Europa ist sozusagen „hausgemacht“, es sind nicht die „bösen Atheisten“, die dieser Kirche das Ende bereiten, es ist die Kirche selbst aufgrund ihrer inneren Verfassung, die sich aufs Sterbebett gelegt hat und nur noch Leute um sich sammelt, die der sterbende Kirche einreden: Alles nicht so schlimm, diese Kirche besteht schon weiter. Der liebe Gott hat doch persönlich diese Kirche gewollt.
Nur ein Beispiel aus Polen: Der Jesuit und Therapeut Jazek Prusak äußert sich über den aktuellen Zustand der Katholischen Kirche in Polen, also dem Land, das immer als absolut treu – katholisch galt und das sich wegen des Polen Johannes Paul II. einredete, etwas ganz Besonderes zu sein. Dabei ist die Dummheit, auch die materielle Gier vieler polnischer Bischöfe längst bekannt und in den Medien präsent. LINK. Der genannte Jesuiten -Pater Prusak gibt also zu der Aussage des Journalisten: „Manche Publizisten und auch Politiker sagen, dass jetzt ein frontaler Angriff auf die Kirche stattfindet“ diese Antwort: „Das ist eine Verteidigungsreaktion. Das sagen diejenigen, die es nicht zu echten Reformen in der Kirche kommen lassen wollen. Was ist das für ein Angriff auf die Kirche, wenn wir uns in der Kirche mit den Opfern der Kirche befassen? Wir haben es mit der größten Krise in der Katholischen Kirche seit der Reformation zu tun, eine Krise, die wir auf eigenen Wunsch geschaffen haben. Es sind doch keine Außerirdischen, die Kinder in der Kirche missbrauchen, noch tragen ihnen dies die Feinde der Kirche auf! (Quelle: https://www.laender-analysen.de/polen-analysen/239/das-gericht-kommt-anna-goc-und-artur-sporniak-im-gespraech-mit-dem-priester-und-psychotherapeuten-jacek-prusak-sj/

15.
Diese Kirche klerikaler Herrschaft (die sich bis heute offiziell lobt, nicht demokratisch zu sein!) zerstört sich selbst gerade durch ihre klerikale Herrschaft. Diese Kirche verschwindet langsam…Ist dieser Gedanke skandalös? Für Fundamentalisten vielleicht, für andere nicht. Die Kirche in Nordafrika ist etwa im 8. Jahrhundert verschwunden, durch die aggressive Mission des Islams. In manchen Regionen Frankreichs, wie in Guéret, Département Creuse, ist die Kirche de facto verschwunden, das gilt auch für Barcelona oder Amsterdam usw…

16. Eine Auferstehung des Glaubens?
Ist der Gedanke an eine sterbende Kirche in Europa so unangenehm, wenn man denn theologisch – spirituell an die Dialektik glaubt, dass aus dem Tod dieser Kirche wieder neues Leben einer einfachen, jesuanischen Kirche entsteht? Ist der Glaube an Tod und Auferstehung nur auf die einzelnen Menschen bezogen oder gilt er auch für Kirchen – Institutionen?

17.
Die Frage ist: Wird es ich Menschen geben, angesichts des Zusammenbruchs, des Verschwindenden der Kirche, die den einfachen Lebensweisungen Jesu von Nazareth persönlich folgen wollen, weil sie ihn als einen Lehrer der Weisheit schätzen lernen? Wo wird es Schulen der Spiritualität geben, in denen die Psalmen oder die Weisheitsbüchern und Prophetenbücher der Bibel studiert und meditiert werden oder auch die buddhistischen Weisheiten oder Aspekte der Philosophien usw. Werden die spirituell Interessierten die Kraft haben, selbst spirituelle Gesprächsgruppen einzurichten? Wird es gelingen, in einer neuen freien Spiritualität das Leben zu verstehen, Gesellschaft kritisch zu betrachten, Widerstandsreserven gegen Hass und Krieg aufzubauen?

18. Ein Hinweis auf Friedrich Nietzsches treffende Prognosen:
Friedrich Nietzsche erzählt in seiner „Fröhlichen Wissenschaft“ vom „tollen Mann“, der die Frage stellt: „Wohin ist Gott? Ich will es euch sagen: Wir haben ihn getötet, ihr und ich“. Dann heißt es weiter im 3. Buch der Fröhlichen Wissenschaft“, Nr. 125 am Ende: „Man erzählt noch, daß der tolle Mensch desselbigen Tages in verschiedene Kirchen eingedrungen sei und darin sein Requiem aeternam deo angestimmt habe. Hinausgeführt und zur Rede gesetzt, habe er immer nur dies entgegnet: »Was sind denn diese Kirchen noch, wenn sie nicht die Grüfte und Grabmäler Gottes sind?«. Der tote Gott wird also nicht in den Kirchen(gebäuden) ausgestellt
Der niederländische Augustiner Robert Adolfs hat diesen Gedanken weitergeführt und vor vielen Jahren das Buch mit dem Titel geschrieben: „Wird die Kirche zum Grab Gottes ?“ Die Frage kann heute durchaus mit Ja beantwortet werden: Der Gott der Kleruskirche und der hierarchischen Herrschaft und des Fundamentalismus ist, in ein Grab gesperrt, tatsächlich gestorben. LINK

19.
Aber: Es könnte auch der göttlichen Gott, der Gott über diesem begrenzten Gott zu entdecken sein: Und der/die/Es ist das namenlose Geheimnis des Lebens, eine Art Schöpfer der Welt, Ursprung des Menschseins in seiner Freiheit und damit Ursprung der Transzendenz – Erfahrungen. Wer sich daran halten kann, hat schon viel gewonnen in seinem Leben. Er/sie ist religiös, ist christlich in einer großen geistigen Weite der Toleranz, er /sie spürt, erlebt und denkt einen tragenden Grund im Leben: Daraus kann Zuversicht „trotz allem“ entstehen, Hoffnung vielleicht und Kraft zum Widerstand gegen kriegerische, mörderische Situationen in der Welt.

20.
Eine einfache Religion, ein einfaches Christentum ohne Hierarchien und Klerus könnte entstehen, mitten im Leben des säkularen Alltags, das da nach dem Tod der altgewordenen Kirchen entsteht. Darf man in der Weise darüber nachdenken? Selbstverständlich. Leider tun das wenige, auch so wenige, die sich Theologen nennen. Dietrich Bonhoeffer hat darüber nachgedacht, wenige Wochen vor seiner Hinrichtung durch die deutschen Nazi – Verbrecher.

21. Menschenrechte als Grundlage der Kirchenlehre
Die klein und sehr klein werdenden Kirchen brauchen zu ihrem Neustart, einer Auferweckung post mortem, nicht nur die historisch – kritische Lektüre der Bibel. Sie brauchen die regelmäßige Lektüre und die daraus folgende Praxis der universal geltenden MENSCHENRECHTE in der Erklärung von 1948. Diese Menschenrechte sind alles andere als eurozentrisch, sie sind nicht neu – kolonialistisch. Sie entspringen dem richtigen Geist der philosophischen Aufklärung. Auch wenn die Menschenrechte von unfähigen Politikern so oft ignoriert und missbraucht wurden und werden: Sie haben in sich die Fähigkeit der weiteren Entwicklung zugunsten der Menschheit, sie sind der Basistext für eine Menschheit, die überleben will.

Die Kirchen sollten die Menschenrechte als Teil ihrer wertvollen Schriften achten und neben die üblich für heilig gehaltenen Mythen der Bibel stellen. Auch die Menschenrechte haben eine heilige Aura… Siehe dazu ein Interview mit dem protestantischen Theologen Prof. Wilhelm Gräb: LINK

Fußnote 1 zur Schließung der Berliner St. Albertus – Magnus – Kirche.
Die eher alten Gottesdienstteilnehmer müssen also rund 2 Kilometer zur nächsten katholischen Kirche laufen, fahren, humpeln, wie auch immer. Der Grund für die Schließung: Es gibt keine Priester, die die Messe in St. Alberts Magnus dort lesen können, bisher haben sehr alte pensionierte Priester noch „ausgeholfen“, aber sie haben keine Kraft mehr. Und es gibt kein Geld für eine Sanierung der Kirche. Nebenbei: Für die Renovierung der Hedwigskathedrale in Berlin -Mitte stehen 43 Millionen Euro bereit – auch staatliche Gelder! – sowie mehr als 20 Millionen Euro für den Neubau eines Kirchenzentrums “Lichtenberg-Haus” direkt neben der Kathedrale. (Quelle: Tagesspiegel 2.11.2023, Seite B 9).

Und auch dies: Im aktuellen Gemeindeblättchen der Groß – Gemeinde St. Ludwig wird die Schließung der Alberts Magnus Kirche mit keinem Wort erwähnt. Es wird nur vermerkt: Am 26.11. 2023 findet um 8.30 Uhreine Messe des Kaplans dort statt. Kein Kommentar. Dann ist Schluss, basta. So geht eine sterbende Klerus – Kirche mit den noch verbliebenen Mitgliedern um…Bürokratisch halt, wie allzu oft. (Quelle: https://www.pfarrei-deutschland.de/pfarrbrief/?pariCode=HGNHUEJQ)

Fußnote  2. Zur aktuellen Erfahrung der Kölner katholischen Gemeinde St. Peter:
Der Ausgangspunkt: Mit 522.821 Katholiken, die 2022 aus der Kirche austraten, wurde der bisherige Rekordwert aus dem Jahr 2021 deutlich überschritten.
„Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: 2022 haben mehr als 20.000Kölner*innen ihre Kirchenmitgliedschaft gekündigt, in NRW eine Steigerung der Austritte um 44 %. Das einst ‚Hillje Kölle‘ und das Katholische Rheinland sind definitiv Geschichte. In der BRD sind erstmals weniger als 50% der Gesamtbevölkerung Mitglied einer Kirche. Menschen ziehen einen Schlussstrich und wollen sich nicht mit einer Kirche identifizieren, der man nicht vertrauen kann. Ist es die Botschaft oder der Apparat? 2022 haben 90 Menschen aus Sankt Peter die Kirche verlassen: 30 Personen, die im Pfarrgebiet wohnen, und 60 Personen, die in unserer Kirche getauft wurden. Neun Taufen stehen im vergangenen Jahr neun Bestattungen gegenüber. Sicher ist es ein Zeichen der Ermutigung, wenn 2022 in Sankt Peter 40 Kinder und Jugendliche durch Taufe, Kommunion und Firmung Schritte der Eingliederung in die Kirche gegangen sind. Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die Sozialgestalt dieser Kirche stirbt, und zwar rasant. Trotz der zurzeit wachsenden Zahl der Gottesdienstbesucher*innen in Sankt Peter hat auch unsere Gemeinde wertvolle Frauen und Männer verloren. Sie gehen uns ab, sie fehlen. Wer sich als unter 60 Jährige*r in einen Gottesdienst verläuft, ist Minderheit. Einerseits sind diese nüchternen Fakten nur Statistik, die die vielfältige und vitale Lebenswirklichkeit unserer Kunst , Gottesdienst und Musikgemeinde nicht wirklich abbildet. Andererseits können diese Daten nicht darüber hinwegtäuschen, dass etwas im Argen liegt und schief läuft. Schuld an der Misere ist jedenfalls nicht bloß der bischöflich beklagte Glaubensverlust oder der Trend der Säkularisierung. Nein, in der Kirche herrschen handgreifliche Missstände. Das berührt auch den inneren Lebensnerv unserer Gemeinde und mich als Seelsorger…“
Quelle: SANKT PETER KÖLN Kirche der Jesuiten __ Kunst-Station __ Rubens-Kirche. Gemeindebrief Nr. 1/2023 _____ 5.2.2023, ein Auszug eines Beitrags von P. Stephan Kessler SJ.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin, www.religionsphilosophischer-salon.de

 

 

 

Katholiken sind niemals Freimaurer! Ein Verbot des „progressiven” Papstes Franziskus!

Neue päpstliche Attacken gegen die Freunde des Humanismus und der Toleranz.
Ein Hinweis von Christian Modehn

Die oberste katholische Glaubensbehörde schlägt wieder zu: Am 15.11.2023 veröffentlicht der neue Chef der einstigen Inquisition, der Freund des Papstes und auch er ein Argentinier, also der frisch ernannte Kardinal Victor Fernandez, eine Erklärung: „Katholiken dürfen nicht Mitglieder der Freimaurer – Logen sein. Sind sie Mitglieder, werden sie vom Empfang der Kommunion ausgeschlossen, katholische Freimaurer befinden sich in einem Zustand schwerer Sünde“ (Zum Vatikan-Text: Siehe unten Fußnote 1)

Die Welt heute hat eigentlich sehr viel dringendere Probleme, als sich mit dieser neuen päpstlich abgesegneten Verbots-Erklärung zu befassen.
Aber sie verdient, in wesentlichen Kürze, doch Beachtung selbst bei Menschen, denen eigentlich der Katholizismus ziemlich egal geworden ist. Man sollte also wissen:

1.
Der Kampf der katholischen Kirche gegen die Freimaurer im allgemeinen dauert schon seit Jahrhunderten. Es sind vor allem die katholischen Traditionalisten und Reaktionär-Katholiken aus dem Gefolge von Erzbischof Marcel Lefèbvre, die im 20.Jahrhundert zu den erklärten Feinden der Freimauer und ihrer Logen gehören. Man vergesse nicht: Der große Durchbruch der liberalen Freiheiten, etwa zu Beginn der Französischen Revolution, war auch Leistung von Freimaurern. Und wer Mozarts Musik schätzt, der liebt die Musik eines Freimaurers. Also: Bitte keine Mozart Messen mehr in katholischen Kirchen! (Siehe Fußnote 2 zur Geschichte von Katholizismus und Freimaurer)

2.
Bescheidene Versuche einer Annäherung an die Freimaurer auch von offizieller katholischer Seite im späten 20. Jahrhundert, durch so genannte Dialog-Konferenzen, werden seit etlichen Jahren von Rom ausgebremst. Kardinal Gianfranco Ravasi hatte sich freundlicherweise darum bemüht (Quelle: https://katholisches.info/2016/02/16/kardinal-ravasi-an-die-logen-liebe-brueder-freimaurer/), früher auch Kardinal König von Wien.

3.
Tatsache ist, dass zum Beispiel in Spanien viele Katholiken auch Priester, Mitglieder der Freimaurer – Logen sind. Bekannt ist auch, dass ohne Probleme protestantische Theologen und Pfarrer Mitglieder der Logen sind. (Quelle zu Spanien: Die wichtige Zeitschrift VIDA NUEVA: https://www.vidanuevadigital.com/2023/11/15/el-ultimo-acercamiento-a-la-masoneria-fue-con-el-cardenal-ravasi-que-en-2016-la-llamo-a-un-dialogo-sincero-con-la-iglesia/)

4.
Die Freimaurer Logen verstehen sich trotz aller Pluralität der unterschiedlichen Logen als Orte des Dialogs ideologisch verschiedener Männer und auch Frauen (auch sie sind in Logen) im Respekt vor dieser Pluralität. Logen wollen ihre Mitglieder ermuntern, im individuellen Leben das Beste für die Menschen zu tun … im Sinne der universal geltenden Menschenrechte. Deswegen waren Logen nicht nur im Katholizismus, sondern auch in faschistischen und kommunistischen Diktaturen verboten.

5.
Warum also das erneute Verbot aus Rom? Das ist entscheidend:
Weil den dortigen Theologen vor allem die Philosophie der Freimaurer höchst unangenehm ist: Es wird in vielen dieser Logen vorgeschlagen, an ein „höchstes Wesen“ zu glauben, das wichtiger und größer ist als der Gott jeder einzelnen Konfession und Religion. Sozusagen geht es zuerst um den allgemeinem Gott der einen Menschheit, vor allem dieses höchste Wesen soll respektiert und verehrt werden. Die klassische Theologie kann sich mit diesen Gedanken nicht anfreunden: Da wird die Trinität nicht beachtet, heißt der römische Vorwurf, da wird Jesus Christus nicht als Gottessohn verehrt? Aber gibt es nicht auch Größeres und Höheres alsndiese Dogmen? Der Gedanken fällt Rom schwer!
Die immer aktuelle Position der Philosophen der Aufklärung steht also zur Debatte. Und ohne diese Philosophie, die alle, aber auch alle Positionen und Konfessionen relativiert, selbst die vatikanisch-klerikale Hierarchie, wird es keinen Beitrag für einen Weltfrieden geben. Das sah Kant auch schon in seiner Lehre von der „unsichtbaren Kirche“.
Das also ist die richtige Überzeugung der meisten Freimaurer: Jeder und jede kann seiner humanen Ideologie, religiösen Konfession etc. verbunden bleiben, aber jeder und jede muss wissen: Es gibt etwas viel Größeres Absolutes als meinen mir wichtigen Glauben. Nur so kann der tödliche Fundamentalismus überwunden werden.

6.
Dass Freimaurer in der romanischen Welt, Lateinamerikas vor allem, eine wichtige Rolle spielten im Kampf der Unabhängigkeit ist bekannt. Die Privilegien des Klerus standen dabei zur Debatte.
Das historische Thema der Freimaurer, der Anti-Klerikalismus, ist etwas, das Romjetzt noch empört. Dabei spricht doch Papst Franziskus so oft in letzter Zeit selbst gegen (!!) die Macht des Klerikalismus…

7
Die jüngste Erklärung aus Rom gegen die Logen der Freimaurer ist also, auch theologisch gesehen, ein großer Schritt zurück, ein Schritt der den Reaktionären in der Kirche gefällt, also Konfessionellsten, den Fundamentalistischen, nicht aber den universal Denkenden.
Man muss ja kein Freund sein gegenüber einigen Üblichkeiten der Logen, etwa ihr Verschwiegenen darüber, wer Mitglied ist oder auch was die Versammlungen im einzelnen bedeuten. Aber man muss immer wissen: Auch das katholische Opus Dei (70.000 Mitglieder weltweit, treffend als Geheimclub bezeichnet) schweigt sich aus, wer Mitglied in diesem geheim agierenden, politisch rechtslastigen Verein ist. Und auch die Katholiken aus der katholischen Neokatechumenalen Gemeinschaft haben Jahre lang ihre Samstag-Abend-Messen, stundenlang, hinter verschlossenen Türen gefeiert. Sie brauchten halt auch ihren eigenen., geschlossenen Raum… Und ist der Vatikan insgesamt, auch was seine Finanzaktionen angeht, nicht auch ein Geheimclub?

8.
Ich möchte gern diese Herren von der vatikanischen Glaubenskongregation fragen, was sie eigentlich von Lessings „Nathan der Weise“ denken. Eigentlich müssten sie, bei diesem ihrem Weltbild, diesen wunderbaren Text auf den sicher bald wieder zu veröffentlichenden „Index” setzen.

9.
Man stelle sich vor, die jetzt tötenden Israelis und muslimischen Palästinenser würden wahrnehmen und realisieren: Unsere jeweiligen Religionen sind ja ganz nett. Aber sie sind nicht das Höchste! Über unseren jeweiligen Religionen (wie auch der Christen!) gibt es sozusagen den einen „göttlichen Gott“ aller. Es gibt also keine herausragende, keine besondere Religion: Alle Konfessionen sind gleich viel wert oder auch unwert.
Das lehren die Freimaurer … und sie werden deswegen diskriminiert. Rom schießt gegen die Freimaurer, aber das tragen sie wohl voller Gelassenheit. Es gibt ja wohl Wichtigeres als Rom und den Vatikan mit seinen Verboten. Und das alles nachdem die Weltsynode so hübsch und nett und so liberal im Vatikan getagt hat…

Fußnote 1:

https://www.vaticannews.va/de/vatikan/news/2023-11/vatikan-freimaurer-katholiken-glaubenslehre-klarstellung-verbot.html?utm_source=newsletter&utm_medium=email&utm_campaign=NewsletterVN-DE

Fußnote 2:

Die schnelle Ausbreitung der Freimaurerei rief bald von Seiten der katholischen Kirche wie des Staats Kritik und zahlreiche Verbote hervor. So war die Maurerei in Neapel 1731, in Polen 1734, in Holland 1735, in Frankreich 1737, in Genf, in Hamburg, in Schweden und von Kaiser Karl VI. in den österreichischen Niederlanden 1738 sowie in Florenz 1739 untersagt. Am konsequentesten ging die spanische und portugiesische Inquisition gegen die Freimaurer vor.
Der 1738 gegen die Freimaurerei erlassene päpstliche Bannfluch In eminenti apostolatus specula (päpstliche Bulle) Clemens XII. forderte die staatlichen Mächte auf, die Freimaurerei zu verbieten. Kardinal Firrao ließ infolgedessen 1739 durch den Henker Freimaurerbücher öffentlich verbrennen, und im selben Jahr wurde der Dichter Tommaso Grudelli in Florenz der Inquisition als Häretiker denunziert und im Gefängnis gefoltert. Später kam er auf Betreiben des Großherzogs wieder frei, erlag mit 43 Jahren dennoch den Folgen der Haft.
Am 18. Mai 1751 bestätige Papst Benedikt XIV. die Bulle seines Vorgängers mit der Bulle Providas romanorum und unterstrich die Verurteilung der Freimaurerei, indem er allen Katholiken unter Androhung der Exkommunikation jeglichen Kontakt verbot, die ohne Erklärung erfolge und bis zum Tode ihre Gültigkeit behalte, woraufhin Karl III. (Spanien) im Königreich beider Sizilien die Freimaurerei verbot. Giacomo Casanova, der 1750 in den Bund der Freimaurer aufgenommen worden war, wurde am 27. Juli 1755 in Venedig wegen Freimaurerei verhaftet und zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, ohne dass ihm das Strafmaß mitgeteilt wurde. Aber schon am 1. November 1756 gelang ihm die Flucht aus den Bleikammern.[28] 1783 wurde der Marchese Vivaldi in Venedig wegen Freimaurerei verhaftet, im Gefängnis erdrosselt und seine Leiche öffentlich mit der Aufschrift ausgestellt: „so behandelt die Republik die Freimaurer“.
Auch Pius IX. erneuerte die Verurteilung der Freimaurerei mit Ecclesiam a Jesu Christo ebenso wie Leo XIII. in diversen Enzykliken. (siehe auch: Liste päpstlicher Rechtsakte und Verlautbarungen gegen die Freimaurerei und Geheimbünde)

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon.

Kaiser Wilhelm II. und der Genozid in “Deutsch-Südwestafrika”.

Ein Hinweis von Christian Modehn zur Bedeutung Kaiser Wilhelm II. im Völkermord der Deutschen Kolonialherren in Afrika.

1.

Wir haben in zahlreichen Beiträgen auf dieser Website gefordert, LINK, dass die bekannte “Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche” in Berlin (KWG genannt) endlich einen anderen, ein würdigen Namen erhält. Die Kirchenleitung sollte sich also endlich trennen von der Bezeichnung eines so genannten “Gotteshauses” mit einem Rassisten und Kriegstreiber. Die Forderungen blieben erfolglos, es gab noch nicht einmal irgendeine Reaktion auf unsere e-mails an entsprechende kirchenleitende Büros… Es ist die Angst der Kirche vor den heutigen Hohenzollern, die sich da äußert?  Das wäre wahrlich skandalös. Die Kirche spricht heute manchmal sehr erregt über die Schande des Kolonialismus, der Sklaverei etc., sie hat aber nicht die Kraft, für sich selbst als Kirche daraus sichtbare Konsequenzen zu ziehen… Dann müßte man auch das unselige Kirche-Staat-Bündnis (der Kaiser, König, als oberster Kirchenchef) aufarbeiten…LINK

2.

Die Veränderung des Namens dieser Kirche am Breitscheid-Platz in Berlin ist unabhängig davon, dass dieses Gebäude eigentlich an Kaiser Wilhelm I. erinnern soll. Aber der Beschluss zu diesem Titel kam von Kaiser Wilhelm II. Und im übrigens ist Kaiser Wilhelm I. auch keine so hervorragende, so heiligmäßige Gestalt, dass nach ihm bis heute ein evangelisches Gotteshaus benannt werden darf.

3.

Manche LeserInnen haben uns gefragt, ob denn Kaiser Wilhlem II. wirklich so kriegstreiberisch, so rassistsich war. Ich will nun auf ein Intervies hinweisen zum Thema Kolonialismus und Kaiser Wilhelm II., das im Humboldt Forum im Juni 2023 stattfand. Da gibt es eigentlich keinen Raum mehr für Zweifel. Denn die Worte Kaiser Wilhelm II. sind bekanntlich Taten…

Der Spezialist für dieses Thema, der Historiker Prof. Jonas Kreienbaum (F.U. Berlin), sagte im Gespräch mit Alfred Hagemann (Humboldt-Forum) am 8. Juni 2023:

„Ich glaube, dass der Kaiser im sprachlichen Bereich am deutlichsten zu dem sich entwickelnden Genozid beiträgt. Er ist berühmt dafür, sehr martialisch aufzutreten – auch sprachlich – und das berühmteste Beispiel ist die sogenannte „Hunnenrede“.
Im Grunde fordert er die Soldaten auf: Macht keine Gefangenen! Bringt alle um, auf die ihr trefft, was zumindest an der Grenze zu einer genozidalen Aufforderung liegt.
Ich glaube, dass solche Aussagen bei kolonialen Militärs den Eindruck erweckt haben, an allerhöchster Stelle wird brutales, wenn nicht sogar genozidales Vorgehen toleriert, sogar gewünscht. Und ich glaube, genau auf dieser Ebene trägt der Kaiser dazu bei, einen diskursiven Rahmen zu schaffen, der diesen Völkermord denkbar und dann ausführbar werden lässt.
Zweitens kann man hinzufügen, dass der Kaiser auf einer symbolischen Ebene stark in den Völkermord involviert ist. Ich glaube, das wird nirgends so deutlich, wie wenn wir uns den „Vernichtungsbefehl“ Trothas anschauen. Der unterschreibt ihn nämlich, und das ist kein Zufall, mit der Formel „Der große General des mächtigen deutschen Kaisers“. Diese Vernichtungspolitik wird also im Namen des Kaisers durchgeführt und das ist ganz typisch für den kolonialen Kontext, wo das Deutsche Reich immer wieder in der Person des Kaisers symbolisiert wird.“

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