Philosophische Stadtspaziergänge: Über das Buch „Geistreiches Berlin und Potsdam. Ein philosophiegeschichtlicher Städteführer“.

Von Christian Modehn.

1.
In der fast unüberschaubaren Bücher – Fülle von Stadtführern zu Berlin, aber auch zu Potsdam, hat ein spezieller „philosophischer Begleiter“ auf den Spaziergängen und „Stadterkundungen“ gefehlt. Maurice Schuhmann, promovierter Politikwissenschaftler und nebenberuflich auch Journalist, füllt diese von einigen sicher gespürte Lücke. Er bietet auf 180 Seiten, reich ausgestattet mit Fotos und im Text sehr lesefreundlich, eine Mischung aus Basis-Informationen zu den philosophischen „Größen“ einst. Das neue Buch ist praktisch von Bedeutung, weil es Informationen zu entsprechenden Spaziergängen zu den Orten des Denkens bzw. der Denker aufweist.
2.
Dass in der Stadt Berlin, die im 2. Weltkrieg heftigst zerstört wurde, authentisch – historische Orte, wie etwa zu bestaunende Wohnungen der Philosophen damals, nicht vorgezeigt werden können, ist ein unüberwindbarer Mangel. So kann der philosophisch interessierte Spaziergänger oft nur zu Gedenktafeln, Statuen oder Friedhöfen geführt werden. Wenn man sich denn in einer philosophisch kompetenten Gruppe befindet, mag das ja sogar interessant sein. Hegel wusste ja, dass die Bindung an äußere Gegebenheiten (etwa Wallfahrtsorte, Heiligtümer, Grabmäler etc.) philosophisch nicht sehr relevant ist. Zum Denken können sie allemal anregen!
3.
Natürlich, das Hauptgebäude der Humboldt Universität Unter den Linden ist zu besichtigen oder das Schloß Sanssouci in Potsdam, der bevorzugte Ort, um über die Aktualität Voltaires zu debattieren. Hegels Schreibtisch befindet sich übrigens im Hauptgebäude der Humboldt-Uni! Für philosophische „Anfänger“ sind Schumanns Informationen zu den Philosophen damals, also zu Fichte, Hegel, Schelling, recht ausführlich. Auch von den politisch vielfältig orientierten Hegel – Schülern (wie Karl Marx, Bruno Bauer) ist die Rede. Der schöne Stadtteil Friedrichshagen bei Köpenick hätte in dem weiten Zusammenhang erwähnt werden müssen, mit seinem berühmten „Dichterkreis“ ums 1900, zu dem auch etliche Philosophen und philosophierende so genannte Anarchisten gehörten…
4.
Das Buch bietet leicht nachvollziehbare Informationen zu Philosophen, die seit dem 18. Jahrhundert mit Berlin oder Potsdam, dem Sitz des philosophierenden, trotzdem extrem militaristischen  „Alten Fritzen“,  zu tun hatten. Es werden also allgemeine, lexikalisch knappe Hinweise zu Voltaire, de La Mettrie, Lessing und Moses Mendelssohn geboten. Eine gewisse Vorliebe scheint der Autor zu haben, wenn er etwa Rudolf Steiner mehrfach als Philosophen erwähnt, Steiner hätte wohl eher in ein Buch „Esoterisches Berlin“ gepasst. Unendlich viel wichtiger ist Kant, er hat bekanntlich Berlin nicht besucht, aber in einigen Zeitschriften in Berlin publiziert und mit Berliner Zensurbehörden gekämpft.
5.
Aber es ist die grundlegende Frage: Soll sich ein philosophischer Städteführer auf Menschen, meist „Professoren“ festlegen, die sich selbst Philosophen nannten? Maurice Schuhmann folgt diesem Konzept weithin, wenn er auch einige Literaten erwähnt, wie etwa den Romantiker E.T.A. Hoffmann und sogar … Christopher Isherwood. Wo nun die philosophische Dimension in dessen Werk zu entdecken wäre, wird leider nicht gesagt.
6.
Würde man hingegen einen weiten Philosophie – Begriff anwenden, dann hätten viel mehr philosophisch relevante Autoren und Künstler, Soziologen und Theologen hinsichtlich ihrer oft impliziten Philosophie erwähnt werden müssen. Georg Simmel, Ernst Troeltzsch, ja warum nicht auch Theodor Fontane in Verbindung mit Schopenhauer oder Walter Benjamin, der in der Grunewalder Delbrückstr. als Kind lebte. Sein Name taucht in dem Buch gar nicht auf.
Erst ein breiter Philosophiebegriff kann die umfassende Bedeutung von philosophischem Denken zeigen, sie findet bekanntlich nicht nur dort statt, wo Philosophie draufsteht.
7
Ich finde es bedauerlich, dass jetzt nur ein „philosophiegeschichtlicher Städteführer“ vorliegt, wie der Titel exakt mit dem Focus „Geschichte“ betont. Das heißt, die gegenwärtige Lebendigkeit selbst der sich explizit nennenden Philosophie erlebt der Städtespaziergänger nicht. Philosophie ist auch in Berlin nichts Vergangenes. Kein Wort in dem Buch über die gar nicht so ferne Zeit der grausigen DDR Philosophie an der Humboldt Uni; kein Wort, zu dem bedeutenden Religionsphilosophen Romano Guardini, der als Katholik, in den zwanziger und dreißiger Jahren an der Universität Unter den Linden lehren durfte und in Berlin unter anderem in Eichkamp wohnte. Aber auch in der heutigen Gegenwart hätten einige – auch international geschätzte – PhilosophInnen genannt werden können, wie etwa Volker Gerhardt von der H.U. Man hätte doch auch das Philosophische Seminar an der FU in Berlin – Dahlem erwähnen können, in einem durchaus inspirierenden Gebäude (von Hinrich Baller, 1983 errichtet) untergebracht. Peter Bieri (alias Pascal Mercier „Nachtzug nach Lissabon“) lehrte an der F.U. sowie die unvergessenen großem Philosophen Wilhelm Weischedel und vor allem Michael Theunissen. In der Bewegung rund um den “Mai 68” war etwa Herbert Marcuse häufig als Gastprofessor der FU in Berlin, ebenso der Philosoph Paul Feyerabend.
8.
Das Buch „Geistreiches Berlin und Potsdam“ ist trotz gewisser Begrenztheiten für die berühmten „weiten Kreise“ ein erster Start, über die Rolle von Philosophie in der Stadt Berlin oder in der Landeshauptstadt Potsdam nachzudenken. Man wird sich zum Beispiel fragen: Warum gibt es in Deutschland Literaturhäuser und Kunsthäuser, aber kein „Haus der Philosophie“, wie etwa in Paris oder Toulouse seit Jahrzehnten. So ganz ernst meinen es die Politiker und die Kulturpolitiker wohl doch nicht, wenn sie gelegentlich auf die Philosophie in Berlin oder Potsdam hinweisen. Dass es private „philosophische Salons“ in Berlin seit einigen Jahren gibt, hätte erwähnt werden können. Wenn es einmal ein Philosophie-Haus in Berlin geben sollte, wird darin sicher die interkulturelle und multikulturellen Dimension zum Ausdruck kommen. Dass in dem Buch nicht auf die Präsenz nicht-deutscher PhilosophInnen in Berlin auch früher schon hingewiesen wird, wird man sehr bedauern, russische Philosophen waren nach dem Sieg der Sowjets in Berlin, Nikolai Berdjajew hatte seine eigene „Religionsphilosophische Akademie“, der Franzose Jean Paul Sartre war 1933/34 hier, auch Ortega y Gasset studierte in Berlin usw.

Man sieht auch an diesen Beispielen, wie viel “Potential” sozusagen noch in dem Thema “Philosophishcer Stadtführer durch Berlin” steckt…
9.
Man wünscht dem Buch weite Verbreitung, und eine zweite erweiterte Auflage, auch mit der Korrektur etwa der Daten zu Gotthold Ephraim Lessing, Seite 29, aber das nur wirklich am Rande. Zur Stadt Bamberg liegt bereits ein philosophischer Stadtführer vor, vielleicht ist nun auch das Berlin-Buch ein Start für eine umfassende Serie „philosophischer Stadtführer“.

Geistreiches Berlin und Potsdam. Ein philosophiegeschichtlicher Städteführer“. Von Maurice Schuhmann. Hendrik Bäßler Verlag Berlin, 2021, 151 Seiten mit zahlreichen Fotos, Hardcover, 19,80 Euro.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.

Frieden schaffen: Ein kategorisch geltender Imperativ. Kant als Philosoph des Friedens!

Ein Hinweis von Christian Modehn am 7. Mai 2022

„Ein bloßer Waffenstillstand, also ein Aufschub der Feindseligkeiten, ist nicht FRIEDE, der das Ende aller Feindschaft bedeutet“.

Zur Einstimmung sagt Immanuel Kant:

„Stehende Heere sollen mit der Zeit ganz aufhören“.

„Kein Staat soll sich in die Verfassung und Regierung eines anderen States gewalttätig einmischen“.

„Es soll sich kein Staat im Kriege mit einem anderen solche Feindseligkeiten erlauben, welche das wechselseitige Zutrauen im künftigen Frieden unmöglich machen müssen: Als da sind: Anstellung der Meuchelmörder, Giftmischer, Brechung der Kapitulation, Anstiftung des Verrats in dem bekriegten Staat“.

„Ein Ausrottungskrieg (Vertilgung beider Seiten) würde den ewigen Frieden nur auf dem großen Kirchhof der Menschengattung stattfinden lassen können“.

Der Philosoph Immanuel Kant (1724-1804) hat diese Sätze geschrieben. Erstaunliche Erkenntnisse auch heute, sozusagen Negationen, die als Bedingungen für einen dauerhaften Frieden formuliert sind. Kant nennt sechs solcher „Präliminarartikel“, Hinweise also, die als Bedingungen einen dauerhaften Frieden ermöglichen.

1.
Seine außergewöhnliche und hervorragende Leistung im Denken hat Kant auch in seiner Publikation „Zum ewigen Frieden“ im Jahr 1795 einmal mehr bewiesen. Diese Schrift hat gleich nach der Veröffentlichung eine ungewöhnlich große öffentliche Aufmerksamkeit gefunden, trotz aller Einschränkungen, die die Zensurbehörden androhten. Der eher knappe „Entwurf“ Kants zeigt: Wie weit reichend er als kritischer Philosoph zu Zeiten üblicher Kriege klar Bedingungen nennen kann für einen dauerhaften Frieden. Diese Erkenntnisse waren damals und sind heute sicher provozierend, d.h aus Üblichkeiten der Denkzwänge heraus-rufend.
2.
Wenn Kant seinen Text „Entwurf“ nennt, meint er damit das „Erdenken“ der Wirklichkeit, die den Namen Frieden verdient. Kant entwickelt seinen „Entwurf“ aus den ihm eigenen philosophischen Prinzipien. Sie sollen aus dem Begriff der allen Menschen gemeinsamen Vernunft entwickelt werden, also, wie Kant sagt, „transzendental a priori“, also universal, gelten.
Wenn Kant seinenText mit dem Begriff „ewig“ aufwertet, dann will er damit nicht die himmlischen oder die göttlichen Sphären miteinbeziehen, er „meint vielmehr damit einen Frieden ohne jeden Vorbehalt, den Frieden schlechthin“ (Otfried Höffe).
3.
Kant hatte Ende des 18.Jahrhunderts für die Publikation „Zum ewigen Frieden“ wohl auch den Krieg zwischen Frankreich und Preußen vor Augen, einen Krieg, in dem auch Österreich und England involviert waren. Kant nahm dieses Geschehen zum äußeren Anlass, Prinzipien für den Frieden zu entwickeln, er äußert nicht eine politische Meinung, sondern formuliert philosophisch sich zeigende Notwendigkeiten, die Frieden ermöglichen. Es ist dieser universale Anspruch Kants, der auch heute inspirieren kann.
Kants Erkenntnisse sind zwar zu einer bestimmten Zeit in einer bestimmten Kultur formuliert wurde, aber trotz der regionalen Herkunft beanspruchen sie als Vernunftargumente universale Gültigkeit. Einige von Kants Überlegungen können auch im Zusammenhang des von Russland inszenierten Vernichtungskrieges gegen die Ukraine relevant sein.
4.
Dies gilt um so mehr, wenn man auch den längeren „zweiten Abschnitt“ des Textes „Zum ewigen Frieden“ berücksichtigen. Er enthält die drei „Definitiv-Artikel“, also solche Hinweise, die eine Friedensordnung bestimmen sollten. Kant zeigt sich als Meister, der auf Fakten hinweist, die oft im politischen „Alltagsgeschäft“ übersehen werden. Er
macht auf etwas aufmerksam, was oft im Eifer der Debatten übersehen wird: Es gibt nämlich, wie er sagt, durchaus eine Art Huldigung eines jeden Staates dem Begriff des Rechts gegenüber. Diese Akzeptanz bzw. Hochschätzung des Rechts leiste jeder Staat „wenigstens dem Worte nach“. Aber dieses Faktum„beweist doch“, schreibt Kant weiter, „dass eine noch größere, obzwar zur Zeit schlummernde moralische Anlage im Menschen anzutreffen sei“. Das ist entscheidend: Es muss darauf gehofft werden, dass selbst im übelsten Kriegsherren noch ein Rest der allgemein menschlichen Anlage vorhanden ist. Nur unter den Bedingungen kann überhaupt ein Dialog stattfinden. Darauf weist Kant hin: Dass also das Böse im Feind nicht total ist, sondern dass das Gute, also durch die jedem Menschen gegebene moralische Anlage, auch im Feind weiter wirkt, „denn sonst würde das Wort RECHT den Staaten, die einander befehden wollen, nie in den Mund kommen“. Aber dann fügt Kant einschränkend hinzu: „Es sei denn, bloß um seinen Spott damit zu treiben“. (zit. Immanuel Kant, Zu ewigen Frieden, Fischer Taschenbuch Verlag 2008, S. 166). Eine ambivalente Situation also, die auch im „Fall Putin“ zutrifft.
5.
Frieden kann es „auf immer“ geben, betont Kant schon 1795, wenn die Menschheit im Rahmen des Völkerrechts – über alle einzelnen Friedensverträge hinaus, zum „Friedensbund“ kommt, „der alle Kriege auf immer endigen“ sollte (a.a.O., S 167).
6.
Frieden zu schaffen, dauerhaften, ewigen, ist für Kant nicht eine Art Hobby, dem sich einige Menschen widmen können, während andere eben etwas anderes tun. Frieden zu stiften (mehr als Waffenstillstand auszuhandeln) ist eine kategorische Pflicht eines jeden Menschen.
„Die Friedensstiftung hat für Kant den Rang einer rechtsmoralischen Pflicht. Es liegt jener kategorische Rechtsimperativ vor, den man den kategorischen Friedens-Imperativ nennen kann“ (Otfried Höffe, a.a.O., S. 19). Wenn „Frieden schaffen“ für jeden kategorisch gilt, dann führt die Erkenntnis dieser ethischen Pflicht auch in eine Dimension, die Kant göttlich nennt. Er schreibt: „Religion ist die Erkenntnis all unserer ethischen Pflichten als göttlicher Gebote“ (Kant in seiner „Religionsschrift, B 230). Mit anderen Worten: In den ethischen Pflichten wird die Idee Gottes also vernehmbar… „Nur ein Mensch, der sich bemüht, ethisch gut zu sein, kann hoffen, Gott wohlgefällig zu sein“. Frieden schaffen ist insofern eine göttliche Pflicht für die Vernunftreligion.
7.
Kants Schrift ist knapp und vielschichtig, sie steht im Horizont des ausgehenden 18. Jahrhunderts, das noch stark von den Ereignissen und Folgen der Französischen Revolution bestimmt ist. Etliche der von Kant angesprochenen Themen bewegen „uns“ im 21. Jahrhundert nicht mehr, aber, wie gesagt, die Schrift „Zum ewigen Frieden“ bietet Erkenntnisse, die auch heute zu denken geben. Die Schrift enthält auch einen Anhang, in dem auch heute Wichtiges gezeigt wird: Politik und Staatslehre, und damit auch Friedenspolitik, sollen Anwendung und Praxis der Vernunft-Moral sein. Politik und Moral gehören also zusammen! Die Vernunft – Moral (verstanden als selbstverständliche Bindung auch der Politiker an den Kategorischen Imperativ) darf der Politik nicht untergeordnet werden. Nur eine Rechtsordnung kann Freiheit für alle schaffen, der ewige Friede als Ideal und Ziel kann niemals ohne eine umfassende Rechtsordnung erreicht werden. Schon 1784 hat sich Kant in seinem Aufsatz „Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlichen Absicht“ für einen „Völkerbund“ eingesetzt. Im zweiten Definitiv-Artikel der Schrift „Zum ewigen Frieden“ spricht dann Kant vom „Friedensbund“ (S. 166 f.). Er sucht zu zeigen, „alle Krieg auf immer zu endigen“. Ein „Völkerrecht“, das als „Recht zum Kriege“ konzipiert ist, „lässt sich eigentlich gar nicht denken“, dies ist wichtig für Kant. Wenn sich zu einem Thema gar nichts Vernünftiges denken lässt, dann ist das Thema selbst als solches unvernünftig. D.h.: Ein „Recht zum Kriege“ ist also eine Wahnvorstellung. Wenn Staaten Frieden wollen, müssen sie ihre gesetzlose wilde, wie Kant sagt, also egoistische Freiheit aufgeben. Sie müssen sich zu öffentlichen Gesetzen „bequemen“, wie Kant sagt, und diese Gesetze, die zu einem Völkerbund führen, wie eine Art Zwang zur Überwindung ihrer eigenen kriegerischen Gesinnung anerkennen. (S. 168).

PS.: Wenn hier betont wird, Moral soll das politische Handeln bestimmen, so ist hier selbstverständlich immer die Vernunft – Moral im Sinne Kants gemeint, nicht die von Kirchengeboten bestimmte konfessionelle Moral der etablierten Religionen! Diese religiösen Moralvorstellungen dürfen niemals unvermittelt einen dmokratischen Staat bestimmen!
8.
Diese Erkenntnis Kants hat sich keineswegs durchgesetzt, auch nicht unter Philosophen und Literaten.
Nur zwei Beispiele, hier nur kurz angedeutet: .
Hegel schreibt schon in seinem Naturrechtsaufsatz von 1802, dass nicht nur der Frieden, sondern auch der Krieg absolut notwendig sei.
In seiner „Rechtsphilosophie“ (§324) wiederholt Hegel diese These. „Hegel kennt kein kategorisches Gebot der Vernunft, es soll kein Krieg sein“, so Walter Jaeschke, Hegel Handbuch, Metzler Verlag, S. 367. Selbst wenn Hegel die Katastrophen des 1. und 2. Weltkrieges nicht kannte und auch nicht die totale Zerstörungskraft der Atombomben: Es ist schon erstaunlich, dass sich Hegel auch am Beispiel des Krieges in seiner „Rechtsphilosophie“ von 1821 zu der Aussage versteigt: Durch einen Krieg „werde die sittliche Gesundheit der Völker erhalten“. Und dann folgt zur Illustration dieser ungeheuerlichen abstrakten Aussage ein Bild aus der Natur, was für Hegel ungewöhnlich ist, der sonst die geistige Welt, also auch die politische Welt eines Krieges ,nur mit Begriffen des Geistes beschreibt. Nun also hier, im genannten §324, der Vergleich mit der Natur: Wie die Natur die See (das Meer) „durch die Bewegung der Winde vor der Fäulnis“ bewahrt, so könne es auch unter den Menschen und Staaten Fäulnis geben als Form „dauernder Ruhe“, eben in der Form „eines dauernden oder gar ewigen Friedens“. Frieden kann Hegel, der zwanghafte Dialektiker, nur als Stillstand denken, Lebendigkeit, so darf man schließen, gibt es für ihn nur als Dialektik, und die Dialektik ist eben auch der Krieg, der vor „Fäulnis schützt“. Ein abstoßend zwanghafter Gedanke, der Kants Erkenntnisse ablehnt.
9.
Nur ein Beispiel aus dem 20. Jahrhundert: Ernst Jünger ist ein auch von CDU Politikern, wie Helmut Kohl, hoch geschätzter Literat, der zugleich einer der leidenschaftlichsten Verteidiger des „Wertes des Krieges“ war. In seinem grundlegenden Buch „Der Arbeiter“ (1932) zeigt Ernst Jünger, dass der (Erste) Weltkrieg eine Art positives Schlüsselerlebnis für ihn wurde, der Krieg befördert den Untergang der alten bürgerlichen Welt. „Im Akt der Zerstörung (als Krieg) findet Jünger die, so wörtlich, feurige Quelle eines neuen Lebensgefühls… und es gehört zu den hohen und grausamste Genüssen unserer Zeit, an dieser Sprengarbeit beteiligt zu sein, soweit das Zitat aus Ernst Jüngers Buch „Der Arbeiter“. Das Zitat wurde dem Buch „Die Apokalypse in Deutschland“ von Klaus Vondung entnommen, DTV 1988, S. 385.
Diese Vernichtung also begrüßt Jünger, das Sich-Opfern im Krieg sieht er als Form der Erlösung. Der Mensch muss zum Blutopfer bereit sein. Helmut Kiesel schreibt in seinem Aufsatz über die Publikation „Stahlgewitter“ von Ernst Jünger: „Tatsächlich hat Jünger den Krieg als einen naturgegebenen Modus des menschlichen Zusammenlebens und der geschichtlichen Entwicklung betrachtet und zeitweilig sogar bejaht. Erst in den dreißiger Jahren wurde ihm der Glaube an die vermeintlich konstruktiven Seiten des Krieges fragwürdig“ (Quelle: https://literaturkritik.de/id/18872).
10.
Über die Wirkungsgeschichten der von Hegel eher nur am Rande propagierten Ideologie des Krieges wie vor allem der den Krieg preisenden Werke Ernst Jüngers müßte weiter geforscht werden.
In jedem Fall ist es philosophisch und auch ethisch und politisch um des Überlebens der Menschheit willen geboten, wenn man denn schon Philosophen zum Thema Krieg und Frieden bemüht, sich vor allem an einige der genannten grundlegenden Aussagen Kants zu halten.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.

Maria Maienkönigin… und religiöse Illusionen.

Pseudo-Romantik in einer entzauberten Welt.
Ein Hinweis von Christian Modehn am 2.5.2020, am 2.5.2022 noch einmal bearbeitet. Und noch einmal ergänzt am 26.4.2024.

1. Der Maien-Marien-Monat

Die Zeit der Maienkönigin hat begonnen: Denn der Mai hat auch einen katholischen Titel: Marienmonat! Im Mai verehren Katholiken ihre Königin. Sie heißt Maria und ist eigentlich nur die Mutter des armen Jesus von Nazareth, der am Kreuz hingerichtet wurde. Aber diese Mutter wurde post mortem sehr schnell von der „Schmerzensmutter“ zur glorreichen Gestalt umgewidmet. Der „Wonnemonat Mai“ ist ihre Hoch-Zeit.

2. Irrationale Spiritualität

So war es in den Zeiten der Corona-Pandemie: Viele katholische Kirchenführer nahmen diese Krise der Menschheit als ihre Chance wahr, – in der Sicht der Re­li­gi­ons­phi­lo­so­phie und der kritischen Theologie –  abergläubig erscheinende Praktiken wie Ablass und Reliquienverehrung und “Maria als himmlische Fürsprecherin an Gottes Thron” zu empfehlen. Es ist diese Rückkehr des Irrationalen, die einige Theologen eigentlich „auf die Barrikaden“ hätte bringen sollen, wenn sie denn am Wert einer vernünftigen christlichen Religion Interesse haben. Zu diesen populären Glaubenshaltungen gehört auch die Maiandacht. Sie ist förmlich der Inbegriff einer ganz auf mysteriöse Inhalte fixierten, manchmal sich „poetisch“  gebenden katholischen (Volks-)Frömmigkeit. Da singen Leute Marien- Lieder, die – wieder in religionsphilosophischer Sicht – eher grenzwertig sind, also nicht nachvollziehbar, hinsichtlich der Inhalte. Traditionell religiöse Menschen können natürlich singen und sagen, was ihnen so alles in ihre Phantasie  kommt. Sie müssen nur wissen, in welch ein geistiges Getto sie sich begeben, wie sehr sie heute Barrieren bauen, die Menschen den Weg in eine vernünftige Religion versperren.

3. Maria:”Es blüht der Blumen eine…”

Ich habe als Kind und Jugendlicher viele Maiandachten erlebt und “mitgemacht”. Wer sie in Kirchen mitfeierte, die von der Natur umgeben waren und dabei die Blumen und Bäume sah, die Sonnenstrahlen oder einen plötzlichen Regen erlebte, der fühlte sich in eine Naturmystik entrückt, in der Welt und Umwelt so fantastisch schön, so „entzückend“ und entrückend durchstrahlt war. Was war die Welt und die Kirche doch – dem Scheine nach – friedlich. Und die Leute fühlten sich geborgen in einem Dunst und Weihrauch-Duft des Mysteriösen und Unbegreifbaren, die Lieder sorgten für diese Entrückung ins “Vorgeburtliche”. Aber schön, war es doch, sagen manche. Romantisch sagen sie auch, in einem eher populären Verständnis der Romantik…

Und Maria war die mütterliche Herrscherin, ganz anders als der strafende Gott: „Maria, wir rufen zu dir, Mutter Gottes, wir rufen zu dir“, wurde förmlich gegrölt. „Dich loben die Chöre der Engel“ usw… Dann wurde nach dem „Ave Maria“ sanft das Lied „Es blüht der Blumen eine“ gesungen und zum Schluss „Maria breit den Mantel aus“. Alles voller Inbrunst gesungen. Es war auch der Schrei der leidenden, vielleicht sogar geknechteten Kreaturen… Ich hatte –als Jugendlicher – das undeutliche Gefühl, dass sich da aber auch eine große Gruppe eigentlich sonst doch verständiger Menschen in einen Rausch hinein begeben hatte. Dieser Rausch wurde exzessiv, wenn spezielle „schlesische Maiandachten“ gefeiert wurden, bei denen Lieder wie „Über die Berge schallt, lieblich durch Flur und Wald, Glöcklein dein Ruf“ geschmettert wurden. In der Zeit meiner Jugend waren die Kirchen noch voll, selbst in Berlin-Ost und – West! Und den Teilnehmern – auch den Priestern – war es schlichtweg egal, ob diese Gottesmutter bereits von den Frommen als Göttin verehrt wurde oder nicht. Hauptsache, die Stimmung stimmte.

Und die meisten TeilnehmerInnen der Mai-Andachten waren gerührt, fühlten erhoben, geborgen, hatten Tränen in den Augen, etwa, wenn sie zum Schluss das Lied sangen “Sei Mutter der Barmherzigkeit, sei Königin gegrüßet…” Ich sehe die Frauen, offenbar leidend, noch vor mir, als Kind, in der St. Martin-Kirche in Kaulsdorf -Mahlsdorf in Berlin-Ost, auch die alte Dame, Reihe 13, in einer Bank, die fast kaputt war, ganz hinten, da wurde geschluchzt und gefleht, da wurde die Königin angerufen, ausgerechnet in der DDR, dass dies auch ein frommer Protest war, dies war den meisten wohl nicht bewusst? Eine Himmelskönigin in der DDR, was hätte Ulbricht dazu gesagt? Der hatte doch nur seine Partei und seine Lotte.

4. Das wichtige Buch “MYTHOS MARIA”

Man könnte sich natürlich auf den Standpunkt stellen: Jeder und jede soll glauben, was er und sie will, selbst wenn die Inhalte hochgradig esoterisch sind. Das kann solange richtig sein, als dieser esoterische Inhalt nicht allgemein ins Politische und damit „Allgemeine“ hineingezogen wird. Aber das ist auch mit dem Marien/Maien-Lied „Es blüht der Blumen eine“ (gemeint als Blume ist natürlich Maria) passiert. Diese Zusammenhänge hat das wichtige, kritische Buch des Literaturwissenschaftlers Hermann Kurzke (Prof.em. Uni Mainz) und der Historikerin Christiane Schäfer freigelegt, „Mythos Maria“ ist der Titel ihrer grundlegenden, wichtigen Studie. Der Untertitel „Berühmte Marienlieder und ihre Geschichte“ (C.H. Beck Verlag, 2014). Das Buch hat meines Erachtens leider nicht die gebührende große Aufmerksamkeit gefunden.

5. Marien-Lieder an der Front: “Es blüht der Blumen eine…”

Zum Lied “Es blüht der Blumen eine...“: Das Lied wurde  im 1. Weltkrieg an der Front als Trost präsentiert, denn in der 3. Strophe heißt es: “Und wer vom Feind verwundet, zum Tode niedersinkt. Von Ihrem Duft gesundet, wenn er ihn gläubig trinkt“. Abgesehen von den miserablen Reimen und dem Irrsinn, als könne der Soldat Marias Duft trinken: Dieses Lied war Bestandteil des „Feldgesangbuches“ im Ersten Weltkrieg, betonen die Autoren (Seite 80). „Maria wird zur Sterbehelferin… das unschuldige Lied macht nun das Unaushaltbare aushaltbar. Oppositionelle Regungen werden besänftigt, diszipliniert, abgelenkt und eingeschläfert“ (83f.).

Aber auch das Marienlied „Geleite durch die Welle…“ wurde für den Kampfgeist der deutschen Soldaten instrumentalisiert. In der 7. Strophe heißt es: „Beschirme unsere Krieger, du mächtigste der Frauen, führ bald sie heim als Sieger, in ihrer Heimat Auen. Und lass alle Wunden an Leib und Seel gesunden, Maria, o Maria hilf“. (ebd. 79). Der Marienkult als nationalistisches Opium, auch als geistiges Versagen der Kirche! Denn etwas anderes als diesen Singsang, „Schmarrn“ sagen die Bayern, oder kluge, tausendmal hin und her gedrehte diplomatische Worte zum Kriegswahn und dem Nationalsozialismus hatte sie doch nicht entgegenzusetzen, oder? Diese Kirchenführer und mit ihnen viele Gläubige meinten allen Ernstes, dass da im Himmel eine Jungfrau sitzt, Maria genannt, die ihren Sohn und den lieben Gott-Vater bettelt, doch die Gebete der Soldaten an der Front zu erhören. Oder besonders diesen frommen Fritz, warum nicht auch einen Walter? Aber sollte aus deutscher Sicht auxch Pierre aus Frankreich beschützt werden oder später dann auch der Sowjetsoldat Wladimir? Da gab es sicher heftige himmlische Debatten! Dieses himmlische Helfer-System, selbst wenn es mütterlich gefärbt ist, den armen Menschen einzureden schon vor dem Krieg, ist in meiner Sicht ein theologisches Vergehen, selbst wenn diese Dosierung Opium in letzter Minute an der Front vielleicht beruhigt.

Was haben diese Kirchenführer und ihre hörigen Theologen -“Poeten” nur aus dem christlichen Glauben gemacht, fragt sich der theologische Beobachter: Mit diesen Liedern hat man die nachdenklichen Menschen aus der Kirche getrieben, die jungen besonders. Man sieht heute die Ergebnisse dieses Festhaltens an einem irrationalen Wahn im Katholizismus. Maiandachten sind, abgesehen von touristischen oder folkloristischen Veranstaltungen in Oberbayern nicht mehr en vogue. Die Königin wird vielleicht noch gesucht, aber nicht mehr in der Gestalt der Mutter Jesu, sondern eher in der Figur der Schönheitskönigin…

6. Der Nebel der Marien-Lieder

Die Autoren, von der Kirche und ihrer Theologie unabhängig, analysieren in diesem Kapitel ihres Buches noch jede einzelne Strophe dieses Songs „Maria, Maienkönigun…“. In der 3. Strophe geht es um die Stellung der Frauen: “Behüte uns mit treuem Fleiß, o Königin der Frauen! Die Herzensblüten lilienweiß, auf grünen Maies-Auen“.
Die Frauen sollen „mit treuem Fleiß“ behütet werden, von der im Himmel agierenden Maienkönigin. Warum nur die Frauen? Aber diese Frauen sind die „Herzensblüten lilienweiß auf grünen Maies-Auen“. Die lilienweißen (unschuldigen) Frauen werden förmlich in den Himmel erhoben. Und Maria möge sich dann bitte auch um „die kalten und glaubensarmen Seelen“ kümmern, wie es dann in der 6. Strophe heißt…. Die Autoren von „Mythos Maria“ schreiben: “Die Textanalyse hat Nebel zum Ergebnis, die Stimmungen bedient …. dieser Nebel ist überall dort einsetzbar, wo man Nebel braucht – im Interesse von Majestäten und Autoritäten, im Interesse von Desinformation und Aufklärungsverhinderung, im Interesse von Fortschrittsverweigerung zugunsten nostalgisch aufgeladener Vergangenheitsbeschwörung“, schreiben die beiden Autoren sehr treffend. Kein Inhalt eines Marienliedes fällt wohl katastrophaler aus als dieses, “Maria Maienkönigi, dich will der Mai begrüßen…”

7.

Dieses Lied  war noch in dem Gesangbuch fürs Bistum Berlin „Ehre sei Gott“ (auch Ost-Berlin, 1958) als Nr. 218 vertreten! Das Lied ist auch in einigen Ausgaben des neuen Gesangbuches „Gotteslob“ in einigen Bistümern zu finden, über You Tube ist es noch erreichbar, als letztes Zeichen einer hoffentlich vergangenen Welt?

8. Die rebellische Maria von Solentiname

Warum hat die katholische Kirche eigentlich nie das wunderbare Lied der jungen Frau Maria weit verbreitet und nicht nur auf Latein singen lassen, das Lied, das sich „Magnificat“ nennt und im Neuen Testament einen wunderbaren Platz (Lukas Evangelium, 1. Kapitel) hat. Ich denke, es liegt daran, dass die Gläubigen auch an die mächtigen Herren der Kirche hätten denken müssen, wenn sie den Text auf Deutschen hätten singen dürften: „Gott stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen“. Die Laien, die kleinen Leute… vor allem die armen Frauen werden erhöht, welch eine Utopie. Auch für eine herrschaftsfreie römische Kirche…Niemals wurde dieses Lied in Europa gesungen, in Lateinamerika eher, etwa auf der Insel Solentiname, mit Ernesto Cardenal, dem Mystiker und Poeten in Nikaragua…

9. Maria gehört zur Gegenaufklärung

Ich möchte diesen Hinweis beenden mit einem Hinweis der Autoren: „Die Maienkönigin ist keine pralle Naturgottheit aus dem Geist eines sinnlichen Heidentums. Sondern nur ein dürftiges Nachtschattengewächs der Gegenaufklärung“: Clemens Brentano, der romantische Erbauungsschriftsteller, gehörte zu dieser Gegenaufklärung sowie Eichendorff, Friedrich Schlegel, Joseph Görres, später sein Sohn Guido Görres, der große Propagandist der Maiandachten…

10.Der katholische Nazi-Bischof Rarkowski und seine Maria

Im Jahr 1940 erschien im „Wehrverlag Joseph Bercker“ ein katholisches „Militär – und Gesangbuch. Es wurde herausgegeben von dem Feldbischof der Wehrmacht Franz Justus Rarkowski, er ist interessanter Weise Mitglied der katholischen Ordensgemeinschaft „Gesellschaft Mariens, Maristen“ mit der offiziellen Abkürzung des Ordens „SM“! Von diesem Marienverehrer und Militärbischof heißt es bei wikipedia:: „Bischof Rarkowski hatte eine mangelnde Distanz zum nationalsozialistischen Regime …So schrieb er in einem so genannten „Hirtenbrief“ vom „bolschewistischen Untermenschentum“ und wünschte den verwundeten Soldaten, dass jeder von Euch recht bald genese und sich auf dem Platz, den er einnimmt, weiterhin im Dienste des Führers, Volk und Vaterland bewähre. Dazu verhelfe Euch der allmächtige Gott …“). Hitler bezeichnete der Bischof als „Vorbild eines wahrhaften Kämpfers...“

Dieser Nazi-Freund und Militärbischof hatte also in dem von ihm herausgegeben Gesangbuch für die Soldaten auch Marienlieder (leider ohne Noten, diese fehlten doch wohl auch an der Front?! aufnehmen lassen. Nr. 96 ist das schon genannte „Es blüht der Blumen eine…, Nr 98 ist „Geleite durch die Welle…“ Nr. 107 ist das Lied „Mutter dich rufen wir…“.

Dort wird es skandalös: Es heißt in Strophe 3: „Schirme im Feuer den kämpfenden Schwarm, stähle den Helden zur Abwehr den Arm, stärke die Herzen mit flammenden Mut freudig zu opfern das Leben, das Blut“ , ein Lied, das schon im 1. Weltkrieg gesungen wurde.
Ich betone: Dieses Lied ist eine Gotteslästerung. Und wenn man den Begriff noch will: Dieses Lied ist auch eine Häresie. Aber es galt offiziell selbstverständlich als gut-katholisch. Als häretisch galten für die Hierarchie die wenigen “anderen”, die katholischen Friedensfreunde etwa, wie der Dominikaner-Pater Franziskus Stratmann vom „Friedensbund der deutschen Katholiken“. Was für eine Schande, diese Verteufleung eines vernünftigen Pazifisten in der Weimarer Republik und unter Hitler.

11. Die katholische Maien-Maria ist eine Göttin

Wie tief ist die Kirche mit diesem ganzen Marien-Kult bis heute gesunken? In den Barock-Kirchen werden wir von Marien-Bildern förmlich erschlagen. Gab es denn keine anderen Themen? Maria ist zur Religion der Beliebigkeit geworden, des Göttinnen-Glaubens im Christentums. Das muss ja nicht falsch sein, aber das Thema sollte als solches debattiert wertden. Maria als Göttin, warum sollte man das nicht kritisch prüfen?

12. Brauchen wir eine weibliche katholische Gottheit?

Wahrscheinlich brauchen viele Menschen, auch viele Christen, eine weibliche Gottheit. Das wissen viele Theologen, aber sie sagen es nicht öffentlich. Wie zwiespältig ist auch der klassische Marien- Titel „Gottes-Mutter“? Denn wenn, diesem Bild folgend, Maria als Gottes – Mutter eben einen Gott zur Welt bringt, dann kann sie doch selbst auch schon vor der Gottes-Geburt Göttin gewesen sein. Oder? Wenn das nicht so ist, sollte man bitte auf den uralten, aber falschen Titel „Gottesmutter“ verzichten. Genauso, wie man aufhören sollte, Jesus von Nazareth, theologisch oberflächlich gedacht, „Gott“ zu nennen. Aber das ist ein anderes Thema.

Das empfehlenswerte Buch „Mythos Maria“ umfasst 303 Seiten, es kostet 24,95 EURO. Erschienen im Verlag C.H.Beck. Es enthält hoch interessante Studien zu 12 Marienliedern, darunter „Maria durch ein Dornwald ging“, „Mein Zuflucht alleine, Maria die reine“, „Segne du Maria, segne mich dein Kind“. Dies ist übrigens das „Lieblingslied des Marienkindes” und verständnisvollen Vertuschers pädosexueller Verbrechen des Klerus :Kardinal Joachim Meisner von KÖLN. Er heftete als guter Bürokrat die Namen der als sexuelle Straftäter überführten Priester unter dem Titel ab: “Mitbrüder im Nebel”. Von Nebel war ja auch schon in unserer Kritk der Marien-Lieder die Rede. Meisner, das “Marienkind”, war wohl zu oft im “Marien-Nebel” versunken.

13. Maria lieben: Sie stürzt Mächtige vom Thron – so die Hoffnung der Bibel.

Wer möchte nicht bei dem Thema mit dem Marienlied enden: „Maria zu lieben ist allzeit mein Sinn“? Fragt sich nur welche Maria wollen wir lieben. Natürlich die Maria des biblischen Magnificat, die Gott preist, weil er die Mächtigen vom Thron stürzt. Hat er leider nur selten gemacht, es waren wohl viel zu viele Päpste, Bischöfe, Kirchenfürsten und Politiker, Diktatoren  und Milliardäre, die er da hätte vom Thron stürzen müssen…

Falls man noch eine Bibel zur Hand hat, bitte nachlesen: Lukas, 1,46-55.

14. Sinn der Kritik

Diese kritischen Hinweise machen darauf aufmerksam, wie sehr die katholische Volksfrömmigkeit als populäre Marienfrömmigkeit eine reife, vernünftige Spiritualität reifer, vernünftiger Menschen behindert/verhindert hat über alle die Jahrhunderte. Tatsächlich wurde Maria als Himmelköngin und “letzte Zuflucht” ins Göttliche erhoben. Diese Entwicklung hätte theologisch-kritisch weiter begleitet werden müssen, in dem Sinne: Das Göttliche ist auch weiblich, wenn man schon diese Prädikate fürs Göttliche will. Gott als Vater UND als Mutter wäre wohl eine vernünftige theologische Bezeichnung. Es könnte vernünftig übersetzt bedeuten: Der letzte Lebenssinn, in dem wir Menschen uns bewegen, hat personale Qualitätäten eines “guten Vaters” und einer “guten Mutter”.

Ergänzung am 26.4.2024: Es sollte ein Forschungsprojekt der katholischen Theologie eigentlich sein:

Welche Marien – Lieder wurden aus den alten, vor dem Konzil üblichen katholischen Gesangbüchern im Text verändert oder unverändert in das neue katholische Gesangbuch “Gotteslob” übernommen;  1975 wurde “Gotteslob” für alle Bistümer in je eigenen Ausgaben zum ersten Mal publiziert.

Wir können und wollen diese umfangreiche Arbeit hier nicht leisten, die enthüllen sollte: Wo wurden kaum noch theologisch erträgliche Inhalte von alten Marienliedern 1975 neu geschrieben, wo wurden die Marienlieder aus den alten Gesangbüchern in die neuen unverändert (man möchte sagen ungeniert) übernommen – trotz aller theologisch problematischen Aussagen, mit all den theologisch sehr diskutablen Inhalten, die Maria in eine göttliche Position rücken. Man lese doch bitte diese Texte! Sie sind fromme Phantasien, Illusionen, in allen Ehren, sie haben aber nichts mit der Jesus – Botschaft zu tun. Sie sind in gewisser Weise Opium…

Nur einige Beispiele für unsere Recherchen: Im alten Berliner katholischen Gesangbuch “Ehre sei Gott” (1957 mit Vorwort von Kardinal Döpfner!) wurde das Lied Nr. 202 “Mein Zuflucht allein, Maria die reine… dass sie mich regiere”  unverändert ins neue Gesangbuch Gotteslob übernommen (Berliner Ausgabe Nr.862). Das selbe gilt für das Lied “Die Schönste von allen, von fürstlichem Stand..”, einst Nr. 206, jetzt Nr. 864. Und das selbe gilt für “Wunderschön prächtige… der ich mich ewiglich weihe..” Einst Nr. 210, jetzt unverändert Nr. 866. Und das selbe gilt für “Glorreiche Königin, himmlische Frau… weiseste Führerin!”…Einst Nr. 214 jetzt Nr. 868.  Die LeserÎnnen sollten die Text lesen, die eins deutlich machen: Maria wird als Jungfrau in himmlische Welten an Gottes Seite gestellt und als gütigste Frau dann doch um Hilfe im irdischen Leben angefleht. Dies kann man allen Ernstes als eine Form der Verehrung einer weiblischen Gottheit deuten. Davor schreckt natürlich die Männer – dominierte offizielle Lehre des Papstes und seiner Mitarbeiter zurück. Maria als reine Frau, unerreichbar, weil göttlich, wird den Männern als Vorbild empfohlen: Die anderen Frauen sind unrein und können der Männerwelt gehorchen. Die drangsalierten Frauen suchen Schutz bei ihrer himmlischen Göttin… Man deute bitte  die Marienfrömmigkeit im Zusammenhang der aktuellen grausamsten Verachtung von Frauen im katholischen (auch von Maria bestimmten Milieu) Lateinamerika, Mexiko, Kolumbien usw…

 

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

Die Grenzen des Verstandes: Novalis wurde vor 250 Jahren (am 2. Mai 1772) geboren.

Ein Hinweis von Christian Modehn

Warum sollten wir uns jetzt an den Dichter und Philosophen Novalis (also an Friedrich von Hardenberg) erinnern, anläßlich seines 250. Geburtstages am 2. Mai (gestorben ist Novalis schon im Alter von 29 Jahren am 25.3.1801)?

1.
Wir dürfen in diesen Zeiten unseren Geist jetzt nicht fixieren lassen, so furchtbar auch der Krieg Putins gegen die Ukraine und die freie, demokratische Welt ist. Es ist für „uns“, im noch sicheren Westeuropa, hilfreich, inmitten der Ängste, einmal auf etwas ganz Anderes zu schauen, zum Beispiel auf die Philosophie und die Poesie der Früh-Romantik. Auf Novalis.
2.
Novalis hat leider nur kurze Zeit die Menschen mit seinem Denken inspirieren können, er ist als ein junger, hochbegabter Dichter und Philosoph der „Frühromantik“ viel zu früh gestorben.
Anläßlich seines Geburtstages sollten wir uns fragen: Was wissen wir eigentlich von der Romantik bzw. der Frühromantik in Deutschland?
Romantik ist alles andere als ein Gefühlsrausch, eine Lust am Irrationalen, am Phantastischen, wie ein volkstümlich-naiver Begriff meint. Die (Früh-)Romantik ist keine pauschale Ablehnung des Denkens, sie ist etwas anderes als der Rückzug in eine angeblich „schöne Innerlichkeit“. Es geht um die Erfahrung der Tiefe des Lebendigen, des Zusammenhangs der Einheit von allem, das meint wohl die von Novalis genannte „Romantisierung der Welt“: „Die Welt romantisieren heißt, sie als Kontinuum wahrzunehmen, in dem alles mit allem zusammenhängt. Erst durch diesen poetischen Akt der Romantisierung wird die ursprüngliche Totalität der Welt als ihr eigentlicher Sinn im Kunstwerk ahnbar und mitteilbar…“ Nur so können Gegensätze zusammengeführt werden.
Die Selbstcharakterisierung der Romantik „ist in einem revolutionierenden, progressive, neue Standards setzenden Sinn verstanden worden“ (zit. Romantik, Enzyklopädie Philosophie III, S. 2345).
3.
Das steht im Zentrum: Ohne eine gründliche und kritische Auseinandersetzung mit dem Absoluten im menschlichen Leben, mit Gott, gibt es keine Romantik. Diese Auseinandersetzung ist alles andere als ein metaphysisches Hobby einiger weniger.
Weil es zum Menschen gehört, kommt es darauf an, sich den Sinn für das Heilige zu bewahren, und angesichts von Krieg und aller Gewalt auf ein universales, ein humanes Christentum nicht nur zu hoffen, sondern den Frieden vorzubereiten. Der persönliche Glaube ist dabei entscheidend, nicht etwa die kirchliche Institution!
4.
Die Dichter und Philosophen, und mit ihnen Novailis, die um 1800 begannen, neu zu denken, wollten also eindringlich zeigen: Das menschliche Dasein ist eingebunden in einen weiten Zusammenhang, zu dem auch die Erfahrung des Absoluten, Göttlichen, gehört. Für Novalis ist entscheidend: Es gibt im Dasein „zwei Welten“, damit meint er das Erleben des Irdischen, Weltlichen UND das Erleben des Geistlichen, Spirituellen, Religiösen. Diese „Welten“ sind miteinander verbunden. Vor allem die Kunst bringt die geistliche Welt zum Ausdruck. Sie spricht von der Überwindung des Todes, der Unsterblichkeit der Seele, das ist für Novalis entscheidend. Darum kann er vom Christentum sagen: „Dies ist der Botschaften fröhlichste“, die Lehre von der Unsterblichkeit der Seele. Das Gedicht „Das Lied der Toten“, kurz vor seinem Tod geschrieben, ist „Novalis` außerordenlichstes poetisches Werk“, so der Novalis Spezialist, Prof.Gerhard Schulz in seinem Buch „Novalis“ 2011, S.255. Das Gedicht verbindet christlich geprägte Todes-Mystik und Erotik. Im November 1800 schreibt Novalis:“Religion ist der große Orient in uns, der selten getrübt wird. Ohne Religion wäre ich unglücklich.So vereinigt sich Alles in Einen großen friedlichen Gedanken, in Einen stillen, ewigen Glauben“ (zit. in Schulz, a.a.O, S. 273.). Die „blaue Blume“ aus dem Roman „Heinrich von Ofterdingen“ von Novalis wurde zum Symbolder rmantischen Sehnsucht nach dem Göttlichen…
5.
Novalis hatte die Begabung, seinen ihm eigenen Glauben, seine ihm eigene Verbindung mit dem Göttlichen, als seine eigene, auch erotisch geprägte Lebenserfahrung auszusprechen. Dabei grenzte er sich vom überlieferten dogmatischen Kirchenglauben ab. Vermittler der Transzendenz, des Göttlichen, ist für ihn nicht so sehr Christus als der „klassische Erlöser“. Vermittler zu Gott ist – provokativ damals – auch die Geliebte, gerade in der erotischen Liebe wird das Göttliche berührt. Das gilt für Novalis um so mehr nach dem Tod seiner geliebten Verlobten Sophie von Kühn (gestorben am 19.3.1797). In den „Hymnen an die Nacht“ (veröffentlicht 1800) spricht Novalis eindringlich davon.
6.
Entscheidend fürs Denken Novalis` sind seine philosophischen Studien (der auch Bergmann, Salinentechniker und Jurist war) in Jena. Ihm gelang es danach, aus der Philosophie in die Dichtung, die Poesie, zu gelangen.
Philosophie hat er von Oktober 1790 bis Oktober 1791 In Jena studiert vor allem bei Carl Leonhard Reinhold, der als Kant-Interpret bekannt ist und als Begründer der so genannten Elementarphilosophie. Reinhold hat ihn mit Fichtes Philosophie vertraut gemacht, er lernte dort auch Friedrich Schiller näher kennen.
7.
Novalis aber hat sich der Subjektivitätsphilosophie nicht angeschlossen, die meinte aus der Analyse des Subjekts sozusagen die Welt zu konsstruieren. Für Novalis gilt:
„Frühromantisch heiße dagegen die Überzeugung, wonach das Subjekt selbst und das Bewusstsein, durch das es sich kennt, auf einer VORAUSSETZUNG beruhen, über die die Menschen nicht verfügen“, so der Philosoph Manfred Frank, in: „Auswege aus dem Deutschen Idealismus“, Suhrkamp 2007, S 68).
Das heißt: Das Absolute lässt sich – für Novalis – nicht mit einem definitiven Gedanken fassen, das Absolute ist kein Besitz der Reflexion, es ist eher eine kantische Idee. “Wir streben ihr unendlich nach, können sie aber nicht demonstrativ darstellen. Ein berühmtes Novalis-Wort von 1797 besagt: Wir suchen überall das Unbedingte, und finden immer nur Dinge (zit. M. Frank, a.a.O, s 69).

Wesentlich für die romantische Lebensform ist das Suchen, das Unterwegsein, bekannt und viel zitiert: das Wandern. „Wenn sie ihr Ziel erreicht haben, hören sie auf, Romantiker zu sein; sie fangen dann an, Philister zu werden“ (Jochen Hörich in“ Figuren des Glücks in der Romantik. Wanderung ins Anderswo“, Glück. Ein interdisziplinäres Handbuch Stuttgart 2011, S. 219).
Wer an seinem Ziel angekommen ist, der ist dann auch am Ende. Unterwegsein ist das Ziel, der Lebenssinn.. Das ist das Glücksgefühl der Romantiker, im Unterwegsein das Ziel wahrzunehmen. Diese Lebensform wird als solches bejaht, der Klagetopos „wäre ich nie geboren“ passt nicht in diese romantische Haltung. Das große Glück kann hier und jetzt erlebt werden, vor allem in den Augenblicken der Liebe.

8.
Für das philosophische Denken ist der Begriff „Fragmente“ als Denkform entscheidend. Novalis betont: Allwissend kann der Philosoph nicht sein, auch in einem System lässt sich die Wahrheit nicht abbilden. Was der Philosoph im Erkennen ausspricht, bleibt relativ. Und wenn man philosophiert, dann sollte der Philosoph es in Gemeinschaft tun
9.
Diese Denkform des Fragments widerspricht dem Denken Hegels als einem „System-Philosophen“.
Hegel wirft der Romantik im allgemeinen Verirrungen des Geschmacks und eine Missachtung des Objektiven vor, so vor allem in seiner Rezension zu „Solgers nachgelassene Schriften und Briefwechsel“, 1826.
In den „Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie“ spricht Hegel nur kurz von Novalis, er fügt dessen Denken in die „Religiöse Subjektivität“ ein. Ihr unterstellt Hegel eine „Verzweiflung am Denken, an Wahrheit, an und für sich seiender Objektivität, man verlässt sich auf seine Empfindungen, zumal religiöse Empfindungen“. Novalis ist für Hegel der Denker der „Sehnsucht einer schönen Seele“, die mit dem „Weben und Linienziehen in sich selbst“ befasst ist, und Hegel geht in seiner Verurteilung noch weiter: „Diese Extravaganz der Subjektivität (bei Novalis) wird häufig Verrücktheit“ (Suhrkamp, Werkausgabe, Band 20, S 418). Hegel konnte sich das Denken Gottes außerhalb seines Systems offenbar nicht vorstellen. Bescheidenheit im Denken an Gott war ohnehin nicht seine Sache.

10.

Die Christenheit oder Europa“ hat Novalis 1799 verfasst, diese Rede (auch ein Fragment) wurde dann erst post mortem 1802 in Auszügen veröffentlicht und 1826 vollständig publiziert. Es gab schon gleich nach Bekanntwerden dieser Schrift 1799 Bedenken zur Veröffentlichung, weil der protestantisch geprägte Freundeskreis von Novalis (er selbst, Friedrich von Hardenberg, auch ein eher pietistischer Protestant) vermutete, dass  zu viel Ehre und Bedeutung dem Katholizismus zuteil werde. Dabei dachte Novalis wohl eher an eine Christentum, das von seinen konfessionellen Grenzen (wie dem Papsttum) befreit ist. Der romantische Dichter Ludwig Tick sagte 1837, diese Vision von Novalis sei „ein unnützer Aufsatz“, ähnlich hatte sich auch Goethe geäußert. Wilhelm Dilthey hat dann später noch daran erinnert, dass dieser Europa – Text der restaurativen Politik der Fürsten im frühen 19. Jahrhundert als Ideologie gedient habe. Darin erträumt sich Novalis eine politische Utopie, die sich stark an seinem Vorbild der mittelalterlichen Ordnung orientiert. Für die eigene Gegenwart schrieb Novalis diese Vision, dabei war er bestimmt durch die in seiner Sicht verheerenden Wirkungen und Einflüsse der Französischen Revolution und der französischen Aufklärungsphilosophie. Veranlasst zu diesem Traum von einem christlich geeinten Europa wurde Novalis durch die Schrift von Schleiermacher „Über die Religion“. Jedenfalls erhoffte sich Novalis eine neue europäische Friedensordnung durch eine gemeinsame europäische christliche Religion. Sie sollte so etwas wie ein gemeinsamer Nenner der verschiedenen Nationalstaaten werden. Schon damals problematisch war der Eindruck, als leugne Novalis die Pluralität der Religionen in Europa als besten Beleg für Religionsfreiheit und Toleranz…

Ein Zitat aus dem Text von 1826 in der damaligen Schreibweise:
„Die Christenheit muß wieder lebendig und wirksam werden, und sich wieder ein[e] sichtbare Kirche ohne Rücksicht auf Landesgränzen bilden, die alle nach dem Ueberirdischen durstige Seelen in ihren Schooß aufnimmt und gern Vermittlerin, der alten und neuen Welt wird. Sie muß das alte Füllhorn des Seegens wieder über die Völker ausgießen. Aus dem heiligen Schooße eines ehrwürdigen europäischen Consiliums wird die Christenheit aufstehn, und das Geschäft der Religionserweckung, nach einem allumfassenden, göttlichem Plane betrieben werden. Keiner wird dann mehr protestiren gegen christlichen und weltlichen Zwang, denn das Wesen der Kirche wird ächte Freiheit seyn, und alle nöthigen Reformen werden unter der Leitung derselben, als friedliche und förmliche Staatsprozesse betrieben werden. (http://www.zeno.org/Literatur/M/Novalis/Essay/Die+Christenheit+oder+Europa)
Diese Friedens- Zeit für Europa werde eines Tages kommen, Geduld sei nötig, meint Novalis. „Nur Geduld, sie wird, sie muß kommen die heilige Zeit des ewigen Friedens, wo das neue Jerusalem die Hauptstadt der Welt seyn wird; und bis dahin seyd heiter und muthig in den Gefahren der Zeit, Genossen meines Glaubens, verkündigt mit Wort und That das göttliche Evangelium, und bleibt dem wahrhaften, unendlichen Glauben treu bis in den Tod“

11.
Dieser Hinweis nennt nur einige Aspekte der aktuellen Bedeutung von Novalis.

Zum Schluss ein Gedicht aus den „Hymnen an die Nacht“ (aus der 5. Hymne), als Beispiel für die Spiritualität Novalis`. Darin äußert er dann doch eine gewisse Art genauerer Kenntnis der ewigen himmlischen Welt: Aber diese mitgeteielte “Kenntnis” ist Sehnsucht, ist Hoffnung.

„Getrost das Leben schreitet
zum ewgen Leben hin;
Von innrer Glut geweitet
Verklärt sich unser Sinn.
Die Sternwelt wird zerfließen
Zum goldnen Lebenswein,
Wir werden sie genießen
und lichte Sterne seyn
Die Lieb‘ ist frei gegeben.
Und keine Trennung mehr
Es wogt das volle Leben
wie ein unendlich Meer
Nur eine Nacht der Wonne –
ein ewiges Gedicht
Und unser aller Sonne
ist Gottes Angesicht.“

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin.

 

 

 

Putin – der Nihilist.

Ein philosophischer Hinweis von Christian Modehn am 10.4.2022.

Ergänzung am 10.5.2022. Nach der Rede Putins am 9. Mai 2022: 

– Putins Rede ist eine einzige Lüge.

– Putin zeigt einmal mehr, dass er von der Lüge total beherrscht ist. Weiß er noch, dass er lügt? Die totale Lüge ist ein Zeichen des Nihilisten.

– Putin will einen Krieg gegen die Ukraine (und den Westen), der sich in die lange Dauer, in die Länge zieht. So kommen immer mehr Menschen ums Leben. Aber das ist ihm egal. So werden immer weniger Menschen in Afrika z.B. Weizen aus der Ukraine beziehen können. So werden die Nerven aller Demokraten weltweit immer mehr strapaziert. Alle reden nur noch von Putin. Die Welt wird insofern “klein”, fixiert auf einen Verbrecher, falls Mister Trump, auch ihn nennen viele einen Verbrecher, nicht wieder das Feld beherrscht.

– So wird einmal mehr evident: Wer nach “dem” Bösen”fragt, verstehe dies bitte als eine personale Bezeichnung, bezogen auf einen Menschen, es geht um den bösen Menschen. Was denn sonst? Wer glaubt denn noch an metaphysische Kräfte DES (neutral  verstandenen) BÖSEN? Etwa an die Erbsünde? Soll den denn der Verbrecher Putin ein Beispiel für die Relevanz der Erbsünde (Adam und Eva) sein? Wie lächerlich, diese Vorstelling.

– Es sind immer nur Menschen, die sich in ihrer Freiheit entscheiden, total böse zu werden. Das erleben wir auch bei Putin. Und seinen Getreuen, auch in den Kirchen, wie dem so genannten Patriarchen Kyrill I. Er darf sich immer noch Christ und sogar seine Heiligkeit nennen. Die Kirchen des Westens sind zu schwach, zu ängstlich, diesen Kriegstreiber aus der Ökumene der Christen raus zu schmeißen.

– Und auch Papst Franziskus hat Verständnis für Putin, der in päpstlicher Sicht von der Nato bedroht ist. Sind das erste Anzeichen päpstlicher Verkalkung? Wahrscheinlich, und ein bißchen verständlich bei einem Alter von 85 Jahren… So wird eine Weltkirche, eine Organisation mit 1,4 Milliarden Mitgliedern,  “regiert”? LINK

…………..

1.
Philosophische Kommentare zu Putin, seinem Krieg gegen die Ukraine und die Demokratien der westlichen Welt insgesamt, sind zwar nicht zahlreich, können aber eigene Relevanz haben. Denn philosophierend versuchen wir die Gegenwart auf den Begriff zu bringen. Jetzt im Krieg Russlands gegen die Ukraine muss man die wichtigste ethische und menschliche Haltung des obersten Kriegsherren Wladimir Putin freilegen.
2.
Ein Begriff ist dabei entscheidend: Der Nihilismus. Dass mit Nihilismus etwas grundlegend anderes gemeint als mit dem philosophischen und religiös/mystischen Begriff NICHTS versteht sich von selbst und muss hier nicht entwickelt werden.

Ein Nihilist glaubt unbedingt an die Allmacht der Zerstörung. Wenn er andere tötet, geschieht dies in Gleichgültigkeit und Gewissenlosigkeit. Andere Menschen, alles Lebendige, sind für den Nihilisten nichts als wertlose Objekte, die dem Täter zur Verfügung stehen und vernichtet werden können. Der Nihilist gibt vor, dass ihn Ideologien leiten, wie Nationalismus, Antisemitismus, Rassismus usw., tatsächlich aber ist für ihn die Lust an der Zerstörung, das Hinabstürzen von Allem ins Nichts, ins total Leere, entscheidend. Aus „diplomatischen“ Gründen bekennen das Nihilisten nicht so deutlich, sie verschleiern ihre Destruktivität noch mit vielen Worten, ein letzter Rest von moralischem Bewusstsein?
3.
Erich Fromm, der Psychoanalytiker und Philosoph, hat den Nihilisten den Nekrophilen genannt, den Menschen, der alles Tote mehr liebt als das Lebendige und die lebenden Menschen. Für Erich Fromm gibt es zwei entscheidende menschliche Existenzformen: Die Biophilie und die Nekrophilie, in ähnlicher Form lässt sich die Existenz auch im Modus des Habens (Besitzers, Herrschers) oder im Modus des Seins (Leben, Lieben) aussagen. In totalitären Systemen lebt der Herrscher seinen Sadismus aus in dem „Wunsch, andere leiden zu machen oder sie leiden zu sehen.. Das Ziel dieser Sadisten ist, andere aktiv zu verletzen, zu demütigen, in Verlegenheit zu bringen oder sie in peinlichen oder demütigenden Situationen zu sehen“ (Erich Fromm, zitiert in Rainer Funk, Mut zum Menschen, Stuttgart 1978, S. 65). Dafür gibt es zahlreiche Beispiele, zuletzt etwa den monströsen surrealen Tisch, an den sich demokratische Politiker offenbar ohne weiteres setzten, der belorussische Diktator wurde von Putin zur gleichen Zeit an einem gemütlichen runden, kleinen Tisch empfangen….
4.
Hier wird vorgeschlagen, nicht so sehr den im ganzen auch hilfreichen psychologischen Interpretationsvorschlägen von Erich Fromm zu folgen, sondern eher den philosophischen Begriffen … und Putin als einen Nihilisten zu verstehen, als einen Menschen, der von der Lust am Nichts , also von einer lange geplanten totalen Vernichtung des Lebendigen, des Demokratischen, beherrscht ist. Diese nihilistische Destruktivität als Hauptmerkmal gilt, selbst wenn Putin noch viel von der alten Ideologie der „russischen Welt“ phantasiert oder von der orthodoxen Religion oder sogar von den Werten des Christentums (gegen den angeblich atheistischen Westen) spricht.
5.
An den Taten erkennt man den Nihilisten, nicht an seinen Worten.
In Putins Angriffskrieg gegen den selbständigen Staat Ukraine fällt auf: Die von ihm heiß begehrten, angeblich russischen Regionen im Osten der Ukraine, vor allem die Städte dort, werden von ihm im Krieg total zerstört, Städte also, die er angeblich mag und für sein Imperium nutzen will. Welch ein Widerspruch!
Es sind barbarische Taten, die da sein Militär begeht.
Putin als Sadisten freut es offenbar, dass in der geplanten Zerschlagung der Ukraine zugleich auch die „Kornkammer des Planeten“, wie es treffend heißt, vernichtet wird und dadurch „ein Hurrikan des Hungers“ (so UN-Generalsekretär Guterres) erzeugt wird. Der russische Diktator verkündet gleichzeitig einen Getreide-Exportstopp aus Russland bis zum 30.6. 2022, eine weitreichende Hungerkatastrophe zumal unter den Menschen in Nordafrika (Käufer russischen Weizens) wird bewusst vorbereitet. Stalin hatte schon einmal eine der schlimmsten Hungerkatastrophen realisiert: 1933 verhungerten in der Ukraine auf seinen Befehl dreieinhalb Millionen Menschen, „Holodomor“ wird das totale Verbrechen genannt.. Auch Stalin war ein Nihilist. Dass ihm seine kommunistische Ideologie nichts bedeutete, zeigte sich an seinem Pakt mit dem Faschisten Hitler.
Diese Haltung des Zynismus hat Putin mit Stalin gemeinsam: Selbst wenn Putin von Völkerfreundschaft die Rede ist, gilt jegliche Handlung dem „Trachten nach Bereicherung und Ausweitung des eigenen politischen Einflusses“ (Mischa Gabowitsch, „Putin kaputt?“, Berlin 2013, S. 64).
Über die nihilistische Mentalität Putins und seines Regime schreibt Katja Gloger in ihrem wichtigen Buch „Putins Welt“, München 2022, S. 135. Sie zitiert die russische Journalistin Jewgenija Albaz: „Um des Geldes willen ist alles erlaubt. Dieses Regime geht davon aus, dass jeder gierig und käuflich ist. Dass niemand Ehre und Würde empfindet“.
„Die russischen Eliten nehmen sich den sadistischen Genuss heraus, den verarmten Massen ihr Dolce Vita zu demonstrieren – um ihre Dominanz zu demonstrieren. In Russland lebten 2017 russische 131 Milliardäre, 180.000 Dollar Millionäre…Acht Prozent der Russen leben unter der Armutsgrenze, im Öl – und Gas – Imperium können manche Bürger von einem Gasanschluss nur träumen…. Ein Drittel der männlichen Bevölkerung lebt nicht lange genug, um einen Rentenanspruch zu stellen…“ (zit. Liza Alexandrova-Zorina, Lettre international, Winter 2017,S.44)
6.
Der Nihilist lebt im Selbst-Widerspruch des Lügners. Angeblich liebt er Dinge und Menschen, die er aber total zerstört. Angeblich ist Putin ein in der Kindheit getaufter orthodoxer Christ, aber den Hungertod von Millionen nimmt er in Kauf, die Gräueltaten seines Militärs . Alle seine Erklärungen zu den Kriegsverbrechen der russischen Truppen in der Ukraine sind eine Lüge, sie wollen verwirren, das klare Denken kaputt machen. Lüge ist das geistige Grundübel, also das geistige Verbrechen der Nihilisten.
Die Russland-Spezialistin und Journalistin Katja Gloger schreibt über den typischen nihilistischen Umgang mit Wahrheit und Lüge im Putin Reich: „Die Grenze zwischen Fakten und Fiktion verschwimmt: Fakten sind Fiktion und Fiktion wird zu Fakten…So schaffen Russlands Medien eine neue, konfuse Realität, der sich kaum nicht jemand anziehen kann…Eine Wanne voller Blut jeden Abend im russischen Fernsehen ist eine politische Realität geworden, sagt der ehemalige Spindoktor des Kreml, Gleb Pawlowskij“, (in „Putins Welt“, München 2022,S. 107).
Immanuel Kant schreibt: „Die Lügenhaftigkeit ist an sich böse. Die Lüge ist zu nichts gut, in welcher Absicht immer; sie ist an sich selbst böse und verwerflich. Lügenhaftigkeit ist “Nichtswürdigkeit, wodurch dem Menschen aller Charakter abgesprochen wird”, zit. In Kant-Lexikon, Rudolf Eisler, https://www.textlog.de/32495.html.
7.
Noch einmal: Der Nihilismus von Putin und seinen Leuten, den Milliardären, Oligarchen und Militärs, zeigt sich in deren permanenten Lügen-Propaganda. Sie ist so dreist und irrational, dass man lachen könnte, wären die Lebensbedingungen der Menschen in dem selbständigen Staat Ukraine nicht so verheerend. An die Lügen hatte sich Putin schon früh gewöhnt und sie als seine Lebensstrategie entwickelt: Zum Putin-Krieg gegen die Ukraine 2014 hat der russische Philosoph Michail Ryklin in „Lette International“ Herbst 2014, Seite 141, geschrieben: Schon damals folgte Putin der alten, lügnerischen Masche., die er als Zögling des KGB gelernt hatte zum Zweck des Machterhalts der Diktatur: „Die Grundlage für diesen Krieg liefert die totale Desinformation mitsamt nachfolgender Bezichtigung des Gegners jener Verbrechen, die man selbst ihm gegenüber begangen hat“. Und weiter schreibt Ryklin im Jahr 2014 !: „Je schlimmer die Torturen sind, welche die Ukraine zu ertragen hat, um so größer ist in Putins Sicht die Schuld der Ukraine selbst daran… Der Putinismus tötet mit seiner Berührung all das Lebendige, was in seinen Untertanen noch enthalten ist“ (ebd).

Putins Krieg ist nicht nur ein Krieg gegen die Ukraine, es ist ein totaler Krieg, der die ganze Welt in eine Zerrüttung führt, ökonomisch, ökologisch, friedensethisch, religiös. Putin und seine “Getreuen” vernichten eine halbwegs noch geordnete Form der Ernährung selbst der ärmeren Länder, Putin zuerstört Vertrauen, beeinflusst die westlichen Demokratien, er will mit allen Tricks und aller Gewalt will diese Demokratien schädigen, etwa in seiner Unterstützung für Trum oder Marine le Pen. Kann man sagen: Mit Putin wird es nie Frieden geben? Bestenfalls einen Waffenstillstand als Pause vor dem nächsten Krieg? Wer mit diesem Putin noch heute, Ende April 2022 noch eng freundschaftlich ergeben und verbunden ist, wie ein gewisser Herr Gerhard Schröder in Hannover, sollte der nicht auch als Partner eines Kriegsverbrechers gelten, wie viele politische Beobachter zurecht sagen?

Für die Philosophie ist die Lüge, zumal die permanente Lüge, der Gipfel menschlicher Verkommenheit.
8.
Es wird jetzt immer wieder auch von Literaten darauf hingewiesen, dass sich in der geistigen Substanz von Putin und den Seinen „ein großes Nichts“ offenbart. Dies betont die tschechische Schriftstellerin Magdalena Platzová. Sie meint dann leicht ironisch, „dieses große Nichts sei etwas, das man am besten mit Wodka runterspült“. Aber: Zu dem großen Nichts in Putin kommt die Autorin durch die Beobachtung der bekannten russischen Puppe Matrjoschka: Diese Matrjoschka ist “ein Großrussland, in das die anderen Länder hübsch ordentlich nach Größe eingeordnet werden: Armenier, Georgier, Ukrainer, Kasachen, Litauer, Esten und andere. Und wenn sich die große Puppe leert, ist sie hohl wie ein Fass. Ein großes Nichts. (Quelle: iLiteratura (Tschechien), 01.04.2022, Perlentaucher, 5.4.2022). Tatsächlich wird im populären Putin Kult dieser Diktator auch schon als Matrjoschka verkauft…
9.
Noch einmal muss betont werden: Putin (und seine Getreuen) als Nihilisten zu bewerten, steht in keinem Widerspruch zu dem vom Diktator nach außen hin gezeigten Bekenntnis zur russischen Orthodoxie. Man denke nur an diese inszenierten Fotos: Putin im Gebet in der Kathedrale, im vertrauensvollen, freundschaftlichen Gespräch mit Patriarch Kyrill (auch er einst KGB-Mitarbeiter), Putins Pilgerfahrten zum heiligen Berg Athos (Griechenland), seine Bereitschaft, prächtige Kathedralen der russischen Orthodoxie in Frankreich zu finanzieren etc. Der christliche Glaube bewegt Putin jedenfalls nicht persönlich, „innerlich“, denn sonst hätte er auf sein mörderisches Treiben verzichtet. Und sein Intimus, der Patriarch Kyrill von Moskau, hat es wohl bisher versäumt, Putin an seine Christen-Pflichten zu erinnern. Vielleicht glaubt der Patriarch selbst nur an die Macht und die Macht des Geldes, über auch der reichlich verfügt. Aber die vielen gläubigen Leute auf dem Land sehen die Fernseh-Bilder des staatlichen Fernsehens, andere Informationsmöglichkeiten haben sie nicht, und sie freuen sich, wie ihr Präsident betet, von Weihrauchwolken umhüllt ist und vor allem den einstigen KGB Kollegen, Patriarch Kyrill, brüderlich umarmt.
Und die russisch-orthodoxe Kirchenführung ist mit diesem Nihilisten Putin Und das aufs engste verbunden. Und das ist der Skandal: Die westlichen Kirchen denken offenbar nicht daran, Patriarch Kyrill als den besonderen Kriegstreiber SOFORT aus der Ökumene offiziell zu werfen. Und das ist eine Schande für alle anderen Kirchen, die noch christlich sein wollen. Immerhin hat jetzt der katholische Bischof von Münster Felix Genn den Putin-Patriarchen Kyrill I. „eine Schande für unseren christlichen Glauben genannt“. (Quelle: https://www.domradio.de/artikel/bischof-genn-kritisiert-russisch-orthodoxen-patriarchen)

10.
Wenn hier also Putin als Nihilist vorgestellt wird, dann ist nicht der „russische Nihilismus“ gemeint, der unter der Regierungszeit von Zar Alexander II. (1855-1881) in Kreisen oppositioneller Intellektueller lebendig war. Für diese Kreise waren Attentate und das Projekt „Zarenmord“ in gewisser Weise die Voraussetzung, um eine neue, menschenfreundlichere Gesellschaft zu schaffen. Nihilismus als Selbstbezeichnung einiger kritischer Intellektueller war damals eine kulturell-politische Bewegung durchaus emanzipatorischer Art, sie wurden auch Radikaldemokraten genannt. Man denke an Alexander Herzen, Nikolai Gawrilowitsch Tschernyschewski….
11.
Hingegen sieht Philosophie das Stichwort Nihilismus als Ausdruck für eine Haltung, dass alle Werte NICHTS sind, dass das Leben NICHTS ist, also sinnlos. Vor allem auf den russischen Dichter Iwan Sergejewitsch Turgenjew geht der heutige philosophische Nihilismus-Begriff zurück; man denke an seinen Roman „Väter und Söhne“ von 1862. Es ist im Roman der angehende Arzt Basarow, der betont:“Es gibt keine moralischen Prinzipien“. Basarow erkennt nichts Wertvolles an und er weiß nichts von Respekt, bewertet alles Lebendige nach Nützlichkeitserwägungen. Bei einem Spaziergang sagt er: „Hoffentlich gibt es in diesen Teichen Frösche… zum Sezieren.“ Er ist ein Mensch, der sich „vor keiner Autorität verbeugt, der kein einziges Prinzip auf Treu und Glauben gelten lässt, gleichgültig welchen Ansehen sich dieses Prinzip auch erfreuen möge“ (Turgenjew, Väter und Söhne).
12.
Putin, so wird in der Presse demokratischer Staaten berichtet, lebt jetzt immer mehr zurückgezogen, als ein Herrscher, der sich isoliert. Aber er hatte und hat ein Team von Ideologen, die ihm die Stichworte für seinen Krieg und seine nihilistische Ideologie liefern. Darauf weist „Le Monde Diplomatique“, Deutsche Ausgabe, April 2022, S. 8 hin : „Wer sind die russischen Falken. Hinter Putin politischer Radikalisierung stehen ultranationalistische Ideologen“ von Juliette Faure. Sie erwähnt einen einschlägigen politisch-religiösen Zirkel, den „Isborsk-Club“, in dem sich antiwestliche reaktionäre Ideologen und Kriegstreiber treffen.
In einem Interview betont Katharina Blum, Leiterin des OIsteuropa-Instituts der FU Berlin: „Zum Klub gehört aber auch jemand wie Tichon, der Metropolit der Russisch-Orthodoxen Kirche ist. Er gilt als Beichtvater von Putin, hat Bücher verfasst und betätigt sich als Regisseur… Orthodoxe Konservative und Monarchisten betonen vor allem die russisch-orthodoxe Kultur. Es ist demnach die Kirche, die Russland eine Identität verleiht. Sie beziehen sich auf das griechisch-orthodoxe Byzanz und sehen sich in der Tradition Dostojewskis, der Moskau als „Drittes Rom“ bezeichnet hat“. (Quelle: https://www.belltower.news/russlands-antiwestliche-ideologien-wichtig-ist-imperiales-denken-128641/ gelesen am 8.4.2022)
13
Putin (und die Seinen) als Nihilisten zu bezeichnen ist eine philosophische Erkenntnis, keine feuilletonistische Unterhaltung. Ein Nihilist geht aufs Ganze, hat den Willen zu zerstören, die anderen, die Feinde sind, zu zerstören und warum nicht auch das Volk, dem er zugehört? Wenn nur er selbst überlebt… Schließlich ist Putin entschlossen, bis 2036 im Amt zu bleiben, also bis ins Greisenalter von 84 Jahren. In der neuen Verfassung, die ihn offiziell bis 2036 regieren lässt, steckt so etwas wie sein Wille zum ewigen Leben, zur totalen Herrschaft … ad aeternum. Dieser Typ wird niemals Ruhe geben und Frieden wahren, solange er nicht mit seinen tödlichen Kriegen seine Ideologie realisiert hat, die Ideologie der totalen Herrschaft.
14.
Zum Schluss eine Erinnerung an Friedrich Nietzsche, der mit großem Elan den Nihilismus studierte und dazu publizierte. Nihilismus war für Nietzsche ein zentraler Begriff seiner Analyse der Moderne. Der Philosoph und Nietzsche Spezialist Prof. Volker Gerhardt schreibt in seinem Buch „Friedrich Nietzsche“ (München 1992), über Nietzsches Einsichten zum nihilistischen Menschen: „In diesem Willen zum Nichts leugnet der Mensch aber alles, was für sein Dasein wesentlich ist. Ja, er wendet sich gegen das Dasein selbst, indem er das durchstreicht, was dem Dasein Ziel und Inhalt gibt. Und so stellt sich hier das Leben gegen das Leben und führt zu einem elementaren Unsinn…“ (S. 155). … „Nihilismus bezeichnet für Nietzsche einen Zustand, in dem der Mensch letztlich nur das Nichts will. Ein solcher Wille zum Nichts kann aber nur ein Ausdruck äußerster Bedrohung oder Verelendung sein“ (S. 154).
15.
Putin hat zwar in seinem nationalistischen Wahn der totalen „Russischen Welt“ immer noch konkrete Ziele, die es zu erobern gilt. Aber diese Eroberung geschieht nur als totale Zerstörung, siehe die Putins Ukraine-Krieg von 2022 vorbereitenden Gräueltaten in Tschetschenien, Georgien, in Syrien oder im Osten der Ukraine und in Libyen usw.. Denn dass er einmal den Mittelmeer-Raum beherrschen will und beherrschen kann, via Syrien und Libyen und Eritrea usw. ist evident, dies macht ihn zum Herrscher des totalen russischen Reiches… Es sei denn, die demokratischen Staaten des Westens können das definitiv verhindern.
16.
Putin als Symbol-Figur des Nihilismus ist insofern auch eine Katastrophe, als er das Fühlen und Denken der Menschen der Welt bestimmt, wenn nicht determiniert: Er erzeugt Angst, nicht nur bei den Leidenden in der Ukraine und bald auch bei den Familien in Russland, die den Tod ihrer Söhne im Krieg bedauern und hoffentlich nicht noch als Helden feiern…
Putin als Nihilist fördert bewusst Irritationen, lässt an jeglicher Aussage zweifeln, sein maßloser Vernichtungswille führt dazu, dass die demokratischen Staaten immer mehr Geld für Rüstung ausgeben müssen … und Waffen sozusagen „das tägliche Brot“ werden, es kommt zu Einschränkungen in den Lebensbedingungen. Putin als Nihilist führt dazu, dass die demokratischen Staaten die Armen und arme Gemachten dieser Welt, etwa in Afrika, vergessen. Die demokratische Welt soll, so will es Putin, zerfallen, im Streit und im Hass gegeneinander, auch dies ist eine Konsequenz seines totalen Nihilismus. Wenn man Demokratie als lebendige Staatsform versteht, als Staat des Streitens um die beste Gestaltung der Menschenrechte, dann ist Putins Hass auf die Demokratie, jetzt auf die jungen Demokratie in der Ukraine, typischer Ausdruck seines Nihilismus.
Ein Nihilist ist der totale Verwirrer und Zerstörer.

Und die russisch-orthodoxe Kirche ist mit diesem Nihilisten aufs engste verbunden. Die westlichen Kirchen denken offenbar nicht daran, Patriarch Kyrill als den besonderen Kriegstreiber SOFORT aus der Ökumene offiziell zu werfen. Und das ist eine Schande für alle anderen Kirchen, die noch christlich sein wollen.
17.
Wie lässt sich Nihilismus überwinden? Diese Frage bewegt in der langen Geschichte die Philosophie. Um nur ein Beispiel zur nennen: Nietzsche sah eine Überwindung des Nihilismus in seiner Idee des „Übermenschen“, der den biederen Spießbürger, den „letzten Menschen“ („letzter Mensch“ im moralischen Sinne) überwinden soll.
Hier aber geht es um die politische und existentielle Frage: Wie kann man einen Nihilisten überwinden bzw. eine ganze Clique, die sich dem Nihilismus als moralischer Verworfenheit hingibt. Diese Nihilisten müssen ihre Macht verlieren, nur so kann die Welt in Frieden UND Demokratie leben. Es geht also im Kampf gegen Putin um einen Kampf gegen den gefährlichsten und barbarischsten unter allen Nihilisten: Dass es Nihilisten als Politiker heute auch anderswo gibt, ist eine Tatsache, und ein anderes Thema.

Copyright: Christian Modehn, Religionsphilosophischer Salon Berlin

 

 

 

Spiritualität am Karfreitag…

Spiritualität des Karfreitags:

Der hier publizierte Text ist die ausführliche Fassung einer Ra­dio­sen­dung aus dem Jahr 2014 im RBB, später auch im NDR und HR gesendet. Wegen etlicher Nachfragen zur Lektüre dieses Hörfunk Beitrags hier der Text in voller Länge. Vielleicht sind einige Aussagen inspirierend. Christian Modehn am 7.4.2022.

……………………………….
RBB: Gott und die Welt, Karfreitag, 18.04.2014. Der Text folgt der für Hörfunkproduktionen üblichen Form.

Elend, nackt und bloß
Jesus am Kreuz
Von Christian Modehn

1.SPR.: BerichterstatterIN
2.SPR.: Berichterstatter
3.SPR.: Zitator

21 O Töne, zus. 12 30“
7 Musikal. Zuspielungen. Die Musik Jordi Savalls über Caravaggio, bitte nicht zu knapp einsetzen. Bei jeder Musik etwa 20 Sek. nach Start reingehen!

1. Musik. Ca. 0 12“ freistehend, verwenden ab 0 18“ dort. leise im Hintergrund.

1. O TON, Bachl, 0 28“.
Ich meine das Kreuz, das in unserer christlichen Kulturwelt, in unseren Räumen, doch weithin ein Möbel geworden ist. Zwar ein Möbel, mit einer gewissen Ehrfurcht behandelt, es ist ein Möbel,
ein hübsches Ausstattungsstück für eine Wohnung. Wenn das Kreuz etwas ist in der Kultur, dann ist es der Querbalken in der Kultur.

1. Musik, ca. 0 06“ wieder freistehend

2. O TON, Sander, 0 18“
Man identifiziert sich mit jemandem, der ohnmächtig ist. Und das ist eine ganz schwierige Identifikation. Weil man sich damit mit seiner Ohnmacht auch auseinandersetzen muss. Von daher ist die Auseinandersetzung mit dem Gekreuzigten immer auch das Zu-sich-Selber-Finden in die eigenen Abgründe hinein.

1. Musik, ca. 0 06“ wieder freistehend.

3. O TON, Manfred Richter, 0 31“.
Es ist das Bewusstsein der irdischen, der kreatürlichen Hinfälligkeit, dass dieser Gottessohn selbst in erbärmlicher Nacktheit gezeigt wird. Die Nacktheit war verbunden mit gesellschaftlicher Ausgrenzung.
Und je mehr die Hinfälligkeit des irdischen Lebens bewusst wurde, hat man diesen Aspekt des ausgegrenzten Christus als Trost verstanden

1. MUSIK. 0 06“, aber Titelsprecherin freistehend.

Titelsprecherin:
Elend, nackt und bloß
Jesus am Kreuz
Eine Sendung von Christian Modehn

2. MUSIK, 0 12“ freistehend.

1. SPR.:
Der katalanische Komponist Jordi Savall, [ˈʒɔɾði səˈβaʎ] kann seinem Entsetzen über das Sterben Jesu nur musikalisch Ausdruck geben. In der Sprache der Musik äußert er die Gefühle der Freunde Jesu, erzählt von ihren Tränen, dem Schluchzen, dem Schrei des Entsetzens.

2. MUSIK, 0 08“ freistehend.

2. SPR.:
Jesus von Nazareth hängt leblos am Kreuz; ausgeblutet; qualvoll verendet an diesem Todes-Balken, der nur für Verbrecher bestimmt ist. Dabei galt Jesus unter den Armen und Ausgebeuteten in Palästina als der Gerechte, der Menschenfreund. Er war der Bote eines gütigen Gottes.

2. MUSIK, 0 06“ freistehend.

1.SPR.:
Bei der Marter der Kreuzigung war der lange hinausgezögerte Tod durch Kreislaufversagen durchaus von den Herrschern vorgesehen. Die Römer verurteilten in ihrem Imperium auf diese Weise politische Fanatiker und Rebellen. Aber Jesus von Nazareth dachte gar nicht an ein begrenztes politisches Programm. Ganz andere Projekte sind für ihn entscheidend: Die neue, geschwisterliche Gesellschaft, die in ihrer Liebe zum Nächsten und zu Gott ihren Sinn findet.

2. SPR.:
Seit mehr als tausend Jahren ist für Christen und ihre Gemeinden die Verehrung des sterbenden Jesus am Kreuz unverzichtbar. Sie sind auf das Kreuz Jesu geradezu fixiert, sie forderten ständig Künstler auf, den toten Jesus zu malen. So wird der Schmerzensmann in alle nur denkbaren Landschaften placiert, in Städte, Häuser, Kirchen. Jeder Altar braucht sein Kruzifix. Nur die Reformierten verweigern sich jeglicher bildlicher Darstellung Jesu. Aber in der frommen Phantasie entsteht dann doch ein persönliches, ein inneres Bild von Jesus.

1. SPR.:
Jeder Künstler nimmt auf seine eigene Weise das Kreuzesgeschehen wahr. Raffael und Rembrandt, Tizian und El Greco, Hieronymus Bosch und Rubens, Altdorfer und Caravaggio, um nur einige prominente Maler des 16. und 17. Jahrhunderts zu nennen, schaffen alles andere als dokumentarische, gar historisch korrekte Arbeiten. Sie bieten dem Publikum ihre Sicht des Kreuzweges; sie interpretieren ihren Kalvarienberg und ihre Kreuzesabnahme und Grablegung. So können die Gläubigen immer wieder einem neuen Antlitz des Gekreuzigten begegnen. Aber immer wird ein fast nackter Jesus gezeigt, bemerkt der Salzburger Theologe Hans – Joachim Sander:

4. O TON, Sander, 0 26“.
Der nackte Jesus am Kreuz ist eine Demonstration, und zwar die Demonstration einer Ohnmacht. Der Gekreuzigte selbst, der dann im Mittelpunkt rückt, das ist die Darstellung eines zerstörten, zerbrochenen Männerkörpers, der einer politischen, religiösen Konstellation zum Opfer gefallen ist. Und damit das Zurschaustellen, das Ausstellen, das Aussetzen eines ohnmächtigen Menschen.

3. MUSIK, 0 12“ freistehend.

1. SPR.:
Der Musiker Jordi Savall lässt sich von einem Gemälde des italienischen Meisters Caravaggio inspirieren. Es hat den Titel „Kreuzabnahme“, im Jahr 1603 wurde es für eine Kirche in Rom geschaffen. Der fast nackte Leichnam Jesu wird von Joseph von Arimathäa, einem treuen Jünger, und von Johannes, dem Apostel, sanft gehalten, bevor er ins Grab gelegt wird. Maria von Magdala verbirgt inmitten der Trauernden ihr Gesicht, sie will ihre Verzweiflung nicht zeigen. Maria, die Mutter Jesu, wendet sich, vom Schmerz bewegt, noch einmal ihrem verstorbenen Sohn zu. Dessen rechter Arm, reglos und schlaff, berührt bereits das Grab. Der Apostel Johannes ist so verwirrt, dass er beim Heben des Leichnams in Jesu offene Wunde greift. Sie wurde verursacht, als die Soldaten das Herz durchbohrten. Diese Szene wird von einem schwarzen Hintergrund beherrscht. Die Trauerden stehen wie vor einer undurchdringlichen Mauer. Der Kunsthistoriker Dominique Fernandez schreibt:

3. SPR.:
Es ist ein nicht mehr zu steigerndes, ein absolutes Schwarz. Ein solches Drama ist eigentlich unbegreiflich, unsäglich, jenseits jeglicher Form.

3. MUSIK, noch einmal 0 06“ freistehend.

1.SPR.:
Für die Christen der ersten Jahrhunderte war das Kreuz noch nicht das entscheidende Symbol ihres Glaubens. Sie hatten eine große Scheu, die Gestalt Jesu von Nazareth bildhaft darzustellen. Der Berliner Theologe und Kunst-Kenner Pfarrer Manfred Richter hat sich mit dieser Frage befasst:

5. und 6. O TON Manfred Richter, 0 51“.
Man hat nun, Jahrhundertlange, die erst zwei bis drei Jahrhunderte lang, keine Bilder gehabt. Man hatte keine gebauten Gottesdienststätten. Man ist in den Hauskirchen zusammen gekommen. Und dann hat man ganz andere Motive für Jesus verwendet, wie der gute Hirte, der das Lämmchen auf der Schulter trägt, den verlorenen Menschen. Für die Christenheit, für die Jüngerschaft, war es ein Skandal erster Ordnung, dass der, auf den sie gesetzt hatten, am Kreuz wie ein aufbegehrender Rebell hingerichtet wurde in entehrender Weise. Die Hinrichtung hat ja außerhalb der Stadt stattgefunden, also an einem unreinen Ort.

1. SPR.:
Der elend ans Kreuz Geschlagene, der soll der Erlöser sein? Er soll der Gottmensch sein, dem alle Ehre gebührt? In den ersten Jahrhunderten nach Christus stellten die Gebildeten, vor allem die Philosophen, diese Fragen. Sie fanden die positive Antwort der Christen eher unverständlich, wenn nicht abartig. Erst unter Kaiser Konstantin im 4. Jahrhundert gelang es, die breite Öffentlichkeit umzustimmen und für die Verehrung des Gekreuzigten zu gewinnen. In den neu gebauten Kirchen, den Basiliken, wurde dann ein Kreuz besonderer Art gezeigt: Es verzichtete auf den Corpus, den Leichnam Jesu. Die riesigen Mosaike präsentierten voller Stolz den neuen Herrscher, den Gottmenschen Jesus Christus: In der Apsis der römischen Kirche Santa Pudenziana ist ein entsprechendes Mosaik noch heute zu sehen. Der Kunsthistoriker Horst Schwebel schreibt:

3. SPR.:
Das neue Christusbild des 5. Jahrhunderts greift auf die Darstellungen des Kaiserbildes zurück. Die Kirche, Basilika genannt, wird zur Königshalle des himmlischen Kaisers Christus. In Purpur gekleidet sitzt er auf dem Globus als Symbol für den Kosmos. Bis in die Zeiten der romanischen Kunst wird Jesus hoheitsvoll dargestellt, finster blickend, aber den Sieg Gottes verheißend.

2. SPR.:
Im Mittelalter verlangten die Menschen nach anderen Bildern, seit dem 11. Jahrhundert setzte sich die Überzeugung durch: Dieser machtvoll herrschende Christus ist viel zu abweisend! Er hat kein Mitgefühl. Die Erfahrungen von Leid, Krieg und Gewalt waren so einschneidend, dass nur der mit- leidende Jesus, der Schmerzensmann am Kreuz, eine Antwort auf die letzten Lebensfragen sein konnte.

1. SPR.:
Im Neuen Testament erzählen die Evangelisten von einem demütigen Jesus von Nazareth, sie berichten von seiner Geburt in einer Krippe im Stall. So elend, nackt und bloß wie er geboren wurde, so endete er auch, einsam am Kreuz. Diesem Jesus will Franziskus von Assisi nachfolgen, der Sohn einer reichen Tuchhändlerfamilie. Er befreit sich im Italien des 12. Jahrhunderts von seinen bisherigen Überzeugungen und wirft tatsächlich alles von sich im Moment seiner Bekehrung, berichtet Pater Cornelius Bohl, der Provinzial des Franziskanerordens in München:

7. O TON, Pater Cornelius Bohl, 0 45“.
Franziskus trennt sich von seinem Vater, er gibt ihm also alles zurück, selbst die Kleider, die er hat. Und sagt eben: Bisher habe ich dich meinen Vater genannt, aber jetzt habe ich nur noch den Vater im Himmel. Er steht nackt vor dem Vater und vor der ganzen Stadt, und das wird zum äußeren Zeichen auch seiner radikalen Trennung von seinem bisherigen Leben. Also wenn er sich von den Kleidern trennt, die auch einen Stand ausgedrückt haben, die Reichtum bedeutet haben, die gesellschaftliche Stellung ausgedrückt haben, dann trennt er sich nicht nur vom Vater, sondern von diesem ganzen System, in das er hineingeboren ist; ein System, das auf Macht basiert, auf Geld, all das lässt er los, um etwas ganz Neues zu beginnen.

2. SPR.:
Franziskus von Assisi gründet eine Ordensgemeinschaft von Brüdern und Schwestern, die sich zu einem Leben in radikaler Armut verpflichten. Viel weiter noch reicht seine Anregung, die allen Christen gilt: Sie sollen den leibhaftigen, den historischen Jesus verehren, vor allem sein Leiden am Kreuz. „Nackt dem nackten Jesus nachfolgen“: So umschreibt er selbst das Grundprinzip seines Leben. Bis zu seinem Tod im Jahr 1226 hält Franziskus daran fest.

8. O TON, Pater Cornelius BOHL, 0 19“.
Als er merkt, dass er sterben wird, lässt er sich nackt auf die nackte Erde legen. Er will also ganz bloß und arm, so,wie er geboren ist, auch in den Tod gehen. Er gibt alles von sich, selbst seinen Habit, er liegt nackt auf dem Boden, um geboren zu werden für das ewige Leben.

1. SPR.:
Seit dem 14. Jahrhundert werden Kreuzesdarstellungen immer beliebter, sie zeigen einen von Schmerzen gekrümmten, halbnackten Jesus am Balken des Todes. Diese Tradition setzt sich endgültig durch. Nur einmal und bloß für kurze Zeit, präsentieren Künstler einen schönen Gekreuzigten. Michelangelo zum Beispiel will in der Renaissance, im 15. und 16. Jahrhundert, für einen anderen Christus werben: Er stellt den harmonisch schönen Jüngling am Kreuz dar, den idealen Menschen, der gelassen und vom Schmerz unberührt seinem Tod entgegen sieht. Michelangelo hat als junger Künstler für die Augustinerkirche in Florenz eine viel beachtete Skulptur eines schönen nackten Jesus geschaffen. Auch später noch hat er für die Sixtina in Rom nackte Leiber der Heiligen gemalt. Auch Michelangelo ließ sich von biblischen Impulsen leiten, meint Pater Bohl:

9. O TON, Cornelius Bohl, 0 21“.
Die Nacktheit ist eigentlich der natürliche Zustand, der paradiesische Zustand des Menschen, der Mensch, der so ist, wie er von Gott geschaffen ist, der sich nichts vormacht, der anderen nichts vormacht, der sich nicht verstecken muss, auch durch Kleider nicht verstecken muss. Weil er sich annehmen kann, auch von Gott angenommen ist. Also Nacktheit ist gut und Nacktheit ist paradiesisch.

1. SPR.:
Je mehr sich jedoch die genaue Kenntnis der biblischen Erzählungen durchsetzte, umso deutlicher wurde: Von ästhetisch gefälliger Schönheit kann bei Jesus nicht die Rede sein. Sein Lebensende heißt Leiden, Blut, Schmerz, Einsamkeit. In Zeiten von Pest und Hungersnot stand dieser Schmerzensmann den Menschen näher als ein wohlgeformter Jüngling am Kreuz. Darauf weist der Theologe Gottfried Bachl hin:

10. O TON, Gottfried Bachl, 0 43“
Das, meine ich, müsste man auch sich vergegenwärtigen: Die Hässlichkeit Jesu in ihren verschiedenen Brechungen. Ich meine damit nicht den charakterlichen Mangel oder dass er unsympathisch gewesen sei oder abstoßend gewesen sei. Ich meine damit seine wirkliche Querlage zu dem, was wir gemütlich nennen, hübsch, zu all dem, was wir mit einer gewissen Lust über unser wirkliches Leben hinweg schmieren und zumachen und verniedlichen.

1. SPR.:
Einen gefälligen Jesus, hübsch anzusehen: Davon wollten die Sterbenden im Hospiz von Isenheim im Elsass überhaupt nichts wissen. Sie suchten den verständnisvollen Freund, der im eigenen Todeskampf Vorbild ist und so Hoffnung spendet.

2. SPR.:
Wenn Matthias Grünewald im Jahr 1515 den grauenvollen Leichnam Jesu in Isenheim malte, dann wussten die Sterbenden genau: Wer an Jesus Christus glaubt, wird wie er auch den Tod überwinden. Aber schon damals musste man länger vor dem Bild verweilen, um in dem Gemälde Trost und Hoffnung zu erkennen, betont Pfarrer Manfred Richter:

11. O TON, Manfred Richter, 0 33“.
Wenn man mal beobachtet, gerade bei Grünewald, dass der Lendenschurz, zugleich geschwungen gezeigt wird, dass er nämlich quasi spricht. Das ist das Zeichen, dass sein Leiden sprechend ist und einem Zuspruch bedeutet. Als Trost ja. Als Zuspruch erst mal der Leidenden, die also da im Krankenhaus diesen Christus vor Augen hatten, dass er wie sie leidet, und durch dieses Leiden hindurch die Irdischkeit hinter sich gelassen werden kann.

1.SPR.:
In einer religiös geprägten Kultur gab es für die Menschen keine Zweifel: Die Kreuzesdarstellungen verweisen auf die Lebensgeschichte Jesu. Es gilt also, über den Jesu Tod hinauszuschauen und seinen Alltag in Palästina wahrzunehmen. Dann werden überraschende Erkenntnisse geschenkt, meint der Jesuitenpater Klaus Mertes:

12. O TON, Klaus Mertes, 0 39“
Das ist ein ganz wichtiger Punkt, also dass Jesus ganz offensichtlich jemand ist, der ich sagt. Also er predigt nicht über Dinge, sondern er spricht über sich. Wenn er zum Beispiel sagt: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Dann sagt er nicht: Ich verkündige euch die Auferstehung und das Leben. Sondern er sagt: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Was ich zu sagen habe, zeige ich durch das, was ich bin. Durch mein Sein. Also ich habe nicht etwas im Kopf, was ich euch sagen will, sondern ich zeige euch, was ich lebe, ich zeige euch, welche Menschen ich liebe, ich zeige euch, welche Dinge mich verletzen. Ich zeige euch, was meine Sehnsucht ist. Das ist meine Verkündigung. Es ist ein Sprechen durch Sein mehr als durch Worte. Und das ist die tiefere Nacktheit bei Jesus!

1. SPR.:
Elend, nackt und bloß lebt Jesus von Nazareth bereits während seines ganzen öffentlichen Lebens in Palästina. Da hat er den Mut, sich vorbehaltlos zu zeigen, sein Inneres preiszugeben. So wird sein Wesen klar, nämlich hüllenlos sichtbar:

13. O TON, Klaus Mertes, 0 23“
Sich in die Öffentlichkeit zu stellen, bedeutet auch immer, sich schutzlos zu machen, die Kontrolle über sich aus der Hand zu geben. Und sich aber zugleich von der Öffentlichkeit nicht diktieren zu lassen, sich zu verstecken. Da ist eine ganz starke konfrontative Dimension, einfach nur in diesem Sich Zeigen, wie ich bin, und wie ich fühle und wie ich denke.

4. MUSIK:

1. SPR.:
Vom Kreuz Jesu kommen die Künstler nicht los, selbst wenn sie nicht mehr den Glauben der Kirchen teilen. Seit dreihundert Jahren ist es eher selten, dass ein Bischof und gar ein Papst einen angesehenen, aber kirchenkritischen Maler mit einer Arbeit beauftragt. Und nur selten finden sich Gemeinden bereit, auf den üblichen Gebrauchskitsch der Kunsthandwerker zu verzichten und ein wirkliches Kunstwerk zu bestellen.

2. SPR.:
Wenn seit dem 18. Jahrhundert Künstler ihren Schmerzensmann malen, dann nur aus ihrem eigenem, individuellen spirituellen Interesse. Lovis Corinth hat die Schrecken des Ersten Weltkrieges überstanden. Er sieht das Gemetzel noch Jahre später vor sich, die Leichenberge, die zerfetzten Köpfe der Soldaten. Dann malt er 1922 ein außergewöhnliches Bild. Es zeigt einen Christus mitten der vor Blut triefenden Grausamkeit des Krieges, berichtet Manfred Richter:

14. O TON, Manfred Richter, 0 41“
Lovis Corinth: Der rote Christus, da wird der existentiell bis zum Letzten zerrissene und kaputt gemachte Mensch, wie er im Ersten Weltkrieg erlebt werden konnte, und im zweiten auch erst recht, dargestellt. Und dieser Lovis Corinth Christus ist rot und Fleisch, wie Francis Bacon in drastischerer Weise die Zerrissenheit der menschlichen Figur, darstellt. Da ist noch mal ein neuer Typus der Christusbesinnung da, die ihn aber mit uns, mit unserem zeitgenössischen Schicksal, in engste Verbindung bringt.

1. SPR.:
Lovis Corinth ist nicht der einzige Künstler, der überzeugt ist: Dieser leidende Jesus lebt heute, er ist gegenwärtig. Um nur einige bekannte Namen zu nennen: Der Schmerzensmann wird Max Beckmann oder Arnulf Rainer, Francis Bacon, Georges Rouault, Alfred Hrdlicka und Herbert Falken gemalt.

2. SPR.:
Und etliche Künstler gehen soweit, dass sie sich mit dem sterbenden Jesus identifizieren. Der Schweizer Maler Louis Soutter (sprich Sutär) war dem Ende nahe, seelisch zerrüttet, von der eigenen Familie abgeschoben in ein Heim: Dort hat er seinen persönlichen Heiland Jesus am Kreuz gemalt. Soutter kauerte sich etwa im Jahr 1935 nackt auf den Boden, um seinen nackten Christus am Kreuz zu malen. Davon berichtet der Kunstexperte Pater Friedhelm Mennekes:

15. O TON, Pater Mennekes, O 57“.
Er hat die Christusgestalt immer wieder gemalt, ans Kreuz geheftet. Aber es sind Christusgestalten von einer unglaublichen Spannung und Dichte, bei denen sich zeigt, dass hier an der Gestaltung dieser Figur ein Mensch um sein Überleben als vernünftiger Mensch kämpft, wie ein Mensch im Malen des Christus Trost und Lebensmut erringt, erzeichnet. Am Ende seiner Tage mit bloßen und sogar blutigen Händen. Wir verdanken ihm die ersten Fingermalereien, ohne Pinsel, sondern direkt mit der flachen Hand und den bloßen Fingern gemalt: Das Entscheidende an seinem Christusbild ist, dass hier ein Maler im Zeichen des Christusbildes für sich eine dauerhafte Hoffnung errungen hat und die Therapie: dass er nicht in die völlige geistige Umnachtung zurückfiel.

1. SPR.:
Gehören künstlerische Darstellungen des nackten Jesus am Kreuz in die Mitte eines Kirchengebäudes? Darüber wird kaum noch gestritten: Viele Gemeinden begnügen sich mit einem Kruzifix nach der Art der Schnitzwerkstätten von Oberammergau. Einen anderen Weg geht die evangelische Gemeinde in Berlin – Plötzensee. Ihr damaliger Pfarrer Bringfried Naumann hat den Bildmauer und Maler Alfred Hrdlicka (sprich Hríd-litzschka) aus Wien eingeladen, für diese Berliner Kirche ein umfangreiches Werk zu schaffen, den Plötzenseer Totentanz. Mit diesem Auftrag wollte die Gemeinde auch bezeugen, wie stark sie von der Nachbarschaft zur ehemaligen Hinrichtungsstätte der Nazis in Plötzensee betroffen ist. So entstanden mehrere große Tafeln, in schwarz –weiß gehalten. Auf einer Arbeit wird auch die Kreuzigung Jesu gegenwärtig. Sein Leichnam ist total nackt, berichtet der heutige Pfarrer Michael Maillard:

16. O TON, Michael Maillard, 0 55“
In dem Hinrichtungsschuppen in Plötzensee gibt es einen Stahlträger mit Haken dran. An dem wurden Hitlergegner mit einer Schlinge um den Hals herum gehängt. Ein sehr grausamer Tod. Dann hat Alfred Hrdlicka gesagt, er möchte die Kreuzigung Jesu in diesen Kontext stellen. Obwohl er ansonsten auf diesem Bild Klassisches darstellt,
Jesus in der Mitte mit Dornenkrone und anderen Zeichen, die wir aus der biblischen Überlieferung kennen, rechts und links die beiden Verbrecher, mit denen er zusammen hingerichtet worden ist.
Bei uns ist er völlig nackt dargestellt, die beiden Schächer auch. Es soll dargestellt werden, dass die Leute, die da hingerichtet wurden, aller Würde entblößt worden sind. Und das passiert heute in Gefangenenlagern, Foltercamps, immer noch.

1.SPR.:
Auch hier bricht das Grundmotiv moderner Künstler durch: Jesu Leiden ist keineswegs nur ein Ereignis der Vergangenheit; seine Kreuzigung geschah gestern und geschieht heute in den Hungerregionen Afrikas oder den Todeslagern Nordkoreas. Aber, so will Alfred Hrdlicka sagen, schaut genau hin! Dann werdet ihr Lebensmut empfangen: Denn dieser Jesus, der Gerechte, verhält sich noch sterbend wie ein Erhabener:

17. O Ton, Michael Maillard, 0 46“
Auf der Kreuzigungsdarstellung des Plötzenseeer Totentanzes fällt auf, dass die Christusfigur die Fäuste nach oben reckt, die Hände der beiden anderen Gehängten hängen schlaff nach unten. Aber die Christusfigur hat Kraft in den Händen. Das ist auch sehr wichtig. Da hat Alfred Hrdlicka, das ist überliefert, an Menschen gedacht, die nach dem Todesurteil aufrecht, ungebrochen, in den Hinrichtungsschuppen gegangen sind. Und gewusst habe, eigentlich sind sie die Sieger, und nicht der Freisler, der sie gerade zum Tode verurteilt hat, weil sie das Richtige gemacht haben und den richtigen Weg gegangen sind.

1.SPR.:
Ist das Kreuz das absolute Ende? Diese Frage kann bei der Auseinandersetzung mit dem Kreuz Jesu gar nicht ausbleiben. Aber die Hoffnung auf eine Überwindung des Todes stellt sich bei modernen Künstlern nicht so schnell ein. Hrdlicka denkt zwar an den Auferstanden. Aber er malt eine Szene der Emmausjünger, wie der lebendige, aiuferstandene Jesus mit seinen Freunden das Brot teilt– aber wiederum im Dunkel einer Gefängniszelle.

2. SPR.:
Die übliche, gefällige religiöse Gebrauchskunst mit ihren Schnitzereien vermag vielleicht beruhigendes Opium zu reichen. Aber Künstler wie Hrdlicka sind ehrlicher: Sie sagen: Inmitten des Grauens gibt es Spuren des Lichts, der Hoffnung. An dem Thema hat sich auch der weltweit bekannte Joseph Beuys abgearbeitet. Als spiritueller Mensch war er von der geistigen Präsenz des Gottmenschen Christus in der heutigen Wirklichkeit überzeugt. Selbst noch in den hässlichen Abstellkammern der Kliniken, wo Schwerkranke mit dem Tod kämpfen, gibt es für ihn Hoffnungsschimmer. Eine seiner Installationen nannte Joseph Beuys „Zeig mir deine Wunde“, berichtet Pater Mennekes.

18. O Ton, Pater Mennekes, 0 51“.
Beuys ist ja wirklich einer, der tief davon überzeugt ist, dass auch die Welt der Todeszonen, wie etwa ein Sezierraum, umgriffen ist, von einer Welt, die durchpulst, durchwebt, ist von der Christussubstanz. Beuys hat mir in einem Gespräch gesagt, eines der interessantesten Themen, die es überhaupt für ein Bilderhauer, Maler, Zeichner, gibt, ist das Unsichtbare darzustellen. Das Unsichtbare z.B. des auferstandenen Jesus. Das ist die große Herausforderung eigentlich. Was er möchte, ist, dass der Mensch die eigenen Kräfte zum Leben inmitten von Sterben als Basis der Hoffnung entdeckt.

1. SPR.:
Zu ähnlichen Einsichten gelangt im Jahr 1970 aus der Erfahrung der Philosophie Max Horkheimer. Und das ist wichtig, weil so die Verbundenheit der Künstler mit der allgemeinen Kultur der Moderne wahrzunehmen ist. Max Horkheimer betont:

3. SPR.:
Ich drücke mich bewusst vorsichtig aus: Theologie ist die Hoffnung, dass es bei dem Unrecht, durch das die Welt gekennzeichnet ist, nicht bleibe, dass das Unrecht nicht das letzte Wort sein möge.

1. SPR.:
Wer sich mit dem Kreuz Jesu meditativ betrachtend auseinandersetzt, sucht Antworten auf seine spirituellen Interessen. Es geht um die Frage, wie man angesichts des Todes persönlich reifen und wachsen kann. Die Beschäftigung mit dem nackten Jesus am Kreuz eröffnet dann Möglichkeiten, sich selbst authentisch zu wahrzunehmen, sagt Pater Klaus Mertes:

19. O TON, Klaus Mertes , 0 47“.
Ich kann dem nackten Gott nicht begegnen, wenn ich selbst bekleidet bleibe. Eigentlich habe ich immer das Christentum so verstanden, dass es ein Bekenntnis zur eigenen Nacktheit ist. Und zur Nacktheit Gottes in mir. Und nur in dieser Nacktheit begegne ich Gott. Prunk und Pomp und tolle Gewänder und so sind eben nicht einfach nur eine nette Schwäche, sondern sind ein Symptom.
Und Jesus kritisiert ja die Kleidung und die Funktion von Kleidung. Hinter dieser Fassade wird nämlich das Eigentliche versteckt, worauf es ankommt, nämlich das Leben, das Lebendige. Letztlich begegne ich dem Lebendigen immer nur in der Nacktheit.

1. SPR.:
Wer diesen Spuren folgt, kann definitive, fix und fertige Antworten in der Religion nur verschmähen; er wird im Blick auf den sterbenden Gottmenschen die Fragwürdigkeit des Daseins anerkennen, betont Pfarrer Manfred Richter:

20. O TON Manfred Richter, 0 33“.
Es ist die condition humaine, die Grundbefindlichkeit des Menschen, die und das ist die Stärke der zeitgenössischen Kunst, die darauf verzichtet, jetzt eine definitive Antwort zu geben, sondern das ist ein so lauter Schrei oder eine so totale Stille, dass du selbst aufgerufen wirst, eine Antwort zu suchen. Aber nicht zu schnell, denke erst mal nach.

1. SPR.:
Aus der Kraft des Innehaltens, der Unterbrechung und des Nachdenkens im Angesicht des Kreuzes wächst dann eine neue Spiritualität: Sie braucht keine glanzvollen, keine entzückenden Bilder und wortreiche Lehren. Sie wird als christliche Religion selbst einfach, nackt und bloß! Davon ist der Berliner Kulturwissenschaftler Thomas Macho überzeugt:

21. O TON Thomas Macho, 0 47“.
Den Begriff der nackten Religion – den finde ich ganz wunderbar, ohne historische, ohne theoretische, ohne wortgewaltige Gewänder, sondern ein Stückweit pur. Und dann sind wir bei etwas angekommen, dass wir alle Sterbliche sind. Und weil wir Sterbliche sind, können wir auch miteinander Teilen, Hoffnung, Angst, Bedürfnis nach Trost und Sicherheit und Geborgenheit und Barmherzigkeit. Und diese Gemeinschaft, die anzustreben, das wäre doch ein mögliches Ziel. Ein humanistisches Christentum, das ist ein wunderschöner Begriff und das heißt: Im Grunde eine solidarische Gemeinschaft der Menschen. Der Menschen, die guten Willens sind, die bilden so was wie eine communitas. Die Communitas heißt, wenn man es wörtlich übersetzt, das geteilte Leid. Die geteilte Last, die Last, die wir gemeinsam teilen.

Jordi Savall, Lachrimae Caravaggio. Le Concert des Nations. Hesperion XXI. Edition lia Vox.

 Russland und die Ukraine werden vom Papst der unbefleckten Jungfrau Maria geweiht! Eine Form des offiziellen Aberglaubens!

Ein Hinweis von Christian Modehn am 17.3.2022.

Die zentrale Aussage der Predigt von Papst Franziskus am 25.3. 2022 im Petersdom anläßlich der Weihe der Ukraine und Russlands  an die “Gottesmutter Maria” siehe unten, am Ende dieses Beitrags.

Jeder kann sich auf seine Art von dem theologischen Niveau dieser Predigt ansprechen lassen. Merkwürdig ist nur, wenn schon der Papst so viel von Maria spricht als der Retterin in der Not: Warum verschweigt er das Magnificat, das bekannte Gebet der Mutter Jesu von Nazareth. Dort rühmt sie Gott, der, so wörtlich, “die Mächtigen vom Thron stürzt und die Niedrigen erhöht”, so im Lukas Evangelium, Kapitel 1, Vers 52.  Warum wird diese politische Einsicht Marias nicht auf die heutigen Machthaber und Kriegsherren (und den Patriarchen Kyrill) in Russland bezogen? Mein Eindruck ist: Viele fromme Worte und fromme altbekannte Floskeln sind in dieser Papstpredigt. Keine politische Analyse, keine Nennung der Namen der Kriegsverbrecher, alles hübsch diplomatisch und harmlos verkleistert. CM am 3.4.2022.

…………….Am 17.3. 2022 wurde dieser Hinweis publiziert:

1.

Der Krieg Putins gegen die Ukraine ist auch als Völkermord von so ungeheurer Bedeutung, dass die demokratische Welt von einem Kulturbruch, einer prinzipiellen Wende, einer anderen Epoche spricht.

2.

Diese Zeitenwende erfordert ein anderes, ein neues Denken, ein Denken stets im Schatten eines Krieges bzw. nach einem Friedensabschluss im Schatten eines nach wie vor bedrohlichen Russland. Denn dass Russland nach einem Ende Putins eine Demokratie wird, ist wohl angesichts der historisch gewachsenen Mentalitäten dort ausgeschlossen.

3.

Was tut die katholische Kirche mit ihrem Papst in Rom in dieser Zeitenwende, inmitten dieses globalen Umbruchs? Es ist aus der Distanz und vernünftig gesehen, eher eine schwache Leistung: Der Papst greift auf die üblichen alten spirituellen Mittel zurück, die immer schon in Kriegszeiten propagiert wurden. Papst Franziskus wird am 25. März 2022 Russland und die Ukraine der unbefleckten Jungfrau und Gottesmutter weihen, und zwar in einem feierlichen Gottesdienst im Petersdom. Ein Geschehen der Weihe, das man schlicht und einfach nur noch esoterisch nennen muss. Solche Weihen bestimmter Länder oder auch der ganzen Welt (etwa schon im Jahr 2013 durch Papst Franziskus) sind Ausdruck eines zutiefst mysteriösen, manche sagen zurecht abergläubischen Denkens: Die fromme These des Papstes ist: Maria als Himmelskönigin kann von Büßenden und betenden Katholiken im Himmel bestürmt werden. Denn sie hat, so allen Ernstes in der offiziellen katholischen Theologie, viel Einfluß bei dem himmlisch herrschenden, sehr personal gedachten Gott-Vater. Maria kann als Gottesmutter Jesu Christi also förmlich Gott-Vater beeinflussen, doch bitte schön Frieden zu schaffen, in dem Fall in der Ukraine … und letztlich in Europa.

Man könnte leicht auf den Gedanken kommen, dass diese in göttlichen Sphären höchst einflussreiche Jungfrau Maria doch als eine Art Göttin verehrt wird .… Also: Endlich ein weiblicher Gott im Christentum, mütterlich ansprechbar, freundlicher als der strenge Vater-Gott. Man lese bitte in dem Zusammenhang die alten Marien-Lieder in den katholischen Gesangbüchern bis ca. 1970, da wimmelt es förmlich an Vorstellungen von Maria der Göttin…Aus protestantischer Freundlichkeit  Nachlössigkeit wurden diese Fragen ökumenisch-theologisch bis heute nicht bearbeitet. Man lese aber zur Einstimmung das wichtige Buch “Mythos Maria”, von Hermann Kurzke, C.H.Beck Verlag.  LINK.

Diese Weihe Russlands und der Ukraine durch den Papst von Rom ist natürlich auch eine imperiale Geste, denn nur er, der Nachfolger des Apostelfürsten Petrus, weiß sich befugt, einige Länder oder gar die ganze Welt Maria zu weihen und mit seinem Weihwasser den ganzen Globus zu bespritzen, mit banalem Wasser, das er in heiliges Weih – Wasser verwandelt hat.
Ob die orthodoxen Patriarchen über diese imperiale Geste des Papstes, „bloß“ des Patriarchen von Rom in orthodoxer Sicht, begeistert sind, ist sehr die Frage.

Theologisch wichtiger aber ist die Frage: Was soll Maria im Himmel an Gottes Thron bloß tun: Sie muss Gott bitten, dem Kriegstreiber Putin ein Ende zu setzen. Und sie muss Gott bitten, die Kampfbereitschaft des ukrainischen Volkes zu stärken, vielleicht auch die Unterstützung der Nato göttlich abzusegnen. Einige Freunde fragen mich: Geht `s noch, bei dieser Weihe?

4.

Was wäre aber, wenn der Papst – in seinem (Aber)glauben  –  die Ukraine und Russland aus aktuellem Anlass doch besser dem gemeinsamen, dem ukrainisch-russischen Heiligen Wladimir bzw. Wolodymyr, weihen würde? Wladimir bzw. Wolodymyr (Ukrainisch) ist doch der Vorname von Putin wie von Selenskyi. Wladimir/Wolodymyr könnte doch an Gottes Thron Gott um Hilfe bitten oder? Dabei sollte die jüdische Konfession Selenskyis keine Probleme machen? Selenskyi denkt doch inter-religiös!
Immerhin ist doch auch Wladimir/Wolodymyr auch für die katholische, die römische Kirche, ein Heiliger, sein Feiertag ist der 15. Juli.
Wir sagen also mit dem selbstverständlichen kritischen Ton: „Also, heiliger Wladimir, tu was im Himmel!“ Vergessen wir also die Mittlerin zu Gott, die Jungfrau Maria, setzen wir mal auf Wladimir! Vielleicht sollte der Papst alsbald in dessen heilige Stadt Kiew reisen, solange sich Kiew vom russischen Feind schützen kann?

5.

So wird also im 21.Jahrhundert ohne weiteres die uralte Lehre des Bittgebetes wieder belebt, diesmal richtet sich das Bittgebet der verzweifelten Menschen an die Mittlerin Maria, die die Bitten Gott Vater förmlich überreicht. Maria also doch als Mittlerin der Gnaden, eine These, die von Protestanten zurecht abgelehnt wird und manchmal auch von katholischen Theologen abgelehnt wurde. Aber Maria als Gnadenmittlerin wird aber dann doch weiterhin ganz offiziell gelehrt und geglaubt.

6.

Dass Bittgebet als Einflussnahme auf den göttlichen Willen nun längst theologisch obsolet sein sollte, hat sich bis zu Papst Franziskus leider nicht herumgesprochen. Er selbst hat bekanntlich den mysteriösen Kult von „Maria der Knotenlöserin“ aus Augsburg in seiner argentinischen Heimat als Erzbischof propagiert.

7.

Bittgebete im übertragenen, nachvollziehbaren Sinn haben nur die Bedeutung, den einzelnen und die Gruppe in die Stille zu führen, ins Nachdenken, ins Meditieren, ins Debattieren, und vor allem ins gemeinsame Handeln zugunsten der Leidenden. Es geht in der Poesie des Bittgebetes um menschliche Selbstkritik, nicht um Beeinflussung Gottes im Himmel via Maria.
Aber diese noch mögliche kritische Theologie des Betens als persönliche, kritische Poesie im „Angesicht“ des Unendlichen und Ewigen ist in der katholischen Kirche marginal. Alle Welt fleht nach wie vor Maria an, macht Prozessionen, küsst Ikonen, schmettert alte Lieder („Maria breite den Mantel aus…“), alles in der Hoffnung, dass auf diese Weise Frieden eintritt. Wenn der Russe betet, denn betet er für Frieden in Russland, fürs Überleben seiner Soldaten; der Ukrainer bittet um Frieden, also um Sieg, in seinem Land…, und die Deutschen beten vielleicht. „Lieber Gott mach alles gut und lass uns hier bloß ungeschoren davon kommen“.

Das Bittgebet ist also meistens nationalistisch gefärbt, man schaue sich die Gebetbücher der deutschen und der französischen Soldaten im 1. und 2. Weltkrieg an.

8.

Und kritische Theologen sind so wahrhaftig und sagen: Empirisch, historisch nachweisbar, haben diese Gebete und diese Weihen an die heilige Jungfrau bisher de facto keinen Frieden gebracht, sie haben den Krieg nicht verhindert, den Krieg nicht verkürzt.… Man denke daran, dass Papst Pius XII am 31.10. 1942 die ganze Welt (!) dem Unbefleckten Herzen Marias weihte. Der Krieg endete nicht, die Ermordung des europäischen Judentums ging weiter. Gott hat also geschwiegen, wenn man es klassisch-theologisch sagen will, und Marias Mittlerrolle bei Gott Vater hat versagt. Oder will man uns mysteriös einreden: Hätte diese Weihe nicht stattgefunden, dann wäre alles noch viel schlimmer gewesen? Auf diese Weise kommt man in unendliche haltlose Spekulationen, in religiösen Wahn.

9.

Diese Weihe wird am 25.3.  als Verdoppelung nicht nur in Rom, sondern auch im portugiesischen Marien-Wallfahrtsort Fatima vollzogen. In Fatima ist die Jungfrau Maria leibhaftig im Jahr 1917 kleinen Hirtenkindern erschienen, sie hat Botschaften der Bekehrung den Kindern mitgeteilt und auch zum Gebet für Russland aufgefordert. Fatima ist höchst beliebt bei Päpsten, auch bei Franziskus, aber auch höchst umstritten bei kritisch denkenden katholischen Theologen: Das ganze Szenario der so genannten Erscheinung ist zu sehr von Menschen gemacht, von rechten Politikern in Portugal damals gefördert und gewünscht. Zu viel mysteriöses Rätsel- Raten rund um die „Geheimnisse von Fatima“ hat die Jungfrau den Kindern mitgeteilt, Fatima ist ein Ort, der den Niedergang des klaren Denkens dokumentiert, ein missbrauchter Ort, nur noch für den frommen Massentourismus dort, genannt Pilgerreisen, wichtig.

10.

Natürlich kann in einer Demokratie jeder und jede privat glauben, was er/sie will, zum Beispiel: „Im Himmel ist Jahrmarkt“. Oder aktueller, was jetzt Papst Franziskus propagiert: „Die unbefleckte Jungfrau Maria möge von Himmel aus für den Frieden sorgen in der Ukraine“. Damit wird auch die politische Hilflosigkeit der Kirchen dokumentiert. Wer sagt: „Die Kirchen können nur noch Bittgebete beten und Wunder von der Jungfrau Maria im Himmel erwarten“, formuliert nur das Seufzen der elenden, unaufgeklärten, unvernünftigen Kreatur. Eine solche Kirche, die Weihen Russlands und der Ukraine an die Unbefleckte verkündet, ist schlicht und einfach vergreist, was ja vom Personal her auch stimmt.

11.

Zusammenfassend: Wenn der Katholizismus etwas Spirituelles zum Frieden anbieten will: Dann ist das die gründliche Einübung der Meditation, der Stille, des Nachdenkens, des Dialogs, der Bildung, der kritischen Lektüre kritischer Medien, der Hilfsbereitschaft. Der einzelne Fromme kann sich meditativ in seiner Not in einem absoluten Sinngrund geborgen fühlen. Man denke an das bekannte Gedicht und Lied Dietrich Bonhoeffers „Von guten Mächten wunderbar geborgen.“…
Mehr kann ein Christentum nicht sagen, wenn es vernünftig nachvollziehbar bleiben will. Und das muss es, wenn es nicht als spinöser esoterischer, aber protziger und Geld gieriger Verein gelten will.

In Kriegszeiten als Papst auf den Einfluss der Unbefleckten Jungfrau Maria im Himmel zu setzen, ist schlicht und einfach Aberglauben. Und auch das muss man wohl innerhalb einer kritischen katholischen Theologie sagen. Solche Weihen überhaupt in Erwägung zu ziehen und stolz zu propagieren, ist eine Schande für das theologische Niveau im Vatikan. Damit werden die Brücken für einen Dialog mit aufgeklärten, kritischen Bürgern noch viel weiter abgerissen.

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Die zentrale Passage in der Papst-Predigt am 25.3. 2022 im Petersdom:

“Denn wenn wir wollen, dass sich die Welt ändert, muss sich zuerst unser Herz ändern. Dazu lassen wir uns heute von der Gottesmutter bei der Hand nehmen. Schauen wir auf ihr unbeflecktes Herz, an dem Gott geruht hat, das einzige Herz eines menschlichen Geschöpfes, auf dem kein Schatten liegt. Sie ist voll der Gnade (vgl. V. 28) und deshalb frei von Sünde. In ihr gibt es keine Spur des Bösen, und deshalb konnte Gott mit ihr eine neue Geschichte des Heils und des Friedens beginnen. Dort hat sich der Lauf der Geschichte gewendet. Gott hat die Geschichte verändert, als er an das Herz Marias klopfte.
Und auch wir klopfen heute, erneuert durch die Vergebung Gottes, an jenes Herz. Gemeinsam mit den Bischöfen und den Gläubigen in der ganzen Welt möchte ich alles, was wir gerade erleben, feierlich zum Unbefleckten Herzen Mariens tragen. Ich möchte die Weihe der Kirche und der ganzen Menschheit an sie erneuern und ihr in besonderer Weise das ukrainische und russische Volk weihen, die sie in kindlicher Zuneigung als ihre Mutter verehren. Es handelt sich dabei nicht um eine magische Formel, sondern um einen geistlichen Akt. Mit diesem Gestus vertrauen sich die Kinder ganz ihrer Mutter an; in der Bedrängnis dieses grausamen und sinnlosen Krieges, der die Welt bedroht, kommen sie zu ihrer Mutter und legen ihr all ihre Ängste und Leiden ans Herz und übereignen sich ihr. Wie Kinder, wenn sie sich fürchten: Sie gehen zu ihrer Mutter und weinen, suchen Schutz. Es geht darum, die kostbaren Güter der Geschwisterlichkeit und des Friedens, alles, was wir haben und was wir sind, in dieses reine und unbefleckte Herz hineinzulegen, in dem Gott widerscheint, damit sie, die Mutter, die der Herr uns gegeben hat, uns beschützen und behüten kann.
„Wir weihen uns Maria, um in diesen Plan einzutreten und bereit zu sein für das, was Gott vorhat“
Von Marias Lippen kam der schönste Satz, den der Engel Gott überbringen konnte: »Mir geschehe, wie du es gesagt hast« (V. 38). Die Muttergottes findet sich hier nicht passiv oder resigniert mit ihrer Situation ab, sondern hegt den lebhaften Wunsch, ganz Gott zu gehören, der »Gedanken des Heils und nicht des Unheils« (Jer 29,11) hegt. Das ist engste Teilnahme an seinem Plan für den Frieden in der Welt. Wir weihen uns Maria, um in diesen Plan einzutreten und bereit zu sein für das, was Gott vorhat. Nachdem die Mutter Gottes ihr Ja gesprochen hatte, machte sie sich auf den langen Weg in eine Bergregion, um ihre schwangere Verwandte zu besuchen (vgl. Lk 1,39). Sie eilte: Ich denke gerne daran, dass die Muttergottes eilte. So ist es immer: die Muttergottes, die eilt, um uns zu helfen und uns zu beschützen.
Möge sie uns heute bei der Hand nehmen und uns über die steilen und mühsamen Pfade der Geschwisterlichkeit und des Dialogs auf den Weg des Friedens führen.
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